Schatten der Vergangenheit von Kittykate ================================================================================ Kapitel 19: Kapitel XIX - neuer Freund -------------------------------------- Ein neuer Tag und Kaito saß wieder neben Aoko. „Lass mich endlich in Ruhe“, fauchte sie ihn leise an. Es war die Mathematikstunde und der Lehrer schrieb die Rechenaufgaben an die Tafel. „Vergiss es, Ahoko“, sprach Kaito und im nächsten Moment tat es einen Knall und über Aoko rieselte Konfetti herab. Der Lehrer davon aus der Konzentration gerissen, drehte sich mit düsterem Blick dem Verursacher diesen Krachs zu. „Wie kommen wir zu der Ehre einem neuem Zaubertrick beizuwohnen, Herr Kuroba?“ Kaito lehnte sich gelangweilt in seinem Stuhl zurück. „Langeweile“, antwortete er. Aoko fischte sich einige der Papierschnipsel aus dem Haar und fauchte wütend. „Bakaito, was soll der Mist?!“ „Es ist noch nicht vorbei, warte ab“, erwiderte er herausfordernd und im nächsten Moment blies sich ein großer Luftballon unter ihrem Tisch auf, der immer größer und größer wurde und ihren Tisch umwarf. Aoko sprang entsetzt von ihrem Platz auf und starrte auf die Notiz, die an dem gigantischen Luftballon hing. Mit großen schockierten Augen las sie die Buchstaben, die sich zu Wörter zusammen fanden laut vor: „Aoko hat ein weißes Höschen an.“ Erst jetzt realisierte sie, was sie da eben vorgelesen hat. Die Mitschüler begannen zu lachen und am lautesten lachte Kaito. Rot vor Wut und Scham stellte sie sich kampfbereit ihrem ehemaligen besten Freund gegenüber. „Das wirst du bereuen.“ Wie aus Zauberhand hielt sie einen Wischmopp in ihren Händen und schlug auf Kaito ein, der geschickt und schnell auswich und die Flucht durch das Klassenzimmer ergriff. „Du bist ganz schön eingerostet, Ahoko“, betonte er selbstgefällig und begann wieder laut zu lachen, während er dem Mopp auswich. Aoko von seinen Worten angestachelt nahm die Verfolgung auf und jagte ihn durch die Klasse. Die Mitschüler zogen die Köpfe ein, wenn der Mopp heran sauste. „Bleib endlich stehen!“ „Bestimmt nicht, streng dich mehr an“, forderte er sie heraus. Als der Mopp nur wenige Zentimeter vor dem Lehrer auf dem Lehrerpult aufschlug, stoppte dieser die Jagd. „Kuroba! Nakamori! Nachsitzen! Heute!“ Erschrocken hielt Aoko inne. „Aber ich kann nicht heute nachsitzen“, widersprach sie sofort. „Das hätten Sie sich vorher überlegen müssen“, grummelte der Lehrer wütend und deutete auf die Türe. „Und jetzt verbringen Sie den Rest der Stunde vor dem Klassenraum und überlegen sich was Sie falsch gemacht haben!“ Aoko stellte den Mopp in die Ecke und verließ das Klassenzimmer mit hängendem Kopf. Kaito folgte ihr auf dem Fuß. Gemeinsam standen sie vor dem Zimmer im Schulflur. „Weißt du, dass wir das seit der Mittelschule nicht mehr gemacht haben?“ „Ich habe es auch nicht vermisst“, grummelte sie. „Ich schon“, gestand er. Überrascht blickte sie ihn an, dann wandte sie sich wieder ab und hing ihren Gedanken nach. Kaito blieb nun ebenso still. Keiko traf Hakuba am Schultor. Überrascht blickte er das Mädchen an. „Wo ist Aoko?“ „Sie muss nachsitzen.“ Die beiden zogen in die Stadt los und Keiko führte den neuen Mitschüler herum. „Was hat sie denn angestellt?“ „Kaito hat sie geärgert und sie hat den Mopp geschwungen.“ Keiko überlegte. „Das haben sie seit der Mittelschule nicht mehr getan.“ Mit großen Augen starrte der Oberschüler seine Begleitung mit der Brille ungläubig an. „Sie hat ihn mit einem Mopp gejagt?“ Keiko nickte ernst. „Ja, das gehörte in der Mittelschule zum Tagesprogramm.“ Sie wusste nicht so recht, was sie von der heutigen Situation halten sollte. Warum provozierte Kaito Aoko wieder mit Zaubertricks und warum machte er sie wieder lächerlich? Was bezweckte er damit? Wollte er sich über sie lustig machen? Sich rächen für den Kuss? Hatte er nicht schon genug Unheil angerichtet? Sie führte ihren neuen Mitschüler in ein Eiscafé und ließ sich mit ihm an einen uneinsehbaren Tisch nieder. Es war ihrer und Aokos Stammplatz. Man war auf der einen Seite von einem Aquarium verdeckt, auf der anderen Seite von großen Pflanzen. Die beiden konnten das Eiscafé von diesem Platz aus gut überblicken. Die Bedienung kam um die Bestellungen entgegen zu nehmen. „Und wie gefällt dir Tokio?“, fragte Keiko neugierig, nachdem sie wieder allein waren. „Die Stadt ist ganz anders als London. Viel größer, höhere Häuser, viel belebter und nicht very british.“ Er lächelte sie an. „Du bist hier aufgewachsen?“ „Ja, das bin ich. Aoko und ich kennen uns seit der Grundschule. All die Jahre sind wir zusammen gewesen. Du hast Aoko gestern über Kid gefragt. Woher kennst du den Meisterdieb 1412? Er ist doch in Europa gänzlich unbekannt, oder?“ Hakuba lehnte sich zurück. „Er hat früher in Europa zugeschlagen, dann beschränkte er sich auf Japan, besonders auf Tokio und verschwand plötzlich von einer Nacht auf die andere. Mich hat dieser Dieb schon immer fasziniert und als ich hörte dass er in Japan wieder aktiv geworden ist, bin ich nun neugierig. Mein Vater leitet die Präfektur Kanagawa. Ich möchte aber gerne mal Kid bei einem seiner Raubzüge beobachten und herausfinden wer hinter der Maske steckt.“ „Nicht einmal der Kommissar, also Aokos Vater, konnte ihn bisher schnappen“, erwiderte Keiko. „Ich weiß, doch das wird mich nicht daran hindern“, erklärte der Neue siegessicher. „Aber...“, setzte Keiko erneut zu Widerworten an, doch dann stockte sie, starrte durch das Aquarium hindurch und beobachtete eine Gruppe, der sie nicht freiwillig begegnen wollte. Hakuba staunte über die plötzliche geistige Abwesenheit seines Gegenüber und folgte dem Blick. Eine kleine Gruppe trat ein und setzte sich unweit von ihrem Tisch hin. Drei Oberschülerinnen und ein Oberschüler, die er anhand der Schuluniformen ihrer Schule zuordnete. „Kennst du die?“, flüsterte er. Keiko nickte. Ebenso leise antwortete sie: „Shiro, Akako, Shiho und Hitomi.“ „Was hat es mit denen auf sich, dass sie dir Angst machen?“ „Ich habe keine Angst...“, erwiderte Keiko ernst, aber dann senkte sie den Blick. „...nur schlechte Erfahrungen gesammelt.“ Die beiden bekamen ihre Eisbecher serviert, dann ging die Bedienung weiter und nahm die Bestellung der vier neuen Gäste auf. „Wo ist Kaito?“, hakte Akako verstimmt nach. „Nachsitzen“, antwortete Hitomi. „Er hat Nakamori geärgert, bis sie ihn mit einem Wischmopp durch die Klasse gejagt hat. Der Lehrer hat beide zum Nachsitzen verdonnert.“ „Das gefällt mir ganz und gar nicht“, murmelte Akako. „Da bist du nicht die einzige“, stimmte Shiro finster zu. „Wir müssen uns was überlegen, wie wir die Kleine wieder zum Schweigen bringen.“ „Vorschläge?“ Akako blitzte ihn düster an. Alle schienen zu überlegen doch dann sprach Shiho: „Die Briefchen scheinen sie jedenfalls nicht abzuschrecken. Ich habe ihr vorhin nochmal eine Nachricht eingeworfen. Vielleicht kapiert sie dann endlich wie ernst ihre Lage ist.“ „Was machen wir, wenn sie uneinsichtig bleibt?“ Shiro lehnte sich in seinen Stuhl zurück und ließ seinen Arm auf der Lehne von Hitomis Stuhl sinken. Wieder ein Schweigen. Hitomi blickte sich unsicher um: „Das gleiche wie damals?“ Akako hob ihren Blick und ihre dunklen Augen trafen auf die von Shiro. „Das war Kinderkram. Wir müssen nun härtere Geschütze auffahren.“ Shiro grinste teuflisch. „Was schwebt dir vor?“ Akako blickte mürrisch von einem zum anderen. „Ich hab noch keinen genauen Plan, aber Aoko Nakamori wird sich wünschen nie geboren zu sein.“ Die Eisbecher wurden ihnen an den Tisch gebracht und alle vier konzentrierten sich auf das süße Kalte. Auch wenn die vier leise gesprochen haben, so verstanden Hakuba und Keiko doch jedes Wort. Besorgt betrachtete er die leichenblasse Keiko, die scheinbar mehr aus den Worten herauslesen konnte, als er. Aber hier war nicht der richtige Ort um nachzubohren. Wenn die beiden jedes gesagte Wort verstanden, könnte dies natürlich auch umgekehrt sein. So aßen sie ihr Eis schweigend und langsam. Sie würden nicht ungesehen an den vier Oberschülern vorbeikommen. Also mussten sie warten, bis die anderen das Eiscafé verließen. Aoko ignorierte Kaito, während sie an ihrem Tisch saß und die Strafarbeit löste. Auch Kaito saß schweigend am anderen Ende des Zimmers. Erst als sie die letzte Aufgabe gelöst hatte, sah sie auf und fragte: „War es das wert?“ „Ja“, antwortete er sofort. „Warum hast du es provoziert?“ Kaito drehte sich um, auch er war schon längst fertig mit den Aufgaben. Auch wenn die beiden nie besonders gute Schüler waren in Mathematik waren sie hervorragend. Plötzlich stand er auf und kam auf ihren Tisch zu. Seine Hände legte er auf der Tischplatte ab, beugte sich zu ihr. Mit aufmerksamen Augen betrachtete er sie. „Warum hast du dich provozieren lassen?“ Das wusste Aoko selbst nicht. Unter seinem aufmerksamen Blick wurde ihr unbehaglich zumute. „Ich hatte eigentlich was vor“, wich sie aus. „Ich weiß“, antwortete er und richtete sich auf. Dennoch lag seine undurchdringliche Mimik auf ihr. Überrascht sah Aoko zu ihm. Er wusste es? Provozierte er sie absichtlich und forderte ein Nachsitzen wohl wissend heraus? Als ihr das bewusst wurde, sprang sie entsetzt und fassungslos vom Stuhl auf. „Woher weißt du das?!“, fauchte sie aufgebracht. „Hat doch jeder mitbekommen“, antwortete er desinteressiert. Sie stutzte. „Du verfolgst und belauschst mich?!“ „So ein Quatsch! Aber wer sich lautstark auf dem Schulflur verabredet muss auch damit rechnen das andere es hören“, wies er sauer ab. „Was ich mache geht dich nichts an“, stellte sie wütend fest. Aber ganz so wütend, wie sie es gerne gehabt hätte, war sie gar nicht. Eher verwirrt. „Denkst du“, knurrte er zurück. Sie stemmte ihre Hände auf die Tischplatte. „Natürlich, was ich mache geht dich absolut nichts an. Mich interessiert ja auch nicht was du so treibst.“ „Ich treibe gar nichts“, konterte er und auch er stützte sich auf dem Tisch ab und beugte sich zu ihr vor. Sein Gesicht schwebte nah vor ihrem, beide blickten sich tief in die Augen. Eine Anziehungskraft herrschte zwischen ihnen, deren Bedeutung und Schwere sie nicht erfassen konnten. Aokos Herz schlug wie wild in ihrem Brustkorb. Schlagartig spürte sie die Hitze zurückkehren. Das wohlige Kribbeln, welches ihren Körper immer dann heimsuchte wenn er ihr näher kam. „Glaubst du wirklich, ich lass dich mit diesem Schnösel Eis essen gehen?“ Aoko riss ihre Augen schockiert auf. Es ging ihn überhaupt nichts an mit wem sie sich traf. Doch dann arbeitete ihr Gehirn seine Worte auf und eine neue Erkenntnis kam. Lauernd suchte sie nach einem Funkeln, Hohn, Spott, irgendein Anzeichen dafür das er sich in diesem Moment über sie lustig machte. Aber nichts. Er schien es absolut ernst zu meinen. „Bist du eifersüchtig?“ Die einzig logische Erkenntnis, die sie aus seiner Reaktion schließen konnte. Seine Augen, tiefblau und dunkel, zogen sie in einen Bann. Sie sollte auf Abstand gehen meldete ihre Vernunft, aber ihr Herz verlor sich endgültig in dem Gefühlschaos. So viele Emotionen brachen über sie herein. Wenn er wirklich eifersüchtig war, musste er sie doch mögen, oder? Plötzlich überbrückte er den Abstand zwischen ihnen und legte ohne Vorwarnung seine Lippen auf ihre. Die Berührung löste erneut eine Gefühlsexplosion in ihr aus. Ihr Mund prickelte, sendete sanfte Stromstöße in ihr Herz, welches wiederum so schnell pochte, als wollte es einen Marathon gewinnen. Ihr Magen dadurch angeregt, hüpfte auf und nieder und löste einen ganzen Schwarm an Schmetterlingen in ihrem Bauch aus. Als er seine Lippen bewegte, abwechselnd ihre Unter- und Oberlippe zu küssen begann, übermannten sie die Gefühle. Ihre Augen schlossen sich und sie gab sich dem berauschenden Kuss vollkommen hin. Zumindest solange bis ihr Gehirn sich wieder meldete und die Vernunft die Oberhand gewann. Das war falsch! Sie stockte und löste sich von Kaito. Langsam öffneten sich ihre Augen und sahen direkt in seine verdunkelten Augen, welche ihr schon immer weiche Knie bereiten konnten. Sie wusste nicht was sie sagen sollte. Auch Kaito schwieg, doch dann beugte er sich erneut zu ihr vor. Aber dieses Mal war sie darauf vorbereitet und drehte ihren Kopf zur Seite, sodass seine Lippen auf ihre Wange trafen. Dies schien ihn keineswegs zu stören, denn er küsste sich bereits zu ihrem Hals und bearbeitete diesen mit seinen Zähnen, seiner Zunge und seinen Lippen. Er brachte sie vollkommen um den Verstand. „Ka... Kaito“, keuchte sie. Ihre Gefühle drohten sie erneut zu überrennen. Standhaft kämpfte sie dagegen an. Auf dem Schulflur kamen stramme Schritte näher. Kaito schien dies ebenfalls zu bemerken, denn sofort löste er sich von ihr und war mit wenigen Schritten wieder auf seinem Platz. Aoko ließ sich verwirrt auf ihren Stuhl nieder und kämpfte gegen die verworrenen Gefühle an. Die Schritte verstummten vor der Türe und schon wurde diese geöffnet und der Lehrer betrat den Klassenraum. Er sammelte die Aufgaben ein und machte sich sofort an die Korrektur. Die gesamte Zeit verharrten die Schüler in Gedanken versunken auf ihren Plätzen und starrten zur Tafel. Es vergingen einige Minuten. Absolute Stille herrschte im Klassenzimmer bis der Pauker aufstand und sich an das Lehrerpult lehnte. Dabei verschränkte er seine Arme vor der Brust. „Ich muss euch nicht erklären, dass euer Betragen nicht angemessen war, oder?“ Beide nickten reumütig. „Auch wisst ihr, dass ihr euch nicht eurem Alter entsprechend verhalten habt?“ Wieder ein schuldbewusstes Nicken. „Und euch ist auch bewusst, dass ihr mutwillig eure Mitschüler gefährdet habt?“ Erneut ein stummes reuevolles Kopfnicken. „Ich hoffe, dass ihr das nächste Mal besonnener handelt und diese Situation sich nicht mehr wiederholt.“ Beide Oberschüler nickten wieder. „Gut, ich verlasse mich auf euer Wort. Dann könnt ihr jetzt nach Hause gehen. Die Arbeiten sind absolut korrekt gelöst und wäre dies ein Test hättet ihr beide die volle Punktzahl erreicht.“ Die beiden Oberschüler verließen das Klassenzimmer wie gescholtene Hunde und gingen zu ihren Schließfächern. Aoko wollte nicht auf Kaito warten. Kaum war er außer Sichtweite, rannte sie zu ihrem Schließfach, packte ihre Unterlagen für die Hausaufgaben zusammen und nahm den neuen kleinen weißen Zettel mit. Sie rannte so schnell sie konnte aus dem Schulhaus und nach Hause. Erst in ihrem Zimmer faltete sie die Nachricht auf und sie wusste es sofort. Dies war die letzte an sie adressierte Nachricht. Du hast es so gewollt, zieh dich warm an! ***~~~***~~~***~~~***~~~*** ***~~~***~~~***~~~***~~~*** Nun stand sie hier. Nervös, aufgeregt und vollkommen durcheinander. Warum war sie überhaupt hier? War die letzte Drohung nicht genug? Musste sie es vollkommen heraus fordern? Aber wenn sie etwas wusste, dann dass man nicht aufgeben durfte. Egal was kommen würde, sie durfte nicht diesen schriftlichen Schreiben nachgeben. Sollte sie aufgeben, war es fast als würde sie sich selbst aufgeben. Und dennoch hatte sie Angst. Angst vor den Konsequenzen. Vor dem was passieren könnte, wenn es doch jemand herausfand. Es war ein schöner sonniger Tag. Sicherlich war sie nicht die einzige, die sich diesen zunutze machte für einen Ausflug. Einen Ausflug in den Zoo mit ihrem besten Freund Schrägstrich große Liebe. Aber was war das eigentlich zwischen ihnen? Liebte er sie überhaupt? Oder mochte er sie einfach nur freundschaftlich? Warum teilten sie so viele intime Momente, wenn er sie nur als beste Freundin sah? Aber würde er tiefere Gefühle für sie hegen, hätte er es doch gesagt, oder nicht? So viele Fragen und keine Antworten. Und je länger sie auf ihren besten Freund wartete, desto nervöser wurde sie. Kaito tauchte auf, rannte auf sie zu und begrüßte sie fröhlich. „Entschuldige bitte, dass du warten musstest.“ Nichts neues, dachte sie sich. Er verspätete sich oft das war normal. Auch wenn sie eigentlich sauer sein sollte, immerhin war eine halbe Stunde kein Kavaliersdelikt, freute sie sich trotzdem über sein Erscheinen und das er seine freie Zeit mit ihr verbringen wollte. Gemeinsam gingen sie zur Kasse und Kaito bezahlte zur Entschädigung den Eintritt. Wenig später standen sie auf einem kleinen Platz und hatten die Wahl zwischen drei Wegen. Jeder Rundweg führte letztendlich zurück zu diesem Platz. Sie entschieden sich mit dem Europa-Teil zu beginnen und strebten die verschiedenen Gehege mit den europäischen Tieren an. Sie liefen an den Kühen und den Schweinen vorbei, beobachteten die Kinder im Ziegenstreichelzoo, gingen weiter zu den Meerschweinchen, den Kaninchen, Hühner und Enten. Irgendwann kamen sie in den Antarktis-Teil. Vor den Eisbären, die Nachwuchs bekommen hatten, verweilten sie länger. Beobachteten das Junge wie es die Welt entdeckte und freudig im kalten Wasser abtauchte. Während Aoko ihre Nase an der großen, dicken Glasscheibe plattdrückte, wirkte Kaito eher in Gedanken versunken. „Ist alles in Ordnung?“, fragte sie nach. Verwirrt sah er sie an, dann lächelte er beruhigend und nickte. „Wollen wir weiter gehen?“ Skeptisch blieb sie stehen. „Was ist los? Willst du es mir erzählen?“ „Nein, alles gut“, bestätigte er noch einmal, grinste schief und schnappte sich ihre Hand. Dann zog er sie hinter sich her. „Es gibt noch so viel zu sehen.“ „Aber das Eisbärbaby ist so süß“, widersprach Aoko. In ihrer Stimme schwang eine Mischung aus Trotz und Unsicherheit. Seine Hand war so warm und ein Kribbeln durchflutete ihren Körper. Es war so verwirrend zwischen ihnen. Was fühlte er für sie? „Ich weiß, aber bei den Kängurus ist auch Nachwuchs gekommen“, zwinkerte Kaito. Während seiner Worte schob er seine Finger zwischen ihre und verknotete ihre Hände fester mit einander. Aokos Gefühle fuhren Achterbahn. Während sie neben ihm her stolperte. Zielstrebig passierten sie die Pinguine, Seelöwen und umgingen das Aquarium großräumig. Dabei musste Aoko kichern, denn sie wusste um die Phobie ihres besten Freundes. Als sie den Australien-Teil durchquerten bestaunten sie die Wallabys und die großen Kängurus. Ein kleines Känguru kam eben aus dem Beutel seiner Mutter und sprang mit großen, kräftigen Sprüngen im Gehege herum. Aoko blieb vor dem Zaun stehen und beobachtete wie klein und doch so kräftig das Junge war. Kaito hingegen holte für sie beide einen kleinen Snack. Als sie das bemerkte, schmollte sie. „Du wolltest ja nur etwas essen“, hielt sie ihm spielerisch vor und nahm dankend die Pommes-Tüte in ihre Hände. Gemeinsam setzten sie sich auf eine Bank und beobachteten die Kängurus. Kaito schien wieder in Gedanken zu versinken, während er aß. Auch dieses Mal entging es Aoko nicht. „Was ist nur los mit dir?“ Ihr bester Freund sah sie stumm an. Ihre Augen verloren sich in seinen, auch ihr schwanden die Worte. Sie fühlte sich in seinem Blick gefangen, wusste nicht was sie tun sollte. Sie konnte sich diesem Bann nicht entziehen. Plötzlich legte er seinen Daumen an ihre Lippen, strich ihr vorsichtig einen Klecks Ketchup fort. Ihr Körper prickelte, sie stand unter Anspannung und es war als würde bald ein gigantisches Feuerwerk entzündet werden. Die gesamte Vorfreude sammelte sich in ihrem Bauch. Mit großen Augen und stark klopfendem Herz starrte sie ihn an, bemerkte, wie er ihr näher kam und sich zu ihr beugte. Sie spürte seinen heißen Atem auf ihrer Wange. Sie hatten sich schon so oft geküsst und doch fühlte es sich an, als würde es dieses Mal anders werden. „Ich...“, hauchte Kaito und stockte. „Du...?“, wiederholte Aoko, absolut gebannt, zittrig, nervös, angespannt und von wirren Gefühlen durchflutet. „Ich..., Aoko“, er legte seine Lippen auf ihre, fing sie in einen Kuss ein, der atemberaubender nicht sein konnte. Sie gab sich ihm hin, ließ die Augen zufallen und genoss das prickelnde Gefühl, welches ihren Körper durchzog. Das Feuerwerk welches sich schlagartig entzündete, vereinnahmte sie komplett. „Ist das nicht, Kaito?“ Eine Stimme von weit her und doch so nah, riss die beiden aus diesem intensiven Moment. Kaito löste den Kuss, um nach der Person zu suchen die seinen Namen ausgesprochen hatte. Aoko noch vollkommen von ihren Gefühlen eingenommen, brauchte etwas länger um zu realisieren was eben passiert ist. Er hatte sie in der Öffentlichkeit geküsst. War das nicht ein Statement? Liebte er sie vielleicht doch? „Ja, das ist Kaito“, rief eine andere Stimme und irgendwie kam sie ihr so bekannt vor. Langsam, sehr langsam nahm Aokos Gehirn die Arbeit wieder auf und als sie sich zu der dazugehörigen Person umdrehte erstarrte sie. Schnell näherten sich drei Oberschüler. Ein Junge und zwei Mädchen. Zu bekannte Personen bei denen sie so sehr hoffte ihnen nicht zu begegnen. Natürlich war das Schicksal wieder einmal gegen sie. Kaito stand auf und begrüßte den Jungen mit einem speziellen Handschlag, den die Fußballer sich irgendwann angeeignet hatte, weil sie ihn cool fanden. Aokos Beine waren immer noch weich. Sie konnte nicht aufstehen und starrte reglos auf das Bild welches sich ihr nun bot. „Wie schön dich hier zu treffen? Was machst du hier?“ Das Mädchen mit den langen dunklen Haaren, umarmte Kaito fest, drückte sich enger an seinen Körper, als es nötig gewesen wäre, und warf Aoko einen alles vernichtenden Blick zu. Die Braunhaarige erstarrte beinahe, denn so hasserfüllt hatte sie Akako noch nie gesehen. Kaito, der die Umarmung kurz erwiderte, löste sich, wirkte etwas unbeholfen und deutete auf Aoko. „Wir wollten mal wieder in den Zoo.“ Akako rümpfte die Nase, als sie Aoko musterte. Dann aber strahlte sie Kaito an. „Jetzt wo wir uns getroffen haben, können wir doch zusammen weiter gehen.“ Und schon umklammerte sie seinen Arm und zog ihn mit sich mit. „Hast du schon die Giraffen und Elefanten gesehen?“, plapperte sie schon los. Shiho, die an Shinichis Arm hing, zog ihren Freund den anderen beiden hinterher. Aoko blieb auf der Bank sitzen. Sie wurde im wahrsten Sinne des Wortes sitzen gelassen. Sie starrte den beiden Pärchen fassungslos und im vollkommenen Gefühlschaos gefangen hinterher. Kaito warf ihr zwar noch einige Blicke zu, aber sie konnte nicht deuten was er damit aussagen wollte. Denn in diesem Moment brach in ihr alles zusammen. Erst fühlte sie sich wie im Himmel als er sie küsste, dann prallte sie umso unsanfter auf dem Boden auf. Shinichi blieb nochmal stehen, drehte sich zu der Mitschülerin um, aber Shiho zog ihn rigoros weiter. Aoko fühlte sich auf ein Mal innerlich so leer und als die vier nicht mehr zu sehen waren trat sie ihren Heimweg an. Sie ging am Montag ohne ihn zur Schule, wartete nicht auf ihn und öffnete als erstes ihr Schließfach. Natürlich fand sie eine Nachricht darin. „Mach dich auf was gefasst!“ Aber sie war zu verletzt, als dass sie diese Warnung noch ernst nehmen könnte. Ihrem besten Freund wich sie den ganzen Tag aus und jede seiner Entschuldigungen wies sie rigoros von sich. Sie musste zuerst nachdenken und sich überlegen, wie sie ihr Herz wieder reparieren könnte. ***~~~***~~~***~~~***~~~*** ***~~~***~~~***~~~***~~~*** Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)