Shards of Red von lunalinn (Endeavor x Hawks) ================================================================================ Kapitel 12: Rose ---------------- Still verfolgt er die Regentropfen, die unregelmäßig gegen die Scheibe des Panoramafensters trommeln. Die Stadt liegt bereits im Dunkel der Nacht, wird jedoch von den bunten Lichtern der Laternen erhellt. Der ruhige Anblick täuscht über den Schrecken hinweg, den die momentane Lage mit sich bringt. Täglich werfen weitere Helden ihren Job hin, der Aufruhr der Bevölkerung wird lauter – und Touyas Lachen hallt jedes Mal in seinem Kopf wider. Sie sind in diesem Hotel untergekommen, um ihr weiteres Vorgehen zu besprechen. Hawks ist gerade bei Deku und informiert ihn über eine gewisse Lady Nagant, der AFO ebenfalls zur Flucht aus Tartarus verholfen hat und die als höchst gefährlich gilt. Den ganzen Tag haben sie versucht, den Schaden zu begrenzen, schließlich sind sie die Top Drei. Auch wenn Enji damit gerechnet hat, dass man ihnen mit Abneigung begegnet, so ist die offene Feindseligkeit der Menschen doch erschreckend. Er ist nie besonders beliebt gewesen, allerdings hat man ihn auch noch nie so sehr verteufelt, wie es nun der Fall ist. Es scheint alles zusammenzubrechen – und er gibt sich daran den Hauptteil der Schuld. Enji atmet tief durch, ehe er sich abwendet und das Zimmer, das er bis zum nächsten Morgen gebucht hat, verlässt. Er trägt hier seine Zivilkleidung, schwarzer Pulli und graue Jeans, möglichst schlicht, auch wenn ihn die Leute natürlich trotzdem erkennen. Er hält kurz inne, als er All Might unten in der mit angenehm dämmrigem Licht ausgestatteten Bar des Hotels entdeckt. Es wird leise Musik gespielt, ansonsten ist es recht still, da abgesehen von dem Blonden nur ein älteres Ehepaar in der Ecke und ein Mann im Anzug direkt an der Bar sitzt. All Might wirkt in der schwarzen Lederjacke gar nicht so hager wie sonst und auch seine Haltung ist anders, weniger zusammengesunken. Angespannt. Vor ihm auf dem kleinen, runden Tisch steht ein Glas mit klarer Flüssigkeit – vermutlich einfaches Wasser. All Might sieht nicht aus, als würde sein ausgemergelter Körper Alkohol vertragen. Enji zögert für ein paar Sekunden, doch dann bestellt er sich einen Whiskey und setzt sich in den gegenüberliegenden Sessel aus braunem Leder. Die blauen Augen fixieren ihn aus ihren schwarzen Schatten heraus, dann lächelt der andere ihn schief an. „Du kannst wohl auch nicht schlafen?“ Enji schnaubt leise, während sein Drink vor ihm abgestellt wird. „Nicht wirklich“, brummt er und nimmt einen Schluck. „Verstehe“, erwidert All Might leise und senkt den Blick auf sein eigenes Glas. Der brennende Geschmack in seinem Hals ist regelrecht angenehm und vielleicht betäubt die Wirkung nachher seine Schuldgefühle. Er wird es bei einem Glas belassen, immerhin muss er im Notfall agieren können. Nicht wie damals, als er bei Hawks nach seinem Suff aufgewacht ist. Wie viel Zeit seit damals vergangen ist. Wie viel passiert ist… „…ist es okay für ihn?“, bricht Enji, der sich plötzlich an die Ereignisse auf der Gala erinnert, nach einer Weile die Stille und sieht den anderen wieder an. „Dass du hier bist, meine ich. Weiß er…?“ Es überrascht ihn selbst, dass er so offen danach fragt, aber All Might versteht scheinbar, wen er meint, auch wenn sich seine Miene auf die Frage hin verschließt. Vielleicht ist das schon die Antwort. Er hätte nicht fragen sollen. Der Blonde, der so lange Zeit sein Rivale war, scheint es ihm jedoch nicht übelzunehmen. „Wir haben nicht viel geredet. Es war…er weiß es nicht. Ich konnte es ihm nicht sagen“, hört er ihn murmeln. Enji bereut die Frage spätestens jetzt, denn es scheint, als wäre All Might einfach gegangen. Ohne vernünftige Erklärung. So wie Hawks damals – aber da gab es genügend Hinweise, mit denen er sich alles zusammenreimen konnte. Mehr oder weniger. Er kennt Eraserhead kaum, aber er scheint ein rationaler Kerl zu sein, der nicht viele Worte verliert. Möglicherweise versteht er es trotz allem. „Es ist besser so. Nach allem, was passiert ist…er hat viel durchgemacht. Und…viel verloren. Present Mic ist bei ihm und ich…muss für Midoriya-shonen da sein.“ Was soll er schon dazu sagen? Enji ist im Allgemeinen nicht sehr einfühlsam, auch wenn er ungefähr versteht, wie sich sein Gegenüber fühlt. Nichts, was er sagen könnte, kann da großartig helfen. Daher nickt er nur, um zu zeigen, dass er es nachvollziehen kann. „Ihr nehmt ohne mich einen Umtrunk zu euch? Also wirklich…“ Enji blickt auf, als sich Best Jeanist mit einem Glas roséfarbenen Wein zu ihnen setzt und die langen Beine überschlägt. „Zufall“, brummt Enji und nimmt einen Schluck von seinem Whiskey. „Es scheint, dass keiner von uns wirklich schlafen kann“, kommt es leise von All Might, woraufhin sie nur still nicken. Sie alle haben mit der Situation zu kämpfen – auf die eine oder andere Weise. Es ist nicht einfach – und Enji fragt sich unweigerlich, wie Hawks so völlig unberührt davon bleiben kann. Ist er wirklich so gefasst, wie er ihm bei ihrem letzten Gespräch im Krankenhaus versichert hat? Wenn er darüber nachdenkt, hat Hawks ihm gegenüber noch nie eine Schwäche offenbart. Bloß diese kleinen Andeutungen hier und da, die ihn jedes Mal misstrauisch gemacht haben. Auch nachdem Dabi seine Vergangenheit für die Öffentlichkeit preisgegeben hat und die Kommission zerschlagen ist, hat er einfach weitergemacht. Im Krankenhaus hat er Enjis Gefühlsausbruch ertragen und ihn wieder aufgebaut, obwohl es da einiges geben muss, das ihn belastet. Er ist der Sohn eines Verbrechers, der ihm seine Kindheit anscheinend zur Hölle gemacht hat – ähnlich wie Enji es mit seinen Kindern gemacht hat. Dass das Hawks nicht dazu bringt, ihn zu verabscheuen, erleichtert Enji ebenso, wie es ihn irritiert. Wie kann Hawks so vehement behaupten, dass man das nicht vergleichen kann? Dass er besser ist? Nur, weil er es erkannt hat und gutzumachen versucht? Und dann die Kommission, die Hawks anscheinend sein ganzes Leben lang gesteuert hat. Sie haben ihn zum Helden ausgebildet, doch unter welchen Umständen? Der Winged Hero drückt sich immer nur schwammig aus, will scheinbar nicht ins Detail gehen. Enji fragt sich, was die richtige Reaktion darauf ist. Akzeptanz oder ihn dazu zu drängen, ihm die Wahrheit zu sagen. Seine Beziehung mit Rei ist nicht gerade von Offenheit geprägt gewesen und er will es dieses Mal besser machen. Leider weiß er selbst, dass er darin unheimlich schlecht ist. Zumal er auch niemanden um Rat fragen kann – nicht mal All Might, denn abgesehen davon, dass es ein Geheimnis bleiben soll, ist dieser ja auch nicht ehrlich zu seinem eigenen Partner. „Oi! Warum bin ich nicht zur Party eingeladen?“ Die vertraut heitere Stimme reißt ihn aus seinen Gedanken – wenn man vom Teufel spricht. Hawks lässt sich in den einzigen noch freien Stuhl an ihrem Tisch fallen und lächelt in die Runde. „Mach dir nichts draus, Hawks“, erwidert Best Jeanist seufzend. „Ich bin auch eben erst dazu gestoßen.“ „Oh? Na, dann fühle ich mich mal nicht ausgegrenzt – für mich eine Cola!“, fügt Hawks an, als der Kellner an ihren Tisch kommt. Enji hebt eine Braue, sagt aber nichts dazu. Cola? Kein Alkohol? Seit wann geht Hawks mit gutem Beispiel voran? Andererseits hat er keine Flügel mehr. Vermutlich ist es ihm zu riskant, sich noch mehr zu schwächen – und sei es nur durch einen Drink. Vernünftig. „Wie geht es ihm?“, fragt All Might den Winged Hero ernst, woraufhin dieser mit den Schultern zuckt. „Ich hab ihm alles gesagt, was ich weiß. Er wollte sich eine Weile hinlegen. Denke aber nicht, dass er schlafen kann. Keine Ahnung, ich könnte es an seiner Stelle nicht.“ „Eine große Last liegt auf seinen Schultern“, stimmt Best Jeanist zu und nippt an seinem Wein. „Er muss sich fühlen, als würde er zu enge Jeans aus dem Schlussverkauf tragen…“ Hawks hebt eine buschige Braue bezüglich des seltsamen Vergleichs, nimmt dann aber seine Cola entgegen und enthält sich eines Kommentars. Wohl wie sie alle – wobei All Might gar nicht zuzuhören scheint, denn er hat die Stirn in Falten gezogen, blickt finster vor sich hin. „Ich werde nach ihm sehen“, murmelt er schließlich. „Immerhin bin ich…für ihn verantwortlich.“ Hawks seufzt hörbar. „Das sind wir alle“, meint er ernster. „Also mach dir nicht zu sehr ‘nen Kopf.“ „Da hat er Recht“, brummt Enji, was ihm ein Lächeln des Jüngsten von ihnen einbringt. „Ja. Wir sind nun ein Team, All Might.“ Auf Best Jeanists Einwurf hin zuckt ein schwaches Lächeln über All Mights ausgemergeltes Gesicht, doch er nickt. „Ja. Ich danke euch dafür“, erwidert er, ehe er sich erhebt und in Richtung der Treppen verschwindet. Enji ist nicht sicher, ob er es wirklich verstanden hat. Sein einstiger Rivale steht dem Jungen am nächsten und er ist für dessen Schicksal verantwortlich. Es muss hart für ihn sein. Für beide. Trotzdem machen sie weiter. Lassen sich nichts anmerken. So wie Hawks. „Nun, ich werde dann auch langsam zurück aufs Zimmer gehen“, kommt es nach einer Weile vom Fiber Hero. „Ich wünsche euch eine geruhsame Nacht trotz der Umstände.“ „Dir auch“, brummt Enji kurz angebunden, woraufhin Hawks einstimmt. Gleich darauf sitzen sie nur noch zu zweit am Tisch. Der Winged Hero schaut ihn nachdenklich an, doch er kann es nicht deuten. Sie sind sich bisher nicht wieder näher gekommen. Keine Zeit, keine Zweisamkeit. Es gab so viel Wichtigeres und irgendwie…fühlt es sich falsch an. Da ist ein Teil von ihm, der ihm sagt, dass es falsch ist, da weiterzumachen, wo sie aufgehört haben. „Hier gibt’s eine Sauna.“ Enji blinzelt, während Hawks einen großen Schluck Cola nimmt. Bitte? „…“ „Und um die Zeit ist sie bestimmt leer. Also Ruhe für uns. Was meinst du? Danach kann man bestimmt besser schlafen.“ Enji fragt sich, was der andere dabei im Sinn hat. Ist da ein Hintergedanke? Soll er mit ihm hingehen, um mit ihm reden zu können? Eine bessere Gelegenheit wird es nicht geben, denn schon morgen sind sie wieder unterwegs. Davon abgesehen kann Enji sowieso nicht schlafen, wenn er jetzt ablehnt. Er hat nichts zu verlieren, oder? „Ist gut. Bin dabei.“ Hawks lächelt ihn an und trinkt aus. Tatsächlich sind sie die Einzigen, als sie eine Weile später in der Sauna sitzen. Die Hitze hat Enji aufgrund seines Quirks noch nie viel ausgemacht, von daher ist es angenehm für ihn. Ein paar Wassertropfen lösen sich aus seinen Haaren, ebenso wie bei Hawks, da sie sich zuvor gewaschen haben. Abgesehen von dem Handtuch um ihre Hüften sind sie komplett nackt und Enji kann nicht verhindern, dass er den Blonden aus den Augenwinkeln mustert. Da sind noch mehr Brandnarben an seinem Körper. Narben, die Touya verursacht hat. Nicht nur die an seinem Hals und im Gesicht. Der Rücken ist wirklich schlimm betroffen, auch wenn er nicht mehr wund zu sein scheint. Enji fragt sich unweigerlich, warum Hawks ausgerechnet hierher wollte – muss er nach allem nicht genug von Hitze haben? Werden seine Flügel überhaupt je wieder nachwachsen? Auch wenn der Jüngere meint, dass er sich nicht schuldig fühlen muss – Enji tut es dennoch. „Das ist jetzt nicht die sexy Stimmung, die ich mir erhofft habe“, hört er ihn plötzlich murmeln. Enji stutzt, als er sich ein wenig nach hinten lehnt und mit frustriertem Ausdruck vor sich hin blickt. Das Holz knarzt dabei leicht. Sie sitzen nur eine Armlänge voneinander entfernt. „Hawks…“ Enji weiß nicht, was er darauf erwidern soll. „Ich hab das Gefühl, dass du mir ständig ausweichst – und ja, ich weiß, wir haben gerade keine Zeit für uns, das ist okay, aber…du siehst mich anders an. Als ob ich dir leidtue.“ Ein bitterer Zug liegt dabei um Hawks‘ Mundwinkel, wobei er ihn immer noch nicht anschaut. Tut Enji das? Ihn bemitleiden? Das ist irgendwie nicht das richtige Wort dafür. Er weiß bloß nicht, wie er sich verhalten soll. „Du kannst mit mir darüber reden“, fährt Hawks fort und Enji kann sich ein Schnauben nicht verkneifen. Daraufhin richten sich die bernsteinfarbenen Augen doch auf ihn. „Komm mir nicht so“, knurrt er und funkelt den Jüngeren an. „Ich habe wohl mehr als genug geredet. Du weißt, was mich quält und dass es…nicht so einfach ist. Alles. Scheiße, ich habe so viel geheult wie seit Jahren nicht mehr. Vielleicht noch nie. Und du…“ Hawks hebt eine Braue, seine Miene bleibt monoton. Schweiß glänzt an seiner Stirn, die Haut ist leicht gerötet. „Und ich?“, hakt er ruhig nach, wobei er die Arme auf seinen Oberschenkeln abstützt. „Dir scheint das alles nichts auszumachen. Du steckst das einfach weg, baust mich auf…und versteh mich nicht falsch, ich bin dir dankbar dafür, dass du meine Stütze sein willst, aber es…das kann nicht gesund sein. Einfach…weiter zu funktionieren.“ Hawks blickt ihn lange an und Enji fragt sich, was in seinem Kopf vor sich geht. Er ist immer noch so gefasst, als würde ihn das alles nicht betreffen. Aber das tut es, nicht wahr? „Es ist nicht so, dass mir das alles nichts ausmacht“, erwidert er nach einer Weile leise und wendet den Blick wieder ab. „Ich denke nur nicht, dass meine…Gefühle dabei eine Rolle spielen. Das ist wohl so in mir drin. Lächeln und weitermachen. Ich weiß nicht, wie es anders geht.“ Enji runzelt die Stirn. „Was soll das heißen?“, fragt er, woraufhin Hawks mit den Schultern zuckt. „Wie ich es sage. Ich bin’s einfach gewöhnt, Sachen wegzustecken. Nicht, dass ich’s nicht beneidenswert finde, wie du einfach alles rausgelassen hast. Erwartet man bei so einem harten Kerl wie dir gar nicht – und ich meine das jetzt echt nicht abwertend, nur ich…kann das nicht. Ich glaub, ich hab nicht mehr geheult, seit ich ein Knirps war. Keine Ahnung, es hat sowieso niemanden interessiert, also hab ich es gelassen. Mich auf anderes konzentriert.“ Es irritiert Enji, dass er bei dem letzten Satz so sanft lächelt, als würde er über eine schöne Erinnerung reden. Eigentlich ist es eher das Gegenteil. „Auf anderes?“, hakt er nach, weil er es verstehen will. „Jap. Darauf, ein cooler Held zu werden. So wie der, der meinen Vater eingebuchtet hat“, erwidert Hawks und zwinkert ihm zu. Schon wieder macht er das. Das Thema wechseln, ablenken und lächeln. Soll Enji es dabei belassen? Er ist Vorwürfe gewöhnt, aber bei Hawks durchzublicken, das ist noch mal eine ganz andere Geschichte. „Denkst du, dass du das bei mir auch machen musst? Lächeln und weitermachen?“ Hawks stockt merklich. „…das hat nichts mit dir persönlich zu tun, Enji. Das ist einfach…das, was ich gewöhnt bin. Darauf bin ich konditioniert. Mein Potenzial ausschöpfen und den maximalen Nutzen rausholen. Ich weiß gar nicht, wie es anders geht. Ist nicht so, als könnte ich einen Knopf drücken und losheulen. Das…macht es auch nicht besser. Es verändert nichts. Ich werde immer noch die gleiche, beschissene Vergangenheit haben. Das holt sie bloß hervor, obwohl ich sie vergessen will. Es ist vorbei, ich hatte Glück im Unglück. Nichts ist perfekt.“ Anhand dessen, wie schnell er spricht, und den gehetzten Unterton vernehmend, glaubt Enji nicht, dass es so einfach ist. Er versteht aber, dass Hawks jemand ist, der Verdrängung vorzieht. Nicht die gesündeste Art, mit Problemen umzugehen, aber wer ist er, dass er ihm da einen Vortrag halten könnte. Im Gegenteil…er hat genug mit sich selbst zu kämpfen. Das heißt aber nicht, dass er es akzeptieren wird. „Und wenn ich das will?“ Hawks legt den Kopf schief, sieht ihn irritiert an. „Wenn du was willst? Dass ich mich an deiner starken Brust ausheule und dir von meinem furchtbaren Leben erzähle? Ohhh, und ich dachte, es macht unsere Beziehung aus, dass wir eben nicht dieses typische Boys-Love-Konzept darstellen, in dem der kleine Uke Schutz beim großen Seme sucht.“ Das immer breiter werdende Grinsen des anderen macht es Enji nicht leicht, beim Thema zu bleiben – geschweige denn die Art, wie er es sagt. Dieser kleine… Er fühlt, wie seine Wangen zu brennen beginnen, und das bestimmt nicht nur wegen der Saunahitze. Genau deswegen macht Hawks das vermutlich, weil er weiß, dass ihn das in Verlegenheit bringt. „Nein!“, ranzt er ihn daher an. „Verdammt, ich…das ist nicht, was ich…ich will bloß nicht, dass du denkst, dass es mir egal ist!“ Hawks‘ Grinsen wackelt, das Selbstsichere in seinem Blick ebenfalls. Er öffnet den Mund, doch Enji lässt ihn nicht zu Wort kommen. „Du kommst gut allein klar. Das ist mir bewusst. Du tust, was du immer getan hast…und um zu überleben, ist das wahrscheinlich nötig. Aber jetzt ist es das nicht mehr. Ich meine ernst, was ich gesagt habe. Ich will, dass du dich genauso auf mich verlassen kannst, wie ich mich auf dich. Es interessiert mich, wenn es dir schlecht geht. Mich interessiert deine Vergangenheit und…einfach alles, was damit zusammenhängt. Ich will wissen, wenn du in Schwierigkeiten bist und…was auch immer, wenn es wichtig für dich ist. Das hat mit Schutz oder Ausheulen nichts zu tun, sondern damit, dass ich…dass wir…ich…“ Ausgerechnet da kommt er ins Straucheln und er würde es nur zu gerne auf die Hitze schieben, aber die Wahrheit ist, dass er nicht der Typ für Liebeserklärungen ist. Das war noch nie sein Ding und jetzt zeigt sich genau das wieder. Scheiße. Ob er so rot im Gesicht ist, wie es sich anfühlt? Vermutlich, doch Hawks zieht ihn nicht mal damit auf. Im Gegenteil, denn er gibt keinen Ton von sich, sondern sieht ihn mit einem Ausdruck an, der nicht zu seinem Wesen passen will. Er lächelt nicht mal mehr. Weiß er nicht, was er sagen soll? Enji kann irgendwie nicht glauben, dass er ihn so sehr aus dem Konzept gebracht hat. „Hawks?“, fragt er, als immer noch keine Reaktion kommt. Der Angesprochene blinzelt, schüttelt kurz den Kopf und reibt sich dann den Nacken, an dem feine Schweißperlen hinabrinnen. „Ich glaub, hier wird’s gerade ein bisschen heiß“, murmelt er und wischt sich über die Stirn. Sein Lächeln wirkt nicht ganz ehrlich, als er sich ihm zuwendet. „Abkühlen?“ Enji weiß nicht, was das bedeuten soll. Fühlt er sich wegen der Hitze unwohl oder wegen ihres Gesprächs? Hat er sich zu viel herausgenommen? Eigentlich ist er sich sicher, wo sie beide stehen, aber die verhaltene Reaktion verwirrt ihn. „Okay“, erwidert er knapp, woraufhin sich Hawks erhebt. Er hat dabei immer noch diesen seltsamen Blick drauf, den Enji nicht von ihm kennt…und der ihm nicht gefällt. Still folgt er ihm zu den Waschräumen, dabei überlegend, wie er die unangenehme Stimmung entschärfen kann. Leider ist auch das absolut nicht seine Stärke… Nachdem sie sich abgekühlt und gewaschen haben, sitzen sie im Onsen des Hotels, das ebenfalls leer ist. Enji ist sich nicht sicher, ob das alles so wirklich Zufall ist oder ob Hawks irgendwas daran gedreht hat. Der Winged Hero ist immer noch recht still für seine Verhältnisse und es wirkt, als würde er nachdenken. Sie sitzen nebeneinander im heißen Wasser des Steinbeckens, das typisch japanisch gestaltet ist. Er lehnt sich ein wenig zurück, blickt an die Decke, die durch den Dampf etwas vernebelt ist. Tief atmet er durch, ehe er einfach sagt, was ihm durch den Kopf geht. „Hawks. Wenn ich zu weit gegangen bin, dann sag es einfach.“ Der Jüngere blinzelt erneut, wendet sich ihm aber direkt zu, wobei er die Stirn in Falten zieht. „Huh? Zu…nein. Nein, Quatsch, das…ist es nicht. Wirklich nicht. Ich meine, ich sollte ja froh sein, dass dich interessiert, was bei mir so abgeht…oder abging, nur…ach, ich weiß auch nicht.“ Es klingt fast schon frustriert und das darauffolgende laute Seufzen unterstreicht diesen Eindruck noch. Hawks gleitet noch etwas tiefer ins Wasser, blickt wieder vor sich hin. „Ernsthaft. Wer träumt nicht davon, dass die Nummer Eins einem durch die Blume so romantisches Zeug sagt?“ Romantisch? Als ob…und dennoch wird ihm wieder etwas wärmer. Der freche Vogel soll aufhören, ihn in Verlegenheit zu bringen. „Ich kann nur nicht so einfach…“ „Das habe ich damit auch nicht gemeint“, unterbricht Enji ihn schroff. „Du redest, über was du bereit bist zu reden. Wann du willst.“ Einen Moment lang schweigt Hawks, ehe er abermals seufzt. „Und wenn dir nicht gefällt, was du hörst?“ „Ich komme schon damit klar“, brummt Enji genervt zurück. „Wie du dich vielleicht erinnerst, hab ich genug auf dem Kerbholz. Keine Sorge, ich halte dich nicht für einen Heiligen.“ „Dabei hab ich mir doch so viel Mühe gegeben, das perfekte kleine Vögelchen zu sein~“, zwitschert Hawks und klimpert mit den Wimpern. Enji knirscht gereizt. „Du wirst schon wieder albern.“ „Bin halt ein Sonnenscheinchen. Dachte, das gefällt dir an mir?“ „Tse…“ Hawks wirft ihm einen amüsierten Blick zu, doch der seltsame Ausdruck ist noch nicht verschwunden. Ist da vielleicht doch etwas, das er ihm mitteilen will? Er blickt bei dem anderen nicht durch, sodass er nicht weiß, wie er sich verhalten soll. Ihm fehlt die Nähe, für die sie keine Zeit haben. Das hier wird erstmal die einzige Zweisamkeit sein, die sie haben. Dennoch fühlt es sich falsch an, weiter zu gehen. Vorher war das nicht so. Er hält inne, als er spürt, wie sich Hawks gegen seine Schulter lehnt. Enji zögert, doch dann legt er den Arm um seine Seite. Sie werden schon hören, falls jemand kommt. Man wird sie schon nicht erwischen. Ein Teil von ihm sagt sich, dass es ohnehin keine Rolle mehr spielt, so verhasst, wie er den meisten ist. Nur seiner Familie sollte er einen weiteren Schock wohl besser ersparen. „Das Meiste weißt du schon…oder kannst es dir denken“, murmelt Hawks schließlich. „Mein Vater war jetzt nicht gerade Daddy des Monats und meine Mutter…sagen wir, ich war kein Wunschkind. Auf der Flucht zu sein, ist mit Familie schwieriger, als wenn man ungebunden ist. Er hatte panische Angst davor, dass ich unsere Bruchbude verlasse und er meinetwegen geschnappt wird – was ja dann trotzdem passiert ist.“ Enji streichelt seine Seite, während er ihm zuhört. „Sie haben dich eingesperrt?“, fragt er und spürt das Stechen in seiner Brust. Es ist das, was er auch Shouto angetan hat. Er hat ihn separiert und gedrillt – und ihm damit Schaden zugefügt. Hawks muss seine Gedanken erraten, denn er schmiegt sich an ihn. „Ich hab doch gesagt, dass dir nicht gefallen wird, was ich erzähle. Vergleich dich nicht mit meinem Vater. Es ist nicht dasselbe.“ Enji fasst sich, denn er merkt, dass sich das Gespräch wieder um ihn zu drehen beginnt. Das haben sie durch. Er wird Hawks‘ Meinung nicht ändern können – und wenn dieser sich trotz allem für ihn entschieden hat, dann sollte er dankbar dafür sein. „Konntest du nicht weglaufen? Jemandem Bescheid sagen?“, lenkt er daher ein und Hawks lächelt schief. „Weißt du, einmal habe ich so viel gequengelt, dass meine Mutter nachgegeben hat, damit ich still bin. Also sind wir rausgegangen. In so einen Laden und ich weiß noch…da waren diese teuren All Might Puppen. Wir hatten kaum Geld, also habe ich natürlich keine bekommen…aber vielleicht erinnerst du dich noch an mein Merch-Püppchen?“ Enji erinnert sich an die Endeavor-Puppe…und ahnt, warum er vermutlich eine bekommen hat. „Mein Zeug wollte damals keiner haben“, brummt er mit leichter Verärgerung. „Jep. War ziemlich billig. Aber na ja, aus dem Grund hat sie mir die Puppe schenken können und wie du weißt, ist sie mir sehr wichtig. Klingt vielleicht blöd, aber sie war sowas wie ein Freund für mich…und zudem das Einzige, das mir meine Mom je geschenkt hat. Sie meinte, ich soll stark werden. Wie du.“ Dabei bedenkt Hawks ihn mit einem warmen Blick, der ihm ganz anders werden lässt. Er stellt ihn wirklich auf ein zu hohes Podest. Wie schrecklich muss sein Leben gewesen sein, dass er sich so an eine Puppe geklammert hat? An ein Ding. „Sonst hatte sie nicht so nette Worte für mich. Sie hat mich meistens nicht mal angesehen. Für sie war nur mein Vater wichtig und ich war nutzlos. Der Klotz am Bein. Na ja, immerhin hat sie mich nie geschlagen. Sie haben beide viel getrunken…schätze, das hat ihnen auch nicht gut getan. Jedenfalls…sie sind trotz allem meine Eltern gewesen und ich hatte nur sie. Von daher – nein, ich konnte nicht einfach weglaufen.“ „Rechtfertige nicht ihr Verhalten“, grollt Enji finster, den die Wut dabei packt. „Dafür gibt es keine Entschuldigung.“ „Ich rechtfertige nichts. Ich erkläre es nur“, gibt Hawks ruhig zurück. „Sie sind kaputte Menschen gewesen. Das weiß ich…und darum habe ich alle Bande zu ihnen gekappt. Mit dem Ergebnis, dass mich meine Mutter an Dabi verraten hat. Und ich kann deswegen nicht mal wütend auf sie sein. Es wundert mich nicht mal. Sie hat mir einen Zettel hinterlassen, in dem steht, dass es ihr leidtut, und ist verschwunden.“ Das Lächeln wird eine Spur bitterer und es trifft Enji, denn er versucht wenigstens, seine Fehler wieder gutzumachen. Hawks‘ Eltern habe haben das scheinbar nie versucht. Gut, sein Vater konnte das auch nicht, schließlich sitzt er im Gefängnis. Enji streichelt ihn weiter, denkt dabei an damals. Er hat nicht gewusst, dass der Typ Frau und Kind hat. Woher auch? Was, wenn er es gewusst hätte? Hätte er sich für ihn eingesetzt? Für Hawks? Für…Keigo? „Und was die Kommission angeht, ja, das Training war hart, keine Frage, aber ich hatte auch vorher keine Kindheit. Für mich war es eine Verbesserung. Ich wollte so unbedingt ein Held werden…jemand wie du werden…Menschenleben retten und nützlich sein, dass alles andere nebensächlich war. Das war mein Ziel. Das hat mich angetrieben und es war so viel besser, als immer nur im Dunkeln zu hocken und still zu ertragen. Du kannst dir wahrscheinlich gar nicht vorstellen, dass es mal eine Zeit gab, in der ich die Klappe gehalten habe, oder?“ Nein. Das kann Enji sich nicht vorstellen. Auch wenn Hawks es mit einem Zwinkern sagt, es sorgt nicht dafür, dass es die Stimmung auflockert. Er weiß, dass der andere kein Mitleid will, aber Enji fühlt es trotzdem. Obwohl er selbst kein vorbildlicher Vater ist, findet er den Gedanken daran, dass der Jüngere so etwas hat ertragen müssen, furchtbar. Es ist nicht fair, dass Kinder unter den Fehlern ihrer Eltern leiden müssen – und alles, was er sagen könnte, kommt ihm heuchlerisch vor. „Hey…du weißt schon, dass ich dich vorhin mein Ziel genannt habe? Kein Grund, so eine finstere Miene zu machen!“ Dabei kneift er ihm in die Seite, was Enji schnauben lässt. „Traurig genug“, erwidert er, was Hawks seufzen lässt. „Fühl dich gefälligst geschmeichelt, klar?“ „Ich bin geschmeichelt“, murrt Enji und funkelt ihn an. „Ich…finde es bloß schlimm, was dahinter steckt. Dass du dich an jemanden wie mich klammern musstest, damit du das alles ertragen konntest. Dass du überhaupt…“ Enji weiß nicht, wie er es ausdrücken soll, weswegen er mitten im Satz abbricht. Hawks sieht aus seinen bernsteinfarbenen Augen wissend zu ihm hoch, ehe er wieder so schief lächelt. „Na ja, mein Leben war kacke und das Spezialtraining der Kommission kein netter Unterricht wie vermutlich in der UA, das gebe ich zu. Meine Aufträge waren manchmal echt übel. Das mit Bubaigawara…war nicht das erste Mal, das ich mich für das größere Wohl entscheiden musste. Und es war auch nicht leicht für mich. Was Dabi gesagt hat, dass ich wie mein Vater bin…es ist nicht so, dass mir das nichts ausmacht. Ich habe getötet. Ich hatte Gründe, aber…das ändert meine Taten nicht. An meinen Händen klebt Blut. Das ist etwas, mit dem ich leben muss und das ich nicht rückgängig machen kann.“ Dabei schaut er auf seine Hände, die unter Wasser auf seinen Oberschenkeln liegen. Er sieht dabei für einen kurzen Moment unheimlich erschöpft aus. So fragil. Es muss schwer auf seiner Seele lasten. Enji schließt seine große Hand um Hawks‘, drückt sie fest, um ihm zu zeigen, dass er dennoch zu ihm steht. Er fragt sich, wie Hawks unter den Umständen so weit kommen konnte, ohne daran zugrunde zu gehen. „Meine Freiheit war keine richtige Freiheit. Ich war immer an die Kommission gebunden, aber…ohne das alles, wäre ich nicht der, der ich heute bin. Ich meine, ich bin immerhin nicht durchgedreht wie Lady Nagant – noch nicht zumindest. Ich hab einen ziemlich schnellen Werdegang hingelegt, trotz des holprigen Starts – wer kann schon behaupten, in meinem Alter die Nummer Zwei zu sein? Abgesehen von dir. Außerdem…dein Sohn hat mich öffentlich geoutet, die Kommission ist angeschlagen und die Nummer Eins ist mein Lover. Abgesehen von dem ganzen anderen Scheiß, durch den wir jetzt müssen, bin ich doch ein glückliches Kerlchen, hm?“ Dabei löst er seine Hand aus seiner und stupst ihm mit dem Ellenbogen in die Seite, woraufhin Enji hörbar ausatmet. „Du siehst das alles positiv?“, fragt er mit gewissem Sarkasmus, weil es ihm schwer fällt, das zu glauben. „Das ist der Grund, weswegen ich alles ertragen konnte, Enji“, erwidert Hawks ruhig, während er zu ihm aufsieht. Es macht Enji erneut klar, wie stark Hawks eigentlich ist. Ihm ist aber ebenso klar, wie anstrengend es sein muss, sein eigenes Leid ständig zurückzustellen. Dennoch hat er ihm im Krankenhaus Mut zugesprochen, tut es auch jetzt noch. Er steht an seiner Seite, als wäre das eine Selbstverständlichkeit. Enji legt die Hand an seine rosige Wange, streichelt mit dem Daumen darüber, was ihm zunächst einen verwirrten Blick einbringt. Der Flame Hero bleibt stumm, während er mit seinen Berührungen weitermacht, was Hawks schließlich dazu bringt, die Lider zu schließen. Er lehnt sich gegen seine Hand, die so groß ist, dass sie sein Gesicht umschließen kann. Man sieht ihm an, dass er die Zuneigung genießt, und anhand seiner Geschichte kann sich Enji denken, warum das so ist. Vielleicht ist es das, was er ihm geben kann, damit er ein bisschen Erleichterung erfährt. Enji zieht ihn an sich, streichelt und hält ihn einfach nur, wobei er ihm die Lippen ins Haar drückt. Als er eher versehentlich seinen Rücken berührt, dort, wo einst seine Flügel waren, durchfährt den Jüngeren ein leichtes Zittern. Ob er manchmal vergisst, dass sie nicht mehr da sind? Für ihn selbst wäre der Verlust seines Quirks wie ein Todesstoß. Er hat als Vater versagt und als Held ebenso – doch ohne die Perspektive, es wiedergutmachen zu können, würde er noch weniger damit klar kommen. Er will sich nicht vorstellen, wie Hawks sich fühlen muss – und trotzdem jammert er nicht. Vermutlich, weil ihm sowieso niemand zugehört hätte. Enji will ihm zuhören. Für ihn da sein. So wie Hawks immer für ihn da ist. Er will eine ernsthafte und gleichberechtigte Partnerschaft mit ihm. Seine Gedanken stocken, als sich der Jüngere auf seinen Schoß schiebt und seinen Körper gegen seinen presst. Er sieht ihm in die Augen und spürt in der nächsten Sekunde die weichen Lippen auf seinen eigenen. Eigentlich sollte er das wohl unterbinden, schließlich könnte sie jemand sehen – aber er kann nicht. Oder will nicht. Stattdessen schlingt er die Arme um den Jüngeren und erwidert den Kuss genauso leidenschaftlich. Wie lange haben sie ihre Gefühle zurückgestellt? Viel zu lange. Seine großen Hände schließen sich um Hawks‘ Hintern und er spürt dessen Erregung gegen seinen Bauch drücken – anscheinend ist er nicht der Einzige, der nicht mehr warten kann. Auch wenn der Funken Vernunft in Enji ihm sagt, dass das in einem öffentlichen Onsen gar nicht geht – und so leicht kann er eben nicht aus seiner Haut, wie Hawks schon zuvor festgestellt hat. „Zimmer…?“, hört er diesen wissend gegen seine Lippen nuscheln und nickt. „Zimmer.“ Und mit diesen Worten hebt er ihn einfach hoch und steht mit ihm auf, woraufhin Hawks grinsend die Arme um seinen Nacken schlingt. Oben angekommen tragen sie ihre Bademäntel nicht sonderlich lang, sind schon wieder nackt, noch bevor sie das Bett erreicht haben. Sie lassen das Licht aus, nur durch das riesige Fenster leuchten die Straßenlaternen und der Mond. Enji drückt den Jüngeren auf die Matratze, während dessen Finger seine Haare zerwühlen und er wie ausgehungert nach seinen Lippen schnappt. Die Blockade zwischen ihnen scheint gelöst zu sein, so ungeduldig, wie sie sich aneinander reiben. Enji ist sich ziemlich sicher, dass Hawks ihn schlagen wird, wenn er jetzt vorschlägt, langsam zu machen – das Bein, das sich in seinen Rücken drückt, spricht jedenfalls dafür. „Oh fuck“, hört er Hawks keuchen, während Enji zwischen ihre Körper greift und dessen Glied umfasst. Er brummt bloß, spürt die Lippen des anderen an seinem Hals, wie sie sich dort festsaugen. Er kann sich keine Gedanken um eventuelle Knutschflecken und ihre Folgen machen, dafür ist er schon zu angeheizt. Das einzige Problem ist, dass sie kein Gleitgel haben – und er bezweifelt irgendwie, dass Hawks so… „Im…Bademantel…Tasche…“ „…was?“ „Gleitgel.“ Enji blickt ihn irritiert an, nicht wissend, ob das jetzt sein Ernst ist. Hawks sieht ihm im Halbdunkeln aus seinen Bernsteinaugen entgegen. Wie ein Raubvogel. „Ich will dich.“ Nein. Kein Scherz. Er hat wirklich was dabei. Enji schluckt und allein der Gedanke daran reicht, dass er befürchtet, gleich zu kommen. Es ist einfach zu lange her. Weswegen es gut ist, dass er sich von Hawks herunterrollen muss, um nach dessen Bademantel zu greifen und das Tütchen aus der Tasche zu holen. Als er sich wieder zu diesem umdreht, ist der andere bereits dabei, sich mit zwei Fingern zu weiten, den Blick dabei nicht von ihm lassend. Er ist mindestens so erregt wie Enji. Wie kann er bloß so schamlos mit gespreizten Beinen…egal. „Ohne Kondom?“, brummt er, als er sich wieder zu ihm setzt und das Tütchen öffnet. „Ich hab keine Bedenken“, raunt Hawks zurück, ohne sein Tun zu unterbrechen. Enji sieht zu, wie der dritte Finger in ihm verschwindet – ob das ohne Gleitgel nicht unangenehm ist? Anscheinend nicht genug, um aufzuhören. „Ich auch nicht“, erwidert er leise und Hawks lächelt ihn an. „Dann komm her.“ Enji zögert merklich, blickt ihn fragend an, als der andere die Finger aus sich zieht, doch anscheinend will Hawks keine weitere Vorbereitung. Er selbst ist skeptisch, ob das so reicht, schließlich ist er nicht gerade klein, doch das weiß der Jüngere. Also reibt er sein Glied mit dem Gleitgel ein, verteilt es noch ein wenig in dem anderen, der eng seine Finger umschließt. Gott…er will ihn auch. Jetzt. Hawks funkelt ihn an, während er sich nach hinten auf das Kissen fallen lässt, dabei hörbar ausatmet. Er vertraut ihm völlig – und andersherum ist es genauso. Das macht sie beide aus, nicht wahr? Enji beugt sich über ihn, dringt langsam in ihn ein und sieht ihm dabei in die Augen. Hawks erwidert seinen Blick, während er unter ihm liegt und ihn machen lässt. Er wirkt dabei völlig entspannt, den Mund leicht geöffnet. Eine Hand legt sich in seinen Nacken, streicht leicht über die Haut – und Enji kann nicht anders, als ihn erneut innig zu küssen. Hawks hat ihm so verdammt gefehlt. Es fühlt sich so gut an, eins mit ihm zu sein. Bei jedem Stoß schiebt er Hawks‘ Körper über das Laken, hört ihn keuchen. Die Nägel krallen sich in seinen Rücken und der Jüngere hat ein Bein um ihn geschlungen, zieht ihn noch enger an sich. „Oh fuck…ja…genau so…Enji…“ Scheiß drauf, ob die Wände dick genug sind. Er will nicht aufhören, egal, was die Konsequenzen sind. Das hier hat er gebraucht. Ebenso wie Hawks, der den Kopf in den Nacken wirft und nach Luft ringt. Fürs Küssen haben sie längst keinen Atem mehr. Viel Ausdauer haben sie in dieser Nacht jedenfalls nicht, doch das ist egal. Die Intimität zwischen ihnen ist viel wichtiger. Enji kommt noch vor Hawks, presst sein Gesicht gegen dessen Schulter, um sein raues Stöhnen zu dämpfen. Gott, er kann nicht mehr klar denken, spürt nur, wie sich alles in ihm zusammenzieht – dann lässt er los. Unter ihm reibt sich Hawks zum Höhepunkt, hektisch keuchend und die Nase gegen seine Schläfe gepresst. Die freie Hand krallt sich schmerzhaft in seinen Rücken, er spürt Hawks‘ Becken gegen seines bocken. Es dauert nur Sekunden, bis sich Hawks stöhnend unter ihm aufbäumt und Enji die Feuchtigkeit an seinem Bauch fühlt. Erschöpft sackt er auf dem anderen zusammen, welcher vollkommen entspannt unter ihm liegt und seine Wärme zu genießen scheint. Jedenfalls macht er den Eindruck, so, wie er sich an ihn kuschelt. Enji zieht sich dennoch aus ihm, wobei ihm schnell bewusst wird, dass sie es diesmal ohne Kondom gemacht haben. Kann das angenehm sein, wenn es so…aus ihm…läuft? „Bleib liegen.“ „Solltest du nicht-“ „Später. Nicht jetzt. Ist mir egal. Bleib“, nuschelt Hawks und klammert sich regelrecht an ihn. Nun, für ihn muss das wesentlich unangenehmer sein als für Enji, von daher sagt er nichts dazu. Er bleibt so bei ihm liegen und Hawks scheint gar nicht mehr zu wollen. Nur seine Nähe. „Bin ich nicht zu schwer?“, brummt er und will sich auf die Seite drehen. Hawks lässt ihn nicht, sondern hält ihn fest, sodass er sich nicht von der Stelle bewegen kann. Na ja, er könnte schon, aber er tut es nicht. „So ist gut“, murmelt Hawks leise und reibt die Nase an seinem Hals. „Geh nicht weg.“ Enji stockt, dreht den Kopf in seine Richtung, doch er kann den Ausdruck des anderen nicht sehen. „Habe ich nicht vor“, erwidert er bloß und bleibt so mit ihm liegen. Hawks atmet hörbar durch und Enji fragt sich, was in ihm vorgeht. Der ganze Abend ist ein regelrechtes Wechselbad der Gefühle gewesen, sodass er nicht weiß, was angemessen ist. Einfach da sein? Schweigen? Etwas sagen? „Hey…“ Enji hält inne, als Hawks die Stille bricht, ihn aber immer noch nicht ansieht. „…danke für heute. Dass du dich so um mich bemühst. Das ist komisch für mich…aber auch irgendwie…na ja…schön.“ Die Worte berühren etwas in Enji, denn es zeigt ihm, dass er sich wenigstens einmal richtig verhalten hat. „Ich…kann das nicht gut zeigen“, spricht Hawks leise weiter. „Wie gesagt, das hat nichts mit dir zu tun. Ich mach die Dinge mit mir selbst aus. Das war immer so, aber…mit dir darüber zu reden, hat eigentlich…ganz gut getan. Oh, und der Sex übrigens auch. Der war echt nötig.“ Bei den letzten Worten sieht er doch auf, grinst ihn schief an. Vermutlich versucht er das eben Gesagte damit herunterzuspielen. Für Enji ist das okay. Das ist eben Hawks‘ Art. Zumal dieser ihm heute mehr von sich erzählt hat, als er erwartet hat. „Stimmt“, erwidert er einsilbig und dreht sich nun doch auf den Rücken. Bevor sich Hawks beschweren kann, zieht er ihn an seine Brust und legt die Decke über sie beide. Eigentlich ist er der Typ, der direkt duscht, um sich wohler zu fühlen, aber der Jüngere wird ihn jetzt kaum weglassen. Also bleibt er mit ihm liegen. Verschwitzt und klebrig. Was soll’s. Sie können auch morgen früh duschen. Enji krault seinen Nacken, woraufhin der andere tief ausatmet und die Augen schließt. „Hawks.“ „Hm?“ „Danke, dass du mir vertraust.“ Der Winged Hero bleibt in seinem Arm liegen, die Augen weiterhin geschlossen, doch Enji sieht sein Lächeln. Dann vergräbt dieser das Gesicht an seiner Brust, bleibt zur Abwechslung still. Er muss dazu auch nichts mehr sagen. Ihr Vertrauen beruht auf Gegenseitigkeit. Sie stützen einander. So, wie es sein sollte…und das ist wohl gerade jetzt wichtiger denn je. Enji schließt die Augen, während er Hawks weiterhin in seinem Arm hält – und nicht loslassen wird. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)