Eine Begegnung bestimmt vom Licht von Rizumu ([Eli x Nozomi | Sommerwichteln'18]) ================================================================================ OneShot ◊ Eine Begegnung bestimmt vom Licht -------------------------------------------- »Eli!« Die junge Frau, die gerade gerufen worden war, stand an dem äußersten Punkt des alten, klapprigen Stegs. Sie blickte fast schon verstört aufs Meer hinaus und klammerte sich an das Handtuch, welches man ihr gegeben hatte. »Eli!«, dröhnte es erneut an ihr Ohr und kurze Zeit später schmiss sich ein kleiner Körper an sie. Das kleine Mädchen drückte sich verzweifelt an sie und weinte. Sie schluchzte und es war ihr vollkommen egal, dass Elis Körper von dem kalten Meerwasser nass und durchgefroren war. »Eli«, schluchzte sie und wimmerte. Doch Eli reagierte nicht. Sie stand einfach nur da und sah aufs Meer hinaus.       Eli war eine junge Oberschülerin, die mit ihrer kleinen Schwester in einem kleinen Ort am Meer lebte. Ihre Großmutter kümmerte sich seit vielen Jahren um sie. Seit dem Tag am Hafen, an dem Fischer sie aus dem kalten, russischen Wasser gezogen hatten, waren zwei Wochen vergangen und sie war jeden Tag nach der Schule an diesen Steg zurückgekehrt. Auch wenn ihre kleine Schwester sich viel zu viele Sorgen um sie machte. Alisa befürchtete wahrscheinlich, dass sie sich ins Meer stürzte und sich das Leben nehmen würde. Auch an diesem Abend stand sie hier und blickte auf das Meer hinaus. Eli konnte sich nicht erklären, warum sie immer wieder hierherkam. Sie hatte nie wirklich eine besonders enge Bindung zum Meer gehabt, aber seit dem einem Tag war alles anders. Eli war zum Meer gekommen um zu trainieren. Seit sie denken konnte, nahm sie Ballettunterricht und hatte schon ein einigen Wettbewerben teilgenommen. Sie war nicht einmal mehr in der Lage sie aufzuzählen. Aber ihre Großmutter konnte es. Jeden einzelnen Wettbewerb. Sie konnte sich noch an das Datum, Elis Startnummer, ihr Stück, ihre Fehler, ihre Erfolge und ihre Platzierung erinnern. Eli war so oft gescheitert, wie sie erfolgreich war und der Druck war groß, das war er immer noch. Der bevorstehende Wettbewerb könnte ihr zu internationalem Ruhm verhelfen, sollte sie erfolgreich sein und eine gute – natürlich nur die beste – Platzierung erreichen. Ihre Großmutter erwartete ihren Erfolg, ihre Schwester erwartete ihn und bei Eli selber war es nicht anders. Der Druck stieg immer weiter und drängte sie vor eine Wand, an der sie nicht vorbeikam. Sie hatte das Gefühl, nicht gut genug zu sein, und war auf der Suche nach einer Möglichkeit besser zu werden, auf einen Film gestoßen, indem ein Junge Karate lernte und für Gleichgewichtsübungen mit einem alten Boot auf einen See hinausfuhr. Es hatte nicht lang gedauert, bis sie den Entschluss gefasst hatte, diese Übung selber auszuprobieren, und da sich in dem Besitz ihrer Großmutter ein kleines Ruderboot aus Holz befand, war sie an diesem Tag hinaus aufs Meer gefahren, ohne eine Begleitung, ohne jemandem Bescheid zu sagen. Nicht weil sie Angst gehabt hätte, dass jemand sie davon abgehalten hätte, sondern vielmehr, weil sie in ihrem Tatendrang nicht daran gedacht hatte. Eli war an diesem Tag hinaus gerudert, so weit, dass der Lärm des Hafens sie nicht ablenken würde, aber nah genug, dass sie die Menschen, die dort arbeiteten oder spazieren gingen, sehen konnte. Und dann hatte sie ihre Ballettübungen begonnen. Erst vorsichtig und dann, nachdem sie sich an das Schaukeln der Wellen gewöhnt hatte, war sie mutig geworden. Es dauerte nicht lange und sie verspürte einen Erfolg. Nicht in ihren Fähigkeiten, aber in ihrem Empfinden. Es machte ihr Spaß so zu tanzen, mit den Bewegungen der Wellen und kurz darauf hatte sie das Gefühl, als würde das Meer mit ihr tanzen. So wiegte sie sich hin und her, vergaß das Empfinden von Zeit und ihrer Umgebung, selbst das Boot war irgendwann in Vergessenheit geraten und das, was geblieben war, war das Gefühl, direkt auf dem Meer zu tanzen. Und dann geschah es. Ein Sturm war aufgezogen, der Wellengang härter geworden und das kleine alte Boot ihrer Grußmutter hatte dem Tanz nachgegeben. Es war umgekippt und Eli stürzte überrascht und überrumpelt in die kalte, raue See. Der Sog zog sie hinab in die schwarze Tiefe und sie konnte nichts anderes als die Finsternis des Meeres sehen. Bis auf dieses Licht. Ein violettes Leuchten und eine Hand. Eine sanfte Stimme, die ein Lied sang und Elis Augen wurden schwer. Ihr war schwarz vor Augen geworden und als sie diese wieder geöffnet hatte, blickte sie in das verweinte Gesicht ihrer Schwester. Man hatte ihr erklärt, dass man sie am Strand gefunden hatte, neben ihr die Reste ihres alten Bootes, und dass sie verdammt viel Glück gehabt hätte, dass sie an Land gespült worden war, denn niemand wäre auf die Idee gekommen, sie auf dem Meer zu suchen. Man hatte sie nach Hause gebracht und erst da hatte sie sich wieder an die Gestalt im Meer erinnert, natürlich hatte sie niemandem davon erzählt, weil sie vermuten musste, dass man ihr nicht geglaubt und sie im schlimmsten Fall auch noch ausgelacht hätte. Fieberträume, hätte ihre Großmutter das Mädchen im Meer geschimpft. Weil sie aber nicht daran glauben wollte, dass sie sich das Mädchen eingebildet hatte, war sie immer wieder zurück in den Hafen gekommen und blickte hinaus zu der Stelle, an der das Unglück passiert war. Aber egal wie lange sie hier stand, sie sah dieses Mädchen nicht. »Vielleicht«, schlich sich der Gedanke bei ihr ein. »Vielleicht kam sie nur um mich zu retten?« Ehe sie über die Idiotie dieses Gedankens nachdenken konnte, trat sie ein, zwei, drei Schritte zurück und wollte Anlauf nehmen um ins Meer zu springen, doch ehe sie einen Schritt machen konnte, erklang eine Stimme und sie wurde zu Boden gerissen: »Abunai!« Eli brauchte ein paar Augenblicke um sich zu sammeln und entdeckte ein Mädchen mit dunklen Haaren, die einen leichten violetten Farbstich aufwiesen. »Abunai«, japste das Mädchen. Anscheinend war sie gerannt um Eli vom Springen abzuhalten. Aber was das fremde Mädchen da von sich gab, war ihr vollkommen schleierhaft. Sie wusste ja noch nicht einmal was für eine Sprache sie sprach. »Abunai«, flüsterte die Fremde leise und ließ langsam von Eli ab. Diese konnte sich nun endlich aufsetzen. »Ich verstehe kein einziges Wort.« »Gomennasai«, flüsterte sie und neigte ihren Kopf. Eli hatte ihr noch nicht einmal in die Augen sehen können und aufgrund ihrer Verwirrung über die Situation, erwiderte sie unüberlegt: »Je ne parle pas français.« Das Mädchen sah zu ihr auf und grüne Augen funkelten sie empört an. »Nihon«, sagte sie und im selben Moment wurde Eli klar, was sie da gesagt hatte. »Es tut mir leid«, entschuldigte sie sich. Das fremde Mädchen sprach japanisch, wie sie darauf kam, das konnte französisch sein, konnte sich Eli nicht im Geringsten erklären. Zum Glück schien das Mädchen ihr dieses Missgeschick nicht sonderlich übel zu nehmen, denn die Empörung wich schnell und sie lächelte ehrlich. »Watashi wa Nozomi desu«, sagte sie und winkte Eli zu und ehe sie auf die Worte des fremden Mädchens reagieren konnte, lief sie auch schon davon. Und Eli stand wieder alleine im Hafen. Diesmal ohne die Überlegung, sich absichtlich in Gefahr zu bringen um dieses Mädchen noch einmal zu sehen. Beziehungsweise, sie saß, denn Eli stand jetzt erst auf und klopfte sich den Dreck von ihren Klamotten. Sie sah dem fremden Mädchen, deren Worte sie nicht verstanden hatte, noch ein wenig nach, selbst wenn sie sie nicht mehr sehen konnte, weil sie wie vom Erdboden verschwunden war. Das war nun das zweite Mädchen, mit dem sie eine so äußerst merkwürdige Begegnung teilte und das sie gerettet hatte? Die Eingebung traf sie wie ein Blitz: »Vielleicht sind es gar nicht zwei, sondern es handelt sich um ein und das selbe Mädchen«, doch den Gedanken verwarf sie mit einem Kopfschütteln. Das klang nun selbst für sie zu fantastisch. Sie war zwar nicht für ihre blühende Fantasie bekannt, aber sie zweifelte durchaus an ihrem Verstand. Sie projizierte einfach zu viel auf dieses japanische Mädchen, dass fernab von den sprachlichen Barrieren ihre Körpersprache verstanden und dementsprechend gehandelt hatte. Sie hatte sie gerettet. Das Mädchen schien ungefähr in ihrem Alter gewesen zu sein und war sicherlich ebenfalls noch Schülerin. Das bedeutete, dass sie nicht alleine hier war. Vielleicht war sie auf Klassenfahrt, oder mit ihren Eltern auf einer Urlaubsreise. Auf jeden Fall gab es in ihrer kleinen Fischerortschaft nur eine Unterkunft, in der Fremde unterkommen könnten und von daher sollte es ein Leichtes für sie sein, das Mädchen wiederzusehen und sich bei ihr zu bedanken. Das war sie der Fremden schuldig.       Der Weg zu diesem Gasthaus war genauso einfach zurückgelegt, wie sie sich die Suche nach dem japanischen Mädchen vorstellte. Der Wirt begrüßte sie und erkundigte sich besorgt um ihre Gesundheit. Ihr Unfall auf dem Meer hatte sich natürlich herumgesprochen. »Mir geht es wieder gut«, antwortete Eli und musste sich darauf von dem Wirt und seiner Frau, die gerade aus der Küche gekommen war, anhören, wie unvernünftig sie gewesen war. Es war nicht der erste Vortrag, denn sie sich seitdem hatte anhören müssen. So gut wie jeder nutzte die Chance um sie zu belehren. Egal ob sie es wollte, oder nicht. Selbst dann, wenn das Thema eigentlich etwas anderes war. Es gab immer irgendjemanden der sie darauf ansprach und den berühmten Stein ins Rollen brachte. Eli ließ das Ganze mit einem lächeln über sich ergehen und wartete darauf, dass sie ihr Anliegen anbringen konnte. »Eine Japanerin?«, fragte der Wirt und sah seine Frau an. »Ja, vielleicht ist sie mit ihrer Familie, oder einer Schulklasse, oder einer Gruppe hier, wer weiß. Ich bin ihr am Hafen begegnet und suche sie.« »Bist du dir sicher, dass es dir gut geht, Eli-liebes?«, fragte die Wirtsfrau besorgt. »Ja natürlich«, Eli runzelte die Stirn und sah die beiden Erwachsenen fragend an. »Auf jeden Fall sind keine Japaner hier. Nicht bei uns und auch nicht woanders. Das wüsste ich«, sagte der Wirt und nahm ein Glas in die Hand, dass er sorgfältig putzte. Mit dieser Erklärung hatte er seine Frau davon abgehalten, bei Eli noch weiter zu bohren. »Wir können dir da leider nicht helfen.« Eli sah durch die kleine Schenke. Hier saßen an ein paar der vielen Tische Gäste. Europäer, Russen, Amerikaner, aber keine Asiaten, geschweige denn Japaner. »Okay«, murmelte sie. »Vielen Dank für die Hilfe.« »Eli-liebes, bist du dir wirklich sicher?« Eli schenkte der Wirtsfrau einen bösen Blick, dann verabschiedete sie sich und verließ das Gasthaus wieder um nach Hause zu gehen.       Eli hatte wenige Tage später, nach der Begegnung mit der Japanerin am Hafen, wieder ihre Ballettübungen aufgenommen. Um dem wundervollen Gefühl wieder näher zu kommen, mit den Wellen zu tanzen, hatte sie sich ein ruhiges Stück Strand gesucht, wo sie niemand stören konnte. Natürlich war es nicht mit dem Male im Boot zu vergleichen, aber zum einem war dieses zerstört und zum anderen wollte sie die Gefahr nicht noch einmal eingehen. Zumindest für ihre Schwester, die sich jedes Mal Sorgen machte, sobald Eli das Haus verließ. Nun stand sie mit nackten Füßen im kalten Wasser des Meeres und tanzte zu der Melodie der Wellen. Es war nicht so intensiv wie in dem Boot, aber trotzdem inspirierend. Eli schaffte es sich in dem Empfinden von dem Wasser zu verlieren. Sie wusste nicht wie lang sie da am Strand getanzt hatte, als ein unnatürlicher Laut sie aus ihrer Art Trance riss: Ein Klatschen hallte über den kleinen Strand. Eli hielt an und sah den kleinen Pfad hinauf, den sie selber genommen hatte und entdeckte das fremde, japanische Mädchen dort stehen. Es vergingen Sekunden – gefühlte Minuten – und das Mädchen klatschte immer noch. Auch als Eli ein Stück weit aus dem Wasser zurück an den Strand ging, hörte sie nicht auf und die verdutzte Tänzerin wusste nicht, wie sie mit der Japanerin kommunizieren sollte. »Hallo«, sagte sie langsam und voller Zweifel, ob die Fremde sie überhaupt verstehen würde. Deswegen entschied sie sich dazu, ihr zuzuwinken. »Hallo«, erwiderte die Japanerin vollkommen ungeniert. Sie ging die letzten paar Schritte zum Strand hinunter und lächelte Eli an. »Hallo«, sagte sie noch einmal und Eli wiederholte das Wort. »Ich mag deinen Tanz, er ist wunderschön.« »Danke«, erwiderte Eli. Es dauerte ein paar Augenblicke, bis sie bemerkt hatte, dass die Fremde ihre Sprache sprach. »Du sprichst meine Sprache?!« Die Fremde nickte. »Es tut mir leid«, sagte sie. »Ich hab es mich nicht getraut, mit dir zu sprechen.« Skeptisch runzelte Eli die Stirn. »Wirklich, das war nicht böse gemeint.« Nach ein paar Augenblicken entspannte sich Eli und ihre Stirn glättete sich und sie fuhr sich verlegen durch den Haarzopf. »Ich wollte mich bei dir bedanken.« »Warum?« »Na, weil du mich davor bewahrt hast, etwas Dummes zu tun. Ich habe nicht nachgedacht und hätte beinahe was Dummes getan.« »Dafür musst du dich nicht bedanken. Das war doch selbstverständlich. Ich konnte doch nicht zulassen, dass du springst. Warum wolltest du das eigentlich?« »Ich … ähm ...«, begann Eli und suchte nach einem Ausweg von diesem Thema. »Wie heißt du eigentlich?« »Toujo Nozomi.« Nozomi war eines der Wörter, dass Eli gehört hatte. Also war es eine Vorstellung gewesen, die Nozomi gesagt hatte. »Eli Ayase«, erwiderte die Tänzerin. »Ich weiß«, sagte Nozomi. »Dich kennt jeder hier im Ort«, erklärte sie, als sie Elis fragenden Blick sah. »Es ist nicht schwer etwas über dich zu erfahren.« »Ganz im Gegensatz zu dir. Ich habe versucht herauszufinden wo du wohnst und wer du bist, aber niemand wusste etwas von dir.« Nozomi lächelte, aber reagierte darauf nicht, sondern sah an Eli vorbei zum Meer hinaus. »Ich habe dich auch gesucht. Seit dem Tag, an dem ich dich das erste Mal tanzen gesehen habe. Die Ballettaufführung am Hafen.« Eli überlegte. »Das war vor zwei Jahren.« Nozomi nickte. »Ich erinnere mich noch sehr gut an diesen Abend. Sie haben eine Bühne für dich aufgebaut und am Abend Laternen steigen lassen.« Auch Eli erinnerte sich noch sehr gut an diesen Abend. Sie hatte damals einen Landeswettbewerb gewonnen und war von dem Bürgermeister gebeten, zur Feier am Hafen aufzutreten. Der ganze Ort hatte gearbeitet um ihr eine Bühne aufzubauen und jeder hatte eine solche – durch Hitze schwebende – Laterne gebastelt. Sie hatte heimlich ihre Schwester dabei beobachtet, wie sie an ihrer gearbeitet hatte. Dann fiel Eli eine wichtige Frage ein: »Seit wann bis du hier?« »Eigentlich schon ein paar Jahre«, sagte Nozomi und ging an Eli vorbei zum Wasser. »Ich war nur nie in der Nähe, erst seit deinem Unfall im Meer.« Eli wollte weiter nachhaken, alles in ihr schrie danach, jedoch schwieg sie und beobachtete Nozomi lediglich. »Ich habe dich beobachtet und du warst mir in dem Boot so nahe und dann passierte der Unfall«, erzählte sie und wand sich dem Meer zu. »Ich hatte Angst um dich. Du hast so wunderschön zu meinem Gesang getanzt und bist dann ins Wasser gestürzt. Du wärst sicherlich ertrunken und weil ich das nicht zulassen konnte, habe ich mich dazu entschlossen dich zu retten. Also habe ich dich festgehalten und zum Festland gebracht.« Erneut runzelte Eli die Stirn. Etwas schien an der Geschichte merkwürdig zu sein und genau in dem Moment, indem ihr klar wurde, was daran merkwürdig war, fiel ihr das Mädchen wieder ein, dass sie kurz vor ihrer Ohnmacht gesehen hatte: »Du warst das?« Nozomi nickte. »Wie kann das bitte sein? Das geht doch nicht, du warst unter Wasser!« Die Fremde nickte erneut und lächelte. »Das kann doch nicht sein, ich mein ...«, murmelte Eli und gleich darauf erklang ein »Shhht«, das sie aus ihren Gedanken riss. Nozomi hatte sich dem Meer zugewandt und zwar immer tiefer hinein gegangen. Nun stand sie da und holte tief Luft. »Nozomi Power!«, rief sie und hob den Arm. Sie zeigte zum Himmel empor und Eli folgte ihrem Fingerzeigen. »Da ist nichts«, murmelte Eli und als sie den Blick wieder senkte, war Nozomi verschwunden, zumindest stand sie nicht mehr an der Stelle, wo sie die Japanerin vermutete, sondern sie lag im seichten Wasser. »Nozomi, was-« Nozomi lächelte und strich über ihre Schwanzflosse, deren Schuppen violett leuchteten. »Bitte hab keine Angst.« Langsam schüttelte Eli den Kopf. »Harasho«, flüsterte sie und ihr wurde einiges klar. Wie es sein konnte, dass Nozomi sie hatte retten können. Vielleicht war das auch die Erklärung, warum Nozomi erst japanisch und nun ihre Sprache sprach und warum niemand was von einer Japanerin wusste, die nicht hier im Ort lebte. Zumindest wenn sie ihren Augen und ihrem Verstand glauben konnte. »Bitte hab keine Angst«, bat Nozomi. »Ich weiß, dass es merkwürdig ist und dass es schwer zu verstehen ist. Ich bin aus Japan hergekommen, genauer aus dem Pazifik auf der Suche nach einem Zuhause. Einem Ort, an dem ich mich wohl fühle und dann habe ich all die Lichter gesehen. Selbst unter Wasser konnte ich die Laternen so deutlich sehen, dass ich mich näher an Land getraut habe und dann habe ich dich gesehen.« Eli setzte sich in den Sand, weil sie das Gefühl hatte, dass sie nicht mehr stehen konnte. Sie saß da und betrachtete die offensichtliche Meerjungfrau. »Ich habe dich an Land gezogen und dafür gesorgt, dass man dich retten konnte und dann habe ich deine Nähe gesucht. Ich kann ein wenig Magie einsetzen und konnte deine Beine kopieren, dank unserer zweiten Begegnung habe ich deine Sprache kopieren können. Ich wollte dich unbedingt kennenlernen und dir nahe sein. Ich möchte dich tanzen sehen, wie damals die Lichter am Himmel.« Schweigen trat ein. Es war nur der Wind und das Rauschen der Wellen zu hören. »Du hast damals gesungen, oder?« »An dem Tag, an dem du ins Wasser gefallen bist? Ja.« Eli nickte und stand auf. Ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren, fing sie wieder an zu tanzen. Und Nozomi, die die stumme Aufforderung verstanden hatte, fing an zu singen. Es dauerte nicht lange und Eli verlor sich in ihrem Balletttanz und fand das Gefühl wieder, zusammen mit dem Meer zu tanzen, so wie damals auf dem Boot, kurz vor ihrem Unfall. Sie fühlte sich inspiriert und so leicht, als müsste sie nichts anderes mehr machen, als zu tanzen. Mit dem Meer, zu Nozomis Gesang, wie eine dieser Laternen, die Nozomi neugierig gemacht hatten und wegen denen sie sich heute und hier getroffen hatten. Eine Begegnung, bestimmt von Licht und ein Tanz, geführt von der Stimme einer Meerjungfrau. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)