Miraculous Ladybug ~ Wahre Lügen von Sparkis ================================================================================ Kapitel 11: Irgendwann ist auch nur ein Wort -------------------------------------------- ~Marinette~ ---------------- Geknickt huschte die Bluenette die nasse Straße hinunter. Es tat weh! Warum tat es weh? Das Chloe an Adrien hing war doch nichts Neues. Das machte sie doch bei jeder sich bietenen Gelegenheit. Heute war es mal wieder soweit gewesen. Aber musste das sein, wenn Marinette nicht ausgeschlafen, noch nicht gefrühstückt und sich so sehr darauf gefreut hatte Adrien zu sehen? Das geschah ihr Recht! Sie war ihren Gefühlen untreu geworden. Ihr Herz, welches nur für ihren Schwarm schlagen sollte, verzehrte sich nun auch nach diesem frechen Kater… genau in diesem Moment mehr den je. War Chat Noir etwa doch ein Trostpflaster für sie? Genau jetzt begann das Mädchen zu zweifeln. So schön waren die Küsse gewesen. So wohl hatte sie sich gestern in den Armen des jungen Mannes im Catsuit gefühlt. War das nun die Strafe? Sie wollte nicht weinen. Marinette sah Adrien doch nicht zum ersten Mal mit einem anderen Mädchen. Egal ob Chloe, Lila oder Kagami… obwohl, da war die Blondine noch das kleinste Übel. Adrien und Chloe waren nur Freunde… gute Freunde seit Kindertagen. Und sie? Marinette war auch nur eine gute Freundin… es war wie Dornen in ihrem Herzen. Stechend bei jedem Schlag. Eilig huschte das Mädchen durch die Eingangstüre zur Bäckerei und schloss den tropfenden Regenschirm. „Na schon zurück Cherie!“ begrüßte sie ihre Mutter und sah zu ihrer Tochter. Augenblicklich stoppte Sabine Cheng das Einräumen der Theken, stellte das Tablett ab und kam zu ihrem Kind um sie in den Arm zu nehmen. „Ma Cher, was ist passiert? Du bist ja völlig aufgelöst.“ Marinette war es nicht aufgefallen, doch die Tränen liefen ihr übers Gesicht. Haltsuchend schmiegte sie sich an ihre Mutter, die ihr tröstend über die Haare strich. „Was ist passiert?“ Führsorglich sanft waren die Worte, doch die Bluenette konnte nur den Kopf schütteln. Sie konnte ihrer Mutter keine Antwort geben. Marinette verstand selber nicht warum sie weinte. „Gut,“ sagte Sabine „geh nach oben. Ich komme gleich nach. Du willst sicher nicht, dass Papa dich so sieht, oder? Er regt sich immer gleich so übertrieben auf.“ Jetzt schmunzelte das Mädchen und musste dabei hicksen. Ja es war wirklich besser wenn Tom Dupain nichts mitbekam, also löste die Bluenette sich dankbar von ihrer Mutter und schlich an der Backstube vorbei nach oben. Der Bäckermeister sang gerade voller Inbrunst die französische Nationalhymne, als die Tür ins Schloss fiel. „War das Marinette?“ flötete Tom Dupain und seine Frau schaute in den hinteren Raum der Bäckerei: „Ja, ich mach ihr schnell das Frühstück zurecht. Übernimmst du kurz den Laden?“ „Natürlich Cherie!“ Und sofort grölte der riesige Mann eine imposante Version von Aux Champs Elysées. Sabine schüttelte amüsiert den Kopf. „Marinette, ist alles in Ordnung?“ Tikki flog aus der geblümten Umhängetasche und kuschelte sich an die Wange ihrer Freundin. Die Bluenette hatte sich in der Küche an den Thekentisch gesetzt und schniefte nickend: „Ich weiß auch nicht Tikki… ich weiß nicht warum ich weine.“ „Wegen Adrien und Chloe?“ Natürlich wusste ihr Kwami sofort Bescheid. Doch warum traf es Marinette so? Das wollte sie doch gar nicht. „Es fällt mir immer noch schwer… ihn so zu sehen… mit einer Anderen… dabei hab ich gar kein Recht darauf so zu empfinden. Ich muss mich damit abfinden… irgendwann wird er eine Freundin haben… und ich… ich werd es nicht sein…“ Augenblicklich fluteten sich wieder die hellblauen Augen und Marinette sackte auf den Tisch zusammen, um in ihre verschränkten Arme zu weinen. Das kleine rote Geschöpf umarmte das Mädchen und vergrub das Schnäutzchen in den Blauschwarzen Haaren. Was sollte sie nur tun? Wie die Hoffnungslosigkeit ihrer Besitzerin schwächen? „Marinette… aber es war doch nur Chloe… wir kennen sie doch… du weißt, sie ist eben so…“ Die Bluenette zog die Nase hoch: „Ich weiß… aber ich… ich hab ihn einfach angesehen… und… irgendwann wird da ein anderes Mädchen an ihm hängen… und er wird sie umarmen… und anlächeln… ich weiß es.“ Tikki schwieg. Ihr fehlten die Worte. Zu gern hätte sie Marinette nun gestanden, dass der kleine Marienkäfergeist es besser wusste. Sie die Identität hinter der schwarzen Maske kannte und somit dessen Gefühle sowohl für Ladybug, als auch inzwischen ihrer Freundin. Aber das durfte sie nicht und vor allem konnte sie es nicht. So blieb Tikki nur, dem traurigen Mädchen beizustehen so gut sie eben konnte. Auf dem Flur waren Schritte zu hören. Der Kwami gab unfreiwillig sein Trösten auf und verschwand wieder in der Umhängetasche, als Marinettes Mutter hereinkam. Sabine Cheng baute sich in der Küche auf als wäre sie bereit für die Schlacht: „So Cherie, jetzt ersticken wir die Tränen mit einem guten Frühstück. Was hältst du von Crêpe mit Eis? Viel Eis!“ Marinette wischte sich über die Augen und musste lachen. Proppen satt und mit etwas gehobener Laune erschien Marinette noch vor dem Läuten in der Schule. So früh aufzustehen hatte Vorteile, wenn nicht gerade ein Akuma in der Stadt sein Unwesen trieb. Innerlich auf alles gewappnet betrat die Bluenette ihr Klassenzimmer und bekam einen riesigen Schreck. In der ersten Reihe neben Nino saß… Adrien? Nein… nicht der Echte… Nino hatte sein Pappedouble fertiggestellt und anscheinend aufgegeben, das Gesicht halbwegs vernünftig zu modellieren und stattdessen ein hochwertiges Fotos ausgedruckt. PappAdrien lehnte nun auf dem Schreibtisch und starrte auf die Tafel. Verstört schlich Marinette daran vorbei, ignorierte Chloe, die mit ihrer morgendlichen Überraschungsaktion prahlte und rutschte zu Alya in ihre Reihe. „Na? Schreck verwunden?“ grinste die Rothaarige und ihre Freundin schüttelte entsetzt den Kopf. Alya lehnte sich über den Tisch nach vorne und schlug ihrem Freund von hinten gegen den Kopf: „Na Prima, Lahiffe! Jetzt hast du Marinette zerbrochen!“ Schuldbewusst feixte der junge Mann und lehnte sich zurück: „Ist gut geworden nicht? Fast wie echt“ „Aber nur fast!“ Das Mädchen mit der Hornbrille lachte, wandte sich dann aber wieder ihrer Freundin zu: „Alles gut bei dir? Du siehst… sagen wir nicht ganz fit aus.“ Marinette packte ihre Tasche aus und nuschelte: „Hab nicht gesschlafen.“ „Wie bitte? Was war das?“ „Ich hab nicht geschlafen!“ Viel zu Laut hingen die Worte der Bluenetten in der Luft und einen Moment lang sahen all ihre Klassenkameraden zu ihr. Gleich darauf begann Chloe schallend zu lachen und mit Sabrina zu lästern. Alya legte ihrer Freundin kameradschaftlich einen Arm um die Schultern. „Du Arme,“ unterstützte sie die Rothaarige „zu viele Ideen für den Wettbewerb? Dann schlage ich vor, der erste Kaffee geht heute auf mich! Nino, du zahlst!“ „Wieso ich?“ echauffierte sich der junge Mann mit Basecap. Alya lachte: „Weil ich es sage!“ Spät an diesem Nachmittag schleppte sich Marinette nach Hause. Ihre Freundinnen hatten sie nach der Schule noch in den Kunstraum geschleift um sie bei den Ideen für den Designerwettbewerb zu unterstützen. Da die Bluenette nicht zugeben wollte, warum sie heute eigentlich schlecht drauf war und nicht mal Alya wusste, dass sie nun Gebäck zu Adrien lieferte, war Marinette darauf eingegangen. Zum Glück war ihr Zusammentreffen heute Morgen sogar für Chloe zu unwürdig um darüber herzuziehen. Oder hatte die Blondine sie in der Früh gar nicht bemerkt? Schließlich hatte sie nur Augen für Adrien gehabt. Wieder zog sich in dem Mädchen mit den Zöpfen alles zusammen. Sie erreichte die Bäckerei und begrüßte ihre Eltern lachend. Sie sollten sich keine weiteren Sorgen machen. Sabine Cheng musterte ihre Tochter eindringlich, ließ es aber im Moment auf sich beruhen. Vielleicht auch, weil gerade mehrere Kunden im Laden standen. Also ging die Bluenette nach oben in ihr Zimmer und warf sich auf die Chaiselongue. Ein bekanntes Stimmchen drang an ihr Ohr: „Alles in Ordnung, Marinette?“ Die Angesprochene drehte den Kopf und sah zu ihrem Kwami, welche eine besorgte Miene im Gesicht hatte. Dankbar lächelte das Mädchen: „Ja Tikki. Ich glaube ich komm klar… bin nur schrecklich müde!“ „Dann solltest du dich ausruhen!“ bestimmte das kleine rote Geschöpf und lehnte sich gegen seine Freundin. Natürlich hatte sie Recht, doch allein bei dem Gedanken an all die Hausaufgaben, die Marinette heute bekommen hatte wurde ihr schlecht. Wie sollte sie all das schaffen? Hausaufgaben? Schlafen? Für den Wettbewerb planen? Und natürlich Ladybug sein? Etwas viel für ein Mädchen allein. Wenigstens war sie heute nicht mit der Patrouille dran, also blieb ihr ein wenig Zeit. Ob der Kater diesmal wirklich wieder kommen würde? Wie in Trance schob sich ihre Hand nach oben und die Bluenette berührte ihre Lippen. Was war sie doch für eine Heuchlerin? Gerade noch trauerte sie dem einen jungen Mann nach und schon verzehrte sie sich nach dem anderen. Dieses hin und her würde sie noch verrückt machen. Wenn Marinette es nicht längst schon war! Das Mädchen mit den Zöpfen seufzte, packte das kleine Sofakissen und legte es sich über den Kopf. Sie hatte Kopfschmerzen von all dem Denken und heulen. Das laute Prasseln des Regens gegen ihr Fenster weckten sie. Schlaftrunken setzte sich Marinette auf und blickte sich orientierungslos um. Wann war sie eingeschlafen? In ihrem Zimmer war es ganz finster. Grummelnd rieb sich das Mädchen übers Gesicht. Licht. Sie musste Licht machen. Nur schwer gewöhnten sich ihre übermüdeten Augen an die Dunkelheit. Tapsig stand die Bluenette auf und ging auf den Schalter zu… und stolperte prompt über ihren Teppich. Mit einem Aufschrei verlor Marinette das Gleichgewicht, erwartete die Landung auf den harten Boden und wurde aufgefangen. „Hoppla, nicht so stürmisch Prinzessin.“ An der Stimme konnte man genau hören, dass Chat Noir die Situation belustigte. Mit Kraft zog er das Mädchen wieder in einen sicheren Stand und ließ sie dann los. Die Bluenette hörte wie er sich entfernte und gleich darauf wurde das Licht angeschaltet. Geblendet schlug sich Marinette die Hände vor die Lider und rieb sich den Schlaf heraus. Langsam gewöhnte sie sich an die Helligkeit und blickte zu dem Kater, der grinsend an dem Dachbalken lehnte, welcher das Zimmer in zwei Bereiche teilte. „Chat? Was machst du schon hier? Es ist doch erst…“Ihre Augen suchten nach der Uhr und plötzlich war das Mädchen hellwach. „Oh Gott! 23Uhr vorbei?“ Verwirrt sah sie wieder zu ihrem Verbündeten. „Seit wann bist du da?“ Noch breiter feixend kam Chat Noir auf sie zu: „Schon eine Weile. Weißt du, dass du im Schlaf redest?“ Marinette lief knallrot an: „Gar nicht wahr!“ Der Kater nickte mit dem Kopf hin und her und zuckte mit den Schultern: „Ok, war gelogen. Aber du sabberst!“ Ob das nun wirklich besser war wusste Marinette nicht. Die Scham tropfte ihr aus dem Gesicht und am liebsten hätte sie das fiese Grinsen des jungen Mannes mit den Katzenohren ihm wieder ins Gesicht gedrückt. Stattdessen drehte sie sich weg und löste ihre Zöpfe. Vom Schlafen drückte der Gummi auf einer Kopfseite. „Du hättest mich wecken können!“ Sie spürte wie der junge Mann hinter sie trat und durch die nun gelöste Frisur fuhr: „Ich hab es beim letzten Mal ganz versäumt zu sagen, aber die offenen Haare stehen dir ausgesprochen gut.“ Ein Schauer fuhr Marinette durch den Körper und sie drehte sich langsam um, sah Chat Noir in die Augen. Er lächelte, doch nicht mehr gehässig, sondern zärtlich und… besorgt? „Du hast geweint?“ Woher wusste der Kater das? Waren ihre Augen etwa immer noch gerötet? Das war doch unmöglich. Ein ganzer Tag lag zwischen den Geschehnissen am Morgen und jetzt. Vermutlich war die Bluenette nur vom schlafen etwas verquollen. Sie wollte nicht, dass sich ihr Partner auch noch Sorgen machte, also schüttelte das Mädchen den Kopf: „Ich hab bis eben geschlafen…“ Chat Noir zog die Augenbrauen hoch und kam lauernd näher. Begleitet von dem plätschernden Geräusch des Regens. „Ich spüre genau, wenn du schwindelst. Was ist passiert?“ Ertappt zuckte Marinette zusammen. Schuldbewusst sanken ihre Schultern nach unten und ihr Kopf an die Brust des Pariser Helden. „Warum tut es so weh?“ flüsterte das Mädchen mit den schwarzblauen Haaren und der junge Mann mit den Katzenohren purrte fragend. Konnte Marinette ihrem Verbündeten wirklich alles erzählen, wie er es ihr angeboten hatte? Oder würde sie ihn damit wieder verschrecken? Obwohl er scheinbar dasselbe Emotionschaos in sich hatte? Gefühle für zwei Personen… „Ich… ich hab heute Morgen wieder Backwaren ausgeliefert… und Adrien hatte bereits Besuch… von… egal… Es tat einfach weh ein Mädchen in seinem Arm zu sehen. Irgendwann wird das wirklich was ernstes sein… und die Vorstellung… sie traf mich… und es tat so weh… egal wer es sein wird… das ich es nie sein könnte… diese Erkenntnis… es tut weh…“ Trauer ballte sich in Marinettes Brust zusammen, schob sich nach oben, belegte ihre Stimme und drückte auf die Tränendrüsen, doch sie schluckte es tapfer hinunter. Chat Noir hatte seine Hände auf ihre Schultern gelegt und still zugehört. Gleich bekam das Mädchen ein schlechtes Gewissen: „Chat… es tut mir leid… jetzt jammere ich schon wieder… ich weiß ich bin selber schuld. Wäre ich nur mutiger…“ Wie musste es für ihren Verbündeten sein, der ihr erst gestern gestanden hatte, dass er neben Ladybug nun auch etwas für sie empfand, nun die Geschichte ihrer unerwiderten Liebe anzuhören? Das war dem Kater gegenüber nicht fair. Egal ob er ihr gesagt hatte, dass sie ihm immer alles erzählen könne… sicher wollte er nicht ihr Geschmachte über Adrien hören. Doch plötzlich nahm er sie fest in die Arme. Überrascht legte Marinette ihm die Hände auf den Rücken und schloss die Augen. Diese Umarmung tat ihr gut, so unglaublich gut und der Kloß in ihrem inneren löste sich auf, machte Platz für ein anderes viel wohligeres Gefühl. „Entschuldige dich nicht!“ bestimmt klang die Stimme Chat Noirs. „Wäre er nur halb so stark wie du, hätte er längst verstanden, was er an dir hat. Du bist so besonders, Prinzessin…“ Wie meinte er das? Und warum musste er so verständnisvoll sein? Wieso hatte Marinette als Ladybug sich nicht schon früher die Mühe gemacht, unter die oberflächliche, stets frech flirtende Fassade des jungen Mannes mit den Katzenohren an ihrer Seite zu blicken? Warum tat dieser Gedanke nun auch weh? „Ich versteh dich…“ sprach Chat Noir weiter „Ladybug hat mir einst gesagt, dass sie in einen anderen Jungen verliebt ist. Bis heute frage ich mich, warum ich nicht er sein kann. Warum ich egal wie ich mich anstrenge, sie nicht beeindrucken… ihr Herz nie erreichen kann…“ Seine Worte waren wie zusätzliche Stiche. Marinette verstärkte die Umarmung, wollte ihm und sich selber Halt geben. Ja sie war eine Heuchlerin, sich selber und Chat Noir gegenüber. Sich von dem jungen Mann trösten zu lassen, der in ihr anderes ich verliebt war… wie unglaublich gemein von ihr. Der Kater seufzte. Man konnte hören, dass das war er als nächstes sagte ihm sehr schwer fiel: „Prinzessin… vielleicht… vielleicht hattest du gestern Recht… vielleicht trösten wir uns doch mehr, als wir zugeben wollen… weil wir… wir so unglücklich verliebt sind.“ Also doch. Marinette hatte es befürchtet. Aber jetzt wo ihr Partner es aussprach verletzte es die Bluenette mehr, als sie geahnt hatte. „Und… wäre das schlimm?“ Eine schüchterne Frage. Chat Noir schob sie von sich weg und blickte in die traurigen Augen des Mädchens. Seine Miene war unglücklich. Er dachte nach und schließlich flüsterte er: „Ich will dich nicht so sehen… ich bin mir sicher, dass an meinen Gefühlen für dich nichts falsches ist… aber…“ „Aber es ist viel passiert… mir geht es genauso… ich will glauben, dass ich dich mag… sogar mehr als das…“ beendete Marinette den Satz und lächelte unsicher. Betreten sahen die Beiden sich noch eine Weile an. Dann zuckte es in ihren Mundwinkeln. Wieder und wieder und plötzlich begannen sie schallend zu lachen. Noch immer prustend verschloss die Bluenette den Mund von dem Kater: „Sheeescht… meine Eltern schlafen sicher…“ Doch es half nichts. Sie lachte ebenso weiter. „In was für eine Situation sind wir nur geraten?“ Mit Lachtränen in den Augen ließ sich Chat Noir auf die Chaiselongue fallen. Marinette wischte sich ebenfalls über die Augen: „Ich weiß nicht… vielleicht sind wir einfach Beide liebeskranke Trottel.“ „Dabei so liebenswert!“ Stolz und voll Überzeugung warf sich der Kater in die Brust und das Mädchen kicherte wieder. Ziemlich aufgekratzt gestand sie aber schließlich: „Das würde ich ja gerne vertiefen… aber ich muss dringend noch Hausaufgaben machen. Und wenn ich an die Uhrzeit denke und daran wann ich morgen aufstehen muss, wird mir richtig schlecht!“ Chat Noir lehnte sich vor auf seine Knie: „Oh? Benötigst du etwa Hilfe? Glaub mir ich atemberaubend gut aussehender Kater bin auch bei Schularbeiten der strahlende Ritter in glänzender schwarzer Rüstung.“ Sofort prustete Marinette erneut los und musste sich den Bauch heben. Mit einer beleidigten Schnute griff der Kater nach ihrem Arm und zog sie unter sich auf das Sofa. „Du wagst es mich auszulachen? Ich dachte du bist eine Jungfer in Nöten!“ Keck grinste das Mädchen ihn an: „Jungfer vielleicht, aber in Nöten sicher nicht.“ Schon lachten sie wieder. Sie waren einfach unmöglich. Alberten herum wie kleine Kinder, obwohl ihre Situation so ernst war. Doch… das war auch gut so, oder? „Ok… Spaß beiseite.“ Grunzte der Kater. „Möchtest du, dass ich dir schnell bei den Hausaufgaben helfe? Ich bin gut, ehrlich!“ Das wusste Marinette. Wie oft hatte Chat Noirs unvermutetes Fachwissen ihnen aus brenzligen Situationen geholfen… oder erst in welche gebracht, bzw. kam teilweise nur unnützes Wissen dabei raus. Egal wie, der Kater hörte sich bei Missionen scheinbar zu gern selber reden. Egal ob es passend war oder nicht… Aber, dachte die Bluenette, wenigstens würde es nicht langweilig werden. „Es wäre mir eine Ehre mich in deinem allwissenden Glanz zu sonnen!“ Chat Noir hörte den ironischen Ton sofort heraus und griente: „Werd bloß nicht frech Prinzessin!“ Würden sie je wieder aufhören zu lachen? ~Adrien~ ------------- „Und dann setzt du die Zahl hier ein und voila! Fertig!“ Sie lagen bäuchlings auf Marinettes Bett über Mathebuch und Heft. Stöhnend rollte sich das Mädchen herum und blieb wie erschlagen liegen. Chat Noir betrachtete ihr angestrengtes Gesicht und lächelte. Es hatte Spaß gemacht Marinette die Aufgaben zu erklären. Sie war aufmerksam und wissbegierig. Ihr etwas zu erläutern fiel leicht. Nun hatten sie es geschafft und die letzte Hausarbeit war beendet. Der Kater rutschte näher an die Bluenette heran: „So schlimm?“ Mühsam nickte Marinette und schüttelte gleich darauf den Kopf: „Dank dir nicht. Allein hätte ich Stunden gebraucht… und vermutlich trotzdem nichts verstanden.“ Ihre Worte machten ihn stolz. Lernen war für Adrien Routine geworden. Gute Leistungen Alltag. Sein Kopf hatte Systeme geschaffen, wie er schnell sich neues Wissen aneignen konnte. Alles nur um den Ansprüchen und Forderungen seines Vaters zu genügen. Vielleicht mal ein Lob zu erhalten. Doch es war zu einer Selbstverständlichkeit geworden und der Blonde hatte Lesen und Lernen nun auch als Weg aus seinem goldenen Käfig in die Freiheit gefunden. Er reiste in seiner Fantasie an ferne Orte und konnte auch die hiesigen Sprachen, einfach weil er sich dafür interessierte. Zum ersten Mal aber machte es ihn glücklich, soviel gelernt zu haben und dieses Wissen nun mit der Bluenetten zu teilen. Chat Noir lehnte sich an ihre Seite und begann zu schnurren, als sie ihre Arme um seinen Kopf legte. Hier wollte er sein. Genau hier in diesem Moment. Morgen konnte es anders sein, doch der Kater verspürte absolute Zufriedenheit. „Danke Chat!“ flüsterte Marinette in seine blonden Haare und zufrieden grinste der junge Mann: „Gerne Prinzessin.“ Ruhig bleiben sie beieinander liegen und lauschten den Topfen auf dem Dachfenster, bis sich das Mädchen mit den schwarzblauen Haaren mit einem unfreiwilligen Laut rührte. Mit einem traurigen Gesichtsausdruck setzte sie sich auf und sah auf den Pariser Helden hinab, der sich auf die Seite gelehnt hatte um zu ihr aufzuschauen. „Es ist sehr spät…“ Die Müdigkeit sprach aus ihrer Stimme und Chat Noir verstand. Nach der letzten Nacht war er auch nicht gerade fit, dann der verkorkste Morgen, welcher ihm immer noch quer im Magen lag und auch der Tag war vollgestopft gewesen mit Terminen zur Vorbereitung auf die Fashion Week. Sein Vater wollte nichts dem Zufall überlassen. Also hieß es Ausdrucks- und Lauftraining und natürlich den Unterricht bei Natalie, nachdem er die Hausarbeiten von Direktor Damocles schon alle erledigt hatte. Was für drei Wochen sein sollte, arbeitete Adrien mal eben in wenigen Stunden ab. Gähnend setzte sich der Kater auch auf und lehnte auf seinen Armen: „Verstehe ich das richtig als Rauswurf?“ Marinette sah ihn an, als hätte er etwas Unmögliches gesagt: „Das würde ich niemals sagen… nur, dass es eben spät ist… und wir Beide schlafen sollten.“ Artig schob sie die Hefte und Ordner zusammen und machte mit den Büchern einen Stapel, den sie neben ihrem Bett auf den Boden abstellte. Mit der Hand vor dem Mund gähnte sie nun ebenfalls und stand auf: „Ich muss ins Bad… möchtest du hier bleiben?“ Eine scheue Frage, denn natürlich hatte sie nicht vergessen, was zuletzt passiert war, als sie sich näher gekommen waren. Chat Noir allerdings hatte tatsächlich nicht die geringste Lust sich jetzt in die feuchte Nacht aufzumachen. Wie eine Katze warf er sich zurück auf die Decke und streckte sich quer über das ganze Bett: „Darf ich wirklich?“ „Wenn du dich benimmst ja!“ lachte das Mädchen und stand schon auf den Stufen der Treppe die von der Galerie hinab führten. Der Kater grinste schalkhaft: „Ich kann für nichts garantieren…“ wurde aber von seinem eigenen Gähnen unterbrochen. Anscheinend reichte das der Bluenetten als Sicherheit, denn sie tapste nach unten und verschwand durch die Luke in die Wohnung ihrer Eltern. Zufrieden rollte Chat Noir auf die Seite und betrachtete die Bilder von sich an Marinettes Pinnwand. Ihre Worte von vorhin waren ihm wieder nahe. Ihre Angst ihn jemals mit einem anderen Mädchen zu sehen. Die zarte Eifersucht in der verzweifelten Stimme. Der Schmerz der unerwiderten Liebe… Marinettes gequältes Leiden tat dem Kater weh. Zu gerne würde er sie auffangen und ihr Mut zusprechen, doch was würde dann passieren. Konnte er als Adrien ihr wirklich gerecht werden? Der Bluenetten wirklich die Verbundenheit geben, die sie sich ersehnte? Chat Noir wünschte es sich, in diesem Moment mehr, als er je zugegeben hätte… aber da war seine hoffnungslose Liebe zu Ladybug, die ihn ebenfalls von Innen aufzufressen drohte. Die der junge Mann nicht aufgeben konnte und es irgendwie auch nicht wollte. Zeit… er hatte der gepunkteten Heldin Zeit zugesagt, wollte warten ob sich ihre Gefühle irgendwann zu seinem Gunsten ändern würden. Was war er nur für Träumer? Der Blonde schloss die Augen und sah den Blick seiner Klassenkameradin vor sich, als sie heute früh in der Tür gestanden hatte. Das ansonsten strahlende hellblau fahl, die Lippen verkniffen… und das nur weil seine Kindheitsfreundin sich einen üblichen Überheblichkeitsanfall erlaubt hatte. Zwanzig riesige Blumensträuße als sogenannte Aufmunterung. Was sollte Adrien damit? Sein Vater war darüber ebenfalls nicht erfreut gewesen. Kaum war Chloe rausbugsiert und Adrien auf seinem Zimmer, konnte er den Herrn des Hauses brüllen hören. Der Gorilla hatte daraufhin die schönen Blumen in den Container hinter dem Haus geschmissen. Es hatte den jungen Mann nicht gekümmert, weil er immer an Marinette denken musste. An den Schock in ihrem Gesicht. Das tat dem jungen Model leid. Gerade ihr wollte er keinen Kummer machen. Die Luke ging auf und der Kater hörte die Bluenette nach oben kommen. Sie trug ihren Schlafanzug, eine hellrosane Freizeithose und ein weißes, pink gepunktetes Top mit schwarzen Trägern. In der Hand trug sie einen Teller. „Hast du Hunger? Meine Mutter hat für mich Sandwiches gerichtet. Scheinbar wollte sie mich zum Abendessen rufen… aber ich hab zu tief geschlafen.“ Marinette stellte den Teller auf dem Bett ab und setzte sich daneben. Unter Frischhaltefolie, neben einem kleinen Salatsträußchen standen vier dreieckige belegte Sandwiches und allein bei deren Anblick lief Chat Noir das Wasser im Mund zusammen. „Wenn ich bei dir bin, hab ich immer Hunger.“ Gestand der junge Mann und pfrimelte mit den krallenbewährten Handschuhen an der Folie herum. Was stimmte. Zuhause konnte das beste Essen auf dem Tisch stehen, doch Adrien verspürte keinen rechten Appetit. Dabei wurden die Speisen extra für ihn zubereitet von ihrem hauseigenen Spitzenkoch. Abgestimmt auf einen strickten Ernährungsplan, den der Blonde als Model einhalten musste und ihn trotzdem mit allen nötigen Nährstoffen versorgte. Lag es an der Gesellschaft der Schwarzblauhaarigen? Diese lachte gerade selig: „Greif ruhig zu. Ich hab schon Zähne geputzt.“ Das ließ sich der Kater nicht zweimal sagen. Unter Marinettes glücklichen Augen, weil es ihm so schmeckte wurde der Teller leergefegt. Katzenmanierlich schleckte sich Chat Noir die Finger rein, fuhr mit dem Handrücken über seine Wangen und leckte auch diese ab. Natalie würde ihn lynchen, würde sie je erfahren, was Adrien außerhalb der Mahlzeiten alles verputzte. Die Bluenette nahm den Teller an sich und stellte diesen neben ihre Schulbücher auf den Boden. „Meine Mutter hat mal zu mir gesagt, junge Männer haben immer Hunger, weil sie wachsen. Mädchen würden immer hübscher und Jungen stärker um sie zu beschützen.“ Ihre Worte klangen irgendwie nostalgisch. Der Kater streckte sich: „Wirklich? Ich finde Mädchen brauchen keine Beschützer, sondern Unterstützer. Man kann schön und stark gleichzeitig sein. Nimm Ladybug zum Beispiel. Oder noch viel wichtiger mich! Ich bin super stark und unwiderstehlich gutaussehend!“ Gekonnt spielte er mit seinen Muskeln und Marinette musste lachen. Ihr Lachen war so schön. Chat Noir hätte es sich ewig ansehen können. Doch plötzlich wurde ihm eine Zahnbürste unter die Nase gehalten. „Voila Monsieur! Ich hab noch eine unbenutzte im Schrank unten gefunden. Bring sie aber bitte wieder mit hoch. Damit meine Eltern sie nicht finden. Ich werde sie hier deponieren.“ Der junge Mann mit den Katzenohren war baff und starrte auf die knatschpinke Zahnbürste in seinen Pfoten, verstand den Wink und schlich ebenfalls ins Badezimmer. Bei seiner Rückkehr war es bis auf die Nachttischlampe im Zimmer dunkel und die Bluenette lag auf einer Seite ihres Bettes. Monoton prasselte der Regen auf die Dachluke und tauchte alles in eine heimelige Stimmung. „Ich hab die Bürste auf deinen Schreibtisch gelegt, in ein Taschentuch gewickelt.“ Chat Noir setzte sich an den Bettrand und betrachtete das Mädchen mit sanften Augen. Sie nickte müde und klopfte dann neben sich auf die Matratze. Schnurrend kam der Kater der Aufforderung nach und merkte ebenfalls wie die Schwere der Müdigkeit nach ihm griff, kaum dass er ruhig auf dem Rücken lag. Ein paar Atemzüge war es still im Zimmer. „Prinzessin?“ flüsterte der Blonde. „Hmm?“ „Ich… ach nichts.“ Chat Noir rollte sich auf die Seite und rutschte näher an die bereits fast eingeschlafene Bluenette heran. Umsichtig löschte er die Lampe und besah sich die entspannten Gesichtszüge dank seiner Nachtsichtigkeit. Dann legte er ihr einen Arm um die Schulter und augenblicklich kuschelte sich Marinette an seine Brust. Glücklich gab sich auch der Kater dem Schlaf hin. ~Marinette und Adrien~ -------------------------------- Der Morgen kam unliebsam schnell. Unbarmherzig klingelte der Handywecker der Bluenetten, die unwirsch danach angelte. Doch zu ihrem Frust fiel das nervig laut surrende Gerät vom Bett und vibrierte auf dem kleinen Stück Boden weiter, über welches die Galerie neben dem Bett noch verfügte. Verschlafend murrend schob das Mädchen sich unter den Armen von Chat Noir hervor, der auch nicht die geringsten Anstalten machte sich zu rühren und förderte schließlich das Smartphone nach oben und beendete die Tortur. Oben in der Ecke war das Symbol einer neuen Nachricht. Gähnend ignorierte sie Marinette, ließ sich wieder nach hinten fallen und landete auf dem Kater, der überrascht aufkeuchte. Obwohl sie noch so müde war, brachte das die Bluenette zum lachen. Verschlafen arbeitete sich der Pariser Held in eine sitzende Position und betrachtete den Schalk auf seinem Schoß, der mit amüsierten Blick den seinen suchte. „Du hast Glück, dass du so niedlich bist…“ grummelte der Kater morgenmuffelig und streckte sich ausgiebig. Verspielt nutzte Marinette diesen Moment, rutschte herum und zwang den jungen Mann mit ihrem Gewicht auf seiner Brust wieder in die Kissen. Grinsend lag sie auf ihren Händen und betrachtete sein erstauntes Gesicht. Doch keine Sekunde später hatte Chat Noir sich gefangen und griente ebenfalls frech: „Oha, so mutig heute Prinzessin? Hab ich was verpasst?“ „Nö!“ lachte Marinette und strich mit dem Zeigefinger die Konturen im Gesicht des Katers nach und stupste ihn auf die Nase. „Ich mag es einfach, neben dir aufzuwachen.“ Eine Aussage, die dem jungen Mann einen roten Schimmer auf die Wangen legte. Genau denselben welcher auch bei dem Mädchen zu finden war. Langsam erhob sich eine krallenbewerte Hand und verwob sich mit den schwarzblauen Haaren auf dem Hinterkopf von Marinette. Mit einem undeutbaren Ausdruck im Gesicht stemmte sich Chat Noir wieder auf dem anderen Arm in die Höhe, legte den Kopf schräg, verstärkte seinen Griff und nahm den Mund der Bluenetten in Besitz. Diesmal hatte Marinette den Kuss erwartet… insgeheim auch erhofft und gab sich dem wohligen Schauer hin. Allerdings machte sie das Gefühl an ihrem Oberschenkel nervös. Der Kater zog sie noch mehr an sich und machte es unmöglich, dass die Bluenette seine Erregung ignorierte. Unruhig legte das Mädchen ihrem Verbündeten die Hände auf die Schultern und drückte sich etwas ab. Unwillig löste der junge Mann sich von ihr und sah Marinette fragend an. „Dein… dein Stab…“ stammelte die Schwarzblauhaarige und der Pariser Held fasste irritiert an seinen Rücken und überprüfte seine Waffe. Dann erhellte die Erkenntnis sein Gesicht und mit einem selbstsicheren Grinsen schnurrte er wieder näher: „Oh… dieser Stab! Ich hatte dir doch gesagt… das ist morgens normal… und…“ Damit lehnte er über ihre Schulter und wisperte in das Ohr der Bluenetten, welches wie ihre Wangen rot glühte: „…deine Nähe… dein Geruch… du weißt, was das mit mir macht. Ich hab dir gesagt… ich kann für nichts garantieren… Mein Herz schlägt wie wahnsinnig in deiner Gesellschaft. Ich kann nicht mehr klar denken… Sag mir Prinzessin… was ist das nur?“ Marinettes bekam eine Gänsehaut. Alles kribbelte und zu ihrer Nervosität mischte sich eine ihr neue Aufregung und… auch Neugier. Wie sollte sie auf Chat Noirs Frage antworten? Wusste sie selber doch nicht was da passierte. Oder besser versuchte sie es nicht zu verstehen? Eigentlich verstand die Bluenette genau, doch war sie dafür bereit? Waren sie Beide dafür bereit? Der Kater klang so selbstbewusst… war das weil er ein junger Mann war? Marinette hatte öfters schon die Jungen ihrer Klasse sich über Sex unterhalten hören. Großkotzig und prahlend… überhaupt nicht so, wie sie es sich vorzustellen wagte. Alya hatte mal gesagt, Jungs seien eben so. „Ich… ich hab Angst…“ flüsterte das Mädchen mit den schwarzblauen Haaren und legte ihre Arme um den Hals des jungen Mannes, der die Umarmung wie automatisch erwiderte. Sie wollte es gar nicht, vor allem weil sie doch erst gedacht hatte, sie wäre darüber hinweg… doch die Erinnerung an die Art wie die akumatisierten Menschen und Chat Noir die Dunkelhaarige in ihrer Verwandlung letzte Woche angefasst hatte, auch wenn er dort nicht bei Sinnen gewesen waren mischte sich mit ihrer Unsicherheit. Wollte sie das wirklich? Natürlich… aber konnte die junge Frau sich nach all den Ereignissen der vergangenen Tagen einfach fallen lassen? Die negative Erfahrung quasi überschreiben? Sie hatte Angst. Ihr Puls raste und sie wollte den Kater nicht anblicken. So sah Marinette auch nicht wie dieser überrascht in den Raum sah und sich verlegen mit einer Kralle an der Nase kratzte. Dann schloss er wieder seine Arme um das Mädchen und vergrub das Gesicht in ihren Haaren. Tief zog er ihren Geruch ein. Als er seine Stimme wiedergefunden hatte klang er gar nicht mehr selbstgefällig: „Prinzessin… ich… ich auch…“ Verwirrt sah die Bluenette Chat Noir nun doch an, der mit Schamesröte zur Seite blickte. Warum sollte er Angst haben? Doch ehe sie eine Frage in der Richtung stellen konnte rief ihre Mutter von unten aus der Wohnung. Beide jungen Menschen rutschten hektisch auseinander. Sie hatten völlig die Zeit vergessen. „Ah… äh… die Lieferung… ich muss… ich muss los.“ Marinette stand auf und stolperte die Treppe zu ihrem Zimmer hinab. Chat Noir kratzte sich am Hinterkopf und blieb auf dem Bett sitzen, bis ihm seine Ohren signalisierten, dass das Mädchen angezogen war. Dabei rieb er sich die rote Farbe aus dem Gesicht. „Kannst… kannst du die Zahnbürste noch verstecken?“ rief die Bluenette, als sie in ihre Schuhe schlüpfte und schon fast bei der Bodenluke war. Der Kater, welcher gemächlich die Treppe runterkam nickte und fragte gleichzeitig: „Warum?“ Marinette versuchte hoffnungslos ihr offenes Haar zu bändigen, kam nochmals auf den Pariser Helden zu und gab ihm wie selbstverständlich ein Küsschen auf die Wange: „Damit meine Eltern sie nicht finden. Meine Mutter kommt manchmal zum aufräumen oder Wäsche suchen nach oben.“ Lächelnd legte Chat Noir eine Hand auf die Wange wo eben noch ihre Lippen gelegen waren: „In Ordnung!“ „Danke!“ Die Bluenette hatte sich Notgedrungen nun einen Pferdeschwanz gemacht. Wieder war sie bei der Luke angelangt, wollte das Holz anheben und stockte in der Bewegung. Mit unsicheren Augen suchte sie den Blick des Katers: „Du… kommst du heute wieder?“ War das Hoffnung oder Angst in ihrer Stimme? Eventuell beides. Der junge Mann mit den Katzenohren versuchte sich an einem Grinsen: „Ich versuchs!“ Marinette nickte und verschloss die Bodenluke hinter sich. ~Adrien~ ------------- Er hörte noch wie Marinette etwas zu ihrer Mutter sagte, dann die Tür unter sich ins Schloss fallen. Dann war es in der Wohnung still. Unschlüssig drehte sich Chat Noir herum. Augenblicklich rutschte seine selbstsichere Miene von seinem Gesicht und er war flammend rot. Was wäre da eben fast zwischen ihm und seiner Klassenkameradin passiert? Gut, natürlich wusste der junge Mann die Antwort. Doch seit wann war er so fordernd geworden? Aber was sollte der Kater machen? Allein Marinettes Nähe machte ihn fast Wahnsinnig. Seit wann war sie in seinen Augen so ungemein attraktiv? Immer mehr vergaß der junge Mann in ihrer Anwesenheit Ladybug, der eigentlich allein seine Liebe gelten sollte. Eigentlich… Die Morgenlatte mal außen vor gelassen… er musste nur an Marinette denken und schon liefen die Hormone in seinem Körper Amok. Das Gefühl ihre Haut zu berühren, der Duft der von ihr ausging, dieser verführerischen Lippen und die tiefen himmelblauen Augen… wie sie seine Umarmungen und Annäherungsversuche erwiderte… ihn nicht zurück wies… ihm gegenüber absolut ehrlich war. Die Bluenette hatte Angst? Das traf sich gut… Chat Noir ebenfalls. Noch nie war er so mit einem Mädchen beisammen gewesen. Hatte absolut keine Erfahrung… wenn man das, was man auf diversen Internetseiten zu sehen bekam mal abzog. Doch wenn der junge Mann und Marinette sich annäherten, schaltete sich sein Hirn aus und der Instinkt übernahm die Führung. Und jetzt war es ihm peinlich. Überfordert aufstöhnend drehte sich der Kater um und griff nach der Zahnbüste. Ein Versteck. Er brauchte ein gutes Versteck. Im Schminktisch? Zu offensichtlich. Chat Noir sah sich um und entdeckte das schwarz-pinke kleine Kästchen auf Marinettes Schreibtisch. Vermutlich für Schulzeug und Nähsachen. Ideal. Der Pariser Held schlenderte in die Ecke und zog die untere Schublade auf. Wie erwartet fand er Nähutensilien. Fein säuberlich sortiert und eine Einlage mit Stiften. Da würde die Zahnbürste nicht auffallen. Triumphierend verstaute der junge Mann mit den Katzenohren den Hygieneartikel und schob die Lade wieder zu. Nur war nun leider seine Neugier gepackt. Was verstaute seine Klassenkameradin wohl noch hierin? Er hatte noch etwas Zeit. Über die Dächer wäre Chat Noir längst zuhause wenn die Bluenette endlich das Tor zur Villa erreichte. Ein großer Vorteil der Superkräfte, die sein Kwami ihm verlieh. Also öffnete der neugierige Kater auch die obere Schublade. Hmm, nichts außergewöhnliches. Fotos von seinem wahren ich und von Klassenausflügen, einige Zeitschriften aus denen wohl die Poster an den Wänden stammten, ein zerknittertes Blatt Papier, ein paar Origami Faltereien, ein paar Modeskizzen, Briefpapier… Chat Noir ließ die Sachen in die Schublade zurück gleiten, dabei streiften seine Krallen das zerknitterte Papier. Es schien mal zusammengeknüllt gewesen zu sein und irgendwie kam ihm die Schrift darauf bekannt vor. Stutzig zog der junge Mann das Blatt aus dem Stapel und hielt es sich vor die Nase. „Dein Haar wie Ebenholz so schwarz So Himmelblau die Augen Ich frag mich wer du bist Wer hinter dieser Maske ist Wir sehen uns jeden Tag Ich hoffe, dass ich dich bald frag Und du dann weißt wie ich dich mag Verbring mit mir den Valentinstag“ Beim lesen waren die grünschimmernden Augen immer größer geworden. Das war sein Gedicht! Chat Noir hatte es als Adrien vor Jahren zum Valentinstag für Ladybug geschrieben, für naiv befunden, zusammen geknüllt und im Klassenzimmer in den Müll geworfen. Am Abend auf wundersame Weise jedoch eine Antwort erhalten. Auf einer roten herzförmigen Karte ohne Unterschrift. Immer hatte der junge Mann gehofft… oder besser sich eingebildet, dies wäre eine Reaktion seiner Lady gewesen, obwohl ihm schon mal aufgefallen war, dass Marinettes Schrift und die auf der Karte sich sehr ähnlich sahen. Doch immer noch wollte er glauben, dass diese Antwort von Ladybug stammte. Chat Noir schluckte hart. Seine Klassenkameradin war es gewesen… sie hatte sein Gedicht gefunden und ihm augenscheinlich geschrieben. Immer mehr Puzzleteile setzten sich zusammen und ergaben das Bild von Marinettes Sehnsucht und Liebe zu ihm… zu Adrien. Geschockt schob Chat Noir das Papier wieder in die Schublade und diese zu. Die Bluenette hatte das Gedicht geschrieben. Es war nun offensichtlich… natürlich! Es musste ja jemand aus der Schule gewesen sein. Wer sonst wäre in den Klassenraum gekommen… und wer sonst hätte seine schnulzigen Zeilen aus den Müll fischen können. Der Kater meinte sich zu erinnern, dass Marinette als eine der letzten noch im Zimmer gewesen war. Mit Alya… Natürlich konnte es auch sein, dass ihm jetzt seine Vorstellung einen Streich spielte und der junge Mann mit den Katzenohren es sich nur einbildete. Gott war er blind gewesen! Einen Moment stand der Pariser Held noch unschlüssig im Raum und ärgerte sich über sich selber, dann sprintete er die Treppe zur Galerie hinauf, umfasste den Rahmen des Deckenfensters und rutschte mit den Beinen voraus, dass Fenster aufstoßend nach draußen in die vom Regen reingewaschenen Morgenluft. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)