Immer diese Amateure! von Salix ================================================================================ Kapitel 1: Überraschungspaket ----------------------------- Loki strich sacht über ihre Messer. Noch war es interessant genug, Abend für Abend in einem Varieté aufzutreten, obwohl sie das nun schon drei Jahre tat. Es war sehr viel in diesen drei Jahren passiert. Tony hatte Ultron kreiert, trotz ihrer Bedenken. Diese kleine Erfindung war, wie zu erwarten schief gegangen, aber sie hatte sich zurückgehalten, schließlich hielt sie sich inkognito auf der Erde auf. Entsprechend hatte sie sich aus größeren Kämpfen herausgehalten und nur im Notfall Selbstverteidigung betrieben. Sie besuchte Tony hin und wieder, schließlich hatte sie ihm erklärt, als sein Doppelagent zu arbeiten. In den Jahren war ihre Beziehung voller Hochs und Tiefs gewesen, sie war erstaunt, wie gut sie damit zurechtkam, machte es diesen Menschen doch gerade erst faszinierend. Noch mehr erstaunt hatte es sie, dass sie es für den Großteil der Zeit geschafft hatte den Charakter Lilly White aufrecht erhalten und ihren Job zu behalten. Es machte ihr noch immer Spaß. So auch jetzt, wo sie wie fast jeden Abend hinterm Vorhang des Varietés stand, kurz vor ihrem Auftritt. Sie atmete die nach Schweiß und Schminke riechende Luft ein, ließ Cliff an sich vorbei und trat ins Scheinwerferlicht. Die Jongliermesser wirbelten durch die Luft. Das Licht glitzerte auf den Klingen. Loki schritt vorwärts, vor jedem Wurf, wirbelte sie das Messer einmal ums Handgelenk. Vor der Seilanlage endete sie die Jonglage mit einer Kaskade. Geschickt fing sie die Messer und verstaute sie an ihrem mit grünen Pailletten übersäten Kostüm. Leichtfüßig erklomm sie die Plattform am Seil. Die gespannte Stille im Raum zauberte Loki ein Lächeln auf die Lippen. Sie setzte ihren Fuß auf das Seil. Es war schon merkwürdige, wie ähnlich sich Meditation und Seiltanzen waren. Zunächst vollführte sie die üblichen Tricks, wie Drehungen, sich setzen und sogar einen Spagat auf dem Seil. Auf dem Seil sitzend, zog sie die Jongliermesser aus ihren Schlaufen. Sie erhob sich und begann, mit einem Fuß auf dem Seil stehend zu jonglieren. Den anderen Fuß brauchte sie zur Balance. Jubel kam auf. Lokis Grinsen wuchs in die Breite. Langsam begann sie jonglierend über das Seil zu laufen. Wieder sicher auf der Plattform verbeugte sie sich. Der Applaus war Ohrenbetäubend. In solchen Momenten fragte sie sich, warum sie das hier nicht schon früher ausprobiert hatte. Vielleicht, weil ihr Stolz ihr im Weg gestanden hatte? Welcher Prinz oder König, verdingte sich schon als Gaukler? Nun, zurzeit, sie, aber das hatte auch seine Gründe. Zum Einen war sie heimlich auf der Erde und zum Zweiten brauchte sie etwas zu tun und als Artist zu arbeiten brachte es mit sich bejubelt zu werden, wer könnte da schon widerstehen? Sie schlüpfte von der Bühne in den Backstagebereich. Nur rasch die Messer wegbringen, ehe sich alle Artisten noch einmal verbeugten. Wieder genoss sie das Scheinwerferlicht und den Jubel. Danach war sie wie jedes Mal gut gelaunt. Im Backstagebereich gab ihr, Maggie, die Kontorsionistin ein High Five. „Gute Show, Lilly, Sweet heart.“ Innerlich wimmerte Loki, es missfiel ihr noch immer Sweet heart genannt zu werden. Warum machten Amerikaner das nur? Ihre Kollegen im Varieté kannten sie unter dem Namen Lilly, schließlich konnte sie schlecht ihren Echten verwenden. „Hey, Lilly, lass uns den gelungen Auftritt feiern.“, schlug ihr Cliff vor. Cliff Baker war der Bühnenzauberer der Show. Loki fand seine Tricks lächerlich und sein übertrieben geschniegeltes, altmodisches Aussehen im Smoking mit Zylinder, machte es nur schlimmer. In Lokis Augen hatte Cliff eine viel zu hohe Meinung von sich. Untermauert wurde das davon, dass er ein Playboy war. Fast jeden Abend lud er eine andere der Artistinnen zum Feiern ein. Seltsamerweise kam er gut bei ihnen an. Seine Einladungen wurden gerne angenommen. Nur machten alle danach ein großes Geheimnis aus diesen Feiern. Die Beschreibungen, welche Loki gehört hatte, variierten von „Das muss man selbst erlebt haben.“ bis zu „Na ja, halt so lala.“ Zu ihrer eigenen Überraschung antwortete sie jedoch: „Ja, gerne.“ Woher kam diese Antwort? Sie verachtete Cliff, warum sollte sie mit ihm feiern wollen! „Herrlich, komm, ich habe Schampus in meiner Garderobe.“ Noch ein Grund Cliff nicht zu mögen. Er hatte auf eine eigene Garderobe bestanden, schließlich müsste er die Geheimnisse seiner Kunst wahren. So, oder ähnlich war seine Erklärung für den Manager Sam gewesen und erstaunlicherweise, hatte der Cliff zugestimmt und ihm einen eigenen Raum organisiert. Alle anderen Artisten teilten sich zwei Räume zum Umziehen und Schminken, einen für die Frauen, einen für die Männer. Wie selbstverständlich ging Loki mit Cliff mit. „Hoppla, hier läuft etwas schief“, schoss es ihr durch den Kopf. Sie zögerte. „Komm, Sweetie.“, forderte Cliff sie auf und hielt ihr die Tür der Garderobe auf. Sie trat ein. Cliff schloss die Tür. Keine zwei Schritte im Raum hielt Loki inne. Das hier fühlte sich bekannt an, da war so ein komisches klebriges Kribbeln in ihrem Kopf, wenn Cliff sprach. Hinter ihr klickte das Schloss, als der Schlüssel umdreht wurde. Loki fuhr herum. „Was soll das?“ „Wir wollen doch Spaß miteinander haben“, Cliffs Grinsen war ekelig. Im Vorbeigehen schlug er ihr beiläufig auf den Hintern. Zorn loderte in Loki auf. Was erlaubte der sich! Doch Cliff war schon weiter. Er öffnete eine Flasche Champagner und goss ihn in zwei Gläser. Zumindest ließ das Gluckern darauf schließen, da sein Körper verdeckte, was er genau tat. Der Zorn brannte das klebrige Gefühl in Lokis Kopf zu Asche. Dieser menschliche Scharlatan, verwendende Gedankenmanipulation gegen sie! Wie konnte er es wagen! Sie überwand die Distanz in zwei Schritten, packte Cliff am Kragen und schleuderte ihn zu Boden. Im nächsten Moment hielt sie ihm eines ihrer richtigen Kampfmesser an den Hals. Sie hatte sich gerade noch davon abhalten können, dieses Arschloch umzubringen. Es würde zu viel Aufsehen erregen, außerdem hatte sie inzwischen genug Krimis gesehen, um zu wissen, dass sie viel zu viele Indizien hinterließ, wenn sie ihn jetzt abstäche. „Wage es, nochmal und du wirst herausfinden, was ich alles mit dir anstellen kann“, teilte sie ihm eisig mit. Um zumindest etwas Genugtuung zu haben, trat sie ihn, sacht, diese Menschen waren einfach zu zerbrechlich, in die Seite. Er gab ein gequältes Stöhnen von sich. Das sollte mindestens einen blauen Fleck geben oder vielleicht auch eine gebrochene Rippe. Aber ehrlich gesagte, war ihr das egal. So gelassen wie möglich, schlenderte sie zur Tür, drehte den Schlüssel, verließ den Raum und ließ sie leise ins Schloss fallen. Sollte Cliff doch glauben, er wäre leicht davon gekommen. Loki würde ihre ausgefallene Rache später genießen. Sie achtete kaum darauf, wie sie sich abschminkte, da sie immer noch vor Wut zitterte. Wie konnte dieser Mensch es wagen? Sie würde dafür sorgen, dass er seines Lebens nicht mehr froh würde. Ihre Gedanken rasten, was könnte sie tun, ohne die Aufmerksamkeit der Avengers oder S.H.I.E.L.Ds auf sich zu ziehen? Zunächst brauchte sie mehr Informationen über Cliff. Wo am besten anfangen? Auf ihren Lippen erblühte ein fieses Grinsen. Natürlich. Seine so geheiligte Garderobe. Schon etwas ruhiger, rieb sie sich das Make Up vom Gesicht. Dieser Mensch würde schon noch sehen, was er davon hatte, solche Tricks bei ihr zu versuchen. Nun trödelte sie, während sie in ihre Alltagskleidung wechselte. Am Morgen war ihr, ihr Outfit noch passend erschienen. Sie schlüpfte in eine schwarze Seidenbluse, über die sie eine dunkelgrüne Korsage zog. Allerdings gefiel ihr der Rock nicht mehr so recht, es war ein enggeschnittener schwarzer Minirock. Beiläufig schüttelte sie ihn aus und er verwandelte sich in einen an der Hüfte schmalen Rock, der ab dem Oberschenkel weit und schwingend wurde und knapp unterhalb des Knies endete. So gefiel er ihr besser, er gab ihr viel mehr Beinfreiheit. Zu Letzt zog sie ein schwarzes tailliertes Jacket mit dunkelgrünem Futter an. Schwarze Stiefeletten komplettierten ihr Outfit. Nebenbei verabschiedete sie sich wie immer von ihren Kollegen und Kolleginnen, wenn diese den Raum verließen. Schließlich war sie als Letzte übriggeblieben. Sie nahm ihren kleinen schwarzen Lederrucksack auf und schlenderte Richtung Cliffs Garderobe. Er hatte nur einen generelles Tschüß durch die Tür gerufen, sie wusste also, dass er gegangen war. Loki drückte die Klinke und wisperte einen kleinen Öffnungszauber. Problemlos öffnete sich die Tür. Sie betrat den Raum mit der Haltung einer Person, die genau wusste, was sie tat. Dabei war sie sich der Überwachungskamera auf dem Gang deutlich bewusst. Sollte es jemals Fragen geben, könnte sie immer noch sagen, sie hätte etwas in Cliffs Garderobe vergessen. Sie schaltete das Licht an und sah sich um. Viele seiner Zauberutensilien entlockten ihr nur ein verächtliches Schnauben. Doch ein Foliant auf seinem Schminktisch zog ihr Interesse auf sich. Das Buch war alt. Dunkles Leder schimmerte im Licht und die Metallbeschläge der Ecken glänzten silbern. Es besaß sogar eine silberne Schließe und eines dieser typischen umgedrehten Pentagramme auf dem Einband. Loki nahm es in die Hand und schlug es beim Lesezeichen auf. Ihre Augenbraue hob sich bei dem Text. Das war interessant, sehr interessant sogar. Bei der Menge an magischem Talent, welches Cliff ihr bei seiner Aktion von zuvor offenbart hatte, könnte sein Vorhaben eventuell gelingen. Vorausgesetzt er besaß inzwischen alle Zutaten. Loki untersuchte den Raum genauer. Ein Stromkabel zu einer verschlossenen schwarzen Box erleichterte ihre Suche. Mit einem Fingerschnippen öffnete sie die Box. Darin befand sich eine Infrarotlampe über einem mit Stroh gefülltem Körbchen, indem ein Ei lag. Sacht prüfte Loki die Temperatur. „Hm, Wildgans. Ich frage mich wie er daran gekommen ist? Legal sicher nicht.“, murmelte sie. Nun, hier präsentierte sich ihre Gelegenheit. Vorsichtig hob sie das Ei auf und ließ es in der Innentasche ihrer schwarzen Lederjacke verschwinden, die sie und über ihrem olivgrünem Oberteil schloss. Zuvor hatte sie es noch mit einem Wärmezauber umgeben, mit einer ausgebrüteten Gans ließ sich sicher etwas Amüsantes anstellen. Geschickt wob sie noch eine Illusion, bevor sie die Box wieder verschloss, die Infrarotlampe ließ sie an. Kurz überlegte sie auch den Folianten mitzunehmen, entschloss sich jedoch dagegen, stattdessen nahm sie sich ein leeres Blatt von seinem Schreibtisch legte es auf das Buch mit der Hand darüber und steckte, die so gefertigte Kopie des Textes ein. Solange Cliff das Buch besaß, wäre wahrscheinlich, dass er das Ritual versuchen würde. Sie legte das Buch genau dahin zurück, wo sie es her hatte. Auch noch das Grimoire mitzunehmen wäre zu viel des Guten, Cliff musste sich jetzt schon eine Alternative für das Gänseei suchen. Loki trat aus der Garderobe, schloss sie hinter sich mit einem Zauber ab und verließ das Gebäude. In einem kleinen Café, mit einem Becher Kaffee neben sich, arbeitete sie die weiteren Schritte ihres Plans aus. Es klingelte an der Tür des Sanctum Sanctorum. Zunächst ließ Dr. Steven Strange sich nicht davon stören, doch dann fiel ihm ein, dass Wong für ein paar Tage unterwegs war. Murrend schloss Steven sein Buch und eilte nun doch zur Tür. Er öffnete sie, aber anstatt einen ungeduldigen Besucher anzutreffen, fand er nur eine Warmhaltebox mit einem daran befestigten Briefumschlag. Vorsichtig hob er erst einmal den Brief auf und öffnete ihn. Aus dem Umschlag glitten mehrere Blatt Papier und ein Werbeflyer. Auf dem obersten Blatt stand: „Dies dürfte sie vielleicht interessieren.“ Ohne Absender oder Anrede. Ein leicht mulmiges Gefühl machte sich in Stevens Magen breit. Anonyme Mitteilungen waren selten eine gute Sache. Er betrachtete das zweite Blatt, es war eine Kopie einer Seite aus einem magischen Grimoire. Von dem darin beschrieben Ritual hatte Steven noch nie gehört, er war sich nicht einmal sicher, ob es durchführbar war und ein Resultat erbringen würde. Doch das Spielereien mit Magie sehr unangenehme Nebeneffekte haben konnte, dass wusste er. Außerdem wurde in der Beschreibung des Rituals Opferungen und Varianten für Opfer erwähnt. Als Letztes sah er sich den Webeflyer an. Er gehörte zu einem Varieté, das zurzeit recht beliebt war. Steven musterte die Daten, die für die Aufführungen angegeben waren, blickte noch einmal auf die Kopie der Grimoireseite und fluchte. Inzwischen war er sich jedoch sicher, dass wer auch immer der Absender war, ihn nicht mit der Sendung umbringen wollte, also hob er die Warmhaltebox auf und nahm sie in sein Arbeitszimmer mit. Dort angekommen öffnete er die Warmhaltebox genau in dem Moment, als darin etwas knackte. Verwirrt beobachtete er wie sich ein Wildgansküken aus dem Ei kämpfte. Das Küken riss den Schnabel auf und verlange lautstark nach Futter. Steven überlegte kurz, dann benutzte er mit leichten Schuldgefühlen den Time Stone. Seine einzige Rechtfertigung dafür war, dass er keinerlei Ahnung hatte, wie man für ein frischgeschlüpftes Küken sorgte und, dass er sich vag erinnerte, dass so kleine Küken alle paar Stunden Nahrung brauchten. Die junge, gerade flügge Wildgans legte den Kopf schief und schnatterte protestieren oder hungrig, da war Steven sich unsicher. Was fraßen Wildgänse eigentlich? Eine rasche Google-Suche half und er legte der Junggans, die er als Kanadagans identifizierte, Samen und Gras hin, worüber sie sich sofort hermachte. Steven betrachtete den Vogel genauer, Kopf und Hals waren schwarz, dort wo ihr Hals in den Körper überging war ihr Gefieder gräulich und Körper und Flügel waren braun, hellbraun gemustert. Die Gans sah auf, schüttelte sich und verschlang ihr Futter. Steven fragte sich, was er nun tun sollte. Was sollte er mit einer Wildgans anfangen? Die Gans nutzte den Moment, um ihm auf den Schoß zu flattern, wo sie ihren Schnabel an seinem Kinn rieb, ehe sie ihren Kopf unter ihren Flügel steckte. Steven wollte sie nicht stören, nachdem er zuvor Magie auf sie angewandt hatte, also blieb er steif und unbequem sitzen, bis seine Beine einschliefen. Erst dann traute er sich die auf den Schreibtisch zu verfrachten. Um das Ganze zu verarbeiten kochte er sich einen Tee und vertiefte sich in die Zauberbuchseite. Selbst, wenn das nur ein sehr seltsamer Scherz gewesen sein sollte, würde es sich doch lohnen, es genauer zu untersuchen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)