Der Weihnachtswunsch von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 4: Es kommt zusammen ---------------------------- Leise lief die Weihnachtsmusik im Hintergrund. Wie sehr hatte sie sich gefreut, dass ihre Kinder aus Japan mit ihren Familien angereist waren. Diese Tradition hatte sich vor Jahren eingeschlichen, dass die große Familie das Weihnachtfest zusammen in Paris feierte. Die Familie saß am großen Esstisch und verzerrte gerade die Nachspeise. Vor der großen Fensterfront stand der große Weihnachtsbaum. Dieser war mit bunten Kugeln, Holzfiguren, einer Lichterkette und natürlich mit der Baumspitze – die ein Stern darstellte – geschmückt. Natsuko freute sich, dass alle ihre Lieben hier bei ihr waren. Ihr Mann, ihre drei Kinder mit ihren Partnern und ihre Enkelkinder. Alle verstanden sich sehr gut und genossen die gemeinsame Zeit in vollen Zügen. An diesem Weihnachtsfest war etwas anders. Es wurde nicht nur das Fest der Liebe gefeiert, sondern es wurde auch abschied genommen. Louisa hatte endlich ihr Studium beendet. Es stand für sie von vornherein fest, wenn die Zeit gekommen war das sie ihre Zelte in Paris abbrechen würde. Sie wollte endlich bei ihrem Freund sein. Obwohl, er war nicht mehr ihr Freund. Seit ein paar Stunden war er ihr Verlobter. Sie hatte die Luft angehalten, als sie bemerkte, was ihr Freund im Schilde führte. Vor ein paar Jahren wurde ihr schon einmal diese Frage gestellt. Damals konnte sie keine Antwort auf die Frage finden. Heute war alles ganz anderes gewesen. Er hatte noch gar nicht zu ende gesprochen, da gab sie ihm schon die Antwort. Jetzt saß sie auf der Couch ihrer Eltern und schaute gedankenversunken auf ihren schmalen Ring, der ihren linken Ringfinger zierte. Neben ihr lag eine kleine Schachtel. Alle Bedenken, die sie zum Anfang der Beziehung hatten waren unbegründet gewesen. Sicher, es war eine harte Zeit. Es gab viele Höhen, aber auch Tiefen. Sorgen und Probleme konnten nicht immer sofort besprochen werden. Sie konnten sich nicht immer sehen, wenn sie es wollten. Da sie eine Fernbeziehung führten. Irgendwie schafften sie es Wege zu finden, die ihren Bedürfnissen entsprachen. Ihre Semesterferien verbrachten sie bei ihm. Er besuchte sie in seinem Urlaub immer in Paris. In der gemeinsamen Zeit tankten beide wieder Kraft für die nächste Zeit, die sie wieder getrennt verbrachten. Louisa hatte mit Freude Hiroakis Vorschlag eines Auslandsemester angekommen. Diese Zeit war die intensivste in ihrer gesamten bisherigen Beziehung. Sie wohnten zusammen, konnten sich sehen, wann sie wollten. Es gab kein Abschiedsschmerz, wenn sie sich morgens verabschiedeten, da sie wussten, dass sie sich abends wiedersehen würden. In der Zeit wurden sich beide einmal mehr bewusst, dass sie den Partner fürs Leben gefunden hatten. Seine ehemalige Freundin versuchte einen Keil zwischen das junge Paar zu treiben. Diese Frau erreichte damit nur das Gegenteil. Das Paar wuchs noch enger zusammen. Beide vertrauten sich blind. Sie führten nicht nur eine Beziehung, sondern waren auch die besten Freunde. So wie sie es sich bei ihrem ersten Abschied versprochen hatten. Louisa wurde von einigen männlichen Mitstudenten umworben. Besonders ein junger Mann versuchte es immer wieder. Jedes Mal ließ sie ihn abblitzen, doch er ließ nicht locker. Als er ihr zu nahe kam verpasste sie ihm eine schallende Ohrfeige. Zu der Zeit war Taichi gerade beruflich in Paris. Schnell fassten die Beiden den Plan, dass er - als ihr Freund - sich den aufdringlichen Kerl vorknöpfte. Ihr Verehrer traute sich nach dem Gespräch mit dem Braunhaarigen nicht mehr, die Blondine anzuschauen. Louisa und Taichi verband eine sehr innige Freundschaft. Beide waren das Grauen im gemeinsamen Freundeskreis. Immer wenn Louisa und Taichi aufeinandertrafen mussten sich ihre Freunde auf Streiche einstellen, die von den Beiden ausgeheckt und durchgezogen wurden. Yamato meinte mal, dass seine Schwester den gleichen Humor teilte, wie sein bester Freund. Daher mussten alle lachen, als Louisas Verehrer von Taichi in die Flucht geschlagen wurde. Der Altersunterschied spielte von Anfang an zwischen ihnen gar keine Rolle in ihrer mittlerweile fast vierjährigen Beziehung. Zum Beginn der Beziehung hatte ihr Freundeskreis ein paar Sprüche losgelassen, dass er sie bald wieder fallen lassen würde, weil sie zu unerfahren war. Darauf hin musste Louisa nur lächeln und meinte nur, wenn ein Mann vier Jahre darauf wartet nur um mit ihr zusammen sein zu können, dann hat es etwas zu bedeuten. Sein Freundeskreis rief ein großes ‚Halleluja‘ aus, als bekannt wurde, dass die Beiden ein Paar waren. Warteten alle doch schon seit Jahren auf diese Neuigkeit. Louisa schreckte aus ihren Gedanken, als sie in eine zärtliche Umarmung gezogen wurde. Sie spürte seine warmen weichen Lippen auf ihrer Wange. „An was denkst du mein Engel?“ Seine Stimme jagte ihr nach all den Jahren die sie sich kannten immer noch einen angenehmen Schauer über den Rücken. Louisa kuschelte sich enger an ihm. „Wieso hast du mich heute gefragt, ob ich dich heiraten möchte?“ Sie hob ihren Kopf, um ihn in seine Augen schauen zu können. Liebevoll er widerte er den Blick. „Heute vor vier Jahren hat alles begonnen. Ich wollte, dass sich der Kreis schließt.“ Vorsichtig nahm er die kleine Schachtel in seine Hand und öffnete diese. Zum Vorschein kam einen goldene Infinity Rose. „Was hast du dir damals gewünscht, Isa?“ „Ein Leben mit dir“, flüsterte sie. Zärtlich strich sie ihm über die Hand. „Hast du dir damals auch etwas gewünscht?“ „Ja, das habe ich.“ Verträumt lächelte er vor sich her. „Darf ich fragen, wie dein Wunsch gelautet hat, Cody?“ „Ich habe mir eine gemeinsame Zukunft mit dir gewünscht.“ Sanft legte er seine Hand wieder auf ihren Bauch. „Wir haben uns beide dasselbe gewünscht“, stellte Louisa lächelnd fest. „Als ich vor vier Jahren nach Paris gekommen bin, hatte ich den Gedanken, dass ich dich für immer verloren habe. Dieser wurde bestärkt, als du aus dem Büro von Takeru gelaufen bist, als du mich gesehen hattest.“ „Ich war durcheinander. Ich dachte, dass ich dich für immer verloren hatte, als ich von dem Baby erfahren hatte. Maxime hatte mich gefragt, ob ich ihn heiraten möchte. Mir wurde bewusst, dass ich ihn zwar geliebt habe, aber nie so wie ich dich liebe. Mit meiner Beziehung hatte ich nach dem Gespräch mit Takeru abgeschlossen. Ich stand vor einen riesigen Scherbenhaufen, dass sich mein Leben schimpfte. Plötzlich stehst du vor mir. Das war einfach zu viel für mich. Zumal ich kurz vorher noch ein unangenehmes Gespräch mit Maxime hatte“, erklärte sich Louisa. „Mir erging es genauso. Besonders nachdem Takeru mir erzählt hatte, welche Frage dir Maxime gestellt hat. Von dem Gespräch mit Maxime hast du mir nie erzählt.“ Louisa verkrampfte sich. „Wir sollten jetzt auch nicht darüber sprechen. Du weißt, dass ich mich nicht aufregen soll. Nur so viel: Er hat mich aufs übelste beschimpft. Kari ist damals dazwischen gegangen. Sie hat ihm nahe gelegt nie wieder ein Wort mit mir zu wechseln, wenn er keinen Ärger will. Immerhin waren meine Brüder, sowie meine Schwägerinnen nicht gut auf ihn zu sprechen. Danach hat er mich in Ruhe gelassen.“ Iori zog sie fester in seine Umarmung. Sachte strich er ihr über ihre Wange und platzierte ein Kuss neben ihrer Nase. „Umso mehr freue ich mich, dass du doch noch mit mir gesprochen hast.“ „Ich auch. Das war bis heute mein bestes Weihnachtsfest, welches ich hatte. Bist du bereit für das Gespräch mit meinen Eltern?“ Der musste schlucken schließlich nickte er. „Du musst mir vorher noch zwei Fragen beantworten.“ „Die wären?“ „Warum trägst du deinen Verlobungsring nicht am kleinen Finger. Immerhin bist du Französin.“ „Erstens: Kari und Sora tragen ihre Eheringe über ihren Verlobungsringen an ihrem linken Ringfinger. Zweitens: Würde ich den am kleinen Finger tragen, aber ich habe in letzter Zeit einiges an Gewicht verloren, wie du sicher mitbekommen hast. Der Ring passt nur auf meinem Ringfinger. Drittens: Es ist vollkommen egal, an welchen Finger ich den Ring trage, weil ich dich liebe. Der Ring zeigt jedem, das ich vergeben bin. Was ist die zweite Frage?“ „Wieso nur deinen Eltern? Was ist mit Yamato und Takeru?“ „Die wissen es schon. Es war zu auffällig.“ „Was haben sie gesagt?“ „Das -“ „Isa, Cody kommt hier mal bitte?“ Die Stimme von Natsuko hatte ihr Gespräch unterbrochen. „Wir kommen gleich, Maman.“ Louisa atmete noch einmal tief durch. Danach griff sie nach Ioris Hand. Als das Pärchen die Küche betreten hatte schauten sie Louisas Mutter an. „So ihr zwei, ich weiß, dass ihr was ausheckt, also raus mit der Sprache. Was verheimlicht ihr uns?“ „Wo sind Papa, Matt, Takeru, Sora und Kari? Wir wollen es allen auf einmal sagen.“ Selbstbewusst sah die Blondine ihrer Mutter in die Augen. Die Stimme von Natsuko war wieder zu hören. Kurze Zeit später war die gesamte Familie in der Küche versammelt. Louisa sah allen nacheinander in die Augen. „Für einige von euch wird es keine Überraschung mehr sein …“ Sie sah Takeru in die Augen, „… da ich ein sehr gutes Jobangebot vorerst nur befristet nachkommen kann.“ „Was? Wieso das denn? Hat Hiroaki doch noch sein Angebot zurückgenommen?“, verwirrt schaute Natsuko von Louisa zu Takeru. Takeru sah den flehenden Blick seiner Schwester. „Nein, dass hat er nicht gemacht. Ich habe vor ein paar Wochen Hiroakis Posten übernommen, Maman“, versuchte Takeru die Situation zu erklären. „Louisa hat vorerst meine Stelle als Verbindungsfrau zwischen der ‚Ishida Group‘ und den Verlag von Fontaine übernommen. Mir waren in der Situation die Hände gebunden, da ich ihr nur einen Zeitarbeitsvertag anbieten kann. Sie kann aber zu jeder Zeit wieder bei uns an-“ „Takeru! Sie ist deine Schwester“, kam es empört von Matéo. „Ja, sie ist meine Schwester, die sich zu Zeit nicht aufregen sollte. Daher sollest du erst einmal deiner Tochter zuhören, wenn sie etwas erklären möchte“, rief Takeru aufgebracht in Richtung seines Stiefvaters. „Er kann nichts dafür, Papa. Takeru wollte trotz allem das ich einen unbefristeten Arbeitsvertag erhalte. Das wollten weder Cody noch ich.“ Louisa merkte, wie die Übelkeit in ihr hochstieg. Alles unterdrücken brachte nichts. Sie drehte sich um und lief schnellen Schrittes Richtung Badezimmer. Iori folgte ihr. Geduldig wartete er vor der verschlossen Tür. Er hatte einmal den Fehler gemacht und ging ins Badezimmer, als Louisa sich übergeben musste. So schnell wie er im Raum war, war er auch wieder draußen. Daher hatte er sie gebeten die Tür nur zu schließen, aber nicht abzuschließen, damit er jeder Zeit reinkommen konnte. Nachdenklich schaute Natsuko dem Paar hinterher. In ihr keimte eine Vermutung, die zu einem Verdacht wurde, als Iori und Louisa wieder die Küche betraten. Mit einem Lächeln auf den Lippen fragte sie Louisa direkt: „In der wievielten Woche bist du?“ Sie sah ihrer Mutter erstaunt an. „Wie meinst du das?“ „Du weißt ganz genau wovon ich spreche.“ „In der dreizehnten Woche.“ „Warum sagt ihr es jetzt erst?“ Sora sah nachdenklich auf ihre Schwägerin. „Das hört sich total bescheuert an, aber ich habe es nicht bemerkt. Durch die Vorbereitung auf meinen Bachelor und den ganzen Prüfungsstress habe ich gar nicht mitbekommen, dass meine Tage ausgeblieben sind. Die Müdigkeit und Erschöpfung habe ich auch auf den ganzen Stress geschoben. Bei einer Routinekontrolle vor zwei Wochen hat mir der Arzt gesagt, dass ich schwanger bin. Cody weiß es auch erst seit drei Tagen. Ich wollte es ihm persönlich sagen.“ „Hatte deine Frage etwas mit Pflichtbewusstsein zu tun, Cody?“ „Nein, ich habe Louisa gefragt, weil ich sie liebe.“ Zufrieden lächelte Yamato, der die Frage gestellt hatte, bevor er seine Schwester in eine innige Umarmung zog. „Du hast dein Glück gefunden. Jetzt musst du es für immer festhalten“, flüsterte er ihr ins Ohr. „Das werde ich machen.“ „Werdet ihr heiraten bevor euer Kind auf die Welt kommt?“ „Nein, wir werden nächstes Jahr zum Weihnachtsfest heiraten. Bis dahin ist unser Wunder schon auf der Welt.“ Louisa lächelte Hikari an, die die Frage gestellt hatte. --- Ungeduldig trat Iori von einem Fuß auf den anderen. Warum hatte er sich dazu überreden lassen? Diese Warterei machte ihn Wahnsinnig. Selbst die Ruhe von Takeru ging nicht auf ihn über. Dabei hatte sein Schwager immer eine Art an sich, die ihn entspannen ließen. Ja, er war schon verheiratet. Jedenfalls nach japanischen Richtlinien. Warum zum Kuckuck hatte er einer westlichen Zeremonie zugestimmt? Er liebte seine Frau über alles. Sie brauchte nur ein bisschen mit den Augen klimpern und er konnte ihr keinen Wunsch abschlagen. Warum musste es im Dezember sein? Mitten im verschneiten Paris? Es fiel ihm wieder ein, der Dezember war ihr Monat. Der Monat, in dem sie zusammengekommen waren, sich verlobt hatten und in dem er erfahren hatte, dass er Vater wurde. Ein Blick auf die Uhr ließ ihn tief durchatmen. Jetzt konnte es nicht mehr lange dauern. Kurze Zeit später sah er seine Schwägerinnen, wie sie auf den Altar zuschritten. Hikari hatte seine sechs Monate alte Tochter Yume Estelle auf den Arm. Kurz hinter dem Dreiergespann sah er sie endlich. Seine Frau, die Frau die ihm im zarten Alter von fünfzehn Jahren sein Herz gestohlen hatte. Sie sah wunderschön aus in ihrem champagnerfarbenen bodenlangen Brautkleid. Mit einem Mal war seine gesamte Nervosität von ihm abgefallen. Jetzt zählten nur noch seine Frau, seine Tochter und er. Endlich wurden sich eine Familie. Er dachte daran, wie er sie das erste Mal auf der Geburtstagsfeier gesehen hatte. Ihre Augen hatten ihn sofort in ihren Bann gezogen. Das erste Treffen im Park, wo sie sich das erste Mal geküsst hatten. An die ganzen Höhen und Tiefen, die ihre Freundschaft und spätere Beziehung mit sich brachte. Das sie im Grunde vier Jahre verschenkt hatten. Da es kein anderer Mensch es geschafft hatte, ihre Herzen zu erobern. Das er seit fünf Jahren der glücklichste Mensch auf dem gesamten Planeten war. So lange war sie schon die Frau an seiner Seite. Er hatte alles, was er zum Leben brauchte. Als er Louisas Hand in seine nahm und sie gemeinsam die letzten Schritte zum Altar gingen kam ihm wieder ein Spruch in den Sinn, den Takeru ihm vor Jahren gesagt hatte, als er ihm gestand, dass er Louisa liebte: „Wenn du etwas liebst, lasse es los. Kommt es zu dir zurück, bleibt es. Für immer.“ Er hatte sie losgelassen. Sie ließ ihn gehen. Er kam wieder. Sie empfing ihn mit offenen Armen. Jetzt gingen sie gemeinsam die letzten Schritte, um immer für einander da zu sein. „Aishiteimasu, Cody.“ „Je t'aime, Louisa.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)