Heartbeats von Khaleesi26 (Michi-Woche) ================================================================================ Kapitel 5: Promise ------------------ Mimi Ich war so dankbar, für jeden einzelnen Tag, den ich mit Tai verbringen durfte. Es waren nicht viele, seit er in Kalifornien angekommen war. Aber die wenige Zeit, die uns noch blieb, beschlossen wir zu nutzen. Tai war sehr verständnisvoll. Verständnisvoller als man es von einem normalen Freund erwarten konnte. Gleich nachdem wir im Hotel angekommen waren, machte er eine Liste für mich, mit den Dingen, die ich unbedingt noch vor meiner OP tun wollte. Erst sträubte er sich dagegen und meinte, ich hätte noch jahrelang Zeit diese Liste abzuarbeiten. Doch wir wussten beide, dass das vielleicht nicht stimmte. Vielleicht würde ich nie wieder Zeit haben, die Dinge zu tun, die ich tun wollte. Da uns nur noch drei Tage blieben, beschränkte ich mich auf das Wesentliche: 1. Mit Tai gemeinsam die Sterne betrachten. (Das erledigten wir gleich am ersten Abend) 2. So viel Eis essen, bis einem schlecht wird. (Auch das wurde ziemlich schnell abgearbeitet) 3. Segeln fahren. (Machten wir am zweiten Tag) 4. Einen Cocktail kreieren und ihn nach mir benennen. (Ich durfte ihn nicht trinken, aber Tai versicherte mir, er würde grandios schmecken, ein bisschen zu süß, aber lecker.) 5. Am Strand übernachten und morgens den Sonnenaufgang sehen. Ich weiß, es waren nicht viele Punkte und für andere Menschen mochten es ganz banale Sachen sein. Doch mehr war in meinem Zustand leider nicht mehr möglich, so sehr ich es auch gewollte hätte. Und trotzdem waren das wahrscheinlich die drei besten Tage meines Lebens. Nachdem vier von den fünf Wünschen abgearbeitet waren, blieb nur noch einer übrig. Und so waren wir hier. Die Sonne war bereits untergegangen und Tai hatte uns am Strand ein kleines Lagerfeuer gemacht und unsere Schlafsäcke hergerichtet. Ich starrte hinaus auf das dunkle Meer, das bei Nacht noch unendlicher und tiefer erschien als sonst. Und trotzdem hatte es etwas Beruhigendes auf mich. Denn obwohl man es nicht komplett sehen konnte, so hörte man es doch und wusste, dass es da war. Ob auch ich noch da war, wenn ich in der Dunkelheit verschwinden würde? „Alles okay?“, fragte Tai schließlich und setzte sich neben mich in den Sand. „Geht’s dir gut?“ Ich nickte zufrieden. „Es könnte nicht besser sein. Danke, Tai. Du hast so viel für mich getan, in den letzten Tagen. Und ich frage mich, ob ich dir je zurückgeben kann, was du mir gegeben hast.“ Tai dachte kurz über meine Worte nach. Inzwischen hatte er es aufgegeben, das Offensichtliche auszublenden. Und das Offensichtliche war, dass meine Chancen 50/50 standen, dass ich nach der OP wieder ganz die Alte war. Vor Tais Ankunft war ich an einem Punkt angelangt, an dem ich mein Schicksal akzeptiert hatte. An dem ich angenommen hatte, dass mir vielleicht nicht mehr viel Zeit blieb. Doch, nachdem er hier aufgetaucht war und meine Welt erneut auf den Kopf gestellt hatte, hatte sich alles verändert. Ich hatte mich verändert. Plötzlich fiel es mir schwer loszulassen. Mein Schicksal wollte ich nicht mehr akzeptieren. Ich wollte nicht einfach verschwinden. Ich wollte ihn nicht verlassen. „Wenn du willst, können wir uns was versprechen“, schlug Tai plötzlich vor. Ich wandte den Kopf in seine Richtung und sah ihn fragend an. Dann nahm er meine Hand in seine und drückte sie ganz fest. „Die Liste muss nicht zu Ende sein, Mimi. Lass sie uns gemeinsam fortführen.“ „Und welches Versprechen soll ich dir geben?“ „Versprich mir, dass du zu mir zurückkommst.“ Ich schloss bedrückt die Augen. „Das kann ich dir nicht versprechen.“ „Dann gebe ich eben dir ein Versprechen“, sagte Tai entschlossen. Ich öffnete meine Augen und sah ihn an. „Wenn es jemals ein Morgen gibt, an dem wir nicht zusammen sind, dann gibt es etwas, an das du dich immer erinnern musst. Du bist mutiger als du glaubst, stärker als du scheinst, und schlauer, als du denkst. Aber am wichtigsten ist, dass, selbst wenn wir getrennt sind, ich immer bei dir sein werde. Das verspreche ich dir.“ Er legte eine Hand auf mein Herz, das in diesem Augenblick nur für ihn schlug. Es war voll mit Liebe und die Worte, die er mir gesagt hatte, würde ich für immer dort aufbewahren – ganz egal wie lang für immer auch war. Ich würde sie nie vergessen. Tai würde immer ein Teil von mir bleiben, an welchem Ort wir beide uns auch immer befanden. „Ich liebe dich“, sagte ich und eine Träne rollte mir die Wange hinunter. Tai lächelte sanft und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Gott, womit hatte ich ihn nur verdient? Liebevoll sah er mir in die Augen. „Ich liebe dich auch.“ Ich wusste nicht, ob es unser letzter gemeinsamer Abend war oder ob wir eine Zukunft hatten. Aber an diesem Abend sahen wir uns ein letztes Mal gemeinsam die Sterne an und ich hoffte inständig auf eine Sternschnuppe – auf, dass mein sehnlichster Wunsch in Erfüllung gehen möge. „Ich habe Angst.“ Meine Mutter versuchte es sich nicht anmerken zu lassen, dass es ihr genauso ging. Also spielte sie die Starke und rang sich ein zuversichtliches Lächeln ab, während sie mir über den Kopf strich. „Das musst du nicht“, sagte sie so liebevoll, wie eine Mutter das eben tut. „Es wird alles gut, Kleines.“ Sie drückte mir einen Kuss aufs Haar und trat zur Seite, damit auch mein Vater sich verabschieden konnte. „Wir warten hier auf dich“, sagte er und drückte mich an sich. Ich betete zu Gott, dass sie nicht umsonst warten sollten. Es klopfte an der Zimmertür und Tai trat ein. „Oh, tut mir leid, wenn ich störe“, entschuldigte er sich und wollte schon wieder rausgehen. „Halt, nein warte“, hielt ich ihn auf und warf meinen Eltern einen flehenden Blick zu. „Könntet ihr uns kurz alleine lassen?“ Sie tauschten kurze Blicke, nickten dann jedoch einverstanden und verließen das Zimmer. Plötzlich waren da nur noch er und ich. Und diese furchtbare Ungewissheit zwischen uns. „Schön, dass du gekommen bist“, sagte ich und lächelte ihn an, auch wenn ich eigentlich nie wollte, dass er mich so sah. Ich trug lediglich ein OP Hemdchen. Alles war vorbereitet und nun lag ich hier, in einem weißen Bett, in einem Krankenhauszimmer und war meinem Schicksal machtlos ausgeliefert. „Machst du Witze?“, entgegnete er keck und holte sich einen Stuhl, um sich zu mir ans Bett zu setzen. Ich schmunzelte. „Tut mir leid. Es ist nur … unser Abend gestern war perfekt. Wenn es einen Abschied zwischen uns geben sollte, dann wäre das der Schönste von allen gewesen. Hier ist es so …“ „Bedrückend?“, beendete Tai meinen Satz. „Ich weiß. Aber wir stehen das gemeinsam durch, Mimi. Du bist nicht allein.“ Ich griff nach seiner Hand und er umschloss sie mit beiden Händen. „Wenn du wieder aufwachst, bin ich hier.“ Ich nickte schwach und musste kämpfen, um nicht auf der Stelle loszuheulen. Er war einfach unglaublich. Und in diesem Moment liebte ich ihn mehr als ich jemals für möglich gehalten hätte. Es klopfet erneut an der Tür. Eine Schwester kam rein und warf mir einen entschuldigenden Blick zu. „Tut mir leid, dass ich Sie unterbrechen muss, aber es ist alles vorbereitet. Wir können anfangen.“ Ich nickte gefasst und versuchte noch einmal tief durchzuatmen. Die Schwester bat Tai zu gehen und er trat zur Seite, damit sie mich, mit samt meinem Bett rausschieben konnte. Nun war es also so weit. Ein letzter Blick. Ein letzter Gedanke. Ein letztes … „Moment, warten Sie bitte.“ Die Schwester sah mich fragend an, als wir schon fast aus dem Zimmer raus waren. „Aber wir müssen wirklich gehen. Der Doktor wartet bereits im OP auf Sie“, erklärte sie mir ruhig. Flehend sah ich sie an. „Bitte, nur noch eine Minute.“ Sie sah zu Tai rüber, überlegte kurz, und nickte dann schließlich. Sie ging einige Schritte zurück, um uns den nötigen Freiraum zu geben, während Tai zurück an mein Bett geeilt kam und nach meiner Hand griff. „Was ist? Ist alles in Ordnung? Mimi, du musst keine Angst haben. Ich werde …“, begann er leicht panisch, doch ich schüttelte nur lächelnd den Kopf, was ihn zum Schweigen brachte. „Ich möchte dir ein Versprechen geben.“ Irritiert sah er mich an. „Ein Versprechen?“ Ich nickte. „Ja. Du hast mir gestern eins gegeben und nun möchte ich dir eins geben.“ An unserem letzten gemeinsamen Abend hatte Tai mir etwas versprochen. Und ich war nicht dazu im Stande gewesen, ihm das zu versprechen, was er hören wollte. Ich konnte es nicht. Aber ich konnte ihm etwas Anderes versprechen. „Wenn ich das hier überlebe, dann verspreche ich, dass ich dich heiraten werde, Taichi Yagami.“ Tai klappte der Mund auf und sogar die Schwester warf uns einen leicht schockierten Blick über die Schulter hinweg zu. „Das … was?“ Nun grinste er verschmitzt. „Du versprichst, dass du mich heiraten wirst? Aber ich habe dich doch gar nicht darum gebeten, mich zu heiraten.“ Ich zuckte lediglich mit den Schultern und schenkte ihm einen gleichgültigen Blick. „Na, und? Ist mir doch egal, ob du mich darum gebeten hast, oder nicht. Ich habe das eben beschlossen. Wenn ich das hier überlebe, werde ich dich heiraten! Ob du willst oder nicht.“ Tais Mundwinkel wanderten belustigt in die Höhe. „Du bist völlig verrückt“, lachte er auf. Dann gab er mir einen letzten Kuss. „Na, gut. Ich nehme dich beim Wort, Mimi Tachikawa. Und wehe, du hältst dein Versprechen nicht.“ Ich grinste zufrieden und strich ihm sanft über die Wange, ehe ich der Schwester zunickte. Tai ließ meine Hand los. Aber diesmal fühlte es sich nicht wie ein Abschied an. Sondern wie der Beginn einer neuen Zukunft für uns beide. „If ever there is a tomorrow when we're not together there is something you must always remember. You are braver than you believe, stronger than you seem, and smarter then you think. But most important thing is, even if we're apart I'll always be with you." - A. A. Milne, Winnie the Pooh Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)