Verborgene Liebe von MariLuna ================================================================================ Kapitel 7: ----------- 7. Kapitel   Niemand hat sie bemerkt. Es ist einfach reiner Zufall, dass jemand – mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Museumsangestellter – die Treppe gerade jetzt hinuntergeht und er oder sie verschwindet auch sehr schnell wieder weit über ihnen, aber allein der Versuch, leiser als ein Mäuschen zu sein, scheint Shredder erschöpft zu haben. Auf den letzten Metern sucht er Halt am Geländer und schwankt stark. April ist sofort an seiner Seite und stützt ihn. Keiner von ihnen spricht ein Wort, als sie langsam durch das dunkle Kellergewölbe stolpern. April muss sich sehr zurückhalten, nicht einfach anzuhalten und ihn zu umarmen. Er ist ihr so nahe. Sie kann ihn riechen – was ist das? Vanille? - und seinen soliden Körper unter dem dicken Parka spüren. Das Flattern in ihrer Magengrube wird stärker. Sie reicht ihm gerade mal bis zur Schulter und wieder fällt ihr auf, wie groß er doch für einen Japaner ist – einen Meter achtzig, steht in ihrem Dossier (jedenfalls sind das die Angaben aus seinem Pass). Zuerst versucht er, sich nicht mit dem ganzen Gewicht auf sie zu stützen, aber nach einem weiteren, kraftraubenden Hustenanfall, sinkt er schwerer gegen sie und sie ist froh, regelmäßig ins Fitnesscenter zu gehen. Er entschuldigt sich zwar sofort und richtet sich sogleich wieder etwas auf, aber sie sind beide erleichtert, als das Transportmodul vor ihnen auftaucht. Obwohl sie es schon gefühlt tausendmal gesehen hat, ist der Anblick, wie diese röhrenförmige Maschine mit dem gefährlich aussehenden Bohrer halb aus dem Fundament ragt, immer wieder respekteinflößend. Das Ding stammt tatsächlich aus einer anderen Dimension. Sie denkt nicht wirklich darüber nach, was sie da tut, als sie ihm erst beim Einsteigen hilft und sich dann selbst ebenfalls ins Innere quetscht. Sie schließt sogar die Tür hinter ihnen. Selbst Shredders überraschtes „Hah?“ überhört sie. Als täte sie das jeden Tag, setzt sie sich hinters Steuer. Während sie das fremde Armaturenbrett vor sich betrachtet, auf der Suche nach dem Startknopf oder etwas ähnlichem, fällt ihr etwas anderes ein. „Hast du gefunden, was du gesucht hast? Du weißt, dass die Ausstellungsstücke alles nur Kopien sind? Das richtige Zeug liegt im Tresor.“ „Ja“, erwidert er rein automatisch. „Ich habe alles. - April!“ fährt er dann auf und zugleich ihr in den Arm. „Was hast du vor?“ Sie blinzelt einmal, starrt erst auf seine Hand auf ihrem Unterarm, dann auf die blinkenden Anzeigen vor sich – huh? Wie kommt sie denn …? Sie wollte so ein Ding immer schon mal steuern, aber ist sie wirklich...? - trotzig reckt sie das Kinn etwas höher und sieht ihm fest in die Augen. „Ich bringe dich nach Hause“, erklärt sie. „In deinem Zustand kannst du das unmöglich selbst machen.“ „Das Modul hat einen Autopiloten“, wendet er ein und versucht – mit wenig Erfolg – sie aus dem Sitz zu schieben. „Shredder!“ herrscht sie ihn dafür an und schiebt ihn entschlossen nach hinten, zu einem der Sitze dort. „Ich bringe dich nach Hause. Basta. Und jetzt sei lieb und setz dich. Oder -“ fügt sie dann schnippisch hinzu, „du krabbelst auf meinen Schoss. Wie auch immer: ich werde das Ding hier fahren. Das wollte ich schon immer mal.“ Er starrt sie für einen langen Moment finster an, lässt sich dann aber doch – sehr zu ihrer Überraschung und Freude – auf einen der beiden Sitze hinter ihr fallen. „Wenn du glaubst, ich sag dir, wie man das hier steuert, hast du dich geschnitten“, murrt er dabei. Sie lächelt nur selbstzufrieden. Wenn er denkt, sie würde das nicht packen, aufgeben und dann frustriert das Modul (und ihn) verlassen, hat er sich geschnitten. Wie jeder gute US-Bürger kann sie Auto fahren, darüberhinaus hatte sie ein paar Flugstunden mit dem Nachrichtenhelikopter von Channel 6, sie hat auch mal notgedrungen bei einem Fall mit den Turtles einen Schnellzug bedient - sie hat also keine Berührungsängste, was so etwas betrifft. Und so hat sie den Dreh schnell heraus. Ihr gelingt sogar das Wendemanöver zweihundert Meter unter der Erde so gut, dass der Bordcomputer nicht einmal eine Kurskorrektur machen muss, damit das Modul in demselben Tunnel landet, den es auf dem Weg hierher gegraben hat. Den Rest lässt sie den Autopiloten erledigen. Während des ganzen Manövers, das immerhin gute zehn Minuten dauerte, hat Shredder außer ein paar anerkennenden Brummtönen nicht viel von sich gegeben. Als sie sich zu ihm umdreht, sieht sie auch, warum: er hängt so erschöpft in seinem Sitz, dass sie ihn am liebsten wieder umarmen würde. Stattdessen wechselt sie vom Pilotensitz auf den neben ihm und reißt ihn mit neugierigen Fragen aus seinem Dämmerzustand. Bestes Thema um das Eis zu brechen, scheint ihr dabei jener Gegenstand zu sein, für den er offensichtlich ins Museum gekommen ist und der nun in einem Beutel liegt. Und genau diesen Beutel muss sie aufnehmen, wenn sie sich neben ihn setzen will. Natürlich nutzt sie die Gelegenheit, um einen Blick hineinzuwerfen. Oh, das ist die chinesische Puzzlebox, von der niemand weiß, wie sie sich öffnet und welche Geheimnisse sich in ihr verbergen. Ein Rätsel, wie geschaffen für Krang. Ihre Neugier kommt bei ihm nicht gut an, jedenfalls funkelt er sie wieder so böse an und nimmt ihr Beutel samt Puzzlebox schnell ab. „Du hättest unbemerkt abhauen können“, meint sie neugierig, aber von seinem Zorn völlig unbeeindruckt. Im Gegenteil – sie mag dieses Funkeln in seinen Augen. „Du hattest es schon aus dem Tresor geklaut und ins Modul gelegt. Wieso bist du nochmal nach oben gekommen? In den Ausstellungssaal? Das war doch ein völlig unnötiges Risiko." Die Frage scheint ihn zu überraschen. Wahrscheinlich hat er eher mit der Frage gerechnet, was Krang damit vorhabe. Vielleicht sagt er ihr deswegen die Wahrheit. „Erstens war das eine Ausstellung ganz nach meinem Geschmack und zweitens-“, hier zögert er für den Bruchteil einer Sekunde, doch dann lächelt er. Er lächelt sie tatsächlich an! Aprils Herz macht einen regelrechten Satz. „- sehe ich dir gerne beim Arbeiten zu. Als du den Kurator interviewt hast, stand ich keine fünf Meter entfernt.“ Sein Blick rutscht kurz etwas tiefer, bevor er ihr dann wieder ins Gesicht sieht und sein Lächeln wirkt plötzlich vorsichtig. „Du trägst heute nicht deinen Jumpsuit. Das ist ungewohnt. Aber es steht dir." Sie spürt, wie ihr das Blut in die Wangen steigt. Verlegen streicht sie sich über ihren offenstehenden Wollmantel und die schlichte Tunika darunter. Wenn sie vor der Kamera steht, repräsentiert sie immer zugleich Channel 6, für sie bedeutet das, sie muss präsentabel aussehen. Ihr gelber Jumpsuit ist eher ein von der Chefetage geduldeter Kompromiss. Diese Tunika hier ist ein Niveau höher – so sollte sie ihrem Chef zufolge öfter vor die Kamera treten. Und dabei trägt sie doch privat am liebsten ganz normale T-Shirts, Hoodies und Jeans! „Mein Jumpsuit ist in der Wäsche. Und das Ersatzexemplar ist noch feucht. Mein Trockner ist kaputt.“ Dann fällt ihr ein, was er noch gesagt hat und sofort fühlt sie sich schuldig. „Ich hab dich gar nicht gesehen. Entschuldige.“ Er gibt nur ein Brummen von sich, das in etwas übergeht, was halb Husten, halb Räuspern ist und meint dann: „Wenn ich gewusst hätte, dass du mich erkennst, wär ich vorsichtiger gewesen." Darüber muss sie nur schmunzeln. Wenn er sie nicht angerempelt hätte, wäre er ja unbemerkt geblieben. Sie mustert ihn vorsichtig, plötzlich nicht mehr ganz sicher, ob der Rempler wirklich ein Unfall war. Vielleicht war er unbewusst sauer auf sie, weil sie ihn nicht sofort erkannt hat? „Tut mir leid für dich“, erklärt er plötzlich, und seinem Tonfall nach scheinen ihm seine nächsten Worte wirklich leid zu tun, „aber wenn wir erstmal im Techndorome sind, bist du unsere Gefangene. Du hättest im Museum bleiben sollen." Sie übergeht das einfach mal mit einem Lächeln, und als er dann einmal ganz tief Luft holt, als habe er Probleme beim Atmen, kann sie nicht anders, als ihm erst das Basecap abzunehmen, um ihm dann die rechte Hand auf die Stirn zu legen. Dass ihre Hand danach über seine Wange streichelt und noch tiefer, um irgendwo auf seine Brusthöhe liegenzubleiben, ist aber nicht wirklich beabsichtigt. April nimmt sie da trotzdem nicht fort. „Das ist doch hoffentlich nichts Ernstes?“ erkundigt sie sich besorgt. „Das ist nichts! Nur der Rest meiner Grippe von letzter Woche.“ Er greift nach ihrer frechen Hand, um sie wegzustoßen, aber stattdessen hält er sie am Ende doch nur fest. Oh. Irritiert starrt sie auf ihre ineinander verschränkten Finger, doch nur kurz, dann sieht sie wieder zu ihm auf – nicht, dass es ihm wegen ihres Starrens unangenehm wird und er seine Hand wieder wegzieht. Obwohl – sie mustert seine Miene prüfend – er nicht ein Eindruck macht, als wäre es ihm bewusst, was er hier tut. Ein Teil von ihm scheint schon weg gedämmert zu sein. Auch fallen ihm immer wieder die Augen zu. Der Autopilot hatte ihr eine Fahrtzeit von knapp zwei Stunden angezeigt, und es spricht ja nichts dagegen, dass sie diese Zeit dösend verbringen können. Zumal er die Ruhe wirklich nötig zu haben scheint. Also lehnt sie sich einfach nur bequem zurück, spürt dem Gefühl der Wärme seiner Hand, die inzwischen locker in ihrer liegt, nach, lauscht auf seine allmählich leichter werdenden Atemzüge neben sich und lässt sich davon und dem stetigen Brummen des Transportmoduls langsam einlullen.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)