und dann war alles anders von XdramaX ================================================================================ Kapitel 37: Freitag, 21. September 2018 – Teil 4 ------------------------------------------------ „Es hat einfach keine Relevanz, dass ich dich mehr als alles andere auf der Welt liebe… Wir dürfen nicht zusammen sein…“ „Ich weiß…“, murmelte er. „Na dann geh doch! Lauf davon!“ Erschrocken zuckten Marco und ich zusammen, als wir die lauten Rufe von Nahele hörten. „Oh nein, was ist denn nun schon wieder?“, maulte ich und nutzte die Gelegenheit, um endlich etwas Abstand zwischen mich und meinen Bruder zu bekommen. Dass wir noch immer dicht an dicht aneinander klebten machte meine Sehnsucht nicht gerade besser und ich war mir sicher: Etwas mehr und ich würde vor Frustration zu heulen anfangen. Schnell, ehe uns wohl doch noch jemand ertappte, kamen wir hinter dem Wohnwagen vor und sahen gerade noch so, wie sich Lavinia in die Wellen stürzte und eilig zurück zur Jacht schwamm. Am Strand – über und über mir Sand verklebt – stand Nahele und brüllte und wetterte ihr hinterher. Frustriert trat und schlug er nach dem Wasser und raufte sich die Haare. Grace und Elijah – die inzwischen zurück auf das Boot geklettert waren – standen ebenso verdutzt da wie Aaron und Elli und beobachteten die Szenerie. „Hele! Was ist denn los?“, versuchte ich meinen Freund zu beschwichtigen und griff ihn an den Schultern, als er gerade eine heranschwappende Welle schlug und sich so schwungvoll zu mir umwandte. Er sah mir in die Augen, wich dann aber aus und schnaubte nur verächtlich. „Hey!“, machte ich sauer. „Komm mal wieder runter, Junge!“, fuhr auch Marco ihn an, doch das war wohl ein Fehler. „Komm mal wieder runter?“, bellte er aufgebracht zurück und wollte schon auf ihn losgehen, doch ich warf mich dazwischen und schob ihn zurück. Meine Rechnung jedoch hatte ich ohne Marco gemacht. Natürlich ließ er es nicht auf sich beruhen, dass Nahele ihn angreifen wollte, und sprang seinerseits auf ihn los. „Jungs!“, brüllte ich zwischen ihnen eingeklemmt und schob sie auseinander. „Komm mal wieder runter? Du hast mir gar nichts zu sagen! Scheiß Lackaffe! Ich mach dich alle!“ „Nahele!“ „Hast du ein Problem? Komm doch her!“ „Marco!“ „Natürlich habe ich ein Problem! Du bist mein Problem! Überall wohin du kommst mischt du dich einfach ein und drängelst dich rein!“ „Nahele! Es reicht! Komm runter!“ „Wo habe ich mich denn bitte eingemischt?“ „Marco, nun geh doch nicht darauf ein!“ „Halt die Klappe!“, fuhren beide mich im Einklang an und ich zog die Arme ein. Finster richteten sich Marcos Augen wieder auf Nahele, als der weiterschimpfte: „Du bist so ein arrogantes Arschloch und ein Kotzbrocken! Jahre lang machst du Serena fertig und verkaufst sie zu deinem Vergnügen und jetzt hast du auch noch meine Cousine in deinen Fängen!“ „Ich habe gar nichts mit deiner Cousine, klar? Wir sind halt Freunde…“ „Freunde? Freunde? So nennst du das? NUR Freunde?“, jammerte Nahele verzweifelt aber aufgebracht. „NUR Freunde? Du hast sie komplett an dich gerissen und spielst mit ihr und ihren Gefühlen! Du bist nicht gut für sie! Und nun schleimst du dich auch noch in unsere Clique und zerstörst uns und…“ „Ich zerstöre die Gruppe? Der einzige, der sich seit Wochen aufführt wie ein wildgewordener Bock bist du!“, brüllte nun Marco zurück. „Andauernd muss ich Lavinia trösten, weil du dich schon wieder wie ein vollkommen verblödetes Arschloch verhalten hast!“ „Ich mich wie ein Arschloch?“, Nahele schnaubte verächtlich. „Das einzige Arschloch hier bist du und das weißt du genau! Nach allem was du in den letzten Jahren mit Serena getrieben hast: Was ist dein Plan mit Lavinia?“ „Ich habe nichts mit Lavinia getrieben!“ „Nein? Du hast Serena seid ihr klein wart gemobbt und sie an deine Freunde verhökert wie ein wertloses Stück Schrott! Und…“ Weiter kam Nahele nicht. Bei Marco brannte eine Sicherung durch. Er stieß mich beiseite und holte aus. Mit Fäusten schlugen die zwei Kontrahenten aufeinander ein. „Hey! Auseinander!“, hörte ich eine herrische Stimme hinter mir. Coach Graham joggte aus dem Wasser und auf die beiden zu. Wie ein wildgewordener Bulle warf er sich in das Handgemenge und trennte seine Jungs voneinander. „Habt ihr denn völlig den Verstand verloren?“, stauchte er die beiden zu Recht, als er sie endlich auf drei Meter voneinander getrennt hatte. „Er hat Angefangen!“, rechtfertigte sich Marco – wie erwachsen von ihm… „Ich weiß nicht einmal was eigentlich los ist?“ „Was los ist? Du bist los! Was machst du eigentlich hier? Du gehörst gar nicht zu uns! Du mischst dich einfach nur überall ein, wo du nichts zu suchen hast!“ „Das ist meine Jacht, du Spinner!“, konterte Marco und wies auf unser Boot. „Ich habe jedes Recht der Welt hier zu sein!“ Bei dem Wort „Spinner“ machte Nahele schonwieder einen Satz, aber Aaron blockte ihn wie auf dem Spielfeld und warf ihn um. Mit einem Klatschen landete Nahele rücklings im Wasser und fluchte lautstark. „Marco, ab aufs Schiff!“, blaffte Aaron meinen Bruder an und wies zur Untermauerung zur Jacht hinüber. Marco schnaubte, beugte sich aber der Autorität und stapfte grummelnd an mir vorbei. „Komm, Serena.“, knurrte er und schob mich mit einer Hand auf meinem Bauch rückwärts ins Wasser, aber ich schob ihn weg. „Geh du. Ich will wissen was mit Nahele los ist.“, wies ich ihn ab. Das gefiel ihm sichtlich nicht. Er schnaubte verächtlich und warf sich in die Wellen. Gleich darauf paddelte er hinüber zu den anderen. Ich wandte mich wieder dem Coach zu, der irgendwas leise zu Nahele sagte und ihm wieder auf die Füße half. „Komm erstmal wieder runter. Wir brauchen eh noch eine Weile, bis der Grill richtig warm ist.“, bat er ihn und mein Freund nickte stumm. Aaron klopfte ihm aufmunternd auf den Oberarm und wandte sich dann wieder dem Wasser zu. Schweigend sah ich ihm nach, wie er hinter Marco her schwamm, der schonwieder die Jacht erreicht hatte und an Bord kletterte. Ohne ihn aus den Augen zu lassen verschränkte sich die Arme und ging langsam auf Nahele zu. Marco nahm von Lavinia ein Handtuch entgegen, legte ihr einen Arm um und die zwei setzten sich mit dem Rücken zu uns auf eine Liege. „Was war denn nur los?“, fragte ich Nahele verzweifelt und sah zu ihm auf. Er wischte sich mit einer Hand über Nase und Mund und kontrollierte, ob er nicht vielleicht blutete – doch außer ein paar Blutergüssen würde er wohl nichts von seiner Rangelei mit Marco davontragen. „Gar nichts war.“, knurrte er missmutig und wandte sich von mir ab, ging wieder weiter hinauf auf den Strand. „Nach gar nichts sah das aber nicht aus. Du hättest dich die ganzen Wochen mit Marco prügeln können, stattdessen geht ihr jetzt scheinbar grundlos aufeinander los. Also rede!“ Marco schnaubte und ließ sich in den Sand sinken. Er zog die Beine an und legte die Arme über die Knie. Geknickt wich er meinem Blick aus. „Nun komm schon.“, ich setzte mich vor ihm hin und drückte seinen Unterarm. „Ist es wegen Lavinia?“ Sein Gesicht verzog sich krampfhaft, als hätte er Schmerzen. „Nun komm schon, was ist los?“ Er rang sichtlich nach Worten, dann sah er mich endlich wieder an: „Ich wollte sie küssen…“ Überrascht riss ich die Augen und den Mund auf. „Wow, und ein Kuss ruft solche Ausraster in die hervor?“ Er lachte. „Wenn es mal funktioniert hätte… Die letzten Tage waren einfach so… intensiv.“ „Intensiv inwiefern?“ „Na das Kochen, das Essen, das Fernsehen…“ Ich hob spöttisch eine Augenbraue. „Man, Sera… ich weiß nicht wie ich das ausdrücken soll… irgendwie lief alles darauf hinaus, dass wir miteinander rumgemacht haben… also so irgendwie… ein wenig…“ Ich hob die Augenbrauen noch etwas weiter und sah ihn von unten herauf an. „Und eben… Ihr wart beide plötzlich weg und kein anderer war hier… wir haben hier im Sand gelegen, ich auf ihr… wir haben gerangelt und… Man, sie ist so schön…“ „Komm zum Punkt!“ „Ich wollte sie doch nur küssen! Nur ein einziges Mal!“ „Und sie wollte nicht?“, fragte ich überrascht. Seltsam. Ich hätte schwören können, dass sie Nahele in den letzten Tagen ebenso angesehen hatte wie ich Marco. Voller Sehnsucht und verlangen… Hatte ich mich getäuscht? „Offensichtlich nicht“, schnaubte Nahele. „Sie stieß mich weg und lief einfach davon.“ Ich blies frustriert die Luft aus und sah zurück zum Boot, wo Aaron sich das Handtuch um den Nacken legte und auf Marco einredete, der noch immer auf der Liege saß und sich von Lavinia bemuttern ließ. War sie doch in Marco verliebt? Ich spürte die Eifersucht in mir aufkeimen. Mit ihr dürfte er wenigstens zusammen sein. Sie konnte ihm alles geben, was ich nicht durfte… Behutsam strich ihre Hand über den Rücken meines Bruders und sie rutschte noch etwas näher an ihn heran. Ich wandte lieber das Gesicht ab. Ich wollte nicht sehen was geschah, wenn sie sich küssten… Ich schloss die Augen und zwang mich dazu an was anderes zu denken, doch alles was mein Hirn formulierte war: „Wie schnell er doch von den Gefühlen zu mir abgekommen ist, um sich einer anderen zuzuwenden.“ … Oder hatte er überhaupt Gefühle für mich? Hatte ich das denn nicht nur hinein interpretiert ausgehend von seiner Reaktion, als ich ihm sagte, dass ich ihn… Oh Gott! Ich habe es gesagt! „Hey, Erde an Sera?“ Verwirrt sah ich auf. „Alles ok?“ Ich schüttelte den Kopf und senkte den Kopf. Hatte er etwa doch wieder nur mit mir gespielt? „Sera?“ „Ich habe Marco geküsst.“ Nahele erstarrte augenblicklich und sah mich fassungslos an. Sicherlich überlegte er erst einmal, ob er mich richtig verstanden hatte. Und er hatte Recht! Marco war mein Bruder. Und wir haben uns 17 Jahre lang nur gestritten und angeschrien… Wie lächerlich diese Information nun klingen musste… Wir hatten uns geküsst. Wir hatten uns geküsst… Ich senkte den Kopf. Tränen überkamen mich und ich schluchzte ein paar Mal. Plötzlich bewegte sich Nahele wieder, rutschte näher und nahm mich in seine Arme. In diesem Moment brach einfach alles aus mir heraus. „Nicht nur einmal“, jammerte ich. „Wovon redest du da?“ Ich schniefte. „Seid unser Vater tot ist schlafen wir fast jede Nacht zusammen in einem Bett. Wir kuscheln und streicheln uns und… und dann hat er mir gesagt, dass er der Typ auf der Wohnheimparty war und…“ „Und das glaubst du ihm?“ „Ja!“, jammerte ich und sah Nahele verzweifelt an. „Er hat die richtige Statur und den richtigen Geruch und es fühlt sich genauso an und… und ich habe seinen Herrenduft erkannt.“ Nahele schwieg. „Jeden Abend küssen wir uns und… und fassen uns überall an und… und haben… Orgasmen…“ Nahele fluchte leise und strich sich das Haar zurück. „Serena, er ist dein Bruder! Ein Arschloch und dein Bruder!“ „Ich weiß!“, jammerte ich. „Aber… Es ist wie Lavinia sagte: Er ist so anders…“ Nahele fluchte. „Also hat er mit euch beiden was? Was ein Bastard!“ Ich schüttelte den Kopf. „Nein… Keine Ahnung… Aber sowohl er als auch Lavinia haben gesagt, dass sie nichts miteinander hätten. Sie haben es wohl versucht, aber es wollte nicht so richtig funken zwischen ihnen.“ Nahele rieb sich über den Mund, dann drückte er mich wieder fester an sich. „Scheiße, Serena…“ „Ich weiß…“ Wir schwiegen eine Weile, in der er mich einfach nur fest hielt und ich die Wellen anstarrte, die uns umspülten. „Hattet ihr jemals…“, fragte er dann leise. „Was?“ „Na er und du…“, er machte ein bedeutungsträchtiges Gesicht und wackelte mit dem Kopf hin und her. Ich verstand. „Nein… Also nur per Hand und Mund, aber… Aber er war nie… Also es ist nicht so als ob wir nicht gewollt hätten, aber…“ „Es ist verboten.“, beendete Nahele und ich nickte. „Ja… genau…“, flüsterte ich und er atmete schwer aus. „Und nun?“ „Nichts und nun.“, entschied ich. „Wir dürfen es einfach nicht und wir sollten das, was bisher lief, auch nicht mehr tun. Es schmerzt nur umso mehr, dass wir nicht zusammen sein dürfen…“ Nahele nickte verstehend. „Und außerdem weiß ich nicht, ob er mich denn auch wirklich liebt…“, murmelte ich ohne darüber nachzudenken und Nahele sah auf mich herab. „Wie meinst du das?“ „Na ich sagte ihm, dass ich ihn liebe und rein von seiner Reaktion glaube ich, dass er mich auch liebt, aber… Gesagt hat er es halt nicht.“ „Idiot.“, grummelte Nahele beleidigt und ich kicherte. „Hast du es denn jemals Lavinia gesagt?“ „Was?“ „Na dass du sie liebst?“ Nahele schwieg eine ganze Weile, dann stieß er die Luft aus. „Ach, das hat doch keinen Sinn. Du weißt doch: Uns ist es auch verboten.“ „Ich glaube ihr beide habt eine größere Chance als wir anderen. Aaron und Elijah haben sich Strafbar gemacht und besonders Aaron hat ein Problem, wenn Elli in den Geburtsschein ihres Kindes seinen Namen eintragen lässt. Aber ihr beide: Ihr seid nicht Blutsverwandt. Und nur Cousins. Das muss doch zu etwas gut sein!“ Nahele atmete schwer aus. „Du solltest es ihr sagen.“ „Ja… vielleicht…“ „Hey ihr zwei Verliebten!“, verwirrt sah ich auf, als Elli uns rief. Sie stand an der Reling und winkte mit großer Geste. Marco und Lavinia wandten sich von uns ab. „Das Essen ist fertig! Kommt wieder zurück!“ „Wir kommen!“, rief ich zurück und stand auf. „Kommst du?“ „Gleich. Geh schon mal vor.“, bat Nahele und sah mir hinterher, wie ich Schultern zuckend in das Wasser watete und zum Boot hinüber schwamm. Keiner kümmerte sich mehr um mich, als ich mich auf die Badeplattform zog und die Leiter an Bord erklomm. „Na? Romantisch?“, fragte Grace mich, als ich näher kam und reichte mir mein Handtuch. „Halt die Klappe!“, entgegnete ich lachend und trocknete mich notdürftig, wobei mein Blick zu Lavinia und Marco glitt, die Nebeneinander auf der gepolsterten Bank saßen. Er hatte einen Arm hinter ihr über die Reling gelegt, kaute gerade ein Stück Steak und wandte den Blick ab, als seine Augen meinen begegneten. Lavinia dagegen ignorierte mich komplett. „Würstchen, Steak, Käse? Es ist von allem reichlich da.“, erklärte Elli, nahm einen Teller und wies auf den Grill. „Steak“, bat ich und band das Handtuch um meine Hüften. „Wo ist Nahele?“, fragte Grace und sah zum Strand. Verwirrt folgten wir beide und die Lehrer ihrem Blick, doch Nahele war verschwunden. Oder zumindest saß er nicht mehr auf dem Sand und auch im Wasser war er nicht zu entdecken… „Hey, Leute!“, hörten wir seine Stimme zu uns rüber schallen und wir sahen uns verwirrt um. „Hey, hier oben!“ Irritiert hoben nun auch Marco und Lavinia die Blicke. „Dort“, Elijah wies eine der Felsklippen hinauf. „Was macht der Vogel denn da oben?“ „Lavinia“, schrie Nahele. Aaron lachte leise. „Ich glaube dieses Vögelchen lernt gleich zu fliegen.“, kommentierte er amüsiert. „Lavinia“, schrie Nahele noch einmal nach seiner Cousine. „Ich liebe dich!“ Und in dem Moment sprang er. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)