Eine Nacht mit Folgen von Fayetale ================================================================================ Kapitel 2: Wandfresko --------------------- Kapitel 2: Wandfresko Kagome seufzte auf und raffte die Schultern. Kami, ihr tat alles weh. Wieso hatte sie nur diesen fürchterlichen Muskelkater in den Schultern? Wieso taten sich das Menschen nur freiwillig an, diese Sexgeschichte, wenn einem danach alles weh tat. Zwei Tage war es nun her und sie fühlte sich, als hätte man sie völlig ausgesaugt. Sie brauchte dringend mal einen freien Tag. Aber zuerst musste sie die nächste Rate ihres Kredites bezahlen. Einen Kredit den sie nie hätte abschließen sollen. Und den keine Bank mit ihr hätte abschließen dürfen. Aber sie brauchte damals ein neues Fahrrad und hatte zuvor grade eine hohe Medikamentenrechnung bezahlt. Würde die Bank herausfinden, dass sie überhaupt keinen festen Job hatte, dann müsste sie den ganzen Betrag auf einmal zurückzahlen müssen. Und einen vierten Job konnte sie beim besten Willen wirklich nicht in ihrem Zeitplan unterbringen. Sie fuhr mit ihrem Fahrrad entlang der Hafenpromenade und bog dann auf einen Industriehof ab. Es war laut, es roch nach Hafen und ihre Wohnsituation war ein rostiger, wenn auch ausgebauter Container. Es war besser als in einem dieser Wohnkapseln schlafen zu müssen. Oder wie vor zwei Jahren in einem dieser Internetkaffees. Immerhin hatte sie jetzt ihr eigenes Bett. Und wenn es so weiterging, könnte sie sich womöglich ein kleines Bad einrichten. Dann müsste sie nicht immer ins Fitnessstudio zum Duschen. Ein Blick auf ihre Uhr verriet ihr, dass sie noch zwei Stunden hatte, ehe ihr nächster Job anfing, also wechselte sie schnell die Kleidung, machte sich mit Feuchttüchern frisch und band ihre Haare zu einem Dutt zusammen. Das würde wieder eine lange Nacht werden, befürchtete sie und warf deshalb prophylaktisch eine Schmerztablette ein. Gläser und Getränke in einem überfüllten Nachtclub austragen war mit Muskelkater sicher kein Vergnügen. Schnell ein paar Chips essend verließ sie ihren Container und schwang sich aufs Fahrrad. Nichts ahnend, dass ein paar Meter hinter ihr, sich ein breiter Geländewagen aus einer Reihe parkender Autos aufmachte und ihr folgte. Ihr Weg führte die junge Frau unweigerlich an dem Tempel ihrer Familie vorbei. Ein Umstand den sie jedes Mal auf neue belastete. DAS Ereignis lag bereits ein paar Jahre zurück, schmerzen tat es noch genauso wie in dem Moment, als sie im Krankenhaus nach drei Monaten Koma die Augen wieder geöffnet hatte. Und wie immer, wenn sie an dem Schrein ihrer Familie vorbeifuhr, hielt sie kurz an, blickte die Treppe hinauf. Sie wusste nicht genau was sie erhoffte zu sehen. Zumal sie jedes Mal fürchterliche Angst hatte ihrer Mutter oder ihrem Bruder zu begegnen. Doch es war zu einer Art Ritual gewesen. Als Wäre es eine Art Mahnmal für sie geworden. Es war einfach zu viel passiert. Zu viel wurde gesagt. Beide Seiten hatten sich gegenseitig zu sehr verletzt, als dass die junge Frau noch willkommen wäre. Sie war einfach kein Teil mehr dieser Familie. Und auch wenn sie manchmal Sehnsüchtig an früher dachte half es nicht darüber hinweg, dass sie niemals mehr zurückkönnte. Ihr Arbeitstag verlief indes relativ Ereignislos. Die paar betrunkenen Touristen waren harmlos und schnell „bearbeitet“. Die Security des Clubs arbeitete meistens hervorragend. Und ihr lief auch nicht wieder ein reicher Geschäftsmann über den Weg, der sie danach in seiner unterkühlten Stadtwohnung entjungfern würde. Allerdings beobachtete eine ihrer Lieblingskolleginnen sie misstrauisch. Sookie war eigentlich gebürtige Amerikanerin mit chinesischen Vorfahren, lebte allerdings mit ihrem Mann seit drei Jahren in Tokio und pflegte einen lockeren Kontakt zu Kagome. Oberflächlich zwar, aber immerhin war sie nicht so verstockt wie manche japanische Altersgenossin. Sookie hatte sich die rabenschwarze Haare zu zwei Schnecken hochgesteckt und trug wie immer eines ihrer hautengen Outfits, die zwar dem Clubstandard entsprachen, wenn es um die Farbgebung ging. Schwarz und Weiß. Jedoch eigentlich nicht wirklich geeignet waren, um darin zu arbeiten. Sookie war auch diejenige die Kagome das Konzept des Trinkgeldes erklärte. Zuerst fand sie es merkwürdig für ihre Arbeit noch extra Geld zugesteckt zu bekommen, da es für sie selbstverständlich war ihren Job gut zu erledigen. Doch die vielen Touristen die in dem Club einkehrten zahlten gerne einen kleinen Obolus drauf, wenn das Lächeln besonders nett war oder die schlagfertige Antwort besonders lustig. Ihre Lieblingskollegin bekam da zwar deutlich mehr, was sicher auch ihrem Outfit geschuldet war, aber Kagome freute sich über ein paar Yen extra im Monat sehr. Manchmal entschied dies darüber, ob sie sich eine neue Bluse leisten konnte und gleichzeitig etwas zum Essen im Kühlschrank hatte. Sie wäre also ziemlich dumm, wenn sie das Geld nicht annehmen würde. Besagte Kollegin hatte scheinbar grade nicht viel zu tun, da sie sich neben Kagome, die gerade Whiskey in ein Regal abstellte, an die Bar lehnte und sie mit vor der Brust verschränkten Armen musterte. Kagome warf ihr einen kurzen Seitenblick zu und rollte mit den Augen: „Kann ich dir irgendwie helfen“? Sookie biss sich auf die Unterlippe und neigte den Kopf: „Also ich weiß ja nicht, irgendwas ist anders mit dir“. Die Japanerin schüttelte den Kopf, stellte die letzte Flasche Whiskey ins Regal und hob den Karton vom Boden auf: „Was soll schon sein“? Sookie drehte sich ihr gänzlich zu und beschrieb mit der rechten Hand einen Kreis vor sich in der Luft: „Keine Ahnung, du hast so diesen Glow“. „Glow“, äffte Kagome etwas unmotiviert nach und zuckte dann mit den Schultern. „Ich habe nur gut geschlafen“. Was eine glatte Lüge war. Sie schlief seit diese Sexgeschichte nicht wirklich gut. „Ach was“, schüttelte Sookie den Kopf und riss dann die Augen auf. „Du. Hast. ES. Getan“. Dabei betonte sie jedes Wort als wäre das die Erkenntnis des Jahrhunderts. „Was, ES?“ fragte Kagome nach, wobei sie sehr wohl wusste was Sookie meinte. „Naja, ES. Du hattest Seehex“, antwortete Sookie in einen etwas überspitzt freudigem Singsang. „Oh mein Gott, wer war es“? „Was“, fragte sich Kagome eher selbst und vergaß dabei, dass Sookie nicht nur gutes Trinkgeld bekam, weil sie so enge Outfits trug, sondern weil sie ihr Gegenüber wahnsinnig schnell durchschaute. Denn dann riss sie die Augen auf und hielt Kagome an den Schultern fest, betrachtete die Japanerin mit weit aufgerissenen Augen, einem breiter werdenden Grinsen und stellte dann fest: „Oh, mein, Gott. Es war dieser Geschäftsmann, wie hieß er noch gleich? Takemitsu Takahashi“! Kagome rollte mit den Augen, stieß einen undefinierbaren, abwehrenden Laut aus und wurde glücklicherweise von einem Gast gerettet. Leider neigte sich die Nacht dem Ende zu und die Gäste verließen nach und nach den Club. Bis Sookie sie letztlich auf dem nach Hause weg ausquetschte. Kagome versuchte ihr bestes, der Sookie Inquisition zu entkommen, wich ihren Fragen weitestgehend aus, gab aber wahrscheinlich mehr Preis als ihr wahrscheinlich lieb war. „Und wirst du ihn wiedersehen“, hakte Sookie letztlich nach ein warf ihrer Kollegin einen angespannten Blick zu. Diese schüttelte den Kopf: „Das habe ich nicht vor“. Sookies Blick wurde etwas traurig, dann zuckte sie mit den Schultern: „Tja, ist wohl auch besser so. Wir armen Schlucker passen da wohl kaum rein, in das Leben dieser elitären reichen Geschäftsleute.“ Dann verabschiedete sie sich mit einer unjapanischen Umarmung und bog rechts ab, während Kagomes Weg weiter geradeaus führte. Diese warf den obligatorischen Blick die steinerne Treppe ihres Familientempels hinauf, ehe sie weiterfuhr und bei sich im Container erschöpft aufs Bett fiel. Einen Tag frei. Das wäre doch mal was. Der folgende Tag führte sie zuerst ins Fitnessstudio, zum einen, weil sie sich erhoffte durch etwas Muskeltraining den Muskelkater los zu werden und zum anderen, weil sie sich die Haare waschen wollte. Schwitzend trat sie unter den heißen Strahl der Dusche und war froh das ihr Wunsch den Muskelkater durch Training los zu werden tatsächlich gefruchtet hatte, zum anderen weil sie diesen kleinen Luxus einer heißen Dusche genoss. Es ließ sie fast vergessen was sie vor ein paar Tagen erlebt hatte und war froh über ihren tristen, routinierten Alltag. Ihr Fehltritt mit diesem Geschäftsmann, würde sie nicht aus der Bahn werfen, soviel stand fest. Und in ihrem Hinterkopf stellte sich der Gedanke ein, dass die ganze Geschichte eigentlich gar nichts so schlimm gewesen war. Ja meine Güte, sie hatte Sex. Sie kannte diesen Mann nicht, es war toll, sie hat überlebt, das Leben ging weiter. Sie glaubte nicht daran ihm jemals wieder über den Weg zu laufen und dieser Gedanke erleichterte sie ungemein. Auch wenn sie sich fragte, wieso sie sich überhaupt darauf eingelassen hatte. Immerhin war das für sie völlig untypisch gewesen. Aber was geschehen ist, ist nun mal geschehen. Sie musste sich damit abfinden, basta. Auf dem Weg nach Hause hielt sie mit ihrem Fahrrad bei ihrer Poststelle an, eine weitere ihrer allwöchentlichen Routine, da sie wohl kaum in einem Industriegebiet einen Wohncontainer anmelden konnte, hatte sie ihre Postadresse in einem Postfach angegeben. Dies kostete sie zwar jeden Monat Geld, aber das war allemal besser als jeden Monat das dreifache an Miete zahlen zu müssen. Doch jetzt musste sie schockiert feststellen, dass sie ihren Ausweis nicht finden konnte. Und den brauchte sie, ehe sie den Raum mit den Postfächern betreten konnte. „Scheiße“, fluchte sie und schüttelte dann ungläubig den Kopf. Wo hat sie den nur wieder gelassen? Ihr schwante fürchterliches. Und ihr schwante noch schrecklicheres. Sie müsste einen neuen Pass beantragen. Dazu bräuchte sie ihre Geburtsurkunde. Und die hatte ihre Mutter. „Fuck“, fluchte sie erneut. „So ein unschönes Wort aus deinem Mund zu hören überrascht mich“, hörte sie plötzlich eine bekannte unbekannte Stimme hinter sich sagen. Ihr lief es eiskalt den Rücken hinab. Hatte sie sich nicht grade wieder in Sicherheit vor einem Wiedersehen gewähnt? Wie in Zeitlupe drehte sie sich herum und blickte in die dunkelbraunen, beinahe schwarzen Augen von Takemitsu Takahashi. Kami, wieso? Besagter Fremder neigte den Kopf und hatte dieses merkwürdige unergründliche Lächeln drauf, welches ihr schon in dem Club vor ein paar Tagen aufgefallen war. Und welches sie irgendwie fasziniert hatte: „Welch ein Zufall dich hier anzutreffen, Kagome Higurashi“. Der kalte Schauer der ihr über den Rücken lief, ließ sie beinahe erschaudern. Diese Stimme. Diesen bedrohlichen Unterton hatte sie jedoch vorher nicht wahrgenommen. „Wirklich“, hakte sie etwas ungläubig nach und neigte den Kopf. War er vor ein paar Tagen auch schon so groß gewesen? Er deutete auf eines der breiten Neubauten zu seiner linken: „Das wird eines meiner neuen Bürokomplexe und als ich dich hier sah fiel mir ein, dass du bei mir etwas verloren hast. Zu blöde das ich es zu Hause liegen habe“. Kagome nickte, biss sich auf die Unterlippe während sie seiner Erklärung zuhörte und runzelte dann die Stirn: „Sie haben meinen Ausweis“? Der Mann nickte nur und deutete dann auf den breiten Geländewagen hinter sich: „Ich bin froh das ich ihn dir nicht per Post zugeschickt habe, da hätte sich die Katze ja in den Schwanz gebissen. Kommst du“? Wieso zum Henker tat sie was er sagte, als sie sich in Bewegung setzte? Hatte sie nicht erst beschlossen keinem wildfremden Mann mehr hinterher zu folgen? Gut, technisch gesehen war er ja nicht mehr wildfremd. Aber trotzdem. Kurz hielt sie inne, jedoch nur um ihr Fahrrad an einer Laterne anzuschließen und folgte ihm dann zum Auto. Irgendeine teure europäische Marke. Natürlich. Er öffnete ihr die Beifahrertür und der obligatorische, Ledergeruch schlug ihr entgegen. Das Auto roch sogar teuer. Welch eine Überraschung. Die Fahrt führte sie einmal quer durch die Stadt und offensichtlich nicht zu seiner Wohnung: „Haben sie nicht gesagt, dass sie meinen Ausweis zu Hause haben“? Nickend lenkte er den Wagen auf eine Schnellstraße: „Ich wohne außerhalb der Stadt in den Tokioer Bergen. Die Wohnung nutzte ich nur selten“. „Aha“, erwiderte sie etwas einfallslos und warf dann einen nervösen Blick auf ihre Armbanduhr. „Hast du es eilig“, fragte er während er das breite Fahrzeug wieder von der Schnellstraße lenkte und eine von engen Serpentinen geprägte Bergstraße führte. „Ich muss heute Abend noch zur Arbeit“, antwortete sie wahrheitsgerecht und klammerte sich dann noch nervöser an den Griff der Beifahrertür. Er fuhr ihr zu schnell. Hätte sie einen Blick zu ihm gewagt, dann hätte sie sein beinahe boshaftes und zugleich zutiefst zufriedenes Lächeln gesehen. Erneut führte er den Wagen eine Abzweigung entlang und jetzt war der Weg nicht einmal mehr befestigt, sondern bestand aus einem Schotterkiesgemisch. Kami. Er würde sie vielleicht nicht ermorden, aber so wie er fuhr, fuhr er womöglich sie beide zu Tode. Eine Weile später, Kagome wusste nicht genau wie lang die Fahrt gedauert hatte, bog er erneut ab, sie hatte längst aufgegeben sich den Weg zu merken, und durchquerte ein im Wald verborgenes Tor. Als sie das Waldstück durchquert hatten eröffnete sich jedoch eine ganz neue Perspektive. So sah scheinbar echter Reichtum aus. Das Haus war riesig. Leider war sie keine Architektin die genau sagen konnte, welchen Baustil sie da genau vor sich sah. Auf sie wirkte es wie ein Mix von Neu und Alt. Das Dach war eindeutig Japanisch, doch die Fassade wirkte beinahe wie aus einem Disneyfilm. Wenn beim näheren Hinsehen jedoch erkennbar war, dass die Türen und Fenster Schiebeelemente waren. Eine breite Steintreppe führte auf das Eingangspodest und kaum hatte er den Wagen abgestellt, öffnete sich bereits die Tür und zwei Männer traten zu ihnen heraus. Den einen erkannte sie wieder, sie war ihm vor ein paar Tagen in der Lobby der Stadtwohnung begegnet. Der andere war etwas größer und älter. Und hatte einen Blick drauf, als hätte man er noch nie in seinem Leben gelächelt. Bevor Takemitsu ihr die Tür öffnen konnte, war Kagome bereits ausgestiegen und atmete einmal tief durch. Der Duft von sommerlicher Waldluft wirkte befremdlich und doch merkwürdig vertraut auf sie. Sie betrachtete das Haus mit geneigtem Kopf und gerunzelter Stirn. „Ich hatte noch nicht mit deiner Rückkehr gerechnet Cousin“, sagte der Mann aus der Lobby und blickte dann zu Kagome. Takemitsu nahm sie bei der Hand und führte sie die Treppe hinauf: „Ich würde Frau Higurashi gern wieder in den Besitz ihres Ausweises bringen“. Sagte dieser gelassen, wenn Kagome auch nicht das Gefühl loswurde, dass er irgendetwas unter diesem bedrohlichen Unterton verbarg. Der Cousin nickte, was sie jedoch nicht mitbekam, da sie mit offenem Mund und in den Nacken gelegten Kopf, das drei Geschossige Gebäude emporblickte. Erst als der Cousin ihr die Hand reichte und sie begrüßte, realisierte sie, dass er ihr gerade etwas gesagt hatte. „Wie bitte“, hakte sie nach und blinzelte ein paar Mal. „Beeindruckend, nicht wahr“, fragte er erneut und lächelte warm. „Aber glauben sie mir, drinnen ist es noch beeindruckender.“ Er sollte diesbezüglich recht behalten. Der Eingang verband erneut Alt mit Neu. Die Wände zierten etliche imposante traditionelle Wandmalereien, selbst die Decke war voll damit. Dass wiederum stand im Kontrast mit einem modernen Grundriss und moderner Technik. Sie entdeckte neben dem Eingang eine in den Wandeingelassene Tafel, die Überwachungsbilder des vorderen Grundstücks zeigten. Der Boden bestand aus poliertem dunklen Holz, doch zu ihrer Überraschung unternahm keiner der Männer Anstalten sich die Schuhe auszuziehen. „Wir halten es hier europäisch“, sagte der Cousin schließlich und nickte dann Takemitsu zu: „Ich würde ja gerne weiterplaudern, aber ich habe noch ein paar Dinge zu erledigen.“ Nun ja, geplaudert hatten sie kaum, aber immerhin hat er ihr ein bisschen das Gefühl gegeben, dass Takemitsu doch so etwas wie Normalität umgab. Sie waren eben auch nur Menschen. Steinreiche zwar, aber immerhin. Takemitsu nahm sie indes wieder bei der Hand und bedeutete mit der linken, dem Trauergesicht ihnen nicht zu folgen. Dieser nickte nur, und drehte sich auf dem Absatz um. Kagome hatte nicht mal ein Zucken auf dessen Gesicht wahrnehmen können. Der Hausherr führte sie eine breite Treppe hinauf, einen Gang hinab in ein überdimensionales Zimmer, das zum Garten hinausführte. Die Schiebeelemente waren aufgeschoben und boten einen atemberaubenden Blick über den dämmernden Wald. Dies wirkte in dem übergroßen Saal, dessen Decke sicherlich nochmal ein Geschoss weiter oben Anfing, wahrscheinlich beeindruckend Doch ihre wirkliche Aufmerksamkeit galt etwas anderem. Zu ihrer Linken spannte sich ein Wandbild auf, das über die gesamte Raumhöhe und beinahe die gesamte linke Wand reichte. Die goldenen, roten, schwarzen und weißen Fäden des Wandbildes zeigten die Szenerie eines brennenden Schlosses oder Dorfes, so genau konnte sie es nicht erkennen. Dafür baute sich ein riesiger wütender weißer Hund auf, in dessen weißen Fell sich der Schein des Feuers wiederspiegelte. Zu seiner linken Pfote befand sich eine junge Frau, gekleidet in einem edlen Kimono, mit pechschwarzen Haaren, die ihre Hand nach dem gewaltigen Hund ausstreckte, als wolle sie diesen besänftigen. Ohne es wirklich mitbekommen zu haben, ließ Kagome ihre Hand nur wenige Zentimeter über dem Waldbild schweben, zu groß war die Furcht das Bild zu beschädigen. Ihre Fingerspitzen glitten beinahe liebevoll über das Antlitz der jungen Frau, während sich ein knoten in ihrer Brust bildete. „Rin“, flüsterte sie für sich ehe ihr Blick dem gewaltigen Hund galt. Sie erkannte ihn wieder. Diese Zeichnungen, diese Augen. Sesshoumaru. Sie machte einen unwirschen Schritt Rückwärts und schloss die Augen. Überwältigt von der Sehnsucht ihr altes Leben wieder führen zu können, und dem merkwürdigen Gefühl diesem alten Leben in diesem Bild wieder so nahe zu sein, wie schon seit Jahren nicht mehr. Sie brauchte ein paar Atemzüge, ehe sie sich wieder dem Hausherrn zudrehen konnte. Dieser beobachtete sie genau. „Ein beeindruckendes Wandbild, eines meiner wertvollsten Besitztümer“, sagte er und deutete dann auf eine Sitzgruppe ein paar Schritte zu seiner linken. Kagome räusperte sich: „Was stellt es dar“? Er ließ sich nieder, schlug das linke Bein über das rechte, lehnte sich zurück und neigte den Kopf: „Verrate du es mir“. Kagome sah nur zögerlich erneut zu dem Bild, beinahe befürchtete sie, sie würde sich von dem Bild und den Gefühlen übermannen lassen. Doch zu ihrem eigenen erstaunen baute sie eine unterkühlte, beinahe analytische Mauer um sich auf: „Ich bin kein Kunstexperte, aber das was ich früher in der Schule gelernt habe zeigt es sicherlich einen InuKami mit seinem Schutzbefohlenen“. Takemitsu legte einen Zeigefinger auf seiner Unterlippe, musterte sie kurz eher er „Rin“, erwähnte. „Was hat es damit auf sich“? Kagome zuckte mit den Schultern, äußerlich darauf bedacht sich nichts anmerken zu lassen: „Keine Ahnung, mir ist nur kalt“. „Und du bist so gepolt, dass du dies äußerst, indem du einen altertümlichen japanischen Frauennamen erwähnst“, hakte er nach. Seine Augen haben sich kaum merklich verengt, doch in seiner Stimme schwang Unglauben mit. „Nun gut, er bedeutet ‚kalt‘ ungewöhnlich ist es trotzdem, da es eben genau diese Person zeigt“. Kagome sah erneut zu dem Bild, wusste nicht ob man ihr ihre Gefühlsregung nun ansehen konnte oder nicht. Sie hatte es also richtig erkannt. Der Knoten in ihrer Brust zog sich weiter zu. Schluckend zuckte sie mit den Schultern: „Und in welchem Verhältnis stand diese Rin zu dem InuKami“? Takemitsu neigte erneut den Kopf, musterte sie wieder und meinte schließlich: „Es handelt sich hierbei um den Herrscher der Hunde, den letzten großen Daiyoukai, Sesshoumaru“. Kagome hob die Augenbrauen: „Ah.“ „Eine traurige Geschichte“, fuhr Takemitsu fort und wirkte einen kurzen Moment ehrlich bedrückt. „Ja das ist es wirklich“, flüsterte die junge Frau und suchte eine Sitzposition die irgendwie gemütlich, aber nicht zu vertraut war. Doch ihr Blick glitt immer wieder zu dem Bild. „Tatsächlich“? hakte er nach. Kagome nickte indes: „Es ist schon merkwürdig. Ein so mächtiges Wesen wie er, müsste es doch bis in die heutige Zeit geschafft haben. Aber wieso hört man von ihm nichts mehr“. Seufzend neigte sie den Kopf, schluckte erneut und meinte mehr zu sich selbst als zu ihm: „Was würde ich alles geben für nur einen Moment“. Nun war es an ihm erneut zu fragen: „Wie meinst du das“? Kagome zuckte zusammen, schüttelte dann den Kopf und blickte den Mann vor sich an: „Es sind Familien zerbrochen auf der Suche nach einem Weg, zu dem was er repräsentiert“. Ihre Worte waren kryptisch gewählt, doch sein Blick schien, als würde er sie ganz genau verstehen. Plötzlich überkam Kagome der Wunsch zu fliehen. Dieser übergroße Raum, war plötzlich viel zu klein. Ohne es wirklich beeinflussen zu können, sprang sie auf: „Ich würde ja wirklich gerne weiter über die Vergangenheit reden, aber ich habe noch etwas zu tun“. Nickend erhob er sich: „Natürlich, komm.“ Erneut nahm er sie an der Hand, führte sie auf den Gang hinaus und eine weitere Treppe hinauf. Dieses Mal geleitete er sie in ein Zimmer zur anderen Seite des Anwesens, welches scheinbar als Arbeitszimmer diente. Fast hätte sie erleichtert ausgeatmet, wenn ihre Aufmerksamkeit nicht erneut von etwas zu ihrer Linken gelenkt wurde. Dieses Pulsieren… Ohne ihn zu fragen trat sie an eine wandhohe Vitrine heran, fuhr mit den Fingerspitzen über die gespannte Seide der Verkleidung. Spürte die Unebenheiten der Stickerei unter ihren Fingern. „Öffne es“, hörte sie diese dunkle bedrohliche Stimme sagen und sie gehorchte. Ohne es zu wollen füllten sich ihre Augen mit Tränen. Vor einem verspiegelten Rücken, waren drei Schwerter aufgebahrt. Tensaiga zu Oberst, darunter Bakusaiga und zuletzt … „Tessaiga“. Erneut hob sie die Hände, immer darauf bedacht die Schwerter nicht zu berühren, aus Angst sie würden sich in Luft auflösen. Der Knoten in ihrer Brust zog sich so fest zusammen, dass sie aufschluchzen musste. Ihre mühsam aufgebaute Fassade fiel buchstäblich in sich zusammen und als sie sich umdrehte blickte sie in goldene Augen… *** Ich hoffe das Euch dieses Kapitel gefallen hat. Es ist ein bisschen "all over the place" geworden, zeigt aber wie ich finde ganz schön auf, wie Kagomes Leben abläuft. An späterer Stelle wird dies noch einmal verdeutlicht. Den Cliffhanger konnte ich mir ehrlich nicht verkneifen. Lasst ein Kommi da :-D Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)