Das letzte Geheimnis von Thoronris (Für immer ihr Geheimnis Teil 4) ================================================================================ Kapitel 5: ----------- Hermine. Ich habe inzwischen so viele Geheimnisse vor allen hier, dass ich mich kaum noch traue zu schlafen. Wenn irgendjemand in meinen Kopf schaut, ist alles zu Ende. Nicht nur für mich, sondern auch für deine Freunde hier. Pansy ist aufdringlich in letzter Zeit. Sie sucht immer meine Gesellschaft. Ich will nichts von ihr, das musst du mir glauben. Aber sie denkt offenbar, sie könnte bei mir landen. Und mir fällt es schwer, sie immer wieder abzuweisen, ohne dass es verdächtig wirkt. Ich dachte, vielleicht kann ich im Raum der Wünsche untertauchen, wenn es zu viel wird. Aber das kann ich nicht. Mir war nicht bewusst, dass anscheinend mehr Schüler von dem Raum wissen, aber so ist es jetzt. Immer mehr Schüler, vor allem aus Gryffindor, verschwinden im Schloss. Ich dachte erst, dass die Carrows dahinter stecken, aber so wütend, wie Snape darüber ist, konnte das nicht der Fall sein. Und jetzt weiß ich, wo sie sind. Im Raum der Wünsche. Ich habe zufällig Longbottom gesehen, wie er sich mit den Armen voller Essen in den Raum gestohlen hat. Ich wette, dass alle, die fehlen, sich dort verstecken. Von den Professoren weiß anscheinend keiner, dass es den Raum gibt. Und außer mir weiß es auch keiner aus Slytherin. Ich wünschte, ich könnte mich anschließen. Einfach in den Raum gehen und ihn nie wieder verlassen. Aber ich weiß, das geht nicht. Keiner dort würde mir vertrauen. Und selbst wenn, was wird aus meiner Mutter und meinem Vater? So sehr ich beide auch hasse dafür, dass sie so loyal zu Du-weißt-schon-wem sind, sie sind immer noch meine Eltern. Wenn ich verschwinde, wird er wissen, dass ich vor ihm geflohen bin. Ich will mir gar nicht vorstellen, was er dann mit meinen Eltern macht. Wo bist du? Das letzte Mal, das ich von euch gehört habe, war, als ihr ins Ministerium eingebrochen seid. Ich verstehe nicht, warum ihr immer unbedingt dahin gehen müsst, wo euch am meisten Widerstand erwartet. Das Ministerium ist vollkommen in der Hand der Todesser, das müsst ihr doch wissen. Warum wart ihr da? Nur, um Umbridge zu demütigen? Ich verstehe es einfach nicht. Aber was auch immer ihr da gemacht hat, Du-weißt-schon-wer war unfassbar wütend. Es ist ein Wunder, dass Umbridge noch lebt, nach allem, was ich gehört habe. Vielleicht war das euer Plan? Bei Merlin, Hermine, ich wünschte, ich wüsste, was euer Plan ist. Lange starrte Draco auf den letzten Satz, den er gerade geschrieben hatte. Nur ein winziges Licht erhellte sein Bett, während er mitten in der Nacht mit geschlossenen Vorhängen auf seinem Bett saß und wieder einen sinnlosen Brief an Hermine schrieb. Wie jeder andere Brief davor würde auch dieser am Ende im Feuer landen. Aber noch während er den letzten Satz geschrieben hatte, war ihm aufgegangen, dass es gut war, dass er den Plan nicht kannte. Obwohl er nicht daran denken wollte, bestand die Gefahr, dass irgendwann jemand von seiner Beziehung zu Hermine erfuhr und es an Voldemort weiter trug. Das würde seinen Tod bedeuten, aber wenn er Potters Pläne kannte, würde es den Tod vieler anderer nach sich ziehen. Das wollte er nicht. Anspannung stieg in ihm hoch. Er saß hier in seinem Bett in Hogwarts, in einem Raum mit Theodore Nott, Blaise Zabini und Vincent Crabbe, in Sicherheit, aber umgeben von Zauberern, denen er nicht trauen konnte. Sein Leben war so normal wie es unter diesen Umständen möglich war. Aber er tat nichts. Hatte er jemals in seinem Leben etwas getan, weil er es entschieden hatte? All die Jahre in Hogwarts zuvor, als er Hermine gemobbt und Potter angegriffen hatte, was hatte er da wirklich erreicht? Nichts. Letztes Jahr, als er immer neue Wege gesucht hat, um Dumbledore zu töten, was hatte er da wirklich selbst entschieden? Er hatte im Auftrag des Dunklen Lords gehandelt und es war Hermine gewesen, die ihm jeden Schritt entlang des Weges zur Seite gestanden hatte. Ohne sie hätte er spätestens nach der Hälfte des Schuljahres den Verstand verloren. Hatte er überhaupt schon einmal eine echte, eigene Entscheidung getroffen darüber, was er tun wollte? Selbst jetzt, wo seine Entscheidung war, nicht mit Hermine zu fliehen und ihr und Potter zu helfen, war das nicht wirklich seine Entscheidung gewesen. Er hatte es getan, weil er wusste, dass seine Eltern sonst leiden würden. Er war gefangen in Umständen, die ihm jede Entscheidungsfreiheit abnahmen. Und er hasste es. Er fühlte sich untätig, nutzlos. Fluchend nahm er das Stück Pergament mit dem Brief an Hermine und ließ es in Flammen aufgehen. Er musste etwas tun, irgendetwas, um zu helfen. Um etwas zu tun, was Potter nützlich war. Egal, was es war, egal, wie klein es war. Er musste etwas tun, sonst würde er platzen. oOoOoOo Im letzten Moment konnte Draco sich wegducken. Er hatte den Fluch nicht kommen sehen und keine Möglichkeit gehabt, sich dagegen zu wehren. Mit einem Krachen schlug der Zauber hinter ihm in die Wand ein. „Sehr gut, Mr. Crabbe“, applaudierte Carrow, der neue Lehrer für die Dunklen Künste: „Ich sehe, dass zumindest einer in dieser Klasse versteht, worum es beim Praktizieren der Dunklen Künste geht.“ Seine scharfen Augen richteten sich auf Draco, der gerade aus seiner geduckten Haltung aufstand. „Mr. Malfoy, können Sie mir vielleicht beantworten, was das wichtigste ist, wenn man die Dunklen Künste erfolgreich anwenden will?“ Er wusste, warum der Professor ausgerechnet ihn danach fragte. Die beiden Carrows waren mit auf dem Astronomieturm gewesen, als er Dumbledore gestellt hatte. Sie hatten gesehen, dass er nicht den Willen besessen hatte, um den Schulleiter zu töten. Grimmig erwiderte er: „Man muss es wollen. Man muss die Intention haben, mit seinem Spruch erfolgreich zu sein.“ Ein beinahe wölfisches Grinsen erschien auf dem Gesicht seines Lehrers. „Sehr richtig! Fünf Punkte für Slytherin. Nun, Mr. Crabbe, vielleicht können Sie der Klasse verraten, wie es Ihnen gelingt, so viele mächtige Flüche zu sprechen?“ Alle Augen richteten sich auf Crabbe, der unter dem Lob des Lehrers förmlich aufzublühen schien. Stolz blähte er seine sowieso schon massige Brust auf: „Ich will gewinnen. Auch wenn wir hier nur üben, ich will gewinnen.“ „Gesprochen wie ein wahrer Zauberer“, lobte Carrow ihn: „Der Wille, den Gegner zu besiegen, ist absolut notwendig, wenn man ein Duell gewinnen möchte. Sie können noch so gut als Zauberer oder Hexe sein, noch so geschickt mit Ihren Sprüchen, das alles wird Ihnen in der echten Welt nicht helfen. Wenn Sie zögern, wenn Sie nicht wirklich Ihren Gegner besiegen wollen, dann werden Sie immer langsamer und schwächer sein. Flüche aus dem Bereich der Dunklen Künste sind anderen Zaubersprüchen immer überlegen. Immer. Um diese Flüche anwenden zu können, müssen Sie es wirklich wollen.“ Die Schüler aus Slytherin hingen förmlich an den Lippen des Lehrers, während er im Klassenraum auf und ab ging. Wie immer in diesem Schuljahr waren alle Tische und Stühle beiseite geräumt worden, um Platz zu machen zum Duellieren. Jetzt schritt Carrow vor ihnen im Kreis, sein Blick suchte immer wieder die Gesichter verschiedener Schüler, als wollte er seine Botschaft jedem einzelnen ins Gedächtnis brennen. Entschlossen, keine Schwäche zu zeigen, hielt Draco dem Blick stand. Er verstand sehr gut, was Carrow hier tat, und auch, wenn es ihm missfiel, würde er das niemals öffentlich zeigen. „Unterschätzen Sie niemals Ihren Gegner“, fuhr Carrow fort, während sein Blick weiter durch die Runde wanderte: „Sie wissen nie, welche Tricks ein Gegner auf Lager hat. Selbst eine zierliche Hexe kann sich als hinterhältig und gerissen erweisen. Selbst ein massiger Gegner kann überraschend wendig und schnell sein. Wenn Ihr Gegner bereit ist, die Dunklen Künste anzuwenden, und Sie mit einem Expelliarmus antworten, werden Sie verlieren.“ Gegen seinen Willen musste Draco grinsen. Alleine der Gedanke, in einem echten Duell einen simplen Entwaffnungszauber zu sprechen, war lächerlich. Das war vermutlich der Punkt, auf den Carrow hinaus wollte, denn mehrere Schüler im Raum kicherten ebenfalls. Dass Potter diesen Zauber so gerne anwendete, würde ihm eines Tages noch zum Verhängnis werden. „Endlich haben wir einen kompetenten Lehrer“, flüsterte Pansy neben ihm leise: „Ich finde es gut, dass wir endlich die Dunklen Künste lernen, anstatt immer nur die Verteidigung dagegen.“ Innerlich war Draco hin- und hergerissen. Einerseits fand er das Thema tatsächlich selbst faszinierend, andererseits war es definitiv nicht richtig, von einem hochrangigen Todesser darin unterrichtet zu werden. In einer selbstgefälligen Geste kreuzte er die Arme vor der Brust. „Professor Carrow weiß wenigstens, wovon er spricht.“ Pansys Augen leuchteten auf. „Er ist ein Todesser, oder?“ „Du weißt, dass ich über solche Dinge nicht sprechen kann“, erwiderte Draco leise und ernst. Obwohl er das vor allem sagte, weil es zu dem geheimnisvollen Bild passte, das Pansy offensichtlich von ihm hatte, lag doch ein wenig Wahrheit darin. Er wusste nicht, ob die Öffentlichkeit wissen durfte, dass die Carrows Todesser waren, also schwieg er lieber. „Natürlich isser das“, grunze Crabbe neben ihnen. Augenblicklich verspannte sich Dracos Kiefer. Warum war Crabbe nur so versessen darauf, ihn vor seinen Freunden schlecht dastehen zu lassen. Hatte er ihm immer noch nicht verziehen, dass er letztes Jahr mit Vielsafttrank als junges Mädchen Schmiere stehen musste? Oder wusste er wirklich mehr, als er wissen durfte? „Wenn du das sagst“, gab Draco kühl zurück, ohne ihm einen Blick zuzuwerfen. Er würde nicht vor Crabbe die Beherrschung verlieren. Obwohl er erstaunlich gut im Duellieren war, war er immer noch derselbe Dummkopf wie zuvor. Voller Arroganz verschränkte Crabbe die Arme vor der Brust. „Er hat’s mir gezeigt, weißt du? Sein Mal.“ Pansys Augen wurden groß, doch Draco konnte darüber nur lachen. „Na klar hat er das. Sicher.“ „Hat er wirklich!“, mischte sich jetzt Goyle ein, der auf der anderen Seite der kleinen Gruppe stand. „Crabbe hat’s mir direkt erzählt, nachdem er von seiner Extrastunde mit Carrow zurückgekommen ist.“ „Und das ist jetzt ein Beweis?“ „Ich glaube das auch nicht“, verkündete Pansy plötzlich und hakte sich bei Draco unter. „Kein Todesser ist so dumm, sich einfach so dazu zu bekennen. Die Zaubererwelt ist noch nicht bereit, die Wahrheit anzuerkennen, die Ihr-wisst-schon-wer zu verkünden hat, also schweigen seine Anhänger. Wer so den Mund aufreißt wie du, Crabbe, der meint es offensichtlich nicht ernst.“ Gerade so konnte Draco noch das Lob runterschlucken, das er unwillkürlich hatte aussprechen wollen. Wer hätte gedacht, dass Pansy ihm tatsächlich einmal so direkt zu Hilfe kommen würde? Und dass sowohl Crabbe als auch Goyle plötzlich wieder ziemlich dümmlich aus der Wäsche schauten, setzte dem Ganzen eine Krone auf. „Was wird denn da so getuschelt, meine Herrschaften?“, peitschte plötzlich die kalte Stimme ihres Lehrers durch den Raum. Unwillkürlich traten alle vier einen Schritt zurück. „Wir haben nur den Inhalt der heutigen Stunde besprochen“, säuselte Pansy, während sie Carrow einen unschuldigen Augenaufschlag schenkte. „Während die Stunde noch in Gange ist?“, schmetterte Carrow ihre Worte ab: „Das ist erstens nicht höflich und zweitens verpassen Sie die Hälfte.“ Mit geröteten Wangen senkte Pansy den Blick. Dracos Kiefer mahlten aufeinander, doch er hatte ebenfalls nichts zu ihrer Verteidigung zu sagen. Es störte ihn, dass Carrow sie so offen bloßgestellt hatte. Insgeheim fragte er sich, ob der Professor nicht einfach nur nach jeder Gelegenheit suchte, um ihn zu ärgern. Er fand es offensichtlich lustig, dass Snape auf dem Astronomieturm die Sache hatte beenden müssen. Er musste unbedingt dafür sorgen, dass Carrow ihn nicht im Laufe des Schuljahres vor allen bloßstellte. Wenn seine Mitschüler erfahren würden, dass er nicht der Held war, den sie in ihm sahen, würde sein Ansehen direkt wieder in den Keller stürzen, so wie im letzten Jahr. Mit einem Seufzen blickte er zu Professor Carrow. Hätte er sich vor zwei Jahren gefreut, ihn als Lehrer zu haben? Damals hatte er auch begierig jede Macht, die Umbridge ihm übertragen wollte, angenommen und ausgelebt. Er wusste, dass es vor allem Hermine zu verdanken war, dass er die Dinge inzwischen klarer sah. Aber die Angst, die Todesangst, die er das ganze letzte Jahre über verspürt hatte, und die ihn auch heute noch nicht ganz verlassen hatte, war ebenfalls sehr real gewesen. Vielleicht war es das, was ihn wirklich so verändert hatte: die Konfrontation mit der Realität. Wenn Crabbe oder Pansy sich wirklich auf Leben und Tod duellieren müssten, wenn sie so wie er Todesangst hätten, dann würden sie sicherlich nicht mehr so großspurig daherreden und so tun, als wäre es cool, anderen Menschen Grausames anzutun. Da war sich Draco sehr sicher. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)