The show must go on von yamimaru ================================================================================ Kapitel 18: Klappe, die Achtzehnte ---------------------------------- Es war eigenartig, wieder zu Hause zu sein. Tatsuros Atem beschlug die Fensterscheibe, gegen die er lehnte und nach draußen sah. Dicke Tropfen hämmerten gegen das Fenster, deren Erschütterungen er sogar spüren konnte, und tauchten die Welt dort draußen in kaum voneinander zu unterscheidende Grautöne.   Es war eigenartig, zu versuchen, wieder in einen geregelten Alltag zurückzufinden. Das hatte er auch Doktor Suemura gesagt, als er gestern eine weitere Therapiestunde mit ihm zugebracht hatte. Nichts fühlte sich richtig an, alles war zu weitläufig und gleichzeitig viel zu eng. Als steckte sein Geist in einem Gefäß, das je nach Lust und Laune die Form veränderte. Wie eine Pumpe, sich weitend und wieder verengend, und er im Zentrum. Ein Herzschlag. Wahnsinn. Ein leiser Laut entkam seinen Lippen, tauchte die Welt vor dem Fenster für einen Moment in undurchdringlichen Nebel. Er konnte sich nicht aufraffen, mit dem Ärmel die Kondensation wegzuwischen, wartete stattdessen, bis sie von allein wieder verschwand. Yukke war nicht hier. Vielleicht der Grund für seinen beinahe katatonischen Zustand? Doktor Suemura hatte ihm ans Herz gelegt, dass es Zeit wurde, seine Unabhängigkeit langsam zurückzugewinnen. Momente, Minuten, Stunden, in denen er nicht von wohlmeinenden Menschen umgeben war und es aushalten musste, mit sich und seinen Gedanken allein zu sein. Er hatte gelacht, bis ihm aufgefallen war, dass der Therapeut recht hatte. Seit er vor beinahe drei Wochen entlassen worden war, war er kaum einen Augenblick für sich gewesen. Yukke war ihm nicht von der Seite gewichen und hatte es unaufschiebbare Termine gegeben, war Satochi es, der ihm Gesellschaft leistete. Genaugenommen hatte sich also absolut nichts geändert, schließlich war auch im Krankenhaus immer jemand da gewesen, selbst nachts, nur eine Tür entfernt. Und nun?   Es fühlte sich eigenartig an, allein zu sein. Sein Atem beschleunigte sich, seine Finger, die den Regenspuren auf der Scheibe folgten, hinterließen feuchte Schlieren, so sehr begannen seine Handflächen zu schwitzen. Die feinen Härchen in seinem Nacken richteten sich auf, er fühlte sich beobachtet, fallend, treibend in einem plötzlich zu groß gewordenen Raum. Sein gehetzter Blick ging zur Seite, fixierte sich auf einen Spalt zwischen der Zimmerecke und dem Sofa, kaum breit genug, dass ein Mensch sich dort hineinzwängen konnte. Sicherheit. Schutz. Niemand würde ihn dort finden.   Es war eigenartig, hier zu sitzen. Er fröstelte. Obwohl es warm im Wohnzimmer war, war die Ecke deutlich kühler. Er zog die Beine an, schlang die Arme um seine Knie und verbarg sein Gesicht. Die Sitzung mit Doktor Suemura kam ihm erneut in den Sinn, die Worte, die in seinem Inneren räsonierten, obwohl er ihnen noch keinen Glauben schenken konnte. „Sie leiden unter einer posttraumatischen Belastungsstörung, Herr Iwakami. Von einem Erlebnis wie dem Ihren geht man nicht nur mit körperlichen Narben davon. Ihre Psyche braucht Zeit, zu heilen.“ „Ich will mein Leben zurück.“ „Und Sie haben bereits bewiesen, wie hart und ausdauernd Sie arbeiten wollen, um genau das zu erreichen.“ „Ich bin nicht stark genug.“ „Doch, das sind Sie. Sie haben die ersten Schritte bereits getan und ich bin hier, um Sie zu begleiten.“   Es war eigenartig, plötzlich in Yukkes besorgtes Gesicht zu sehen. Wie lange saß er nun schon hier? Die Schatten im Raum waren länger geworden, das Licht noch grauer und schwacher. Wann genau war Yukke wiedergekommen? Er hatte ihn nicht bemerkt. Nicht die Geräusche, die er sicherlich gemacht haben musste, nicht seine Präsenz oder die Besorgnis, die nun, da sie ihm bewusst geworden war, wie in Wellen von ihm auszugehen schien.   „Da bist du ja wieder.“ Die Stimme war sanft, bar jeden Vorwurfs, und dennoch zuckte die Schuld wie ein heißer Blitz durch seinen Körper. Er hatte diesen hilflosen Ausdruck in Yukkes Augen in den letzten Wochen schon so oft gesehen, trotzdem schmerzte die Gewissheit, dass er dafür verantwortlich war, jedes Mal aufs Neue. Yukke seufzte leise, ein Laut, den Tatsuro nicht hätte hören sollen, und richtete sich auf. Für einen langen Moment ruhten die traurigen Augen noch auf ihm, bevor sein Freund kurz aus dem Fenster sah und sich auf die Couch setzte. „Kann …“, wisperte er und Tatsuro fühlte einen Hauch, nicht ganz eine Berührung, an seinem Kopf. „Darf ich dich anfassen?“ Er nickte, lehnte sich gegen die Seite des Sofas, noch immer sicher in seiner kleinen Nische, und schloss die Augen, als Yukkes Finger begannen, durch sein kurzes Haar zu streicheln. „Ich hab die Maronen bekommen, die du dir gewünscht hast. Soll ich sie gleich mal in den Ofen stecken?“   „Nein, morgen vielleicht, aber danke …“ Tatsuro atmete ein und angestrengt ruhig wieder aus, als allein der Gedanke an etwas zu essen Übelkeit in ihm aufsteigen ließ. „Es tut mir leid, dass du mich so sehen musst.“   „Schon in Ordnung, Tatsue. Es gibt nichts, wofür du dich entschuldigen musst.“ Tatsuro schwieg, versuchte die Stärke in sich zu finden, die es brauchte, um wieder zu funktionieren und nicht wie ein verängstigtes Tier in der Ecke zu sitzen. „Ist etwas passiert?“   „Nein, nicht wirklich.“   „Mh.“ Er hörte, wie belegt Yukkes Stimme war, sein schweres Schlucken und das leise Geräusch, als er seine freie Hand hob. Ob er weinte? Tatsuro wagte es nicht, den Kopf zu heben, um nachzusehen. „Soll ich den Fernseher einschalten?“   „Ja, bitte.“   Sie hatten beide lernen müssen, dass Normalität in Augenblicken wie diesen das Einzige war, was ihn aus seiner Lethargie holen konnte. Während Yukke also durch die Kanäle zappte, bis er irgendwann bei einer Dokumentation über die sieben Weltwunder der Antike hängen geblieben war, spürte er, wie sich der Nebel über seinen Gedanken langsam lichtete und das Gefühl in seine Gliedmaßen zurückkehrte. Er atmete bewusst tief ein und wieder aus, bis er den Entschluss fassen konnte, sich zu erheben und zu Yukke auf das Sofa zu setzen. Diese kurze, körperliche Betätigung war alles andere als anstrengend gewesen und dennoch konnte er vor Erschöpfung nun kaum noch seine Augen offen halten. Yukkes Arm legte sich um seine Schultern, bedeutete ihm, sich gegen ihn zu lehnen, und er kam dieser stummen Einladung nur zu gerne nach. Der Körper des anderen war vertraut, warm, sicher und dennoch fand er auch nach Minuten nicht zur Ruhe.   „Yukke?“   „Ja?“   „Wusstest du, dass die erste erfolgreiche Augenhornhauttransplantation bereits 1905 durchgeführt wurde?“   „Ja, ich hab den Flyer gelesen, den du von der Klinik mitgebracht hast.“   „Irre, oder? Ich dachte immer, das Auge wäre so ein kompliziertes Organ.“ Er wischte sich über das linke Augenlid, blinzelte einige Male, aber an seiner grau verschwommenen Sicht änderte sich nichts. „Obwohl die Ärzte diese Operation schon seit über hundert Jahren durchführen, hat sich an der Art und Weise wie sie vorgehen kaum etwas geändert.“ Ohne etwas zu sagen, presste Yukke die Lippen für einen kurzen Kuss auf seine Schläfe und lehnte den Kopf leise seufzend gegen den seinen. „Sie brauchen noch immer verstorbene Spender, um eine intakte, funktionsfähige Hornhaut transplantieren zu können.“   „Ist das der Grund, weshalb du dich noch nicht entschieden hast, die Operation wirklich machen zu lassen?“   „Ja, ich glaube schon. Irgendwie schreckt es mich ab, etwas von einem Toten in mir zu haben. Versteh mich nicht falsch, würde mein Leben davon abhängen, würde ich bestimmt ganz anders darüber denken, aber so?“   Für eine ganze Weile sagte keiner von ihnen ein Wort, nur Yukkes Finger hatten nach seiner Hand gegriffen und streichelten nun beinahe gedankenverloren über sie.   „Egal wie du dich entscheidest oder wie viel Zeit du brauchst, um überhaupt eine Entscheidung zu treffen, ich bin für dich da.“ Yukke küsste seine Finger und bevor er wieder auf Abstand gehen konnte, legte Tatsuro die Hand gegen seine Wange. Einen Herzschlag lang blickte er ihm tief in die Augen, in die warmen, braunen, gleichfarbigen Augen, bevor er die weichen Lippen mit den eigenen verschloss. Tatsuro war erstaunt, wie leidenschaftlich ihr Kuss binnen Sekunden wurde, wie natürlich und vertraut es sich anfühlte, Yukke so nah zu sein. Seit seiner Entlassung, ach was, schon während seiner Zeit im Krankenhaus hatten sie bewusst oder unbewusst jegliche Zärtlichkeiten beinahe auf einem platonischen Level gehalten. Doch das hier, die Intensität der Gefühle, die plötzlich ihn ihm tobten, war so wild und ungezügelt, als hätte es alles, was sich zwischen sie gestellt hatte, nie gegeben. Keine Missverständnisse. Keine Unsicherheiten. Keine seelischen und körperlichen Wunden.   „Tatsue.“ Yukke keuchte und lächelnd sah er auf ihn herab, bemerkte erst jetzt, dass er auf dem Rücken lag und er sich über ihn geschoben hatte. „Himmel, Tatsue.“ Hände legten sich an seine Wangen, zogen ihn erneut näher, bevor warme Lippen gierig die seinen in Beschlag nahmen und eine vorwitzige Zunge in seinen Mund vordrang.   Mit der Rechten stützte er sich neben Yukkes Kopf ab, während sich seine Linke ihren weg unter das weite Sweatshirt suchte und über die warme Haut zu kosen begann. Ein angenehmer Schauer rann ihm über den Rücken und er presste sich stärker gegen den Körper unter sich, spürte, dass ihre Nähe auch an Yukke ihre Spuren zu hinterlassen begann. Er löste sich von seinen Lippen, nur um über Kiefer und Hals zu küssen und an einer besonders schönen Stelle ein kleines Mal zurückzulassen. Er grinste erst auf den roten Fleck, dann auf seinen Freund herab, dessen Finger unermüdlich durch seine kurzen Strähnen kraulten. Wieder wurde er näher gezogen, wieder verschlossen fordernde Lippen seinen Mund. Ihre Zungen umspielten einander, fochten einen kleinen Kampf aus, den keiner von ihnen gewinnen wollte. In Tatsuros Magen kribbelte es und ohne sein bewusstes Zutun begann er, sich gegen Yukkes Körpermitte zu bewegen. Einen ersten, kleinen Laut entlockte er ihm damit, während er sein eigenes Keuchen an der Halsbeuge des anderen verbarg.   „Ta… Tatsue, warte.“ Er hob den Kopf, sah Yukke in die Augen, die mit einem Mal nicht mehr lustverhangen, sondern unsicher wirkten. Wieder legte sich eine warme Hand an seine Wange, der Daumen streichelte über seine Unterlippe und er küsste ihn, während er den forschenden Blick noch immer erwiderte, als wäre er im Braun der schönen Augen gefangen. „Sollten wir uns nicht ein wenig mehr Zeit lassen? Also, nicht, dass ich nicht will, aber …“   „… Ich hab bis eben noch in einer Ecke gekauert und hatte Angst vor meinem eigenen Schatten, ich weiß.“ Seine Worte hingen zwischen ihnen wie ein greifbares Gewicht, das sie niederzudrücken drohte. Yukkes Brauen senkten sich, verliehen seinem Blick eine fast verzweifelte Note. Tatsuro zwang ein schiefes Lächeln auf seine Lippen, küsste die Nasenspitze vor ihm und begann erneut, über Yukkes Brustkorb zu streicheln. „Wenn dir etwas zu schnell geht oder unangenehm ist, dann sag es und wir schrauben einen Gang runter.“ Nun hob sich die rechte Braue seines Freundes in einer stummen, aber deutlich skeptischen Frage, was ihm ein leises Lachen entlockte. „Und ich tu dasselbe, in Ordnung?“   „In Ordnung.“ Einen langen Moment geschah nichts, nur seine Finger zeichneten unsichtbare Muster auf Yukkes Oberkörper, bevor plötzlich wieder Bewegung in den anderen kam und Tatsuro sich atemlos geküsst wiederfand. Er schnaubte amüsiert, weil ihm zum Lachen die Luft fehlte und revanchierte sich in gleicher Weise.   Fahrige Finger zerrten an seinem Oberteil, bis er sich erbarmte, erhob und sich das Shirt über den Kopf zog. Yukkes folgte auf dem Fuße und als er sich erneut auf seinen Freund sinken ließ, entfloh seinen Lippen nun doch das lang unterdrückte Keuchen, als warme Haut auf warme Haut traf.   „Yu-chan“, murmelte er nah an Yukkes Hals, küsste und leckte über die dünne Haut und freute sich diebisch, als er ein kaum unterdrücktes Stöhnen hörte.   „So … mmmh, hast du mich schon lange nicht mehr genannt.“   „Stimmt.“ Tatsuro lächelte, küsste sich an Yukkes Kiefer empor, bis er ihn wieder ansehen konnte. „Yu-chan.“   Das Lächeln küsste er ihm direkt von den Lippen, ebenso wie sein Stöhnen, als seine Finger es endlich geschafft hatten, das Zugband der Jogginghose soweit zu lockern, dass er darunter schlüpfen und sie ohne Zögern um Yukkes Männlichkeit legen konnte. Ein erneutes Stöhnen und das wissende Lächeln, als er leicht erschauderte, spornten Tatsuro nur weiter an, sich ausgiebiger um seinen Freund zu bemühen. Er küsste einen Pfad über Yukkes Brust weiter nach unten, liebkoste die flatternde Bauchdecke und tauchte mit der Zungenspitze neckend in den Nabel ein. Die Hose zerrte er ihm von den Beinen, was Yukke erst zum Lachen und dann zum Stöhnen brachte, als er die neu freigelegte Haut sogleich für sich eroberte. Er genoss sein Tun, die wiederkehrenden Laute, mit denen er belohnt wurde, bis sich aus heiterem Himmel ein ungutes Gefühl in seiner Magengegend zusammenbraute. Er versuchte, noch weiter zu gehen, kniff die Augen zusammen und schluckte einige Male schwer, doch nichts half. Erst der vorsichtige, aber nachdrückliche Zug an seinen Haaren, der ihn wieder auf Augenhöhe mit Yukke brachte, holte ihn sprichwörtlich vom Rande des Abgrunds seiner Erinnerungen zurück.   „Alles gut“, murmelte Yukke lächelnd und diese Nicht-Frage war es, die wieder Ruhe in seinen Geist brachte. Er fühlte Finger durch sein Haar streicheln, an seinem Rücken herabfahren und als der andere mit einem Mal seine Nägel einsetzte, um sanft über seine Haut zu kratzen, ließ er das lang gezogene Stöhnen frei und vergrub erschauernd sein Gesicht an Yukkes Hals.   „Danke“, nuschelte er kaum verständlich und lächelte, als die Finger seines Freundes daraufhin kurz über seinen Nacken streichelten, bevor sie ihm eine erneute Gänsehaut verpassten.   „Sollten wir vielleicht lieber ins Schlafzimmer gehen?“   „Nein, ich beweg mich hier nicht weg.“ Er grinste, als Yukke leise schnaubte, nur um fordernd unter den Bund seiner Hose zu schlüpfen und sie unzeremoniell über seine Hüfte zu schieben. Wieder jagte ein Schauer über seinen Rücken und verstärkte sich nur, als sich Yukkes Beine öffneten und er zwischen sie glitt.   „Oh, ja.“ Hitze sammelte sich in seinem Unterleib, breitete sich über seinen gesamten Körper aus, während er sich rhythmisch gegen den anderen zu bewegen begann. Seine Rechte, mit der er sich noch immer abstützte, fing zu zittern an, bis er sich auf den Ellenbogen sinken ließ und Yukke damit noch näher war. Auch er strahlte eine fast unerträgliche Hitze aus, hatte die Beine um seine Hüfte geschlungen und presste sich so fordernd gegen ihn, dass er kaum noch Platz hatte, die mittlerweile voll erhärtete Männlichkeit weiter zu liebkosen.   „Lass“, verlangte Yukke flüsternd, knabberte keuchend an seinem Ohrläppchen und legte beide Arme fest um seinen Rücken, um ihn komplett auf sich zu ziehen. „Ich will dich spüren, alles von dir, überall an mir.“   Tatsuro wusste nicht, ob es Yukkes Worte oder seine Handlungen waren, die ihm den Atem raubten und erste Schweißperlen auf seine Stirn trieben. Was er jedoch wusste, war, dass sich das, was sie hier taten, unverschämt gut anfühlte. Vielleicht lag es daran, dass seine Libido in den letzten Monaten quasi nicht mehr vorhanden gewesen war und nun etwas aufzuholen hatte, aber viel zu schnell spürte er den Anfang seines Endes Näherrücken.   Er stöhnte, legte den Kopf in den Nacken und schickte sogleich ein Keuchen hinterher, als sich Yukkes warme Lippen um seinen Adamsapfel legten, leicht daran zu saugen begannen. Schweiß bedeckte ihre Haut, die Vorboten ihrer Lust machten die Reibung ihrer Erregungen aneinander zu einem exquisiten Erlebnis. Wieder waren es Yukkes Nägel, die über seinen Rücken kratzten, ein wenig stärker diesmal, und der sachte Schmerz trieb seine Lust auf den anderen in nur immer neue Höhen.   „Yu… ich weiß nicht, wie lang …“   „Hör nur nicht auf, bitte, hör nur nicht auf.“ Yukke haschte nach seinen Lippen, begann ihn wild und lüstern zu küssen, bis erneute Hitze, elektrischen Impulsen gleich, durch seine Adern jagte und sich in seinen Lenden sammelte. Seine Bewegungen wurden immer fahriger, abgehakter und Yukkes Arme und Beine schienen ihn immer enger zu umschließen.   „Tatsue~!“ Das Kinn nach oben gereckt und den Hals entblößend konnte Tatsuro nicht anders, als diese offensichtliche Einladung anzunehmen und einen weiteren, dunklen Fleck auf der beinahe makellosen Haut zu hinterlassen. „Hör nicht auf. Ich kann … Oh, ja, ich …“   Tatsuro erschauerte, als sich Yukke unter ihm verspannte, er die warme Feuchtigkeit seiner Erlösung zwischen ihren Bäuchen spüren konnte. Mehr als ein paar angestrengte Bewegungen bedurfte auch er nicht mehr, haschte nach Yukkes Lippen und erstickte sein eigenes Stöhnen in seinem Mund. Er hatte die Hände unter die Schulterblätter seines Freundes geschoben, presste sich so fest gegen ihn, dass nichts mehr zwischen sie passte. Er zitterte, sein Unterleib zuckte sporadisch, als würde er noch immer die Reibung suchen, die ihm so gutgetan hatte.   Lange Minuten blieb es still, nur ihr langsam wieder ruhiger werdender Atem mischte sich mit den lang vergessenen Geräuschen des Fernsehers, bis Tatsuro irgendwann ein leises Lachen entkam.   „Mh?“, brummte Yukke heiser, tatsächlich etwas schläfrig klingend und als Tatsuro seinen schweren Kopf hob, um ihm ins Gesicht zu sehen, waren seine Augen nur einen kleinen Spalt geöffnet. „Was denn?“   „Ich fühle mich gerade wie ein Teenager, der es mit seiner Flamme nicht mehr bis ins Bett geschafft hat.“   „Ich bin also deine Flamme? So, so.“ Yukke grinste und drückte ihm einen kurzen Kuss auf die Nasenspitze.   „Viel mehr als das“, wisperte er und schmunzelte, als erst so etwas wie Verwunderung und dann Freude über Yukkes Züge huschte.   „Du erstaunst mich immer wieder.“   „Das will ich hoffen.“ Er seufzte, als sich Yukkes Lippen für ihn teilten und seinen trägen, aber nichtsdestotrotz innigen Kuss nicht minder liebevoll zu erwidern begannen. Er hätte ewig so hier liegen, den anderen küssen und die Nähe zu ihm genießen können, wäre die Sauerei zwischen ihren Bäuchen nicht irgendwann unangenehm klebrig geworden. Widerwillig löste er sich, kassierte ein nicht minder unzufriedenes Murren für seine Mühen, und erhob sich. „Rühr dich nicht von der Stelle, ich bin gleich wieder da.“ Tatsuro huschte aus dem Wohnzimmer ins Bad, nicht ohne vorher halb über seine Hose zu stolpern, die sich wie eine Schlingpflanze um seine Beine gewickelt hatte. Das Gelächter seines Freundes bedachte er mit einem Augenrollen, entledigte sich dem überflüssigen Stoff und wusch sich im Bad angekommen die gröbsten Spuren vom Leib. Für Yukke brachte er einen feuchten Waschlappen mit, den er ihm unzeremoniell auf den Bauch warf.   „He, ein wenig liebevoller, bitte.“   „Dafür, dass du mich ausgelacht hast?“ Seine rechte Augenbraue wanderte nach oben, bevor er sich kurz abwendete, um aus dem Schränkchen neben dem Fernseher eine Packung Schokoladenkekse zu holen. Mit seiner Beute kehrte er zu Yukke zurück und legte sich mit einer Wolldecke über den Schultern frech wieder auf ihn. „Wenn ich dir zu schwer werde, sag es, aber ich hab notfalls gleich etwas Stärkung mitgebracht. Die Kekse sind zwar nicht so gut wie die von Satochi, aber man muss nehmen, was man kriegen kann.“ Besagte Kekse legte er auf dem niedrigen Couchtisch ab, bevor er beide Arme unter die Decke zog und die Wärme genoss, die von seinem Freund ausging.   „Von mir wirst du keine Beschwerden hören.“ Yukke lächelte, als er auf ihn herabsah, ruckelte sich unter ihm ein wenig zurecht, bis sie es beide auf dem Sofa bequem hatten. „Tatsue?“   „Mh?“   „Das war schön.“ Sanfte Finger begannen, durch sein Haar zu kraulen, als er den Kopf auf Yukkes Brust bettete. „Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich das vermisst habe.“   „Dito.“ Er küsste die Haut, unter der er Yukkes Herz ruhig und gleichmäßig schlagen hörte. „Ich war so dumm“, wisperte er.   „Schsch. Das liegt in der Vergangenheit.“   „Aber …“   „Lass uns einfach von vorn beginnen, mh? Eines nach dem anderen“, murmelte Yukke. Tatsuro hob den Kopf und legte die Hand an seine Wange, um mit dem Daumen sanft darüber zu streicheln. „Du bist nicht der Einzige, der Fehler gemacht hat. Ganz bestimmt nicht.“ Er lächelte, als ihm Yukke einen weiteren Kuss auf die Lippen drückte und ihm dann bedeutete, sich wieder bequem hinzulegen.   „Heißt das, du willst es mit mir versuchen. So richtig ernsthaft?“   „Als könnte ich jetzt noch Nein sagen.“   „Du könntest schon.“   „Ich will aber nicht.“ Yukkes Arme legten sich erneut fest um seinen Rücken und Tatsuro begann, über die warme Haut zu streicheln.   „Gut.“   „Versprich mir nur, dass du in Zukunft mit mir redest, bevor sich ein Missverständnis wieder so hochschaukeln kann, in Ordnung.“   „Ehrenwort.“ Einige Minuten verstrichen, in denen keiner von ihnen etwas sagte, bis Tatsuro es nicht mehr aushielt. „Du, Yukke?“   „Ja, was denn?“   „Sei mir nicht böse, aber … Kannst du heute noch nach Hause fahren? Ich will versuchen, die Nacht über allein zu sein. Ich weiß, das ist gerade der absolut schlechteste Zeitpunkt, Doktor Suemuras Ratschläge in die Tat umzusetzen, aber …“   „Nein, schon gut.“ Yukke verstummte, nur sein Halt um seine Schultern wurde fester, bis er sich deutlich spürbar wieder entspannte. „Aber … bist du dir sicher? Versteh mich nicht falsch, ich will mich nicht aufdrängen, aber willst du wirklich allein sein, wo wir morgen vor Gericht erscheinen müssen?“   Die Anhörung. Tatsuros Magen krampfte schmerzhaft und für den Bruchteil einer Sekunde glaubte er, keine Luft mehr zu bekommen. Die Verhandlung war morgen. Morgen würde er Nobu sehen müssen, seine Stimme hören, erzählen, was geschehen war. Das also war der Grund, weshalb es ihm nicht gut gegangen war, weshalb er vorhin den überwältigenden Drang in sich gespürt hatte, sich vor der Welt verbergen zu müssen. Den Grund für seine erneute Episode zu kennen, machte die Gesamtsituation jedoch auch nicht leichter zu akzeptieren.   „Ich bin mir sicher.“ Seine Stimme war viel zu schwach, um überzeugend zu klingen. Yukke war kein Idiot, er konnte ahnen, was in ihm vorging und dennoch fühlte er ein zaghaftes Nicken gefolgt von einem langen Kuss auf seine Haare. Am liebsten hätte Tatsuro seine Worte zurückgenommen, hätte sich mit Yukke in seinem Bett verkrochen, sich die Nacht über an ihn geschmiegt und ihn nie wieder losgelassen. Aber dafür war es nun zu spät. Er hatte seine Entscheidung getroffen und würde die Konsequenzen tragen. Es war nur eine Nacht. Nur eine.   „Tu mir bitte nur den Gefallen und ruf mich an, in Ordnung? Egal was oder wie spät es ist, du kannst jederzeit anrufen.“   „Mach ich, versprochen.“ Kurz hob er den Kopf, lächelte seinen Freund an, bevor er sich noch fester als zuvor gegen ihn drängte. Noch war Yukke hier, noch konnte er die Nähe zu ihm genießen, die seinem aufgewühlten Geist so unendlich guttat. „Danke, Yu-chan.“   ~*~   In dieser Nacht kehrten die Albträume zurück. Nachdem er das erste Mal schweißgebadet und mit einem ekelhaften Kratzen im Hals aufgewacht war, das ahnen ließ, dass er geschrien haben musste, hatte er jedes einzelne Licht in seinem Appartement eingeschaltet. In der Küche lief leise das Radio, ebenso wie im Badezimmer und der Fernseher im Wohnzimmer zeigte das flackernde Bild eines Holzscheits, um den Flammen züngelten. Tatsuro lag auf dem Sofa, die Kissen und die große Decke aus dem Schlafzimmer wie einen Schutzwall um sich drapiert, und blickte mit müden Augen in die Flammen. Er war versucht, Yukke anzurufen, um wenigstens seine Stimme zu hören, aber das wäre egoistisch gewesen. Einer von ihnen sollte morgen ausgeschlafen sein und dass er das nicht sein würde, war offensichtlich:   Unschlüssig drehte er sein Mobiltelefon in den Händen, bis er das Video aufrief, das Satochi am Tag seiner Entlassung aus dem Krankenhaus gedreht hatte. Ihm war gar nicht aufgefallen, dass sein Bruder die Feier bei Miya zu Hause zeitweise gefilmt hatte, aber genau genommen hätte ihn dieser Umstand nicht verwundern sollen. Hinter einer Kamera zu stehen, war für Sato schon immer mehr als nur ein Beruf gewesen, und Tatsuro freute sich noch immer, eine lebendige Erinnerung an diesen Tag zu haben. Gerade in letzter Zeit, wo es sich für ihn manchmal so anfühlte, als wäre dieser Tag der letzte unbeschwerte Augenblick gewesen. Er lächelte, als er das Video startete, und wäre über die Betrachtung seiner Freunde und Bekannten tatsächlich beinahe eingeschlafen, hätte das Bild in diesem Moment nicht Amis müdes Gesicht in einer Großaufnahme gezeigt. Ihm war damals schon aufgefallen, dass es ihr nicht gut gegangen war, und er hatte sich bei ihr melden wollen, aber wie so viele seiner Vorsätze war auch dieser in dem schwarzen Loch verschwunden, zu dem sein Geist in den letzten Wochen viel zu oft wurde.   »Hallo Ami, ich hoffe, dein Handy liegt nicht irgendwo in deiner Nähe und weckt dich gerade auf. Was hältst du davon, morgen mit mir einen Kaffee zu trinken? 14.00 Uhr im SWEETS, ich zahle. Tatsuro«   Seine Finger hatten die Nachricht schon getippt und abgeschickt, bevor er sich Gedanken darüber machen konnte, ob es eine gute Idee gewesen war, Ami ausgerechnet nach der Gerichtsverhandlung zu einem Kaffee einladen zu wollen. Andererseits wäre ein Treffen mit ihr vielleicht genau das Richtige, um auf andere Gedanken zu kommen. Er hatte nicht mit einer Reaktion gerechnet, schließlich war es gerade einmal halb zwei morgens und jeder vernünftige Mensch lag im Bett und schlief. Dementsprechend erschrak er sich auch, als sein Handy plötzlich in seiner Hand zu vibrieren begann.   »Willst du mich so dringend sehen, dass du mich mitten in der Nacht störst?« »Möglich? Nein, Spaß beiseite, ich kann nur nicht schlafen, das ist alles. Hab ich dich geweckt?« »Nein.« »Also, was ist? Darf ich dich einladen?« »Hartnäckig wie eh und je. Aber nein, darfst du nicht. Ich hab keine Zeit.« »Das trifft mich jetzt.« »Du wirst es überleben. Wie geht es dir?«   Tatsuro schaute einen langen Moment auf den blinkenden Cursor des Antwortfeldes, bevor er es sich anders überlegte und Amis Nummer wählte. Seine ehemalige Gesangslehrerin war ihm zu reserviert, was das seltsame Gefühl sie betreffend nur noch steigerte. Am Telefon würde er hoffentlich eher ein Gespür dafür bekommen, ob wirklich etwas mit ihr nicht stimmte.   „Hey.“   „Hallo, Tatsuro. Was daran, dass ich keine Zeit habe, war gerade unverständlich?“ Ami seufzte genervt auf, aber er bildete sich ein, ein kleines Lächeln in ihrer Stimme hören zu können.   „Ich dachte, du hättest morgen keine Zeit. Was tust du mitten in der Nacht so Wichtiges?“   „Ich packe.“   „Du … packst?“ Für einen Augenblick war Tatsuro von dieser unerwarteten Antwort so überrumpelt, dass ihm die Worte fehlten. „Fährst du weg?“   „So kann man das auch nennen.“ Ami verstummte und er glaubte schon, ihr wirklich jede Information aus der Nase ziehen zu müssen, als sie doch von sich aus weitersprach: „Ich hab eine Stelle auf Okinawa in einer großen Ferienanlage angenommen.“   „Du ziehst also weg?“   „So sieht’s aus.“   „Und dein Verlobter? Wird er versetzt?“, erkundigte Tatsuro sich vorsichtig, als sich eine gewisse Vorahnung in ihm breitmachte. „Ich hoffe doch mal, es wird nicht auf eine Wochenendbeziehung hinauslaufen?“   „Subtilität ist nicht wirklich deine Stärke, mh?“   „Tja …“ Er räusperte sich leicht, fühlte sich jedoch weniger ertappt, als es in dieser Situation angemessen gewesen wäre. „Ich war schon immer ein ziemlich neugieriges Kerlchen.“   „Wenigstens bist du ehrlich.“ Ami seufzte und würde er nicht ihre leisen Atemzüge hören, hätte er geglaubt, sie hätte aufgelegt. Ähnlich wie Subtilität war auch Geduld nicht seine Stärke, aber er riss sich zusammen und wartete, bis endlich eine Erklärung vom anderen Ende der Leitung kam. „Kenichi wird in Tokyo bleiben, seine … Geschäfte halten ihn hier.“   „Das … ach, Ami, das tut mir leid.“   „Das muss es nicht …“ Es raschelte, das Reiben von Papier auf Papier. Tatsuro kannte das Geräusch nur zu gut, hörte es jedes Mal, wenn Yumiko ein Kosmetiktuch aus der Schachtel zog, um das Make-up in seinem Gesicht auszubessern. Schon zum zweiten Mal heute tat er so, als würde er nicht mitbekommen, dass ein Mensch in seiner Gegenwart weinte. „Wir sind ohnehin nicht mehr zusammen.“   „Bitte, was?“ Tatsuro hatte sich, ohne es wirklich zu bemerken, vom Sofa erhoben und tigerte nun aufgebracht durch das Wohnzimmer. „Er hat dich sitzen lassen?“   „Genaugenommen hab ich die ganze Sache beendet. Aber das macht nun auch keinen Unterschied mehr, ich werde nach Okinawa gehen und dort von vorn anfangen.“ Ami räusperte sich und es hörte sich so an, als würde sie Dinge umherräumen. „Und mit diesen aufmunternden Worten höre ich jetzt zu telefonieren auf, ich hab noch zu packen und du solltest schlafen. Ist morgen nicht die Verhandlung?“   „Danke, dass du mich daran erinnert hast, ich hab’s gerade verdrängt.“   „Gern geschehen. Nein, im Ernst … ich hoffe, du überstehst die Sache morgen so gut es eben geht.“   „Danke.“ Tatsuros Stirn legte sich in Falten, während er Amis Worte im Geist wiederholte. Seltsam, dass sie ihm nicht einfach Glück wünschte, so wie es jeder getan hatte, der ihn in letzter Zeit auf die Verhandlung angesprochen hatte. Aber vermutlich war Ami nur mit den Gedanken ganz wo anders, was er ihr definitiv nicht verübeln konnte. „Aber du meldest dich, falls du Hilfe brauchst, in Ordnung?“   „Werd ich nicht, ich bin beinahe fertig. Aber danke, Tatsuro.“   „Warte!“ Erst glaubte er, die andere hätte tatsächlich aufgelegt, dann raschelte es jedoch erneut in der Leitung.   „Ja?“   „Kommst du zur prämiere nächstes Wochenende?“   „Vermutlich nicht.“   „Oh.“   „Na, dann …ich … du hast übrigens meine Frage nicht beantwortet.“   „Welche Frage?“   „Danach, wie es dir geht.“ Nun war Tatsuro es, der beinahe eine Minute verstreichen ließ, ohne etwas zu sagen. „Bist du noch dran?“   „Ja. Deine Frage ist nur nicht so leicht zu beantworten.“   „Nicht?“   „Nein. Es gibt gute und schlechte … Momente und ich arbeite hart daran, dass die Guten irgendwann wieder überwiegen, denke ich.“   „Mh, das ist vermutlich alles, was man in so kurzer Zeit erwarten kann, was?“   „Vermutlich.“   „Halt die Ohren steif, Tatsuro, und … leb wohl.“   Er hatte den Mund geöffnet, obwohl er nicht wusste, was er außer einer Verabschiedung darauf noch hätte sagen sollen. Aber bevor er seine Sprache wiedergefunden hatte, ertönte bereits das Freizeichen. Ami hatte aufgelegt. Verwirrt und vielleicht auch ein wenig gekränkt über Amis doch eher abweisende Art, ließ er sich aufs Sofa fallen und drehte sein Telefon in den Händen. Wirklich schlauer fühlte er sich nicht und zu allem Überfluss war er nun noch wacher als zuvor.   „Wunderbar“, seufzte er in die Stille des Wohnzimmers und wollte das Handy gerade beiseitelegen, als es einmal kurz vibrierte. Skeptisch schielte er auf das erleuchtete Display und die kleine eins, die über seiner Line-App schwebte. Ob Ami ihm nun doch noch etwas zu sagen hatte? Kurz berührte er das Ikon und zog verwundert eine Augenbraue hoch, als es nicht Ami sondern Yukke war, der ihm geschrieben hatte. Grinsend schüttelte Tatsuro den Kopf, nachdem er die kurze Nachricht gelesen hatte, und tippte schnell eine Antwort zurück.   »Ich kann nicht schlafen.« »Ich auch nicht.« »Kann ich vorbeikommen?« »Unbedingt.« »Bin gleich da.«   Für einen langen Moment hing sein Blick an dem kleinen, strahlenden Gesicht, das Yukke hinter das letzte Wort seines Satzes gesetzt hatte. Sein Hirn wollte ihm ein schlechtes Gewissen einreden, wollte ihm vorhalten, dass sein Freund nur wegen ihm nicht schlafen konnte. Weil er sich sorgte. Weil Tatsuro so dumm gewesen war und ausgerechnet heute damit hatte anfangen wollen, den Ratschlägen seines Therapeuten Folge zu leisten. Ausgerechnet heute, wo Yukke und er sich endlich wieder nahegekommen waren. Bevor er sich jedoch noch in seinen trüben Gedanken verstricken konnte, klopfte es plötzlich an der Wohnungstür. Stirnrunzelnd erhob er sich, schlurfte über den Flur und spähte durch den Spion, nur um im nächsten Augenblick die Tür schier aufzureißen.   „Bist du geflogen?“   „Nein.“ Yukke lächelte etwas verschämt und trat ein, nachdem er einladend einen Schritt zurückgegangen war. „Ich hatte nur gehofft, dass du auch nicht schlafen kannst, und war schon fast bei dir, als ich dir geschrieben hab.“   „Du bist so herrlich verrückt.“ Tatsuro lachte leise in sich hinein, schloss die Tür und dann Yukke fest in seine Arme.   „Keinen Deut mehr als du selbst.“   „Wahre Worte, aber genau deshalb liebst du mich doch.“   „Das tu ich, ja.“ Yukkes Finger legten sich an seine Wange und der sanfte Kuss, der folgte, verhinderte, dass er auf so ein schönes Geständnis irgendetwas Dummes sagen konnte. Lediglich ein glückliches Seufzen entkam ihm, als sein Freund wieder ein kleines Stück auf Abstand ging und ihn anlächelte.   „Himmel, bin ich froh, dass du hier bist. Es war eine dämliche Idee, dich nach Hause zu schicken“, gab er zu und zog Yukke frech die Jacke von den Schultern, damit er auf gar keinen Fall auf die Idee kommen würde, wieder zu gehen.   „Vielleicht sollte ich mich einfach dauerhaft bei dir einquartieren.“   Das Schmunzeln des anderen zeigte ihm, dass seine Worte als Scherz gemeint waren, und dennoch flatterte sein Herz freudig in seiner Brust, als er sie hörte. Er legte einen Finger unter Yukkes Kinn, drückte es sacht nach oben und raunte gegen die vollen Lippen: „Vielleicht sollten wir uns einfach etwas Gemeinsames suchen.“ Er ließ seinen Freund nicht zu Wort kommen und küsste ihn stattdessen, als wären Tage und nicht nur wenige Stunden vergangen, seit sie sich gesehen hatten. Langsam ging er rückwärts und eckte tatsächlich nur einmal mit dem kleinen Zeh am Rahmen der Wohnzimmertür an, bevor er mit Yukke noch immer in den Armen vor dem Sofa stehen blieb.   „Ich bin dafür, dass wir darüber morgen noch einmal ausführlich reden. Aber jetzt sollten wir versuchen, noch ein wenig Schlaf abzubekommen“, nuschelte Yukke gegen seine Lippen, bevor er sich zurückzog.   „Ja und ja.“ Tatsuro grinste, schnappte sich beide Kissen von der Couch und überließ es seinem Freund, alles auszuschalten und die Bettdecke mitzubringen, während er schon einmal ins Schlafzimmer vorging. „Mit dir als mein lebendiges Kuschelkissen kann ich bestimmt schlafen.“   „Drohung oder Versprechen?“   „Das überlasse ich dir.“   Das Letzte was er sah, bevor das Licht im Schlafzimmer ausging, war das breite Grinsen seines Freundes, der sich die Bettdecke wie einen Umhang um die Schultern gelegt hatte. Er kuschelte sich ins Kissen und seufzte zufrieden, als sich erst die vertraute Schwere der Decke und dann die Wärme von Yukkes Körper über ihn legten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)