I’m Still Standing von Orophin ================================================================================ Kapitel 2: Die Ruhe selbst -------------------------- Ein lautes Poltern ließ ihn hochschrecken. „Snape! Mach auf! Beweg deinen dicken Zinken her!" schimpfte es hinter dem Eingang, gefolgt von weiteren kraftvollen Schlägen gegen die Haustüre. „Beruhig dich Mulciber." Schwerfällig kämpfte sich Severus auf die Beine. Sein Atem brannte immer noch vom Feuerwhisky. Torkelnd trat er an die Haustür, zog sie auf und erblickte die grimmigen Fratzen von Avery und Mulciber. Lässig sank er mit verschränkten Armen gegen den Türrahmen und grinste selbstgefällig. „Was braucht ihr?" „Avery hat einen Sprengfluch von diesem Blutsverräter Potter abbekommen.", gluckste Mulciber erheitert, drängte Severus achtlos zur Seite und trat in seine Wohnung. Avery folgte ihm schnaufend und lies sich auf dem nahen Sofa nieder. Sein linker Arm triefte rot und seine Haut hing in schaurigen, versenkten Fetzen herab. Kleine, hellrote Spritzer säumten hinter ihm die Holzdielen. Averys Gesicht war fahl und gezeichnet von starken Schmerzen. „Flick diesen Vollidioten zusammen! Gib mir Greifenklauenpulver ... und sei nicht wieder so geizig!" Kopfschüttelnd und geringschätzig schnalzend, warf Severus nochmals einen Blick auf Averys Verletzung. „Gegen deine frappierend grässliche Grimasse kann ich leider nichts tun..." Siedend heiß wurde ihm in diesem Moment bewusst, dass, hätte er Lily in der Winkelgasse nicht einfach davongehen gelassen, Potter ohne Zauberstab auch keinen Sprengfluch auf Avery hätte abfeuern können. Unterm Strich lag die Verantwortung für den furchtbaren Zustand Averys also zu einem Gutteil bei ihm, Snape, der seine Gefühle nicht im Griff gehabt hatte. Aber das behielt er im Moment lieber für sich… Der Verletzte ging auf seine Stichelei nicht ein. Also fuhr Severus fort: „Aber mit ein wenig Digtam und Murtlap-Essenz kriegen wir deinen Arm wieder hin." Er wankte zu seinem Vorratsschrank hinüber. Da seine Sicht durch den Genuss des Whiskys und seiner Schlaftrunkenheit noch verschwommen war, lies der Hausherr seine Hand mehrfach suchend über die reiche Auswahl an Tränken wandern. Als er schließlich fündig wurde, warf er etwas ungelenk eine verkorkte Phiole zu Mulciber hinüber. Gekonnt wurde die Flasche mit dem Daumen entkorkt und sogleich an die Lippen gesetzt. Mit gierigen Zügen wurde die Flüssigkeit in den Rachen entlassen. Severus hatte sich zwischenzeitlich der Behandlung von Avery zugewandt. Der verletzte Todesser war vor Schmerz wimmernd im Sessel zusammengesunken. Der Ärmel seiner schwarzen Robe hing, ebenso wie Averys Fleisch, nur noch in Fetzen von seinem Arm hinab. Kurzerhand wischte Severus den blutdurchtränkten Stoff zur Seite und tropfte mit zweierlei Pipetten die beiden Tinkturen auf seine klaffenden Wunden. Avery kommentierte dies mit einer Mischung aus Schreien und Stöhnen. „Wir haben gehört, dass du heute in der Winkelgasse gesehen wurdest. Hast dich wohl wieder volllaufen lassen, hm?", grunzte Mulciber, der sich aufgemacht hatte, um verschiedene dicke Wälzer aus Severus Schränken zu nehmen. Nach kurzer Inaugenscheinnahme stopfte er die Bücher grob wieder in die Regale zurück. Der Stärkungstrank, den er eben zu sich genommen hatte, lies ihn unruhig werden. Er begann im Zimmer auf und ab zu gehen. „Wie immer überrascht mich dein Ausmaß an Taktgefühl.", gab Severus dünkelhaft zurück. „Aber ja. Ich habe dort Nachschub besorgt." Und eine alte Freundin getroffen, fügte er in seinen Gedanken noch hinzu. „Bist‘ ganz schön dicht, hm Schniefelus?", schaltete sich Avery keuchend aber belustigt ein. Nicht nur sein spöttischer Kommentar, sondern auch seine sonstige Körperhaltung zeugten davon, dass es ihm deutlich besser gehen musste als noch vor ein paar Augenblicken. Bei Averys letztem Wort verzerrte sich Snapes Gesicht zu einer Fratze aus Wut und Hass. Vielleicht hätte er etwas sparsamer mit den Heiltinkturen umgehen sollen. Avery hätte ruhig noch eine Weile den Mund halten können. Mit unsicheren Schritten schlurfte er hinüber zu dem großen Kessel am Ende des Zimmers. Fester als notwendig packte er die gusseisernen Griffe und presste so fest zu, dass seine Knöchel noch stärker hervortraten als üblich und seine Haut sich spannte. Er schloss die Augen und erhöhte noch einmal die Anstrengung. Sein Besuch bekam davon hoffentlich nichts mit. Bei den so sich selbst zugefügten Schmerzen zog er zischend die Luft ein, schaffte es aber auch sich etwas zu beruhigen. Er öffnete die Augen, besann sich und suchte nach einem Grund für sein Tun. Schnell löste er ein Lederband, dass an der Seite am linken Griff festgebunden war und knotete sich damit sein öliges schwarzes Haar im Nacken zusammen. Noch einmal tief durchatmend drehte er sich um und funkelte – so hoffte er – seine beiden Besucher entschlossen an. „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich euch eingeladen hätte. Ihr habt was ihr wollt – und nun verschwindet!", zischte Severus ruhig und machte dabei, etwas hakelig, eine Geste in Richtung Türe. Mit zwei langen Schritten war Mulciber bei ihm und baute sich vor ihm auf. Eine riesige Pranke packte ihn bei seiner schmächtigen Schulter und schüttelte ihn. Ein breites Grinsen auf Mulcibers Gesicht mündete in ein schallendes, kumpelhaftes Lachen „Snape … hab dich doch nicht so! Nimm eine von diesen hier..", der hünenhafte Kerl griff nach einem Fläschchen und drückte sie dem Schwarzhaarigen in die Hand. „dann ziehen wir los.“ „Gefahr ist im Verzug. Wir müssen schnell und gründlich arbeiten.“, entfuhr es Avery schmierig grinsend während er sich von dem Sofa zu Severus quälte. Die beiden hatten nicht vorgehabt, ohne Severus wieder zu verschwinden. Nach kurzer Bedenkzeit schritt Snape an den beiden vorbei zu seinem Reiseumhang, öffnete die Türe und sagte nur: „Dann kommt." Stoßweise drang seine Atemluft als Dampfwolke durch die Schlitze in der silbernen Maske hervor. Der Wind riss an seiner Kleidung und in seinen Augen spiegelte sich das Inferno, dass Avery Jr. über einen Muggelstraßenzug wüten lies. „Morsmordre!", schrie Mulciber berauscht und euphorisch hervor und hob seinen Zauberstab. Kurz darauf schlängelte sich das Dunkle Mal über den klaren Sternenhimmel und tauchten die ganze Szenerie in ein mattes Grün. Voller Übermut sprang Avery umher, weiterhin wild flammend spuckend. Er setze alles und jeden in Brand, ohne zu unterscheiden, ob leblose Materie, ein Tier und oder der elende Bewohner und Besitzer der eben noch lieblichen kleinen Mugglebehausungen. Noch wenige Augenblicke und es blieben nur noch verkohlte Ruinen zurück. „Vom dunklen Lord erlernt?", erkundigte sich Severus amüsiert bei Mulciber, der wenige Meter von ihm entfernt stand. „Bellatrix.", gab dieser mit einem Schmunzeln in der Stimme zurück. Sein Gesicht war ebenso wie Snapes mit einer der fein verzierten Silbermasken bedeckt. „Diese Fanatiker, die an dem Abkommen für die Geheimhaltung festhalten, sind doch einfach nur Blutsverräter.“, führte Mulciber ruhig aus und ließ dabei seinen Blick zwischen Severus und dem brennenden Straßenzug hin und her schweifen: „Anstatt uns zu jagen um an diesen veralteten Gesetzen festzuhalten, sollten sie uns unterstützen.“ Severus, der seinen Blick von dem flammenden Infernos nicht abwenden konnte, nickte mehrfach bei den Ausführungen seines Schulfreundes. Diese klangen zwar nach den Formulierungen, die Mulcibers Vater häufig gewählt hatte, jedoch: wo er recht hatte... „Die Frage ist also nicht, ob die Methoden, die wir anwenden, gut oder schlecht sind, sondern ob sie zum Erfolge führen. Jedenfalls ist der dunkle Lord zu allem entschlossen. Wir werden diese Knechtschaft des unreinen Blutes nicht mehr dulden und packen zu! Ohne Rücksicht auf die Einsprüche des einen oder des anderen.“, führte Mulciber seinen Monolog zu Ende und deutete dabei mit einem Nicken auf eine männliche Gestalt, die mit etwas im Arm aus einem der brennenden Häuser rannte. Am ganzen Körper züngelten kleine Flammen an der schon verrußten Kleidung des Mannes entlang. So oft er auch danach schlug, das magische Feuer ließ sich so einfach nicht vertreiben. Der Kerl sah mehr aus wie eine Karikatur eines Schornsteinfegers, dachte Snape böse und lachte leise in sich hinein. Irgendwie schaffte der Mann es, aus der direkten Feuersbrunst, die sein Haus gerade verschlang, hinaus und legte das Bündel, dass er die ganze Zeit schützend mit seinem Körper vor der Hitze abgeschirmt hatte, auf den Boden. Aus dem Haus drang das zunehmend hysterisches Kreischen einer Frau. Voller Panik blickte ihr Mann, Freund oder Liebhaber sich nach allen Seiten um. Den Anblick der drei maskierten Zauberer, von denen einer ganz offenkundig Feuer auf die Siedlung spie überstieg ganz unverkennbar sein Fassungsvermögen. Kurz stand er wie versteinert da, nur die kleinen Flammen an seiner Kleidung bewegten sich weiter und gierig an ihm entlang. Dann wurde er durch ein erneutes katatonisches Kreischen aus seinem Haus aus der Erstarrung gerissen. Ohne noch länger zu zögern, rannte der Wahnsinnige zurück in die Gluthölle, aus der er eben erst entkommen war. Dabei schrie er irgendetwas, vielleicht einen Namen. Nur Augenblicke später brach Mulciber in wildes Gackern aus, als er mit ausgestrecktem Arm und Zeigefinger auf das zusammenstürzende Gebäude zeigte. Funken stoben in den glutrot angeschienenen Nachthimmel. Das Bündel, welches der nun verbrannte Mann eben in Sicherheit gebracht zu haben glaubte, war umgeben von unheimlich lebendig wirkenden Flammen, die den Kreis enger schlossen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)