Our Beginning von Puppenspieler ================================================================================ Kapitel 2: ----------- Ryuji konnte sich total daran gewöhnen, bei Akira abzuhängen. Es war großartig.   Als er am Morgen aufwachte und runter in die Küche schlurfte in der Hoffnung, dort etwas zu trinken zu finden, fand er stattdessen seinen besten Kumpel, der am Herd stand und Frühstück machte mit einer Selbstverständlichkeit, als hätte er nie etwas anderes getan. Und es schmeckte verdammt gut – weit besser als alles, was Ryuji jemals so hinkriegen würde.   „Mann, das is’n Service!“, rief er zufrieden aus, als er sich pappsatt auf seinem Stuhl zurücklehnte. „Sicher, dass du nich‘ wieder mit zurück nach Tokyo willst? Kanns‘ bei mir wohnen, wenn du jeden Morgen kochst.“ Ihm war selbst bewusst, dass es ein Ding der Unmöglichkeit war, und natürlich schüttelte Akira den Kopf – aber er sah nicht so aus, als wäre es ein schlechter Gedanke! „Nach der Schule“, beschloss er also einfach. Da waren sie eh dann alt genug. Konnten ausziehen, und Zeug machen, wie sie wollten. Nicht, dass Ryuji schon so richtig wusste, was für ihn nach der Schule anstand, aber noch hatte er mehr als ein halbes Jahr, um zu überlegen, also wollte er sich seine Sommerferien nicht davon vermiesen lassen!   Makoto erinnerte ihn sowieso viel zu oft daran. Verdammte Sadistin. Sklaventreiberin.   Er seufzte nachdenklich. „Yusuke kann ja auch mitmach’n. Wird dann immerhin nie langweilig. Und er hat immer Inspiration für seine Kunst!“ Ryuji lachte, grinste zu Akira hinüber, der ihn ansah, als würde er an seinem Verstand zweifeln – zumindest ein bisschen. „Kannst dich ja immer noch auszieh’n, wenn’s sonst nich‘ genug inspiriert.“   „Man hört einfach, dass Ryuji in der Nähe ist – und das zehn Meilen gegen den Wind.“ „Mona?!“ Mona hüpfte elegant vom Boden auf einen Küchenstuhl, setzte sich da karikativ artig hin und schlang den Schwanz um die Pfoten. „Der Morgen war so gut… und dann tauchs‘ du auf.“ „Ich hätte auch auf deine Gesellschaft verzichten können, aber was soll ich machen? Ich kann dem Kerl hier leider nicht seine Freunde verbieten.“ „Du Flohschleuder!“   „Ihr könnt euch ruhig wie normale Menschen begrüßen“, kommentierte Akira trocken. Er stand auf, um den Tisch abzuräumen. Mit einem beleidigten Seufzen in Richtung Mona folgte Ryuji ihm. Hey, nur weil er hier der Gast war, würde er nicht auf der faulen Haut liegen! Mochte man ihm kaum zutrauen, aber Hausarbeit konnte er. Musste er können, seine Ma mit dem ganzen Scheiß allein zu lassen, wäre aber auch mehr als nicht okay gewesen.   Immerhin blieb Mona auch still. Ryuji sah, wie die Katze wieder vom Stuhl sprang und dann durch die Tür hinaus verschwand. Er seufzte schwer. „Wie hälts‘ du das jeden Tag mit ihm aus?“ Akira sah ihn nur unbekümmert an, zuckte mit den Schultern. „Ich weiß, ich weiß. Zu dir is‘ er nett. Er is‘ zu jedem nett, außer zu mir!“ Was, übrigens, immer noch unfair war. Gut, ja, so rückblickend sah Ryuji ein, dass er nicht immer nett zu Mona gewesen war, aber ganz im Ernst, Mona war genauso wenig nett zu ihm gewesen! Nur, dass das irgendwie jeder gern zu ignorieren schien. „Mach dir nichts draus. Ihr harmoniert eben nicht.“ Wenigstens Akira sagte nicht, es sei nur seine Schuld.   Es hatte eben Gründe, dass Akira sein bester Freunde war.   Lange blieb die Katze aber nicht weg. Noch während sie dabei waren, den Abwasch zu erledigen, kam Mona wieder angetrottet, schleppte ein kleines Stoffsäckchen im Maul mit sich herum, das er Ryuji vor die Füße spuckte. „Akira hat erwähnt, dass du vor einer Weile Geburtstag hattest. Hätte es dir ja schicken lassen, aber wo du sowieso herkommen wolltest, konnten wir uns die Mühe ja sparen.“ „Mona…“   Ryuji war sprachlos – und ehrlich gerührt. Dass selbst Mona an seinen Geburtstag gedacht hatte, hätte er im Leben nicht gedacht! Also, klar, er hatte einen Anruf bekommen von Akira und Mona, und von Akira das Versprechen, dass er sein Geschenk bei seinem Besuch bekäme. Er war sich sicher gewesen, dass die Sache damit gegessen gewesen wäre. „Mann, das wär doch nich‘ nötig gewesen.“ Er grinste Mona ehrlich an, als er hinunter in die Hocke ging, um das Säckchen vom Boden aufzulesen. Die Katze ihm gegenüber blinzelte selbstzufrieden. „Ich weiß. Aber ich bin so großzügig.“ Allein dafür hätte das Tier schon wieder einen Rüffel verdient, aber eigentlich war Ryuji gerade wirklich besänftigt genug, dass er die Spitze über sich hinweggehen lassen konnte. Geschenkeauspacken war sowieso interessanter!   Auch wenn er ein bisschen verdutzt war von dem Ding, das da aus dem Säckchen kam, und er sah Mona fast ratlos an. „‘N Armband?“ „Es ist ein Halsband“, korrigierte er, und reckte sich so, dass Ryuji das Halsband samt Namensschild sehen konnte, das um seinen Hals hing. „Akira hat mir eines gekauft, als wir hergekommen sind. Zur Sicherheit, damit ich notfalls in der fremden Umgebung beim Herumstreunern nicht ganz verloren gehe und mich jemand nach Hause bringen kann. Und ich dachte mir – das ist doch genau das Richtige für unseren Ryuji. Bei deinem Orientierungssinn…“ „H-hey!!! Ich bin kein oller Flohzirkus im Gegensatz zu dir! Und ich komm wunderbar allein zurecht, danke auch!“ Er spürte Akiras Knie im Rücken, wie eine stille Mahnung. Bleib ruhig. Bewusst langsam atmete er durch, versuchte, die Beleidigung abzuschütteln und sah noch einmal auf das Band hinunter. Wäre es ein Armband, es wäre ja okay gewesen.   Erst jetzt bemerkte er, dass der eher unauffällige, kleine Anhänger an dem Band tatsächlich eine Gravur hatte – keine Telefonnummer, wo man ihn würde abgeben können, sondern einen Totenschädel.   Er schüttelte den Kopf, legte eine Hand auf Monas Kopf, um ihm ordentlich das Fell zu zerzausen. Grinste nun doch wieder. „H-hey! Nimm deine Pfoten weg!!“   „Nah. Sag mir lieber, wann du Geburtstag hast, Mann.“       ***       Es war allgemein der beste Geburtstag seit einer ganzen Weile für Ryuji gewesen.   Mit allen Schulsorgen und Kamoshida waren die letzten zwei Jahre alles andere als gut gewesen. Davor waren ein paar schöne Jahre, und dann war da sein Alter gewesen, und daran wollte er am liebsten nie wieder zurückdenken.   Dieses Jahr aber – kein Kamoshida. Kein alter Herr, der Ärger machen konnte. Kein gnadenlos mieser Ruf in der Schule. Freunde, die an seinen Geburtstag dachten.   Alle gratulierten sie ihm an seinem Geburtstag. Ann in der Schule. Die anderen alle per Telefon – außer Futaba, die es völlig übertrieb, und die Anzeigetafeln in der Einkaufsmeile dazu brachte, einen Geburtstagsgruß an Skull zu senden. Den ganzen Tag. Es war unglaublich cool gewesen.   Es war ein großartiger Geburtstag, und Ryuji war mehr als glücklich. Und es war noch nicht einmal alles.   Zuerst hatte er sich gar nichts dabei gedacht, als Futaba sie alle zum Café Leblanc gerufen hatte, um sich noch einmal zu treffen. Warum auch? Taten sie öfter, so um der alten Zeiten Willen, auch wenn Akira jedes Mal viel zu sehr fehlte. Er hatte sich auch noch nichts dabei gedacht, als da eine grellbunte Tortenglocke auf dem Tisch gestanden hatte. Manchmal brachte eben jemand Snacks mit.   Dass etwas nicht stimmte, merkte er erst so recht, als ihn jeder anstarrte, nachdem er sich auf seinen Platz geworfen hatte.   „Hab ich was im Gesicht?“   Es war Ann, die antwortete, empört schnaubend: „Nein, du Idiot, du hattest Geburtstag!“ Und mit den Worten schob sie ihm die Tortenglocke zu und Ryuji starrte sie für eine geschlagene Minute lang an, als wäre sie ein Alien, bevor er seine Sprache wiederfand. „Du kannst backen.“ „… Halbwegs. Hör zu, sei einfach dankbar, und mach das Ding auf. Wir sind alle hungrig!“   Halbwegs, fand Ryuji, traf es gar nicht wirklich. Der Kuchen sah vielleicht ein bisschen schief aus und nicht wie vom Profi-Bäcker, aber er war dafür verdammt lecker – und das war bei einem Kuchen doch die Hauptsache, nicht? Nahm er jedenfalls ohne Diskussion lieber als die umgekehrte Variante von strahlend gutem Aussehen und ungenießbarem Geschmack.   „Das ist übrigens mein Geschenk für dich! Wir wollten eine kleine Feier machen, deshalb haben wir dir deine Geschenke nicht schon früher gegeben.“ Ann grinste zufrieden über ihrem dritten Stück Kuchen. „war ein guter Plan, oder?“ Ryuji nickte, lachte, völlig überwältigt, wusste gar nicht, was er sagen sollte. „Mann, das is‘ der Hammer!“ „Wissen wir“, gab Futaba völlig ungeniert zurück.   Kaum, dass sie mit dem Kuchenessen fertig waren, kamen dann auch die anderen Geschenke auf den Tisch.   Aus Makotos Päckchen kamen ein paar Bücher zum Vorschein. Mathe. Englisch. Ryuji sah sie an, als wäre sie verrückt geworden, doch ihre ehemalige Schulsprecherin lächelte nur. „Sieh mich nicht so an. Fakt ist – du bist Drittklässler, und du wirst mehr als je zuvor die Abschlussprüfungen bestehen müssen. Und Uniaufnahmeprüfungen.“ Wenn er überhaupt zur Uni ging, aber den Kommentar verkniff er sich lieber, bevor er sich nachher einen ganzen Vortrag über Bildung und Erfolgschancen in der Welt der Erwachsenen anhören durfte. Wollte er nicht. Nicht an seinem Geburtstag! (Oder eher dem Wochenende danach, weil sie sich früher nicht hatten treffen können.) „Deshalb habe ich dir ein paar Lernhilfen gesucht, die wirklich gut verständlich und einfach geschrieben sind. Damit solltest sogar du Erfolg haben.“ Ein Kompliment war das nicht, und Ryuji konnte den Zweifel nicht aus seinem Blick verbannen, aber schlussendlich seufzte er nur. „Danke, Makoto. Ich versprech, mal reinzugucken. Aber nich‘ heute!“   „Mein Geburtstagsgeschenk hast du ja schon bekommen, ich bin hier also raus.“ Futaba blinzelte sonnig. „War gut, oder?“ „Mehr als gut. Mann, es is‘ immer wieder gruslig, was du alles kanns‘!“ „Es war in der Tat ein beeindruckender Anblick.“ „Ha. Sogar Inari findet’s gut.“ „Das habe ich nicht gesagt.“   Während Futaba und Yusuke sich noch ein bisschen in ihrem Zank verloren, griff Ryuji lieber nach dem nächsten Päckchen, das Haru ihm mit einem fast unsicheren Lächeln zuschob. Es war unheimlich hübsch verpackt – aber auch sehr mädchenhaft. Sehr haru eben. Da traute man sich ja fast gar nicht, das aufzumachen! Ryuji tat es trotzdem, und auch wenn er es versuchte, so sah es wohl recht lieblos aus, wie er das Geschenkpapier löste, unter dem schließlich ein Schuhkarton zum Vorschein kam. Ein Markenschuhkarton. „Haru, das–“ „Nein“, widersprach das Mädchen sofort und schüttelte energisch den Kopf. „Sag jetzt nicht, dass du das nicht annehmen kannst. Weißt du, ich… ich hab nicht die Zeit, einen Kuchen zu backen. Oder mir ganz viele Bücher anzuschauen, um die zu finden, die dir das Lernen erleichtern. Und ich habe nicht das Talent für einen umwerfenden Geburtstagsgruß. Und–“ Sie brach auf einen mahnenden Laut hin ab, bevor sie Yusukes Geschenk schon verraten konnte. „Und ich habe am Ende nicht einmal die Zeit gehabt, um selbst auszuwählen, sondern musste mich auf den Verkäufer im Geschäft verlassen. Ich habe nur Geld.“ Sie schmunzelte. „Und Gemüse. Und ich denke, hiervon“, sanft tippte sie auf den Schuhkarton, schob ihn noch ein Stück mehr in Ryujis Richtung und hob den Deckel ab, „hast du mehr als von ein paar Zucchinis und Karotten.“ Ryuji wusste nichts zu sagen. Er sah hilflos auf das viel zu teure Paar Laufschuhe hinunter, das sich in dem Karton befand, sah zu seinen Freunden. „Jetzt bedank dich doch einfach!“, schimpfte Ann empört. Weil er nicht wusste, was er sonst tun sollte, nickte er nur dumpf. „Danke, Haru.“ Er wusste nicht, wie er sagen konnte, wie wertvoll ihm das Geschenk war, aber er würde es ihr zeigen. Er würde laufen. Jeden Tag. Immer wieder. Immer weiter, immer schneller. Mit der Unterstützung seiner Freunde als Rückenwind würde er über sich selbst hinauswachsen!   Das letzte Geschenk bekam er schließlich von Yusuke. Es war ein T-Shirt in kräftigem Rot mit einem großen Print auf der Brust: Ein Totenkopf, der eine Maske trug, die ihn sofort an Joker erinnerte; ein japanischer Fuchs wand sich um den Schädel. „Wow, das is’n krasses Teil!“ Ryuji sah voller Begeisterung zu Yusuke hinüber. „Keine Ahnung, wie du das gefunden hast, aber’s is‘ der absolute Wahnsinn!“ Yusuke räusperte sich. Ryuji brauchte ein paar Sekunden zu lang, um zu begreifen, warum, doch schließlich, als der ganze Tisch schon aussah, als überlegten sie alle, wie sie ihn unauffällig mit der Nase drauf stoßen konnten, machte es doch noch klick. „Das is‘–“ „Mein Design, korrekt. Ich habe lange darüber sinniert, wie ich dir ein gebührendes Geburtstagsgeschenk zukommen lassen kann, doch habe ich mich vor einer schier unüberwindbaren Hürde gesehen.“ Yusuke seufzte, strich sich in einer resignierten Geste über die Stirn und senkte den Kopf. „Ich musste fürchten, dass meine Kunst auf jedem traditionellen Medium an dir vorbeiziehen würde, ihr Wert verkannt bleibend. Das konnte ich nicht riskieren. Doch dann erinnerte ich mich an diese aufdringlich bedruckte Kleidung, die du präferierst.“ „Hey, du musst meinen Stil nich‘ beleidigen!“ „Still“, unterbrach Yusuke. Er war offenbar noch nicht fertig, „Also beschloss ich, den Sprung ins kalte Wasser zu wagen und meine Kunst deinem Lebensstil anzupassen. Es war hart. Doch es war eine stimulierende Erfahrung, für den einfachen Geist zu gestalten.“   Ryuji hätte Yusuke gern an die Wand geklatscht für sein Ego und sein Geschwafel – aber das Shirt war wirklich umwerfend, und er wusste schon jetzt, dass es sein neues Lieblingsstück werden würde. Also ließ er es bleiben, sah den Kerl nur mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Hat deine Kunst auch’n Namen?“ „Es erfreut mich, dass du fragst. Natürlich. Keines meiner Werke bleibt ohne Titel.“ Yusuke verstummte, ließ seinen Worten eine unnötige Pause folgen.   „Ich nenne es Bruderbund.“       ***       Das letzte Geschenk, das fehlte, war damit Akiras.   „Mein Geschenk bekommst du später“, hatte er verkündet, als Mona schließlich vor Ryujis kameradschaftlichem Knuffen geflüchtet war.   Inzwischen war es Abend. Der Tag war größtenteils dafür draufgegangen, die Gegend zu erkunden. Akira zeigte ihm seine Schule, ein paar Spielplätze in der Umgebung, die er als Kind gern aufgesucht hatte, zeigte ihm das Einkaufszentrum, das im Gegensatz zu Tokyo lächerlich winzig war. Zu Mittag holten sie sich irgendwo Streetfood, und dann ging die Erkundungstour weiter.   Akira hatte Recht gehabt, als er gesagt hatte, seine Heimatstadt bot nicht viel zu sehen. Aber Ryuji war das egal. Er fand es spannend genug, und das ländliche Flair war eine angenehme Abwechslung zum hektischen Großstadtalltag. Er wollte hier wirklich Laufen gehen. Einfach laufen, laufen, bis er gar nichts mehr außer Grün und Freiheit um sich herum sah, die Grenzen der Menschheit völlig hinter sich gelassen.   Zwischendurch kauften sie ein paar Souvenirs für seine Ma. Ein Talisman an einem örtlichen Schrein für ein langes, glückliches Leben, eine Postkarte, die einen guten Überblick über die Stadt bot. Er hätte gern noch mehr gekauft, aber einmal war sein Reisebudget recht knapp, und vor allem gab es nicht einmal einen Souvenirladen, der irgendetwas führte, das Ryuji in Erwägung ziehen würde. Also blieb es wohl dabei.   Die ganze Sache fraß aber einiges an Zeit, und gerade, als sie den letzten Souvenirladen verließen, meldete sich knurrend Ryujis Magen. „Wir sollt’n langsam zurück. Ich sterb sonst vor Hunger!“ Akira aber schüttelte nur den Kopf. Er sah auf sein Handy. Ryuji lugte über seine Schulter, sah aber nichts interessanteres als die Uhrzeit – um die es seinem Freund scheinbar ging, denn er steckte das Gerät mit einem zufriedenen Nicken wieder ein. „Wir gehen essen.“   Das Restaurant war nicht absolut piekfein, aber fein genug, dass es eine Reservierung brauchte und Ryuji sich in ihren einfachen Sommerklamotten fast underdressed fühlte. Es war teuer, aber Akira forderte, dass er die Preise ignorieren sollte – immerhin war es ein Geburtstagsessen, und wer schaute da schon auf solche unwichtigen Details? Also sah er nicht auf den Preis. Akira tat es auch nicht. Sie bestellten, was auch immer ihnen ins Auge sprang, teilten die Gerichte untereinander, klauten dem jeweils anderen vom Teller, was gerade appetitlicher als das eigene Essen aussah, und aßen, alles in allem, viel zu viel. Es war großartig. Es schmeckte umwerfend, und es machte Spaß, sich schließlich bis zu einem Dessert durchzufuttern, das sie sich teilten, weil sie sonst beide geplatzt wären mit einer ganzen Portion jeweils.   „Das war der beste Geburtstag aller Zeiten!“, verkündete Ryuji lachend, als sie das Restaurant schließlich hinter sich ließen. Es war dunkel, die drückende Sommerhitze wenigstens ein bisschen weniger drückend geworden, und der Himmel sternenklar. Im Gegensatz zu Tokyo sah man hier sogar Sterne. „Ehrlich, Mann. Ich weiß gar nich‘, wie ich euch dafür danken soll.“ „Gar nicht. So läuft das unter Freunden.“ „Haha. Ja, ich weiß doch. Trotzdem!“ Er grinste, reckte sich genüsslich.   „Wart’s nur ab, ich werd die besten Geburtstagsgeschenke überhaupt für euch alle finden!“   Wie auch immer er das tun sollte – er würde das packen! Und er würde auch irgendwann darüber nachdenken, sobald er nicht mehr vollgefressen und träge war. Gerade reichte es ihm, an Akiras Seite zurück zu ihm zu spazieren, und dabei ab und zu mit der Schulter gegen ihn zu stoßen.   Irgendwann auf halbem Weg blieb Akira aber plötzlich stehen, und Ryuji stolperte beinahe über seine eigenen Füße, so ruckartig machte auch er Halt. „Hä? Was los? Hast’n Geist geseh‘n?“ Kopfschütteln. Joker-Grinsen. Ryujis Magen krampfte, und das nicht, weil er zu viel gegessen hatte. Das silbrige Mondlicht von oben unterstrich die Atmosphäre viel zu gut.   Er sprach nicht. Kam nur näher, bis er direkt vor ihm stand, immer noch dieses verdammte Grinsen im Gesicht. Ryuji schnaubte defensiv. „Ich sag doch, du fängst an damit!“ Jokers Fingerspitze legte sich auf seine Lippen, um ihn ruhig zu stellen. Er wollte protestieren, fand seine Stimme zwischen allem Herzklopfen und Blutrauschen in den Ohren aber nicht mehr wieder.   „Willst du dein Geschenk etwa nicht, Skull?“   Er nickte, wie hypnotisiert. „Doch.“ Joker lachte, ein leiser Laut, der Skull erschaudern ließ, der viel zu schnell vom Wind erfasst und in der Nacht zerstreut wurde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)