Heißer Sommerregen von _Natsumi_Ann_ (I've loved you all my life (Scorpius x Rose)) ================================================================================ Kapitel 1: Es ist das was du nicht weißt. ----------------------------------------- Scorpius lachte lauthals auf, als er die Worte seines besten Freundes vernommen hatte. „Nicht ihr fucking ernst, oder? In welcher Welt lebt dieses Mädchen bloß“, prustete der blonde Schönling und verdrehte dabei die Augen. „Sie hat ihr ganzes Erspartes geopfert, um eine Bücherei zu eröffnen?! Im Zeitalter von Computern, Mobiltelefonen, Drohnen … MP3, Audible, E-Books… oder wo soll ich weiter machen? Wer bei Merlins Bart will den noch ein Buch in die Hand nehmen, geschweige denn in der Bibliothek danach suchen? Ich glaube, Rosie-bee ist im falschen Jahrhundert geboren.“ Albus zuckte mit den Schultern. „Mir eigentlich ziemlich latte, ich weiß gar nicht, warum du dich so aufregst, ist schließlich ihr Leben. Nicht deins. Aber bei einer Sache muss ich dich korrigieren. Sie ist längst kein Mädchen mehr, sondern eine Frau“, dabei grinste der Potter frech, was Scorpius wieder nur mit den Augen rollen ließ. „Wenn diese Streberin zu einer Frau geworden ist, fresse ich einen Besen.“ „Ach komm, so schlimm sah sie nun auch wieder nicht aus. Aber du hast sie ewig nicht gesehen. Ich meine, ich war auf den letzten hundert Familientreffen auch nicht wirklich anwesend, aber sie hat sich entwickelt. So wie ich das aus einem Augenwinkel erkennen konnte“, dann kratze er sich verlegen am Kopf. Er war wirklich nicht oft bei Familientreffen gewesen, aber wenn er es war, war der einstige Trost seine Cousine Dominique gewesen – im wahrsten Sinne des Wortes. Sein bester Freund hatte sofort verstanden. „Ach so, stimmt ja, du warst immer beschäftigt damit deine Cousine zu vernaschen. Aber die ist wenigstens heiß. Ich glaube nicht, dass Granger da jemals mithalten kann“, versuchte sich, der zukünftige Erbe des Malfoy-Imperiums, aus der Schlinge zu ziehen. Aber Albus hatte recht, er hatte diese Giftschlange wirklich schon seit über zehn Jahren nicht mehr gesehen. Oder waren es sogar bald fünfzehn? Früher als er und Albus noch in Großbritannien gewohnt hatten, hatte er sie ab und an auf einer Party gesehen oder bei Familienfesten, zu denen Albus ihn genötigt hatte mitzukommen. Als tatkräftige Unterstützung quasi. Am Ende war Albus jedoch, wie zuvor erwähnt, in den Armen einer gewissen Veela gelandet und Scorpius musste zusehen, wo er blieb. Nun ja, einmal oder vielleicht auch zweimal hatte er sich Roxanne gegönnt. Sie sah nun wirklich nicht aus wie eine Weasley. Schwarzes langes Haar, dunkle Augen, braune Karamellhaut, fürs Bett eine wirkliche Bereicherung – zumal er mit Albus als Teenager immer gewettet hatte, er würde es eines Tages einmal mit einer Schwarzen treiben. Er fragte sich bis heute wie Angelina Johnson sich jemals auf einen wie George Weasley hatte einlassen können. Selbst in ihrem Alter war sie noch so attraktiv, dass alle jungen Burschen, die er kannte, sie als Milf bezeichneten. Mother I'd like to fuck. Als ihm auffiel, dass er wie ein pubertierender sechzehnjähriger dachte, zuckte er kurz zusammen. Eigentlich wollte Scorpius auch niemals wirklich erwachsen werden, hätte seine Mutter ihm nicht am Sterbebett noch etwas ins Ohr geflüstert. „Irgendwann wird jeder Junge zum Mann. Auch du wirst erwachsen werden, ganz von alleine, ganz ohne Zwang. Glaub mir mein Sohn.“ So ganz hatte er nie verstanden, was sie damit gemeint hatte. Damals war er einfach wütend gewesen, dass sie ihn verlassen hatte. Heutzutage erinnerte er sich gerne an ihre fast letzten Worte, auch wenn er diese nicht wahrhaben wollte. Denn bis jetzt war die Wendung erwachsen zu werden noch nicht wirklich gekommen. Er war ein Model, das langsam zu alt für den Job wurde, nebenbei versuchte er sich als Schriftsteller. Vermutlich waren ihm kleine Artikel in der Hexenwoche oder dem Klitterer nur durch den Einfluss seines Vaters vergönnt gewesen. Dabei wollte er noch so viel mehr. Obgleich ihm niemand das Schreiben zutraute, er liebte es, es war sein Leben. Astoria hat seine Kurzgeschichten immer geliebt, sie hatte an ihn geglaubt. Ganz im Gegensatz zu seinem Vater. Draco hatte stets gefordert, er solle sich einen anständigen Job suchen, doch wirklich Kraft sich mit ihm auseinander zusetzen, hatte er nicht. Nach dem Tod seiner Frau war er still und müde geworden. Es schien, als sei mit Astorias Dahinscheiden auch seine Lebensfreunde davon geflogen. Das Schlimmste daran war, er tat nichts dagegen. Er ertrank seinen Schmerz noch nicht einmal in Alkohol. Irgendwann hatte Scorpius aufgegeben seinen Vater zu verstehen. Er kümmerte sich um ihn, wenn er im Haus war, was er nur noch zwei bis dreimal im Jahr war, sonst schrieb er ihm Postkarten. In dieser Richtung war Draco noch ziemlich Old School, er hielt nichts von Handys und den neumodischem Zeug (wie er es immer nannte). „Wir sind gleich da“, riss Albus ihn aus seinen Gedanken und Scorpius lugte aus dem Waggonfenster. Es wäre einfacher gewesen, zu apparieren, jedoch hatte sein bester Freund es vorgezogen alles in die Länge, zu ziehen. Den Grund hatte Scorpius genau gewusst. Es war die Hochzeit seines großen Bruders, James Sirius Potter. Albus hatte noch nie ein wirklich gutes Verhältnis zu seiner Familie gehabt, aber würde man dem Ganzen ein Ranking geben, so würde James an erster Stelle stehen. Allein das Albus das komplette Gegenteil seines Bruders verkörperte: Albus war schlau und gerissen, weswegen er auch schlussendlich in Slytherin gelandet war. James dagegen war eine Sportskanone, eingebildet und übermütig. Ein echter Löwe eben. Auch Scorpius hielt nicht sonderlich viel von dem ältesten Potter-Abkömmling. Wobei so ziemlich all seine Familienangehörigen ziemlich nervig sein konnten. Louis und Hugo waren noch zu jung gewesen, um sich mit ihnen zu beschäftigen, aber sie hingen immer im Doppelpack zusammen wie einst Fred und George Weasley. Albus kannte nur George, denn der andere Zwillings-Onkel war verstorben. Man hatte einen Weasley nach ihm benannt. Aber Fred Junior, oder Freddy der Zweite hasste sein Schicksal und hatte nach der Scheidung seiner Eltern dem Namen Weasley abgeschworen. Sonst hatte Scorpius keine wirklichen Informationen über Roxannes großen Bruder, der auch fast nie auf Familienfesten zu sehen war. Dann waren da noch die Damen seiner Verwandtschaft... Victoire, Dominique und Roxanne waren wenigstens nett anzusehen. Dennoch waren sie ziemliche Diven, und Scorpius konnte sich nicht vorstellen länger als eine Nacht am Stück mit ihnen zu verbringen. Die kleine Lily Luna war niedlich, recht hübsch, wenn auch nicht ganz sein Typ, aber viel zu quirlig für sein inneres Gemüt. Zumal Albus ihn sicher töten würde, würde er Lily in die Kategorie Bettgeschichten-Sammlung stecken. Dazu hatte er zu viel Respekt vor seinem besten Freund. Er liebte ihn wie einen Bruder. Molly und Lucy waren ziemlich einfach und schlicht. Lucy war ein Nerd mit schwarz gefärbten Haaren und vermutlich in der Gothic Szene unterwegs – so gar nicht sein Fall. Molly war charakterlich eine wirklich einzigartige Frau, sie war gutmütig, herzlich und liebevoll. Optisch leider eher eine typische Weasley. Natürlich war Optik nicht alles, aber da gab es noch ein Hindernis: Sie war die zukünftige Mrs. Potter, James‘ Verlobte. Wieso diese absurde Kombination zustande gekommen war, hatte sich Scorpius schon immer gefragt. Wieso ließ sich, eine Molly Weasley, auf einen Möchtegern Macho wie James Potter ein? „Ich habe Rosie versprochen sie in ihrem Laden zu besuchen“, gestand der Potter-Sprössling plötzlich und grinste süffisant. Scorpius hob eine Augenbraue. „Und das sagst du mir erst jetzt?“ Rosie-bee, wie hätte er sie vergessen können, in seiner Aufzählung. Sie hatte ihm von Anfang an das Leben schwer gemacht. Schon damals im Zug, hatte sie verhindern wollen, dass Albus sich neben ihn setze. Sie war ein Biest und er akzeptierte sie einzig und alleine wegen Albus, da sie wohl das einzige Familienmitglied war, mit dem er zurechtkam. Albus hatte ihm viele Geschichten erzählt, wo Rose sich für ihn eingesetzt hatte, nur leider hatte sie sich nie für seinen besten Freund eingesetzt. Sie hatte als junges Mädchen die Freundschaft von Albus und Scorpius missbilligt, was sie ihn zu Schulzeiten immer hatte spüren lassen, doch irgendwann hatte sie es voll akzeptiert. Seit je her hatte sie den jungen Malfoyerben in den meisten Fällen ignoriert. Nur eines musste er Rose lassen, sie war die Erste gewesen, die damals zu Schulzeiten den Anstand hatte ihn nicht mehr Malfoy zu nennen, sondern Greengrass. Als Astoria, während seiner Hogwartszeit verstarb, hatte Scorpius darum gebeten, ihren Nachnamen tragen zu dürfen. Sein Vater und auch die Schuldirektorin hatten eingewilligt. „Ich weiß ihr seid nicht die besten Freunde, deswegen habe ich es dir wohl verschwiegen bis gerade eben“, sagte Albus unschuldig und zuckte mit dem Schultern. „Außerdem ist es über zehn Jahre her, seit du sie gesehen hast. Ihr seid keine Kinder mehr. Ihr seid erwachsen und werdet euch sicher vertragen. Vielleicht besser denn je - die Hoffnung stirbt zuletzt, dass meine zwei Lieblingsmenschen noch Freunde werden.“ Scorpius rümpfte die Nase. „Und deshalb wirfst du mich jetzt ins kalte Wasser? Weil du einen Funken Hoffnung hast, dass wir uns jetzt nach Jahren der Distanz in die Arme fallen? Du weißt genau, es hat immer an ihr gelegen, sie hat damals angefangen unsere Freundschaft in den Dreck zu ziehen.“ Albus musste kurz kichern. „Herrlich wie du dich über so alten Kram aufregen kannst. Verdammt noch mal ihr wart jung und unwissend. Gib ihr eine Chance. Mir zu Liebe“, säuselte der Potter und klimperte mit seinen Wimpern. Der ehemalige Ravenclaw betrachtete seinen Freund skeptisch, aber seufzte dann nur lauthals auf. „Aber nur weil du es bist“, gab er schließlich nach und sein Blick wanderte zurück aus sein Waggonfenster. Es war nicht mehr weit. Bald erreichten sie London. Es war Sommer und es regnete wie aus Eimern. Back in good old Great Britain. * * * Rose war dabei die neue Ware in die Regale zu sortieren. In diesem Aufzug gar nicht mal so einfach. Sie liebte ihren neuen Kleidungsstil wirklich sehr, aber damit Leitern hochzuklettern und Bücher einzuordnen, bedarf definitiv noch Übung. Warum musste ihre Aushilfe ausgerechnet heute krank sein? Sie hatte Zeitdruck, bald würde Albus sie abholen, dann musste sie noch die Hochzeitsgeschenke einpacken und dann… Rose zuckte zusammen. Die Türschwelle hatte lauthals einen Dachsschrei von sich gegeben. Vielleicht sollte sie den Ton noch einmal überdenken, aber sie wollte ihr altes Haus Hufflepuff in Ehren halten, weswegen sie auf die glorreiche Idee gekommen war, wenn jemand den Eingang betrat dieses Tiergeräusch von sich zu geben. Es war ein simpler Zauber gewesen, dennoch sollte eine Bibliothek nicht ein Ort der Ruhe und Stille sein? Hier fühlte man sich wohl eher, als würde man gerade einen Wildpark betreten. Vielleicht einfach den Zauber perfektionieren und die Lautstärke runterschrauben. Fürs Erste doch eine gute Lösung. Ja, genau so würde sie es machen. Fast hätte sie den neuen Gast vergessen. „Ich komme sofort“, rief sie durch die Regalreihen. Doch sogleich hörte sie eine Stimme hinter sich. „Nicht nötig“, raunte eine dunkle Stimme. Etwas erschrocken taumelte Rose von der Leiter und hielt sich gerade rechtzeitig noch an einer Regalfront fest. „Fall nicht, Rosie-bee. Ein Herzinfarkt meinetwegen ist bei Frauen zwar normal. Aber ich denke, Albus würde mir das nicht verzeihen, wenn wir ohne dich auf die Hochzeit müssten“, just in diesem Moment erkannte die Brünette, welche Stimme sich hinter dem Ganzen befand. Niemand nannte sie Rosie-bee, da es von Weasley abgeleitet wurde und so hieß sie schließlich nicht, nicht mehr. „Greengrass“, schnaubte sie und drehte sich eher ungalant um, um den Rest der Leiter hinunter zu balancieren. Verdammt warum hatte sie ihn nicht einfach Malfoy genannt. Sie bemerkte zunächst nicht, wie sein Blick über ihren Körper streifte. Sie trug schwarze acht Zentimeter hohe Pumps aus Lack, eine feine durchsichtige Strumpfhose mit einem schmalen roten Strich in der Mitte, einen langen engen Lederrock, der bis zu ihren Knien reichte und dann noch ein enges, rotes Oberteil, das ihre Brüste deutlich zur Kenntnis brachten. Erst als Scorpius für eine Weile schwieg, blickte Rose verwundert auf und versuchte seinen Blick zu deuten. Irgendwann fixierten seine Augen endlich ihr Gesicht. Ihre roten Lippen bebten. „Du hast dein Haar geglättet“, erwiderte er fast beeindruckt und sie glaubte, er würde ihr ein Kompliment machen, doch eine Sekunde später zerschlug er es wieder mit einem kessen „Auch endlich im 20. Jahrhundert angekommen. Gratuliere, Granger. Ich bin stolz auf dich.“ Gerade wollte sie wütend davon stapfen, als ihr Absatz im Teppich hängen blieb und Rose stolperte. Direkt in die Arme ihres liebsten Feindes aus Schulzeiten. Verflucht, warum konnte sie sich keinen professionellen Teppichverleger leisten? Wäre man so reich wie Greengrass hätte man weniger Probleme. „Ich wusste nicht, dass du mich so sehr vermisst hast, Granger“, hörte sie seine amüsierte Stimme, spürte dabei gleichzeitig, wie er sie an dem Hüften festhielt. Hatte er sie tatsächlich aufgefangen oder fing er das Grapschen an? In Rose brodelte ein innerer Vulkan, es war alles wie früher. Kaum zu fassen, dass er immer noch solche Gefühle in ihr wach rütteln konnte. Dieser grenzenlose Hass mit einem Gemisch aus… ja aus was eigentlich? Rose hatte sich nie gewagt, es laut auszusprechen, obgleich sie genau wusste, was es war. Anziehung war das verbotene Wort, was sie aus ihrem Gedächtnis versucht hatte zu verbannen. Aber sie musste sich dringend zusammen reißen. Sie durfte ihn nicht wie früher das Gefühl geben zu triumphieren. Sie musste das anwenden, was sie von ihren ehemaligen Freundinnen aus dem Studiengang gelernt hatte. Wenn ein Mann meint, auf einem hohen Ross reiten zu müssen, lass ihn runter fallen – wie man das erreicht? In mehreren Etappen. Die Erste wäre: Verwirre ihn. Tue etwas, mit dem er nie rechnen würde. Rose atmete tief ein und aus, ehe sie sich zu einem leichten Lächeln zwang und ihn dann direkt ansah. Grün traf auf Braun. Für fünf Sekunden sagte sie nichts, sah ihn einfach nur an. Dann der Augenaufschlag – ganz wichtig. Langsam und intensiv. Ihre Hände lagen auf seiner Brust, sie wanderten leicht zu seinen Hüften, ihre schmalen Finger legten sich auf seine. Dann spitzte sie ihre roten Lippen. Es war fast nur ein Hauchen, als sie kurz über seine Hände strich, und ihm ein Stück näher rückte. „Ein bisschen. Vielleicht“, dann ließ sie just von ihm ab, den das Dachsgeschrei kündigte einen weiteren Gast an. Es war Albus. Endlich war ihr bester Freund und Lieblingscousin da. Noch einen Tag und eine Nacht bis zur Hochzeit und es gab noch soviele Dinge zu besprechen… * * * „Sprich es aus, Greengrass. Sag mir ganz genau, was du willst“, ihre Lippen streiften sein Ohr und er spürte ihren üppigen Busen an seiner Brust. Sein Atem war beschleunigt, sein Herz raste wie verrückt und das einzige an was er denken konnte, war das Feuchtgebiet zwischen ihren Beinen. „Ich will dich. …“, begann er pulsierend. Er wusste, sie wollte mehr hören, also gab er ihr mehr. „Ich will dich ficken, Granger!“ „Dann fick mich, Greengrass!“ Mit einem hastigen Schwung stand Scorpius senkrecht im Bett und fasste sich schmerzhaft in seine untere Region. Sein kleiner Prinz stand wie eine Eins. „Fuck“, wisperte er und wischte sich mit der anderen Hand den Schweiß von der Stirn. Normalerweise war es sicher nicht schlimm, wenn er einen Sextraum hatte und mit einer Latte aufwachte. Immerhin war in diesem Fall schnell Abhilfe zu schaffen. Doch dieses Mal schockierte ihn der Traum so sehr, dass er nur verwirrt weiterhin auf seinen Penis starrte. „Du stehst echt stramm wegen Granger! Unfassbar!“, schimpfte er vor sich hin und warf sich rückwärts wieder auf den Rücken. Diese blöde Kuh hatte es doch tatsächlich geschafft, dass er von ihr träumte. Nicht dass er nie von ihr geträumt hätte. Zu Schulzeiten war da sicher auch der ein oder andere Traum, in dem sie vorgekommen war, aber dieser hier war einfach zu viel. Zumal sich der Traum auch noch in ihrer Bücherei abgespielt hatte. Sein Unterbewusstsein war also scharf darauf ihren neuen Laden einzuweihen. Na toll … ganz großartig. Diese seltsame Begegnung in der Bibliothek hatte ihn verwirrt. Ohne zu wissen, dass Rose mit ihrer Taktik Erfolg gehabt hatte, schlangen sich fünf Finger um sein Gemächt. Jetzt war wohl oder übel Handarbeit angesagt. „Ich verfluche dich, Granger!“ * * * Lily saß an jenem Abend, die Nacht vor der Hochzeit, missmutig auf ihrem Bett und lutschte an einem Lolli. Sie konnte nicht schlafen und das sie sich vorstellte, sie würde gerade an Freds Lolli lutschen machte es auch nicht besser. Warum musste sie die ganze Zeit an ihn denken? Sie hatten ihn seit Ewigkeiten nicht gesehen – außer ihrer Mutter Ginny, war Fred höchstwahrscheinlich der Verwandte, den sie wirklich in den letzten zehn Jahren kaum bis gar nicht gesehen hatte. Selbst ihren Bruder Albus hatte sie öfters gesehen. Nun ja, sie hatte ihn eher besucht. Er war nicht sonderlich angetan von England und seiner dort lebenden Familie, was Lily durchaus verstand. Denn bis auf Cousine Rose und Papa Harry bemühte sich auch niemand mehr ihn zu integrieren. Aber sie war seine kleine Schwester, sie würde ihn auch niemals aufgeben. Ein Bonuspunkt war zusätzlich, dass wenn man seinen großen Bruder besuchte, es wie Urlaub war. Immerhin lebte er mit Scorpius in Amerika und hatte dort eine Art Strandhaus. Wie er sich das leisten konnte war ihr eher fraglich, aber vermutlich spielte das Erbe seines besten Freundes eine große Rolle. Er bekam doch sogar Witwenrente? Waisenrente oder wie man das nannte? Sie mochte Albus, er war nicht so langweilig wie der Rest ihrer Familie. Ihr Vater Harry durfte langweilig sein, er war schließlich früher ein Held gewesen, er hatte sich die Ruhe verdient. Aber James war ein 0815-Macho getarnt als Sportskanone und wirklich viel hatte sie nicht mit ihm gemeinsam. Vermutlich verstand er sich deshalb mit Ginny so gut und sie nicht. In Gedanken nannte sie Ginny nicht mehr oft Mutter, warum wusste sie nicht mehr. Welcher Streit nun dafür wirklich verantwortlich war oder sie sich wieder mal uneinig mit Harry war, das er seine Tochter so verwöhnte mit über dreißig Jahren, hatte Lily Luna vergessen. Mittlerweile war es ihr auch egal. Zumindest meistens. Manchmal wünschte sie sich, ihre Eltern hätten sich scheiden lassen, so wie Onkel Ron und Tante Hermine, so wie Onkel George und Tante Angelina. Lily hatte vollstes Verständnis für Fred gehabt, dass er es vorgezogen hatte bei seiner Mutter zu leben. Angelina war offen, nicht zu streng und für ihr Alter doch verdammt attraktiv. Lily konnte nur hoffen, dass sie auch mit Mitte oder Ende fünfzig noch so aussehen würde. Warum Roxanne lieber bei Vater wohnen wollte, verstand sie bei Weitem nicht, aber vielleicht war sie auch einfach wütend auf ihre Mutter gewesen, weil diese nach kurzer Zeit einen neuen Freund an Land gezogen hatte. Aber bei Gott. Es war der ehemalige Qudditch Spieler Adrian Pucey, er war so verdammt heiß für einen alten Mann. Viel heißer als es Onkel George jemals war – sie hatte Bilder von beiden Männern in jungen Jahren gesehen. An Angelinas Stelle hätte sie Adrian sofort geheiratet und nicht George. Aber ein Gutes hatte die Vereinigung mit Onkel Georgie, wie sie ihn manchmal verniedlichte, daraus war Fred entstanden und er hatte optisch keinerlei Anzeichen ein Weasley zu sein. Ganz im Gegenteil, er hatte Tante Angies Gene durch und durch. Er war ein Karamell-Traum. Sie würde zu gerne Schlagsahne auf ihn sprühen und ihn dann schließlich von oben bis unten abschlecken. Wie sollte sie nur diese Hochzeit überstehen? Einerseits würde sie ihn die ganze Zeit nur anstarren – wie peinlich. Sie würde sich wünschen, dass es schnell vorüber war, ihn ignorieren und am nächsten Tag würde sie sich selbst dafür hassen nicht einmal mit ihm gesprochen zu haben. Sie würde sich nach ihm sehnen, sich tausend Mal fragen, was sie ihm schreiben könnte und ob er überhaupt antworten täte… Eigentlich hatte Fred bis auf seine Mutter, die er sehr vergötterte, nur mit Cousine Lucy regelmäßigen Kontakt. Warum verstand Lily nicht. Lucy war ein Freak, sie war einer Rockerbraut oder was immer sie darstellen wollte, und meist war sie schlecht gelaunt, ganz im Gegensatz zu ihrer Schwester Zwillingsschwester Molly. Beide Schwestern sahen sich nicht wirklich ähnlich, sie waren zweieiig, was in der Zauberwelt öfter vorkam bei gleichgeschlechtlichen Geschwisterteilen als in der Muggelwelt. Dort gab es deutlich mehr eineiige Zwillinge, waren sie dennoch zweieiig, so waren es ein Mädchen und ein Junge. Einige Zauberer stellten dazu Forschungen an, aber Lily hatte dies nur halbwegs in einer Zeitung verfolgt. Warum wollten ihr immer mehr Gründe einfallen, um ihre Cousine schlecht zu machen? Sie sollte sich selber ohrfeigen für diese Gedanken, denn normalerweise hatte sie absolut nichts gegen Lucy. Sie hatte nicht wirklich viel mit ihr zu tun, aber sie war anders als alle anderen Weasleys. Somit nicht langweilig. Das allein handelte ihr Bonuspunkte ein. Eifersucht konnte ein grausamer Begleiter sein. * * * „Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich die kleine Rose einmal richtig unter die Lupe nehmen würde? Ich finde sie eigentlich recht süß in ihrem rosa Kleidchen.“ „Wieso sollte es mir etwas ausmachen? Ich finde Rosi-bee langweilig, und sie sieht aus wie ein Besen. Ich weiß gar nicht, was du an ihr findest, Zabini.“ Rose erwachte ebenfalls aus einem unangenehmen Traum. Viel mehr war es eine unschöne Erinnerung aus ihrer Schulzeit. Es war auf einem Schulball gewesen, wo sie unabsichtlich ein Gespräch zwischen Scorpius und seinem Freund Seth Zabini mitbekommen hatte. Die erschütternde Wahrheit war gewesen, dass sie sich mehr daraus gemacht hatte, dass Scorpius abfällige Dinge zu ihrer gesamten Person ausgesprochen hatte anstatt sich über das Kompliment von Seth zu freuen. Immerhin war er damals ein beliebter gut aussehender Junge gewesen, jedes Mädchen hätte sie beneidet. Doch für sie war der Abend gelaufen gewesen, wenn sie sich richtig erinnerte, hatte sie sogar ein paar Tränen vergossen. Ganz heimlich. Scorpius war ein verdammter Arsch, damals wie heute. Das musste sie sich einfach einreden, auch wenn sie damals jung gewesen waren, verletzte sie diese Erinnerung immer noch. Leicht abwesend blickte Rose auf ihren Stuhl. Sie hatte sich neue Klamotten gekauft, extra für James und Mollys Hochzeit. Das Motto stand unter den 40 und 50iger Jahren. Normalerweise gefiel Rose diese Epoche nicht sonderlich, denn sie war immer mit dem Thema Krieg verbunden. Jedoch schienen die Klamotten der Damen recht ansehnlich gewesen zu sein. Nachdem sie in den letzten zwei Jahren einige Kilos abgenommen hatte, konnte sie sich endlich mit Stolz in enge Röcke oder Kleider werfen. Sie war kein Model und keine 0815 Blondine, aber sie hatte ein markantes Aussehen und sie konnte sich mit dem richtigen Styling einige Männerblicke einfangen. Darauf musste man doch stolz sein oder? Warum fragte sie sich im selben Moment aber, ob Scorpius sie wieder als Besen bezeichnen würde? Sie wollte ihn beeindrucken, sie wollte, dass er sie einmal im Leben ansah und verblüfft war von ihrem Aussehen. Warum wollte sie nur, dass er sie hübsch fand? Warum zum Teufel … sie verstand es einfach nicht. Oder wollte sie einfach nicht verstehen? Wütend warf sie ein Kissen nach dem Stuhl, auf dem ihre Klamotten für die Feier hingen. Sie hatte Scorpius seit Ewigkeiten nicht gesehen und kaum platze er einige Minuten wieder in ihr Leben, löste er ein Chaos in ihr aus. Das war einfach nicht fair. * * * Es regnete in Strömen. Rose hatte ihren Schirm in der Bibliothek liegen lassen. Warum wollte ihr in solch einer Situation gerade nicht der richtige Zauberspruch einfallen? Es war vermutlich der Stress. Sie war bis vor einer Stunde noch im Saal gewesen, hatte alles mit dekoriert, als ihr aufgefallen war, das sie ihr 50er Jahre Outfit zuhause vergessen hatte. Sie hasste ihre Vergesslichkeit, dabei schrieb sie sich doch schon alles in ihren Bullet Planer – naja fast alles. Meistens… manchmal. Aber eigentlich war der Plan sowieso gewesen nochmals nach Hause zu laufen, dort Albus zu treffen, um mit ihm noch ein paar Details zu besprechen. Ob er zuhören würde, war natürlich fragwürdig. Denn Albus würde sich immer etwas sträuben, wenn es um Dinge ging, die mit seinem Bruder James zu tun hatten. Nur einen Vorteil würde sein Besuch haben, sie würde nicht alleine zurückgehen müssen. Ihr war gerade nicht nach allein sein. Und Albus Gesellschaft schätze sie sehr, da sie ihn wirklich nur noch selten sah seit er mit Scorpius nach Amerika gezogen war. Dann klingelt es plötzlich. Verwundert blickte Rose auf. Wer zum Donner wollte sie jetzt noch besuchen? Sie hatte niemanden erwartet und die Posteule hatte ihren zweiten Rundflug auch schon hinter sich gebracht. Es klingelte erneut. Rose rollte mit den Augen. Es war anscheinend dringend. Ein letzter Blick in den Spiegel. Ihre roten Lippen mussten einfach perfekt aussehen. Dann hastete sie, so schnell es ging in ihren High Heels, die Treppe hinunter. Sie hatte keine besonders große Wohnung, es waren vielleicht vierzig Quadrat. Ein kleines Zimmer in einer Dachschräge. Unten waren nur Bad und Küche. Sehr rustikal eingerichtet, sie hatte keine Spülmaschine, keinen Trockner, keine Badewanne. Nur zwei Herdplatten… Es klingelte nochmals. „Herr Gott ich komme ja schon!“, rief Rose und rannte zur Eingangstür, mit einem Schwung zog sie diese auf und rannte direkt in die Person, die anscheinend geklingelt hatte. Er hatte keinen Abstand zur Tür gelassen, sodass Rose nun mit der Nasenspitze an einem grauen Mantel klebte. Ein seltsamer Duft stieg in ihre Nase – sie kannte diesen Duft. Sie lugte nach oben und blickte in die braunen Augen des jungen Mannes, über den sie zuvor noch nachts nachgedacht hatte. Scorpius Greengrass blickte sie amüsiert an. Er trug einen alten gräulichen Hut, dazu den passenden Mantel. Fast sah er aus wie ein Inspektor aus diesen alten Filmen, die Rose ab und an bei Molly gesehen hatte. Molly liebte die 40er und 50er Jahre wirklich. Deshalb war es auch ihr Herzenswunsch gewesen, diese als Hochzeitsmotto zu nehmen. „Und wieder begrüßt du mich so stürmisch, als könntest du es nicht erwarten, in meine Arme zu fallen, Granger.“ Bei Merlin konnte er nicht einmal schweigen? Dann könnte sie ihn wenigstens still und heimlich anschmachten für sein gutes Aussehen. „Was machst du hier Scorpius?“, fragte sie skeptisch, war aber nicht einen Schritt zurückgewichen. Sein Duft war einnehmend. Scorpius zuckte lässig mit den Schultern. „Hat dir Albus keine Nachricht hinterlassen? Al meinte, er schafft es nicht, dich abzuholen. Deshalb hat er mich geschickt.“ „Was für ein Glück ich doch habe“, zischte Rose ironisch und rümpfte die Nase. Scorpius konterte sofort: „Ich weiß ich bin nicht gut genug für dich. Aber ich kann mein Leben nicht verschwenden, um dir was anderes zu beweisen.“ Anschließend spannte er einen großen schwarzen Regenschirm auf. * * * Die Qual der Wahl: Wahrheit oder Hexerei. Rose hatte dieses Spiel schon immer gehasst. Seid sie denken konnte. In der Muggelwelt gab es ein ähnliches Spiel, doch dort nahm man meistens die Wahrheit, immerhin konnten die Muggel trotzdem lügen. Doch in einer Runde voller Zauberer und Hexen, bekam jeder Teilnehmer ein magisches Armband, welches ihn verpflichtete jeden Zauberspruch zu sprechen, den man ihm oder ihr zur Pflicht auferlegt hatte, zusätzlich konnte kein Teilnehmer während des Spiels die Unwahrheit sagen. Statt einer Flasche wurden alle Spielteilnehmernamen in eine Vase geworfen. Das Prinzip der Vase war ähnlich wie die des Feuerkelches. Sie spuckte nach und nach die Zettel wieder aus, bis jeder einmal daran war, dann wurde erneut gemischt. Hieß, niemand konnte sich drücken. So etwas wie Glück das, die Flasche nie auf einen zeigte, gab es nicht. Eigentlich ein ziemlich faires Spiel, aber Rose würde liebend gerne einfach nur zusehen und aussetzen. Sie blickte durch die große Runde, und blieb wie immer kurz an Scorpius' Gesicht hängen, er erwiderte ihren Blick kurz. Schnell schaute sie an ihm vorbei, bemerkte, dass Lily ziemlich nervös aussah. Sie kaute an ihren Fingernägeln, was sie, schon seit einer Ewigkeit nicht gemacht hatte. Zudem wechselte sie dauernd den Platz. Es dauerte nicht lange, bis sie sich neben Rose gepflanzt hatte und das Spiel begann. „Was ist los, Lils?“, wollte Rose wissen, doch ein Knall erklang, und die ersten Zettel flogen aus der Vase. Es waren vier Stück. Manchmal musste man Aufgaben zusammen erledigen, manchmal alleine. Es war ein Zufallsprinzip. Albus schnappte nach den Zetteln und grinste breit. „Die ersten Spieler sind: Lily Luna Potter, Scorpius Greengrass, Fred Johnson und Rose Granger,“ rief er laut in die Runde und die Brünette zuckte zusammen. War sie verflucht? Langsam glaubte sie es wirklich. Reichte es nicht schon, dass Scorpius sie hierher begleitet hatte und ihr Herz bis zum Anschlag gepocht hatte, wie sie schweigend nebeneinander unter einem Schirm, den Weg zum Festsaal beschritten hatten? Es war ihr wie eine Ewigkeit vorgekommen und die nächsten paar Stunden hatte sie ihm wunderbar aus dem Weg gehen können, doch dann schlug Albus dieses Spiel vor. „Auf was einigt ihr euch?“, kam es von Lucy etwas genervt. Es ging ihr mal wieder nicht schnell genug. Lily zupfte dagegen unauffällig an Rose Rock. „Rosi, bitte egal was kommt, lass mich mit Freddy in eine Gruppe. Bitte“, flüsterte sie leise und ihr Blick sah fast flehend aus. Rose verstand nicht sofort und hörte dann wie Scorpius ein lautes „Hexerei“, in den Raum rief. Fred zuckte mit den Schultern „Meinetwegen“, Lily sah ihn begeistert an und nickte ebenfalls. „Was bleibt mir da noch anderes übrig?“, lachte Rose und gab stumm ihre Zustimmung. Als Fred das Wort Hexerei in die Vase warf, zischte es wieder und ein weiterer Zettel flog heraus. Lucy ergriff ihn sofort und las vor. „Teilt euch in zwei Pärchen auf“, dann pausierte sie kurz und sah zu den Spielern. Lily lächelte Rose liebäugelnd an. Unbeholfen tapste Rose zu Scorpius und Lily hastete zu Fred. „Ist erledigt!“, rief sie strahlend und Lucy las weiter vor. „Der Zauberspruch, der euch erwartet, wird euch in einen Raum verbannen. Er wird durch einen Schutzzauber gehalten, niemand kann euch hören oder helfen, bis die jeweiligen Personen miteinander rumgeknutscht haben. Für alle anderen geht das Spiel weiter, die vier Auserwählten werden erst wieder intrigiert, wenn sie die Mission erfüllt haben. … “ Rose erstarrte in ihrer Haltung und ihr wurde ganz heiß innerlich. Warum bei Salazar hatte sie Lily den Gefallen getan und Scorpius gewählt? Verdammt. Zumal sie wohl keinen Ton mehr sagen durfte, sonst würde sie ihm noch die Wahrheit erzählen, dass er sie nervös machte. Bei Helga Hufflepuff, warum waren diese Bänder mit Wahrheitsserum notwendig, selbst wenn man sich für Hexerei entschied? Sie lösten sich niemals vom Handgelenk, erst wenn das Spiel vorbei war. „Imprisonare et Osculari…“, mehr bekam Rose nicht mehr mit, dann wurde ihr schwindelig. Sie wusste nicht einmal mal mehr, wer den Zauber ausgesprochen hatte. * * * Rose erwachte mit einem starken Pochen in ihrer rechten Schläfe. Etwas irritiert blickte sie sich um und versuchte dabei ins Sitzen zu kommen. Als sie wieder einigermaßen klar sehen konnte, erschrak sie, kurz als sie bemerkte, dass zwei braune Rehaugen sie anstarrten. Jetzt erinnerte sie sich wieder an das Spiel und die dazugehörige Aufgabe. Sie musste also mit Scorpius rummachen, sonst würden sie für ewig in einem Raum gefangen sein? Hastig schaute sie zu allen Seiten. Keine Tür, kein Fenster. „Das habe ich auch schon abgecheckt, Granger. Es ist zwecklos. Das Spiel kennt keine Gnade“, lachte der blonde junge Mann, der sich dabei lässig ein paar Haare aus dem Gesicht strich. „Also bringen wir es doch einfach hinter uns.“ Rose verzog das Gesicht und verschränkte die Arme. In ihrer Magengegend rumorte es heftig und ihr Herz flackerte, aber sie durfte sich keinesfalls etwas anmerken lassen. Scorpius kam auf sie zu und streckte ihr schließlich seine Hand entgegen. Etwas überrascht erfasste Rose diese und wurde sogleich hinauf gezogen. Zu ihm. Er lächelte – bei Merlin warum lächelte er? Und das auch noch so unwiderstehlich, dass sie sich fast dabei ertappt hätte, zu seufzen. Wollte er wirklich einfach loslegen ohne Vorwarnung? Ohne ein Gespräch? Zumindest ein Kurzes? – Er wollte. Sein Gesicht kam ihrem immer näher, und leicht zog er sie mit einem Ruck näher an sich. „Ich wollte dich seit dem fünften oder sechsten Jahrgang in Hogwarts schon immer einmal küssen …“, hauchte er gegen ihre Lippen. Rose erstarrte und ihr Herz machte einen Aussetzer. Sie blickte auf seine rechte Hand, das Wahrheitsarmband war noch da, es leuchte leicht gelblich um sein Handgelenk, er sagte also die Wahrheit? Irritiert blinzelte sie und bevor er ihr noch näher kommen konnte, stellte sie die Frage, die sie vermutlich schon über ein Jahrzehnt quälte. „Du wolltest mich schon immer einmal küssen?“, sie lachte leicht gequält auf. „Ich dachte, ich bin langweilig und sehe aus wie ein Besen. Oder warum genau hast du diese Worte damals gewählt? Damit Zabini an seinen Ruf dachte vielleicht?“, es sprudelte aus ihr heraus wie ein Wasserfall. Scorpius sah sie verwundert an, er schien, als wüsste er nicht mehr genau, was er damals gesagt hatte. Wen würde es auch wundern. „Mmh, ich habe viele schlimme Dinge über dich gesagt damals“, gab er offen zu und grinste breit. Rose wollte sich vor Empörung von ihm reißen, doch er hielt sie fest, seine Lippen wanderten zu ihrem Nacken, er hinterließ eine Gänsehaut. Dann knabberte er kurz an ihrem Ohr. „Vermutlich wollte ich, dass sich kein Junge für dich interessiert. Wenn ich dich nicht haben konnte, sollte dich auch kein anderer haben.“ „Bitte was?“, völlig fassungslos taumelte Rose etwas nach hinten, doch Scorpius hielt sie gut fest. „Was für einen Unsinn redest du da Scorpius, du hast mich niemals um Date gebeten, im Gegenteil du hast mich verspottet vor anderen und -- “, doch weiter kam sie nicht, er hatte seine Lippen auf ihre gelegt. Rose durchströmte eine Flut von Schmetterlingen und Erregung, das sie wie automatisch ihre Arme um ihn legte und seinen Kuss erwiderte. Dieser Wahrheitsarmreif hatte es wirklich in sich. Anscheinend sagte man nicht nur das, was man wirklich dachte, sondern tat auch das, was man wirklich wollte, auch wenn es noch so tief in einem vergraben war. Es war, als offenbarte man seine innersten Sehnsüchte. Es war, als würde der reine Instinkt Überhand nehmen. Immer dichter drängte sich Rose Körper an seinen, seine Hände wanderten hinab zu ihrem Hintern und seine Finger pressten sich in ihr wohlgeformtes Fleisch. * * * Der Kuss wurde so abrupt unterbrochen, dass Rose gar nicht mehr wusste, wo ihr der Kopf stand. Der Zauber hatte sich gelöst und hatte sie wieder zurück in den Kreis teleportiert. Die anderen schienen nicht wirklich Notiz von ihrer Wiederkehr zunehmen, da das Spiel noch im vollen Gange war. Rose blickte sich um, von Lily und Fred war noch keine Spur, doch Scorpius erwiderte ihren Blick von dem anderen Ende des Kreises aus. Er lächelte leicht, was Rose verwirrte, ihr aber gleichzeitig ein warmes, wohliges Gefühl in ihrer Magengegend verschaffte. Sie lächelte zurück und versuchte dann seinem Blick auszuweichen, denn es machte sie mehr als nervös. Doch immer wieder konnte sie seine Blick auf ihrem Gesicht und ihrem Körper spüren. Verlegen strich sie sich eine Strähne aus dem Gesicht und als sie gerade wieder zu ihm sehen wollte, brach der Zauber des Spiels. Lily und Fred waren unbemerkt zurückgekehrt und der Letzte der Runde hatte seine Aufgaben erfüllt. Somit lösten sich die Wahrheitsbänder mit einem Windhauch in Luft auf. Rose grüne Augen trafen auf Scorpius' Braune. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich von einer Sekunde zur nächsten. Aus dem Lächeln wurde eine ernste Miene und er sah sie zunächst geschockt an, dann wütend. Rose erschrak, als er sich schlussendlich fast abwertend von ihr abwandte. Eigentlich müsste sie Genugtuung empfinden, denn immerhin hatte er ihr unter einem Wahrheitszauber ein Geständnis gemacht, was sie sich vermutlich insgeheim immer gewünscht hatte. Doch, dass er es ohne den Zauber anscheinend bereute, verletzte sie dennoch. Rose biss sich auf die Unterlippe und hörte innerlich ihr Herz brechen. Ein weiteres Mal – wie damals auf dem Abschlussball. Bei Merlin, warum musste die Welt manchmal so grausam sein? Jetzt würde sie den Rest des Abends damit verbringen ihm aus dem Weg zu gehen aber gleichzeitig vor Sehnsucht nach seinen Lippen zu zerspringen. ~*~ Ich hab mich schon gefragt, ob das so weiter geht und ich immer alleine steh. Doch heute ist der Tag an dem die Welt sich dreht und ich dir ein Teil meiner Seele geb. Deinen Namen trägt mein Schmerz. Ich spür in meinem Herz, dass es mich schon zerreißt. Es ist das was du nicht weißt. Jeder Tag wird angekreuzt, keine Nacht die ich bereu. Alles was du von dir gibst, ich hab mich in dich verliebt. ~*~ „Oh Gott Rosie, seine Lippen schmecken wie Erdbeeren. So unglaublich gut“, schwärmte Lily vor sich hin. „Ich wünschte, ich könnte ihn noch einmal küssen. Aber nicht nur auf seine Lippen, sondern überall hin. Ich würde ihn den Nacken entlang küssen, seine Brust liebkosen, dann mit meiner Zunge seinen Bauchnabel umkreisen, bis ich endlich seinen Schwanz--“, doch weiter kam sie nicht, denn Rose zischte. „Lils, ich bin überwältigt von deinen plötzlichen Gefühlen für Fred, aber ich habe gerade andere Sorgen“, etwas genervt verdrehte sie die Augen, was sie aber schon die nächste Sekunde bereute, da sie Lilys traurige Augen bemerkte. „So plötzlich sind meine Gefühle gar nicht. Ich habe es nur nie jemanden anvertraut, doch ich dachte, ich könnte dir alles erzählen. Aber du denkst wie alle anderen, die kleine Lily Luna ist zu wechselhaft, um sich wirklich zu verlieben, als ob sie jemals Liebeskummer haben wird“, prustete die Rothaarige verärgert und eine Träne kullerte über ihre Wange. Dann drehte sie sich um und verließ wütend das Zimmer. „Lily, es tut mir leid“, rief Rose ihr hinterher, aber sie hörte schon die Türe knallen. War sie wirklich so blind gewesen die letzte Zeit? Hatte Lily wirklich Liebeskummer? Wegen ihres Cousin Fred? Rose rieb sich die Stirn und seufzte laut auf. Sie war ein schrecklicher Mensch. Sie war doch sonst so empathisch, doch seid Scorpius wieder in ihren Gedanken war, ging einfach alles schief. Sie fühlte sich wie ein komplett anderer Mensch. War sie eine Egoistin? Oder waren diese Gefühle einfach zu viel für sie? Vielleicht erging es ihr nicht anderes als Lily. Sie hätte mit jemanden darüber sprechen sollen. Es hatte sich zu viel angestaut. Das Chaos der Gefühle musste enden … doch wie? Sie wusste es nicht. * * * Schon wieder hatte sich ein Sommerregen nach Großbritannien verirrt. Es passte irgendwie zu ihrer Stimmung. Sie sortierte lustlos ein paar neue Bücher in die Regale und sah ab und zu aus einem kleinen Fenster nach draußen. Es waren fast zwei Wochen seit der Hochzeit vergangen und sie hatte keine Nacht wirklich gut geschlafen. Ihre Gedanken hingen die meiste Zeit an Scorpius, und ab und an auch an Lily, die sich auch nicht mehr gemeldet hatte. Sie hatte öfters versucht, mit Albus etwas zu unternehmen, in der Hoffnung, dass sein bester Freund ihn begleiten würde. Doch immer wieder war Albus allein gekommen. Scorpius hatte stets eine Ausrede gehabt. Er wollte sie nicht sehen. Wie oft ein Herz nun brechen konnte, wusste sie jetzt. Täglich aufs Neue. In tausend Einzelteile. Dann klingelte es plötzlich. Rose war nicht nach Kundschaft zu Mute, aber sie musste ihre negativen Gefühle beiseiteschieben. Immerhin war diese Bibliothek immer ihr Traum gewesen. Sie kletterte die Leiter herunter und zupfte an ihrem Rock, dann marschierte sie nach vorne zur Theke. Wen sie dort erblickte, erfüllte sie mit Glück und Hass zugleich. „Greengrass, was tust du hier?“, versuchte sie so abweisend wie möglich zu klingen, doch es gelang ihr nicht so recht. „Ich wollte mich verabschieden“, gab er kühl wieder und sah sie dabei nicht an. Er starrte auf den kaputten Fußboden. Rose sah ihn irritiert an. „Was meinst du damit? Wo ist Albus?“, fragte sie ihn und verschränkte die Arme. „Mein Flug nach Amerika, er ist heute Nacht. Albus wollte noch ein paar Tage bleiben. Also denke ich, er verabschiedet sich später von dir.“ Rose traf seine Nachricht wie ein Messerstich. Er wollte fort? Ihre Hände ballten sich leicht zu Fäusten und knackten. „Du hast dich die letzten zwei Wochen nicht blicken lassen. Also warum machst du dir jetzt die Mühe, dich bei mir zu verabschieden? Und das sogar persönlich?“ Ihre Stimme klang leicht gereizt, ob er es bemerkte, wusste sie nicht. Er sah sie immer noch nicht an. „Entschuldige, du hast recht, das war dumm von mir“, mit diesen Worten kehrte er ihr den Rücken zu. Rose durchfuhr ein Schauer. Die Eingangstür fiel zu. Ihr Herz raste, doch diesmal nicht vor Sehnsucht, sondern vor glühender Wut. Sie verstand diesen Mann einfach nicht, aber sie wollte ihn verstehen. Es war eine Kurzschlussreaktion, als sie ihm hinterher lief. Sie hatte nicht an das Wetter gedacht, doch es war ihr egal. Sie spürte den warmen Sommerregen, den sie sonst vermutlich als angenehm empfunden hätte, kaum, nur ihren blanken Zorn. „Bleib sofort stehen Scorpius!“, schrie sie ihn an. Und er blieb stehen. Doch er drehte sich nicht um. „Was sollen diese Spielchen? Wir sind nicht mehr in Hogwarts, wir sind erwachsen“, schrie sie noch lauter. Wieder bewegte er sich nicht. Doch er antworte ihr: „Welche Spielchen?“ Roses Gesicht wurde feuerrot, er glühte fast. „Du erzählst mir unter einem Wahrheitszauber, dass du mich schon immer einmal küssen wolltest und dann ignorierst du mich. Was stimmt den mit dir nicht? … Oder mit mir?“ Zunächst schwieg er. Sie konnte einen tiefen Atemzug vernehmen, als er sich endlich zu ihr umdrehte. „Rose“, begann er flach und vermied es, immer noch, sie direkt anzusehen. „Ich kann dank des Zaubers nichts leugnen, das ist mir bewusst, deswegen verdränge ich diese mögliche Zukunft. Das ist das Beste für mich… und dich.“ „Von welcher Zukunft sprichst du?“, nun verstand die ehemalige Weasley wirklich nichts mehr. Was er von sich gab, ergab überhaupt keinen Sinn. „In einer Zukunft, wo dich frage, ob du endlich mit mir ausgehst. In einer Zukunft, wo ich dir gestehe, dass ich vermutlich schon seit der sechsten Klasse, auf dich stand, du davon so gerührt bist, dass alles bestens mit uns läuft und wo du dann erwartest das wir heiraten und Kinder kriegen, und ich dir dann sage, dass ich keine will, weil meine Mutter an einem Blutfluch gestorben ist und ich das Risiko meinen Kindern niemals antun würde und…“, doch dann wurde er unterbrochen. „Ich kann keine Kinder bekommen. …“, ihre Worte brachten ihn völlig aus der Fassung. „Ein Medimagier hat es mir vor ein paar Jahren gesagt. Ich bin unfruchtbar. Die Zauberei ist noch nicht soweit um eine 100%ige Heilung ohne Nebenwirkungen anzubieten und da ich sowieso nie lange Beziehungen hatte oder aus diesem Grund verlassen wurde, habe ich mich damit abgefunden.“ „Das… tut mir leid“, wisperte er und nun war sie es, die ihren Blick abwandte, doch er konnte die Tränen in ihren Augen sehen. „Ich kann verstehen, wenn du deshalb weinen musst, es muss dir nicht peinlich sein“, versuchte er sie zu beruhigen, doch Rose schien fast empört. „Ich weine nicht, weil ich keine Kinder kriegen kann, es gibt auch Adoptionen, du Idiot. Ich weine, weil der einzige Typ, dem meine Unfruchtbarkeit sogar entgegenkäme und in den ich wahrscheinlich schon mein ganzes Leben lang verknallt war, mich wohl niemals zu einem Date einladen wird, weil er stolz ist, etwas in seinem Leben zu verändern.“ Sie hielt sich ihre Hände vor Gesicht. Es tat einerseits so gut die Wahrheit endlich auszusprechen, anderseits überkam sie ein peinlicher Scham. Doch ehe sie sich abwenden konnte, spürte sie, wie ihre Hände auseinander gedrückt wurden. „Es ist kein Stolz“, flüsterte Scorpius fast und blickte in ihr verweintes Gesicht. „Ich habe einfach Schiss“, gab er offen zu und dann versuchte er leicht zu lächeln. „Vor was sollte ein reicher gut aussehender Erbe wie du Angst haben?“, hauchte Rose ihm entgegen und nun musste er grinsen. Doch es dauerte nur einen Moment, dann wurde seine Miene wieder ernst. „Ich habe Angst verlassen zu werden. Es gab nicht viele Frauen in meinem Leben, die mir wichtig waren. Eine davon war meine Mutter. Die andere warst du, die nervige Cousine meines besten Freundes.“ „Nervig?“, erwiderte Rose fast schmollend. „Warum stehst du dann seit Ewigkeiten angeblich auf mich, wenn ich so nervig bin?“ „Ich schütte dir gerade mein Herz aus und du bist trotzdem nur am Meckern, deswegen weiß ich beim besten Willen nicht, warum ich dich liebe, aber ich tue es.“ Rose wollte gerade wieder ein Widerwort geben als sie realisierte, was er ihr gerade gestanden hatte. Er liebte sie? Mit großen Augen sah sie ihn an. „Bitte sag mir, dass das kein Traum ist und ich gleich aufwache“, ihre Stimme zitterte fast. Unbewusst legten sich ihre Hände auf seine Brust. Das er ebenfalls keinen Schirm dabei hatte, bemerkte sie erst jetzt und plötzlich spürte sie den Regen wieder, er war angenehm warm, fast heiß, jeder Teil ihres Körpers kribbelte. Sie musste dringend dafür sorgen, dass Lily dieses Gefühl auch erleben durfte. ~*~ Ich war wehrlos und ohne Chance. Dein Blick. Dein Schein. Nichts wird mehr so aufregend sein. Alles was für mich zählte, war diese Zeit. Ich hoffe sie hält an. Bist du für mich bereit? Jede Zeile die du sagst. Die Berührung die du magst. Ein Pulsschlag in meinem Herz. Die Sehnsucht die mich verzehrt. Dein Lächeln, das mich reizt. Ich sag dir jetzt oh verzeih, durch das was du mir gibst, hab ich mich in dich verliebt. ~*~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)