und dann war alles anders von XdramaX ================================================================================ Kapitel 30: Mittwoch, 12. September 2018 - Nachmittag ----------------------------------------------------- „Soll ich dir was sagen, Charles?“, fragte ich, als ich auf dem Rücksitz der Limousine saß und durch die getönten Scheiben hinaus sah. „Bitte, Miss Matthews.“, unser Chauffeur sah durch den Rückspiegel amüsiert zu mir zurück. „Ich glaube ich will gar kein neues Auto.“ „Nicht?“, fragte er verwirrt. „Ich dachte Sie lieben ihren Aston Martin?“ „Das ist wahr, aber sich zurücklehnen zu können und einfach die Seele baumeln lassen hat auch was.“ Charles begann herzhaft zu lachen. „Das stimmt wohl. Da haben Sie absolut recht.“ Lächelnd sah ich aus dem Fenster, doch dann fiel mir wieder ein, welche Frau Zuhause auf mich lauerte. Zugegebener Maßen hatte sich Miss Florentine mir gegenüber äußerst ruhig verhalten, seit sie mich und Marco am Montag gesehen hatte, doch ich fragte mich noch immer, ob sie den Kuss – oder eher die Küsse – oder gar das Geknutsche – auch realisiert hatte. Wenn ja, warum verriet sie uns nicht? Hm… Vielleicht wollte sie einfach ihren Sohn schützen? Oder gar das Geld. Ohne uns – oder ihn – kam sie ja nicht mehr ran. Ja, das klang komisch, aber ich zerbrach mir inzwischen seit Tagen den Kopf: Warum taucht diese Frau ausgerechnet jetzt auf? Erst dachte ich, dass sie vielleicht eine Hochstaplerin sei, aber Nana hat sie eindeutig erkannt. Sie ist Marcos Mutter. Das hat sie mir auch noch einmal bestätigt. Ein großer Graus: Sie hat sich wohl in all den Jahren kein bisschen verändert. Langsam konnte ich nachvollziehen, warum mein Vater sie mit meiner Mutter betrogen hat. Dennoch blieb die Frage: Wenn sie die ganze Zeit wusste wo ihr Sohn war, warum kam sie dann noch nicht eher zurück? Selbst wenn man davon ausging, dass Dad sie wie ein wildgewordener Stier wieder verscheucht hätte, konnte ich mir nicht vorstellen, dass sie plötzlich aus reiner Nächstenliebe handelte, kaum dass er verstorben war. Etwas stank gewaltig. Oder war ich nur paranoid? „Wie läuft es Zuhause, Charles? Alles im Lot heute?“ – am Tag zuvor hatte Marcos Mutter tatsächlich mehrere Innenarchitekten und Landschaftsgärtner kommen lassen, während wir in der Schule waren, um die Neugestaltung der Villa zu planen. Unsere eigenen Gärtner wären fast in Tränen ausgebrochen, weil sie drauf und dran war sie zu feuern, aufgrund offensichtlicher Unfähigkeit, wie sie es nannte. Was für ein Schwachsinn. Zum Glück hatte Marco diese Leute wieder weggeschickt mit der Ansage, dass er keinerlei Umbaumaßnahmen bezahlen und auch nicht genehmigen würde, immerhin war das sein Grundstück. Das hatte seine Mutter wohl vergessen zu erwähnen – so sahen die Typen zumindest aus, als sie eilig verschwanden. Auch Miss Florentin war nicht begeistert, kaschierte ihre Entrüstung über die offensichtliche Bloßstellung aber indem sie sich erneut bei ihrem Sohn einschleimte. „Bis jetzt war noch alles ruhig.“, verkündete er. „Wirklich?“, fragte ich überrascht. „Nun“, druckste er dann aber herum. „Miss Florentine wollte mir auf Gedeih und Verderb eine andere Aufgabe zuweisen, weil sie es nicht einsah, als ich sagte ich würde Sie abholen, Miss Matthews.“ Ich schnaubte. „Darf ich Ihnen eine ehrliche Frage stellen, Miss?“ „Immer“ „Wann zieht diese Person wieder aus?“ Ich lachte ausgelassen und auch er grinste breit, da fuhren wir bereits auf die Einfahrt. „Mit Verlaub, Ma’am, aber das fragen wir uns alle.“ Ich nickte. „Ich mich auch, Charles… Ich freue mich nicht mehr nach Hause zu kommen.“, er nickte verstehend und parkte den Wagen. Ich sammelte meine Sachen zusammen, da öffnete er bereits die Tür und ließ mich aussteigen. Ich lächelte ihn an: „Und das Türen öffnen ist auch ein Vorteil davon, wenn man gefahren wird.“ Er lachte ausgelassen. Kaum, dass ich die Eingangshalle betreten hatte, sah ich sie bereits. Marcos Mutter stand in der Tür zur Küche und diskutierte mit Nana. Die Haushälterin winkte mir nur kurz zu und ich erwiderte die Geste. Ich wusste nicht, ob Miss Florentin mich auch grüßte, ich wandte mich direkt ab und stieg die Stufen hinauf. Ich erreichte eben mein Zimmer, als mir unser Gast bereits hinterhereilte: „Serena, ich will einen Moment mit dir reden.“ Das war es? Keine Frage, ob ich überhaupt will? Es wird einfach vorausgesetzt? Noch dazu: Duzte sie mich etwa schonwieder? Ich schob diese Fragen erst einmal von mir weg. Sie war immerhin noch immer Marcos Mutter und auch wenn sie mir immer unsympathischer wurde hatte mir Nana doch beigebracht immer freundlich gegenüber erwachsenen zu bleiben… Manchmal versuchte ich mich daran zu halten… Besonders wenn ich keinen Streit mit meinem Bruder riskieren wollte. Ich betrat also einfach mein Zimmer und sie folgte mir. Hinter uns schloss sie die Tür. „Ich will, dass du ausziehst. Noch heute und am besten sofort.“ Überrascht sah ich sie an, aber auch zweifelnd. „Soll das ein schlechter Scherz sein?“, fragte ich wenig begeistert. „Nein“, verkündete sie und setzte sich ungefragt auf den Stuhl meines Schreibtisches. „Du bist kein adäquater Umgang für meinen Sohn also will ich, dass du aus unserem Leben verschwindest.“ Was zum Geier hatte die Frau eigentlich geraucht? „Nein“, entgegnete ich schlicht und wandte mich meiner Tasche zu. Das Gespräch war für mich beendet, doch anscheinend nicht für sie: „Du verstehst nicht recht.“, sie lächelte süß. „Das war keine Bitte.“ „Sie verstehen nicht recht.“, ich kopierte ihren geisteskranken Gesichtsausdruck. „Das hier ist mein Haus und Sie nur unser Gast.“ „So sprichst du nicht mit mir.“, tadelte sie mich hart, was mich im ersten Moment tatsächlich verunsicherte und mir entglitten vermutlich wirklich für eine Sekunde die Gesichtszüge. „Dieses Haus gehörte meinem Mann.“ – Exmann und damit hatte sie keine Rechte mehr daran… Doch die taffen Worte blieben mir im Halse stecken. „Der einzige rechtmäßige Erbe ist mein Sohn und ich bin seine Mutter. Ich bin für ihn verantwortlich.“ „Nana ist unser Vormund.“, korrigierte ich sie. „Nana? Meinst du Miss Jacobs? Miss Jacobs ist nicht seine Mutter. Nur eine Angestellte. Und du bist nur das Kind einer Affäre meines Mannes. Ein Bastard sozusagen. Du hast keine Rechte.“ „In welchem Jahrhundert leben Sie bitte?“ „Werde nicht frech!“, rügte sie mich erneut und ich verschränkte die Arme. „Meine Entscheidung steht fest. Ich werde dich gerne – so großzügig wie ich bin – in dem Penthouse meines Mannes schlafen lassen, doch hier ziehst du aus. Auf der Stelle. Ich will dich nie wieder in der Nähe meines Kindes sehen.“ „Ich werde sicherlich nirgendwo hingehen.“, versicherte ich ihr. „Und nun verlassen Sie mein Zimmer.“ Miss Florentin stand auf und kam auf mich zu. „Ich weiß von eurer kleinen… Affäre.“, erklärte sie mir leise. Affäre? Im ersten Moment verstand ich nicht recht. „Ich habe dich und Marco am Montag im Auto gesehen. Ich weiß, dass du ihn verführt hast und ich denke selbst dir sollte klar sein, dass eine Beziehung zwischen Geschwistern per Gesetz verboten ist.“ Mir klappte die Kinnlade runter. Sie würde mich und damit ihren eigenen Sohn anzeigen? War das ihr Ernst? „Marco werde ich schon irgendwie aus dem Gefängnis freibekommen, aber du würdest darin verrotten.“, versprach sie mir. „Also, wenn du nicht willst, dass eure kleine Liebelei publik wird, dann solltest du deine Sachen packen und verschwinden. Jetzt.“ Sie funkelte mich noch einen Moment nahezu nach Mord geifernd an, dann wandte sie sich ab und rauschte davon. Was sollte ich jetzt machen? Sollte ich es riskieren und bleiben? Und wenn Marco und ich wirklich verhaftet wurden? Wenn man uns wegsperrte wegen Inzest? Aber wir hatten doch gar nichts gemacht, oder? Nun ja, wir hatten uns geküsst und wollten definitiv mehr… Aber mehr war wirklich nicht geschehen. Oder reichte das etwa schon? Ich schluckte schwer, als Nana zu mir herein kam. Irritiert sah sie Miss Florentin hinterher, die vermutlich gerade am Ende des Flurs die Treppe hinunter rauschte. „Alles gut?“, fragte sie mich sanft und ich blinzelte ein paar Mal. „Sie will, dass ich ausziehe.“, erklärte ich fassungslos und sah in das schockierte Gesicht der alten Dame. „So, nun reicht es mir mit diesem Besen!“, verkündete sie wutentbrannt und ging zu meinem Schreibtisch, um den dort stehenden Hausanschluss aufzunehmen. „Nana? Was tust du?“, fragte ich verwirrt. „So sehr ich mich für Marco auch freue, dass er seine Mutter wiedergefunden hat: Mir reicht es endgültig mit dieser Frau. Weißt du welche Beschwerden des Personals ich mir den ganzen Tag anhören darf und nun will sie dich aus deinem eigenen Haus werfen? Jetzt nehme ich die Zügel in die Hand.“ Sie wählte eine Nummer. „Nana, was hast du vor?“ Ich kam näher. „Ich rufe Mr Sanchez an. Er wird das für uns klären. Und notfalls rufe ich die Polizei und lass diese Person aus unserem Zuhause entfernen.“ Anwalt hin oder her: Miss Florentin wusste von uns beiden. Was wenn sie ihre Drohung wahr machte und uns verriet? Ich konnte das doch nicht riskieren… Unruhig lief ich in meinem Zimmer auf und ab. Mr Sanchez war leider in einem Mandantengespräch, doch als ein Kunde mit höchster Priorität versprach seine Sekretärin, dass er anschließend direkt zu uns fahren würde. Nur wann das sein würde… Nana hatte mich angewiesen in meinem Zimmer zu bleiben und die Tür zu verschließen, damit die Frau nicht mehr stacheln konnte. Sobald unser Anwalt da war würde sie mich rufen. Aber war das die Lösung? Wäre es nicht besser, wenn ich einfach ging? Marco konnte seine Mutter weiter bei sich haben und keiner von uns musste ins Gefängnis… Was nur, wenn heraus kam, dass wir uns geküsst hatten? Fahrig blieb ich vor meinem Fenster stehen und sah auf den Pool hinab. Miss Florentin saß dort unten in einem Badeanzug auf einer Liege, mit großem Sonnenhut auf dem Kopf und las ein Buch. Erschrocken fuhr ich hoch. Jemand drückte meine Klinke hinunter. Ich sah zu der Tür. Ein weiteres Mal und dann noch einmal. Immer schneller ging die Bewegung. „Serena?“, hörte ich Marcos Stimme, dann schlug etwas gegen die Tür. „Serena!“ Ein Blick aus dem Fenster verriet mir, dass Marcos Mutter den Ruf wohl gehört hatte. Sicher hoffte, sie, dass ich gerade mit einer Tasche die Villa verließ und wollte sich das Spektakel nicht entgehen lassen. Lächelnd legte sie das Buch beiseite und erhob sich. Warum war nur Mr Sanchez noch nicht da? Und was sollte ich machen? Ich sprang zur Tür. „Serena, verdammt, mach sofort auf!“, Marco hämmerte gegen das Holz. Eilig schloss ich auf. Erleichtert stieß er die Luft aus, fluchte aber verwirrt, als ich ihn hektisch zu mir herein zog und eilig wieder abschloss. „Sera, was…“ Ich legte ihm drei Finger über den Mund und einen an meinen, dann lauschte ich. Aber natürlich war nichts zu hören. „Sie hat dich gehört und kommt sicher hoch…“, flüsterte ich ihm zu und schob ihn weg von der Tür. „Wer?“, fragte er verwirrt. „Was ist denn los mit dir?“ Ich sah aus dem Fenster zum Pool. Seine Mutter war noch nicht wieder zurück. „Sie will, dass ich gehe. Ich sollte schon längst weg sein.“, flüsterte ich ihm zu. „Wer?“ „Deine Mutter.“ Entsetzt sah er mich an. „Sie will was?“ „Pssssssst!“, raunte ich ihm zu und sah zu meiner Tür. „Sag mir, dass das nicht dein Ernst ist!“, verlangte er leise von mir, aber ich schüttelte den Kopf. „Kann ich leider nicht. Als ich nach Hause kam, hat sie verlangt, dass ich sofort ausziehe.“ „Das kann sie nicht. Das ist dein Zuhause! Diese Villa gehört uns beiden.“ Ich lächelte voller Schmerz. Verständnislos verzog er die Miene. „Oder nicht?“ „Doch, tut sie… Aber sie hat uns beide gesehen. Im Auto…“, flüsterte ich und sah reflexartig auf seinen Mund. Verdammt, warum konnte ich an nichts anderes denken, als daran ihn zu küssen, obwohl das Thema so ernst war. „Sie will uns anzeigen, wenn ich nicht gehe.“ Er schüttelte den Kopf: „Nein, will sie nicht.“ Ich schluckte. „Nana hat Mr Sanchez gerufen und will sie mit seiner Hilfe entfernen lassen… aber sie weiß nichts davon, dass wir beide uns… Wenn auch nur einmal…“ Schweigend sahen wir uns einen Moment an, dann trat er einen Schritt näher – reflexartig wich ich zurück und stieß gegen das Fensterbrett. Er ergriff mein Gesicht und überwand den letzten Abstand. Wild und verlangend verbissen sich seine Lippen in meinen. Ich keuchte zittrig und legte die Arme um seinen Nacken. Aufdringlich fuhr seine Zunge in meinen Mund und umkreiste die meine. Seine Hände fuhren an meine Taille. Heftig atmend zog er sich etwas zurück. „Nichts wird mich von dir trennen.“, versprach er. „Erst recht nicht meine Mutter. Du bist mir viel wichtiger.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)