Eien ni von MAC01 (Bis in alle Ewigkeit) ================================================================================ Kapitel 11: Gelegenheit ----------------------- Eigentlich wollte sich Jonouchi etwas zu essen machen, doch seine Gedanken schweiften immer wieder von dem Kessel ab, in dem er sich Wasser für Instantnudeln aufkochte. Er bekam Seto einfach nicht mehr aus dem Kopf. Auf einmal ergab das alles einen schrecklichen Sinn: Er hatte nie irgendein Wort über sich verloren. Würden bei den Anwesenheitskontrollen nicht ständig alle Namen vorgelesen, dann würden die anderen in der Klasse nicht mal seinen Namen wissen. Geschweige denn, dass sie sonst etwas über ihn wussten. Wenn er sprach lag immer eine gewisse Kälte in seiner Stimme. Damit wollte er einfach jeden, der es wagte ihn unaufgefordert anzusprechen, auf Abstand halten. Nicht das die anderen es noch wagen würden ihn nach persönlichen Dinge zu fragen. Wann immer ihm jemand auch nur zu nahe kam versuchte er auszuweichen. Wurde er unerwartet berührt zuckte er zusammen, als hätte er sich verbrannt. Dazu kam, dass er den Blickkontakt zu anderen mied. Wenn ein Kontakt zustande kam unterbrach er ihn direkt wieder. Das Nietenhalsband und der Rollkragenpullover sollten gelegentliche Würgemale verbergen. Da er unter der Schuluniform den Rolli nicht tragen konnte, trug er eben das Halsband. Und weil es zu auffällig gewesen wäre, wenn er es mal trug und dann wieder nicht hatte der Dunkelhaarige eben beschlossen es immer zu tragen. Auf einmal schienen all diese Einzelheiten so offensichtlich zu sein. Warum hatte er nicht schon früher gecheckt, dass der andere durch die Hölle ging? Seto hatte ihm viel erzählt. Jonouchi konnte sich nicht erinnern, wann der andere jemals so viel am Stück gesprochen hatte. Nicht einmal bei der Nachhilfe. So hatte Jonouchi erfahren, dass Seto nicht am Sportunterricht teilnehmen musste, da sein 'Vater' bei der Anmeldung ein Artest vorgelegt hatte. Nach diesem Artest durfte Seto aus gesundheitlichen Gründen keinen Sport machen. Das Artest war natürlich gefälscht, wie der Dunkelhaarige ihm anvertraut hatte. Das alles diente nur dazu, dass Seto sich nicht in der Schule umziehen musste. In der Mittelschule war er durch die Blutergüsse an seinem Körper, vor allem an seinen Beinen, aufgefallen. Das hatte zur Folge gehabt, dass seine damalige Klassenlehrerin zu ihnen nach Hause gekommen war, um mit Gozaburo darüber zu sprechen. Er hatte die Blutergüsse darauf geschoben, dass Seto viel unterwegs war und sich dabei eben Schrammen und blaue Flecken zuzog. Kaum war die Lehrerin aus der Wohnung hatte Gozaburo begonnen zu packen und sie waren umgezogen. Umgezogen waren sie oft, wie Seto erzählte. Wann immer Gozaburo auch nur befürchtete, dass man etwas von dem, was in seinen vier Wänden vor sich ging, ahnen könnte hatte er praktisch die Flucht ergriffen. Von der Grundschule bis jetzt hatte das bedeutet, dass Seto auf ganzen 13 Schulen gewesen war. 13 Schulen in zehn Jahren... das waren eine Menge. Als dem Blonden das so durch den Kopf ging wurde er unglaublich traurig. Seto lebte seit seinem siebten Lebensjahr bei Gozaburo, der darauf bestand, dass Seto ihn 'Vater' nannte, obwohl er nur irgendwie so ein entfernter Onkel war. Und von Anfang an hatte Gozaburo seine Hände nicht von Seto lassen können. Doch die Traurigkeit wurde schließlich von der Wut abgelöst. Die Wut auf diesen Mann, der einen trauernden Jungen nicht einmal das zugestanden hatte und ihm stattdessen noch mehr Leid und Schmerz zugefügt hatte. Ein Rumsen riss Jonouchi aus seinen Gedanken. Verwirrt schaute er sich in der Wohnung um, doch er war alleine. Vielleicht waren es die Nachbarn über ihnen. Soweit er wusste waren da letzte Woche neue Leute eingezogen. Doch als das Rumsen erneut zu hören war realisierte er, dass es von unter ihm kam. Aus der Wohnung in der Seto mit diesem Perversen lebte. Der Blonde schob geistesgegenwärtig den Kessel vom Herd, den er ausschaltete und dann zur Tür hechtete. An dieser blieb er kurz stehen. Er brauchte einen Plan. Verdammt, er musste Seto helfen, schoss es ihm durch den Kopf als sein Blick auf die vorbereitete Tasche mit den Büchern und den Lernunterlagen fiel. Das war es. Er schnappte sich die Tasche und verließ die Wohnung. Statt des Fahrstuhls nahm er die Treppe, weil es schneller ging und die Gefahr stecken zu bleiben schlicht nicht gegeben war. Dann lief er eilig den gleichen Flur entlang, der ihn ein Stock höher zu der Wohnung seines Vaters geführt hätte und erreichte endlich die Wohnungstür der Kaibas. Er klopfte entschlossen an und hörte, wie es leise in der Wohnung wurde. Dann klopfte er noch einmal an. Schließlich hörte er Schritte. Als die Tür geöffnet wurde stand vor ihm ein schmieriger Anzugträger, dessen Haar mit Pomade nach hinten gekämmt worden war. Der Schnurrbart war akkurat geschnitten und wirkte gepflegt. Der Anzug war von der Stange und hatte nicht besonders viel gekostet, was man daran erkannte, dass er nicht gut saß. Fragend musterte der Mann ihn. "Wir kaufen nichts.", meinte er und wollte die Tür schon schließen. "Mein Name ist Jonouchi, ich bin wegen der Nachhilfe da.", meinte der Blonde firm und verbeugte sich etwas vor dem Mann, den er über alles verabscheute. Gozaburo blickte über seine Schulter und da er sich ein wenig drehte gab er einen schmalen Blickkorridor zu Setos Zimmer frei. Halb versteckt hinterm Türrahmen stand Seto und blickte geschockt zu den beiden. Sein Gesicht hatte keine Farbe mehr und seine Augen waren gerötet. "Aaah ja, Seto erzählte mir davon, dass er Nachhilfe gibt.", meinte Gozaburo plötzlich mit einem Lächeln, als er sich wieder zu Jonouchi wandte. "Aber ich fürchte heute wird die Nachhilfe ausfallen müssen." "Das geht nicht.", platzte es plötzlich aus dem Blonden und der Anzugträger blickte ihn erstaunt an, während der Blonde nach einer plausiblen Begründung suchte. Schließlich blickte er zu Seto. "Ich meine... ich weiß, ich hab mich bei der letzten Nachhilfestunde dämlich dran gestellt, aber... Se... Kaiba bitte: Gib mir noch eine Chance. Ich werde mich mehr anstrengen." Dabei hatte Jonouchi einen flehenden Unterton. Seto blickte kurz zu Gozaburo, der seinen Sohn scharf musterte. Dann nickte Seto. "Okay, aber du gibst dir wirklich mehr Mühe.", kam es mit rauer und brüchiger Stimme von dem Dunkelhaarigen. Jonouchi bekam ein Lächeln und verbeugte sich vor Seto, bevor er sich an Gozaburo vorbei in die Wohnung drückte. "Danke... vielen, vielen Dank, Kaiba.", meinte der Blonde, während er zu seinem Freund ging und somit sicherstellte, dass der Widerling dem Dunkelhaarigen nicht mehr zu nahe kommen würde. Dieser musterte die beiden, dann lächelte er wieder und nickte. "Okay... ich werde mich dann mal auf den Weg zur Arbeit machen... Lernt fleißig.", meinte er und irgendetwas in seiner Stimme gefiel Jonouchi ganz und gar nicht. Doch das war im Moment egal, denn der andere nahm seine Tasche vom Küchentresen, zog sich Mantel und Schuhe an und verließ die Wohnung. Es verging noch ein langer Moment, bevor einer der beiden sich wagte zu bewegen. Joey wandte sich zu Seto, der seitlich wegschaute und musterte ihn. "Ist alles in Ordnung? Hat er dich... angefasst?", fragte er besorgt. Seto schüttelte nach einem Augenblick den Kopf. "N... Nein, soweit kam er nicht.", kam es leise von Seto. Ganz langsam zog Jonouchi Seto in seine Arme und drückte ihn einen Moment an sich. Er spürte Setos Zittern und Unentschlossenheit. Einerseits wollte er scheinbar die Geste erwidern, doch irgendetwas hielt ihn ab. Langsam löste sich Jonouchi von dem Dunkelhaarigen. "Gelegenheit macht Diebe, also nehmen wir ihm die Gelegenheit.", meinte Jonouchi schließlich und lächelte Seto an. Dieser sah ihn unsicher an und wusste zunächst nicht, was er erwidern sollte, doch dann nickte er. . Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)