Schatten der Vergangenheit von Kittykate ================================================================================ Kapitel 8: Kapitel VIII - Zucker und Eier ----------------------------------------- Aoko lag in ihrem Bett und starrte die Zimmerdecke an. Mal wieder und in letzter Zeit sehr oft. Sie schien mit ihrer Zimmerdecke eine abstruse Beziehung zu entwickeln. Sicherlich könnte sie auch zum Fenster hinaus schauen, nur hatte sie da ständig den Blick auf Kaitos Zimmer vor Augen. Und stur wie sie nun mal war, wollte Aoko alles was mit ihm zu tun hatte ignorieren. Der Heimweg mit Shinichi und Kaito war immer noch schwer einzuschätzen. Ran und die beiden Jungs schienen sich wirklich gut zu verstehen. Anders als Kaito kannte Aoko Shinichi, den Fußballstar ihrer Schule, nicht besonders gut. Sie waren seit der Oberschule in der gleichen Klasse, aber mehr war da auch nicht. Dass er und Kaito so enge Freunde waren, wusste sie auch nicht. Sie versuchte den Nachbarjungen rigoros auszublenden, was natürlich nicht immer gelang. In diesen wenigen Momenten war meistens Shiro zu Gast. Shinichi hatte sie bisher noch nie bei Kaito gesehen. Aber es sollte ihr eigentlich auch egal sein. Zumindest machte Shinichi einen ordentlichen Eindruck, nett und hilfsbereit war er auch. Und wenn er auch nett zu Ran war, sprach nichts dagegen, dass die beiden sich anfreundeten. Eigentlich müsste Aoko Hausaufgaben machen, aber sie schaffte es nicht ihre Konzentration dafür aufzubringen. Warum lud Kaito sie zu seiner Oberstufenparty ein? Das hatte er erst einmal getan und damals waren sie noch Freunde. Ob es an Ran lag? Und warum hat Shinichi so gegrinst als Ran zusagte? Seit ihre Stiefschwester in Spe in ihr Leben kam, häuften sich die Wirrungen in ihrem sonst so geordneten Leben. Sie hatte ihre Vergangenheit für sich geklärt, ignorierte Kaito seither und wich ihm strikt aus. Und es klappte zwei Jahre obwohl sie direkt nebeneinander wohnten. Aber seit Ran hier einzog und eine Freundschaft mit Kaito aufzubauen schien, war Aokos ganzes Vorhaben schwieriger geworden. Zumal er es schaffte sie ständig zu provozieren. Argh, sie wollte nicht mehr an diesen Idioten denken. Warum beschäftigte sich ihr Kopf dann dauernd mit ihm? Klirrende Geräusche aus dem Erdgeschoss drangen herauf. Ran konnte es nicht sein, denn sie war mit ihrer besten Freundin unterwegs. Ihr Papa arbeitete. War es Eri? Und randalierte sie in der Küche? Eine Aussprache mit Eri war auch noch fällig. Aokos Verhalten vor zwei Tagen war nicht richtig gewesen, aber bisher hatte sich die Situation für ein Gespräch noch nicht ergeben. Es war einfach noch nicht der richtige Zeitpunkt dabei. Sollte sie vielleicht jetzt zu ihr gehen? Aoko richtete sich auf, als wieder etwas schepperte. Sie würde auf jeden Fall mal nachsehen ob Eri noch lebte. Sie schwang ihre Beine aus dem Bett und schlich die Treppe hinunter. Wenig später trat sie in die Küche und blieb erstarrt stehen. Das Chaos türmte sich, ein Topf lag am Boden und inmitten stand Eri vor einem Kochbuch und blätterte wild darin herum. „Brauchst du Hilfe?“ Überrascht drehte Eri sich um, dann lächelte sie verlegen. „Ich bekomm das schon hin.“ Aoko trat ein, hob den Topf vom Boden auf und stellte ihn auf die Anrichte. „Was hast du vor?“ Sie trat näher und warf einen Blick ins Kochbuch. „Ich wollte uns einen Kuchen backen, aber ich finde die Zutaten nicht und auch will es mir einfach nicht gelingen.“ „Hast du schon einmal Kuchen gebacken?“ Eri runzelte die Stirn, legte grüblerisch einen Zeigefinger an ihre Wange und überlegte. „Nein. Das ist mein erster“, gestand sie. Aoko lächelte zaghaft, räumte das saubere Geschirr zurück in die Schränke und schaffte sich Platz. „Ich helfe dir.“ Dann kramte sie nach dem Handrührgerät und einer Schüssel, holte sich die Backzutaten aus den Schränken heraus und half Eri dabei einen Teig anzufertigen. Es war schön und fühlte sich richtig gut an etwas gemeinsam in der Küche zuzubereiten. „Es tut mir leid, das ich einfach so gegangen bin. Ich wollte dir nicht weh tun“, gestand Aoko, während sie das Mehl abwog. Eri blickte überrascht auf. „Wir haben euch mit unseren Plänen vor den Kopf gestoßen, da ist das nur verständlich.“ Aoko sah auf. „Ich sehe wie glücklich Papa mit dir ist. Du hast ihn zum positiven verändert und ich freue mich für euch beide.“ Eri schluckte, wischte sich eine Träne aus dem Augen und umarmte Aoko fest. „Das bedeutet mir sehr viel.“ Kurz gaben sie sich ihren Gefühlen hin, dann lösten sie sich wieder und suchten nach der nächsten Zutat. „Zucker“, sprach Eri und kramte im Vorratsschrank. „Finde ich nicht.“ Auch Aoko suchte und fand letztendlich nur die leere Dose. „Kannst du schnell zu den Nachbarn gehen und um Zucker fragen? Einkaufen dauert zu lange“, fragte Eri. „Dann mach ich schon mal mit den restlichen Zutaten weiter.“ Aoko nickte, nahm die Zuckerdose und zog im Flur ihre Schuhe an. Da erschien Eri: „Drei Eier bitte auch noch.“ „Okay.“ Aoko steckte den Wohnungsschlüssel ein und trat hinaus. „Zucker und drei Eier“, murmelte sie und blickte zu Kaitos Haus. Ihn würde sie ganz gewiss nicht um Hilfe bitten. Stur drehte sie sich um und ging zum anderen Nachbarhaus, welches rechts von ihrem Haus lag. Sie klingelte, aber nichts tat sich. Erneut probierte sie es, doch das nette ältere Ehepaar schien nicht zuhause zu sein. Die meisten anderen Nachbarn arbeiteten um diese Uhrzeit. Unschlüssig wichen ihre Augen nun doch zu den Kurobas. Er war auf jeden Fall zuhause. Das wusste sie mit Sicherheit. Seit gestern war sie durch Ran dazu verdonnert mit Kaito morgens zur Schule und nachmittags wieder heim zulaufen. Warum auch immer Ran überhaupt auf so eine absurde Idee kam. Bisher war sie ihm immer erfolgreich ausgewichen, lief vor ihm los oder wartete bis er weg war. Nun aber schienen die beiden sich angefreundet zu haben. Und Aoko selbst war die Leidtragende dieser Freundschaft. Sie seufzte. Wohl oder übel musste sie in den sauren Apfel beißen, denn Eri wollte einen Kuchen backen. Langsam setzte sie sich in Bewegung und lief an ihrem Haus vorbei hin zum Haus der Kurobas. Zögerlich folgte sie dem Weg durch den Vorgarten zur Haustüre und klingelte. Die Tür ging auf und lautes Gelächter drang durch das Erdgeschoss. Er hatte Besuch. Großartig. Überrascht musterte Kaito sie, ehe er seine Arme vor der Brust verschränkte und spottete: „Das ausgerechnet du mal vor meiner Türe stehst.“ „Eri backt einen Kuchen. Unser Zucker ist aus. Hast du Zucker und Eier?“ Ohne Begrüßung und ohne eine Spur Freundlichkeit brachte sie ihr Anliegen vor. Kaito zog seine Augenbrauen hoch. „Tut mir leid, meine Eier sind nicht zum Backen da.“ Aoko lief rot vor Zorn an. „Du blöder Idiot, die meinte ich auch ganz bestimmt nicht!“ Er grinste plötzlich, schien einen weiteren Spruch auf der Zunge liegen zu haben, doch dann schluckte er nachsichtig und ließ sie eintreten. „Ich füll dir was ab.“ Er nahm ihr die Dose ab. „Geh ins Wohnzimmer und warte dort. Bin gleich da.“ Aoko wollte stur im Flur warten, doch er drängte erneut. „Geh schon, es dauert einen Moment.“ Zögerlich zog sie ihre Schuhe aus und sah sich um. Lange war sie nicht mehr hier. Seltsam es jetzt wieder zu sein. Früher war sie jeden Tag in diesem Haus ein und ausgegangen. Es war ihr zweites zuhause und ebenso oft war Kaito bei ihr. Sie folgte dem Flur und hörte wieder lautes Lachen. Unsicher trat sie ins Wohnzimmer ein und fand sich einer Gruppe gegenüber, der sie immer aus dem Weg gehen wollte. Auf der langen Couch saßen Shiro, Hitomi und Shiho, auf einem Sessel saß Shinichi und auf einer zweiten kürzeren Couch saß Akako. Sie unterhielten sich angeregt und lachten immer wieder. Doch kaum wurde Aoko bemerkt verstummte die Truppe. Unsicher sah sie in die düsteren Blicke. Es war ein Fehler nicht im Flur gewartet zu haben. Ein ungutes Bauchgefühl kam wieder hervor. Ihr Herz klopfte unruhig. „Wen haben wir denn da?“, grinste Akako hämisch. Shiro betrachtete Aoko finster. „Jemand, der eigentlich nicht hier sein sollte.“ Seine eh schon dunklen Augen wurden noch dunkler. „Was willst du denn hier?!“ Aoko ließ nach außen nichts von ihren Gefühlen durch. Innerlich zitterte sie. „Ich brauche Zucker und Eier.“ Shiro schien diese Vorlage gerade sehr gut zu passen. „Dann solltest du dir schleunigst einen Jungen suchen der Eier in der Hose hat.“ Kaito hatte eben einen ähnlich dämlichen Spruch abgelassen. Wie sehr Aoko Shiro hasste. Dummerweise war dieser Junge seit der ersten Klasse Kaitos bester Freund und die beiden schienen aufeinander abzufärben. Fragte sich nur wer auf wen. „Definitiv bin ich bei euch an der falschen Adresse“, entgegnete sie ungestüm und schneller als sie denken konnte. Schon biss sie sich auf die Lippe. Das war sehr dumm, schalt sie sich selbst in Gedanken. Sie hatten eine Abmachung und eben brach sie diese, eigentlich tat sie das schon als sie einen Fuß in dieses Haus setzte. Vielleicht sah Shiro aber auch darüber hinweg? Jedoch so finster wie er sie ansah, verschwand der Hoffnungsschimmer sofort wieder. Kaito trat neben sie mit der gefüllten Zuckerdose und einem Eierkarton. „Wie viele brauchst du?“ Aoko sah zu ihm auf, nahm ihm die Dose ab und antwortete: „Drei.“ Kaito öffnete den Eierkarton und zog drei Eier hervor. Aoko nahm diese entgegen, je eines in ihre Hosentasche und das dritte Ei nahm sie in die Hand. Sie rang sich ein Lächeln ab. „Danke, Kaito.“ Unsicher blickte sie in die Runde. Akako stand auf, ging zu Kaito und schmiegte sich an den Oberschüler. „Wie schön das wir dir helfen konnten“, flötete sie. Dann aber fügte sie noch provozierend hinzu: „Zucker geht auf die Hüfte. Aber das erklärt natürlich dann so einiges an deiner Figur.“ Stur und hitzköpfig fauchte Aoko zurück. „Ich kann abnehmen, du hingegen wirst immer eine dumme Kuh bleiben.“ Kaum ausgesprochen wusste sie, dass es die Situation für sie nicht unbedingt besser machte. Die Stimmung wurde immer frostiger. Unsicher und doch trotzig sah Aoko zu Shinichi, der sich die gesamte Zeit neutral verhielt, zu Shiro, der unberechenbar schien, zu Hitomi, die gleichgültig ihre Fingernägel betrachtete, hin zu Shiho, die ein gehässiges Lächeln auf ihren Lippen trug. Sie sah kurz zu Akako, die ihr am liebsten die Augen ausgekratzt hätte, weiter zu Kaito, der sie emotionslos, fast gleichgültig ansah. „Danke“, flüsterte Aoko und verschwand in den Flur. Sie spürte wie Kaito ihr folgte, aber er sagte weiterhin nichts. Ein kurzer letzter Blick zu ihm, dann verschwand sie nach draußen. Sie flüchtete regelrecht aus seinem Haus. Eine ungute Vorahnung breitete sich in ihr aus. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Sie hätte gar nicht erst zu ihm gehen dürfen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)