Koi no mae wa ... von Harulein (Wie alles begann ...) ================================================================================ Kapitel 1: [Meto] Ein erster Blick ---------------------------------- Schweigen. Stille. Kein Ton, kein Laut, kein Geräusch. Nur vielleicht das Ticken der Uhr an der Wand meines Zimmers, und das kaum hörbare Piepsen meines PCs im Standby-Modus. Aber kein Wort. Ich saß seit bestimmt einer Viertelstunde auf meiner Bettkante und starrte Löcher in die Luft, wie so oft. Draußen schien die Sonne, ich spürte sogar ein wenig Wärme auf meiner Haut. Aber zugleich auch Angst. Angst vor draußen, vor den Menschen dort, ihren Blicken und Bemerkungen, mit denen ich nicht umgehen konnte, aus demselben Grund, aus dem ich in diesem Moment in Stille hier saß. Ich konnte nicht sprechen. Nun ja, theoretisch beherrschte ich die Sprache. Ich konnte ganz normal Worte denken und lesen und schreiben ging auch, man konnte sogar meine Handschrift als ‚schön‘ bezeichnen. Aber sobald ich versuchte, etwas zu sagen, wirklich auszusprechen, versagte ich, brachte nur stotternde, ungeordnete, dumm klingende Satzteile zustande. Das war noch nicht immer so, hatte erst begonnen, als ich in der Mittelschule war, und jetzt, mit achtzehn Jahren, war es so weit, dass ich fast gar nicht mehr sprach, vor lauter Scham über meine Unfähigkeit. Ich hatte jetzt vor Wochen zuletzt wirklich gesprochen … Die Schule hatte ich mit Ach und Krach hinter mich gebracht, mich aber nie für eine Universität beworben. Wie sollte ich denn so, wie ich war, auch irgendwo angenommen werden? Und nachdem sich das Thema Uni also erledigt hatte, hatte ich mich mit meiner ganzen Energie einem anderen Projekt zugewandt, das in die entgegengesetzte Richtung wies: Visual Kei. Ich hatte meine Haare färben lassen, zuerst blond, dann hellblau, trug einen Sidecut und Undercut auf beiden Kopfseiten, so eine richtig schöne Punkfrisur, mit der ich mich echt wohl fühlte. Entsprechende, schräge, schwarz-bunte Klamotten waren dazu gekommen, und dann die Piercings, an meinen Ohren, Lippen, meiner Nase … Und als mir auch das zu wenig gewesen war, weil ich meine Freude an der Körperkunst entdeckt hatte, kamen zwei Tattoos dazu. Zuerst ein rot-schwarzes Anarchie-A auf meiner Brust, geschmückt von zwei weiteren Piercings dort. Und dann, als ich in der Materie so richtig aufging, hatte ich mich mit einer sehr fähigen und lieben Tattoo-Künstlerin zusammengesetzt und mein eigenes Motiv entwerfen lassen: Ein knallbunt gemaltes Baby im Mutterleib, das seinen Platz schließlich auf meiner linken Brustseite fand, und sich mit weiteren bunten Elementen bis auf meinen linken Arm und meine Hand ausdehnen sollte. Es war ein schräges, verrücktes, durchgeknalltes Bild meiner Selbst, das Baby trug dieselben Ohr-Piercings wie ich. Noch war nur dieses Baby bunt, vom Rest hatte ich nur die noch ungefärbten Linien auf dem Arm, etwa bis zum Ellbogen. Doch in letzter Zeit hatte ich nicht mehr daran weiter arbeiten lassen. Nicht, weil es mir nicht mehr gefiel, sondern weil ich kaum noch das Haus verließ. Ich lebte mit meinen Eltern in einem sehr großen, edlen Haus, das sich gut und gerne als Luxus-Villa beschreiben ließ, und weil meine Eltern viel arbeiteten, um unseren Reichtum zu erwirtschaften, war ich meistens alleine. Ich fühlte mich einsam, doch zugleich wollte ich nicht mehr raus gehen. Eine Angst hatte von mir Besitz ergriffen, die sich vielleicht mit „Sozialphobie“ beschreiben ließ und mich auch nahe an eine Art Depression brachte. Ich erwog jeden Tag ein Stückchen mehr, einfach gar nicht mehr raus zu gehen. Das Wort Hikikomori schwirrte mir durch den Kopf, und ich dachte, vielleicht würde das meine Art zu leben sein. Zu meinen früheren Schulfreuden hatte ich längst den Kontakt verloren, neue Freunde fand ich wegen meiner Sprachprobleme nicht, nur ein paar Internetkontakte, die sich ja vielleicht ausbauen ließen … Meine Eltern merkten langsam schon, dass es mir nicht gut ging, aber ich sprach nicht mit ihnen darüber, wollte sie nicht belasten. Und ganz sicher, dass ich zum Hikikomori werden wollte, war ich auch noch nicht. Während ich hier saß und über mich und mein Leben nachdachte, mein Alleinsein und meine Angst vor der Gesellschaft, zu der ich mich nicht mehr zugehörig fühlte, zogen draußen Wolken vor die Sonne. Vielleicht würde es nachher regnen. Ich ließ mich auf den Rücken sinken, starrte an die Decke, und dachte kurz daran, Musik anzumachen, Dir en grey vielleicht, die mochte ich ziemlich gern. Ich hatte sogar ein Poster von ihnen an der Wand. Neben meinem Kopfkissen saß mein Teddy, Ruana, sie sah ebenso schräg aus wie ich, mit ihrem Reißverschlusshals und dem lila Kopf dort, wo sich mal ihr rechtes Auge befunden hatte. Sie sah mich an, und ich blickte zurück. Ruana mochte es nicht, dass ich so einsam war, sie versuchte mit solchen Blicken, mich dazu zu bewegen, dass ich doch noch raus ging in die Stadt. „Ich kann das nicht“, dachte ich, laut sprechen brauchte ich bei Ruana nicht. „Kannst du doch.“ „Nein.“ „Doch!“ Ruana sah mich für Teddy-Verhältnisse ziemlich energisch an. „Meto, du kannst doch nicht immerzu nur drinnen sitzen! Geh raus, heute ist Stadtfest, da sind viele Leute kostümiert, niemand wird dich anstarren!“ Stadtfest. Trubeliges, lautes, viel zu lebhaftes Stadtfest. „Metoooo …“ Ruana zog meinen von mir selbst ausgedachten Pseudonym-Namen ungeduldig in die Länge. „Komm schon!“ „Nur, wenn du mitkommst“, zischte ich in Gedanken und griff sie mir. Stand auf, nahm meine Tasche mit Portmonee und Handy darin, und zog meine Jacke an. „Zufrieden.“ Ruana grinste. „Japp.“ Und so ging ich die Treppe runter, zog im großen Eingangsbereich unserer Villa meine Schuhe an und ging dann tatsächlich raus. „Das wird jetzt die Probe aufs Exempel. Wenn ich das jetzt verbocke, dann war’s das, dann geh ich gar nicht mehr raus“, dachte ich und steckte Ruana tief in meine Umhängetasche. Sie war meine Privatsache, ging niemanden was an. Während ich dann also von meiner etwas außerhalb gelegenen Wohngegend in Richtung Innenstadt lief (die Stadtbahn mochte ich nicht nehmen), überall Läden und Restaurants und kleine Parks und viele, viele Menschen sah, machte mich die Aussicht, das alles bald nicht mehr sehen zu können, weil ich mich in meinem Zimmer vor der Welt verstecken wollte, doch irgendwie traurig. Denn ich hasste die Welt ja nicht, ich fühlte mich nur so ausgeschlossen und allein … Warum ging ich nur gerade auf dieses Stadtfest? Ich verstand es selbst nicht so wirklich. Schließlich hatte die Unterhaltung mit Ruana vorhin nur in meinem Kopf stattgefunden, ich war also selbst auf die Idee gekommen. Ich wusste nur nicht, woher. Aber es fühlte sich irgendwie wie Schicksal an, wie „Letzte Chance“ und „Jetzt oder nie mehr“. Mit diesem Gefühl kam ich auf dem großen Platz an, an dessen Kopfende ein großes Tor mit roter Laterne stand. Ich sah die Unzahl an bunten Festständen und hörte die schrille, laute Musik der Musiker vom Schrein. „Dann mal los“, dachte ich zu Ruana und packte meine Tasche etwas fester. Tatsächlich schien mich in diesem Getümmel niemand so wirklich zu bemerken. Ich fühlte mich nicht angestarrt, konnte fast in der Menge abtauchen, und wenn doch jemand starrte, so gelang es mir heute, das nicht zu bemerken. Die zahllosen Eindrücke, der Geruch der Essensstände, die bunten Stände voller Spielzeug und anderem Zeug und die lauten Rufe der Glückslosverkäufer überdeckten alles. Ich sah hierhin und dorthin, während ich durch die schmalen Gassen zwischen den Ständen ging, kurz dachte ich sogar daran, mir an einem der Stände eine Tüte Cracker zu holen. Aber ich entschied mich dagegen, ließ mich weiter treiben, ohne die Menschen um mich herum wirklich anzusehen … Bis ich, unaufmerksam wie ich war, in diesem fließenden Gedränge mit jemandem aus der mir entgegen kommenden Menge zusammenstieß. Einen Augenblick lang schien alles auf einmal zu passieren, ich fiel beinahe hin, hörte das metallische Klimpern zu Boden fallender Münzen, fing mich gerade noch so selbst ab, und hörte im selben Moment ein gezischtes „Fuck!“ Meine Tasche glitt mir von der Schulter und landete auf dem Boden, ich hob sie auf und sah dann erst, wen ich da umgerannt hatte: Eine schmale Gestalt, die vor mir auf dem Boden kniete und hastig die herumliegenden Münzen wieder einzusammeln versuchte. Ein junger Mann, vielleicht nur ein wenig älter als ich. Schwarzes Haar, etwas über schulterlang, aber strähnig und ungewaschen. Sein abgewetztes, dunkles T-Shirt entblößte mit dunkelblauer Tinte zutätowierte Arme, eine zum Teil zerrissene Jeans verbarg auffallend dünne Beine, und die schwarzen Schuhe waren völlig abgetragen. Er hob kurz den Kopf, sah mich an, mit dunkelbraunen Augen, in denen eine solche Einsamkeit und Trauer herrschte, die so hoffnungslos und resigniert aussahen, dass mir zum ersten Mal seit Wochen ein einzelnes Wort entwich: „… Entschuldigung…“ Er antwortete nicht, sondern kroch weiter auf dem Boden herum und versuchte, trotz der vielen Leute um uns herum, sein Geld wieder zusammen zu suchen. In der Hand hielt er eine abgewetzte Mütze, da hatte er die Münzen wohl drin gehabt. Ein Obdachloser? Sofort tat mir unser Zusammenstoß noch mehr leid. Anscheinend war er einer der Obdachlosen, die das Fest zum Betteln nutzten, und ich hatte durch meine Unachtsamkeit seine gesamten, mageren Einnahmen verstreut. Ich kniete mich hin und versuchte, ihm beim Aufsammeln zu helfen. Dabei sah ich wieder seine Augen und diese wahnsinnige Trauer und Einsamkeit in ihnen. Einsamkeit, das kannte ich auch, nur zu gut. Augenblicklich fühlte ich eine Art Verbindung zu diesem Mann, der anscheinend genauso am Rande der Gesellschaft stand wie ich, wenn auch auf andere Art. Manche der Münzen waren so weit weg gerollt, dass wir sie nicht mehr aufsammeln konnten. Schon wichen die Leute um uns herum aus, doch sie gingen und gingen und ich kam an die meisten Münzen nicht mehr ran. Kurzentschlossen kramte ich mein Portmonee aus meiner Tasche, nahm einen Tausend-Yen-Schein heraus und hielt ihn dem Mann hin. „… Hier, …bitte …“, sagte ich leise, es fühlte sich seltsam an, wieder zu sprechen. Er sah mich ungläubig an. „… So viel?“ „Ja… Jetzt… nimm schon…“ Ich lächelte ihn an, oder versuchte es zumindest. Es fühlte sich an, als ob ich fast ein wenig rot wurde. Er streckte die Hand aus und ich drückte ihm den Schein in die Hand, die größer war als meine. Obwohl sie nicht sauber waren, Schmutz unter den Fingernägeln und dunkle Schrammen auf der Haut, hatten seine Hände etwas Schönes an sich, etwas, das mich dazu brachte, ihn wieder anzulächeln. Er hatte zwei kleine Tattoos auf den Fingern der linken Hand, die gefielen mir. Einen Moment lang blickten wir uns an, dann stand er auf, steckte den Geldschein tief in seine Hosentasche und sagte leise: „Danke.“ Er drehte sich um, wandte sich zum Gehen, doch aus einem inneren Impuls heraus packte ich ihn am Ärmel. Er war der erste Mensch, mit dem ich seit langem ein paar Worte gewechselt hatte und allein deshalb konnte ich ihn nicht so einfach gehen lassen. Ich wollte zumindest seinen Namen wissen. „Warte … mal“, stotterte ich, als er mich irritiert und fragend ansah. „Wie …heißt du…?“ Er sah mich einen Moment lang an, ohne etwas zu sagen, dann antwortete er: „Nenn mich Tsuzuku.“ Tsuzuku. Ein schöner, irgendwie besonderer Name. Er konnte ‚buchstabieren‘ bedeuten, oder auch ‚andauern, weitergehen, etwas fortsetzen‘. Als Vorname war er aber eher unüblich, und ich vermutete, dass es sich um ein Pseudonym handelte. „Ich… bin Meto…“, sagte ich leise, benutzte also selbst meinen Nicknamen und fügte automatisch ein leises „Freut mich, dich kennen zu lernen“ an, von dem mir erst Sekunden später auffiel, dass ich es ohne jedes Stocken herausgebracht hatte. Tsuzuku lächelte, nur ein wenig und es erreichte seine Augen kaum, aber er tat es und es sah ein bisschen schön aus, und er erwiderte höflich: „Freut mich auch.“ „Wo … lebst du denn…?“, fragte ich leise. „Akutagawa-Kouen … unten am Fluss, bei der Brücke.“ Die Antwort schien ihm doch schwer zu fallen, sicher nicht verwunderlich, vermutlich schämte er sich dafür. Ich ließ seinen Arm los, er drehte sich einfach um und verschwand wieder in der Menge. Doch ich wusste, ich würde hingehen zu diesem Park, und ihn wiedersehen. Er hatte etwas an sich, das mich anzog, wie ein fremder, seltsamer, und zugleich so eigenartig vertrauter Magnet, dessen Anziehung sich neu und vertraut zugleich anfühlte. Ich überlegte, ob ich ihn irgendwoher kannte. Vom Tätowieren vielleicht? Nein, in dem Studio, wo ich immer hin ging, wäre er mir längst aufgefallen. Und in der Szene bewegte ich mich so wenig, nein … Ich kannte ihn nicht, hatte ihn nie zuvor gesehen, und dennoch war es so, als kannte ich ihn doch. Dass ich ihm gegenüber einen Satz ohne Stocken herausgebracht hatte, und diese Einsamkeit und Trauer in seinen Augen, es ließ mich nicht mehr los. Wie automatisch ging ich weiter, in dieselbe Richtung, in der er verschwunden war, doch ich fand ihn nicht mehr. Und so beschloss ich, nach Hause zu gehen. Morgen war auch noch ein Tag, und diesen Mann dort zu suchen, wo er seinen Worten nach in der Stadt zu finden sein konnte, würde ein Vorhaben sein, für das es sich lohnte, raus zu gehen und das Hikikomori-Dasein noch ein wenig aufzuschieben. Auf dem Weg raus aus der Innenstadt und in Richtung zu Hause fing es dann wirklich noch zu regnen an. Ich setzte meine Kapuze auf und rannte die Straße zu unserem Haus entlang, und dabei musste ich an Tsuzuku denken, diesen jungen, so furchtbar einsam aussehenden Obdachlosen, der jetzt vielleicht irgendwo in einer zugigen, kalten Ecke saß und fror, während ich gleich in mein warmes, gemütliches, luxuriöses Zuhause zurückkehren würde. Den Abend dieses Tages verbrachte ich mit meiner Spielekonsole, nur unterbrochen davon, dass meine Mutter mich zum Abendessen rief. Ich ging runter, aß mit, aber ich sprach kein Wort, erzählte auch nicht, was ich erlebt hatte. Nach dem Essen ging ich wieder rauf und spielte weiter, später klickte ich mich noch ein wenig durchs Internet, suchte zum ersten Mal nach Informationen über die Obdachlosen in meiner Stadt und die Hilfsangebote für solche Menschen, und fand die Seite einer Organisation, die hier in der Stadt eine Notunterkunft betrieb. Aber viel Information oder gar Bilder waren da nicht zu sehen, und so schloss ich die Seite wieder. Ich nahm Ruana wieder aus meiner Tasche, setzte sie auf ihren Stammplatz neben meinem Bett und ging dann in mein Badezimmer, das sich direkt neben meinem Zimmer befand. Mama und Papa hatten unten ein anderes Bad, weshalb ich dieses hier oben ganz für mich allein hatte. Ich hatte eine Dusche, eine Badewanne, Waschbecken und Toilette, und alles, was ich nur gebrauchen konnte an Spiegeln, Kosmetik und so weiter. Seit ich mich für Visual Kei begeisterte, glich mein Bad eher dem einer sich viel schminkenden, schönheitsbewussten jungen Frau, als dem eines Jungen oder Mannes von achtzehn Jahren, der ich ja war. Aber das war mir egal, ich war nun mal so. Ich schminkte mich gern und trug wahllos Kleidung aller Geschlechter, Hosen, Röcke, alles, Hauptsache es gefiel mir. Und dass ich schon seit meiner Kindheit wusste, dass für mich als Partner in der Liebe nur ein anderer Junge beziehungsweise Mann infrage kam, und ich Mädchen und Frauen nur als gute Freundinnen ansehen konnte, machte es einfach noch klarer. Ich hatte zwar bis jetzt noch keinen festen Freund oder auch Sex gehabt, aber ich wusste es einfach, ich stand auf Männer. Nach dem Badezimmerbesuch ging ich gleich ins Bett, aber es dauerte eine Weile, bis ich einschlief. In meinem Kopf stellte ich mir vor, morgen in diesen Park zu gehen, den Akutagawa-Park, von dem ich wusste, dass dort oft eine Mischung aus Punks, Visuals und Obdachlosen herumhing. Ich hatte tatsächlich schon öfter überlegt, dorthin zu gehen, eben wegen der Visuals, aber bisher hatte ich mich nicht getraut. Meine Gedanken kreisten um Tsuzuku, diese Begegnung mit ihm, der so kaputt und traurig aussah und dabei hinter dem mangels Möglichkeiten ungepflegten Äußeren irgendwo so eine Schönheit in sich hatte. Ich erinnerte mich an den Klang seiner Stimme, an die Form seiner Hände, und immer wieder dieser Ausdruck totaler Einsamkeit und tiefem Schmerz in diesen braunen Augen. Irgendwas war da, was in mir den Wunsch weckte, ihn wieder zu sehen, und ihm zu helfen. Ich sah mich in meinem Zimmer um, sah meine große Musikanlage, meine Spielekonsole, meine teuren Kleider und die vielen Dinge, die ich besaß, die Zeichen des großen Wohlstandes, in dem ich von klein auf lebte. Und dachte dann an diesen Mann, der wahrscheinlich nur das besaß, was er am Leib trug, oder was vielleicht noch in einen kleinen Koffer passte. Es war ungerecht, fand ich, und dachte an das, was soziale Organisationen auf ihren Plakaten verkündeten: Dass jeder etwas Kleines tun konnte und musste, um anderen zu helfen, denen es schlechter ging. Meine Eltern halfen auch, indem sie in ihrer Arbeit als Anwälte Menschen verteidigten, die vielleicht zu Unrecht unter Verdacht standen. Und bisher hatte ich immer nur zugesehen, nur gute Gedanken gehabt, und nichts getan. Jetzt sah ich, ich hatte die Möglichkeit, etwas zu tun. Ich würde anfangen, zu helfen, indem ich morgen zu Tsuzuku ging, ihm vielleicht noch ein wenig Geld zusteckte, und ihn fragte, was ich für ihn noch tun konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)