Verborgene Liebe von MariLuna ================================================================================ Kapitel 6: ----------- 6. Kapitel   „Ich geh dann, April." Ihr Kameramann Vernon kann sein Equipment gar nicht schnell genug zusammenpacken. „Und du bist sicher, dass du noch bleiben willst?" Er schneidet eine Grimasse, die seine ganze Verachtung zum Ausdruck bringt, aber sie nickt nur und winkt ihm dann zum Abschied einmal kurz zu. Dass sich Vernon nicht für fernostasiatische Kulturgüter interessiert, kommt ihr nur gelegen. Er geht ihr heute mehr als sonst auf die Nerven. Während er sich also davonmacht, nimmt sie sich die Zeit, die Besucherströme noch einmal genauer zu mustern. Sie ist enttäuscht. Sie steht hier mitten in einer wertvollen Museumsausstellung - Waffen! Asien! Uralte, mystische Schriftrollen! - und von Shredder und seinen Idioten immer noch keine Spur. Das ist ihr vierter Versuch, ihn hervor zu locken und langsam denken die in der Redaktion schon, sie wollte von der Nachrichten- zur Bildungssparte wechseln. Da war zuerst ihr Bericht über das Meteoritengestein, dann das Interview mit dem Erfinder eines neuen Fusionsreaktors, das Organe züchtende Labor und nun das hier … alles Themen, die erfahrungsgemäß bei Krang & Co hohes Interesse auslösen. Und für jeden dieser Live-vor-Ort-Berichte hat sie kräftig die Werbetrommel gerührt – wieviel Einladungskarten soll sie denn noch verschicken? Thanksgiving nähert sich mit Riesenschritten, gefolgt von Halloween und wenn die Zeit für Weihnachten kommt, ist alles aus - dann zählen im Channel 6-Programm nur noch alte, dicke Männer in roten Mänteln, Elfen und Rentiere. Dann kann sie niemanden mehr davon überzeugen, wie wichtig Kultur und Wissenschaft ist. Das ist langsam wirklich frustrierend. Wütend streicht sie sich eine rotbraune Locke aus der Stirn und seufzt dann einmal tief auf. Na ja... wenn sie schon mal hier ist, kann sie sich ruhig einmal in aller Ruhe umsehen. Sie hat ein Faible für Asien. Und für Schwerter - auch wenn sie das bisher gut verheimlichen konnte. Und so schlendert sie langsam von Ausstellungsstück zu Ausstellungsstück, bahnt sich einen zick-zack-förmigen Weg durch die anderen Bewunderer fernöstlicher Kultur. Sie ist gerade in die kunstvolle Schönheit einer zweihundert Jahre alten Samurairüstung versunken, als irgend jemand sie anrempelt. Sie hört ein gemurmeltes „sorry" und sieht dem Mann - groß, gut gebaut, Jeans, Parka und Baseballcap - unwillkürlich nach, wie er dem Ausgang zustrebt. Zuerst kommt er ihr nur vage bekannt vor, doch dann erkennt sie seine Stimme wieder und es macht „klick". Das war doch... Ganz sicher war er das! Sie folgt ihm schmunzelnd. Das ist nicht leicht, denn sie verliert ihn schneller aus den Augen, als ihr lieb ist. Es sind einfach zu viele Leute hier! Für einen Moment verliert sie die Hoffnung, aber sie geht einfach in die eingeschlagene Richtung weiter, und das ist ihr Glück. Sie hört das Husten in der Sekunde, wo sie ihn sieht. Er steht in einem spärlich beleuchteten Gang, der für den Besucherverkehr gesperrt ist - aber seit wann lässt er sich von Verbotsschildern und Absperrungen aufhalten? Er ist stehengeblieben, stützt dich mit einer Hand an der Wand ab und hat die andere in Brusthöhe in der Jacke verkrallt. Wieder hört sie dieses Husten - bellend, wie eine Robbe. Das klingt verdächtig nach einer Bronchitis. Alles, was sie sagen wollte, ist plötzlich vergessen. Aus den Tiefen ihrer Handtasche kramt sie eine volle Wasserflasche hervor. „Hier.“ Mit wenigen Schritten steht sie bei ihm und tippt ihm um Aufmerksamkeit heischend, mit der Flasche an den Oberarm. Er hustet immer noch, nimmt die Flasche aber dankbar entgegen. Die mangelnde Reaktion nach dem kurzen Blick, den er ihr dabei zuwirft, lässt sie allerdings stark daran zweifeln, dass er sie erkannt hat. Als er wieder einigermaßen gut atmen kann, nimmt er einen Schluck und diesmal sieht er sie richtig. Und hätte sich fast verschluckt. „Hallo, Shredder“, grüßt sie ihn mit ihrem schönsten Lächeln und mustert ihn dann besorgt. „Du siehst gar nicht gut aus. Und dein Husten klingt auch schlimm. Du gehörst ins Bett.“ Anstatt einer Antwort, funkelt er sie nur an, reißt ihre Handtasche an sich und beginnt, darin herum zu wühlen. Sie ist so baff, dass sie glatt vergisst, zu protestieren. Und dann drückt er ihr die Tasche auch schon wieder zurück in die Hände, während das Turtlecom in seiner Jackentasche verschwindet. „Nicht, dass du auf dumme Gedanken kommst“, knurrt er, während ihre Augenbrauen nur belustigt in die Höhe wandern. Und das liegt nicht nur an seinem Basecap, das, wie sie erst jetzt richtig registriert, das Footclan-Logo trägt – genau wie sein Parka. Und am Reißverschluß – baumelt da etwa ein entsprechender Anhänger? Wieso nur erinnert er sie in diesem Moment eher an eine wandelnde Werbetafel als an das gefährliche Oberhaupt einer kriminellen Vereinigung? „Und jetzt geh, oder ich muss dich fesseln und in der Besenkammer einsperren.“ Seine Stimme klingt kratzig und er spült schnell noch mit einem Schluck Wasser nach. Sie holt aus ihrer Manteltasche ein Bonbon hervor und streckt es ihm lächelnd entgegen. „Hier, bitte. Hilft vielleicht ein bisschen.“ Er starrt sie einen Moment einfach nur an und nimmt es dann zögerlich entgegen. Er sagt sogar „Danke.“ Einen ganzen Herzschlag lang saugt sich ihr Blick einfach nur an seinem Gesicht fest – er sieht so toll aus! Etwas blass vielleicht, aber selbst die dunklen Schatten unter seinen Augen betonen seine edlen Gesichtszüge nur noch - und dann reißt sie sich zusammen und die ganze Situation an sich. „Wo ist das Transportmodul? Oder bist du durch ein Portal gekommen? Und wo sind deine Mutanten? Komm, wir sollten nicht so lange hier rumstehen, sonst bemerkt man uns doch noch.“ Ohne groß drüber nachzudenken, packt sie ihn am Arm und zieht ihn mit sich den Gang hinunter. Das ist die Richtung, in die er wollte, nicht wahr? Entweder ist er zu verdattert oder zu angeschlagen, um sich zu wehren, jedenfalls lässt er sich widerspruchslos mitzerren. „Beeps und Rock sind Zuhause. Das hier sollte unauffällig ablaufen. Und im Keller steht ein Modul", erzählt er ihr sogar artig. Die Tür zum Treppenhaus ist natürlich verschlossen, aber das ist für ihn und sein Equipment aus der Dimension X gar kein Problem. Er hält nur ein handtellergroßes Gerät dagegen, schon knackt es im Schließmechanismus und die Tür öffnet sich gehorsam. Sie schlüpft mit ihm hindurch. Es ist düster hier, weil nur die Notbeleuchtung glimmt. Unwillkürlich rückt sie etwas näher an ihn heran. Sie hält ihn immer noch fest. Er bleibt stehen, entzieht sich ihr aber nicht. „Danke für das Wasser. Aber den Rest schaff ich alleine. Du kannst gehen." Er entzieht sich ihr immer noch nicht. „Ich bringe dich lieber, nicht, dass du noch umkippst." Wenn sie seine schweren Atemzüge bedenkt, liegt sie mit dieser Befürchtung gar nicht mal so falsch. „Großer Gott, wieso schickt dich Krang in diesem Zustand los?" „Mir geht's gut", widerspricht er barsch. „Ich brauche keine Hilfe. Und einen Aufpasser schon gar nicht. Also, wieso verschwindest du nicht endlich oder rufst deine Turtles oder so?" „Ah... Du hast mein Turtlecom?" „Und das behalte ich auch, bis ich im Modul bin." Anstatt sie jetzt loszulassen, ist plötzlich er es, der ihre Hand hält und drückt. In ihrer Magengrube beginnt ein leichtes Flattern, das sie tapfer ignoriert. „Wie gut, dass ich dich dahin begleite." Doch ihre Belustigung weicht einem Stirnrunzeln, als er sie nur verwirrt anstarrt. „Sonst sehe ich es nie wieder?" gibt sie ihm einen Hinweis, aber als sich seine Miene nicht ändert, kann sie sich nicht beherrschen und legt ihm prüfend ihre freie Hand an die Wange. Vor sich selbst rechtfertigt sie das, daß sein Basecap für eine Berührung an der Stirn im Weg ist. Doch im Grunde ihres Herzens will sie nur fühlen, ob sich seine Haut so gut anfühlt wie sie aussieht. Zwischen ihnen entsteht ein verlegenes Schweigen, währenddessen sie sich einfach nur anstarren. April spürt, wie ihr das Blut in die Wangen schießt und sie zieht ihre Hand so schnell zurück, als hätte sie sich an ihm verbrannt. „Du... du fühlst dich etwas warm an“, rechtfertigt sie sich stotternd. Er räuspert sich einmal. „April...“ beginnt er, doch in diesem Moment hallt ein lautes Geräusch durch das Treppenhaus. Irgendwo über ihnen wurde eine Tür geöffnet und ist dann krachend ins Schloss gefallen. Schritte erklingen. Jemand kommt die Treppe herunter. Jetzt lässt Shredder ihre Hand los, dreht sich um und huscht die ersten Stufen hinunter. April zögert keine Sekunde und folgt ihm auf dem Fuße.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)