When the Sky Darkens von Votani ================================================================================ Kapitel 5: [5] -------------- CULLEN Beim Erbauer, manchmal konnte Cullen nicht glauben, wie viel Glück sie hatten. Wie viel Zeit sie in der Dunkelheit der Deep Roads verbrachten, wusste er zwar nicht, doch es war genug, damit die Dunkle Brut weitergezogen war und die Suche nach ihnen aufgegeben hatte. Jedenfalls begegneten sie nur ein paar der verdorbenen Kreaturen, als sie sich schlussendlich aus dem engen Tunnel wagten, in dem sie Unterschlupf gefunden hatten. Mit Mühe und Not suchten sie sich den Weg zurück, was mit einigen hastigen, flüsternden Diskussionen geschah, bis Sam sie unterbrach und ihnen die gemerkten Richtungen mitteilte. Lavellans Finger ergriffen seine Hand, als sie schließlich die Stufen erreichten, die sie zurück zum Siegel und zum Palast führten. Er würde nie mehr einen Schritt hinab in die Deep Roads setzten, dies schwor sich Cullen, als sie das Siegel hinter sich schlossen und vom Kellergewölbe hinauf in das Schloss von King’s Landing zurückkehrten. Und er würde auch nie wieder zulassen, dass Lavellan dort hinuntersteigen würde. Sie sollten die erhörten Gebete nicht überstrapazieren, denn irgendwann würde ihr Glück sie verlassen und Cullen hatte Angst, dass dies schon sehr bald eintreffen würde. „Ich habe nachgedacht, Cassandra“, sagte Lavellan, als sie die Katakomben durchquerten. Ihr Gesicht war bleich und Ringe lagen unter ihren Augen, doch ihre Stimme war sanft und freundlich und fast optimistisch, was Cullen hellhörig machte. Sie hatte sich ein wenig erholt, obwohl sie noch immer ihren Arm mit der Hand, die das Mal in sich trug, hielt. „Hättest du etwas dagegen, eine Weile in Westeros zu bleiben? In King’s Landing? Ich denke, dass es gut sein würde, wenn wir jemanden von der Inquisition hier vor Ort hätten. Jemand, der sich gut auskennt und autoritär ist.“ „Und du glaubst, dass ich die Richtige für diese Aufgabe bin?“, erkundigte sich Cassandra neutral, obwohl Cullen sehen konnte, dass die Muskeln sich in ihrem Kiefer anspannten, ein Zeichen, dass sie tatsächlich darüber nachdachte. „Meinst du nicht, dass Cassandra in Skyhold gebraucht wird?“, fragte Cullen und Lavellan verlangsamte ihre Schritte, bis sie mit Cullen auf einer Höhe war, während Cassandra nachdenklich hinter den anderen hermarschierte, die Stufen hinauf, die sie zum Schloss brachten. „Ich bin sogar ziemlich sicher, dass Cassandra hier gut aufgehoben sein wird“, sagte Lavellan in einem verschwörerischen Flüstern. Trotz der Erschöpfung funkelten ihre Augen, als sie zu ihm hinaufschaute und Cullen spürte, wie sich Hitze in seinem Bauch ausbreitete. „Was meinst du?“ Lavellan lächelte verschmitzt. „Offensichtlich bahnt sich etwas zwischen Cassandra und dem König an.“ Sie blickte nach vorn und Cullen folgte ihrem Blick. Cassandra hatte mit Jon und Sam aufgeholt, ging neben ihnen und tauschte ein paar ernste Worte mit ihnen aus, die Jon mit einem Lächeln beantwortete. „Ich… Ich habe es nicht bemerkt“, gestand er verwirrt, da es ihm wie Schuppen von den Augen fiel. Lavellans leises Lachen erklang in seinen Ohren, er konnte sich kein schöneres Geräusch vorstellen. „Du lässt dich zu leicht von mir ablenken“, neckte sie. Den Impuls unterdrückend, die Hand nach Lavellan auszustrecken und sie an sich zu ziehen, räusperte sich Cullen stattdessen. „Cassandra wird hier mit dem König alles organisieren, während wir nach Skyhold zurückkehrten und dort unsere Soldaten mobilisieren?“ Auch auf Lavellans Gesicht verlor sich die Heiterkeit. „Genau. Es wird uns einige Zeit dauern, nach dem alle nach unserem Sieg getrennten Wege gegangen sind. Eine Menge Arbeit wartet auf uns, aber wenigstens können wir diesmal mit der Unterstützung der Kirche rechnen.“ „Leliana wird uns nicht enttäuschen“, bestätigte Cullen, als sie die Palasthalle erreichten, wo sie von Bediensteten und Rittern empfangen wurden. BLACKWALL Die Kampflust beherrschte Blackwall noch immer. Das Herz hämmerte ihm im Brustkorb, während die Energie ihn auf den Beinen hielt, als befänden sie sich noch immer dort unten in den Deep Roads, umzingelt von der Dunklen Brut. Doch stattdessen stürmte er die lange, steinerne Treppe hinauf in das Gemach, welches ihm zugeteilt worden war. Sein Griff um das Schwert blieb fest, als er die Tür hinter sich schloss und stattdessen im Raum auf- und abging, das Geschehene noch einmal Revue passieren lassend. Es hatte sich… gut angefühlt, sich im Kampf zu verlieren und abermals an Lavellans Seite zu kämpfen. Wann hatte er sich das letzte Mal so lebendig gefühlt? Zwar fühlte er sich befreiter, seit die Wahrheit über seine Identität ans Licht gekommen war, aber war dies nicht nur, weil jemand – Lavellan, weil sich alles um Lavellan drehte – ihn trotz seiner Sünden akzeptierte und ihm verziehen hatte? Weil sie das Unverzeihliche verziehen hatte? Doch Frieden finden war nicht dasselbe wie ein Kribbeln im Bauch fühlen und in den Genuss zu kommen, das Adrenalin durch seine Arterien jagen zu spüren. Ein Klopfen brachten die wirren Gedanken und Gefühle zu einem abrupten Ende und ließ Blackwall an Ort und Stelle einfrieren. Sein Blick wandte sich der Tür zu, als könnte er durch das Holz hindurchblicken. „Ich bin es. Cullen.“ Blackwall hielt den Atem an, bevor er an sich herunterschaute. Er trug noch immer die Rüstung, auf der das Blut seiner Gegner verkrustet und getrocknet klebte, die ebenso von Blut besudelte Klinge in der Hand haltend. Was für ein Bild musste er in diesem Gemach mit seinen schweren Vorhängen und seidenen Bettbezügen abgeben? „Einen Augenblick“, rief er zurück, bevor er sein Schwert in die Scheide zurücksteckte und den Schwertgürtel auf der Truhe vor dem Bett ablegte. Mit einer behandschuhten Hand fuhr er sich durch das wirre Haar, um etwas Ordnung hineinzubringen. Erst danach öffnete er Cullen die Tür und ließ ihn ins Zimmer. Cullen wirkte mindestens genauso verwirrend, wie sich Blackwall gerade fühlte. Er machte ein paar Schritte vorwärts, blieb jedoch nahe der Tür stehen, als er die Hand hob und sich den Nacken rieb. Auch er hatte seine Rüstung nicht abgelegt, aber sich wenigstens das Blut und den Schmutz abgewaschen. „Ich… bin nur gekommen, weil ich mich bedanken wollte.“ Seine Augenbrauen waren so dicht zusammengezogen, dass eine tiefe, nachdenkliche Furche zwischen ihnen lag. „Ich war zu weit weg. Ich konnte nicht…“ Er sprach es nicht aus, doch Blackwall verstand auch so, dass er auf Lavellan im Kampf gegen die Dunkle Brut anspielte. Anstatt von Cullen war er es gewesen, der ein Auge auf Lavellan gehabt hatte, weil er immer ein Auge auf die junge Frau haben würde. „Ich wüsste nicht, was ich ohne dich tun würde“, hallten Lavellans Worte in seinem Kopf wider und ein freudloses Lachen steckte in Blackwalls Kehle, denn sie verstand nicht, dass es ihm genauso erging. Dass er bei diesen Worten lebte, denn ansonsten wäre er den Grauen Wächtern nicht offiziell beigetreten, hätte sich ihrem Missmut nicht so freiwillig ausgesetzt und sich ihnen verschrieben, indem er ihr Kommandant geworden war, als keiner von ihnen gut auf ihn sprechen gewesen war. Und nun stand ihr Liebhaber vor ihr und bedankte sich bei ihm dafür, dass er sie beschützt hatte. „Meine Gefühle für Lavellan haben sich nicht geändert“, sagte Blackwall, bevor das Schweigen zwischen ihnen schwerer und undurchdringlich werden konnte. Sein Blick bohrte sich Cullen hinein, der mit geweiteten Augen aufsah. „Ich würde mein Leben für sie geben. Immer wieder. Sie besitzt mein Herz, aber ich weiß auch, dass ihres nur dir gehört. Lavellan hätte kaum einen besseren Mann auswählen können, der an ihrer Seite steht.“ Cullens Mund öffnete und schloss sich einige Male, als er seine Worte verdaute. „Ähm, nun, ich bin froh, dass du das so siehst. Ich… Ich weiß, dass es nicht einfach sein kann, uns zusammen zu sehen. Ebenso, dass wir nicht immer derselben Meinung sind, was Dinge angeht, aber du hast meinen Respekt, Blackwall. Etwas verspätet vielleicht, aber du hast ihn.“ Cullen legte ihm seine Hand auf die Schulter, bevor er an Blackwall vorbeitrat und sein Zimmer verließ. Für einen langen Moment sah Blackwall ihm nach, denn wenn er es nicht besser wüsste, hatte der Kommandant der Inquisition, der immer deutlich gemacht hatte, wie wenig er von Blackwalls Lügen und Taten hielt, ihm soeben genau diese vergeben. Blackwall sackte auf die Bettkante nieder, als die Energie mit einem Mal aus seinem Körpers wich und die Erschöpfung zurückließ, die vom Adrenalin lediglich niedergeknüppelt worden war. BRIENNE „Das Siegel wird halten, dessen bin ich mir sicher“, verkündete Brienne und ließ den Blick eindringlich über die restlichen Ritter der königlichen Garde wandern. Sie hatte die Aufmerksamkeit aller, doch nur ein Augenpaar schaffte es, sie unsicher zu machen und gleichzeitig ein Kribbeln auf ihrer Haut auszulösen. Nach ihrer Rückkehr ins Schloss hatte sie die königliche Garde sogleich versammelt, um das Gesehene auch an die anderen Ritter weiterzugeben und Sicherheitsmaßnahmen einzuleiten. „Aber das bedeutet nicht, dass wir nicht trotzdem auf der Hut sein müssen. Einer von uns wird das Siegel zu allen Tageszeiten bewachen“, beendete sie. Douglas trat vor, jung und mit strammen Schultern. „Ich werde die erste Wache übernehmen und die Abwechselungen einteilen, Ser.“ „Danke, Ser Douglas“, sagte Brienne, bevor sie ihre Unterstellten entließ, die ihr nur widerwillig und mit beunruhigten Blicken den Rücken kehrten. Sie konnte es ihnen nicht verübeln. Selbst ohne einen Blick in den Spiegel wusste sie, dass sie erschöpft und schmutzig aussehen musste, doch gewisse Dinge sollte und konnte man nicht aufschieben und diese Gefahr, die sich direkt unter dem Schloss und somit unter dem Thron ihres Königs befand, war eines davon. Brienne stützte die Hände auf dem runden Tisch vor sich ab und schloss die Augen, als sie ein zittriges Seufzen ausstieß. „Der Kratzer sieht tief aus. Jemand sollte ihn sich ansehen“, erklang Jaimes Stimme. Sie riss die Augen auf und fand ihn an der Tür stehend vor, direkt im Rahmen, als sei er hin- und hergerissen, ob er gehen oder bleiben sollte. Brienne schluckte, da ihr Mund sich plötzlich furchtbar trocken anfühlte und sie daran erinnerte, wie wenig Flüssigkeit sie in der letzten Zeit zu sich genommen hatte, wie durstig sie eigentlich war. „Ich kümmre mich darum“, sagte sie und richtete sich auf. Sie umrundete den Tisch und ging an Jaime vorbei. Dabei musste sie sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass Jaime ihr mit einigem Abstand folgte. Seine dumpfen Schritte auf dem Steinboden verrieten ihn. „Ich kann mich darum kümmern“, sagte Jaime, als sie die lange Treppe zu dem Raum hinaufstiegen, den man ihr als Kommandantin zugeteilt hatte. Es hatte einst Jaime gehört – und Brienne hatte noch nicht die zerwühlten Laken gerichtet. Ein Schauer rann ihrer Wirbelsäule hinab, als sie die Tür öffnete. Ihr Blick huschte zu dem Bett, in dem sie das letzte Mal neben Jaime erwacht war, bevor sie sich unwirsch abwandte und sich ihrer Rüstung entledigte. Jaime schloss die Tür, bevor er einhändig die Waschschüssel von der Kommode zum Tisch hinüberbrachte. „Setz dich“, sagte er und zog ihr den Stuhl heran, als sie mit Hemd und Hose aus dünnen Leinen vor ihm stand. Ein sanftes Lächeln umspielte seine Lippen, die sich rau und gierig angefühlt hatten, als sie sich gegen ihre gepresst hatten. „Du musst das nicht tun.“ „Ich möchte aber“, antwortete Jaime und tauchte den Lappen in die frische Waschschüssel, die von einem Bediensteten herangeschafft worden war. Die kalten Fingerspitzen seiner goldenen Hand stupsten gegen die Unterseite ihres Kinns, als er mit den Lappen dem Kratzer auf ihrer Wange entlang tupfte. „Ich bin froh, dass du heil zurückgekehrt bist“, gestand er. Brienne hob den Blick, doch Jaimes Augen galten nur der Reinigung ihrer Wunde. „Ich hatte keine Zeit, es davor zu sagen“, sprach er mit gesenkter Stimme weiter. „Aber ich kann mir nicht vorstellen, was ich ohne dich tun würde. Du bist das Einzige, was noch Sinn macht in dieser Welt.“ Seine Augenbrauen zogen sich bei seinen Worten zusammen und Schmerz huschte über sein Gesicht. „Doch das schon länger. Viel zu lange.“ Bevor die Gedanken richtig in ihrem Kopf, in ihrem Herzen angekommen waren, schlangen sich ihre Finger bereits um Jaimes Handgelenk und sie stillte den Lappen auf ihrer Haut. Jaime sah sie an, überrascht, bevor sein Blick sich auf ihre Lippen legte. Ausnahmsweise musste er sich nicht strecken, sondern lediglich nach vorn lehnen, um sie küssen, während Brienne die Finger in die länger gewordenen Haare gleiten ließ. Was ihnen allen bevorstand würde nicht einfach werden, denn abermals sahen sie sich mit dem Ende der Welt konfrontiert, aber Jaimes Lippen auf ihren und seine Fingern auf ihrer Haut zwangen die Angst in die Knie. Nun gab es eine Sache mehr, für die es sich zu kämpfen lohnte. JON Das Feuer knisterte im Kamin, monoton und so friedlich, dass man fast vergessen konnte, was für Kreaturen sich unter der Oberfläche sammelten, direkt unter ihnen. Jon lehnte sich in seinem Sessel zurück und rieb sich mit der Hand das bärtige Kinn. „Ich hatte gehofft, dass wenigstens für einige Jahre ein bisschen Frieden in Westeros eingekehrten würde. Wenigstens solange wie der Winter anhält.“ „Es kommt immer anders als man denkt“, erwiderte Sam in einem entschuldigen Ton, als wäre die bevorstehende Verderbnis seine Schuld. Jon schenkte ihm einen müden, aber nicht weniger amüsierten Blick. Sein Freund saß ihm gegenüber, einen Becher mit warmem Tee in den Händen halten. Er sah noch immer etwas blass im Gesicht aus, doch er hatte sich wacker in den Deep Roads geschlagen. Obwohl man es Sam oft nicht ansah, so steckte in ihm doch ein Überlebenskünstler. „Cassandra hat mich informiert, dass sie in King’s Landing verweilen wird, um dabei zu helfen, die Inquisition zu organisieren und die Zusammenarbeit zu vergewissern“, wechselte Jon das Thema und Sam nickte langsam. „Lady Lavellan hat mich darum gebeten, ein Schifffahrt zurück nach Ferelden zu arrangieren“, sagte er. „Es ist das erste, was ich bei Morgengrauen tun werde.“ „Hoffen wir, dass wir die Verderbnis noch rechtzeitig entdeckt haben und im Keim ersticken können“, antwortete Jon, obwohl er nicht sicher war, ob dies überhaupt so funktionierte. In den nächsten Tagen würde er sich mit Cassandra zusammensetzen müssen, um alles, was er konnte, über die Verderbnis in Erfahrung zu bringen. „Ich werde einen Brief an die Zitadelle verfassen“, erklärte Sam. „Ich bin sicher, dass sie irgendwelche uralten Bücher oder Schriftrollen zu dem Thema besitzen.“ Abermals huschte ein Lächeln über Jons Lippen. „Wirst du sie ausborgen?“ Sam errötete im Schein des Feuers und der Becher glitt ihm fast aus den Händen. „Das werde ich nie wieder tun! Aber als königlicher Berater habe ich mehr Einfluss auf die Meister. Außerdem hat mich zumindest einer relativ gut in Erinnerung, wenn ich mich nicht irre.“ Sams Blick galt den Flammen und auch Jon sah ins Feuer, als er den Abend genoss, da sie nie wissen konnten, wie viele dieser friedlichen Nächte ihnen noch bleiben würden. Doch diesmal war das Land nicht so zersplittert und sie hatten neue Verbündete an ihrer Seite, die Jon bisher keinen Grund zum Zweifeln gegeben hatten. Sie hatten den Nachtkönig und die White Walkers besiegt, sie würden auch diese Verderbnis zu einem Ende bringen, daran hielt Jon fest, als die Kohlen im Feuer geräuschvoll auseinander brachen und die Flammen sich für einen kurzen Moment aufbäumten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)