Griever & Fenrir von Kyo_aka_Ne-chan ================================================================================ Kapitel 9: Zukunft oder Vergangenheit ------------------------------------- Irvine schlenderte gemütlich im Balamb Garden umher, während er auf der Suche nach Selphie war. Der fliegende Campus war so langsam sein zweites Zuhause, wenn man von dem Kinderheim absah, in welchem er vor Jahren seine Zeit verbracht hatte. Es war schon der Wahnsinn, welche Wege das Schicksal nehmen konnte, dass er all seine Kindheitsfreunde wiedergetroffen hatte. Seitdem er sich wieder daran erinnerte, hatte er Galbadia Garden verlassen, um wieder bei den anderen sein zu können und er hatte es bisher nicht bereut. Ohne sie alle hätte er sich ziemlich gelangweilt und noch dazu konnte er seine Familie doch nicht im Stich lassen, denn das waren sie alle für ihn. //Mit Squall als missmutigen großen Bruder//, grinste Irvine in sich hinein und dachte voller Dankbarkeit daran, dass der andere endlich zurückgekehrt war. Alle hatten Angst um ihn gehabt, als er nicht am verabredeten Ort aufgetaucht war, am allermeisten Rinoa und Quistis. Irvine hatte es zwar irgendwie geschafft, die beiden Frauen zu trösten und ihnen Mut zu machen, aber die allgemeine Stimmung war ziemlich bedrückt gewesen. Irvine bog um eine Ecke und konnte nur im letzten Moment ausweichen, als eine Faust nur um Haaresbreite sein Gesicht streifte. „Oh Irvine, sorry!“, rief es und Irvine erkannte nach diesem kleinen Schrecken, dass er auf Xell gestoßen war. „Reichlich merkwürdiger Ort, um zu trainieren. Oder hast du rein zufällig darauf gehofft, dass Cifer dir in die Faust rennt?“ Xell lachte und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Nein, ich trainiere hier nur. Will ja nicht einrosten“, meinte der Blonde mit dem großflächigen Gesichtstattoo. „Ist heute nicht die Willkommensfeier für Squall, dass er wieder da ist? Ich suche gerade Selphie, um ihr bei den Vorbereitungen zu helfen.“ Xell schaute ihn verdutzt an und da wusste Irvine, dass der andere es vor lauter Trainingseifer vergessen hatte. „Lass uns Selphie suchen, los!“, rief der Blonde da schon und rannte voraus. Irvine schüttelte grinsend sein Haupt und lief hinter dem anderen her, der sich wohl nie ändern würde. Wenig später trieben sie Selphie und sogar Quistis auf und es konnte mit den Vorbereitungen für die Überraschungsparty begonnen werden. Rinoa hingegen hatte die Aufgabe, Squall abzulenken, bis sie soweit waren, ein Konzept, dass auch damals bei dem Konzert gut geklappt hatte. Irvine lächelte, als er sah, wie die Vorbereitungen langsam Gestalt annahmen und er freute sich, dass seine Familie komplett war. Sie alle konnten eine kleine Feier gut gebrauchen, nachdem sie die Welt gerettet und einander wiedergefunden hatten, ohne ihre Erinnerungen erneut zu verlieren. Das Schicksal meinte es einfach gut mit ihnen und ab jetzt konnte es nur noch besser werden, das wusste Irvine ganz genau. Rinoa ging vor Squalls Zimmer auf und ab. Sie war sich nicht sicher, ob sie klopfen sollte oder Squall einfach noch ein wenig in Ruhe lassen sollte. Angel tappte unruhig neben ihr her, anscheinend wollte sie Squall unbedingt sehen, also fasste Rinoa sich ein Herz. Sie wollte Squall doch auch sehen... Sie klopfte an seine Tür und sie lauschte klopfenden Herzens seinen Schritten, die sich ihr näherten. Die Tür wurde aufgemacht und ihr Herz schlug noch etwas freudiger, als sie seine hochgewachsene Gestalt vor sich hatte. Er musste eben noch in seinem Bett gelegen haben, denn seine braunen Haare waren leicht zerzaust, seine Augen blickten sie müde an. „Ich hätte dich nicht für einen Mittagsschlaftypen gehalten“, bemerkte Rinoa amüsiert und Angel bellte, ehe sie an Squall hinaufsprang. Er streckte die Hand nach der Hündin aus, streichelte ihren Kopf und sie jaulte begeistert. Rinoa musterte ihn, sah wie erschöpft und niedergeschlagen er wirkte... und sie machte sich sofort Sorgen. Sonst ließ Squall nie durchblicken, wie es ihm in Wahrheit ging, sein Pokerface war wirklich ungeschlagen. Doch hier und jetzt konnte sie seine wahren Gefühle so deutlich sehen wie ein Blatt Karten auf ihrer Hand. „Squall... ist alles ok?“, fragte sie und er schenkte ihr ein zerstreutes Lächeln, noch etwas, was ihre Sorge vergrößerte. „Was ist los?“ Squalls Lächeln fiel in sich zusammen und er atmete tief durch. „Das kann ich dir nicht sagen“, meinte er leise und Rinoas Inneres schmerzte aufgrund dieser Mitteilung. Gedankenverloren strich Squall weiter über Angels Fell und die Hündin winselte leise, weil sie das Leid des Mannes wohl instinktiv spürte. Rinoa verstand, dass sie Squall nicht helfen konnte, aber sie wäre nicht Rinoa gewesen, wenn sie nicht eine Lösung gefunden hätte. Sie hatte seine Veränderung instinktiv gespürt, als er zu ihr zurückgekommen war. Etwas hatte ihn verändert und sie konnte diese Veränderung nicht nachvollziehen, weil ihr der Grund dafür verwehrt blieb. Dies hatte auch zur Entfremdung geführt und er entglitt ihr immer weiter, würde bald ein Schatten seiner selbst sein, wenn das so weiterging. „Wenn du mit mir nicht darüber reden kannst, dann musst du es eben mit jemand anderem“, sagte Rinoa und sie pfiff nach Angel, welche sofort an ihre Seite lief. „Rinoa...“ Sie lächelte ihn an und er sagte nichts mehr. „Ich werde dir helfen... immer“, sagte sie und dann lief sie los, mit Angel auf ihren Fersen. Squall schloss die Tür wieder, als er sie nicht mehr sehen konnte, dann setzte er sich aufs Fensterbrett und starrte nach draußen. Es war unfair, wie er alle behandelte. Sie konnten nichts dafür und eigentlich musste er nach vorne schauen, doch er konnte nicht. Viel zu oft träumte er von Cloud, obwohl er diese Erinnerungen streng genommen nicht mehr besitzen durfte. Doch er besaß sie und sie quälten ihn, weil er sich dadurch automatisch fragen musste, wie es dem Blonden ergangen war. Lebte er noch? Ging es ihm gut? War er ebenfalls dieser Horde Soldaten in die Hände gefallen, nur, weil Squall ihm geraten hatte, nach Midgar zu gehen? Squall machte sich Vorwürfe, weil er sich trotz allem eingemischt hatte. Womöglich hatte er die Zukunft Clouds nachhaltig verändert und ihn in Gefahr gebracht. „Verdammt...“, flüsterte Squall und er donnerte seine Faust gegen die Wand. Er spürte den Schmerz kaum, so tief saß der Schmerz dafür in seinem Inneren. Er wollte am liebsten zurück zu Cloud, doch das durfte er nicht, es war ausgeschlossen... oder? Zweifel nagten an Squall und mittendrin in seinem Gedankenkarussell klopfte es erneut an der Tür. Schwerfällig erhob er sich und ging zur Tür, um diese aufzumachen. Er erstarrte, als er die langen, dunklen Haare, das ältere Gesicht und die Urlaubskleidung sah, die der Mann vor ihm in unbegrenzten Ausmaß zu besitzen schien. Allein der Anblick brachte Squall zum Toben, auch, wenn er eigentlich keinen Grund hatte, Laguna Loire derart missgestimmt entgegen zu treten. Aber er konnte es nicht ändern, es war einfach so. „Hey Squall“, grüßte der Ältere und Squall gab lediglich ein brüskes Nicken von sich. Was hatte sich Rinoa dabei gedacht und davon versprochen, ausgerechnet diesen Kerl zu ihm zu schicken? „Kann ich reinkommen?“, fragte Laguna unsicher und kratzte sich verlegen am Hinterkopf, was er in Squalls Nähe irgendwie häufig tat. Squall trat stumm zur Seite und ließ den Dunkelhaarigen herein, dann schloss er die Tür hinter ihnen. „Rinoa hat mich geschickt... sie macht sich große Sorgen um dich. Und sie meinte, ich könne dir helfen...“ Laguna sah überlegend aus, dann fiel diese Nachdenklichkeit jedoch schon von ihm ab und er ließ den Kopf hängen. „Leider habe ich gar keine Ahnung, was ich tun soll.“ Squall blinzelte verwirrt und wieder regte sich die Wut in ihm. Warum brachte ihn dieser Mensch nur so in Rage? //Vielleicht weil er ein Trottel ist...//, dachte er, doch das traf es noch nicht ganz. Der Braunhaarige hatte im Gefühl, dass noch mehr hinter dem Ganzen steckte, doch er getraute sich nicht zu fragen. „Rinoa sagte mir, dass du seit deiner Rückkehr ganz anders bist. Sie vermutet, dass du auf einer Art Zeitreise warst und du etwas erlebt haben musst, was dich belastet“, teilte Laguna Rinoas Gedanken mit dem Braunhaarigen. Dieser schloss die Augen kurz und wandte sich zum Fenster, um nach draußen zu blicken. Rinoa wusste nicht, wie Recht sie hatte... „Es stimmt also“, meinte Laguna mitfühlend und das war schlimmer als jede Reaktion, die Squall bisher ereilt hatte. Er hatte dieses Verständnis nicht verdient, wenn er die Menschen, die seine Freunde und seine Familie waren, unglücklich machte. Er durfte nicht so egoistisch sein, musste Cloud vergessen... aber er konnte es einfach nicht. „Nehmen wir rein hypothetisch mal an, es wäre alles möglich...“, setzte Laguna an und Squall schaute ihn daraufhin verwirrt an. Was sollten ihn Hypothesen jetzt helfen? „Nun schau nicht so finster, Squall. Ich bin hier um dir zu helfen, schon vergessen?“ Squalls Ärger regte sich erneut, aber er biss sich auf die Unterlippe. Zuerst wollte er Laguna ausreden lassen... danach konnte er ihn immer noch in der Luft zerreißen. „Also, wo war ich? Ach ja... nehmen wir rein hypothetisch an, es wäre alles möglich. Zeitreisen zum Beispiel, von wo auch immer... was würdest du tun? Würdest du hierbleiben oder würdest du zum Ort des Geschehens zurückkehren, der dich gerade so beschäftigt?“ Squall musste zugeben, dass das eine gute Frage war, doch es schloss die übrigens Konstanten nicht mit ein. „Selbst, wenn es möglich wäre. Ich habe hier eine Verantwortung, ich kann nicht einfach gehen und die Menschen enttäuschen, die sich auf mich verlassen“, brach es aus ihm heraus. „Du ignorierst gerade die Hypothese, dass alles möglich ist. Nehmen wir also an, es gäbe nichts, was dich hier festhält, würdest du dann gehen oder nicht?“, erinnerte Laguna ihn und Squall ließ sich seufzend auf dieses Gedankenexperiment ein. „Ja, ich würde gehen...“, sagte er leise und kam sich unglaublich egoistisch dabei vor. „Dann geh.“ Squall sah Laguna verstört an. „Ich dachte, das ist nur eine Hypothese.“ „Ich denke nicht. Denn innerlich willst du gehen, ich habe dir nur einen Stoß in die richtige Richtung gegeben. In deine richtige Richtung, versteht sich.“ „Du... du hast mich ausgetrickst.“ „Kann sein“, lachte Laguna und Squall wollte ihn schlagen, doch er hielt sich zurück. Viel wichtiger war das, was er vorhin hervorgebracht hatte. „Aber was ist mit...“ „Deinen Freunden?“ Squall nickte überfordert. „Du unterschätzt sie vielleicht. Ich glaube sie kommen auch eine Weile ohne dich klar“, meinte Laguna augenzwinkernd. Squall zögerte, dann nickte er. Laguna wandte sich wieder der Tür zu und beschloss zu gehen, damit Squall in Ruhe darüber nachdenken konnte. Er warf noch einen Abschiedsgruß nach, doch Squall hörte ihn schon gar nicht mehr, weil er viel zu vertieft in den Anblick eines schmalen schwarzen Armreifs an seinem Handgelenk war. Laguna ging langsam durch den Balamb Garden, den er von Zeit zu Zeit besuchte, so wie auch heute. Noch immer hatte er nicht mit Squall über jene wichtigen Dinge reden können, wie er es versprochen hatte, aber er war sich ziemlich sicher, dass der andere schon eine recht gute Vorstellung davon hatte, was die Themen sein würden. „Ich bin schon ein Feigling... verzeih mir, Raine“, lächelte Laguna kopfschüttelnd und als wolle das Schicksal oder Raine höchstselbst ihm darin Recht geben, ereilte ihn ein besonders fieser Wadenkrampf. „Laguna, hat er Ihnen etwas erzählt?“, rief Rinoa schon von Weitem, als er sich gerade erholt hatte und weitergehen wollte. Verlegen kratzte sich Laguna daraufhin am Hinterkopf und lächelte. „Nun ja... sagen wir, rein hypothetisch haben wir darüber geredet, was los ist. Aber ich denke mal, er hat das gut im Griff.“ „Was heißt das?“ „Nun... das weiß ich auch nicht so recht.“ Rinoa biss sich auf die Unterlippe. Würde alles also so bleiben, wie es bisher gelaufen war? Würde ihr Squall nie wiederkehren und sich immer weiter zurückziehen? Würde er irgendwann an seinem Leid zugrunde gehen? „Ich muss zu ihm“, sagte sie und setzte sich schon in Bewegung, doch Laguna hielt sie auf. „Das brauchst du nicht.“ „Was soll das schon wieder heißen?“ Laguna lächelte verschmitzt. „Weil er nicht mehr hier in unserer Welt ist. Er will die Dinge in der anderen Zeit klären... und dann kommt er wieder zurück“, meinte er und Rinoa schaute ihn überrascht an. Dann lächelte sie. Wenn es wirklich so war, dann bestand noch Hoffnung. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)