Only Love von rokugatsu-go ================================================================================ Kapitel 1: Schnee von gestern ----------------------------- Kakashi starrte gelangweilt auf seinem Futon liegend die heimische Zimmerdecke an. Von seinen fünf freien Tagen waren noch drei weitere übrig. Er war nach wie vor überrascht, dass der Hokage ihn nicht mehr zurecht gewiesen hatte. Sein Anpfiff hatte hauptsächlich dem Missachten des Befehls seine Wunden behandeln zu lassen gegolten; über sein eigenmächtiges Handeln hatte der Sandaime nichts mehr gesagt. Vielleicht weil er da noch bei ihnen gewesen war? Kakashi zuckte mit den Schultern und verzerrte sogleich aufgrund des plötzlichen Schmerzes das Gesicht. Er warf einen kurzen Blick auf die Wunde am Oberarm und seufzte tief. Fünf freie Tage zur Erholung hielt er für übertrieben, aber dieses Mal würde er sich nicht dem Befehl des Hokage widersetzen. Nicht nur, weil dieser ihm im entscheidenden Augenblick zur Hilfe gekommen war, sondern auch, oder besonders, weil der Hokage wirklich, wirklich zornig gucken konnte. Einen sanftmütigen Menschen wie Hiruzen Sarutobi wütend zu machen, hatten noch nicht viele geschafft (und das war ja eigentlich auch nicht seine Absicht gewesen. Wann genau hatte er eigentlich damit angefangen, Befehle zu missachten?). Kakashi wollte nicht darüber nachdenken, was er ohne das Eingreifen des Sandaime gemacht hätte. Gegen Danzou und die voll versammelten Ne hätten sie keine Chance gehabt. Ihn hätte Danzou sicher verschont, aber dafür sonst etwas mit ihm angestellt und er selbst … tja, das wollte er sich wirklich nicht ausmalen. Was er jetzt gerade wohl machte? Die Umgewöhnung vom Leben in der Ne zum Leben in Konoha war sicher nicht ganz so einfach …. Moment, dachte Kakashi, seit wann mache ich mir Gedanken über andere Menschen? Kakashi hatte nicht viel Zeit sich darüber zu wundern, denn just in diesem Moment klopfte es an seiner Tür. Wer konnte das denn nun sein? Eine Nachricht vom Hokage hielt er für am wahrscheinlichsten, denn Besuch bekam er nur selten und wenn war es meist Gai und für den hatte er jetzt nun wirklich keinen Nerv. „Ja, einen Augenblick“, sagte er träge, richtete sich ächzend auf und schlurfte zur Tür. Als er diese öffnete, staunte er nicht schlecht. Mit diesem Besucher hatte er nun gar nicht gerechnet. „Kinoe?“, fragte er überrascht anstelle einer Begrüßung, als er in die großen dunklen Augen des Jungen vor ihm blickte. „Was machst du hier?“ „E-entschuldigung, Kakashi“, brachte dieser zögerlich hervor, „ich hoffe, ich störe nicht.“ „Nein.“ Kakashi musterte ihn unauffällig. Kinoe wippte ein wenig nervös von einem Fuß auf den anderen und auch sein immer wieder von Kakashi weichender Blick gab seine Nervosität preis. „Woher weißt du überhaupt, wo ich wohne?“ „Uhm ...“ Ertappt wanderten Kinoes Augen nun vollends von seinem Gegenüber weg und suchten scheinbar etwas in der Luft, ehe sie zaghaft wieder auf Kakashi landeten. „Ich habe dich im Dorf gesehen und gesehen, wo du hin gegangen bist.“ Kakashi stutzte. „Du hast mich aber nicht verfolgt, oder?“ „Uhm...“ Seine Augen wiederholten die Wanderung von vorhin. „Nein?“ Nicht so recht wissend, ob ihn das beunruhigen sollte (einerseits fühlte er sich von Kinoe nicht bedroht, andererseits hatte dieser ihn vor zwei Tagen noch umbringen wollen), versuchte Kakashi die schlecht gelogene Antwort zu ignorieren und das merkwürdige Gespräch voranzutreiben. „Also, was gibt’s?“ „Ich … uhm … ich wollte … wegen-“ Zwei andere Bewohner des Apartmenthauses durchquerten den ankreuzenden Flur und ließen Kinoe erschrocken verstummen. Kakashi entfuhr ein mitleidiger Seufzer. Kinoe wollte ihm offensichtlich etwas sagen, was ihm nicht leichtfiel; da war es doch etwas hartherzig ihn hier im Hausflur abfertigen zu wollen. Plötzlich fühlte Kakashi sich so, als würde er sich selbst von außen beobachten und er konnte selbst nicht glauben, was er sich sagen hörte: „Möchtest du reinkommen?“ Überrascht sah Kinoe ihn an und nahm freudig das Angebot an. Während er eintrat, wunderte Kakashi sich zeitgleich über sich selbst. Er hatte noch nie, wirklich nie, jemanden freiwillig in seine Wohnung gelassen und der Erste, den er hineinließ, war der Junge, der ihn letztens noch umbringen wollte? Sollte er anfangen, an seinem Verstand zu zweifeln? Oder hatte er eine Kopfverletzung von der ihm die Ärzte nichts gesagt hatten? „Das ist eine sehr schöne Wohnung.“ Kinoe ließ seinen Blick nur sehr flüchtig durch den Raum schweifen. Es war offensichtlich, dass er nicht wusste, ob es in Ordnung war, sich näher umzusehen - auch wenn Kakashi überhaupt keine persönlichen Gegenstände dort hatte. „Danke. Sie erfüllt ihren Zweck“, antwortete Kakashi, während er beobachtete, wie Kinoe als weiteren nervösen Tick nun das Kauen auf der Unterlippe zu seinem Portfolio hinzugefügt hatte. Für sich selbst unerklärlich, spürte Kakashi das Verlangen, dem Anderen die Unterhaltung angenehmer zu machen. „Hast du jetzt eine Wohnung?“ „Ja. Der Hokage hat mir eine zuweisen lassen“, erwiderte Kinoe sichtbar erfreut über das Interesse an ihm. „Das ist schön.“ Während Kakashi lächelte, hörte er eine Stimme in seinem Inneren: Okay, seit wann interessieren dich andere und seit wann ziehst du Gespräche in die Länge statt sie zeitnah zu beenden? „Warum bist du hergekommen, Kinoe?“ „Oh! Ja ... uhm …“ Er kaute von Neuem auf seiner Lippe herum. „Was denn?“, hakte Kakashi aufmunternd nach und wunderte sich weiter, warum ihm etwas daran lag, dass der Junge vor ihm sich nicht unwohl fühlte. „Sag einfach, was du sagen willst.“ Kinoe sah ihn mit großen Augen an und atmete schließlich einmal tief ein und aus. Dann wurde sein Blick um einiges trauriger und Kakashi war vollends irritiert, warum ihn selbst das so störte. „Ich wollte mich entschuldigen“, sagte Kinoe endlich. „Wegen dem was passiert ist.“ Für einen langen Augenblick herrschte Stille zwischen den beiden, bis der Ältere von ihnen sich sagen hörte: „Ach was, das ist doch schon längst vergessen.“ Das musste eine Kopfverletzung sein! Verwirrt blinzelte Kinoe ihn an. „Aber ich habe doch … und deine Verletzungen!“ „Schnee von gestern.“ Kakashi zuckte mit den Schultern und biss sich selbst auf die Lippe als der stechende Schmerz seiner Wunde ihn wieder peinigte. Kinoes Augen wanderten sorgenvoll von einer Bandage zur nächsten. „Bist du dir sicher? Hast du denn nicht noch Schmerzen?“ „Die merk ich kaum noch.“ Warum in aller Welt war es ihm so wichtig, ihn davon zu überzeugen, dass das alles gar nicht so schlimm war? Was war mit diesem Jungen, dass er ihm so wichtig war? „Kann ich dir mit irgendetwas helfen?“, bot Kinoe nun an und Kakashi fragte sich zum tausendsten Mal, wie jemand so Sanftmütiges jemals ein Ne gewesen sein konnte. „Nein, das ist nicht nötig. Aber vielen Dank.“ „Wenn du doch etwas brauchst, dann sag ruhig Bescheid, ja?“ Kinoe sah ihn so entschlossen an, dass Kakashi unweigerlich lächeln musste. „Wenn du mit etwas Hilfe brauchst, kannst du mich gerne um Rat fragen.“ Wo war das denn nun hergekommen? Vielleicht hatte er eine Kopfverletzung und verlor den Verstand? Was war mit ihm los? Als sein Angebot bei seinem Gegenüber ein strahlendes Lächeln auslöste, spürte Kakashi bei dessen Anblick wie sich in seinem Innern eine wohlige Wärme ausbreitete. Irgendetwas war hier los, aber Kakashi war von all dem zu überwältigt und zu angetan, um es zu hinterfragen. „Danke, Kakashi. Du bist wirklich-“ „Ach was.“ Der Ältere winkte ab. „Wie gesagt, mach dir keinen Kopf um das hier.“ Kinoe lächelte erneut. „Ich möchte dich auch nicht länger stören. Du musst dich sicher noch ausruhen.“ Sah er durch ihn hindurch? War der Junge so feinfühlig, dass er merkte, wenn man ihm etwas vormachte? „Danke für den Besuch, Kinoe.“ Er öffnete die Tür und der Jüngere ging; immer noch mit einem Lächeln auf seinen Lippen. Kinoe. Kakashi ließ sich wieder auf seinem Futon nieder. Der Name passte nicht wirklich zu ihm. Er war so nichtssagend. Und Danzou hatte ihn ausgesucht. Kakashi verzog beim Gedanken daran das Gesicht. Kinoe. Nein. Er wollte ihn nicht länger bei einem Namen nennen, der in Verbindung stand mit Danzou, den Ne und allem Schlechten was dazu gehörte. Er brauchte einen Namen, der nicht nur zweckmäßig war. Einen, der das Gegenteil zu dem war, was Danzou und Orochimaru verkörperten. Kakashi lächelte zufrieden seine Decke an, als ihm eine Erinnerung kam.   Tenzou. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)