Wartezimmer von Charly89 (Yamato und die Frauen) ================================================================================ Kapitel 1: Miss Buffalo ----------------------- Yamato betrat das Krankenhaus. Sein Routinecheck stand mal wieder an. Alle sechs Monate dieselbe Prozedur. Eigentlich verstand er diese Vorsichtsmaßnahem ja, dennoch nervte es ihn. Sein Körper hatte bis jetzt nie Probleme mit dem Holzversteck gehabt, warum sollte sich das ändern? Die Hokage bestand aber darauf und er fügte sich. Wie immer. Am Empfang stand eine etwas in die Jahre gekommene Schwester. Sie war ihm völlig unbekannt. Nicht, dass er jeden hier persönlich kannte, aber zumindest vom Sehen her, konnte er fast jeden im Krankenhaus einordnen; selbst die Putzkolonen. Die Schwester war geschätzt in den Vierzigern. Es wundert ihn doch sehr, dass er ihr noch nie begegnet war. War sie neu? Am Tresen angekommen setzte er ein freundliches Lächeln auf und räusperte sich kurz. Die Schwester war mit Patientenakten beschäftigt, daher hatte sie ihn nicht bemerkt. Als sie aufblickte blieb Yamato kurz das Herz stehen. Er hatte nun endlich eine Ahnung wie sich Naruto fühlte, wenn er ihn mit seinem Gruselgesicht ansah. Er hatte schon viel Schlimmes gesehen, aber das Gesicht dieser Schwester! Zum davon laufen. Dicke Tränensäcke zierten ihre wischwasserfarbenen Augen. Die Krähenfüße waren schon eher ausgewachsene Canyons und der Damenbart gehörte schon länger mal wieder gestutzt. „Ich… habe einen Termin“, stammelte er schließlich los. Die Schwester schnaubte kurz. In Anbetracht ihrer Leibesfülle keine gute Idee. Unweigerlich brannte sich das Bild eines Wasserbüffels in sein Gehirn. Das würde er nie wieder loswerden! Einen Moment hatte Yamato noch gehofft, das der erste Eindruck trügte, er wurde aber bitter enttäuscht. „Name?“, maulte sie ihn an. „Yamato“, antwortete er knapp. Auf keinen Fall wollte er länger wie nötig hier mit diesen in ein Schwesterkostüm gepressten Wasserbüffel verbringen. „Und wie weiter?“, schnauzte sie an, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Ihre teigig wirkenden Finger durchwühlten inzwischen die parat liegenden Akten. Unweigerlich entgleisten ihm kurz die Gesichtszüge. Genervt antwortete er schließlich „Nichts weiter. Nur Yamato.“ Sie musste neu sein, anders konnte er sich nicht erklären. Ihre wischwasserfarbenen Augen fixierten ihn. Eine trügerische Stille breitete sich aus. Die Spannung war bis zum äußerten gespannt und dann… nichts. Sie senkte den Blick wieder auf den Aktenstapel. Nach etwa 2 Stunden, gefühlt zumindest, zog sie eine Mappe aus dem Stapel. „Ah ja. Yamato also?“ Sein Name aus ihrem Mund! Er war ein ANBU, er hatte sich und seinen Körper im Griff. Zum Glück, sonst hätte er sein Frühstück auf ihrem Schoß ausgebreitet. Und halbverdauter Reisbrei sah bestimmt nicht appetitlich aus. Lustlos blätterte sie durch seine Akte. „Sie sind oft hier, was?“ Wollte sie witzig sein? Er hoffte nicht. „Ja. Routine-Check alle sechs Monate.“ Er wollte wirklich nicht länger wie nötig hier bei dieser Person sein. „Hm, Sie müssen im Wartezimmer Platz nehmen. Es dauert bis Sie dran sind. Es gab einige Notfälle.“ Auch das noch! Aber immerhin hatte sie ihn informiert, ohne dass er ihr alles aus der Nase ziehen musste. Er wollte sich nicht vorstellen, was da wohl so alles zum Vorschein hätte kommen können. Schnellen, wirklich schnellen Schrittes, beinahe fluchtartig, machte sich Yamato auf den Weg zum Wartebereich. Nix wie weg hier! Hinter ihm schnaubte es noch einmal kräftig. Oh Kami, dieses Bild würde er nie wieder los bekommen. Ruckartig öffnete er die Glastür zum Wartezimmer, betrat den Raum und schloss die Tür derart schnell, dass sie fürchterlich klirrte. Alle Augenpaare richteten sich auf ihn. Ja, das war fast noch unangenehmer wie die Session mit Miss Buffalo eben. Um sich aus der Affäre zu ziehen setzte er sich auf den erstbesten Platz neben der Tür. Sein Blick glitt unweigerlich zum Tresen den er, zu seinem Leidwesen, von hier aus genau im Sichtfeld hatte. Konnte es noch schlimmer kommen?! Ja konnte es! Miss Buffalo hatte das ganze natürlich mitbekommen und beäugte ihn misstrauisch. Plötzlich packte ihn etwas am Arm. Reflexartig spannte er alle Muskeln an und machte sich angriffsbereit. Zum Glück gab er den Drang aufzuspringen nicht nach, dass wäre seltsam rübergekommen. An seinem Arm hing ein sabberndes Baby. Ungläubig sah er das kleine Monster, das da an seinem Körperteil nagte, an. Den schockierten Blick ließ er zu der Person schweifen, die das Wesen mehr oder weniger im Arm hatte. Ein Frau, Ende Zwanzig vielleicht? Man konnte es nicht sagen, da ihr Gesicht unter mehreren Schichten Make-Up versteckt war. Unbeirrt blätterte sie weiter in der Zeitung. Nein, es war nicht irgendeine Zeitung, es war ein Fashion-Magazin und auch nicht irgendeins, sondern DAS Fashion-Magazin! Das war zumindest für Yamato die einzig logische Erklärung dafür, dass die Dame sich nicht für ihren Sprössling interessierte. Dieser bahnte sich indes weiter mit seinen kleinen spitzen Zähnchen einen Weg durch den Stoff seines Pullovers. Fünf Minuten später hatte die Dame neben ihm immer noch kein Interesse an dem Nagetier auf ihrem Schoß, daher kaute dieses munter weiter an dem Sitznachbarn seiner Mutter herum. Eine Schwester, die auch so aussah wie eine, kam herein und rief jemanden auf. Die Frau mit dem Mehreren-Schichten-Make-Up stand auf und verließ den Raum. Ihr Sohn nicht, dieser hing immer noch an Yamatos Arm. Unfassbarer Weise dauerte es mehrere Minuten bis der Mutter das auffiel. Als sie das Wartezimmer wieder betrat, warf sie Yamato einen vernichtenden Blick zu. Was konnte er denn bitte dafür dass sie ihren Sohn vergaß? Sie packte den Kleinen und zerrte ihn von dem fremden Mann weg, oder besser, ab. Kaum war der Mund nicht mehr um das warme Stoff-Holz-Gemisch geschlossen, plärrte das Kindchen laut stark los. Ja, richtig; Stoff-Holz-Gemisch. Nachdem Junior es geschafft hatte sich durch den Stoff zu wetzen, hatte Yamato die Stelle an seinem Arm zur Sicherheit in Holz verwandelt. Guter Schachzug! Er war ein bisschen Stolz auf diesen Einfall. Der Blick der Mutter verfinsterte sich noch mehr. Theatralisch stampfte sie, mit unter den Arm geklemmtem Kind, davon. Miss Buffalo am Tresen hatte das ganze Spektakel natürlich wieder mitbekommen. Sie strafte Yamato mit einen missbilligten Blick. Obwohl strafen hier der falsche Ausdruck war. Der Anblick, der sich noch tiefer in ihr schwammiges Gesicht reißenden Canyons und der sich bis zum Bersten straffenden Tränensäcke, ängstigte ihn. Schnell wandte er den Blick ab. Im Wartezimmer befanden sich noch drei weitere Personen. Eine junge Frau und ein altes Ehepaar; nein, das war keine Metapher. Das Ehepaar saß ihm schräg gegenüber. Menschen dieser Altersklasse sah man eher selten. Shinobi hatten meist nicht das Glück besonders Alt zu werden und bei dem Zivilisten forderte der letzte Krieg zu viele Opfer. Irgendwie freute es Yamato die beiden zu sehen. Sie wirkten doch noch recht fit und vor allem wirkten sie verliebt. Sehr verliebt. Als hätten sie sich eben erst kennen gelernt. Niedlich die zwei! Sie tuschelten und kicherten leise. Gaben sich kleine heimliche Küsschen. Die Tür zum Wartezimmer öffnete sich und eine alte Frau kam herein. Sofort erhob sich der der Mann und eilte zur ihr. „Na meine Liebe, was hat der Doktor gesagt?“ Meine Liebe? Wie jetzt? „Alles in Ordnung. Wir können nach Hause, mein Schatz“, antwortete die eben Aufgetauchte. Yamato brauchte einige Augenblicke bis er das Geschehen verarbeitet hatte. Noch war er sich unsicher ob er das wirklich richtig deutet. Beim Verlassen des Wartezimmers drehte sich der Mann noch einmal um und machte eine sehr, sehr unanständige Geste in Richtung der Frau, neben der er gesessen hatte. Yamato wurde rot und anschließend leichenblass. In dem Alter noch eine Affäre? Bilder tauchten in seinem Kopf auf, die er da bestimmt nicht haben wollte. Kurz drauf betrat ein anderer älterer Herr das Zimmer, der die verbliebene Seniorin mit sich nahm. Kurz bevor die Tür sich wieder schloss hörte er den Mann noch sagen „…jetzt gehen wir aber Essen. Heute ist schließlich unser Hochzeitstag…“ Zu tiefst schockiert blickte Yamato zur Glastür hinaus. Keine gute Idee. Miss Buffalo starrte ihn schon wieder an. Sie grinste irgendwie. Es beunruhigte ihn. Offensichtlich hatte sie die Szenerie zwischen den Alten mitbekommen, denn… denn… Mit großen Augen sah der junge Mann, dass die fürchterliche Schwester am Tresen, die unanständige Geste des alten Mannes wiederholte. Entsetzt sprang er hoch und flüchtet sich auf die andere Seite des Wartezimmers. „Alles in Ordnung?“ Panisch huschte Yamatos Blick durch den Raum. Ach ja, die junge Frau war noch hier. „Haben Sie? Haben Sie?“, stotterte er los. Die Frau lachte. Vielleicht lachte sie, weil er keinen gescheiten Satz zusammenbrachte, aber nur vielleicht. „Ja, habe ich. Ich kenne das erste Ehepaar. Also, die beiden die zuerst gegangen sind.“ Langsam beruhigte sich Yamato wieder. Die Dame schien normal. Die einzige normale Person seit er das Krankenhaus betreten hatte. „Ich habe das eben schon richtig verstanden, oder?“ Er hatte noch eine leise Hoffnung, dass er sich irrte. Die Frau lachte wieder. „Ja, das haben Sie. Der Herr ist ein alter Casanova, im wahrsten Sinne des Wortes.“ Yamato wurde wieder blass. „Sie meinen der macht das…“ Nein, er wollte den Satz nicht beenden. „Er hat mir mal erzählt, dass er früher in jedem Dorf Eine hatte. Jetzt ist es wahrscheinlich eher in jeder Querstraße Eine, weil er nicht mehr soweit rumkommt.“ Sie lachte herzlich. Er wusste nicht was er davon halten sollte, vielleicht war sie ja doch nicht normal. „Seine Frau ist krank. Schon immer. Jede körperliche Anstrengung könnte ihr Herz schwer schädigen. Von daher konnten die Beiden nie… Sie wissen schon.“ Den letzten Abschnitt flüsterte sie. Miss Buffalo tauchte in der Tür auf und sah die Beiden fast schon hasserfüllt an. Nach zwei Minuten wurde es der jungen Frau zu bunt. „Können wir Ihnen helfen, oder möchten Sie uns etwas mitteilen?“, fragte sie übertrieben freundlich. Yamato musste ein Lachen unterdrücken. „Es dauert noch!“, motzte sie und verschwand wieder zurück an ihren Tresen. „Sind Sie öfters hier?“, fragte die Frau quer durch den Raum. Als der Mann endlich seinen Blick von der Glastür gelöst hatte sah er sie an. „Ja, Routine-Checks immer.“ Sie blickte von ihren Händen auf. Er hatte vorhin schon gesehen, dass sie da etwas tat. Er wusste nur nicht was. Ein bisschen sah es wie Stricken, aber das machte man mit zwei Nadeln, sie hatte nur eine. „Ich hoffe nichts schlimmes.“ Ihre Stimme lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf ihr Gesicht. Sie war hübsch. Anfang Zwanzig schätze er. Dunkelblaue Augen und hellbraune lange Haare. Sie trug einen Zopf auf der linken Seite, dadurch fiel ihr Haar über ihr Schlüsselbein sanft auf ihre Brust. Sie trug den Scheitel rechts und einen leicht angeschrägten Pony über dem linken Auge. Ihr Gesicht war sehr feminin, genau wie ihre gesamte Erscheinung. Ihre Augen sahen ihn erwartungsvoll an; warum? Ach ja, sie führten ein Gespräch. „Nein, nichts schlimmes. Wirklich nur Kontrolle, dass ich auch fit bin.“ Sie lächelte ihn wieder an. Sie strahlte förmlich. „Dann ist ja gut. Wäre doch schade, wenn ein so netter junger Mann wie Sie ernsthaft krank wäre.“ Flirtete sie mit ihm? Sein Körper war scheinbar dieser Meinung, denn er lief schlagartig rot an. Schweigen machte sich breit. Sie schien unsicher, das jemand derart rot anlief bei einem kleinen Kompliment irritierte sie. Yamato zermarterte sich das Hirn wie er das Gespräch wieder zum Laufen bringen konnte. Er wollte sie nicht fragen warum sie hier war, das wäre platt, selbst für ihn. „Darf ich Sie etwas fragen?“, begann er etwas unsicher. Interessiert sah sie ihn an, „Natürlich.“ „Was mache Sie da?“, gleichzeitig deutet er auf ihre Hände. Sie schmunzelte und deutete ihm mit dem Kopf, das er sich zu ihr setzten sollte. Er tat ihr den Gefallen und ließ sich auf dem Stuhl nieder, auf dem die Mutter vorhin saß. Sie hob die Hände und zeigte ihm was die da hatte. „Ich häkle.“ „Häkeln?“ Sie lachte wieder. „Ja, häkeln. Ist ein bisschen wie stricken.“ „Und was macht man damit? Mützen?“ „Ich hätte jetzt eher mit Topflappen gerechnet.“, gab sie amüsiert von sich. Yamato verstand den Witz nicht, wie auch, wo er noch nicht mal wusste was häkeln überhaupt war. Ihr schien das aufzufallen und erklärte, „Häkeln wird meist mit Topflappen in Verbindung gebracht. Und zu Ihrer Frage, ja man könnte theoretisch Mützen machen, aber ich mache Amigurumi.“ „Amigu… was?“ „Kleine Figuren. Amigurumi nennt man das.“ Jetzt machte es Sinn was sie da in der Hand hatte. Es war ein Kopf mit runden Ohren. „Sieht schwierig aus.“, bemerkte der junge Mann anerkennend. Sie drehte den Kopf zu ihn und schmunzelte. „Es geht, wenn man den Bogen raus hat ist es ganz einfach.“ Er wurde wieder rot. Er war es einfach nicht gewohnt, sich mit fremden jungen hübschen Frauen zu Unterhalten. „Sie sind ein Shinobi?“ Yamato war ihr dankbar, dass sie das Gespräch nicht fallen ließ, nur, weil er wieder die Gesichtsfarbe gewechselt hatte. „Ja, bin ich.“ „Machen Sie ihren Beruf gerne?“ Das war eine sehr interessante Frage, die er sich so noch nie gestellt hatte. „Entschuldigung, das hätte ich nicht fragen sollen.“ Ihre Stimme war belegt. Sie schien den Zwiespalt in dem er steckte gespürt zu haben. „Nein, nein“, beschwichtigend hob er die Hände, „Es ist nur eine Frage, die ich mir noch nicht gestellt habe. Ich bin irgendwie schon mein ganzes Leben Shinobi. Ich habe nie darüber nachgedacht ob ich es gern bin.“ Er sah zur Seite, ihre blauen Augen hatten etwas Faszinierendes. Sofort vergaß er wieder, worum es eigentlich gerade ging. Die Tür flog auf und klirrte gefährlich. Miss Buffalo stand im Raum, brüllte in die nicht vorhandene Ferne „Yamato!“, drehte sich um und verschwand wieder an ihren Tresen. Der junge Mann stand auf, ging einen Schritt und drehte sich noch einmal um. „Es hat mich sehr gefreut, wenigsten eine normale Person heute hier kennenzulernen.“ Der Satz war etwas unglücklich, das merkte er aber erst nachdem er ihn laut ausgesprochen hatte. Beschämt lief er wieder rot an. „Es hat mich ebenfalls sehr gefreut, Yamato.“ Jupp, genauso sollte sein Name klingen! Nicht wie bei Miss Buffalo. Sie lächelten sich an und der junge Mann verschwand. Als sein Check fertig war eilte er den Gang entlang. Doof, er war manchmal echt doof. Er wusste nicht mal ihren Namen! Am Wartezimmer angekommen zerbrach seine Hoffnung krachend am auf dem Boden. Weg, sie war weg. Verdammt! Betrübt machte er sich auf den Weg zum Ausgang. „Yamato!“ Nein, so sollte sein Name nicht klingen! Was wollte die Alte nur von ihm? Genervt dreht er sich um und ging zum Tresen. „Ja bitte?“, maulte er sie an. Er hatte keine Nerven mehr für gespielte Freundlichkeit. Sie grinste ihn irgendwie hämisch an. Sein Magen begann sich zu drehen. Sie griff zur Seite und hob einen kleinen gelben Teddy hoch und setzte ihn auf den Tresen. „Ich hätte ja nicht gedacht, dass ein erwachsener Mann, so etwas braucht, um zum Arzt zu gehen.“ Was? Er verstand es nicht, aber… der Teddy. Der Kopf mit den runden Ohren. Der Teddy war von ihr! Hastig packte er ihn und lief aus dem Krankenhaus. Auf dem Rücken befand sich ein zusammen gerollter Zettel. „Lieber Yamato, ich würde mich sehr freuen, wenn du mich heute Abend um 6 Uhr bei meiner Herstellerin abliefern würdest…“ Es folgten noch der Name und die Adresse eines Restaurants. Der junge Mann grinste über beide Ohren. Der Tag hatte sich doch gelohnt! Kapitel 2: Das erste Date ------------------------- 17:45 Uhr vor dem Restaurant. Yamato war pünktlich, war er immer. Der größte Unterschied zu seinem Senpai, der war immer zu spät. Etwas unruhig sah der junge Mann sich um, hoffentlich kommt sie auch. Er schaute in seine Hand zu dem kleinen gelben Teddy. Ja, der Krankenhausbesuch war ein Hürdenlauf Sondergleichen gewesen, aber es hatte sich gelohnt! Unsicher schaute er wieder die Straße entlang. Ob sie wirklich auftauchte? Unbewusst steckte er den Teddy in seine Hosentasche. Einige Meter entfernt lief Genma vorbei. Yamato sah in an lächelte und hob die Hand zum Gruß. Irritiert sah in der Sonbonträger an und runzelte die Stirn. Was war denn mit dem? Immer noch starrte er den jungen Mann vor dem Restaurant an, dann plötzlich erhellte sich seine Miene. Er hob die Hand und grüßte zurück. Wo war das Problem gewesen? Nach einigen Schritten drehte sich Genma wieder um und musterte Yamato eingehend, schüttelte anschließend den Kopf und ging weiter seiner Wege. Verwirrt blickte Yamato an sich herunter. Sah er merkwürdig aus? Wenn er ehrlich war, schon irgendwie. Das lag aber nicht an einem schlechten Klamottengeschmack. Nein, es lag daran, dass er Zivil unterwegs war und zwar komplett. Tatsächlich fragte er sich, wann er das letzte Mal so auf der Straße war. Er dachte lange nach, sehr lange. Erstaunt stellte er fest, dass er noch nie Zivil in der Öffentlichkeit unterwegs gewesen war. Zu Hause, ja, aber da war außer ihm niemand, höchstens mal Kakashi. Das erklärte ihm allerdings auch, warum seine Kleiderauswahl so begrenzt gewesen war. Seufzend wurde ihm bewusst, dass das nicht sein einziges Problem heute sein würde. „Yamato!“ Erwartungsvoll schaute der junge Mann auf. Sie war da, fast zumindest. Sie strahlte ihn an und schien ebenfalls erleichtert das er da war. Sie trug ein dezentes blaues Kleid. Figurbetont, aber nicht zu aufdringlich. Schnellen Schrittes legte sie die letzten Meter zurück. Lauf weg! Was? Wer war das? Ehrlicherweise musste er sich eingestehen, dass er das selbst war. Ein Date! Er! Das sich sein Fluchtreflex meldete war nicht gut, nachvollziehbar, aber nicht gut. „Ich freu mich, dass du meiner Einladung gefolgt bist.“ Sie stand ihm gegenüber und eh er doch noch fliehen konnte umarmte sie ihn herzlich zur Begrüßung. Als sie ihn wieder los ließ, konnte sie sich ein grinsen nicht verkneifen. Yamato wusste, dass der schnelle Farbwechsel seines Gesichts oft für Erheiterung sorgte. Erstaunlicher Weise hatten sie es von draußen, nach drinnen und an den Tisch geschafft, ohne für Aufsehen zu sorgen. Glücklicherweise nahm ihn der Kellner das Problem der Tischwahl ab. Yamato hätte nicht gewusst, wo man sich beim ersten Daten hinsetzen sollte. In eine Ecke? Mitten in den Raum? Abseits? Fensterseite? So viele Möglichkeiten über die er noch nie nachgedacht hatte und auch noch nie musste. In diesem Moment wurde ihm bewusst, dass er gerade, mit stolzen 24 Jahre, sein aller erstes Date hatte! „Alles in Ordnung?“ Verwirrte blickte er leicht nach unten. Seine Begleitung saß schon und er stand erstarrt vor dem Tisch. Peinlich, peinlich. Schnell platzierte er sich gegenüber der jungen Frau. Der Kellner musterte ihn auch etwas argwöhnisch als er ihnen die Speisekarten reichte. Genau jetzt, in diesem Moment, wurde dem ANBU eines Bewusst: Diesen Abend würde er nicht lebend überstehen! „Yamato?“ Hatte er schon wieder vor sich hingestarrt? Das konnte ja heiter werden. Zwei wunderschöne dunkelbaue Augen sahen ihn besorgt an. Wieder hatte er das Gefühl sich in diesen Augen zu verlieren. Warum war er nochmal hier? Reiß dich zusammen! „Alles gut, ich… bineinbisschennervös“, nuschelte er vor sich hin, in der Hoffnung das sie seine Worte dennoch verstand. Amüsiert schmunzelte sie. Chamäleonhaft passte sich die Gesichtsfarbe des jungen Mannes an die der Sitzgarnitur an, bordeauxrot. „durchatmen hilft“, flüsterte sie über den Tisch. Nach etwa fünf Minuten hatte sich der ANBU langsam an die Situation gewöhnt. Wäre doch gelacht, wenn er das nicht hinbekam! „Es ist schön hier“ Sein Blick schweifte durch die Räumlichkeiten. Sie folgte der Bewegung seiner Augen. „Ja, ich bin gern hier. Außerdem gibt es hier den besten Fisch.“ Vorsichtig lächelten sie die beiden jungen Menschen an. „Mein Name ist übrigens Chihiro.“ Dem Drang zu widerstehen, sich gegen die Stirn zuschlagen, war nicht leicht. Er hatte sie noch nicht nach ihrem Namen gefragt, wie unhöflich. Verlegen sah er die hübsche Frau an. Sag es ihr! Nein, das ist peinlich! Sag es ihr! Sie wird dich für einen Freak halten! SAG ES IHR! „Ähm, Chihiro?“ Erwartungsvoll sah sie ihn an, „Ja?“ Ruhig bleiben, durchatmen und raus damit! „Ich… Ich müsste dir da noch eine Kleinigkeit sagen.“ „Ja?“ „Ich…“ fahrig ließ er seine Finger durch seine Haare gleiten. Die schöne Frisur, dafür hatte er eine halbe Stunde gebraucht. „Ich… das ist nicht so einfach…“ Verschwörerisch beugte sie sich über den Tisch und winkte ihn zu sich. Yamato beugte sich ebenfalls nach vorn. Gewollt übertrieben blickte sich nach rechts und links, was dem Mann ein Grinsen auf das Gesicht zauberte. „Müsstest du mich töten, wenn du es mir erzählst?“ Das Lachen zu unterdrücken war schwierig. Um nicht doch los zu prusten, schüttelte er als Antwort nur den Kopf. „Ist es peinlicher wie ein 70-jähriger Casanova?“ Uha, musste es sein, dass sie dieses Bild von heute Nachmittag heraufbeschwor? Wieder schüttelte er den Kopf. Zufrieden lehnte sie sich zurück und verschränkte die Arme locker vor dem Oberkörper. „Dann, mein lieber Yamato, kann es nichts Schlimmes sein.“ Etwas übertrieben grinste sie ihn an. Noch einmal atmete der junge Mann tief durch. „Das hier… hier… istmeinerstesdate.“ Verschämt starrte er einen Krater in den Tisch. Wie peinlich ist denn das? Mit Mitte Zwanzig sein erstes Date zu haben. Sie musste doch jetzt denken, dass mit ihm etwas nicht stimmte! Wieder beugte sie sich verschwörerisch nach vorn. „Wohnst du noch bei deiner Mutter?“ Schockiert blickte er sie an. „Nein!“ Süffisant grinste sie. „Dann ist es o.k.“ O.k.? Verwirrt sah er sie an. Sie lächelte fröhlich und beschäftigte sich mit der Speisekarte. Der Kellner trat an den Tisch. Ein übertrieben schicker junger Mann, der übertrieben freundlich Lächelte. „Haben Sie schon gewählt?“ Chihiro sah Yamato an. Sie zog eine Augenbraue hoch. Weil? Verdammt, Essen bestellen! Er blickte den Kellner an, der immer noch übertrieben Lächelte und… und… ihm zuzwinkerte? „Ich hätte gern den gebratenen Fisch mit Reis“, brachte Yamato schließlich hervor. „Ich schließe mich an“, ergänzte Chihiro. Langsam hatte der junge Mann den Dreh raus. Sie führten ein wenig Smalltalk, vertieften den privaten Gesprächsanteil während des Essens und der ANBU lief nicht mehr ständig bei jeder Gelegenheit rot an. Doch eine Sache interessierten ihn dann doch noch „Warum ist es o.k. das ich in meinem Alter mein erstes Date habe?“ Sofort war der Teil mit dem rotanlaufen passé. Warm lächelte sie ihn an. „Weil es o.k. ist. Meine Eltern hatte nie ein erstes Date, also nicht so wie wir Zwei gerade. Außerdem bist du ja Shinobi, ich denke da ist es eh schwierig mit Verabredungen. Ein Freund von mir ist Jonin, und ich würde mein gesamtes Hab und Gut drauf verwetten, dass er noch nie ein Date hatte, und er ist älter wie du.“ Yamato konnte den Gedanken nicht weiter verfolgen, weil der übertrieben schicke und freundliche Kellner auftauchte. Schon wieder, müsste man hinzufügen. Irgendwie schien er ständig um ihren Tisch herum zu schwirren. „Kann ich Ihnen noch etwas Gutes tun?“ Warum zum Teufel starrt er mich dabei so an?! „Ich denke wir sollten zahlen“, mischte sich Chihiro von der Seite ein. Mit einem bösartigen Funkeln starrte der Kellner sie an. „Ich bezahle“, mischte sich nun Yamato ein. Schnell drehte der Kellner wieder den Kopf zu ihn und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. „Natürlich. Ich bringe die Rechnung sofort.“ Etwas ging hier vor sich, der junge Mann wusste nur nicht was. Er sah zu seiner Begleitung hinüber die ihn merkwürdig angrinste. Nun war es an ihm sich verschwörerisch über den Tisch zu beugen und sie zu sich zu winken. „Warum ist der so?“ Yamato hörte genau wie sie ein Lachen unterdrückte. „Sicher, dass du das wissen willst?“ Unschlüssig wiegte er den Kopf etwas hin und her. Das er gleichzeitig die gebotene Aussicht genoss, musste er ja keinem verraten. Das Kleid hatte keinen übertriebenen Ausschnitt, aber durch das über den Tisch beugen änderte sich das. „Ja, irgendwie schon.“ „Sagen wir mal so, der gute Mann hätte heute Abend wahrscheinlich lieber meinen Platz gehabt.“ Nachdenklich starr Yamato in die Ferne, während sich die Erkenntnis langsam durch seine Gehirnwindungen schlich. Der Kellner wollte etwas von… Ein Räuspern holte ihn zurück. Fassungslos starrte er den Angestellten an während dieser die Rechnung auf den Tisch legte und ihm erneut ein Zwinkern schenkte. Mit großen Augen sah er zu seiner Begleitung rüber. Sie schmunzelte. „Das nächste Mal kannst du Aussuchen wo wir hingehen.“ Nächstes Mal? Sie wollte sich noch einmal mit ihn ausgehen? Ein seliges Grinsen schlich sich auf sein Gesicht, daran konnte auch der aufdringliche Kellner nichts mehr ändern. „Mit dem Feuer der Jungend hast du sie für dich gewonnen!“ Wo kam das denn her? Ein Imaginärer-Mini-Gay stand plötzlich auf dem Tisch, dreht sich um die eigene Achse und blieb in seiner üblichen Pose stehen. „Das war aber nicht sein Verdienst!“ Eine Imaginäre-Mini-Sakura tauchte auch noch auf. „Wäre sie nicht so nett gewesen, hätte das nie geklappt!“ „Sakura, Schülerin meines ewigen Rivalen, sei doch nicht so herzlos! Es war sein erstes Mal!“, empörte sich Mini-Gay. Die Mini-Sakura lief rot an. „Yamato-taichou! Und das in Ihrem Alter!“ Jetzt lief Yamato rot an, schnell wendete er den Kopf ab. Das musste am Wein liegen, er wusste doch das er nichts vertrug. Draußen angekommen standen die Beiden noch einen Moment unsicher neben einander. Der junge Mann war sich nicht im Klaren wie es nun weitergehen sollte. Sie hatte zwar angedeutet, dass sie einem weiteren Treffen nicht abgeneigt war, aber wie bewerkstelligen? Ein Zupfen an seinem Ärmle ließ ihn zur Seite schauen. Die junge Frau war fast einen Kopf kleiner als er, also senkte er den Kopf etwas. Sie deutet ihn an sich zu ihr runter zu beugen. Leicht versteift kam er der Aufforderung nach. Sanft lehnte sie sich an seinen Arm, was ihn erst einen wohligen Schauer und anschließend Schockstarre fühlen ließ. Ihre Lippen kamen immer näher. Würde sie etwa? Einfach so, hier auf offener Straße? „Du musst mir jetzt anbieten mich nach Hause zu bringen“, flüsterte sie. Wieder lief er bis zu den Haarwurzeln rot an, nicht, weil sie ihn auf seinen Fehler aufmerksam machte, sondern weil er tatsächlich einen Moment geglaubt hatte, sie würde ihn küssen. Langsam kehrten beide in ihre Ausgangsstellung zurück. Yamato holte tief Luft, „Ich bring dich noch nach Hause, wenn du magst.“ Vergnügt strahlte sie ihn an. „Darüber würde ich mich sehr freuen“, spielte sie die Scharade mit, was beide zu einem herzlichen Lachen veranlasste. Auf dem Weg unterhielten sie noch ein wenig. Inzwischen waren sie etwas abseits der Hauptwege, als die junge Frau vor einem Haus stehen blieb. Irritiert sah Yamato sie an. „Hier wohne ich“, erklärte Chihiro. Ein Haus? Eher untypisch für einen Single. „Es ist hübsch“, bemerkte er. „Danke. Es ist mein Elternhaus. Den Beiden war es zu groß und zu weit weg vom Dorfkern, daher sind sie in eine Wohnung im Zentrum gezogen und haben es mir überlassen.“ Verstehend nickte der ANBU. „Das war ein sehr schöner Abend. Danke, Yamato.“ Etwas unsicher wippte der junge Mann hin und her. Seid sie sich an ihn gelehnt hatte und ihre Lippen ihm so nah waren, gingen seine Gedanken merkwürdige Wege. Er hatte Mühe gehabt sich überhaupt auf das Gespräch zu konzentrieren. Ständig hatte er das Bild ihrer wundervoll geschwungenen Lippen vor sich. Wie sich wohl anfühlten? Schmeckten? Mit hochrotem Kopf stand er da und wusste, wiedermal, nicht so recht was er tun oder sagen sollte. Wiedermal war sie es, die die Situation löste. Sie ging einen Schritt auf ihn zu, damit sie direkt vor ihm stand. Langsam stellte sie sich auf die Zehenspitzen, hob ihre rechte Hand und ließ sie in seinen Nacken wandern. Sanft zog sie ihn zu sich runter und gab ihm einen leichten Kuss auf den Mund. Eine flüchtige Berührung die ein Feuerwerk auslöste. Schon als er ihre Hand in seinem Genick spürte hatte, hatte er die Augen geschlossen. Erst als die federleichte Berührung vorüber war, und er weder ihre Hand an seinem Hals, noch ihre Wärme an seinem Oberkörper spürte, öffnete er sie wieder. Chihiro war inzwischen auf der Stufe zu ihrer Haustür und drehte sich zu ihm um. „Es war ein wirklich toller Abend“, wiederholte sie sich noch einmal. Erstarrt stand der junge Mann auf der Straße und sah sie an, sein Kopf war wie leergefegt. Erst als er das Geräusch der sich öffnenden Tür hörte kam wieder leben in seine Gedanken. Gerade noch rechtzeitig, denn sie war eben dabei die Tür wieder zu schließen. „Chihiro!“, er rief es mehr als dass er es sagte. Einen Moment war er selbst über seine Lautstärke erschrocken. Die Tür ging wieder auf und sie streckte den Kopf heraus und schmunzelte. „Ja?“ „Das war wirklich ein sehr schöner Abend. Danke für Alles.“ Er schämte sich schon ein wenig, dass sie so oft die Initiative ergreifen musste. „Ach was“, winkte sie verlegen ab. „Nein, ich meine das wirklich ernst. Danke. Ich bin mir bewusst, dass es etwas schwierig mit mir ist.“ Unsicher kratze er sich am Hinterkopf. „Ist schon in Ordnung. Vergiss ihn nur nicht.“ Und schon war die Tür zu. Ihn? Wen meinte sie? Oder meinte sie ‚es‘? Dass er sie noch einmal ausführen sollte? Das würde er bestimmt nicht vergessen. "Ma, dich kann man echt nicht aus den Augen lassen." Wo kam dass denn so plötzlich her? Da! Nein, dass war nicht wahr! Da saß ein Imaginärer-Mini-Kakashi auf seiner Schulter. Er hatte eindeutig zu viel Wein! "Lassen Sie mich in Ruhe, Senpai", flüsterte der junge Mann verlegen vor sich hin. "Da liest du nun schon ständig mein Flirtparadies mit und dann stellst du dich so an!" "Ich lese nicht ständig mit", empörte sich Yamato. Eine ältere Dame lief vorbei und musterte ihn argwöhnisch. "Doch tust du", fing der Mini-Kakashi wieder an. Selbst gegen einen Imaginären-Mini-Kakashi konnte er sich nicht behaupten, wie armselig war er eigentlich? Zu Hause angekommen zog sich Yamato um. Als er seine Hose über den im Schlafzimmer stehenden Stuhl legte, purzelte etwas heraus. Ungläubig starrte er das gelbe Ding auf seinem Boden an. Er ging in die Hocke und hob es auf. Das kleine Gesicht grinste ihn freudestrahlend an. „Stimmt, dich hätte ich wirklich beinahe vergessen.“ Geschafft vom langem Tag, aber durch den netten Abend völlig zufrieden, setze er sich auf sein Bett. Er platzierte seinen neuen Freund auf dem kleinen Schränkchen neben seinem Bett. Der ANBU legte sich hin und als er das Licht ausschaltete umspielte ein Lächeln seine Lippen. Das Foto von seinem Team und der kleine gelbe Teddy daneben, er würde heute Nacht gut schlafen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)