Visiting Sallie von mairio ================================================================================ Visiting Sallie --------------- Visiting Sallie   „Ich kann nicht glauben, dass ihr uns zu diesem Quatsch überredet habt!“, stöhnte Maron auf, warf dabei zwei bestimmten Menschen einen genervten Blick über den Rückspiegel zu. Miyako erwiderte ihren Blick, zuckte amüsiert grinsend mit der Schulter und konterte: „Wir sind sowieso an der Reihe unser nächstes Ziel auszusuchen.“ Sie legte ihrem Freund Yamato kurz einen Arm über den Schultern. Dieser war über sein Handy gebeugt, las konzentriert etwas und machte sich Notizen in seinem Notizbuch. Unterdessen schmunzelte Chiaki belustigt auf der Fahrerseite, rückte sich seine Sonnenbrille die Nase hoch und konzentrierte sich auf die Straße vor ihm. Ab und an reichte er seine rechte Hand nach Maron aus und strich ihr liebevoll über das Bein, was sie verlegen zum Lächeln brachte. Es waren Semesterferien und die vier Studenten hatten seit langem eine zweimonatige USA-Reise geplant, den sie diesen Sommer auch durchzogen. Spontan wurden die Reiseorte von den beiden Paaren gewählt und geplant. Für die erste Woche hatten Maron und Chiaki sich für die Niagarafälle entschieden. In der nächsten Woche waren ihre Freunde mit der Reiseplanung zuständig, was somit wöchentlich im Wechsel stattfand. Zahlreiche Orte wurden besucht, wie New York, Washington sowie unzählige Nationalparks. Nach vier Wochen waren demnach wieder Miyako und Yamato dran und es wurde dabei ein gemütlicher Roadtrip mit einem gemieteten Wagen unternommen. Mit denselben Wagen fuhren die vier Freunde jetzt nach Atchison im Bundesstaat Kansas, um dort eine bestimmte Attraktion zu besuchen: das berüchtigte Sallie House. Maron wusste nicht wie es dazu kam, doch vor wenigen Tagen stritten und diskutierten Miyako und Yamato sich urplötzlich darüber ob es Geister gibt, oder nicht. Yamato war ein überzeugter Gläubiger von Geistern und übernatürlichen Sachen. Seine Freundin hingegen betrachtet alles mit rationaler Skepsis und war der Ansicht, dass es entweder für alles eine wissenschaftliche Erklärung gab oder dass Menschen sich irgendwelche Hirngespinste ausdachten, um damit Profit zu verdienen. Mit einem „Ich beweise dir, dass Geister real sind!“ von Yamato kam es anschließend dazu, dass das Paar sich im Internet nach heimgesuchten Orten schlau machte und schließlich beim Sallie House hängen geblieben waren. Ehe man sich versah, wurden schon eine Übernachtung für vier gebucht. Bei den Gedanken ein heimgesuchtes Haus zu besuchen, musste Maron etwas nervös ausseufzen. Sie nahm ihre Sonnenbrille von den Haaren ab, setzte sie sich auf die Nase auf und blickte mit zusammengepressten Lippen aus dem Fenster. Was das Thema Geister und Dämonen anging, so war sie gemischter Gefühle. Sie wusste, dass derartige Wesen nicht existierten. Dennoch hatte sie, ähnlich wie Yamato, Angst vor unheimlichen Dingen. Chiaki bemerkte ihr Unbehagen, strich ihr über das Bein und warf ihr ein schiefes Grinsen zu, worauf sie lächelnd die Augen rollte. Ihr blauhaariger Freund, der dieselbe Meinung wie Miyako vertrat, sah die Reise eher abenteuerlich an.   „Ich lese euch mal vor, was ich alles über das Sallie House herausgefunden habe“, hörte sie Yamato’s Stimme auf einmal hinter sich sagen. Sie drehte ihren Kopf und blickte ihn mit hochgezogener Augenbraue erwartungsvoll an. „Ich hoffe, das ist ‘ne spannende Geschichte. Wenn nicht, dann halte es bitte kurz, Yamato“, sagte Chiaki, „Ich möchte nicht während des Fahrens einschlafen“, fügte er scherzend hinzu. Der Braunhaarige räusperte sich kurz und begann seine Notizen vorzulesen. „Also, das Sallie House wird als das ultimative Geisterhaus angesehen. Es wurde zwischen 1867 und 1871 gebaut und anscheinend gab es drei Tode innerhalb dessen vier Wände. Michael Finney in 1872, William True in 1918 und Agnes True in 1939.“ „Moment-“, unterbrach Miyako ihn, „Es gab drei Tote in diesem Haus und keiner von denen heißt Sallie. Wieso heißt das Haus dann ‚Sallie House‘?“ „Und auf Sallie komme ich noch zu sprechen“, antwortete Yamato. „Ah okayyyy...“ Miyako lächelte ihn mit gespieltem Interesse an. Ihr Freund fuhr sich seufzend über die Stirn.  „Sag mir nochmal-... Wieso glaubst du nicht an Geister?“, fragte er. „Weil ich noch nie einen gesehen habe“, zuckte sie mit den Schultern. „Okay, verständlich. Aber es gibt viele Dinge, die du nicht sehen kannst und trotzdem real sind.“ „Was kann ich denn nicht sehen?“ „Die Schwerkraft zum Beispiel.“ „Ah ja, ich kann aber einen Apfel runterfallen lassen“, konterte Miyako grinsend. „...Fuck, du hast Recht!“, flüsterte Yamato nach kurzer Realisation, gab sich seufzend geschlagen, worauf alle Insassen im Auto lachen mussten. „Setzt du deine Geschichte fort, Yamato?“, kam es von Maron nach einigen Momenten. Räuspernd setzte dieser die Geschichte fort: „Die Spukgeschichten vom Sallie House wurden zum ersten Mal öffentlich bekannt, als in den 1990er Tony und Debra Pickman das Haus bewohnten. Was bei ihnen als kleiner Spuk anfing, wurde mit der Zeit zu einem wahren Albtraum.” Gespannt hörten die anderen drei ihm zu. „Es fing klein an. Lichter im Haus flackerten, der Hund fing ständig vor dem Eingang des Kinderzimmers im oberen Stockwerk an zu bellen und deren neugeborenes Baby wurde jede Stunde aus unerfindlichen Gründen wach und verhielt sich wie, als würde jemand mit ihm spielen. Ein Nachbar der Pickmans konnte beobachten, dass das Licht im Kinderzimmer die ganze Nacht an sei. Dies schockierte Debra Pickman, da sie immer das Licht ausmachte.“ „Oh“, kommentierte Chiaki. „Merkwürdig, oder?“, schmunzelte Maron. „Schon.“ Yamato setzte seine Geschichte fort: „Es wird noch merkwürdiger. Im Juli 1993 fanden die Pickmans alle Kuscheltiere im Kinderzimmer auf dem Boden in einem perfekten Kreis mit dem Rücken zueinander aufgestellt. In der Mitte des Zimmers. Zuerst dachten sie, dass sie sich untereinander einen schlechten Scherz machten und räumten die Kuscheltiere wieder weg, machten das Licht im Zimmer aus und gingen zum unteren Stockwerk runter. Als sie wieder zurückkehrten, war zu ihrem Entsetzen nicht nur das Licht wieder an, aber ein Bär wurde von seinem Stuhl heruntergeworfen und lag mit dem Rücken auf dem Boden.“ Miyako fing an herzlich zu lachen. „Jeder bringt seine Kuscheltiere in Sicherheit!“ Lachtränen entkamen ihren Augen. „Wir verschwinden besser aus diesem Haus, Schatz. Jemand schmeißt unsere Bären von ihren kleinen Stühlen runter“, sagte sie mit verstellter Stimme. Yamato sah von seinen Notizen zu ihr auf. „Du- Du kannst mir nicht sagen...ehm, dass dich das nicht beunruhigen würde, wenn ein paar kleine ausgestopfte Tiere in einem Sektenkreis aufgestellt sind und niemand das gemacht hat.“ „Ganz ehrlich: Keine Ahnung“, zuckte sie kopfschüttelnd mit den Schultern. „Ich würde mich fragen, welchen Kuschelgott die beschwören wollten“, scherzte Chiaki, „Ob der Bär als Opfergabe ausgesucht wurde?“ Daraufhin musste Miyako wieder lachen. Etwas genervt rollte Yamato mit den Augen. „Wie auch immer, nach der Sache haben die Pickmans ihre Sachen gepackt, das Haus verlassen und bei Tonys Eltern gewohnt.“ „Ob sie den Bären mitgenommen haben?“, fragte Maron. „Eh… Ich denke nicht? Ich kann es mir zu mindestens nicht vorstellen“, lachte Yamato leicht, „Nach einiger Zeit hatten die Pickmans ein Fernsehteam für eine Mystery-Show ins Haus eingeladen und an einem Punkt, spürte Tony einen stechenden Schmerz auf seinen Rücken. Als man sein Shirt hochschob, entdeckte man drei lange Kratzwunden. Bei laufender Kamera und mit Anwesenheit des Teams, wurde er noch weiter gekratzt und bekam sogar Brandwunden. Die Familie suchte sich Hilfe von einem Medium Namens Renae. Als die Frau das Haus betrat, sah sie einen Mann in der Küche. Dabei war niemand im Haus. Auf jeden Fall hatte sie zusätzlich noch eine Präsenz aufgeschnappt, welche Sallie sein soll.“ „Und wer ist Sallie nun?“, fragte Maron interessiert. „Laut Debra wollte Tony an einen Herbstmorgen sich was zu Trinken in der Küche holen. Und als er sich umdrehte, stand auf einmal ein kleines Mädchen mit blonden Haaren und gekleidet in Klamotten aus den frühen 1900er. Kurz danach machte er eine Skizze von ihr.“ Er reichte Miyako und Maron sein Handy, worauf ein Bild mit der besagten Skizze abgebildet war. Maron hielt Chiaki kurz das Handy entgegen, der nur einen flüchtigen Blick darauf warf, eher er sich wieder auf die Straße konzentrierte. [X] „Eine frühere Anwohnerin, welche vor den Pickmans in dem Haus lebte, sprach davon, dass ihre Tochter eine Fantasiefreundin hatte, die Sallie hieß. Und wenn irgendwelche Dinge passierten, da hatte die Tochter es immer auf Sallie geschoben. Elf Jahre nachdem sie ausgezogen waren, zeigte Tony der Tochter seine Skizze und sie erkannte darin ihre Fantasiefreundin aus ihrer Kindheit wieder!“ „Okay...?“ Maron drehte sich zu Yamato um. „Gab es ein Mädchen namens Sallie, die in dem Haus gewohnt hatte?“ „Nope“, schüttelte er den Kopf, „Es gab nie ein Mädchen namens Sallie, die in dem Haus lebte. Wenn höchstens eine afro-amerikanische Frau in ihren Dreißigern.“ „Warte- Was?!“ Chiaki prustete lachend los.  Miyako hielt sich eine Hand vor das Gesicht, um sich das Lachen zu verkneifen. Vergeblich. Verwirrt verzog Maron das Gesicht. „Also, anscheinend tuen Geister und Dämonen sich in menschlich aussehende, süße, kleine Kinder manifestieren, um... eh... zu spucken?“, erklärte Yamato etwas unsicher. „Wieso?“, fragte Chiaki halblachend. „Das macht keinen Sinn.“ „Keine Ahnung! Niemand würde sich so einem Ding mit Hörnern nähern oder anfreunden wollen. Aber bei kleinen Kindern-…“ „Vor unheimlichen, kleinen Kindern würde ich eher wegrennen als vor grotesken Dämonen“, kommentierte Miyako sarkastisch. Kopfschüttelnd fuhr Yamato sich über das Gesicht. „Ihr beide nimmt das nicht ernst...!“ „Hast du noch etwas in deinen Notizen?“, fragte Maron mit einem sympathischen Lächeln und deutete auf sein Notizbuch. Kurz blätterte der Braunhaarige in seinem Buch. „Ehmm... Nur noch, dass Tony sich fühlte, wie als würde das Böse über ihnen lauern und dass böse Gedanken ihn übermahnten. Gedanken wie, dass er seiner Frau den Hals aufschneiden wollte-“ „Gott!“, rief Miyako aus, „Wenn einer von euch mir heute Nacht den Hals aufschlitzen will, dann werde ich euch das euer Leben lang nicht verzeihen lassen.“ „Suchst du uns dann bis zu unserem Lebensende heim?“, grinste Maron. „Nein. Ich wäre dann Mausetot und Geister sind nicht echt. Punkt.” „Ja, ja, ja“, winkte Yamato sie ab, „1994 sind die Pickmans endgültig aus dem Haus ausgezogen. Und seitdem bieten sie es als Touristenattraktion an. Alle paar Monate wird das Grundstück gesegnet, damit die Geister und Dämonen im Haus bleiben.“ „Hmmm.“ Maron ließ sich die Story einige Minuten durch den Kopf gehen. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. „Also verrückt hört sich das alles schon an.“ „Bekommst du Angst, Maron?“, neckte Miyako sie. Sofort bestritt ihre Freundin dies. „A-Als ob! Ich mache mir eher Gedanken darum, dass sich die 100 Dollar pro Person auch bezahlt machen.“ „Dann wollen wir mal alle hoffen, dass Sallie mit uns spielen will.“ „Mit ihr spielen will ich nicht unbedingt“, murmelte Yamato trocken. *** „Wir sind da“, kündigte Chiaki an, „Zumindest laut dem Navi.“ Alle blickten zu ihrer Rechten zu dem Haus rüber. Miyako zückte grinsend ihre Kamera. „Komm, lass ein Foto machen!“ Die vier Freunde stiegen aus und fragten einen vorbeilaufenden Passanten, ob er ihnen ein Gruppenfoto machen konnte. Anschließend drehten sie sich um und betrachteten das Haus von oben bis unten. „Das soll das Haus sein?“, fragte Maron mit hochgezogener Augenbraue, „Sieht recht freundlich aus.“ „Bei Tageslicht sieht alles freundlich aus“, entgegnete Yamato. Chiaki schaute auf seine Uhr. „Wir haben noch einige Stunden Zeit bis wir heute Nacht rein können. Ich würde vorschlagen, wir schauen uns die Stadt an, essen etwas und bereiten uns auf die Geisterjagd vor.“ Die anderen drei nickten zustimmend. Beim Thema „Vorbereitung“ war Yamato besonders in seinem Element. In einem Shop für Geisterjäger ging er sich noch extra ein Ovilus kaufen. Ein Gerät, mit welcher man angeblich mit den Toden kommunizieren könne. Maron hatte das Gerät Skepsis beäugt. Ebenso suchte er in der lokalen Kirche einen Priester auf und bat ihm um Rat bei der Geistersuche. „Das ist eine gefährliche Sache, die Sie jungen Leute da vorhaben“, merkte der Priester mit gekrauster Stirn an. „Man kann das auch als Abenteuerlust bezeichnen“, entgegnete Maron verlegen lächelnd. Der Priester nickte einmal verstehend. „Nun, was möchten sie denn wissen?“ Miyako hob als erste ihre Hand. „Gibt es einen Unterschied zwischen einem Geist und einem Dämon?“ „Es gibt in der Tat einen Unterschied, junge Dame. Ein Geist stellt eine körperlose, menschliche Seele dar. Ein Dämon hingegen ist eine übernatürliche, einst engelsgleiche Kreatur, die gegen Gott rebellierte.“ „Also sind Dämonen ehemalige Engel?“, fragte Maron erstaunt. „Sie sind nicht menschlich?“ „Nein, auf keinen Fall“, sagte der Priester bestimmt. „Und es gibt zwei Gründe, weshalb sie unter uns Menschen sind. Zum einen wollen sie sich von unseren Lebensformen ernähren und zum anderen wollen sie so viele von uns, wie möglich, in die Hölle mitnehmen.“ „Kann sowohl ein Geist als auch ein Dämon einen Menschen besessen oder beeinflussen?“, fragte Yamato. „Ja.“ Einige Minuten belehrte der Priester die Studenten noch über das Thema Dämonen, bis Yamato eine weitere Frage stellte: „Wissen Sie, ob Sallie ein Dämon oder ein Geist ist?“ „Definitiv ein Wesen des Teufels“, kam es ohne zu Zögern. „Oh, o-okay...“ Der Braunhaarige lächelte nervös. „Welche Tipps würden Sie uns geben?“ Der ältere Mann überlegte kurz. „Tuen Sie nichts, um mit den Geistern und Dämonen zu interagieren. Ich würde nichts sagen oder tun, um sie zu provozieren oder dass sie sich zeigen sollen. Sie sollen keine Verbindung mit ihnen aufbauen.“ „Also besser alles mit Vorsicht behandelt, wie in einem Porzellanladen?“, fragte Chiaki. „Genau“, stimmte der Priester mit einem Nicken zu, „Haben sie Respekt vor ihnen. Und am Wichtigsten ist: Haben sie keine Angst.“ Für einen Moment nickten die vier Freunde im Einklang. „Können Sie vielleicht mein Wasser segnen?“, fragte Yamato nach ein paar Sekunden und hielt seine Wasserflasche hoch. Der Priester nickte bejahend. „Natürlich.“ Anschließend verließen die vier Freunde die Kirche und Yamato packte mit einem beruhigten Gesichtsausdruck seine Flasche ein. Miyako beäugte ihn stutzig. „Also…Wozu hattest du dein Wasser gesegnet?“ „Damit ich Weihwasser zum Schutz hab“, antwortete er wie selbstverständlich. „Weihwasser?“ Schmunzelnd gab sie ihm einen Kuss auf die Wange. „Ich finde es lächerlich und putzig zugleich.“ „Okay, Leute“, meldete sich Chiaki zu Wort, der einen Arm um Maron’s Schultern gelegt hatte, „Nach dieser umfangreichen Theologie-Stunde habe ich jetzt wirklich Kohldampf.“ Seine Freunde bemerkten ebenfalls dass ihnen der Magen knurrte. Ohne große Diskussionen suchten die vier sich ein Restaurant aus und schlugen dort die Zeit bis in die Abendstunden tot. *** Es war 23 Uhr nachts, als Maron und ihre Freunde sich zum Sallie House begaben. Auf dem Weg ging Yamato noch einige Fakten durch. „Ich habe eben noch nachgelesen…nachdem die Pickmans ausgezogen waren, gab es noch eine Familie, die das Haus gemietet haben und die hatten im Keller satanistische Rituale durchgeführt. Spüren von einem großen Pentagramm sind noch im Keller zu finden.“ „Okayyy? Willst du damit sagen, wir haben es nicht nur mit Sallie zu tun, sondern mit einem Haufen von irgendwelchen anderen Dämonen, die sich im Haus eingenistet haben?“, fragte Maron. „Das will ich damit sagen“, sagte er, „Also, man hatte dort neben dem Pentagramm noch einen Altar, ein schwarzer Kessel und ein schwarzer Umhang gefunden.“ „Fehlen nur noch Besen, Salamander, Augäpfel und der spitze Hexenhut“, kommentierte Chiaki scherzend, worauf die Mädels kichern mussten. Schließlich standen sie vor dem Haus. „Bei Tageslicht gefiel mir das Haus tausendmal mehr...“, murmelte Maron und strich sich nervös durch die Haare. Chiaki steckte seine Hände in die Hosentasche und zuckte lässig mit den Schultern. „Für mich sieht es nach wie vor wie einem gewöhnlichen Haus aus.“ „Wenn es ein gewöhnliches Haus wäre, dann würden die Geistergeschichten nicht existieren“, kam es von Yamato, der ein bisschen durch die Fenster spähte. „Reden wir nicht um den heißen Brei rum und lass uns endlich reingehen”, winkte Miyako ab. Maron, die am nächsten an der Eingangstür stand, nahm tief Luft und öffnete langsam die Tür. Mit einem Ächzen schwang sie auf. Kaum blickte Maron rein, zuckte sie erschrocken zurück. „Okay, ich hasse das Haus jetzt schon...“, sagte sie an Chiaki gewandt, der sie fragend anschaute. Sie deutete auf dem Spielzeugkinderwagen im Flur. Sie hasste Puppen. Es gab nichts unheimlicheres als Puppen. Und Clowns. Chiaki strich ihr ermutigend über den Rücken. „Es wird schon nichts passieren.“ Allmählich traten alle ein und schauten sich zunächst im Wohnzimmer um. Dabei ließen sie alle Lichter in der Wohnung aus und durchleuchteten alles mit kleinen Taschenlampen, die Yamato für alle besorgt hatte. „Hey, da ist ein Kuscheltier am Fenster.“ Miyako zeigte kichernd auf einen kleinen Bären auf der Fensterbank. „Ob er von der Kuschelsekte verstoßen wurde?“ Yamato kniff sich kommentarlos zwischen die Augen. Für einige Minuten schaute jeder für sich im Raum um. Seufzend setzte sich Maron auf die Couch hin und beobachtete die anderen. „Hier ist nichts Außergewöhnliches“, sagte sie leicht gelangweilt. „Nope“, bestätigte Chiaki. „Sallie?“, rief Miyako laut, „Wenn du hier bist, dann zeig dich irgendwie erkenntlich!“ „Bist du verrückt?!“ Yamato drehte sich mit einem panischen Blick zu ihr um, „Das verstößt gerade gegen alles was der Priester uns gesagt hat.“ „Aber wie sonst sollen wir herausfinden, dass Geister und Dämonen existieren?“, entgegnete Chiaki. Der Braunhaarige starrte für einen Moment verdattert drein, ließ sich die Worte kurz durch den Kopf gehen. „Da hast du Recht...!“ Er richtete sich mit mehr Selbstbewusstsein gerade, holte sein Ovilus raus und schaltete es an. „Sallie, wenn du mit uns kommunizieren willst, dann nutze das Gerät in meiner Hand dafür. Oder du zeigst dich.“ Für einige Momente war es totenstill im Haus. „Funktioniert das Ding auch?“, fragte Maron mit hochgezogener Augenbraue. „Klar! Lass uns es woanders ausprobieren.“ In dem Augenblick, als Maron von der Couch aufstehen wollte- Hm? Verwirrt sah sie auf ihre Beine runter. Sie fühlten sich so schwer wie Blei an und konnten sich keinen Millimeter rühren. Angestrengt versuchte sie aufzustehen, doch irgendwie konnte sie nicht. Gleichzeitig verspürte sie ein merkwürdiges Gefühl in ihrem Kopf. Irritiert schaute Maron zu ihren Freunden auf, die schon im Esszimmer sich befanden und sich auf die Küche zubewegten. „Uhm... Leute? Ich kann nicht aufstehen.“ „Wie meinst du das?“, fragte Miyako verwundert. Chiaki machte ein besorgtes Gesicht. „Ich kann meine Beine nicht bewegen. Ich...eh, fühle mich auch komisch... so schwindlig.“ „Versuche ruhig zu atmen und probiere dann wieder aufzustehen“, kam es von Chiaki ruhig. Einige Sekunde vergingen und Maron’s Schultern und Gesichtszüge entspannten sich wieder. Dieses merkwürdige Gefühl war vorüber. „Puhh… Wow.“ Mit einem Ruck erhob sie sich und ging auf die anderen zu. „Alles okay?“ Sanft legte Chiaki eine Hand auf ihre Wange. Unterdessen war das andere Paar schon in der Küche. Maron nickte. „Ja... Wahrscheinlich sind meine Beine eingeschlafen“, beschwichtigte sie ihm, obwohl sie selbst daran zweifelte. Chiaki’s Gesichtsausdruck zufolge, schien er ihr auch nicht zu glauben. „Okay, vielleicht sind meine Beine nicht eingeschlafen.“, korrigierte Maron sich. Sie konnte sich nicht erklären was es genau war, aber es war wie, als hätte etwas sie auf der Couch festgehalten. „Es kann sein, dass Yamato’s Gruselgeschichten mir allmählich zu Kopf steigen.“ „Nicht schlimm“, grinste ihr Freund, „Am besten bleibst du bei mir, ehe ein Geist dich mir noch wegnimmt“, fügte er hinzu und gab ihr einen kleinen Kuss auf die Lippen.   In der Küche angekommen, fanden das Paar Yamato in der Mitte des Raumes vor sowie Miyako, die gelangweilt auf einem Stuhl saß. „Hier drin wurde Sallie zum ersten Mal gesehen“, sagte der Braunhaarige. „Und dann nie wieder?“, fragte Miyako. „Ehm… Ich denke nicht?“ „Hmm.“ Sie sah sich in der Küche um. „Ich finde es ziemlich gemütlich hier.“ Yamato verzog das Gesicht. „Gemütlich sagst du?“ „Ist ne hübsche Küche. Hier könnte man schön Kaffee trinken und Kuchen essen.“ „Du bist merkwürdig.“ „Ich bin auch kein Fan von diesem Raum“, warf Maron ein, die schon wieder eine Gänsehaut bekam. „Wenigstens eine Leidensgenossin“, murmelte Yamato, schaltete sein Ovilus an und rief laut: „Salliiie…Wenn du hier bist, dann nutze das Gerät in meiner Hand und red mit uns.“ „Ich bezweifle, dass deine komische Box was bringt“, merkte Chiaki an, „Nichts gegen dich, Minazuki, aber du siehst schon ziemlich armselig aus, wenn du mit der Luft redest.“ Frustriert und genervt zugleich stöhnte der Braunhaarige auf. „Ich will nur, dass unsere 400 Dollar sich heute bezahlt machen, Nagoya.“ Wiedermals packte er sein Gerät mit einer enttäuschten Miene weg und überlegte. Seinem Gesichtsausdruck zufolge kam ihn anschließend eine Idee. „Dann probieren wir die Taschenlampen-Methode.“ „Taschenlampen-Methode?“, fragten die Mädels gleichzeitig. „Geister können Lichter an- und ausschalten“, erklärte er. Chiaki schnaubte amüsiert. „Okay, da bin ich mal gespannt.“ Er schaltete seine Taschenlampe aus, legte sie auf die Arbeitsplatte und entfernte sich zwei Schritte von ihr. „Hey Dämon, wenn du hier bist, dann mach das Licht an“, rief er. Keine Reaktion. „Dämon?“ „Hör auf sie so zu nennen!“, mahnte Yamato den Blauhaarigen, „Wir sollen mit Respekt ihnen entgegenkommen!“   „Dämon!“, ignorierte Chiaki ihn, „Ich weiß doch nicht, ob ich mit Sallie rede oder mit irgendeinem anderen Dämon.“ „Hör auf zu reden, du Idiot!!“ „Wenn du willst, dass wir bleiben, dann mach das Licht an.“ „Du hast wohl Sehnsucht nach dem Tod, Nagoya.“ „Wenn du uns nicht magst, dann mach das Licht an.“ „Bitte mach’s nicht an...“, bettelte Yamato. „Hey, Dämon! Wenn du uns umbringen willst, dann mach das Licht an“, kam es von Miyako. In der nächsten Sekunde schaltete sich die Taschenlampe an. Yamato und Maron schrien angsterfüllt auf. Chiaki bestaunte die Lampe fasziniert und Miyako lachte überrascht auf. „WHAT THE FUCK“, schrie Yamato und Maron ließ gleichzeitig einen spitzen Schrei aus. Ihre Gesichter waren bleich vor Schreck. Es dauerte einige Augenblicke bis sich beiden beruhigt hatten. Sie standen am anderen Ende der Küche, so weit weg von der Taschenlampe wie möglich. Die Lampe war inzwischen wieder aus. „Gib mir dein Weihwasser!“, sagte Maron an Yamato gewandt und reichte nach seiner Flasche. „Vergiss es!“ „Freunde teilen!“ „Ich teile mein Weihwasser nicht!“ Nach kurzem hin und her, in der der Braunhaarige nicht lockerließ, gab Maron stöhnend auf. Yamato hielt sich die Flasche dicht an seiner Brust. „Sorry, aber da hättest du dir dein eigenes mitbringen sollen.“ „Du bist so egoistisch...“ Chiaki und Miyako versuchten sich unterdessen ein Lachen zu verkneifen. „Okay, Dämon“, sagte die Kurzhaarige, „Nochmal zur Bestätigung: Wenn du uns wirklich umbringen willst, dann mach das Licht an.“ Wieder ging in der nächsten Sekunde die Taschenlampe an. Wiedermals mussten Maron und Yamato aufschreien. „Ich hätte nicht gedacht, dass das irgendwie funktioniert“, schmunzelte Chiaki. „Ihr wollt uns doch verarschen, oder?!?“ Ungläubig ging Yamato auf die Taschenlampe zu und betrachtete sie von oben bis unten, ohne sie zu berühren. „Denkt daran, wir verbringen eine Nacht hier“, erinnerte Chiaki ihn. „Eh... Kannst du bitte das Licht ausmachen? Bitte?“, fragte Maron mit ängstlicher Stimme. Teilweise erstaunt und teilweise fassungslos beobachtete die Gruppe, wie die Taschenlampe von selbst langsam aus ging.   „Oh mein Gott!“ Yamato fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht. „Wir hätten nie mit ihnen reden sollen. Wir hätten sie nicht provozieren sollen. Wir hätten auf den Priester hören sollen...“ „Aww. Du bist süß, wenn du in Panik gerätst.“ Miyako legte ihm einen Arm um die Taille. „Ich glaube, für Reue ist es allerdings zu spät, mein Lieber.“ „Gott verdammt, was stimmt mit euch beiden nicht!?“, meckerte er sie und Chiaki an. „Reg dich ab. Bestimmt gabs irgendeinen Wackelkontakt!“, wendete sie ein. „Die sind nagelneu!!“ „Selbst, wenn! Taschenlampen flimmern nun mal.“ „Aber die gehen doch nicht auf Kommando ein und aus!“ Während das Paar miteinander diskutierten, entfernten Maron und Chiaki sich aus der Küche. „Hey, wollen wir den Keller erkunden?“, fragte Chiaki seine Freundin und nickte in Richtung Kellertür. Maron sah zwischen ihn und der Tür hin und her. Sie musste schwer schlucken. „Ehm....“ Liebevoll nahm er ihre Hand, strich ihr mit dem Daumen sachte über die Haut. „Keine Sorge. Ich bin bei dir.“ „O-Okay...“ Gemeinsam gingen sie Hand in Hand die Treppe runter. Im Keller angekommen, erblickten sie sofort ein riesiges Loch in der Wand. Darin befand sich ein Hohlraum, so groß wie ein Zimmer, mit einem Stuhl und einem großen, schwarzen Fleck auf dem Boden, welches ehemals das Pentagramm darstellte. „Ich schätze mal, da drin wurden die Dämonenrituale durchgeführt“, schlussfolgerte Chiaki. „Mhm-Hmm“, brachte Maron nur entgegen. Gemeinsam gingen sie durch das Loch und steuerten auf die Mitte des Raumes zu. Kurz ließ Chiaki Maron’s Hand los, um das Pentagramm näher zu betrachten.  Plötzlich spürte Maron, wie ein eiskalter Schauer ihr über den Rücken lief und wie jemand -oder etwas- an ihrem Shirt hinten zupfte. Vielleicht ein oder zweimal. Nahezu unauffällig, aber dennoch hatte sie es gespürt. Sie wusste, dass es auf keinen Fall Miyako und Yamato sein konnte, da sie die gedämpften Stimmen von beiden über ihnen hören konnte. Ihr Herz klopfte lautstark. Adrenalin schoss ihre durch die Adern. „B-Bist du da?“, flüsterte sie leise. „Hm?“ Chiaki leuchtete sie mit seiner Taschenlampe an. „Ich bin doch hier.“ „Ich rede nicht mit dir!“, kreischte Maron nahezu panisch. „Irgendetwas hat an meinem Shirt gezogen.“ „Oh... Sicher, dass das keine Einbildung war?“ Maron warf ihm einen wütenden Blick zu. „Ich bilde mir nichts ein!“ „Okay, okay...ich glaube dir.“ Kurz sah Chiaki zu dem alten Stuhl rüber. „Lass uns als Test die Taschenlampen-Methode ausprobieren.“ Mit einem entgeisterten Ausdruck beobachtete Maron ihren Freund, wie er seine Taschenlampe auf dem Stuhl hinlegte und einen Schritt zurückging. „Okay, Dämon. Oder Sallie... Wer auch immer du nun bist. Wenn du dich erkenntlich zeigen möchtest, dann mach das Licht an?“ Es dauerte keine drei Sekunden bis die Lampe wie aus dem nichts an ging. Kreischend schrie Maron auf und warf sich in Chiaki’s Arme. „Oh Gott...!! Bitte mach es wieder aus!“ „Kannst du Maron zu Liebe das Licht wieder ausmachen?“ Im nächsten Moment ging die Taschenlampe auf dem Stuhl wieder aus, doch das besänftigte Maron nicht. „Verdammt sei dieses Haus!“, fluchte sie. Chiaki nahm sie beruhigend in die Arme und drückte ihr einen Kuss auf den Kopf. „Hey!“, ertönte von oben Miyako’s Stimme, „Habt ihr da unten was interessantes entdeckt?“ „Nur die Überreste der satanistischen Rituale“, antwortete Chiaki in Richtung der Treppe. „Aha. Yamato und ich wollen das Obergeschoss abchecken. Kommt ihr mit?“ „Sind gleich da!“ Dann wandte der Blauhaarige sich an Maron. „Hältst du das noch durch?“ Unsicher blickte sie ihn an, biss sich auf die Lippen. „Ich weiß es nicht...“ „Ich bin mir sicher, dass Miyako es dir verzeihen würde, wenn du auf die Übernachtung verzichten willst.“ „Mhm...Bezweifle ich“, murmelte sie. Mit einem teils ernsten, teils sturen Ausdruck verschränkte Maron ihre Arme vor der Brust. „Ich versuche das durchzuziehen. Sonst zieht sie mich mein Leben lang damit auf.“ „Du hast aber Angst.“ „Nein, habe ich nicht. Ich habe keine Angst.“ Ungläubig schaute ihr Freund sie mit hochgezogener Augenbraue an. „Ich habe keine Angst. Ich habe keine Angst. Ich habe keine Angst…“, wiederholte Maron immer und immer wieder leise vor sich hin. „Wenn ich mir das oft genug sage, dann habe ich auch keine Angst“, sagte sie mit einem aufgesetzten Lächeln an Chiaki gewandt, „Der Priester sagte auch, dass das die wichtigste Regel von allen ist.“ „Okay, wie du meinst“, fuhr er sich seufzend durch die Haare. Daraufhin begaben die beiden sich zu den anderen nach oben.   Im Obergeschoss befanden sich das Schlafzimmer, ein Gästezimmer und das Kinderzimmer. Nachdem in den ersten beiden Räumen nichts Ungewöhnliches vorzufinden war, begaben die Vier sich ins Kinderzimmer. „Hier hat es angefangen...“, sagte Yamato. „Mit dem geheimen Kult der Kuscheltiere“, kam es von Chiaki amüsiert, als er die unzähligen, kleinen, ausgestopften Tiere auf dem Boden verteilt liegen sah. Yamato ignorierte ihn und sah sich um. „Ich hasse dieses Zimmer jetzt schon... Ich hasse das Gefühl, dass ich hier verspüre. Das gesamte Haus ist der reinste Albtraum.“ „Probier’ mal mit deinem Gerät mit Sallie -oder wen auch immer- zu kommunizieren“, schlug Miyako vor. Ihr Freund holte sein Ovilus raus und schaltete es an. „Sallie? Bist du da?“, fragte der Braunhaarige laut. Nichts zu hören. „Bitte sag uns deinen Namen!“, versuchte er erneut. „Hey Sallie!“, rief Chiaki ungeduldig, „Sag uns einfach deinen Namen und dann hast du deine Ruhe.“ Wieder nichts. „Ich finde, ein blondes Mädchen mit süßen Zöpfen und in einem alten Kleid bekleidet ziemlich einfallslos!“, merkte Miyako laut an, „Du könntest dir ruhig was Besseres einfallen lassen!“ „Bitte provozier sie nicht“, wandte Yamato sich an seine Freundin, „So sehr ich dich auch liebe, aber mein Weihwasser bekommst du nicht, sollte dir was passiert.“ Lachend verdrehte die Kurzhaarige ihre Augen. Geduldig warteten sie einige stille Minuten. „Lass uns gehen“, sagte Maron ermüdet. Gerade als die vier das Zimmer verlassen wollten- „…Raus…!“ Yamato schreckte laut auf und starrte den Ovilus mit großen Augen an. „Habt ihr das auch gehört?!“ „H-Hat sie gerade ‚raus‘ gesagt?“, fragte Maron fassungslos. „Hallo?“, fragte Miyako kritisch. Eine Stimme war nach einigen Sekunden zu vernehmen. „…Ha…Ha-llo…“ „Klang wie ein ‚Hallo‘“, sagte Yamato. „Ich würde gerne mehr als nur ein Wort am Stück hören“, entgegnete seine kurzhaarige Freundin in einem sarkastischen Ton. „…Sind das genug Wörter…?“, kam auf einmal klar und deutlich. Miyako bekam große Augen. „What the fuck!!“, rief sie überrascht aus. Bei Yamato sowie bei Maron hing die Kinnlade runter. „Wow“, lachte Chiaki ungläubig auf. „Ehm... findet ihr auch, dass es ungewöhnlich kalt hier geworden ist?“, fragte Maron unsicher und rieb sich ihre Arme. „Ich würde dir gerne sagen, dass du dir das eventuell einbildest“, entgegnete Chiaki, „Aber selbst ich bekomme gerade eine leichte Gänsehaut“, merkte er zusätzlich an und hielt seinen linken Oberarm hoch bei denen sich die Härchen leicht aufstellten. Es war in der Tat unnatürlich kühl im Kinderzimmer geworden. Dabei war es derzeit Hochsommer draußen. Yamato blickte das Gerät und seine Freunde mit großen Augen und bleichen Gesicht an. Ein kleiner Schweißfilm hatte sich auf seiner Stirn gebildet. „Shit, ich raste aus…“, murmelte er. Er sah aus, als bekäme er fast einen Nervenzusammenbruch. „Euch ist klar, dass das kein Radio sein kann, weil das Ding mit elektromagnetischen Schwingungen und der Temperatur in der Umgebung arbeitet. Nicht mit irgendwelchen Frequenzen.“ Die anderen blickten ihn mit Fragezeichen in den Gesichtern irritiert an. Yamato nahm zitternd tief Luft und setzte sich im Schneidersitz auf dem Boden hin. „Hallo? Mit wem reden wir da?“, fragte er. „…Mit…Mir.“ „Wer ist ‚mir‘?“ Stille. „Ich frage nochmal: wer ist ‚mir‘?“ „…Ich…“ Frustriert stöhnte der Student auf. „Reden wir mit Sallie?“, fragte er. Wieder Stille. „Ich fragte ein letztes Mal: reden wir mit Sallie?“ „...Ja.” Wie erstarrt saß Yamato da. „Fuck!“, flüsterte er angsterfüllt. „Das ist verrückt“, sagte Maron, eher zu sich selbst als an irgendjemanden gerichtet, „Einfach nur verrückt.“ „Warte! Wenn das wahr ist, dann sag deinen Namen. Sag, dass du Sallie bist“, wendete Miyako ein, „Andererseits glaube ich dir nicht!“ Entgeistert schnellte Yamato seinen Kopf in ihre Richtung. „Bist du verrückt! Sie hat doch eben bestätigt, dass sie Sallie ist.“ „Also Polizeitochter muss ich doppelt und dreifach sichergehen!“ Doch das Ovilus schwieg. Ungeduldig wippte die Kurzhaarige mit ihrem Fuß auf und ab. „Du bist ein nerviger Dämon, Sallie! Weißt du das? Und ich sag dir eins: ich habe keinen Respekt vor dir.“ Resigniert fasste sich Yamato wortlos die Stirn. „Wenn sie nichts mehr sagen will, dann gehen wir am besten“, meldete Maron sich zu Wort. „Ich zähle von fünf runter und dann schalte ich das Gerät aus“, kündigte Yamato laut an, „Fünf-“ „…Fünf…!“ „Jetzt redet sie wieder“, warf Miyako genervt ihre Hände in die Höhe. „Sie will nicht, dass wir gehen“, gähnte Chiaki gelangweilt. „Na toll…“ Maron strich sich nervös durch die langen Haare. „Sallie, wenn du etwas zu sagen hast, dann spann uns nicht auf die Folter. Ansonsten würde ich gerne gehen.“ Einige unverständliche Laute waren zu hören. „Was war das?“ Wieder entkamen dem Gerät undeutliche Geräusche, bis es wieder ruhig wurde. „Okay, ich zähle wieder bis fünf runter“, sagte Yamato. Er wartete einige Sekunden bis er runterzählte. „Fünf...“   „Vier...“   „Drei...“   „Zwei...“   „Eins...“   „Null.“   Er schaltete den Ovilus aus und atmete erleichtert aus, wie als wäre ihm eine Last von den Schultern genommen. „Ich denke, es wird Zeit, dass wir uns aufs Ohr hauen, oder?“, kam es von Chiaki mit einem Blick auf seiner Uhr. „Oh Gott“, stöhnte Maron neben ihn leise auf. *** Einige Zeit später hatten die vier Freunde ihre Schlafmatten auf dem Wohnzimmerboden ausgebreitet und machten es sich so gut es ging zum Schlafen gemütlich. Das Licht war aus und es war totenstill im Haus. „Leute“, sagte Maron nervös, „Ich glaube nicht, dass ich nach all dem in Ruhe schlafen kann. Was ist, wenn die Viecher nur darauf warten, dass wir uns schlafen legen?“ „Wir überleben das schon“, versuchte Chiaki sie zu beruhigen, legte einen Arm um ihre Taille und küsste sie auf den Kopf. „Außerdem werde ich dich vor jeden Geist und Dämon beschützen.“ Ohne auf ihn zu achten, sprach sie weiter: „Wir befinden uns direkt über dem Keller, wo irgendwelche Satanisten verrückte Rituale durchgeführt und Dämonen hier reingelassen haben! Wenn ich eine Dämonenfratze vor meinen Augen sehe und für dem Rest meines Lebens traumatisiert bin, seid ihr es schuld!“ „Nun stell dich nicht so an, Maron“, sagte Miyako. „Ich kann verstehen, wie sie sich fühlt“, erwiderte Yamato neben ihr trocken, „Am liebsten würde ich auch von hier verschwinden wollen.“ „Lass uns alle ein bisschen zusammenrücken, dann fühle ich mich auch etwas besser.“ Maron rückte mit ihrer Matte prompt an ihre beste Freundin heran. Danach legten sich alle hin und machten das Licht aus. „Es ist so dunkel hier“, flüsterte die Braunhaarige. „Das ist doch gut“, kam es von Miyako, „So siehst du nichts, was du dir einbilden kannst. „Das macht keinen Sinn“, sagte Maron irritiert. „Na, doch. Die ganzen Geistergeschichten entstehen doch, weil Leute mit ihren Taschenlampen irgendwo ran leuchten und durch die Schatten und Reflektionen irgendwas sehen. In der Dunkelheit ist man doch auf der sichereren Seite. Von daher verstehe ich nicht, wieso man sagen, dass man Angst im Dunkeln hat. Man sieht doch nichts außer Schwärze.“ Miyako zuckte verständnislos mit den Schultern. Ihre Freundin rieb sich nur kopfschüttelnd die Stirn. „Lass uns einfach versuchen zu schlafen“, sprach Chiaki das Machtwort, gefolgt von einem Gähnen. Doch für die Braunhaarige war nicht an Schlaf zu denken. Hellwach lag sie in Chiaki’s Armen. Dieser strich ihr sachte über den Rücken, versuchte sie zu beruhigen. Minuten verstrichen. Es war stockdunkel und viel zu still. Die Stille machte sie sichtlich unruhig. Plötzlich schnellte Maron ihren Kopf nach oben. Waren eben Schritte über ihnen zu hören? Oder hatte sie es sich eingebildet? Sie schnappte sich ihr Handy und schaltete die Taschenlampen-App an. Ihre Freunde, die auch noch wach waren, blinzelten stark geblendet vom plötzlichen Licht. „Ich werde auf keinen Fall schlafen können. Nicht heute Nacht. Nein, auf gar keinen Fall. Ich ziehe das nicht durch.“ Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass es 3 Uhr nachts war. Sie leuchtete durch den Raum. Bildete sie es sich ein oder sah sie etwas in den Schatten? Du siehst Gespenster!, dachte Maron sich kopfschüttelnd und ohrfeigte sich innerlich für die Doppeldeutigkeit dieser Worte. Miyako beobachtete ihre Freundin und seufzte. „Dann gehen wir.“ „Wirklich?“, fragte die Braunhaarige überrascht sowie erfreut. „Ja, wirklich.“ „Gott sei Dank!“ Die Erleichterung, die bei den Worten durch Maron’s Körper floss, war für sie kaum in Worte zu beschreiben. Sie hörte, wie Yamato erleichtert ausatmete. Bevor irgendwer reagieren konnte, war Maron schon auf den Beinen, machte das Licht im Zimmer an und schnappte sich ihre Sachen, so schnell wie sie konnte. „Ich finde es trotzdem doof, dass du so leicht aufgibst“, sagte Miyako, die sich von der Matte abstützte. Maron stoppte sich in ihren Bewegungen. „Versuchst du mich gerade dazu zu bringen, dass ich doch bleibe und es durchziehe?“, fragte sie argwöhnisch. „Nein. Ich kann dich schließlich zu nichts zwingen“, schüttelte die Kurzhaarige mit dem Kopf, „Aber das zeigt nur, dass du keinen Mumm in den Knochen hast. Du hast es nicht in dir“, fügte sie leicht herausfordernd und provokativ hinzu. Beleidigt verzog Maron das Gesicht. Sie mochte es nicht, als Angsthase abgestempelt zu werden. Sollte sie es doch durchziehen und Miyako was beweisen? Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Sie ließ ihren Blick durch das Wohnzimmer schweifen und schaute jeden einzelnen an. Sie sah Yamato’s angespanntes Gesicht, Miyako’s freches Grinsen und Chiaki’s verständnisvoll blickende Augen. „Haben Sie keine Angst“, hörte sie die Worte des Priesters in ihrem Kopf.   Ich habe keine Angst.   „Haben sie keine Angst“   Ich habe keine Angst. Ich habe keine Angst. Ich habe keine Angst. Ich-… Die Entscheidung war für sie endgültig. „Weißt du was“, lächelte Maron kühl, „Du hast recht. Ich habe es nicht in mir“, zuckte sie gleichgültig mit den Schultern, „Nun lass uns verschwinden!“ Kichernd stand Miyako auf und nickte. „Okayy.“ Die Jungs erhoben sich ebenfalls und packten alles ein. „Mir ist es auch egal, ob du mich das mein Leben lang nicht vergessen lässt, Miyako. Ich bereue nichts!“ Da Maron schon fertig mit allem war, steuerte sie als erste zur Tür raus. „Fuck this house!“, murmelte sie immer wieder und stieg ins Auto ein, welches Chiaki für sie schon aufgeschlossen hatte. „Fick dich, Sallie! Du bist furchtbar und ich hasse dich“, sprach sie murmelnd weiter und hielt dem Haus den Mittelfinger entgegen. Kurz darauf stieg Yamato mit einem entspannteren Gesichtsausdruck ein, gefolgt von den anderen beiden. „Hast du ernsthaft den Dämonen den Mittelfinger gezeigt?“ Chiaki sah seine Freundin mit hochgezogener Augenbraue an, als er den Motor startete. „Ist mir jetzt sowas von Scheißegal! Ich bin hier draußen und das ist gerade der schönste Moment meines Lebens.“ „Wohl eher der peinlichste Moment“, neckte Miyako sie vom Rücksitz aus. Maron ignorierte sie augenrollend. „Los, lass uns in ein Hotel fahren“, sagte sie zu Chiaki, „Ich möchte endlich schlafen…“ Bevor er losfuhr, drückte er ihr noch einen sanften Kuss auf die Wange. Hinter ihnen hatte Miyako sich müde an Yamato Schulter angelehnt. „Hey, wir könnten als nächstes Annabelle, die Puppe, einen Besuch abstatten.“ „Halt die Klappe, Miyako.“ Wenige Minuten später hat die Gruppe in ein Hotel in der Stadt eingecheckt und schliefen bis in den Tag hinein.   Einige Tage waren vergangen und die vier hatten ihre Reise inzwischen in Richtung Westen fortgesetzt. Soeben hatte Miyako einige Fotos von ihrer Kamera drucken lassen, welche sie ihren Freunden zeigte. Alle hatten sich in ihrem und Yamato’s Hotelzimmer versammelt. Chiaki war der Erste, der durch den Stapel guckte. „Das sind richtig tolle Erinnerungen für die Zukunft“, lächelte Maron, die flüchtig über seine Schulter schaute. Anschließend unterhielten sich die Mädels über die Einkaufsstraße in der Nähe und Yamato las auf dem Bett ein Buch. Bei einem Bild hielt Chiaki überrascht inne. Seine Augen weiteten sich. „Holy shit…“, wisperte er. „Hm?“ Maron drehte sich verwundert zu ihm um. „Was ist los?“ „Hier, schau mal.“ Er reichte ihr das Foto. Sie kniff die Augen zusammen und betrachtete es intensiv. „Siehst du es?“, fragte er und deutete mit dem Finger auf eine bestimmte Stelle. Sofort bekam die Braunhaarige große Augen und ihr Mund fiel auf. „Oh mein Gott...“ „Was? Was ist da drauf?“, fragte Miyako irritiert und sah zwischen beiden hin und her. Auch Yamato blickte neugierig von seinem Buch auf. „Sag mal, Miyako... Hast du dir die Bilder nicht angeguckt, als du sie zum Drucken abgegeben hast?“, fragte Maron, ihre Hand zitterte leicht. Ihre Freundin schüttelte den Kopf. „Nein. Wieso?“ Sie und Yamato warfen ein Blick auf das Bild und erstarrten. „Oh...“, hauchte Miyako überrascht.  Yamato schluckte schwer. Es wurde still im Hotelzimmer. Die vier schauten sich langsam in die Augen und dann wieder auf das Foto herab. Darauf war die Gruppe vor dem Sallie House zu erkennen, welches sie zu ihrer Ankunft gemacht hatten. Die Silhouette eines jungen Mädchens, mit kalkweißer Haut und schwarzen Augen, war in einem Fenster hinter ihnen zu erkennen. Sie blickte mit einem finsteren, furchteinflößenden Ausdruck direkt in die Kamera. Der Oberkörper war klar und deutlich zu sehen, doch ihre Beine verblassten ins Nichts. Eine dunkle, beängstigende Aura umgab sie. Keiner sprach es aus und dennoch wussten alle, wer das Mädchen war. Sallie.   ---------------------------------------------------------   Danke an alle, die bis zum Ende gelesen haben xD   Infos und Bilder sind von Buzzfeed Unsolved. (K.A. ob alles überhaupt echt oder richtig ist ^^)   Pläne vom Haus gibt es hier: https://thesalliehouse.com/sallie-house-floor-plans Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)