When the Sky Darkens von Votani ================================================================================ Kapitel 2: [2] -------------- JON Wahrscheinlich sollte sich Jon darüber freuen, dass die Informationen und Probleme zu ihnen kamen und sie ihnen nicht hinterher jagen mussten. Wenigstens versuchte er an diesem optimistischen Gedanken festzuhalten, als er mit Sam und Varys im Schlepptau durch die Türen des Thronsaals trat und in die prunkvolle Halle marschierte. Dort warteten bereits ihre unerwarteten Gäste aus dem weit entfernten Ferelden, was für Jon immer nur ein unbekannter Punkt am Kartenrand gewesen war. „Ser Brienne“, begrüßte Jon die Kommandantin seiner Garde, bevor er sich ihren Gästen zuwandte, die ihm nacheinander vorgestellt wurden. „Eure Hoheit, das sind die Inquisitorin aus Ferelden und ihre Gefolgsleute, Cullen Rutherford, Warden Blackwall, und Seeker Cassandra Pentaghast.“ „Willkommen in Westeros, Lady Inquisitor“, meinte Jon und er deutete rein aus Reflex der Höflichkeit und als Zeichen des Respekts eine Verbeugung vor der zierlichen Frau mit der ungewöhnlichen Tätowierung auf dem Gesicht an. Sam und Varys hatten ihn über die Geschehnisse in Ferelden aufgeklärt, ausgestattet mit Informationen aus Büchern und weiteren, die von Varys Spionen gesammelt worden waren. Allerdings waren diese Ereignisse genauso unglaubwürdig wie all die Dinge, die hier in Westeros geschehen waren. Doch all das machte dieser Unhold Coryphus, der sich zum Gott erklärt hatte, sowie der Schnitt im Himmel leichter nachvollziehbar, jedenfalls für Jon. Beide Ländern hatten ihre Hände voll gehabt. „Was kann ich für Sie tun?“, brachte Jon es auf den Punkt, als er den Eisernen Thron ansteuerte, wie man es in solch offiziellen Momenten wie diesen von ihm erwartete. Das machte den Thron jedoch keinen Deut bequemer. Die junge Frau trat vor, gekleidet in einer violett schimmernden Rüstung und deutete nun ihrerseits eine Verbeugung an. „Wir haben Grund zu glauben, dass Westeros – mitsamt der restlichen Welt – einer weiteren Bedrohung gegenübersteht. Eine, die wir im Keim ersticken müssen, bevor es zu spät ist.“ Jon rieb sich mit einer Hand über das Kinn. Etwas anderes hatte er kaum erwartet, wenn sich auch erhofft. „Und was für eine Gefahr soll das sein?“ Die Ahnung, dass es mit diesen merkwürdigen Angriffen auf die Dörfer und den verfärbten Himmel zusammenhing, war nicht aus der Luft gegriffen. Jon hatte sich schon immer auf seine Instinkte verlassen und obwohl diese ihn nicht immer von Gefahr ferngehalten hatten, hatte er ihnen stets vertrauen können. „Eure Hoheit“, begann Cassandra und trat einen Schritt vor, so dass sie neben der Inquisitorin zum Stehen kam. „Es gibt Dinge, die aus den Geschichtsbüchern von Westeros ausgelassen wurden. Sogenannte Verderbnisse, die—“ „Über den Begriff bin ich in der Bibliothek der Zitadelle schon einmal gestolpert“, unterbrach Sam, bevor er hastig den Blick senkte. „Entschuldigt, Madam Seeker. Es ist nur... eine Verderbnis wird von der sogenannten Dunklen Brut ausgelöst, oder nicht? Sie ist tatsächlich nichts weiter als eine Legende hier in den sieben Königreichen.“ Cullen schnaufte. „Ich wünschte, es wäre tatsächlich so. Aber so oft, wie wir sie schon bekämpft haben, ist sie viel mehr als das. Ich habe sie mit meinen eigenen Augen gesehen. Wir alle. Wir alle haben bereits das Schwert gegen die Dunkle Brut erhoben und nicht alle haben das Aufeinandertreffen überlebt.“ „Eine Verderbnis beginnt nur, wenn die Dunkle Brut einen der uralten Götter findet. Einen Drachen“, erklärte Cassandra und legte die Betonung auf die letzten Silben. Die dunkelhaarige Frau durchbohrte ihn mit ihren stechenden Augen, anklagend und misstrauisch. Einen Drachen... Soweit Jon wusste, gab es nur noch einen einzigen Drachen auf der Welt. Einen, den Jon selbst hatte wegfliegen sehen, zusammen mit dem toten Körper seiner Königin und Mutter in den riesigen Klauen, nach dem diese durch die White Walkers gefallen war. Etwas zog sich in seiner Brust zusammen, als diese Erinnerung unerwartet über ihn hineinbrach. Kurz schloss Jon die Augen und massierte sich die Nasenwurzel. Dass die Neuigkeiten über einen noch existierenden Drachen selbst ferne Länder erreicht hatte, wunderte ihn nicht. Allerdings nahm er an, dass die meisten dies ebenfalls nur als eine absurde Geschichte abtaten und die Inquisition eine der wenigen waren, die diese Information ernst genommen hatten. Bedeutete das, dass Drogon dieser Dunklen Brut zum Opfer gefallen war? Aber wie? Spielte das überhaupt eine Rolle? „Und woher sollen wir wissen, dass Ihr Euch nicht irrt?“, fragte Jon. „Wir brauchen wenigstens einen Beweis, bevor wir auch nur darüber nachdenken können, euch in diesem Kampf gegen die Dunkle Brut und dem Drachen beizustehen.“ Hatte sich Daenerys so damals gefühlt, als er bei ihr in Dragonstone angekommen war, um sie um Unterstützung im Krieg gegen den Nachtkönig zu bitten? Damals war er ungeduldig gewesen und hatte gehofft, dass sie seinem Wort vertraute und ihnen sogleich half, doch nun, da er selbst auf einem Thron saß, wurde ihm bewusst, dass es nicht ganz so einfach war. Er musste seinen Leuten und seinem Volk etwas zeigen, damit sie seine Entscheidung verstanden und unterstützten, anstatt sich von ihm abzuwenden und erneut Unruhe zu stiften, wo doch gerade erst Frieden eingekehrt war. „Ich bin kein Experte auf dem Gebiet der Verderbnisse, aber meine Ratgeber sind erfahren“, sagte die Inquisitorin. „Unter Westeros, ebenso wie unter Ferelden, befinden sich die Deep Roads, die einst von einem uralten Volk an Zwergen erbaut worden sind. Das Tunnelsystem erstreckt sich endlos und tief unter der Erdoberfläche. Dort befindet sich die Dunkle Brut und von dort dringen sie an die Oberfläche.“ Nicht nur Drachen, sondern nun auch ein Zwergenvolk... Jons Gedanken wanderten unwillkürlich zu Tyrion Lannister, der in Winterfell an Sansas Seite den Frieden im Norden bewahrte. In diesem Moment wünschte sich Jon glatt, dass er hier in King’s Landing wäre. Er hätte gern gewusst, was Tyrion von alldem hielt. „Die Eingänge sind für gewöhnlich versiegelt, aber wir glauben, dass die Dunkle Brut irgendwo hier in Westeros einen Durchgang gefunden hat“, erklärte Blackwall mit rauer Stimme, die Lippen fast vollständig unter dem dichten, schwarzen Bart versteckt. „Und einer dieser Eingänge befindet sich laut einer antiken Karte direkt unter dieser Feste“, sprach die Inquisitorin weiter und deutete mit dem Finger auf den steinernen Boden unter ihren Füßen. „Ich bin sicher, dass irgendjemand im Laufe der Geschichte von King’s Landing und dieser Feste es bereits bemerkt hätte, wenn sich ein riesiges Tor direkt unter uns befinden würde“, meinte Varys, die Finger beider Hände vor seinem Bauch miteinander verschränkt. Cassandra zog die Augenbrauen zusammen. „Befindet sich unter der Festung nicht ein massiges Gewölbe?“, erkundigte sich sie und Jon konnte sich bei ihrem nachdrücklichen Ton das Heben eines Mundwinkels nicht verkneifen. Ein Seitenblick ging zu Varys hinüber, der seinen Gesichtsausdruck schulte. „Sie haben recht, Lady Pentaghast“, räumte Jon ein und meinte einen leichten Rotschimmer auf ihrem braungebrannten Gesicht zu erkennen, was sie selbst mit den kurzen Haaren und der Narbe auf der Wange weiblicher wirken ließ. „Es befindet sich tatsächlich ein Gewölbe unter uns. Aber ich bin sicher, dass diese Verderbnis noch einen Tag länger warten kann. Ihr habt eine lange Reise hinter Euch. Ruht Euch aus. Varys wird dafür sorgen, dass Gemächer hergerichtet werden.“ Gerade der Inquisitorin stand die Blässe in das Gesicht geschrieben, obwohl dieser Aufschub auch dazu diente, damit Jon sich mit Sam und Varys ein weiteres Mal austauschen und eventuell nach diesem versiegelten Tor unter der Feste suchen konnte. „Morgen in aller Frühe habt ihr die Gelegenheit, uns dieses Tor zu den Deep Roads zu zeigen.“ Die Inquisitorin tauschte einen knappen Blick mit dem blonden Mann an ihrer Seite aus, dessen Blick bei ihrem Anblick weicher wurde. Die Bindung der beiden war so eindeutig, dass Daenerys Abbild ein weiteres Mal in seinen Kopf geschossen kam. „Danke für die gnädige Gastfreundlichkeit, Eure Majestät“, sagte Lavellan und deutete abermals eine Verbeugung an und ihre Gefolgsleute taten es ihr gleich, bevor sie dem schweigsamen Varys aus dem Thronsaal folgten. Jon stieß ein Seufzen aus und Sam schenkte ihm einen mitfühlenden Blick. BLACKWALL Blackwall konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal in einem solch vornehmen Ort gehaust hatte. Während seiner Zeit in der Inquisition unter Lavellans wachsamen Auge hatte er es sich nahe der Ställe gemütlich gemacht, was zu einem einfachen Mann wie ihm passte. Etwas Besseres hatte er nicht verdient und brauchte er auch nicht. Schlösser wie dieses mit ihren pompösen Gemächern erinnerten ihn nur daran, wie es sich anfühlte jemand zu sein, der er nicht war. Unschlüssig stand Blackwall inmitten des Gemachs, der Sack mit seinen Vorräten und wenigen Hab und Gut lag zusammen mit seinem Schwert auf der Truhe vor dem breiten Bett mit seinem seidenen Bezug, nachdem irgendwelche Boten ihre Sachen vom Schiff geholt und zur Feste gebracht hatten. Langsam begann er den ersten Riemen seiner Rüstung zu lösen, als ein Klopfen ihn innehalten ließ. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, da er hier in dieser fremden Feste am allerwenigsten damit gerechnet hatte, dass jemand ihn behelligen würde. „Herein“, raunte Blackwall, bevor sich auch schon die Tür mit einem leisen Quietschen öffnete und Lavellan ihren rotbraunen Haarschopf durch den Spalt steckte. „Störe ich?“, erkundigte sie sich und ihre hellen Augen suchten sein Gesicht nach irgendetwas ab, das Blackwall nicht entschlüsseln konnte. „Du störst nie“, antwortete er, bevor er sich wieder den Riemen widmete, wenn auch nur, um ihren Blick nicht länger erwidern zu müssen. Obwohl er wusste, dass sie ihm für alles vergeben hatte und ihm mit ihrem riesigen Herzen auch wahrscheinlich alles vergeben würde, so war ihre Freundschaft angespannt. Auch wenn nun alle in der Inquisition wussten, dass er lediglich Tom Rainier war, der nur die Identität von Warden Blackwall angenommen und allen etwas vorgespielt hatte, nachdem er gute Männer in den Tod geschickt hatte, war dies nicht der Grund, warum diese Nervosität von ihm Besitz ergriff, sobald er sich in ihrer Nähe aufhielt. „Hier, lass mich dir helfen“, sagte sie mit heller Stimme hinter ihm, ehe sich die Tür schloss. Bevor er protestieren konnte, schoben ihre schmalen Finger seine großen, rauen Hände beiseite, um einen Riemen nach dem anderen zu lösen. Schweigend, die Lippen zu einer sanften Linie zusammengepresst, half sie ihm den Brustpanzer abzulegen. Blackwall hob den Blick, doch Lavellans Augen ruhten bereits auf seinem Gesicht. „Alles in Ordnung?“, fragte sie, als er ihr den Brustpanzer abnahm und ihn auf die breite Kommode legte, die sich gegenüber vom Bett befand. In dem Spiegel darüber konnte er Lavellan sehen, die sich auf die Kante seines Bettes setzte. Alles, was sie tat, machte sie mit einer Natürlichkeit, die Blackwall beneidete. Sie verbog sich nicht für andere, sondern akzeptierte ihre Schwächen und ihre Fehler, ganz anders als er. „Dieses Gemach ist gewöhnungsbedürftig, um ehrlich zu sein“, gestand er, als er sich zu ihr umdrehte. Lavellan stieß ein leises Lachen aus. „Hoffentlich werden wir nicht lange hier bleiben.“ Eine Pause folgte. „Ehrlich gesagt bin ich hier, weil ich mit dir sprechen wollte, Blackwall. Es ist mir schon auf dem Schiff aufgefallen, aber... nun, da hatte ich andere Sorgen.“ Sie errötete unter seinem Blick und Blackwall schnaufte belustigt. „Selbst die besten Soldaten leiden manchmal an der Seekrankheit“, sagte er und sie schenkte ihm ein dankbares Lächeln, ehe sie ernst wurde. „Ich habe das Gefühl, dass du mir aus dem Weg gehst“, sagte Lavellan schließlich. „Schon seit sehr langer Zeit.“ Sie hatte es also doch bemerkt... Er war einfältig gewesen, anzunehmen, dass ihr nicht auffallen würde, dass er sich zurückzog. „Ist es, weil ich dich überredet habe, den Posten als Kommandant der Grauen Wächter anzunehmen?“, erkundigte sie sich mit leiser Stimme, als fürchtete sie die Antwort. Fast so, als könnte er wegen etwas Dergleichen sauer auf sie sein. Seine Füße trugen ihn unwillkürlich näher zu ihr heran, bis er direkt vor ihr stand und sie zu ihm aufsehen musste. In diesem Moment wollte er nichts lieber tun, als die Finger in ihrem rotbraunen Haar zu vergraben, um sie zu ihm hinaufzuziehen und küssen zu können. Stattdessen sagte er: „Nichts, was du tun könntest, würde jemals an meinem Respekt und meiner Zuneigung für ich ändern.“ Ihre Gesichtsfarbe wurde noch einen Deut dunkler, bevor sie den Blick senkte. Hatte er zu viel gesagt? Wahrscheinlich, denn immerhin wusste er, dass Cullen bereits ihr Bett teilte und dass er jede Chance mit ihr verspielt hatte, als er mit ihr geschlafen und anschließend spurlos verschwunden war, um einen seiner ehemaligen Männer vor dem Schafott zu retten. Obwohl sie dies als ehrenhaft angesehen hatte, so war es Cullen gewesen, der jedes Mal, wenn es während ihres Kampfs gegen Corypheus Rückschläge gegeben hatte, sie gestützt und ihr beigestanden hatte. Cullen Rutherford war jedes Mal an ihrer Seite gewesen, nicht er, der zu sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen war und sie dadurch von sich gestoßen hatte. Lavellan umschloss seine Hand mit ihrer. „Gut. Ich möchte deine Freundschaft niemals mehr missen.“ Nachvollziehbar und erwartet wie ihre Worte waren, zog sich dennoch etwas in seiner Brust zusammen, als sie aufstand und er ihren Körper so nah an seinem spürte. „Ich wüsste nicht, was ich ohne dich machen würde, Blackwall“, fügte sie hinzu, ehe sie ihre Hand von seiner löste und sein Gemach verließ. BRIENNE Für einen Moment starrte Brienne einfach in das Wasser in der Waschschüssel vor ihr, bevor sie den Lappen hineintauchte, um sich das Gesicht und den Nacken zu waschen. Nach dem gewonnenen Krieg gegen den Nachtkönig und Cersei Lannister hatte Brienne angenommen, dass nun endlich eine Zeit des Friedens die Sieben Königreiche erreicht hatte, doch scheinbar galt es sofort die nächste Katastrophe abzuwenden. Ein Klopfen brachte ihre Gedanken zu einem abrupten Stopp und der Lappen gefror auf ihrer Schulter, bis einzelne Tropfen ihren Arm hinunterliefen. Sie verursachten Brienne eine Gänsehaut, wobei es auch dieser unerwartete Gast sein konnte, der den Weg zu ihrem Gemach gefunden hatte. Das Herz hämmerte ihr in der Brust, als sie stockstill dastand. Erst nach langen Momenten erinnerte sich Brienne daran, wer sie war. Sie war die Kommandantin der königlichen Garde. Den Lappen in die Waschschüssel gleiten lassend, ergriff Brienne das Hemd, welches sie sorgfältig über die Stuhllehne gehangen hatte. Rasch zog sie es an und schloss die Knöpfe mit zittrigen Fingern, bevor sie zur Tür marschierte und diese einen Spalt öffnete. Doch bei der Person vor der Tür handelte es sich nicht um eine der Wachen oder Ratgebern von König Jon, sondern um Jaime. „Ist etwas vorgefallen?“, fragte Brienne und ihre Gesichtsmuskeln spannten sich an, bis sie sich fasste und eine passive Miene aufsetzte. Selbst jetzt kitzelte dieser Mann noch immer furchtbar einfach Emotionen aus ihr heraus. Es war lächerlich. Jaimes Augen wandern über ihr nasses Gesicht, die kurzen, blonden Haarsträhnen, die an ihren Schläfen klebten, bis hinunter zu dem hellen Hemd, das locker und inoffiziell an ihr wirkte. Sogleich fühlte sich Brienne in der Zeit zurückversetzt, erinnert an den Abend, an dem Jaime sie in ihrem Zimmer in Winterfell aufgesucht hatte, weil er eifersüchtig auf Tormund Giantsbane gewesen an. Als sie miteinander geschlafen hatten. Brienne spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen stieg, und sie senkte den Blick und bat Jaime stattdessen hinein, um nicht weiterhin sinnlos herumzustehen. „Also? Was gibt es?“, forderte sie, als sie die Tür hinter ihm schloss. Jaime räusperte sich, als er unschlüssig im Zimmer stand. „Reden. Ich dachte, ich komme vorbei, damit wir reden können. Du hast weder Ort noch Zeit genannt, aber... ich war gerade in der Nähe.“ „Es ist spät“, sagte Brienne, selbst nicht wissend, ob sie dies tatsächlich so empfand oder ob sie dieser Unterhaltung lediglich Einhalt gebieten wollte. Andererseits konnte sie Jaime nicht ewig aus dem Weg gehen, da sie beide ein Teil der königlichen Garde waren und Jaime nicht aufzugeben schien. Anstatt etwas zu sagen, schwieg Jaime und suchte lediglich ihren Blick, als wartete er darauf, dass sie ihn aus dem Zimmer werfen würde, obwohl sie ihn gerade erst hineingebeten hatte. „Dann rede, ich höre zu“, lenkte sie schließlich ein. Jaime nickte, bevor er sich in Bewegung setzte und im Raum auf- und abging, den steinernen Boden nach Worten absuchend. „Es tut mir leid, dass ich gegangen bin. Wie ich gegangen bin“, sagte er schließlich. „Ich wollte mit Cersei sterben. Wir sind zusammen in die Welt gekommen, daher wäre es nur richtig gewesen, sie gemeinsam zu verlassen.“ Brienne verstand es, obwohl sie keinen Zwilling hatte und auch sonst niemanden, mit dem sie so eng verknüpft war. Da war nur Jaime gewesen, mit dem sie relativ schnell etwas verbunden hatte. Daher war sie trotz seiner nächtlichen Flucht aus ihrem Raum in Winterfell froh gewesen, als die Neuigkeit sie erreicht hatte, dass Jaime seine Schwester nicht erreicht hatte. Dass er King’s Landing noch nicht erreicht gehabt hatte, als man Cersei aus ihrer Festung gezerrt und ein Attentat auf ihr Leben sie vor der Zelle bewahrt hatte. In dem Moment hatte sie nur an ihre eigenen Gefühle gedacht, nicht an Jaimes. „Ich...“ Jaime stockte und schluckte so schwer, dass Brienne die Bewegung in seinem Adamsapfel erkennen konnte. Noch immer ruhte sein Blick auf dem Boden, auf seinen Stiefeln, die Brauen so dicht zusammen gezogen, dass sie eine Furche in seine Stirn gruben. „Ich wollte dich nicht einfach so verlassen, Brienne“, sagte er so leise, so dass es Brienne mehr von seinen Lippen ablas. „Ich wollte bei dir bleiben. Es gab nichts, was ich mehr wollte, auch wenn ich verstehen kann, dass du mir nicht verzeihen kannst.“ Brienne stand stocksteif nahe der geschlossenen Tür, die Augen auf den Mann gerichtet, der neben Renly der Einzige gewesen war, der jemals ihr Herz hatte erreichen können. Er war der einzige Mann, der es je hatte haben wollen. „Und jetzt?“, fragte sie krächzend und kühl, aber nicht ohne Erwartungen. Jaime hob den Blick, die Augen geweitet und fürchterlich weich. „Und jetzt?“, wiederholte er. „Jetzt... jetzt fühle ich immer noch genauso. Wenn du mich noch möchtest.“ Obwohl er nur einige Meter von ihr entfernt stand, konnte Brienne sich nicht dazu bringen, den Abstand zwischen ihnen zu überbrücken. Es würde noch dauern, denn Vertrauen brauchte Zeit, besonders wenn es schon einmal dem Einsturz nah gewesen war. „Ich habe nie etwas anderes gewollt“, antwortete Brienne dennoch und wusste im selben Moment, dass es der Wahrheit entsprach. Jaime hielt ihren Blick und sie erkannte dieselben Gefühle in seinem Blick, die Verwirrung und Überraschung und Erleichterung. CULLEN Manchmal konnte er Andrastes Güte kaum fassen, weshalb sich Cullen oft auf den Knien befand, obwohl sie sich weit von Ferelden und jede Kathedrale oder Tempel befanden. Doch ihr hatte er es zu verdanken, dass Lavellan den Kampf gegen Corypheus gewonnen hatte und zu ihm zurückgekehrt war, dass sie nun gemeinsam hier waren. Er presste sich enger an den nackten Körper, der neben ihm im Bett lag, schmal und warm. Sein Nasenrücken wanderte an Lavellans Nacken entlang, bevor er ihre rotbraunen Haarsträhnen mit einer Hand beiseite schob, um ihre Schulter zu küssen. „Ich habe vermisst, so geweckt zu werden“, murmelte Lavellan in ihr Kissen. Cullens Mundwinkel hoben sich. „Ich bin froh, wenn du auf dem Schiff mal ein Auge zugemacht hast, da stand das Wecken außer Frage.“ Ein Brummen folgte, bevor die Frau, die nicht nur Ferelden, sondern vor allem ihn, in den Bann gezogen hatte, sich auf den Rücken wälzte. „Erinnere mich bloß nicht daran“, nuschelte sie. „Obwohl ich Skyhold vermisse, freue ich mich nicht auf die Schifffahrt zurück nach Ferelden.“ Finger fuhren durch Cullens Haar, bevor sie ein paar der dünnen Haarsträhnen zum Greifen bekamen und ihn heranzogen. Lavellan küsste ihn, bevor ihr Mund sich für ihn öffnete und ihre Beine sich zur ihn spreizten. Cullen keuchte gegen ihre Lippen, als er sich über sie beugte. Mit einem Arm stützte er sich neben ihrem Kopf ab, während die Finger seiner anderen Hand ihre Körpermitte fanden, heiß und feucht für ihn. Das war seine Lavellan - hungrig, unersättlich. Noch immer fiel es ihm schwer zu glauben, dass sie sich ausgerechnet für ihn entschieden hatte, obwohl er nicht der Einzige war, der ihr von Anfang an verfallen gewesen war. Damals hatte er aus der Ferne beobachtet, wie sich die Beziehung zwischen Blackwall und Lavellan entwickelt hatte, bis sie durch die Vergangenheit des Soldaten auseinandergebrochen war und Lavellan Mühe gehabt hatte, die Scherben wieder zusammenzusetzen. Er hatte ihr ein Freund sein wollen, aber ihm war es nie gelungen – und nun war er hier, in ihrem Herzen, in ihrem Körper. Cullen stöhnte gegen ihren Hals und ihre Finger krallten sich in seinen Rücken, als ihre Beine seinen Hüften hinaufkletterten und ihr heißer Atem sein Ohr streifte. Ein Klopfen an der Tür ließ Cullens Hüften inmitten eines weiteren Stoßes innehalten. Er biss sich auf die Unterlippe, während auch Lavellan unter ihm stillte, eine Hand gegen ihren Mund pressend. „Was?“, knurrte Cullen laut genug, um durch die Tür hörbar zu sein. „Cullen, Lavellan, es wird Zeit“, rief Cassandra durch das Holz und ihr Ton verriet Ungeduld und das Wissen, dass sie ganz genau wusste, was in ihrem Zimmer vor sich ging. „Wir sollten König Jon nicht unnötig warten lassen.“ Anstatt auf eine Antwort zu warten, vernahm Cullen ihre Schritte, bis diese verebbt waren. Sein Blick ging zu Lavellan hinunter, deren Gesicht einen Rotstich angenommen hatte, der mit ihrer Haarfarbe konkurrierte. Schweiß stand ihr auf der Stirn, doch ihre Lippen waren zu einem verschmitzten Lächeln gehoben, als sie die Hand sinken ließ. „Sie ahnt etwas“, flüsterte Lavellan verschwörerisch. Cullen lachte rau auf. „Sie weiß es“, korrigierte er und seine Hüften nahmen ihre Bewegung wieder auf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)