und dann war alles anders von XdramaX ================================================================================ Kapitel 6: Samstag, 11. August 2018 - Abend ------------------------------------------- „Samstag? Oh je… das ist ungünstig…“, hatte Nahele verlegen lachend erklärt und sich im Nacken gekratzt. „Wir haben Lavinia versprochen mit ihr zu kochen und anschließend wollten wir ins Kino und danach vielleicht noch eine Runde Billard spielen…“ Schon wieder sie! Schon wieder Lavinia. Ewig gingen mir die Worte meiner Freunde… meiner Bekannten… meiner Mitschüler… was waren sie eigentlich für mich? Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall gingen mir ihre Worte nicht mehr aus dem Kopf. Und auch der Schmerz in meiner Brust wollte einfach nicht verschwinden. Frustriert lies ich mich auf die Couch im Aufenthaltsraum des Wohnheims unserer Schule fallen und sah durch den dünnen Flaschenhals die Reste meines Wodkas an, den ich anschließend exte. Ich spürte, wie mir die Tränen über die Wangen kullerten. Die Musik war so laut, dass der Bass den Rhythmus meines Herzens veränderte. Überall waren dicht gedrängt die Schüler meiner Schule und doch: Ich war völlig allein. Ohne halt, ohne Stütze… Und schon wieder betrank ich mich hemmungslos. Hey – immerhin konnte ich stolz auf mich sein: Ich hatte noch mit keinem Kerl gevögelt. Aber selbst wenn mich einer angemacht hätte, ich hätte keine Lust gehabt. Ich hatte furchtbaren Liebeskummer. Liebeskummer und Sehnsucht, nach meinen vormals besten Freunden. Nach meiner ehemaligen Familie. Meine Nase begann zu Laufen und ich wischte einmal mit dem Arm darüber. Ich war ja so jämmerlich. Saß hier und heulte einer Bande von Verrätern nach, die mich offenkundig nie geliebt hatten… Sonst hätten sie mich doch nicht einfach so ersetzt… Nun Schluchzte ich doch und zog meine Beine an. Als ich meine Stirn auf meine Knie legte entglitt mir die leere Wodkaflasche und fiel zu Boden. Was machte ich hier eigentlich? Ich gehörte unter meine Bettdecke, dort konnte ich in Ruhe heulen, aber doch nicht hier. Obwohl mir gar nicht nach feiern war, als die Nachricht über ein spontanes Saufgelage in der WhatsApp-Gruppe einiger Partypeople unserer Schule durchgegeben wurde, war ich dennoch gekommen. Ich hatte einfach nicht gewusst wohin mit mir an diesem Samstag. Die Alternative war alleine in meinem Zimmer zu hocken… Aber war diese Party eine bessere Idee? Hier war ich zwar umringt von anderen Leuten, aber noch immer genauso einsam. Und vermutlich tat ich genau das Gleiche, wie ich zuhause gemacht hätte: Heulen. Als ich mir dessen erneut bewusst wurde, legte ich beide Hände an mein Gesicht. Ich hoffte so sehr, dass jemand meine Verzweiflung mitbekäme und mich tröstete, aber was sollte ich erwarten? Die meisten verstanden aufgrund der Musik ja nicht mal ihr eigenes Wort. Doch dann: „Hey, Hey Baby, nicht weinen! Deine schönen blauen Augen…“ Hoffnungsfroh sah ich auf und begegnete dem absolut perfekten, starken Gesicht von Dean. Sofort versank ich in dem unendlichen schwarz seines Blickes. „Oh, Dean…“, seufzte ich verzweifelt und streckte die Arme nach ihm aus wie ein kleines Kind, das hochgenommen werden wollte. Natürlich, wie hatte ich nur diesen perfekten Mann vergessen können? Vielleicht konnte er mich ja lieben? Ich hoffte es so wahnsinnig… Sanft zog er mich in seine Arme und ließ sich dann auf die Couch fallen, sodass ich rittlings auf seinem Schoß saß… Doch irgendwie störte es mich in diesem Moment ungemein, dass seine Hände direkt meinen Hintern fanden und er mein enges Minikleid einfach hochzerrte, bis er meine blanke Haut packen konnte. „Soll Daddy dich wieder glücklich vögeln?“, fragte er grinsend und wollte mir einen Rhythmus diktieren. Mir ging augenblicklich ein Licht auf. Er war auch nicht anders. Er liebte nicht mich, er liebte meinen Körper und meine Gefügigkeit in seinen Händen. Ich lachte leise, als mich diese Erkenntnis mit einem Schläger traf… Doch auch diesmal: Mein Herz verkrampfte furchtbar und ich spürte eine neue Welle an Tränen über mich rollen. Ich war ja so kaputt… Er freute sich schon, als ich seine Hände griff und neben seinen Kopf drückte. Mit einem dunklen Lachen glaubte er, dass ich ihn einfach festpinnen wollte und mich an ihm austoben – sicher hätte ihm das gefallen – aber stattdessen erhob ich mich, richtete mein Kleid und wandte mich ab. „Hey!“, er stand auf und hielt mein Handgelenk fest. „Was wird das jetzt?“ Doch ich machte mich los. „Ich bin nicht in Stimmung, Dean. Such dir eine andere.“, damit wandte ich mich ab. Drehte sich die Erde schon immer so schnell? Brach gerade der Vulkan aus? Ich tapste unbeholfen hinüber zu der provisorischen Bar, suchte eine noch ungeöffnete Flasche – mir doch egal welchen Inhaltes – und fand einen süßen Obstschnaps. Ja, der würde ordentlich knallen. Süßes trank sich immer wie Wasser und machte sich erst nach einiger Zeit bemerkbar, dann aber mit einem Paukenschlag. Ich wollte gerade den Deckel abschrauben, als mir jemand die Flasche entzog. „Hey!“, brüllte ich und folgte dem Gefäß, nur um gleich darauf in das spöttische Gesicht meines Bruders zu blicken. „Meine Fresse, du hast wirklich null Geschmack.“, verkündete er herablassend. „Gib mir meine Flasche wieder!“, giftete ich und wollte mit viel zu viel Schwung meine Erlösung erreichen – was nur dazu führte, dass ich gleich darauf in seinen Armen lag. „Woa, Puh!“, machte er angewidert und zog seine stützenden Glieder unter mir weg. Ich segelte zu Boden, während er sich mit einer Hand angewidert vor der Nase wedelte und diese dann zuhielt. „Scheiße Mann, wie viel hast du schon wieder gesoffen?“, fluchte er und sah abfällig auf mich hinab. „Noch nicht genug um deine Hackfresse zu ertragen!“, keifte ich zurück und stand mit wackeligen Beinen wieder auf. Erneut drehte sich alles um mich herum. Kurz wurde die Musik Dumpf in meinem Kopf. Weiterhin verächtlich musterte mich mein Bruder von oben herab. „Jetzt gib mir meine verfickte Flasche!“, befahl ich erneut und ehe ich wieder gegen ihn taumelte und er sich abermals die Nase zuhalten musste, gab er mir das gewünschte Gesöff lieber freiwillig. „Du bist so armselig.“, schnaubte er und sah dabei zu, wie ich den Verschluss endlich aufbekam. „Und doch bin ich lieber ich als du.“, verkündete ich lallend und setzte an. Plötzlich wurde mir bewusst: Nein, stimmt nicht. In Wahrheit war ich sogar rasend eifersüchtig auf Marco. Viele Freunde, ein gewisses Ansehen, ein vorzeige Sohn… Wobei letzteres nur der Fall war, weil er Nana seine wahre Seite nicht zeigte, sodass sie nichts Negatives an unseren Vater zu berichten hatte… Außer vielleicht, dass wir uns nach all den Jahren nicht leiden konnten… Vielleicht sollte ich Vater wirklich petzen, dass Marco jetzt mit Drogen dealte! … Und dennoch: Ich wollte lieber er sein… Ich nahm die Flasche runter und sah hinein. Das Gebräu war nicht gut. Ich wollte die Wahrheit nicht sehen! Es sollte mich all diese Dinge vergessen lassen und stattdessen sah ich umso klarer, wie es meiner Seele ging… Als ich aufsah, blickte ich in etwas, das ich noch nie gesehen hatte: Marco musterte mich mit einer Mischung aus Verwirrung und Besorgnis… Und plötzlich wurde mir klar: Scheiße! Ich hatte laut zugegeben, dass ich lieber er sein wollte… „Serena, wie viel trinkst du hier schon?“ „Geht dich einen feuchten Furz an.“ „Du hast geweint.“, stellte er weiter fest. „Und auch das ist nichts, was dich zu interessieren hat.“, spukte ich ihm voller Verachtung entgegen und der Ausdruck auf seinem Gesicht wurde augenblicklich wieder so kaltherzig wie sonst. „Bitte, aber ins Koma säufst du dich nicht solange ich dabei bin. Das würde Nana das Herz brechen!“, verkündete er sauer und wollte mir meine Flasche entreißen. „Lass mich in Ruhe!“, quengelte ich gestresst. Wir rangelten um die Flasche… und schon war es geschehen: Die rote, klebrige Flüssigkeit verteilte sich auf seinem schwarzen Hemd. „Boa Fuck! Bist du total bekloppt? Das Zeug geht nie wieder raus!“, fluchte er und sah an sich runter. Ich grinste süffisant und trank provokativ einen Schluck aus meiner Flasche… oder zumindest hatte ich das vor – scheinbar hatte sie sich komplett über ihm ergossen. Grummelnd knallte ich die Flasche auf den Tisch neben mir und verlor fast das Gleichgewicht, doch ich konnte mich noch immer an der Kante bis zu dem Alkohol ziehen. Warum war es so warm in diesem Haus? Diesmal war ich nicht so wählerisch und griff einfach irgendeine Flasche. „Jetzt hör endlich auf zu trinken!“, schrie Marco mich noch einmal an. „Du hast mir gar nichts zu sagen, Arschgesicht! Verpiss dich endlich und lass mich in Ruhe!“ Er sah mich vor Wut schnaubend an und schüttelte seine Hände aus, von denen es ebenso rot tropfte wie von seinem Hemd. „Bitte, kill dich halt. Hab ich ein Problem weniger.“ Er rauschte davon und ich rief ihm nach: „Ein lang gehegter Traum wird endlich wahr, was? Daddys Millionen nur für dich! Du musst so stolz auf mich sein, dass ich endlich unter die Erde wandere! Juhuuuu“, ich sang beinahe, da war sein schwarzer Haarschopf schon verschwunden. Komisch… irgendwie fühlte ich mich jetzt schlecht. Egal. Was macht man gegen ein schlechtes Gefühl? Tipp: Ich hielt die Lösung bereits in der Hand! Ich wollte die neue Flasche öffnen und ansetzen, als auch diese mir entzogen wurde. Warum konnte sich denn niemand seinen eigenen Alkohol beschaffen? Wütend folgte ich meinem Getränk und sah gleich darauf entsetzt in die dunklen Augen von Elli. Verzweifelt versuchte sie den Verschluss zu öffnen und setzte an, als sie es endlich packte. Schlagartig sah ich wieder eine Nuance klarer. „Oh mein Gott, Elli, Süße, was tust du da?!“, fragte ich panisch und wollte ihr die Flasche wegnehmen, aber sie schlug nur mit der freien Hand nach mir und verzog angeekelt das Gesicht, als sie den Alkohol schmeckte. „Lass mich! Das ist meiner!“, meckerte sie und schüttelte sich. „Boa, wie widerlich!“ „Du hasst Alkohol!“, erinnerte ich sie und wollte ihr die Flasche erneut entreißen. „Na und? Ab heute nicht mehr!“ „Was ist denn passiert?“ Elli setzte noch einmal verzweifelt an und trank gierig einen großen Schluck. Als sie absetzte wankte sie leicht und sah mich mit rollenden Augen an. Im Normalfall hätte ich gesagt sie hätte schon mindestens drei Flaschen intus, aber nicht meine Elli! Elli war die Unschuld in Person! Kein Sex, keine Drogen, kein Alkohol, keine Partys… „Elli was ist mit dir? Warum bist du nicht im Kino mit den anderen?“ „Ich war müde und bin nachhause gekommen.“ Ich sah mich um. Wir standen im Lichthof des Wohnheimes vor dem Hinterausgang zum Strand, nicht aber in ihrem Zimmer. „Ja und? Warum schläfst du nicht?“ Sie sah mich zweifelnd an. „Echt jetzt? Das fragst du noch bei diesem Lärm? Außerdem haben irgendwelche Schweine mein Zimmer aufgebrochen und drehen dort gerade einen Porno!“ „Was? Nicht dein Ernst!“ „Doch, da treibt es ein Kerl mit zwei Weibern und ein anderer steht daneben und hält das Handy drauf.“ Ich verzog mitfühlend das Gesicht. „Das tut mir leid, mein Herz, aber Alkohol ist doch auch keine Lösung.“ „Wenn du das machst, dann kann ich das auch!“, nun endlich musterte sie mich. „Du hast geweint.“ Stellte sie fest, doch ich schüttelte den Kopf. Ich wollte ihr nicht sagen wie benutzt und verletzt ich mich fühlte, weil die anderen lieber mit Lavinia ins Kino gingen, als mit mir Lagerfeuer am Privatstrand unserer Villa zu machen. Außerdem war Elli gerade wichtiger. Sie durfte sich nicht so gnadenlos betrinken. „Ich weine, weil du trinkst. Komm, gib mir die Flasche, ja?“ „NEIN!“, sie fauchte mich fast an und ich wich zurück. So hatte ich mein kleines Pummelchen noch nie erlebt. Verzweifelt blickte sie zu mir auf. „Ich bin so furchtbar müde, Sera, und hier ist es immer so laut und erdrückend und… und ich bekomme seit Tagen kein Auge zu.“ Was hätte ich nur tun können? Sie zu mir fahren? Aber dazu war auch ich definitiv nicht mehr in der Lage. Alleine wäre ich wohl gefahren – mein Leben war mir dank der vergangenen Stunden relativ egal – aber doch nicht mit Elli! Wenn ihr nun was wegen mir passiert wäre – nein, so betrunken konnte ich nicht sein, um meine Freunde in Gefahr zu bringen. „Geben wir uns zusammen die Kante, ja? Und dann sitzen wir morgen mit Sonnenbrille und verkatert am Strand.“, schlug sie witzelnd vor, doch ihr Gesicht wurde schon blass… Ich war mir absolut sicher, dass ihr gleich wieder das wunderbare Abendessen, das Nahele ihnen gekocht hatte, hochkam. „Gehen wir einen Augenblick raus? Mir ist so schwindlig…“, heulte sie dann, griff meine Hand und zerrte mich mit sich – ich nutzte die Gelegenheit ihr den Alkohol wegzunehmen und in meinem Magen in Sicherheit zu bringen… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)