Unverhofft kommt oft von Miisha ================================================================================ Prolog: Neues Leben ------------------- Ruhe lag über dem großen, weißgetünchten Gebäude weit außerhalb der Stadt. Die Sonne schickte ihre wärmenden Strahlen durch die einzelnen Fenster und verkündete somit den neu anbrechenden Tag. In dem Haus schien jedes Leben eingefroren zu sein. Nichts bewegte sich. Doch plötzlich erscholl das Klappen einer Tür und hastige Schritte wurden auf dem Gang laut. Ein Mann mittleren Alters hetzte durch diesen und stürmte auf eine am Ende liegende Fahrstuhltür zu. Soeben hatte er die Nachricht erhalten, dass das Experiment, das sie nun schon seit mehreren Monaten verfolgten, in seine Abschlussphase trat und als einer der leitenden Forscher durfte er dieses Ereignis um nichts in der Welt verpassen. Hektisch drückte er auf den Aufzugsknopf und sprang in die kleine Kabine, sobald sich die Türen geöffnet hatten. Wie von Sinnen betätigte er nun den Knopf für das letzte Untergeschoss und trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Endlich hatten sich die Türen wieder geschlossen und der Aufzug fuhr dem ersehnten Ziel entgegen. Er hoffte inständig, dass alles gut gehen würde, da es ziemlich schwer gewesen war, an das für das Experiment benötigte Material zu gelangen. Im Grunde durfte aber gar nichts schief gehen, da es unter normalen Umständen ja schließlich auch meistens klappte. Mit einem leichten Ruck kam der Fahrstuhl zum Halten und die Schiebetüren öffneten sich mit einem leisen „Pling“. Kaum drang kaltes Neonlicht in die Kabine herein, da setzte sich der Mann auch schon wieder in Bewegung und zwängte sich durch den kaum breit genug erscheinenden Spalt hindurch auf den hellbeleuchteten Gang. In Windeseile wandte er sich nach links und steuerte auf eine große, zweiflügelige Tür zu, die entfernt an die Schwingtüren in einem Krankenhaus erinnerte. Mit einiger Kraftanstrengung zwang er sie auf und betrat den dahinterliegenden Raum ziemlich außer Atem. Sein Eintreten war nicht unbemerkt geblieben, momentan fand aber niemand Zeit, sich um ihn zu kümmern. Doch das störte ihn nicht weiter. Wie gebannt schaute er auf das sich ihm bietende Bild. Der Akt der Geburt, so wunderbar er auch normalerweise sein mochte, sollte in einigen Momenten eher einem Schlachtfest gleichen! Einige Männer und Frauen hatten sich um den säulenartigen Tank versammelt, in dem sich die Gebärmutter mit dem dort seit neun Monaten heranwachsenden Leben in einer Art nährstoffreichem Wasser befand. In der letzten Stunde hatte der Computer die ersten Wehen registriert und nun beeilten sich alle, das kleine Wesen unbeschadet auf die Welt zu holen. Es war der erste Versuch gewesen, ein Kind ohne den Körper einer Frau entstehen zu lassen, was ihnen scheinbar auch geglückt war. Aber wie würde sich das Kind verhalten, ohne dass es jemals zuvor die Nähe oder den Herzschlag eines Menschen gefühlt hatte? Angespannt beobachtete der Wissenschaftler, wie die gezüchtete Gebärmutter ihren Schützling mit einer Unmenge an Blut an die künstliche Flüssigkeit abgab und somit das Wasser stark trübte. Sofort wurde der Befehl gegeben, das Wasser abfließen zu lassen, um das kleine Ding vorm Ertrinken zu bewahren. ‚Bisher läuft also alles wie geplant.’, dachte der Mann, der alles ganz genau durchdacht hatte. Doch als hätte er es nicht beschreien dürfen, blinkte in diesem Moment irgendwo eine kleine rote Alarmlampe auf. „Verflucht! Die Ventile lassen sich nicht richtig öffnen!“, schrie ein Mitarbeiter, der an einem der monströsen Computer stand. Für einen kurzen Moment setzte sein Herzschlag aus, nur um dann mit doppelter Geschwindigkeit fortzufahren. Das durfte doch nicht wahr sein! Sollte die ganze Warterei etwa umsonst gewesen sein? ‚Das kann ich nicht zulassen!’, dachte er noch, bevor er zu einer der Wände lief und sich die in einem Kasten befindliche Axt schnappte. Mit dieser bewaffnet eilte er zum Tank und schlug mit Leibeskräften auf das dicke Glas ein. Nach drei kräftigen Schlägen konnten die entstandenen Risse dem Druck nicht mehr standhalten und ließen den Raum in einem Krachen und Bersten untergehen, während sich die roten Wassermassen ihren Weg über zurückspringende und schreiende Menschen bahnten, von denen manche von den Füßen gerissen wurden. Das Zischen und Knacken von empfindlichen Gerätschaften wurde laut, als sich die Flüssigkeit über diese ergoss und somit einen Kurzschluss bei denselbigen auslöste. Das Ganze hatte nicht mehr als ein paar Sekunden gedauert und trotzdem war das Labor kaum noch wiederzuerkennen. Alles stand in einer rötlich trüben Lache und hier und da blitzen vereinzelte Funken auf. Nicht wenige Mitarbeiter waren von scharfkantigen Glassplittern getroffen worden und bluteten jetzt aus mehreren größeren und kleineren Verletzungen. Ein Stöhnen und Schluchzen ging durch den Raum, was fast das leise Wimmern des Säuglings übertönt hätte. Doch dann streckte sich eine Hand nach ihm aus und berührte ihn beinahe tröstend an der Wange. Der Forscher, der die Scheibe zuvor eingeschlagen hatte, stützte sich nun ächzend auf seinen Ellenbogen ab und robbte näher zu dem Kind, das jetzt leise anfing zu weinen, da ihm, so nackt und bloß wie es dalag, allmählich kalt wurde auf dem kühlen Boden. Umständlich zog der Mann seine Jacke aus und wickelte das kleine Wesen behutsam hinein und nahm es ebenso vorsichtig auf den Arm. Strahlendblaue Augen sahen neugierig und wissbegierig zu ihm hinauf, bis sie schließlich müde wieder zufielen. Mit einem breiten Lächeln auf den Lippen lehnte der Mann sich etwas bequemer an die Reste der Glassäule und wiegte das schlafende Baby sanft hin und her. Auch wenn er Wissenschaftler war, so hatte er Kinder noch nie nüchtern betrachten können. Viel zu viel bedeutete ihm ein strahlendes Kinderlachen und die dazugehörigen leuchtenden Augen. Auch wenn er jetzt womöglich eines seiner eigenen durch diesen Vorfall verloren hatte, so bereute er seine Entscheidung nicht, dieses Kind gerettet zu haben. Nicht etwa aus wissenschaftlichem Drang, sondern weil es einfach nur lebte! Erschöpft schloss er die Augen und gönnte sich einen Moment Ruhe, bevor er wieder mit ganzer Kraft ranmusste. Es würde mit Sicherheit nicht leicht werden in den nächsten Wochen. ~Drei Jahre später~ Ein großer, schlanker Mann saß an einem ziemlich überfüllten Schreibtisch, der fast unter der Last zusammenzubrechen drohte. Beinahe konnte man schon das Ächzen und Knarren des altersschwachen Möbelstücks hören, doch schien das den daran Sitzenden nicht weiter zu interessieren. Das silberne Haar verdeckte gezielt sein rechtes Auge und war im Nacken kurz gehalten. Ein dünndrahtiges Brillengestell wurde von dem schmalen Nasenbein gehalten und half seinem Besitzer beim Entziffern des Textes der Akte, die er aufgeschlagen vor sich zu liegen hatte. Unruhig huschte das sichtbare Auge auf dem Blatt Papier hin und her und ab und zu konnte man ein feines Kräuseln der Stirn erkennen. Als er gerade im Begriff war, weitere Ereignisse auf einem neuen Blatt zu notieren, wurde plötzlich fast schon zaghaft an seine Tür geklopft. Ohne aufzusehen bat er seinen mehr oder weniger willkommenen Besucher herein. Augenblicklich wurde die schwere Eichentür aufgeschoben und ein schwarzer Haarschopf kam zum Vorschein, der einer jungen Frau gehörte. „Entschuldigen Sie bitte, Mister Sorata. Der kleine Yuuki fragt, wann Sie ihn mal wieder besuchen kommen.“ Gleichmütig hob der Angesprochene den Blick. „Danke. Ich werde gleich mal nach ihm sehen.“, sagte Koryuu und wandte sich erneut seiner Schreibarbeit zu. Mit einem verhaltenen Nicken verabschiedete sich die Schwarzhaarige, wobei ihr durchaus bewusst war, dass der Wissenschaftler das eigentlich gar nicht sehen konnte, und schloss die Tür wieder hinter sich. Nach einigen Minuten immensen Schreibens seufzte der Silberhaarige, erhob sich und klappte die Unterlagen endlich zu. Müde rieb er sich unter der Brille hindurch über die Augen, wobei er etwas zusammenzuckte, als sein rechter Augapfel zu schmerzen begann. Im Grunde konnte man ihn einen solchen nicht mehr nennen, da er mehr oder weniger bei der Rettungsaktion vor drei Jahren zerstört worden war und daher nur noch einem blutigen Klumpen Fleisch glich. Als festgestellt worden war, dass es nicht mehr gerettet werden konnte, hatte er sich daher die Haare über die rechte Gesichtshälfte wachsen lassen, damit man es nicht sah. Man hatte ihm zwar empfohlen eine Augenklappe zu tragen, aber eine solche fand er zu furchteinflößend und von einem Glasauge hatte er auch abgesehen, da er nichts Halbtotes durch etwas Künstliches ersetzen wollte. Als der Schmerz sich wieder etwas gelegt hatte, schritt er an seinem Schreibtisch vorbei zur Tür und betrat nach wenigen Sekunden auch schon den hell erleuchteten Gang. Das grelle Licht der Neonröhren brannte im Auge, das kurz zuvor nur dem schwachen Schein der Schreibtischlampe ausgesetzt gewesen war. Die aufkommenden Tränen wegblinzelnd, schritt der Silberhaarige den Flur hinunter, wo er die angrenzende Treppe hinaufstieg, um in den obersten Stock zu gelangen. Mit dem letzten Schritt von den Stufen betrat er einen flauschigen Teppich mit zartem Blumenmuster, der den Klang seiner Absätze angenehm dämpfte. Erleuchtet wurde dieser Gang von einer Vielzahl von Kronleuchterlampen, die ein fast schon kerzenartiges Licht verbreiteten. Mit einem Lächeln, ob dieser beruhigenden Atmosphäre, folgte er dem neuen Korridor bis zu einer Tür, an der ein einfaches Plastikschild mit einem schwarzaufgedruckten Namen befestigt war. Ohne lange zu überlegen, betätigte er die Klinke und trat in den angrenzenden Raum, wo ein ebenso weicher Teppich wie der auf dem Flur auslag und einen sanft darin versinken ließ. Kaum hatte er den ersten Schritt in besagtes Zimmer getan, erscholl auch schon eine freudige Kinderstimme, die nach ihm rief: „Onkel Koryuu, da bist du ja endlich!“ Sofort war das hektische Trappeln kleiner Kinderfüße zu vernehmen und im nächsten Augenblick wickelten sich auch schon vertrauensvoll die dazugehörigen Arme um Koryuus Bein. Mit einem liebevollen Lächeln auf den schmalen Lippen ging der Silberhaarige in die Hocke und strich dem kleinen Jungen sacht über sein kurzes blondes Haar. „Wie geht es dir Yuuki? Hast du mal wieder mit den Schwestern verstecken gespielt?“, wollte der Ältere von dem Jungen wissen und betrachtete von Neuem erstaunt das Schlachtfeld aus Burgen und Höhlen, die der Kleine wieder fabriziert hatte. Mit strahlenden blauen Augen nickte der Kleine eifrig und fing auch schon munter an zu plappern, was er den ganzen Tag sonst noch so getan hatte. Noch immer lächelnd hörte er zu und hoffte, dass dem kleinen Blondschopf nicht die Unsicherheit auffiel, die sich unweigerlich in seinem Auge spiegeln musste. Doch natürlich hatte er nicht so viel Glück. „Was ist los, Onkel Koryuu? Du siehst etwas traurig aus.“, stellte das Kind fest und neigte seinen Kopf fragend zur Seite. Koryuus Lächeln wurde wehmütig und wieder strich er dem Kleinen über das Haar. „Du bist zu klug, als dass ich dir was vormachen könnte. Das hast du sicher von deinem Vater.“ Yuukis Augen wurden groß. „Mein Vater?“ „Ja, dein Vater.“, bestätigte der Silberhaarige und schloss kurz resignierend die Augen. „Möchtest du ihn kennenlernen?“ Ein für ein Kind irritierend ernster nachdenklicher Ausdruck huschte über das Gesicht des Dreijährigen. „Will er mich denn kennenlernen? Und was ist mit meiner Mutter?“, wollte er da auch schon wissen. „Nun ja. Beide wissen noch nichts von dir. Und was deine Mutter anbelangt… da ist uns.. ein Fehler unterlaufen.“, musste Koryuu leider zugeben, was einen fragenden Blick Yuukis zur Folge hatte. „Du weißt ja bereits, dass wir dich aus der DNS zweier Haare geschaffen haben. Allerdings ist uns hinterher aufgefallen, dass die DNS vom Haar deiner Mutter einem Mann gehört. Demnach hast du also zwei Väter, wenn man es genau nimmt.“, erklärte er schließlich. „Ist es dann nicht umso erstaunlicher, dass ihr es geschafft habt, eine Eizelle aus dieser DNS zu züchten?“, überlegte der Kleine und sah Koryuu fragend an. „So gesehen ja, aber was werden deine „Eltern“ wohl dazu sagen?“, gab der Wissenschaftler zu bedenken. „Werden sie nicht generell sauer sein, weil es mich gibt, ohne dass sie gefragt worden sind?“ Verunsichert schielte Yuuki zu dem Älteren nach oben, woraufhin dieser ihn tröstend in seine Arme zog. „Falls sie böse sein sollten, trifft dich nicht die geringste Schuld, hörst du? Und du kannst natürlich hier bleiben. Die Frage ist jetzt nur, ob du sie überhaupt sehen möchtest.“, erklärte Koryuu sanft und schob den Jungen wieder ein Stück von sich, um ihm fragend ins Gesicht sehen zu können. Zögerlich nickte der kleine Blondschopf, wobei sich dann doch noch ein zaghaftes Lächeln bahn brach. „Gut, dann werde ich die beiden Herren wohl mal über ihr unverhofftes Glück aufklären.“, lächelte Koryuu aufmunternd und strich dem Kleinen noch einmal über den Kopf. Er stellte sich jetzt schon mal auf ein erbittertes Gegenfeuer ein. Vor allem wenn er da an Yuukis Vater dachte… Kapitel 1: Eltern werden ist nicht schwer ----------------------------------------- Noch einmal zog Joey den Brief aus seiner Jackentasche und verglich die Adresse mit der auf dem Tor. Ja, hier war er richtig, auch wenn er sich nicht vorstellen konnte, warum er ausgerechnet zu so einem abgeschiedenen Ort bestellt worden war. Allerdings wusste er auch nicht, wovor er eigentlich Angst haben sollte. Schließlich hatte er sich schon seit Jahren nichts mehr zu Schulden kommen lassen. Er war ja schon froh, dass Tristans Vaters ihm seinen Wagen hatte leihen können, ansonsten hätte ihn eine lustige, elendig lange Busfahrt erwartet. Kurz besah er sich noch einmal das Gebäude vor sich, bevor er endgültig auf das Tor zutrat und klingelte. Fast sofort war ein Knacken in der Gegensprechanlage zu hören und eine Frauenstimme, die ihn nach seinem Anliegen fragte. Während er seinen Namen durchgab, fiel sein Blick auf die Kamera über ihm und zum wiederholten Male drängte sich ihm die Frage auf, wo um Himmels Willen er hier gelandet war! Doch allzu viel Zeit zum Überlegen blieb ihm nicht wirklich, da ihm auch schon mittels eines Summers geöffnet wurde. Als er das kurze Stück Weg zum Haus überwunden hatte, wurde ihm auch direkt die Tür geöffnet und eine junge Frau lächelte ihn freundlich an und machte eine einladende Handbewegung. „Guten Tag, Mister Wheeler. Es ist schön, dass Sie es so schnell einrichten konnten.“, begann sie auch gleich und führte ihn zu einem Fahrstuhl. Verlegen kratzte sich der Blonde am Kopf. „Ähm..ja. Obwohl ich nicht einmal weiß, warum ich überhaupt hier bin. Es hieß nur, es sei dringend und würde meine gesamte Zukunft beeinflussen.“, erwiderte er und sah sie fragend an. Vielleicht konnte sie ja schon mal ein wenig Licht ins Dunkel bringen. Ihr Lächeln wurde jedoch nur entschuldigend, während sie erläuterte: „Mister Sorata wird Ihnen alles Weitere erklären.“ Als sie schließlich in einem der oberen Stockwerke ankamen, hielten sie vor einer der Türen auf der linken Seite des Ganges an und Joey warf einen Blick auf das daneben angebrachte Schild. „Dr. Koryuu Sorata, leitender Wissenschaftler für die Abteilung DNS-Forschung und -Metamorphose“ stand darauf und veranlasste den Blonden zu einem irritierten Stirnrunzeln. Was sollte er nur hier? Noch ehe ihm eine entsprechende Frage rausrutschen konnte, öffnete die junge Frau auch schon die Tür und forderte ihn auf, in diesem Raum doch bitte zu warten. Mit einem resignierten Seufzen betrat er das sonnendurchflutete Büro und blieb abrupt wieder stehen, als er zwei bekannte Personen dort bereits auf dem vorhandenen Sofa sitzen sah. „Kaiba! Mokuba! Was macht ihr denn hier?“, runzelte Joey verwirrt die Stirn und bekam kaum noch mit, wie die junge Frau die Tür leise wieder hinter ihm schloss. „Joey?“, entgegnete ein nicht minder verdutzter Mokuba und sprang auch sogleich auf, um den Älteren zu begrüßen. Bei der kurzen, aber trotzdem herzlichen Umarmung stellte der Blonde überrascht fest, dass der „kleine“ Kaiba mit seinen 15 Jahren inzwischen fast so groß wie er selbst geworden war. „Meine Güte, wir haben uns ja ewig nicht gesehen! Wenn du so weiter wächst, wirst du noch größer als dein Bruder!“ Etwas verlegen fuhr sich der Jüngere durch seine inzwischen kürzeren Haare. „Na ja, ich hoffe ja auch, dass ich endlich ausgewachsen bin.“ Der Blonde nickte kurz lächelnd und wandte sich dann besagtem großen Bruder zu, der sich natürlich nicht die Mühe gemacht hatte, wegen ihm seinen Platz auf der bequem aussehenden Couch zu verlassen. Mit desinteressiertem Gesichtsausdruck musterte dieser den Neuankömmling und ließ sich gnädigerweise doch noch zu ein paar Begrüßungsworten herab. „Ich dachte eigentlich, Streuner hätten keinen Zutritt. Aber wie es aussieht, sehen sie es hier wohl nicht so eng.“ Aus dem aus Schulzeiten gewohnten Impuls heraus kniff Joey die Augen verärgert zusammen und ballte seine Hände zu Fäusten. Immer schön cool bleiben! Schließlich waren sie inzwischen erwachsen. Oder so… „Es ist auch immer wieder eine Freude, dich zu treffen. Nur schade, dass du deinen Arschloch-Modus nicht in deiner Firma gelassen hast.“, antwortete er mit einem säuerlichen Lächeln. Mit einem leisen Seufzen verdrehte Mokuba kurz die Augen und setzte sich wieder zu seinem Bruder auf das mit weichem Stoff bezogene Möbelstück. War ja klar gewesen, dass Seto wieder sticheln würde, kaum dass die beiden ehemaligen Klassenkameraden sich über den Weg liefen. Er hatte sowieso langsam das Gefühl bekommen, dass der Ältere etwas unausgeglichener war, als zu der Zeit vor seinem Schulabschluss vor einem Jahr. Dabei hatte er jetzt doch viel weniger Stress und konnte auch seine Arbeit besser über den Tag verteilen, sodass er abends meist sogar pünktlich zum gemeinsamen Essen Zuhause war. Womöglich hatte der aufgedrehte Blonde seinem Bruder ja etwas gefehlt? Der 15-jährige hegte ja schon länger die Vermutung, dass Seto sich ganz gern mit dem anderen Jungen stritt, auch wenn er immer so tat, als seien ihm diese Diskussionen und Erziehungsversuche seinerseits eher lästig und seiner Zeit nicht wert. Nur komisch, dass er dann oftmals damit anfing… „Was willst du hier, Wheeler?“, führte der Brünette die nun einmal begonnene Unterhaltung fort. „Stell dir vor, das wüsste ich auch gerne.“, patzte Joey zurück. „Ich habe diesen Brief bekommen und wurde für heute hierher bestellt. Warum weiß ich allerdings immer noch nicht, obwohl ich mehrfach nachgefragt habe.“ Während er sprach, zog er das genannte Papier aus der Innentasche seiner Jeansjacke und wedelte damit kurz bekräftigend durch die Luft. „Zeig mal her. Wahrscheinlich bist du nur mal wieder unfähig, das Kleingedruckte zu lesen.“ Noch ehe der Braunäugige wusste, wie ihm geschah, war Kaiba aufgestanden, hatte die paar Meter zwischen ihnen in einem Wimpernschlag überwunden und ihm den Brief auch schon aus den Fingern gezogen. Völlig verdutzt starrte er noch einen Moment seine nun leere Hand an, bevor sein Blick zu dem vor ihm Stehenden schnellte, welcher in der Zwischenzeit bereits zu lesen begonnen hatte. „Was soll das? Gib den wieder her! Du hast kein Recht dazu!“, brauste der Kleinere von beiden auf und wollte sich sein Eigentum wiederholen. Leider war der Firmenchef in der Zwischenzeit nicht kleiner und er selbst auch leider nicht nennenswert größer geworden, sodass sein Gegenüber mit Leichtigkeit das Blatt aus seiner Reichweite heben konnte. ‚Ach, scheiß auf „Erwachsen“!‘, dachte der Blonde und mit einem ärgerlichen Knurren begann er an dem Älteren hochzuspringen, was diesen jedoch nur zu einem triumphierenden Lächeln verleitete. Ein eiskalter Schauer rann dem Jüngeren über den Rücken, da ihm diese Situation irgendwie bekannt vorkam. Er wusste nicht mehr genau, wann es war oder worum es damals ging, aber er hatte gerade ein ganz fieses Déjà-vu! „Meine Herren. Wie schön, dass Sie es alle einrichten konnten.“, erklang plötzlich eine fremde Stimme hinter dem Blonden, sodass er seine Aufmerksamkeit schlagartig der Bürotür in seinem Rücken widmete. Auch Kaiba und Mokuba wandten sich dem hereintretenden Sprecher zu und waren ebenso gespannt wie Joey, endlich zu erfahren, warum sie eigentlich hergebeten worden waren. „Doktor Sorata, nehme ich an.“, eröffnete der Brünette das Gespräch und drückte dabei seinem ehemaligen Klassenkameraden dessen Brief kurz an die Brust. Überrascht konnte der Jüngere diesen gerade noch auffangen und warf dem Anderen einen bösen Blick über die Schulter zu, der jedoch unbeeindruckt ignoriert wurde. „Der bin ich.“, bestätigte der Silberhaarige die Vermutung zu seiner Person. „Und Sie dürften Seto Kaiba sein, wenn man den Medien glauben darf. Der junge Mann auf dem Sofa ist somit ihr Bruder Mokuba Kaiba und deswegen müssen Sie Joey Wheeler sein.“ Bei jeder Nennung zeigte der Silberhaarige bekräftigend auf die entsprechende Person, während er zu seinem Schreibtisch hinüber ging, der an einer langen Fensterfront stand. Als er mit seiner Aufzählung bei dem Blonden angekommen war, breitete sich automatisch ein warmherziges Lächeln auf den Lippen des Wissenschaftlers aus, da der Braunäugige seinem Schützling so verdammt ähnlich sah. Gene waren schon etwas Großartiges! Etwas verunsichert ob dieses doch recht zärtlichen Blicks eines ihm völlig fremden Mannes, räusperte sich der 19-jährige ziemlich verlegen. Die Situation wäre nur noch merkwürdiger, wenn Kaiba ihm einen solchen Blick zugeworfen hätte. Seltsamerweise hatte er aber eine vage Ahnung davon, wie das aussehen würde. Aber woher nur? Überlegend runzelte er die Stirn. „Da wir mit der Vorstellung fertig sind, können wir ja endlich zum Wesentlichen kommen. Wie Sie sicher wissen, habe ich nicht genügend Zeit, um diese auch noch mit albernen Angewohnheiten zu verschwenden.“, unterbrach der junge Firmenleiter ziemlich genervt das Starren des Doktors und riss somit auch Joey aus seinen wirren Gedanken. „Sicher doch. Entschuldigen Sie bitte, Mister Kaiba.“ Während der Silberhaarige seine Brille zurechtrückte, nahm er auf seinem Bürosessel Platz und bat auch die Anwesenden mit einer einladenden Handbewegung, es ihm gleich zu tun. Noch immer etwas verstimmt, gesellte sich der Brünette wieder zu seinem Bruder auf das Sofa und schlug in gewohnter Manier ein Bein über das andere, während er gleichzeitig die Arme abweisend verschränkte. Da außer den Stühlen direkt vor dem Schreibtisch ansonsten nur noch ein Sessel vorhanden war, entschied Joey sich für diesen, da der eindeutig bequemer aussah und er sich dort auch nicht so ganz wie auf dem Präsentierteller fühlte. „Zunächst einmal werde ich Ihnen erläutern, woraus genau unsere Arbeit hier eigentlich besteht. Unsere Forschungsabteilung beschäftigt sich hauptsächlich mit der Untersuchung und Entschlüsselung des genetischen Erbgutes, sowie der Herauskristallisierung prägnanter Eigenschaften. Dazu haben wir eingehende Versuche durchgeführt, wie viele Charakteristika und mit welcher Intensität man diese hervorbringen kann. Natürlich wurden die Tests erst einmal an Tieren vorgenommen, aber keine Angst! Dabei wurden selbstredend keine in irgendeiner Weise gequält. Die Eingriffe erfolgten stets unter streng beaufsichtigter Narkose.“, versicherte Doktor Sorata sogleich und erhob sich, um während seiner nächsten Ausführungen wieder um den Schreibtisch herum auf seine Besucher zuzugehen und mit enthusiastisch durch die Luft gestikulierenden Händen seine Erklärungen zu verdeutlichen. „Vor allem haben wir ausprobiert, wie sehr es die Vererbung der prägnanten Gene beeinflusst, je nachdem von wo man die Zellen entnimmt. Und wissen Sie, was das Erstaunliche ist? Es genügt vollkommen, wenn man ein Haar mit intakter Wurzel verwendet!“, begeisterte sich der Wissenschaftler, wobei sein sichtbares Auge vor Freude zu funkeln begann. Joey sah ein bisschen planlos zu den Kaiba-Brüdern hinüber, die ebenfalls eindeutige Blicke miteinander wechselten. Gerade fragten sie sich wohl alle, ob der gute Doktor überhaupt ganz zurechnungsfähig war. Wobei der Blonde weiterhin ein paar Probleme hatte, den ganzen Erklärungen zu folgen. „Natürlich wollten wir daraufhin unsere Versuche auch auf den Menschen ausweiten, wie Sie sich sicher vorstellen können.“, ging es da auch schon nach der dramatischen Pause weiter. „Aber wir wollten natürlich nicht einfach irgendjemand Beliebigen, dessen prägnante Eigenschaften wir erst noch herausfinden müssten. Deshalb haben wir viel diskutiert, uns aber zum Glück doch recht schnell einigen können. Immerhin will man ja weitermachen. Wie auch immer. Als wir unsere zwei ausgesuchten Haarwurzeln hatten, ist es uns dann auch tatsächlich gelungen, jeweils eine Ei- und eine Samenzelle zu züchten und den daraus entstandenen Fötus in einer künstlichen Gebärmutter heranwachsen zu lassen. Das fanden wir besser als eine Leihmutter zu suchen, da wir so die Nährstoffzugabe auch einfacher überwachen, auswerten und optimieren konnten, um die bestmögliche Versorgung zu gewährleisten. Zumal manche Frauen auch nicht damit klarkommen, dass sie das Kind später weggeben müssen.“ „Ähm..das ist ja alles schön und gut, aber was hat das Ganze jetzt mit meinem Bruder zu tun?“, fühlte sich Mokuba genötigt, den andauernden Redeschwall endlich zu unterbrechen. Sie wollten schließlich Antworten und keine Bio-Stunde. „Oh, hatte ich das noch nicht erwähnt?“, fragte der vor ihnen Stehende und schaute etwas verdutzt in die Runde. „Nun denn: Ich gratuliere Ihnen, meine Herren. Sie sind Vater.“ Tiefes Schweigen füllte für mehrere Sekunden den Raum, in denen keiner der Drei auch nur blinzelte. „Wie bitte?“, presste der ältere Kaiba schließlich mühsam hervor und hoffte inständig, dass er sich gerade verhört hatte. Allerdings schien Wheeler den gleichen Hörfehler zu haben. „Kaiba und ich haben beide ein Kind?“ „Hm, wenn Sie es so formulieren, kann man das falsch verstehen. Da habe ich mich leider nicht deutlich genug ausgedrückt. Sie beide haben ein gemeinsames Kind.“, korrigierte sich der Arzt und lächelte immer noch freudig über seinen Erfolg in die Runde. Diesmal hielt die Stille nicht ganz so lange, bis der Blauäugige schließlich wütend aufsprang und diesen Quacksalber an seinen Hemdaufschlägen zu sich zog. „Wie zum Teufel konnte das passieren?! Sind Sie denn völlig von Sinnen?! Ich erlaube kaum den Medien, Bilder oder Filme von mir zu veröffentlichen und Sie nehmen einfach meine Gene, von woher auch immer, setzen damit ein Kind in die Welt und erdreisten sich auch noch, mir das mit einem Lächeln ins Gesicht zu sagen?! Haben Sie eigentlich eine Ahnung, auf wie viele Straftaten ich Sie verklagen werde?!“, machte der aufgebrachte CEO seinem aufgestauten Ärger Luft. Joey war unterdessen viel zu durcheinander, um das ganze Ausmaß völlig begreifen zu können. Er sollte mit Kaiba ein gemeinsames Kind haben? Das klang einfach zu verrückt, um wirklich möglich sein zu können. Aber warum hatte er dann plötzlich wieder das verwirrende Gefühl eines Déjà-vus? Mist! Wenn er den Gedanken doch nur endlich zu fassen bekommen würde! „Ich bin Onkel?“, wollte Mokuba noch einmal genau wissen und sah fragend zwischen Doktor Sorata und seinem zornigen Bruder hin und her, welcher ersteren immer noch am Kragen gepackt hielt. „Bitte beruhigen Sie sich erst einmal wieder. Ich werde Ihnen alles erklären.“, versuchte der Silberhaarige sein Gegenüber zu beschwichtigen und dessen Finger von seinem Hemd zu lösen. Abrupt ließ der Brünette ihn los und verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust. „Da bin ich ja mal gespannt.“, zischte er und durchbohrte den Einäugigen regelrecht mit seinem Blick. „Möchten Sie sich dazu nicht lieber wieder setzen?“ „Nein.“ „Gut, dann…was möchten Sie zuerst wissen?“ „Ist es ein Junge oder ein Mädchen? Und wie alt ist er oder sie?“, schoss der jüngere Kaiba auch gleich los, völlig begeistert von seiner neuen Onkelrolle. Das war zwar jetzt nicht gerade die dringlichste Auskunft, die sich sein älterer Bruder wünschte, aber wenn Mokuba sich so sehr dafür interessierte, dass er damit nicht warten wollte, dann ließ er ihm gern den Vortritt. Der Wissenschaftler lächelte erleichtert darüber, dass sich wenigstens einer der Anwesenden über das neue Familienmitglied freute. „Es ist ein Junge. Er heißt Yuuki und ist 3 Jahre alt.“ „Yuuki.“, wiederholte der Jüngste den Klang des Namens. „Wie schreibt man das?“ „Mit dem Schriftzeichen für „Mut“.“, erklärte Doktor Sorata stolz, da er ihn ausgesucht hatte. „Im Übrigen ist er Mister Wheeler wie aus dem Gesicht geschnitten, weshalb ich Sie vorhin so lange betrachten musste.“ Entschuldigend lächelte er den Blonden an, bei dem es bei diesen Worten plötzlich „Klick“ machte. Mit einem Mal hatte er das Bild eines Jungen mit seinem Gesicht vor sich, dessen Augen allerdings denen von Kaiba glichen. Erschrocken über diese heftige Vision schnappte er nach Luft und sprang aus seinem Sessel auf. „Oh mein Gott! Ich erinnere mich wieder!“ Irritiert wurde der Braunäugige von den übrigen Anwesenden angestarrt. „Woran erinnerst du dich wieder?“, stellte Mokuba schließlich die Frage, weil er befürchtete, dass dem Älteren womöglich wieder eingefallen war, dass er Zuhause etwas auf dem Herd stehen gelassen hatte, was nun fröhlich zu einem schwarzen Etwas zusammengeschrumpelt sein würde. „Na, an den Jungen! Kaiba, erinnerst du dich nicht, was damals im Klassenzimmer passiert ist, als wir dort allein waren? Das muss vor gut 2 Jahren gewesen sein.“, bestürmte Joey den Brünetten, während Mokuba große Augen bekam. „Was ist da passiert?“, wollte er auch sogleich wissen, da er eine interessante und womöglich nicht jugendfreie Geschichte witterte. Was sein großer Bruder natürlich sofort bemerkte. „Wheeler, formulier das gefälligst nicht so, als hätten wir etwas Anrüchiges getan!“ „Ach man, das ist doch jetzt völlig egal!“ Kurz rollte der 19-jährige genervt mit den Augen, bevor er sich an den Wissenschaftler wandte. „Yuuki hat seine blauen Augen, nicht wahr?“, forderte er zu wissen und zeigte dabei auf den jungen CEO. Überrascht weiteten sich die Augen des Doktors. „Woher wissen Sie das?! „Er konnte es sich denken, da es ja Ihr Ziel war, prägnante Merkmale hervorzubringen.“, ging Kaiba schnell dazwischen, bevor Wheeler noch mehr komisches Zeug von sich geben konnte. Er warf diesem einen warnenden Blick zu, woraufhin der Kleinere widerwillig den Mund wieder schloss, den er bereits für eine Antwort geöffnet hatte. Darüber würden sie definitiv noch sprechen. Nur nicht gerade jetzt und vor allem nicht hier. Auch Mokuba hielt seine Neugier zurück. Er würde schon noch herausbekommen, was da gelaufen war. „Warum fangen Sie nicht einfach damit an, warum Sie uns ausgewählt haben.“, schlug der Brünette vor, um endlich die Antworten zu bekommen, die er für seine Klageschrift benötigte. „Sehr gern.“, stimmte Doktor Sorata bereitwillig zu. „Bei Ihnen, Mister Kaiba, ist die Sache ja klar. Sie sind eine beeindruckende Persönlichkeit mit einer sehr hohen Intelligenz und einer faszinierenden Augenfarbe. Zudem charakterlich stark und auch Ihr Äußeres spricht Ihre Umgebung sehr positiv an. Und Mister Wheeler, nun…war leider ein Unfall.“, erklärte der Silberhaarige und lächelte den Gemeinten dabei entschuldigend an. „Das wusste ich schon immer.“, kam es prompt von dem Blauäugigen, der es sich nicht nehmen ließ, den Anderen trotz allem mit einem gehässigen Grinsen zu bedenken. „Vielen Dank, Arschloch! Du mich auch! Ich würde das aber trotzdem gern etwas genauer wissen.“, wandte Joey sich nach der gerechtfertigten Beschimpfung an den Wissenschaftler. „Dazu hole ich besser noch etwas weiter aus, damit die Zusammenhänge klarer werden. Vor circa vier Jahren hat unsere Einrichtung eine persönliche Anfrage von Mister Maximilian Pegasus erhalten, bei deren Bearbeitung wir uns auf seiner privaten Insel mit ihm getroffen haben. Zu der Zeit fand dort eine Art Turnier statt – ich glaube, es hieß „Königreich der Duellanten“, wenn ich mich nicht irre – , an dem Sie beide ebenfalls teilgenommen haben.“, berichtete Doktor Sorata und begab sich wieder hinter seinen Schreibtisch, um sich zurück in seinen Bürosessel zu setzen. „Das stimmt nicht ganz. Joey hat daran teilgenommen. Wir hatten unsere eigenen… Gründe, dort zu sein.“, berichtigte Mokuba den Einäugigen und schaute dabei angespannt zur Seite. Es waren wirklich keine schönen Erinnerungen, die sie an diese Zeit hatten. „Oh. Dann hatte ich wohl doppeltes Glück, nehme ich an. Mister Pegasus war nämlich so freundlich, mir Mister Kaibas Haar zur Verfügung zu stellen und uns Zugang zu den Räumen der anderen Teilnehmer zu gewähren. Dabei haben wir wohl leider das falsche Zimmer erwischt, da wir eigentlich ein Haar von Mai Valentine bekommen wollten.“ Mit einem neuerlich entschuldigenden Lächeln zuckte Doktor Sorata mit den Schultern. „Warum ausgerechnet Mai? Die ist manchmal ganz schön zickig.“, fand der Schwarzhaarige, was Joey so natürlich nicht stehen lassen konnte. „Hey, sie hat auch ganz süße Seiten.“, warf er etwas missmutig ein. „Ach ja, du warst ja ein bisschen in sie verknallt, nicht wahr?“, lachte Mokuba nur, während der Braunäugige erschrocken nach Luft schnappte. „War ich gar nicht. Wir sind nur Freunde!“, protestierte er, konnte aber nicht verhindern, dass er etwas rot wurde. Doktor Sorata lächelte leicht, als er das beschämte Gesicht des Blonden sah. Es war ja so schön, jung zu sein! „Wir hatten Miss Valentine ausgesucht, da sie ebenfalls über eine starke Persönlichkeit verfügt, natürlich attraktiv ist und wir ihre blonden Haare mit Mister Kaibas blauen Augen kombinieren wollten. Letzteres ist uns ja auch dank Ihrer Gene gelungen, sonst wäre es schließlich auch nie zu dieser Verwechslung gekommen.“, beantwortete der Silberhaarige die zuvor gestellte Frage und wies dabei auf Joey. „Ich muss zu meiner großen Schande gestehen, dass uns der Irrtum zu spät aufgefallen ist, um das Projekt noch abbrechen zu können, weshalb wir nach einer kurzen Recherche über Ihren Charakter Ihre DNS schließlich doch verwendet haben. Und letztendlich bin ich zu dem Schluss gekommen, dass uns wahrscheinlich gar nichts Besseres hätte passieren können. Ihre Aufrichtigkeit und Treue sind ein wahrer Gewinn für den kleinen Yuuki. Zumal Sie ebenfalls einen eisernen Willen an den Tag legen können, wenn Sie etwas unbedingt wollen.“ Wieder lächelte der Doktor Joey glücklich an, sodass der Blonde erneut etwas verlegen wurde. Schließlich hörte er selten so viele gute Sachen über seine Person. „Und warum haben Sie das Alles ohne unsere Einwilligung getan?“, forderte Kaiba zu wissen, der natürlich trotz der ganzen Schleimereien des Wissenschaftlers nicht den Grund für seinen Ärger vergessen hatte. „Sie hätten mir doch niemals Ihre DNS freiwillig zur Verfügung gestellt.“, erklärte der Einäugige und sah ernst zu dem jungen Firmenchef auf. „Worauf Sie wetten können.“, erwiderte der Brünette mit einem grimmigen Lächeln. „Da Sie also so anmaßend waren, sich auch noch im vollen Bewusstsein darüber, dass ich dem niemals zustimmen würde, über meinen Willen hinwegzusetzen: Was sollte mich davon abhalten, Sie zu verklagen?“ „Vielleicht Dankbarkeit? Immerhin habe ich es Ihnen erspart, eine Frau, die nur hinter Ihrem Geld her ist, heiraten zu müssen, um einen Erben zeugen zu können.“, versuchte Doktor Sorata seinen Hals aus der Schlinge zu ziehen. In der kurzen Stille, die folgte, konnte der Brünette einfach nicht fassen, dass dieser so genannte „Wissenschaftler“ tatsächlich die Unverfrorenheit besaß, es jetzt so hindrehen zu wollen. Aber noch bevor er etwas Entsprechendes darauf erwidern konnte, durchbrach Wheelers schallendes Lachen das allumfassende Schweigen. „Jetzt hat er dich!“, prustete der Jüngere los und konnte auch auf Mokubas Gesicht ein mühsam unterdrücktes Grinsen sehen, welcher sich aber aus Solidarität zu seinem Bruder krampfhaft zurückhielt. Wenn Blicke töten könnten, wäre der Blonde wohl auf der Stelle umgefallen. „Hey, er hat nicht ganz Unrecht. Das musst du zugeben.“, entgegnete Joey den bitterbösen Blick und wischte sich ein paar Lachtränen aus den Augenwinkeln. „Mach ruhig so weiter, Köter. Dann sorg ich dafür, dass du für den Welpen Unterhalt zahlst.“, schoss der Brünette zurück, weshalb dem Anderen das Lachen sofort im Hals stecken blieb und ihm jegliche Farbe aus dem Gesicht wich. „Was?!“, keuchte der Blonde erschrocken. Das konnte er sich beim besten Willen nicht leisten, wo er doch neben seiner Ausbildung abends schon jobben musste, um überhaupt seine Wohnung bezahlen zu können. „Ich will das Sorgerecht und der Junge wird bei meinem Bruder und mir wohnen. Dann werde ich ausnahmsweise die Klage vergessen.“, wandte der CEO sich wieder an den Silberhaarigen. „Willst du den Kleinen nicht erst mal kennenlernen, bevor er gleich bei dir einziehen soll? Warte… hast du ihn gerade „Welpe“ genannt?!“, wollte Joey erst verwundert und dann verärgert wissen. Ein amüsiertes Lächeln huschte über Kaibas Züge. „Den Abkömmling eines Hundes nennt man nun mal „Welpe“. Aber da dieser zufälligerweise auch mein Sohn ist, finde ich es selbstverständlich, dass er eher bei mir wohnt, als hier in dieser suspekten Forschungseinrichtung zu bleiben. Oder kannst du ihn etwa in deiner Hundehütte unterbringen?“ Scheinbar ehrlich interessiert hob der Größere fragend eine seiner schön geschwungenen Augenbrauen, weshalb der Blonde nach kurzer Zeit missmutig den Kopf schütteln musste. In seiner kleinen 1-Raum-Wohnung war wirklich nicht viel Platz, zumal sich darin auch nur das Allernötigste befand, hatten doch der Führerschein und die Mietkaution seine Ersparnisse fast erschöpft. „Deswegen bin ich aber noch lange kein Hund, Idiot.“, murmelte er trotzdem ärgerlich. Nicht, dass der Ältere noch dachte, er ließe sich plötzlich kommentarlos so bezeichnen. „Wie Mister Wheeler schon sagte, sollten Sie beide Yuuki erst einmal kennenlernen. Und er freut sich wirklich schon sehr darauf.“, erzählte der Silberhaarige lächelnd. „Und was Ihre versteckt freundlich gestellte Bitte angeht habe ich natürlich keine Einwände. Generell vertrete ich die Meinung, dass Kinder bei Ihren Eltern leben sollten. Was mich aber zu einer weiteren Sache bringt. Yuuki hat Mister Kaibas Intelligenz geerbt, sodass ich es sehr begrüße, dass er in Ihrer Gesellschaft aufwachsen wird und so von Ihnen vieles Lernen kann. Allerdings hoffe ich, dass er sich ebenso die Sozialkompetenz von Mister Wheeler annehmen wird, weshalb ich es für förderlicher halte, wenn dieser ebenfalls zu Ihnen zieht.“, schlug der Wissenschaftler vor, was ihm jedoch nur die geschockten Blicke der beiden Hauptdarsteller einbrachte. „Wow, never!“, lehnte der Blonde entschieden ab. Er hatte sich nicht extra eine eigene Wohnung zugelegt, um dann doch wieder unter der Fuchtel des nächsten Egomanen zu stehen. „Ausnahmsweise sind Wheeler und ich einer Meinung. Mokuba besitzt ebenso viel Sozialkompetenz und ist damit mehr als ausreichend.“, erklärte der Brünette ebenso entschieden. Nur der Schwarzhaarige schien da anderer Meinung zu sein. „Ich find die Idee eigentlich ganz cool. Wir könnten dann den ganzen Abend lang zocken, gemeinsam kochen und backen oder endlich mal die Karaoke-Anlage im Keller ordentlich heißlaufen lassen.“, schwärmte der 15-jährige und bekam dabei vor lauter Euphorie rote Wangen. Joey musste bei diesem Anblick leise lachen. „Keine Sorge, Kumpel. Ich werde öfter vorbeikommen, als deinem großen Bruder lieb sein wird.“ „Das hab ich befürchtet.“, brummte sein ehemaliger Klassenkamerad, schien aber trotzdem nicht allzu sehr verstimmt zu sein. Immerhin war das besser, als wenn der Blonde sich nicht mit seinem Kind beschäftigen wollte. Auch wenn er seine Küche jetzt schon einem Schlachtfeld gleichen sah. „Wie es scheint, haben wir damit alles geklärt. Oder gibt es noch weitere Fragen von Ihrer Seite?“, erkundigte sich Doktor Sorata und sah die Drei der Reihe nach an. „Eine hätte ich noch.“, meldete sich Kaiba zu Wort. „Warum musste das Kind ausgerechnet „Yuuki“ heißen? Sein Name erinnert mich ständig an Mutou.“, beschwerte er sich und rieb dabei genervt mit den Fingern der linken Hand über seine Schläfe. Unwohl räusperte sich der Einäugige. „Das tut mir leid, dass Ihnen der Name nicht gefällt. Bei der Wahl hatte ich nicht bedacht, dass er womöglich Ähnlichkeiten mit einem von Ihren Bekannten haben könnte. Allerdings steht er auch mehr für das Wagnis, das wir mit diesem Projekt eingegangen sind.“, erklärte der Silberhaarige und hoffte auf Verständnis. „Japp, es erfordert tatsächlich Eier, Kaiba einfach ein Kind unterzuschieben.“, nickte der Blonde verstehend. „Du weißt aber schon noch, dass dich das ebenfalls betrifft? Oder hat dein kleines Hundehirn diese Tatsache bereits wieder verdrängt?“, wollte der Brünette auf seine übliche charmante Art von dem Jüngeren wissen, der natürlich wie gewohnt sofort darauf ansprang. Auch wenn seine Welt gerade plötzlich Kopf zu stehen schien, war es ein beruhigendes Gefühl zu wissen, dass auf Joey Wheelers Reaktionen Verlass war. „Ich glaube ja langsam, du hast was mit dem Gedächtnis. Oder warum vergisst du ständig, dass ich kein Hund bin, egal wie oft ich es dir sage?!“, knurrte Joey den arroganten Scheißkerl wütend an. „Und wo wir gerade dabei sind: Du hast doch hoffentlich nicht vor, das Sorgerecht nur für dich allein zu beantragen? Wo ich doch seine…Mutter bin..und so…“ Zum Schluss war der Blonde immer leiser und verlegener geworden und sah jetzt etwas beschämt zur Seite. Irritiert runzelte der 20-jährige die Stirn. „Wofür willst du das geteilte Sorgerecht? Es ist ja nicht so, dass du die Mittel hättest, dich um den Jungen zu kümmern.“, gab der Firmenleiter zu bedenken und erntete dafür einen entrüsteten Blick. „Ich mag ja kein Geld wie Heu haben, so wie andere großkotzige Leute in diesem Raum, aber ich wette, ich kann mehr Zeit für ihn erübrigen als du. Außerdem möchte ich mitbestimmen können, was ihn und seine Zukunft betrifft und in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen, falls doch mal irgendetwas sein sollte.“, erwiderte Joey und sah Kaiba dabei mit dem für ihn typischen kämpferischen Blick fest in die Augen. Er würde nicht zulassen, dass er bei der Erziehung seines Kindes kein Mitspracherecht hatte. Lange musterte der Größere ihn prüfend, bevor er seine Entscheidung fällte. „Meinetwegen, wenn du dann Ruhe gibst? Aber winsele später nicht rum, weil ich tatsächlich ein paar Dinge von dir erwarte.“, forderte der Blauäugige mit unnachgiebigem Blick. „Habt ihr es dann? Ich möchte endlich meinen Neffen kennenlernen. Den Rest könnt ihr ja später noch besprechen.“, meinte Mokuba etwas genervt, da er das Warten langsam leid war. Einen kurzen Moment schauten die beiden Älteren sich noch prüfend an, nickten dann aber doch. „Wunderbar! Dann folgen Sie mir bitte.“, forderte Doktor Sorata seine Besucher erfreut auf und ging voraus zur Tür. Kapitel 2: Erstes Treffen ------------------------- Als sie den langen Gang zu Yuukis Zimmer entlangschritten, wurde Joey doch langsam ziemlich nervös. Es war ja ganz okay, alles in der Theorie zu besprechen, aber jetzt würde es gleich tatsächlich real werden! Daher war er insgeheim schon froh, dass Kaiba die Hauptverantwortung übernehmen würde, indem er den Kleinen bei sich aufnahm. Immerhin hatte der Ältere schon Mokuba großgezogen, wohingegen Joey überhaupt keine Ahnung von Kindererziehung hatte. Ja ja, aber mitreden wollen. Da hatte er seine große Klappe ja mal wieder ganz schön weit aufgerissen. Aber ein Rückzieher kam natürlich überhaupt nicht in Frage! Kaiba machte sich eh schon genug über ihn lustig, da musste er ihm nicht auch noch persönlich die Munition reichen. Als Doktor Sorata plötzlich vor einer Tür stehen blieb, beschleunigte sich der Herzschlag des Blonden erneut und nervös wischte er sich die inzwischen schwitzig gewordenen Hände an seiner Hose ab. „Kalte Füße?“, kommentierte Kaiba spöttisch diese Geste, die ihm natürlich leider nicht entgangen war. „Noch kannst du aussteigen.“ „Vergiss es! Den Gefallen tue ich dir nicht.“, erwiderte der Kleinere störrisch ohne den Anderen für dieses unverschämte Angebot auch nur eines Blickes zu würden. „Alle bereit?“, erkundigte sich der Wissenschaftler und sah fragend in die Runde. Nachdem die Drei zustimmend genickt hatten, öffnete der Silberhaarige nach einem kurzen Klopfen die Tür. „Yuuki? Ich hab deine Eltern mitgebracht.“, rief der Doktor in den Raum und ging weiter hinein, um den Anderen Platz zum Eintreten zu geben. Bei dem Wort „Eltern“ wurde Joey schlagartig rot, da das für ihn den Eindruck erweckte, als wären der Brünette und er zusammen. Auch Kaiba gefiel diese Assoziation offenbar nicht. Er hatte missbilligend die Stirn gerunzelt, enthielt sich aber eines entsprechenden Kommentars, um das Kind nicht gleich zu verängstigen. Nach einem kurzen Augenblick lugte ein kleiner blonder Schopf schüchtern um den Türrahmen eines angrenzenden Zimmers. Mit großen Augen betrachtete Yuuki die fremden Erwachsenen und ihm fiel sogleich der Mann auf, der die gleichen gelben Haare wie er hatte. Langsam folgte er dem ermutigenden Lächeln von Onkel Koryuu bis er bei diesem angekommen war. „Guten Tag. Ich bin Yuuki.“, stellte er sich vor und war froh, dass zumindest seine Stimme nicht zitterte, wo seine Beine sich doch wie Wackelpudding anfühlten. Bei dem unsicheren, aber dennoch tapferen, Blick aus diesen großen blauen Augen schmolz Joeys Herz regelrecht dahin und er konnte einfach nicht anders, als sich auf die Knie sinken zu lassen und den Knirps in seine Arme zu ziehen. „Mein Gott, bist du süß!“, rief er dabei überwältigt und drückte Yuuki fest an sich. Im ersten Moment war der kleine Blondschopf ziemlich überrumpelt von der plötzlichen Zuneigung eines seiner Elternteile, schlang dann aber mit einem glücklichen Lächeln seine kleinen Ärmchen um den Hals des 19-jährigen und erwiderte die herzliche Geste. „Klingt auch überhaupt nicht eingebildet, Wheeler.“, kommentierte der Brünette dessen Aussage, wobei aber auch er nicht umhin kam, dass sein Blick bei dem freudestrahlenden Gesicht des Kleinen automatisch weicher wurde. Es erinnerte ihn einfach zu sehr an Mokuba, der ihn als Kind ebenso vertrauensvoll umarmt hatte. Das war inzwischen leider immer seltener geworden, jetzt wo sein kleiner Bruder doch fast erwachsen war und auch so behandelt werden wollte. „Du bist doch nur neidisch, weil er mein umwerfendes Aussehen geerbt hat.“, stichelte der Braunäugige, löste sich langsam wieder von seinem Sohn und schaute zu Kaiba hoch. „Aber keine Sorge. Ich hätte ihn genauso lieb, wenn er aussehen würde wie du.“ Interessiert hob der Ältere eine Augenbraue. „So?“, hakte er beinahe lauernd nach, was den Jüngeren noch mal über seinen Satz nachdenken ließ. Schlagartig wurde er rot und sprang auf. „Da…das heißt nicht, dass ich dich irgendwie mag. Ich kann mir eben nur vorstellen, dass du als Kind sicher auch mal irgendwann niedlich warst, bevor du so ein Arsch geworden bist.“, stammelte er und versuchte so, seine Würde noch zu retten. „Ich wusste ja schon immer, dass du in einer Traumwelt lebst.“ „Ihr mögt euch nicht?“, fragte Yuuki ein wenig enttäuscht und sah seine Väter mit traurigem Blick abwechselnd an. „Keine Sorge, sie waren schon immer so.“, schaltete Mokuba sich ein, bevor einer der beiden Älteren etwas dazu sagen konnte und ließ sich vor seinem Neffen in die Hocke sinken. „Ich bin übrigens dein Onkel Mokuba und der kleine Bruder von Seto.“, erklärte er und wies dabei auf den Brünetten. Wie Joey zuvor umarmte er das neueste Familienmitglied und flüsterte ihm dabei verschwörerisch ins Ohr. „Insgeheim glaube ich ja, dass die Beiden sich doch leiden können, es aber nur nicht zugeben wollen.“ Als er sich wieder von ihm löste, zwinkerte er dem Kleinen kurz mit einem frechen Grinsen im Gesicht zu, bevor er sich wieder erhob und erwartungsvoll seinen Bruder ansah. Dieser hatte wie üblich seine Arme vor dem Körper verschränkt und sah auf den kleinen Blauäugigen hinunter. „Mein Name ist Seto Kaiba und sobald alle Formalitäten geregelt sind, wirst du bei Mokuba und mir wohnen.“, stellte sich der Firmenchef knapp vor, da das derzeit alle relevanten Informationen waren, die der Knirps benötigte. Was Wheeler offensichtlich anders sah. „Ehrlich? Das ist alles?“, meinte dieser ungläubig und auch etwas missmutig, da diese Begrüßung alles andere als herzlich war. „So ähnlich stell ich mir eure erste Begegnung mit Gozaburo vor. Also komm schon! Sogar dir trau ich da mehr zu. Ich schau und hör auch nicht hin.“ Noch während er sprach, wandte der Blonde sich in Richtung Tür und begutachtete scheinbar interessiert die Holzmaserung, während er sich mit den Händen die Ohren zuhielt und leise irgendeine Melodie zu summen begann. Kurz beobachtete Kaiba das Schauspiel. „Versager“, nannte er den Jüngeren plötzlich, um zu testen, ob dieser tatsächlich nichts mitbekam. Als Wheeler sich nicht rührte, warf er einen auffordernden Blick auf den Wissenschaftler, der es daraufhin dem Blonden amüsiert grinsend gleichtat. Mit einem zufriedenen Nicken beugte Kaiba sich zu seinem Kind hinunter und legte ihm sanft eine Hand auf den blonden Schopf. „Keine Angst. Da du zur Familie gehörst, wird dir nichts geschehen. Ich muss mich nur erst an die neue Situation gewöhnen. Aber dafür haben wir ja bald genug Zeit.“ Mit einem leichten Lächeln, das er für gewöhnlich nur Mokuba schenkte, strich er Yuuki kurz liebevoll durch das Haar, bevor er sich wieder zu seiner vollen Größe aufrichtete. „Und schau dir bitte nicht den Blödsinn von Wheeler ab.“ Kurz stieß der Brünette eben diesen mit dem Ellenbogen an, um ihm zu signalisieren, dass er sich wieder umdrehen konnte, was Mokuba bei Doktor Sorata übernahm. Als der Braunäugige wieder zu dem Kleinen sah, strahlte dieser so glücklich, dass Joey ebenfalls lächeln musste. „Kannst es ja scheinbar doch, alter Griesgram.“, meinte er zufrieden und grinste den Größeren an. „Du summst grässlich.“, erwiderte der Brünette lediglich, ohne auf die vorangegangenen Worte weiter einzugehen, was der Blonde ganz erwachsen mit seiner herausgestreckten Zunge kommentierte. Da ein Kind anwesend war, wagte er es nicht, den altbewährten Mittelfinger einzusetzen. Der Silberhaarige, der ebenfalls froh über das glückliche Gesicht seines Schützlings war, bat die Anwesenden sich zu einer kleinen Sitzgruppe – bestehend aus einem Sofa mit dazugehörigem Sessel und einem kleinen Tisch zwischen diesen – am Fenster zu begeben. Da Doktor Sorata mit Yuuki auf dem Sessel Platz nahm, musste Joey sich notgedrungen zu den Kaiba-Brüdern auf das Sofa quetschen. Natürlich war er dabei darauf bedacht, dass Mokuba zwischen ihm und dem Firmenleiter saß. „Womit warst du gerade beschäftigt, bevor wir hereingekommen sind?“, fragte der Wissenschaftler das Kind, damit seine Familie einen besseren Eindruck von ihm bekommen konnte. „Ich hab gebastelt.“, erzählte Yuuki freudig, da er das sehr gern tat. „Tante Harumi hat ihr Radio kaputt gemacht, also hab ich es repariert. Aber jetzt kommen nur noch koreanische Sender, dabei hab ich doch extra die Antenne verbessert, weil es vorher so gerauscht hat.“ Etwas geknickt, weil er das Problem nicht zu seiner Zufriedenheit hatte lösen können, sah er zu dem Einäugigen auf. Der treuherzige Blick des kleinen Blondschopfs amüsierte Kaiba, erinnerte er ihn doch an Wheeler, der manchmal auch völlig verpeilt aus der Wäsche schaute, wenn er etwas nicht verstand. Allerdings bezweifelte der Brünette, dass es sich dabei um ebenso zweckmäßige Dinge drehte. „Wenn du willst, schauen wir es uns nachher gemeinsam an. Dann bekommen wir das sicher hin.“, schlug er daher vor. „Oh, da mach ich mit!“, war Mokuba sofort begeistert, da auch ihm solche Sachen Spaß machten. „Sorry, aber ich bin raus, da ich nicht wirklich hilfreich sein werde. Ist nicht mein Gebiet.“ Verlegen kratzte sich Joey am Hinterkopf und lächelte entschuldigend, da er auch gern geholfen hätte. „Wie überraschend.“, kommentierte Kaiba dies mit vor Sarkasmus triefender Stimme und sah den Blonden mit einem gehässigen Grinsen an, was diesen wütend knurren lies. „Das macht doch nichts.“, meinte der Kleinste im Raum und sah den Braunäugigen interessiert an. „Was machst du denn gern?“ „Nun, ich mag meinen Ausbildungsberuf zum Steinmetz beziehungsweise zum Steinbildhauer. Die Spezialisierung erfolgt zwar erst im dritten Jahr, aber ich tendiere jetzt schon zum Steinbildhauer.“, erzählte der ältere Blonde glücklich. „Cool!“, entfuhr es Mokuba. „Dann kannst du später also auch solche Staturen wie die vom Weißen Drachen vor unserem Firmengebäude machen?“ „Sicher. So ‘nen popeligen Weißen Drachen bekomme ich locker hin.“, behauptete Joey mit einem siegessicheren Grinsen. „Wirklich? Dann macht es dir ja sicher nichts aus, meine Vorstellungen für meinen Garten demnächst umzusetzen.“, wollte der Brünette lauernd mit einem kalten Lächeln wissen. „Hä?!“, entfuhr dem 19-jährigen und er musste erst einmal schwer Schlucken, während er spürte, wie ihm alle Farbe aus dem Gesicht wich. Er hätte Kaibas geheiligten Weißen Drachen wohl besser nicht als „popelig“ bezeichnet... Aber Moment! Noch war nicht alles verloren. „Die Rede war doch von später. Ich bin schließlich gerade erst ins zweite Jahr gekommen. Und das „Popelig“ war nicht so gemeint. Ehrlich! Der Weiße Drache ist natürlich super cool! Ich erinnere mich noch genau an das Machtgefühl, als ich ihn dir mal abgeluchst habe.“ Bei dieser unliebsamen Erinnerung, verengten sich Kaibas Augen gefährlich zu Schlitzen. „Ich hoffe, du hast es genossen, denn das war reines Glück, Wheeler, und wird nie wieder passieren.“, prophezeite der Ältere mit scheinbar gleichmütiger Stimme. Doch Joey wusste es besser. Der Firmenchef war deswegen immer noch ziemlich angepisst. „Worüber redet ihr? Was für ein Drache?“, wollte Yuuki gern wissen, der immer mehr seine Scheu vor den Dreien verlor. „Das ist ein Kartenspiel, das „Duell Monsters“ heißt.“, erklärte ihm der Schwarzhaarige bereitwillig. „Seto und mir gehört eine Spielefirma, wo wir unter anderem speziell für dieses Spiel Turniere veranstalten und neue Soft- und Hardware für originalgetreue Hologramme der Monster entwickeln, sodass diese total echt aussehen.“, berichtete Mokuba stolz weiter und seine Augen strahlten dabei. „Ihr habt eine eigene Firma? Dann seid ihr ja richtig wichtig!“, staunte der kleine Blondschopf. „Zumindest führt Kaiba sich immer so auf.“, ätzte Joey und sah missmutig zu dem Genannten. „Das ist nur der Neid der Besitzlosen, Wheeler.“, kam es höhnisch von dem Brünetten zurück. „Nicht jeder braucht gleich eine Villa, Großkotz!“ Kaiba kommentierte diese Äußerung bloß mit einem überlegenen Lächeln, was den Jüngeren fast noch mehr aufregte, als wenn der Ältere neuerlich etwas erwidert hätte. Yuuki hatte die häufigen Geplänkel zwischen seinen Eltern erstaunt beobachtet. Auf den ersten Blick wirkte das Ganze zwar wie ein Streit, aber ernst nehmen konnte man diesen nicht wirklich. Sein älteres Ebenbild regte sich zwar ziemlich auf, fing aber selbst auch häufig an. Und sein anderer Vater hatte einfach zu viel Spaß daran, den Braunäugigen zu ärgern. Wie nannten Erwachsene sowas gleich? „Sich necken“, wenn er sich richtig erinnerte, was wohl auch ein Ausdruck von Zuneigung sein sollte. Demnach hatte sein Onkel wohl Recht und zumindest der Brünette mochte den Anderen. „Wohnst du weit weg von Papa Seto?“, wollte Yuuki von seinem blonden Elternteil wissen, da er ja bald auch dort wohnen würde. Kurz stockte dem Brünetten der Atem und auch der 19-jährige hörte auf, den Älteren böse anzustarren und wandte sich wieder dem Kleinsten im Raum zu. Diese Anrede kam ziemlich unerwartet… „Ähm…meine Wohnung liegt genau am anderen Ende vom Stadtrand, aber die Verbindung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist ganz gut. Ansonsten kann ich im Sommer mit meinem Fahrrad auch in maximal einer Stunde da sein. Also alles machbar.“, grinste Joey das kleine Blauauge zuversichtlich an. „Sag mal, Joey, reicht dein Ausbildungsgehalt überhaupt, wenn du auch noch Miete zahlen musst?“, überlegte Mokuba etwas besorgt, dass der blonde Chaot sich da etwas übernahm. „Nicht wirklich.“, gab der Angesprochene mit einem kurzen Schütteln seines Kopfes zu. „Deshalb arbeite ich danach und am Wochenende noch für ein paar Stunden in einem kleinen Bio-Laden in meiner Nähe.“ „Das ist ja toll! Wie heißt der? Dann komm ich mal zum Einkaufen vorbei.“, begeisterte sich der Schwarzhaarige. „Ich wollte Seto eh schon lange dazu überreden, dass wir mehr auf Bio-Produkte achten.“ Kurz war ein geringschätziges Schnauben des Genannten zu hören. Scheinbar hatte es schon einige Diskussionen diesbezüglich gegeben. „Das könnt ihr gern tun. Aber ist es nicht einfacher, wenn ihr euch dafür ein Geschäft in eurer Nähe sucht, das wahrscheinlich sogar größer ist?“, gab Joey zu bedenken, während er sich nachdenklich am Kopf kratzte. „Ach Quatsch!“, wehrte Mokuba energisch ab. „Gerade die kleinen Läden muss man doch unterstützen, damit sie nicht von den großen Ketten geschluckt werden. Außerdem findet man dort oftmals ganz neue, interessante Sachen als nur die herkömmlichen Produkte. Schreib mir die Adresse einfach hier rein.“, blieb der Kleinere stur und reichte dem Älteren seinen Blackberry. Schulterzuckend tippte der Blonde die Anschrift in das Gerät und gab es dem 15-jährigen zurück. „Warum hat es eigentlich vorher niemand für nötig gehalten, uns über Yuukis Existenz zu informieren?“, kam Kaiba zum eigentlichen Thema zurück, da er diese Frage noch geklärt haben wollte. Mit einem verstehenden Nicken schob Doktor Sorata seine Brille wieder richtig auf die Nase. „Nun…da seine Zeugung ja ohne Ihre Einwilligung geschah, habe ich die Entscheidung Yuuki überlassen, ob er Sie beide kennenlernen möchte. Ich gebe zu, ich habe ihn erst kürzlich gefragt, da ich mir schon dachte, dass Sie, Mister Kaiba, ihn zu sich nehmen würden. Sie müssen verstehen, dass er uns allen in den vergangenen drei Jahren sehr ans Herz gewachsen ist, weshalb uns die Trennung natürlich nicht leicht fällt.“, erklärte der Wissenschaftler und strich seinem kleinen Schützling dabei liebevoll über das blonde Haar. Das konnte Joey sehr gut nachvollziehen, jetzt wo er den Winzling kennengelernt hatte. Zu seiner großen Schande musste er aber gestehen, dass ihn Yuuki tatsächlich an einen süßen kleinen Welpen erinnerte, den man sofort mit nach Hause nehmen wollte. Das durfte Kaiba natürlich nie erfahren, sonst fiele das nur wieder auf ihn selbst zurück. Der Ältere konnte schließlich einfach nicht von dem Thema lassen. Andererseits musste er diesem zugutehalten, dass er ihn noch nie dazu gezwungen hatte, ein Hundekostüm zu tragen, wie gewisse andere Leute… Verflucht seist du, Duke! Diese Schmach würde er dem Würfelheini irgendwann noch heimzahlen! Aber zuerst wieder zu den wichtigen Dingen, wo er doch jetzt irgendwie Verantwortung hatte. „Eine Frage hätte ich da aber noch.“, meldete der Blonde sich daher zu Wort. „Sie meinten, Yuuki wäre ein Forschungsobjekt. Müssen Sie da irgendwelche komischen Tests mit ihm machen?“ Mit skeptisch gehobenen Augenbrauen musterte der 19-jährige Doktor Sorata und hoffte, dass sein kleiner Sohn zwischenzeitlich nicht mit unzähligen Schläuchen bespickt wurde. „Oh nein!“, wehrte der Einäugige sofort ab. „Ich beobachte lediglich die Entwicklung der von uns priorisierten Charaktereigenschaften, um festzustellen, in welcher Intensität sie zum Vorschein kommen.“ „Um welche handelt es sich dabei?“, erkundigte sich Kaiba, da er gern wissen wollte, worauf er sich in Zukunft einzustellen hatte. „Wir haben ihm natürlich Ihrer beider Willensstärke mitgegeben, dazu die Intelligenz von Mister Kaiba und Mister Wheelers Optimismus und Lebensfreude.“, erklärte der Silberhaarige bereitwillig und wieder schwang Stolz in seiner Stimme mit. Nachdenklich runzelte Joey die Stirn. „Das klingt ja wie im Märchen, wo die guten Feen den Prinzessinnen „Liebreiz“ und so ’nen Käse in die Wiege legen.“, fand der Braunäugige, während er sich inzwischen entspannter an die Rückenlehne des Sofas sinken ließ, seine Arme vor der Brust verschränkte und den rechten Fuß auf seinem linken Oberschenkel platzierte. Den Brünetten beschäftigte hingegen etwas ganz anderes. „Mich hätte ja eher interessiert, ob Sie dazu fähig wären, Wheelers hündische Seite soweit auszuprägen, dass Yuuki riechen könnte, was der Köter zum Mittag hatte.“ „Du kannst es einfach nicht lassen!“, brauste Joey sofort auf und warf dem Anderen einen verärgerten Blick zu. „Pizza.“, rief da der Kleinste vergnügt und zog damit die Aufmerksamkeit aller auf sich. Nach einem Moment des Realisierens sprang Joey zutiefst schockiert auf und starrte den kleinen Jungen vor sich an. „Das kann unmöglich sein! Woher weißt du das?“ Mokuba konnte einfach nicht anders, als lauthals loszulachen und selbst bei seinem Bruder zuckten die Mundwinkel amüsiert. Dieser ungläubige Blick des Braunäugigen war aber auch einfach zu herrlich! „War nur geraten. Du siehst wie jemand aus, der das sehr gerne isst, weshalb die Chancen gut standen.“, erklärte Yuuki ebenfalls fröhlich lachend und freute sich, dass sein Scherz auch den anderen gefiel. Einerseits erleichtert, dass sein Sohn sowas Merkwürdiges zum Glück nicht konnte und andererseits etwas beleidigt, weil er jetzt auch schon von seinem eigenen Fleisch und Blut so auf die Schippe genommen wurde, zog der größere Blondschopf eine eingeschnappte Schnute und nahm wieder auf dem Sofa Platz. „Mann, du kannst dich doch nicht einfach mit ihm gegen mich verschwören.“, beschwerte er sich übertrieben, aber auch erleichtert lächelnd und zeigte dabei auf Kaiba, um anschließend warnend den Finger zu heben. „Und vor Allem: Lass dir nie von ihm einreden, du wärst ein Hund! Das tut er nämlich mit Vorliebe.“ Erneut schaute er an Mokuba vorbei und warf dem Älteren einen bösen Blick zu, der diesen mit einem herablassenden Grinsen parierte. „Das tut mir wirklich leid, Mister Wheeler. Wir hatten Yuuki im Zuge der Förderung seiner Intelligenz verschiedene Menschentypen und deren Charakteristika gezeigt, woraufhin er auf deren Gewohnheiten schließen sollte. Nun sind Sie wohl leider ein Opfer dieses Trainings geworden.“, entschuldigte sich Doktor Sorata aufrichtig, um sogleich auf ein anderes Thema zu sprechen zu kommen. „Es ist vielleicht noch etwas früh dafür, aber was halten Sie beide eigentlich von einem Geschwisterchen für Yuuki?“ Prompt verschluckte sich Joey an seiner eigenen Spucke, woraufhin er heftig zu husten begann, während die beiden Brüder den Wissenschaftler nur ungläubig mit großen Augen ansahen. „Oh ja!“, war der kleine Blondschopf sofort begeistert. „Ich hätte gern einen Bruder. Oder eine Schwester. Oder auch beides.“ Erwartungsvoll strahlte der Kleine die Anwesenden mit großen Augen an. Geschwister wären so toll, da er dann nicht immer alleine spielen müsste. Als daraufhin weiter nur das erstickte Husten des Blonden zu hören war, dem auch Mokubas unterstützendes Klopfen auf dessen Rücken keinen Abbruch tun wollte, fühlte sich der Silberhaarige zu einer weiteren Erklärung veranlasst: „Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Geschwister sich positiv auf die Entwicklung auswirken. Und soviel ich weiß, hat auch Mister Wheeler eine Schwester.“ Nachdem Joey seinen Hustenanfall doch noch erfolgreich überwunden hatte, konnte er endlich etwas dazu sagen. „Tut mir leid, aber ich muss das eine Kind erst noch verdauen.“, musste er den Doktor und auch Yuuki enttäuschen, während er sich die Tränen vom Husten aus den Augen wischte. Auch Kaiba schüttelte leicht den Kopf. „Später vielleicht mal.“, veranlasste der traurige Blick aus den Kinderaugen den sonst so harten Firmenchef schließlich doch noch zu sagen. Obwohl der Kleine Wheelers Gesicht hatte, erinnerte ihn sein Blick so stark an Mokuba, dass er ihn einfach nicht völlig enttäuschen wollte. „Sie haben ja Recht. Es war wirklich noch zu früh für diese Frage. Entschuldigen Sie bitte.“, nickte der Silberhaarige verstehend und strich Yuuki tröstend über das weiche Haar. „Sei nicht traurig. Sobald ihr euch alle an die neue Situation gewöhnt habt, werden wir noch einmal darüber sprechen.“, versprach Koryuu dem Kind und lächelte es aufmunternd an. „Okay.“, nickte der kleine Blondschopf und lächelte auch schon wieder lieb zurück. Joey fand ihn einfach zu süß! Vielleicht lag es nur daran, dass sie sich heute das erste Mal begegneten, aber bisher war der Kleine wirklich ein lieber Fratz. Es blieb also abzuwarten, wie es dann im Alltag bei Kaiba Zuhause aussehen würde. Leider verriet ein Blick auf seine Armbanduhr dem Blonden, dass er langsam los musste, wenn er noch alles schaffen wollte. „Ich muss jetzt leider gehen.“, sagte er daher bedauernd und erhob sich. „Aber morgen komm ich wieder, versprochen.“ Yuuki hopste von Koryuus Schoß und kam dem älteren Blonden entgegen, der vor ihm in die Hocke ging. „Mach’s gut, Sonnenschein. Wir sehen uns morgen.“ Kurz zog er seinen Sohn in eine sanfte Umarmung und wuschelte ihm noch liebevoll durch die blonde Mähne, bevor er sich wieder erhob. Doktor Sorata war inzwischen ebenfalls aufgestanden und reichte Joey zum Abschied die Hand. „Bis morgen, Mister Wheeler. Gute Heimfahrt.“ „Danke. Ihr bleibt noch?“, wandte er sich an die beiden Brüder, woraufhin Mokuba sich nun auch erhob. „Klar. Wir wollen uns ja noch das Radio ansehen.“, erinnerte der Teenager und umarmte den Älteren zum Abschied. „Wir sehen uns, Geldsack.“, verabschiedete sich der Braunäugige schließlich auch von Kaiba, während er bereits auf die Tür zuging. „Ich meld mich bei dir, Köter.“, war die ebenso gewohnt höfliche Erwiderung des CEOs. Mit einem kurzen Winken seiner Hand bekundete Joey noch sein Einverständnis, bevor er auch schon verschwunden war. Etwas traurig hatte Yuuki dem älteren Blonden hinterhergeblickt, aber da er ihn ja morgen schon wiedersehen würde, wandte er sich wieder dem Rest seiner Familie zu. „Wollen wir uns jetzt das Radio anschauen?“ Kapitel 3: Nachbesprechungen ---------------------------- Joey hupte kurz zweimal, als er auf das Werkstattsgelände von Tristans Vater fuhr und den Wagen auf einem freien Parkplatz abstellte. Einen Moment später war sein Kumpel auch schon aus dem Gebäude getreten und wartete am Eingang auf ihn, während er sich seine Hände an einem nicht mehr allzu sauberen Lappen abwischte. „Und? War es wirklich so lebensverändernd wie angekündigt?“, wollte Tristan auch gleich wissen, kaum dass der Blonde auf ein paar Meter herangekommen war. „Musst du jetzt doch noch wegen irgendwas von früher in den Knast?“ „Nein, keine Sorge. Aber mein Leben wird sich ab jetzt tatsächlich anders gestalten.“, erklärte der Blonde zunächst nur vage und reichte dem Anderen die Wagenschlüssel und -papiere. „Erzähl ich dir gleich alles. War jedenfalls cool, dass dein Dad mir das Auto so schnell und vor allem für lau geliehen hat! Hast du mein Rad schon wieder hingekriegt oder soll ich dir noch helfen? Das werd ich jetzt nämlich noch öfter brauchen.“, meinte Joey und folgte dem angehenden Automechaniker in die Werkstatt. „Nee, bin schon fertig. Ein Kunde hatte abgesagt, weshalb ich die Tretkurbel in der Zeit schnell austauschen konnte.“, erzählte Tristan und führte den Blonden zu seinem bereits in die Jahre gekommenen Drahtesel. Dass daran allmählich immer öfter ein paar Teile den Dienst versagten, war nicht allzu verwunderlich, hatte Joey doch damit schon vor Beginn ihrer gemeinsamen Schulzeit Zeitungen ausgetragen. Und sie kannten sich jetzt immerhin schon gut 10 Jahre! Auch wenn sie erst seit der Oberstufe richtig befreundet waren, hatte der Größere Joey schon vorher beobachtet, da er dem Blonden damals absolute Bewunderung entgegengebracht hatte. „Wofür brauchst du es denn jetzt noch? Du hast doch nicht etwa noch einen Nebenjob angenommen?“, wollte Tristan wissen, da er befürchtete, dass der Blonde sich womöglich übernahm, nur um sein selbständiges Leben finanzieren zu können. Es war zwar gut, dass der Andere endlich von seinem Vater weg war, aber wenn er sich dafür kaputt machen musste, könnte er nicht einfach wortlos darüber hinwegsehen. „Das ist es nicht, keine Sorge. Aber ich glaube, dafür solltest du dich lieber setzen, damit du nicht aus den Latschen kippst.“, warnte Joey und augenrollend ließ Tristan sich einfach auf den nackten Boden plumpsen. „Zufrieden? Jetzt raus mit der Sprache.“ Für einen Moment schloss der Blonde die Augen und holte noch einmal tief Luft. „Tris… Ich hab einen Sohn.“ Völlig sprachlos glotzte sein Kumpel ihn mit offenem Mund an und war tatsächlich froh, dass er saß. Er brauchte noch eine Weile, bis er wieder etwas Sinnvolles sagen konnte. „Alter, du hast mir nie erzählt, dass du eine Freundin hattest! Ich dachte, wir sagen uns solche Sachen. Weißt du noch, als ich dir von der Kleinen aus der Imbissbude erzählt hab, mit der ich ins Kino gegangen bin? Ich hab dir Bericht erstattet und nichts ausgelassen!“, empörte sich der Größere, weil er sich absolut verarscht vorkam. Sie kannten sich jetzt schon so lange und waren immer durch dick und dünn gegangen. Da konnte man ja wohl erwarten, dass einem so etwas Wichtiges gesagt wurde! „Ehrlich, ich hatte nie eine Freundin oder eine andere Frau, mit der ich je so weit gegangen wäre.“, versicherte Joey und schüttelte dabei bekräftigend Hände und Kopf. „Außerdem…hab ich das Kind zusammen mit Kaiba…“, fiel es dem Blonden recht schwer, zuzugeben. Tristan, der sich gerade vom Boden erheben wollte, plumpste völlig überrumpelt wieder dorthin zurück und starrte seinen Freund jetzt so dämlich an, dass der Blonde Mühe hatte, sich das aufkommende Lachen zu verkneifen. „Verarsch mich nicht! Wie soll das gehen?“, verlangte der angehende Automechaniker zu wissen und sprang nun doch auf, um nicht die ganze Zeit hochschauen zu müssen. „Es ist wahr, ich schwöre es dir.“, versuchte Joey abermals seinen Freund zu beschwichtigen. „Deshalb sollte ich ja heute zu diesem Wissenschaftler kommen, der Kaiba und meine Haare beim Königreich der Duellanten aufgesammelt und das Kind daraus gemacht hat. Der Großkotz und Mokuba waren übrigens auch da.“, schilderte er schnell alle wichtigen Infos. Überrascht hob der Brünette die Augenbrauen. „Du hast Kaiba dort gesehen? Aber ist ja eigentlich klar, wenn es ihn auch betrifft. Der hat den Heini doch sicher auseinander genommen?“, wollte Tristan nun interessiert wissen. „Oh, er war wirklich mächtig angepisst.“, stimmte Joey der Vermutung mit einem Nicken zu. „Aber das Beste kommt noch! Der Doc meinte nämlich, dass Kaiba ihm dankbar sein sollte, weil er sich nicht extra eine Frau suchen musste, die eh nur hinter seinem Geld her ist. Ich fand das so geil!“, lachte der Kleinere wieder, als er sich an die Situation erinnerte. „Krass! Da wär ich ja gern bei gewesen.“, grinste der Brünette ebenfalls. „Und weiter?“, war er gespannt darauf, mehr zu erfahren. „Sie haben sich darauf geeinigt, dass Yuuki – so heißt der Kleine – zu Kaiba zieht, wenn die Sache mit dem Sorgerecht durch ist. Das wir uns übrigens teilen werden.“, berichtete der Blonde weiter. „Moment, moment!“, bat Tristan um eine kurze Pause, um das Ganze richtig verstehen zu können. „Du meinst, Mister Niemand-hat-sich-in-meine-Sachen-einzumischen-Kaiba ist damit einverstanden, dass du das halbe Sorgerecht für sein Kind bekommst? Entschuldige, aber ausgerechnet du?! Ich glaub, ich muss mich ganz dringend von meiner Familie verabschieden, denn das kann eigentlich nur bedeuten, dass die Erde stehen geblieben ist und wir alle schon bald sterben werden!“ Schockiert hatte sich der Größere die Hände in die Haare gekrallt und sah jetzt fast so aus, als würde er gleich anfangen zu hyperventilieren. „Tris, ganz ruhig. Ich versteh es ja auch nicht so ganz.“, gab Joey zu. „Aber scheinbar hat er wohl gesehen, dass es mir ernst damit ist. Außerdem meinte er noch, dass ich nicht rumheulen soll, weil er manches von mir erwarten wird.“ Scheinbar funktionierte Joeys Versuch, Tristan mit diesen Worten zu beruhigen, da dessen panischer Ausdruck wieder wich und er nachdenklich eine Hand an sein Kinn hob. „Hört sich für mich ganz so an, als wenn er endlich doch noch eine Möglichkeit gefunden hat, dich zu seinem persönlichen Diener zu machen.“, meinte er schließlich und sah den Blonden mit einem mitleidigen Lächeln an. „Uh, ich hoffe nicht, dass das der Grund war. Wehe ihm, das war der Grund! Und was meinst du eigentlich mit „seinem Kind“? Es ist mein Kind! Es ist nur zufällig dasselbe.“, motzte Joey und nahm seinen Freund in einen kräftigen Schwitzkasten. Und den Kerl hatte er gerade noch beruhigt… Verräter! „Sorry, Kumpel.“, röchelte der Größere, während er sich mühevoll aus der festen Umklammerung befreite und sich anschließend kurz dramatisch über den geschundenen Hals rieb. „Aber da kannst du ja mal echt froh sein, dass du keine Freundin hast. Die würde dir bestimmt eine Szene machen, wenn sie erfahren würde, dass du mit jemand anderem ein Kind hast. Und dann auch noch mit einem Mann!“, lachte der Brünette und klopfte Joey belustigt auf die Schulter, um sich auch gleichzeitig an dieser festzuhalten, um nicht noch durch seinen Lach-Flash umzufallen. „Schon klar, aber erzähl das bloß nicht rum. Ich weiß nicht, wie Kaiba das mit der Öffentlichkeit regeln will.“, meinte der Kleinere immer noch etwas sauer, weil er jetzt auch noch ausgelacht wurde und zupfte die Hand seines eigentlichen Freundes von seiner Schulter. Nachdem der Brünette sich wieder beruhigt hatte, nickte er verstehend und wischte sich immer noch amüsiert ein paar Lachtränen aus den Augen. „Geht klar. Aber hast du denn mal ein Foto von dem Jungen? Ich wüsste zu gern, wie er aussieht.“, war Tristan neugierig auf das gemeinsame Kind von Joey und Kaiba geworden. „Ähm..nein.“, musste Joey zugeben, da er an sowas gar nicht gedacht hatte. „Aber er sieht eigentlich aus wie ich, nur dass er blaue Augen hat. Dieser Doktor Sokrates oder so wollte unbedingt Kaibas Augenfarbe weitervererben. Obwohl ich finde, dass sie etwas heller als die von dem Fatzken sind.“, konnte er daher nur berichten und war schon stolz darauf, dass der Kleine in der Hinsicht mehr nach ihm kam. Dass Yuuki dafür Kaibas Intelligenz geerbt hatte, verschwieg er lieber noch, da er mehr Lacher über sich nicht riskieren wollte. „Na toll! Und du hast nicht mal ein Foto, damit ich mir davon selbst ein Bild machen kann.“, beschwerte sich Tristan und stützte seine Hände demonstrativ in die Hüften. „Bei Gelegenheit musst du mir die ganze Story eh noch mal genauer erklären. Mir ist das ganze „Warum“ noch nicht klar.“ „Werd ich, versprochen.“, nickte der Blonde. „Und natürlich stell ich ihn dir auch mal vor. Der Kleine soll schließlich nicht immer nur in der Villa von dem Geldsack hocken.“, bestimmte Joey einfach mal, da er ja demnächst auch das Sorgerecht haben würde. „Hey, dann könnte ich meine Schwester fragen, ob Georgie mit ihm spielen darf. Äh.. wie alt ist Yuuki eigentlich?“ „Er ist Drei.“ „Super! Georgie ist Fünf, dann sollte das gut passen.“, freute sich Tristan über seine Idee. So konnte er auch wieder etwas mehr Zeit mit seinem Neffen verbringen. „Klingt gut.“, stimmte Joey zu, runzelte aber gleich darauf nachdenklich die Stirn. „Ist Georgie eigentlich immer noch so pervers veranlagt wie damals, als du ihn zu Death-T dabei hattest? Kaiba bringt mich um oder entzieht mir zumindest sofort wieder das Sorge- und Besuchsrecht, wenn Yuuki sich davon irgendwas abschaut.“, wollte der Blonde leicht beunruhigt daher lieber noch wissen. „Ah, keine Sorge! Meine Schwester hat ihm ordentlich die Ohren langgezogen und inzwischen scheint er aus der Phase auch herausgewachsen zu sein. Wir hoffen, dass sie sich erst zu seiner Pubertät wieder zeigen wird.“, berichtete der Größere etwas peinlich berührt, da er sich auch noch gut daran erinnern konnte, wie der damals gerade einmal einjährige Georgie Thea angemacht hatte. „Dann sollte dem nichts im Wege stehen.“, entschied Joey erleichtert. „Ich versuch auch morgen an das Foto zu denken, wenn ich Yuuki besuche.“, versprach er noch und griff nach dem Lenker seines Fahrrads, um den Ständer zu lösen. Kurz hielt Tristan den Blonden noch einmal auf, indem er ihm eine Hand auf die Schulter legte. „Falls etwas sein sollte, kannst du immer zu mir kommen. Jetzt wo Thea in Amerika und Yugi in Tokyo an ihren Unis studieren, gibt es ja theoretisch nur noch uns beide. Und zu zweit haben wir schließlich schon so Einiges geschafft. Auch wenn nicht immer alles ganz legal war.“, grinste er seinen Freund aufmunternd an. „Ja, das stimmt.“, lachte der Braunäugige und klopfte dem Anderen seinerseits auf die Schulter. „Ich muss los, sonst reißt mir mein Chef den Kopf ab. Hab vielen Dank und grüß deinen Vater von mir.“, verabschiedete sich Joey schließlich und schwang sich bereits winkend auf sein Rad. „Kein Thema, mach ich. Bis bald und lass dich nicht vom bösen Drachen fressen.“, rief Tristan ihm noch hinterher, bevor er selbst wieder an die Arbeit ging. Es war bereits später Nachmittag gewesen, als sie sich von ihrem neuen Familienmitglied verabschiedet hatten. Mokuba war jetzt schon ganz vernarrt in Yuuki und freute sich bereits wahnsinnig auf die Zeit, wenn er bei ihnen leben würde. Auf der ganzen Rückfahrt hatte der Schwarzhaarige kein anderes Thema gehabt und jetzt gerade erstellte er wohl eine Liste mit Dingen, die sie dann zusammen machen würden. Es war schon eine Weile her, dass Seto ihn so viel hatte erzählen hören, da er im Verlauf seiner Pubertät doch einsilbiger geworden war. Einerseits war es ja durchaus schön, dass sein kleiner Bruder langsam erwachsen wurde und er selbst nicht mehr so sehr ein Auge auf ihn haben musste. Aber andererseits vermisste der Ältere hin und wieder die Zeit, als der bewundernde Blick Mokubas ihm überall hin gefolgt war und er sich einfach gebraucht gefühlt hatte. Und genau diese Empfindung hatte er heute Nachmittag bei dem kleinen Yuuki wiedergefunden… Dabei konnte Seto das Ganze immer noch nur schwer glauben. Jahrelang hatte er nur sehr sorgfältig ausgesuchten Frauen seine Gunst geschenkt, damit genau so etwas nicht passieren sollte. Und nun hatte er ausgerechnet mit Joey Wheeler ein Kind! Mental erschöpft stützte er sich mit beiden Händen auf dem wuchtigen Schreibtisch in seinem privaten Büro innerhalb der Villa ab und atmete einmal tief durch. Okay, Geschehenes konnte man nicht rückgängig machen, egal wie oft man sich das manchmal auch wünschte. Und zugegeben, der Kleine war wirklich goldig! Wie er ihn vollkommen vertrauensselig mit seinen erwartungsfreudigen Kinderaugen angesehen hatte und sich bereitwillig von ihm erklären ließ, was er beim Einstellen des Radios falsch gemacht hatte. Augenblicklich ersetzte sich das Kindergesicht durch das des Köters, was den Brünetten ärgerlich seine beiden Kiefer fest aufeinanderpressen ließ. Zu dumm auch, dass er dem Blonden nicht wirklich die Schuld daran geben konnte. Der Trottel war ja einfach nur mal wieder zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen. Das war so typisch! Der einzige Trost, der ihm blieb, war, dass er immerhin wusste, woran er bei dem Jüngeren war, da dieser ihm seine Meinung stets direkt ins Gesicht sagte. Valentine hingegen wäre da eine ganz andere Sache gewesen. Diese Frau war manipulativ und verdrehte Männern gern den Kopf, um zu bekommen, was sie wollte. Nicht, dass das bei ihm funktioniert hätte. Lästig wäre es aber schon gewesen, da er der Blondine durchaus zutraute, selbst das Kind für ihre Zwecke zu benutzen. Wheeler hingegen war jemand, den man allgemein hin als „ehrliche Haut“ bezeichnete, auch wenn er aufgrund seines Aussehens und seiner Schläger-Vergangenheit wohl bei den meisten Menschen in ihrer Gesellschaft aneckte. Aber ihm konnte das egal sein. Auch wenn er den Braunäugigen nicht brauchte, war seine Gesellschaft zuweilen recht amüsant. Entschlossen richtete Seto sich wieder zu seiner vollen Größe auf und betätigte einen verborgenen Fingerabdruck-Scanner neben der in das Holz eingelassenen Schreibtischtastatur. Sofort hob sich auf der rechten Seite ein Safe aus dem Holz, dessen Einfassung vorher nahezu unsichtbar gewesen war. Mittels Netzhautscan und Stimmidentifizierung entriegelte der junge Firmenchef die Tür und entnahm dem Safe einen runden, goldenen Gegenstand. Das Milleniumsauge. Damit hatte vor 2 Jahren alles angefangen und zumindest daran war der Köter schuld, da er das Ding in den Pfoten gehalten hatte, als er ihn an diesem Tag im Klassenzimmer angetroffen hatte. Der Brünette hatte unzählige Tests daran durchführen lassen, aber außer einer Alters- und Materialbestimmung konnte nicht viel mehr herausgefunden werden. Es war auch nicht noch einmal aktiv geworden, worüber der Blauäugige doch ganz froh war. Gerade als er das Auge zurück in den Tresor legen wollte, stürmte Mokuba, ohne vorher anzuklopfen, in sein Büro. „Also, großer Bruder, raus mit der Sprache.“, verlangte der Jüngere auch sofort. „Was meinte Joey damit, dass… ist das das Milleniumsauge?!“, brach er überrascht und auch ein wenig geschockt seinen ursprünglichen Satz ab, als er den verhassten Gegenstand erkannte. Resigniert seufzte der Angesprochene lautlos, da er sich bisher noch nicht dafür entschieden hatte, seinem Bruder auch zu erzählen, dass dieser Gegenstand sich hier bei ihnen befand. „Ja, das ist es.“, bestätigte der Ältere. „Und falls du mich gerade wegen der Sache von vor 2 Jahren aushorchen wolltest, die Wheeler erwähnt hat: Das Auge spielt darin eine entscheidende Rolle, auch wenn ich es bis heute nicht ganz verstehe.“, erklärte er, während er besagten Gegenstand nachdenklich betrachtete. „Was ist denn damals passiert?“, wollte Mokuba jetzt doch etwas verwirrt wissen. „Setz dich.“, forderte sein Bruder ihn mit einer einladenden Handbewegung zum vor dem Schreibtisch stehenden Sessel auf. „Da du Fragen haben wirst, wird es wohl länger dauern.“ Ein nerviges, sich ständig wiederholendes Geräusch riss den Blonden mitten in der Nacht aus seinem wohlverdienten Schlaf. Müde zwang er sich dazu, zumindest ein Auge zu öffnen, um der Lärmquelle auf den Grund gehen zu können. Sofort fiel ihm das helle Leuchten auf dem niedrigen Tisch auf, der als Wohnzimmer-, Schreib- und Esstisch fungierte und er glaubte sich daran zu erinnern, dort sein Handy abgelegt zu haben. Kurz zog er in Erwägung, tatsächlich aufzustehen und herauszufinden, wer ihn zu so einer Zeit sprechen wollte. Aber da hörte das Klingeln bereits auf, da die Mailbox angesprungen war. Auch gut. Er würde sich einfach morgen anhören, was denn so wichtig war. Also schloss er sein Auge wieder und drehte sich in eine bequemere Position, um weiterzuschlafen. Doch kaum lag er richtig, begann das Klingeln auch schon von Neuem, sodass Joey sich fluchend hochstemmte und auf allen Vieren unter der Decke seines Futons heraus und hinüber zu seinem Handy kroch. Da die Nummer unterdrückt war, konnte es niemand aus seinem näheren Bekanntenkreis sein. Wehe, das war ein Perverser! Den würde er aber zur Schnecke machen! „Wheeler.“, meldete er sich angepisst, damit derjenige auf der anderen Seite der Leitung sofort wusste, dass er unerwünscht war und krabbelte derweil zurück unter die warme Decke. „Das wurde aber auch Zeit.“, erklang zu Joeys Verblüffung eine ihm bekannte Stimme. „Kaiba? Was willst du? Es ist mitten in der Nacht! Ich liege bereits in meinem Bett und denke nicht an dich.“, motzte der Blonde und schloss seine Augen wieder, da es eh nichts zu sehen gab. Ein belustigtes Schnauben drang an sein Ohr. „Und sonst denkst du an mich? In deinem Bett?“, erkundigte sich der Brünette, um sicherzugehen, dass er das richtig verstanden hatte. Erschrocken riss Joey die Augen wieder auf und schnellte in eine sitzende Position hoch. „Natürlich nicht!“, erwiderte er heftig und spürte, wie ihm heiß im Gesicht wurde. „Bild dir da mal nichts ein. Wo hast du überhaupt meine Nummer her?“, wollte er noch wissen, da diese nirgends verzeichnet war und auch nicht über das Internet gefunden werden konnte. Er hatte es schließlich selbst ausprobiert. „Ich hab meine Quellen. Außerdem sagte ich, dass ich mich bei dir melden werde und auch dass du nicht rumheulen sollst.“, erinnerte Kaiba ihn freundlicherweise noch einmal daran. „Du hast dabei aber leider vergessen zu erwähnen, dass du das um“, kurzer Kontrollblick auf den Wecker, „1 Uhr nachts tun würdest. Schläfst du denn nie?“, entgegnete der Braunäugige immer noch angepisst, weil er geweckt worden war. Und obendrein tat der Typ auch noch so, als wäre das normal. „Meine Schlafgewohnheiten gehen dich nichts an. Ich wollte dir lediglich mitteilen, dass du dich morgen.. oder besser gesagt heute, in meinem Büro einzufinden hast.“, informierte Kaiba den Anderen. Überrascht stutzte der Jüngere. „Du meinst das in deiner Firma? An einem Sonntag?“, fragte er lieber noch mal nach, da er womöglich noch nicht ganz wach war und es somit falsch verstanden haben könnte. „Keine Sorge, ich werde da sein. 12:30 Uhr sollte sogar für dich machbar sein.“, war der Ältere so freundlich, Joey auch noch die Zeit zu nennen. „Warte… Das heißt, da sind dann nur du und ich?“, hakte der Blonde mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend nach, da er sich an keine Gelegenheit erinnern konnte, wo sie jemals zuvor allein gewesen wären. Früher war immer einer seiner Freunde oder Mokuba dabei gewesen. Das bedeutete, dass diesmal niemand da war, der seine verzweifelten Schreie hören würde, falls Kaiba ihn doch noch schnell aus dem Weg räumen wollte, um das alleinige Sorgerecht für Yuuki beantragen zu können. „Höre ich da etwa Angst?“, troff die höhnische Stimme des CEOs regelrecht aus dem Hörer. „Davon träumst du wohl! Muss am Schlafmangel liegen.“, wehrte Joey natürlich sofort vehement ab. „Schön. Der Sicherheitsdienst wird auf dich warten. Sei also pünktlich.“, ermahnte der Brünette ihn eindringlich und gab Joey damit mal wieder das Gefühl, dass er zu dumm war, selbst darauf zu kommen. „Sicher doch.“, giftete er daher. „Schließlich habe ich dir noch vor ein paar Minuten bewiesen, dass ich durchaus in der Lage bin, die Uhr zu lesen.“ „Braver Köter.“, sagte der Brünette noch, bevor er kurzerhand einfach das Gespräch beendete. Joey konnte das arrogante Grinsen des eingebildeten Fatzken regelrecht sehen und pfefferte sein Kissen wütend durch den dunklen Raum. „Elender Mistkerl!“, fluchte er genervt, weil er jetzt auch noch aufstehen und das Kissen suchen musste, damit er endlich weiterschlafen konnte. Na dann, gute Nacht! Kapitel 4: Papierkram und andere Ärgernisse ------------------------------------------- Wie üblich ragte der Kaiba-Tower imposant in den strahlendblauen Himmel, doch dafür hatte Joey heute einfach keinen Blick. Dank Kaiba, dem Penner, hatte er ewig nicht mehr einschlafen können, sodass er schließlich gegen 4 Uhr schweren Herzens seinen Wecker gestellt hatte, damit er auch wirklich nicht zu spät kommen und dem eingebildeten Pinkel somit eine weitere Vorlage liefern würde. Das war doch echt beschissen, an einem Sonntag nicht mal ausschlafen zu können! Missmutig steuerte er auf den Haupteingang des Firmengebäudes zu, nachdem er sein treues Rad an einem naheliegenden Fahrradständer angekettet hatte und sah dabei auf seine Armbanduhr. Ja, er hatte so etwas Altmodisches noch. Zwar hätte er ebenso gut sein Handy nutzen können, aber wer wollte das Teil denn jedes Mal extra aus der Hosentasche pfriemeln, wenn er einfach nur auf sein Handgelenk schauen musste? Es war jetzt 12:27 Uhr und wie versprochen sah er den Sicherheitsmann hinter den Glastüren auf ihn warten. Natürlich handelte es sich dabei um ein Modell der Marke „Schwarzenegger“, da der „Kaufhaus-Cop“-Typ hier sicher nie einen Job bekommen hätte. Als der Bodybuilder ihn bemerkte, schloss er eine der Türen auf und trat zu dem Blonden hinaus ins Freie. Dabei hielt er ein Smartphone in der Hand, wobei sein Blick zwischen diesem und Joey hin und her huschte. „Straßenköterblonde, zerzauste Haare, braune Augen, schmächtige Gestalt, zerschlissene Klamotten, durchgelatschte Turnschuhe.“, las der Mann laut vor und nickte bei jedem Punkt bestätigend, was den Gemeinten empört nach Luft schnappen ließ. „Und jetzt bitte einmal bellen.“, forderte der Hüne auch noch zusätzlich zu den ganzen Beleidigungen. „Was?!“, fuhr Joey den Typen ungeachtet ihres Größen- und Staturunterschiedes an und ballte wütend beide Hände zu Fäusten. Natürlich beeindruckte das den Koloss vor sich kein Stück. „Ich folge nur meinen Anweisungen. Wenn Sie also bitte bellen würden? Dann kann ich Sie auch rein lassen.“, erklärte der Sicherheitsmann und sah zumindest so aus, als würde er hieran auch keinen Spaß haben. Normalerweise hätte Joey sich jetzt, mit einer saftigen Beleidigung auf den Lippen, einfach umgedreht und wäre wieder nach Hause gegangen. Schließlich hatte der Brünette gewollt, dass der Jüngere hier heute, an einem Sonntag!, bei ihm angetanzt kam und nicht, weil der Blonde so große Sehnsucht nach diesem hatte. Aber höchstwahrscheinlich ging es um Yuuki, sonst würde der Saftarsch seine Zeit sicher auch anders verbringen, als sich ausgerechnet mit ihm zu treffen. Für seine Kinder brachte man eben Opfer… Aber natürlich war sich Mister Ich-bin-zu-gut-für-diese-Welt nicht zu fein, sich den Tag mal wieder auf seine Kosten zu versüßen! Dieser elende Kotzbrocken! Das würde er noch bereuen, schwor sich Joey und zähneknirschend gab er ein geknurrtes „Wuff“ von sich. Kaum war die Demütigung perfekt, trat der Security-Typ auch schon beiseite und tippte noch kurz auf seinem Gerät herum, während er den Kleineren durchließ. Durch diese Aktion inzwischen völlig angepisst, stapfte Joey an dem großen Kerl vorbei ins Gebäude und steuerte zielsicher die Aufzüge an. Während er wartete, merkte er, wie sich der Sicherheitsmensch neben ihn stellte und ebenfalls die Anzeige für die Stockwerke anstarrte. „Ist noch was?“, wollte der Blonde daher wissen, und schaute genervt zu dem Anderen hoch. „Ich bringe Sie natürlich noch zum Chef, damit Sie Ihre Hundeschnauze nicht zufällig in Sachen stecken, die Sie nichts angehen. Seine Worte, nicht meine.“, wiegelte „Arnold“ lässig ab, als der Braunäugige zornig einen Schritt auf diesen zutrat. „Auch die Beschreibung vorhin sollte ich laut vorlesen.“, erklärte er noch, als der Fahrstuhl endlich bei ihnen ankam und die Türen lautlos aufglitten. „Sie machen wohl alles, was der „Chef“ sagt?“, wollte Joey, mit ätzendem Unterton und das vorletzte Wort besonders spöttisch betonend, wissen und trat in die Kabine. „Da er mich gut dafür bezahlt, ja.“, antwortete der Riese zufrieden grinsend und drückte den Knopf für die oberste Etage. Augenrollend wandte der Jüngere seinen Blick wieder der Anzeige zu. Was sollte man dazu noch sagen? War das so ein Fall von „viel Muskeln, wenig Hirn“? Und Kaiba hielt ihn für beschränkt… Dabei würde Joey niemals alles für Geld tun. Und für Kaiba schon aus Prinzip nicht! Oben angekommen, führte der Schrank von einem Mann den Blonden zu einer großen Doppeltür aus massivem Holz, auf der unverkennbar die goldenen Initialen „SK“ prangten. Als ob nicht jedem klar wäre, zu wem diese Tür mit den zwei in das Holz geschnitzten weißen Drachen darauf führte… „Du bist zu spät.“, begrüßte Joey die gelangweilte Stimme seines Lieblings-Großkotzes, kaum dass der Blonde eingetreten war und Mister Gewissenlos-und-dabei-glücklich die Tür wieder hinter ihm geschlossen hatte. Das Klopfen hatten sie sich gleich mal gespart, da der Jüngere ja eh erwartet wurde. „Bin ich nicht. Ich war pünktlich“, entgegnete der Braunäugige säuerlich, da der Herr es nicht mal für nötig hielt, von seiner Arbeit aufzusehen. „Ich sagte ja wohl, dass du halb in meinem Büro sein sollst. Jetzt ist es bereits zwei nach.“ „Ich wäre ja rechtzeitig hier oben gewesen, aber irgendjemand wollte ja, dass ich da unten eine Hundeshow abziehe!“, platzte es lautstark aus Joey heraus und mit großen Schritten näherte er sich dem Schreibtisch vor der allumfassenden Fensterfront. Jetzt sah der Firmenchef doch endlich auf, nur um im nächsten Moment nach seinem Handy zu greifen. „Ah ja. 12:29 Uhr hab ich die Datei mit deinem Foto und dem Bellen bekommen.“, gab der Brünette zu und zu Joeys großem Entsetzen, konnte er kurz darauf seinen geknurrten Bell-Laut hören, als Kaiba diesen auch gleich abspielte. „Verdammt! Wieso hast du das? Und warum gibt es dazu überhaupt ein Foto?“, wollte der Jüngere doch ziemlich schockiert wissen. Er hatte überhaupt nicht mitbekommen, dass beides aufgenommen worden war. Kurz schaute Kaiba den Blonden beinahe mitleidig an, bevor er erklärte: „Masaru ist einer meiner besten Leute. Trotz seiner enormen Größe ist er überaus geschickt darin, Dinge unauffällig zu erledigen. Und irgendwoher brauch ich doch einen geeigneten Klingelton, jetzt wo ich dich notgedrungen zu meinen Kontakten hinzufügen muss.“ Mit einer fließenden Handbewegung nahm der Größere einen kleinen Zettel aus einem Schubfach seines Schreibtisches und schob ihn zu dem Blonden hinüber. „Das ist meine Nummer und sie ist natürlich nur für Notfälle da, verstanden?“, ermahnte der Brünette den Anderen eindringlich. Perplex starrte Joey das kleine Stück Papier einen Moment an, bevor er es gegen seinen Willen beinahe ehrfürchtig aufnahm und die fein säuberlich geschriebenen Zahlen darauf anstarrte. Kaiba gab ihm tatsächlich seine Nummer. Und das auch noch freiwillig… Verdammt! Jetzt fiel es ihm doch tatsächlich schwer, dem Größeren noch wegen der Aktion von vorhin böse zu sein. Nicht, dass er das jetzt einfach vergessen würde. Aber wer konnte schon von sich behaupten, Seto Kaibas private Nummer zu haben?! „Verbrenn den Zettel, sobald du sie übertragen hast.“, forderte der Ältere noch, bevor er sich erhob und zu einer Wand hinüberging, deren Verkleidung nach einem kurzen Knopfdruck beiseite glitt. Zum Vorschein kam eine Bar mit verschiedenen alkoholischen und nicht alkoholischen Getränken, die immer frisch aufgefüllt wurde. Kaiba wählte aus dem umfangreichen Angebot jedoch nur eine Wasserflasche und brachte diese mit 2 Gläsern zum Schreibtisch, um sich auch sogleich etwas davon einzuschenken. Entgegen aller Meinungen war der Brünette kein Kaffeetrinker, da es für ihn von Schwäche zeugte, nur mit Hilfe dieses Getränks den Tag überstehen zu können und er wollte soweit wie möglich keine Schwächen in seinem Leben zulassen. Die einzigen Ausnahmen stellten sein Bruder Mokuba und jetzt wohl auch sein Sohn Yuuki dar. An diesen Gedanken hatte er sich immer noch nicht gewöhnt, was nicht verwunderlich war, da er den Jungen erst gestern kennengelernt hatte. Plötzlich erklang wieder Wheelers Bellen und mit einem amüsierten Grinsen sah der Firmenleiter zu dem Jüngeren, der leicht rot geworden war. „Ich wollte nur sichergehen, dass du mir auch die richtige Nummer gegeben hast.“, erklärte der Blonde bissig und ärgerte sich über sich selbst, weil er den Klingelton ausgelöst hatte. Wer konnte denn auch ahnen, dass der Geldsack diesen sofort einrichten würde… Schnell steckte er sein Handy zurück in die Hosentasche, damit er nicht etwa noch auf Wahlwiederholung kam und sein angepisstes Gesicht zu dem Bellen gleich noch einmal auf dem Display des Anderen sehen musste. „Hast du mal ein Feuerzeug?“, fragte er den Älteren, der sich gerade wieder in seinen Bürosessel sinken ließ. Mit einem schnellen Griff in die gleiche Schublade wie zuvor, beförderte Kaiba eine Packung Streichhölzer zu Tage und warf sie dem Blonden zu. Verwundert begutachtete der Braunäugige diese und sah fragend zu dem Älteren. „Mokubas Idee. Seiner Meinung nach sind sie umweltfreundlicher.“, erklärte der Brünette und zuckte kurz gleichgültig mit den Schultern. „Wow! Der Kleine fährt ja voll die Öko-Schiene, was?“, grinste Joey und entzündete eines der kleinen Hölzer, um das Papier mit Kaibas Nummer daran zu halten. Er wartete, bis auch die letzte Ziffer verbrannt war, bevor er die Flamme auspustete und seinem Gegenüber den übrigen Schnipsel samt Streichhölzern zurückgab. Nachdem der Blauäugige den Abfall entsorgt und die Streichhölzer wieder an ihren Platz zurückgelegt hatte, schob er dem Blonden dieses Mal eine Mappe über den Tisch zu. „Für die Beantragung des Sorgerechts benötigt das Jugendamt lediglich eine Einverständniserklärung von uns beiden, die du darin findest.“, erklärte der CEO und wies auf die Unterlagen. „Des Weiteren werden wir die Bestimmungen für diese…Elternschaft besprechen und vertraglich festhalten.“ Mit einer auffordernden Handbewegung gebot er dem Blonden, Platz zu nehmen und nahm einen Schluck Wasser, um den schalen Geschmack dieses befremdlichen Wortes los zu werden. „Hätte ich mir ja denken können, dass du einen Vertrag aus dem Ärmel schüttelst. Ich bin nur überrascht, dass du mich nicht einfach vor vollendete Tatsachen stellst.“, gab Joey zu und setzte sich in den ihm zugewiesenen Stuhl, während er gleichzeitig nach der Mappe griff und die Einverständniserklärung zu lesen begann. „Sagen wir es mal so: Die Vergangenheit hat gezeigt, dass es nichts bringt, dir etwas überhelfen zu wollen, an das du dich dann eh nicht hältst. Und da es hierbei nicht um unsere sonstigen kleinen Streitereien geht, bin ich bereit, deinen Wünschen Gehör zu schenken.“, erklärte der Größere und öffnete schon einmal die entsprechende Datei für den Vertrag auf seinem Computer. Durchaus angenehm überrascht, nickte der Braunäugige anerkennend und tippte dann mit dem Finger auf das Dokument vor sich. „Warum steht da, dass Yuuki deinen Namen bekommt? Ist es gesetzlich nicht so geregelt, dass Kinder immer den Namen der Mutter erhalten, wenn die Eltern nicht verheiratet sind?“, wollte er dann wissen und sah den Älteren neugierig an. „Wheeler, in diesem Fall gibt es keine richtige Mutter und ansonsten kann man auch bestimmen, dass das Kind wie der Vater heißt. Da der Junge bei mir wohnen wird, bekommt er natürlich meinen Namen.“, stellte Kaiba klar und lehnte sich mit verschränkten Armen in seinem Sessel zurück. Kurz neigte der Blonde überlegend seinen Kopf zur Seite. „Ja, klingt logisch.“, nickte er schließlich und gab somit sein Einverständnis. Kurz las der Jüngere weiter, bevor ihm noch etwas Wichtiges einfiel. „Wie willst du der Öffentlichkeit eigentlich erklären, dass du plötzlich ein Kind hast?“, war er neugierig zu erfahren und griff nach der Wasserflasche, um sein Glas ebenfalls zu füllen. Leicht runzelte der Ältere die Stirn. „Gar nicht.“, meinte er nur kurz angebunden und damit war die Sache für ihn scheinbar erledigt. Doch da für Joey „Subtilität“ nur ein Fremdwort war, hakte dieser selbstverständlich nach. „Wie „gar nicht“? Wie willst du das verhindern?“ Verwundert sah der Blondschopf den Größeren an. Als dieser den Blick nur weiter stumm erwiderte, fuhr er fort: „Sobald wir die Sorgerechtserklärung einreichen, wird doch spätestens am nächsten Tag die Presse Wind davon bekommen haben. Wie kannst du dir also sicher sein, dass sie nichts davon erfahren werden?“ Auffordernd starrte Joey über den Tisch und verschränkte ebenfalls die Arme, um dem Anderen klar zu machen, dass er eine Antwort verlangte. Ging doch nicht an, dass Mister Unnahbar so wichtige Geheimnisse vor ihm hatte! Nachdem ihr stummes Blickduell jedoch bereits mehrere Sekunden anhielt, konnte der Jüngere die Stille nicht länger ertragen. „Ach, komm schon! Du wolltest auf meine Wünsche eingehen.“, erinnerte er den Brünetten schon beinahe verzweifelt an dessen Worte von zuvor. „Falsch. Ich sagte, ich schenke ihnen lediglich Gehör und nicht, dass ich sie auch erfüllen würde.“, stellte Kaiba klar und zeigte damit wenigsten wieder eine Reaktion. Missmutig runzelte Joey die Stirn. „Findest du das echt fair? Du hast mir immerhin ein Bellen abgepresst und wirst mich höchstwahrscheinlich bis ans Ende meines Lebens damit schikanieren und ich bekomme nicht einmal eine Antwort auf diese einfache Frage? Dabei weiß ich nicht mal, was so schlimm an dieser sein soll, dass du plötzlich so auf stur schaltest.“, beschwerte sich der Blonde und war langsam ziemlich verärgert über die Reaktion des Anderen. Seinerseits verstimmt über die Sturheit des Blonden, schloss Kaiba kurz die Augen und führte seine Hand an die Nasenwurzel, um kurz darüber zu reiben. „Je weniger du weißt, desto besser für dich.“, sagte er schließlich und sah den Jüngeren wieder an. Dieser wurde jedoch sofort hellhörig und wollte ganz im Gegenteil noch mehr darüber erfahren. „Ist es etwa was Illegales?“, fragte er daher mit gesenkter Stimme und beugte sich zum Ausgleich weiter über den Tisch. „Du musst nicht flüstern, Wheeler. Mein Büro ist schallisoliert und somit abhörsicher.“, informierte der Konzernchef den Braunäugigen und schloss genervt wieder für einen Moment die Augen. „Und es handelt sich eher um eine Grauzone. Da du es aber ungeachtet deiner zahlreichen Vorstrafen unbedingt genau wissen willst: Ich kenne Jemanden beim Jugendamt, für dessen Lieblings-Verein ich mich bereit erklärt habe, zu spenden und er behandelt die Sache dafür mit der nötigen Diskretion und wird aus gegebenem Anlass ebenso den Vorgang beschleunigen.“, erklärte der Brünette schließlich widerwillig und sah den Braunäugigen verärgert an, einfach weil dieser ein penetranter Idiot war. „Ah, verstehe. Es ist nicht verboten, einem Verein etwas zu spenden.“, nickte Joey und sah sein Gegenüber dann ernst an. „Aber nur damit das klar ist: Ich wurde nie verurteilt, sondern nur ein paar Mal verhaftet und auch das ist schon ewig her.“, musste er noch klarstellen, bevor der Ältere anfing, zu schlecht von ihm zu denken und sich das mit dem Sorgerecht doch lieber noch einmal überlegte. „Warum willst du den Kleinen überhaupt verstecken? Mit deinem Nachnamen fliegt es doch eh früher oder später auf.“, meinte Joey und wunderte sich darüber, dass der Größere das scheinbar noch nicht bedacht hatte. Als Kaibas Blick sich daraufhin verdunkelte und seine Augen schmal wurden, wusste der Jüngere, dass er wohl etwas Falsches gesagt hatte. „Wheeler…“, begann der Angesprochene finster und an seiner Stimme konnte man schon hören, für wie idiotisch er die Frage des Anderen hielt. Unwillkürlich lief dem Blonden ein kalter Schauer über den Rücken, sodass er schwer schlucken musste. „Hast du auch nur die geringste Ahnung, was los sein wird, sobald die Medien von ihm oder seiner Entstehung erfahren? Keiner von uns wird irgendwo hingehen können, ohne dass diese Aasgeier versuchen werden, Fotos zu bekommen oder die wildesten Spekulationen verbreiten. Willst du wirklich so einen Start für ihn?“, erkundigte sich der Brünette mühsam beherrscht und sah den Jüngeren dabei durchdringend an. „Und was den Namen betrifft: Ob du es glaubst oder nicht, Mokuba und ich sind nicht die einzigen in der Stadt, die so heißen. Wir sind nur diejenigen, die alle kennen. Von daher ist es für Yuuki von Vorteil, dass er mehr nach dir kommt, da so die Verbindung zu mir nicht sofort ersichtlich ist.“ Joey nickte folgsam, da ihm klar geworden war, dass der Brünette Recht hatte. Es würde auch für ihn selbst schwierig werden, seinen Alltag zu bestreiten, wenn er ständig der Presse aus dem Weg gehen müsste. „Da du eh nicht wirklich berühmt für deine unbedeutenden Errungenschaften bei Duell Monsters bist, wird es wahrscheinlich sowieso keinen interessieren, ob du ein Kind hast oder nicht.“, fügte der Ältere noch höhnisch lächelnd hinzu, was den Blonden dann doch auffahren ließ. „Hey, die sind nicht unbedeutend! Außerdem hab ich sicher irgendwo Fans, die sich fragen würden, mit welcher Schlampe ich ihn zusammen habe.“, begehrte er auf und blickte den Brünetten mürrisch an. Nicht, dass er den Älteren für eine Schlampe hielt… Würde dieser sich hemmungslos durch die Betten von Frauen vögeln, hätte er sicher davon gehört. Außerdem war der Andere so misstrauisch, dass Joey ihn als eher vorsichtig in dieser Hinsicht einschätzte. Schließlich gab es sicher genug blöde Schnepfen, die gern ein Kind von ihm wollten, nur um ordentlich Unterhalt abgreifen zu können. Als der Kleinere die hochgezogene Augenbraue des Blauäugigen aufgrund seiner Äußerung bemerkte, räusperte er sich schnell. „Mit.ähm..Schlampe..meinte ich natürlich nicht dich.“, wiegelte er schnell ab und schaute etwas verlegen zur Seite, um den Anderen bereits kurz darauf wieder anzusehen. „Aber dann wirst du doch gar nicht als sein Vater angesehen. Stört dich das nicht?“, wollte Joey wissen, da ihn selbst das hart treffen würde. Doch Kaiba schüttelte nur kurz den Kopf. „Nein. Die wichtigsten Personen wissen es und nur darauf kommt es an.“, erklärte er und der Blonde bewunderte insgeheim die erwachsene Haltung des Anderen. „Daher werden wir mit in den Vertrag aufnehmen, dass mit niemandem darüber gesprochen wird, wer der jeweils andere Elternteil ist.“, fuhr der Ältere auch schon fort und wandte sich jetzt wieder etwas entspannter seinem Computer zu. „Bleib also gefälligst unverbindlich, falls jemand fragen sollte.“, ordnete Kaiba an und begann auf seiner Tastatur zu tippen, um dies gleich schriftlich festzuhalten. Der Kleinere wurde ein bisschen blass um die Nase. „Ähm…“, begann er und der Blauäugige schaute stirnrunzelnd zu ihm herüber. „Du hast es bereits jemandem gesagt.“, stellte er missbilligend fest und lehnte sich wieder in seinem Stuhl zurück, um den Jüngeren noch etwas intensiver mit seinem Blick zu taxieren. „Ich hab es nur Tris erzählt und ihm gesagt, dass er es nicht weitersagen soll, weil ich nicht wusste, wie du vorgehen willst.“, sprudelte es aus dem Blonden fast schon panisch heraus, wobei er hektisch mit seinen Händen durch die Luft wedelte. Noch einen Moment ließ der Ältere ihn zappeln, bevor er darauf reagierte. „Sollte Taylor doch geplaudert haben, werde ich ihn wegen Verleumdung verklagen.“, stellte Kaiba ohne Umschweife fest und wandte sich wieder seiner begonnenen Tätigkeit zu. Schuldbewusst senkte der Jüngere den Kopf wieder zu dem Schriftstück vor sich, nahm dieses aber nicht wirklich wahr. „Kann ich es denn wirklich nicht mal meinen Freunden sagen? Und was ist mit meiner Schwester?“, wollte er wissen und sah wieder zu dem Blauäugigen hinüber. Dieser hielt kurz im Schreiben inne und erwiderte nachdenklich den Blick. „Nur wenn du sicher sein kannst, dass diese Leute den Mund halten können und sich auch nicht bei der nächstbietenden Gelegenheit bestechen lassen.“, lenkte Kaiba schließlich ein und sah das eifrige Nicken des Blonden nur noch aus dem Augenwinkel, da er sich bereits wieder seinem Text widmete. Beruhigt wandte sich der Braunäugige erneut seinem Blatt zu, um es zu unterschreiben, als er sich an etwas Wichtiges von gestern erinnerte, das ihm noch immer Bauchschmerzen bereitete. „Ähm…du hattest was von Unterhalt gesagt?“, fragte Joey zögerlich und schaute verlegen zu seinem ehemaligen Mitschüler, der sich diesmal jedoch nicht die Mühe machte, seine Arbeit erneut zu unterbrechen sondern nur belustigt schnaubte. „Mach dich nicht lächerlich, Wheeler. Mir ist durchaus bewusst, dass du dir das nicht leisten kannst und ich bin wahrlich nicht darauf angewiesen.“, erklärte er und warf nun doch einen kurzen Seitenblick auf den Anderen. „Außerdem benötigen Kinder eher wirkliche Zuwendung als Geld und soweit ich das richtig verstanden habe, bist du bereit, ihm diese zu geben. Damit sehe ich die Sache als erledigt an.“ Zu sagen, Joey wäre erleichtert gewesen, wäre die Untertreibung des Jahrtausends! Wahrscheinlich konnte selbst der Brünette den fetten Brocken hören, der dem Jüngeren gerade vom Herzen gefallen und die 30 Etagen hinuntergestürzt war. Normalerweise konnte es dem Braunäugigen egal sein, ob Kaiba gerade seinen sozialen Tag hatte oder nicht. Aber in diesem Fall, hatte er einfach das dringende Bedürfnis, sich bei dem Größeren zu bedanken. Gerade als er Luft holen wollte, bemerkte er etwas Seltsames. Kritisch beobachtete der Blonde den Firmenchef beim Tippen, da ihm auffiel, dass dieser immer wieder mal die Augen zusammenkniff. „Danke.“, nuschelte er daher eher halbherzig, bevor er auf das Eigentliche zu sprechen kam, das ihn beschäftigte. „Sag mal, stimmt irgendwas nicht? Du guckst so komisch.“, fragte er den Älteren und erntete dafür einen unwilligen Blick aus blauen Augen. „Ich weiß nicht, was du meinst. So schau ich nun mal.“, antwortete sein Gegenüber und schrieb unbeirrt weiter. „Nein, das denk ich nicht.“, widersprach Joey und beäugte den Brünetten noch etwas intensiver, während er nachdachte. Plötzlich weiteten sich seine Augen überrascht, als ihn die Erkenntnis traf. „Oh mein Gott, du brauchst eine Brille!“, entfuhr es dem Blonden und er biss sich grinsend auf die Unterlippe, während ihm das Bild des älteren Kaibas in Erinnerung kam. „Erzähl keinen Unsinn! Warum sollte ich eine Brille brauchen?“, reagierte der Größere überraschend ungehalten, bemühte sich aber weiterhin, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren. „Mir kannst du nichts vormachen. Du kneifst die Augen zusammen und fasst dir immer wieder an die Nasenwurzel, weil du Kopfschmerzen bekommst.“, kombinierte der Jüngere und zeigte bekräftigend mit dem Finger auf die genannten Stellen. „Die Kopfschmerzen hab ich bereits, seit du den Raum betreten hast.“, erwiderte Kaiba verärgert und versuchte so, die Diskussion vom Tisch zu wischen. Allerdings gab er es auf, sich auf die Ausformulierung konzentrieren zu wollen,, da Wheeler eh gleich wieder dazwischenquatschen würde, weshalb er sich in seinem Stuhl zurücklehnte und abweisend die Arme vor der Brust verschränkte. „Jetzt red dich nicht raus. Ich wette, dass du bereits eine Brille hast und sie nur nicht trägst, weil du es mal wieder für Schwäche hältst.“, behauptete Joey und verdrehte genervt von der ewigen Attitüde des Älteren die Augen. „Da du mich ja so gut kennst,“, spottete der Brünette, „was macht dich da so sicher, dass ich eine Brille habe? Laut deiner Aussage, würde ich schließlich gar nicht erst zum Augenarzt oder Optiker gehen.“ Mit gehobener Augenbraue beobachtete er interessiert den Kleineren, der jedoch siegessicher zurückgrinste. „Mokuba.“, beantwortete der Blonde die Frage kurz und knapp, war aber so nett, dies weiter auszuführen. „Er würde niemals zulassen, dass du aus Eitelkeit deine Gesundheit schädigst. Und da dir seine Meinung wichtig ist, hast du dich schlussendlich breit schlagen lassen.“, beendete Joey triumphierend seine Ausführung und zeigte dem Älteren weiter sein Strahlemann-Lächeln. Kaibas finsterer Gesichtsausdruck sprach hingegen Bände und bestätigte somit die Vermutungen des Jüngeren. „Jetzt setz sie schon auf. So schlimm wird’s ja wohl nicht sein.“, versuchte Joey den Firmenchef zu ermutigen. „Wenn du lachst, sorge ich dafür, dass du dieses Büro nicht lebend verlässt, um irgendjemandem davon erzählen zu können.“, warnte der Größere und taxierte den Braunäugigen mit einem grimmigen Blick, bevor er wieder zu der altbekannten Schublade griff. „Ja, ja, nun mach schon.“, forderte der Blonde völlig unbeeindruckt von der Mordandrohung. Schließlich hatte der Ältere ihm in der Vergangenheit schon vieles in Aussicht gestellt und doch war es nie dazu gekommen. Bedächtig zog Kaiba ein Etui aus dem Fach und öffnete dieses missmutig. Eigentlich wollte er das blöde Ding nicht benutzen, aber leider hatte Wheeler Recht und seine Augen schmerzten bereits von der Anstrengung, die die Bildschirmarbeit mit sich brachte. Und jetzt, wo der Blonde es eh schon wusste, brauchte er sich nicht mehr unnötig selbst zu quälen, bloß um sein Gesicht zu wahren. Also wickelte er das feindrahtige Gestell aus dem Tuch und setzte die Brille resignierend auf seine Nase. Als er zu dem Jüngeren sah, biss dieser sich unwillkürlich auf die Unterlippe und wurde kurz darauf rot. Stirnrunzelnd beobachtete der Firmenleiter diese Reaktion und war sich nicht sicher, ob der Andere sich aufgrund seiner Androhung so sehr das Lachen verkniff, dass er sogar seine Gesichtsfarbe wechselte. Schnell erkannte Joey an Kaibas ärgerlich zusammengekniffenen Augen, was dieser dachte und wedelte abwehrend mit den Händen. „Nein, nein, ich lache nicht!“, schwor er hastig. „Vielmehr sieht es…ziemlich..gut aus.“, stotterte er ein wenig unbeholfen, bevor er hastig nach seinem Glas griff und dieses in einem Zug leerte, nur um den Brünetten nicht länger ansehen zu müssen. Er hatte es ja bereits gewusst, aber verdammt! Den Kerl entstellte einfach nichts. Eher im Gegenteil! Die Brille lenkte den Blick jetzt noch viel mehr auf diese intensiven, blauen Augen und kleidete den Firmenleiter wirklich unglaublich gut. Dadurch wirkte der Andere noch erwachsener und intelligenter und trotzdem wollte Joey einfach kein anderes Wort als „heiß“ dazu einfallen. Das konnte doch nur mit dieser dämlichen Zukunftsvision zusammenhängen, da er eigentlich überhaupt nicht auf Männer stand. Immerhin hatte er zwei Jahre Zeit gehabt, sich intensiv darüber Gedanken zu machen! Er hoffte nur, dass sie die weiteren vertraglichen Regelungen schnell über die Bühne bringen konnten, damit er nicht länger als nötig in Kaibas Gegenwart bleiben musste, solange dieser das Gestell auf der Nase trug. Der Ältere brummte nur kurz als Zeichen, dass er diese Antwort bewilligte und wandte sich nun wieder seinem Bildschirm zu. „Ich bin dafür, dass Yuuki Zuhause unterrichtet wird.“, teilte der Brünette dem Jüngeren plötzlich mit, da auch er heute noch fertig werden wollte. Überrascht schaute der Braunäugige wieder zu dem Älteren. Immer cool bleiben. Wäre doch gelacht, wenn er sich durch ein schlichtes Drahtgestell doch noch von Kaiba in die Knie zwingen ließ! „Warum? Ich finde, er sollte in eine Kita gehen. Yuuki ist immerhin schon Drei und hat noch nie mit anderen Kindern gespielt, wenn ich das gestern richtig mitbekommen habe.“, sprach sich Joey für die öffentliche Einrichtung aus und sah den Anderen erwartungsvoll an. „Zuhause könnte er viel besser gefördert werden. Die Kita ist doch nur ein Spaßverein, der die Kinder beschäftigt, bis die Eltern wieder Zeit für sie haben.“, erwiderte der Brünette nur geringschätzig. „Ja und? Darum geht es doch, wenn man ein Kind ist. Um Spaß!“, begehrte der Kleinere auf und wedelte bekräftigend mit einer Hand durch die Luft, als ihm plötzlich eine Idee kam. Unvermittelt beugte er sich ein Stück nach vorn und stützte seine Ellenbogen auf den Knien ab. „Wie wär’s? Wir machen für beide Varianten eine Pro- und Kontra-Liste und sehen einfach, was besser ist. Jeder vertritt dabei seinen Standpunkt, weshalb ich für die Kita die Pro-Seite nennen werde und für den Privatunterricht das Kontra.“, schlug Joey selbstsicher lächelnd vor und fühlte sich dabei fast wie bei einem ihrer Duelle. Interessiert hob der Ältere eine seiner Augenbrauen. „Das ist für deine Verhältnisse ein überraschend vernünftiger Vorschlag.“, meinte der Firmenchef fast schon anerkennend. „Wie willst du den Gewinner bestimmen? Schließlich gibt es zwei Listen.“, gab der Blauäugige zu bedenken und riss einen Zettel von seinem Notizblock ab, um auf jeder Seite eine der beiden Möglichkeiten zu notieren. Nachdenklich kratzte sich der Blonde am Kopf. „Ich würd sagen, bei wem es mehr Pros gibt, der hat gewonnen. Falls da aber Gleichstand sein sollte, dann gewinnt derjenige, der zusammen mehr Pro- und Kontra-Antworten hatte.“ Zustimmend nickte Kaiba, hatte aber auch noch etwas anderes im Sinn. „Wenn wir schon mal dabei sind, können wir auch gleich den Einsatz etwas erhöhen.“, unterbreitete der Größere seinerseits einen Vorschlag. „Der Gewinner hat einen Wunsch bei dem Anderen frei. Wann er diesen einlöst, ist ihm natürlich selbst überlassen.“ Überrascht sah Joey den Älteren an. „Wie kommst du denn jetzt darauf?“, wollte er wissen, da er mit so etwas nicht gerechnet hatte. Selbstsicher lächelte der Brünette und lehnte sich entspannt in seinem Bürosessel zurück. „Man kann nie wissen, wann man einen Gefallen braucht, nicht wahr?“, meinte er nur und ließ seine Arme locker auf die Lehnen sinken. Kurz überlegte der Braunäugige, bevor er nickte. „Meinetwegen. Aber er sollte erfüllbar und moralisch vertretbar sein.“, stimmte er schließlich unter diesen Bedingungen zu, da er ja irgendwas aus der Geschichte mit Duke gelernt haben musste. „Also schön.“, gab Kaiba seinerseits sein Einverständnis dazu. „Womit willst du anfangen?“ „Wir können gerne mit deiner Idee beginnen. Dafür müssten wir aber noch klären, wer Yuuki unterrichten würde. Gehst du da von dir aus oder würdest du einen oder gar mehrere Lehrer kommen lassen?“, wollte der Jüngere noch wissen, da das einen entscheidenden Unterschied für seine Verteidigungsstrategie machte. Kurz dachte der Brünette nach. So gern er selbst Yuuki alles beibringen wollte, würde er einfach nicht die Zeit dafür haben. „Es würde zunächst ein fester Privatlehrer sein.“, beantwortete er schließlich die Frage und der Blonde nickte verstehend. „Gut. Da du in diesem Fall die Pro-Seite vertrittst, fängst du an.“, erklärte Joey und rutschte wieder tiefer in seinen Stuhl. Das versprach spannend zu werden, jetzt wo Kaiba auch noch einen Wunsch in Aussicht gestellt hatte. Wäre doch gelacht, wenn er nicht endlich mal gegen diesen eingebildeten Fatzken gewinnen konnte! „Wie bereits erwähnt, könnte Yuukis Intelligenz Zuhause entsprechend gefördert werden.“, begann der Größere mit dem bereits bekannten Punkt und notierte diesen bei Pro. „Genau da finde ich, dass das Lernen zu sehr im Vordergrund stehen würde. Er ist schließlich ein Kind und sollte Spaß haben dürfen, bevor der Ernst des Lebens mit der Schule und den Hausaufgaben beginnt.“, hielt der Braunäugige dagegen und beobachtete genau, dass der Ältere das auch ja aufschrieb. „Der Lernstoff könnte aber individuell auf ihn zugeschnitten werden, sodass es nicht zu viel für ihn werden muss.“ „Ich kann mir aber vorstellen, dass so ein Privatlehrer mehr kostet, als die Betreuung in der Kita.“ „Als ob Geld für mich eine Rolle spielen würde. Wichtiger ist: Wenn der Junge Zuhause bleibt, erregt er auf jeden Fall keine Aufmerksamkeit.“ Irritiert runzelte der Jüngere die Stirn. „Aber dafür weiß dann der Lehrer ganz genau, zu wem er gehört. Und das wolltest du doch vermeiden.“, gab Joey zu bedenken, sodass Kaiba dies jetzt ebenfalls stirnrunzelnd den vorangegangenen Punkten hinzufügte, da ihm der Gedanke tatsächlich nicht gefiel. „Dafür sparen wir uns den Zeitaufwand für den Hin- und Rückweg.“, fuhr er anschließend fort. „Aber es gibt bei euch keine anderen Kinder zum Spielen, was Yuuki sicher sehr traurig machen wird.“, versuchte der Blonde an das Mitleid des Älteren zu appelieren. Dieser sah ihn hingegen nur missbilligend an, bevor er noch einmal kurz die angesprochenen Ansichten überflog. „Hast du dann noch etwas dagegen? Sonst steht es bis jetzt 4 zu 4.“ „Nein, wir können gleich bei der Kita weitermachen.“, informierte der Jüngere den CEO und begann auch gleich mit dem ersten Punkt, während Kaiba seinen Zettel umdrehte. „Wie ebenfalls schon mehrfach erwähnt, gibt es in der Kita andere Kinder, mit denen er spielen kann.“ „Diese von dir viel gepriesenen Kinder könnten ihn aber auch ärgern, da er mit den blonden Haaren und blauen Augen ganz besonders herausstechen wird. Das sollte ich vielleicht noch bei Pro für den Privatunterricht vermerken.“, bemerkte der Brünette und wollte das kleine Blatt noch einmal wenden. Doch der Jüngere schnellte plötzlich aus seinem Stuhl nach vorne und knallte seine Hand auf dieses. „Vergiss es! Diese Seite haben wir abgehakt.“, knurrte er den Anderen fast schon an und sah mit zusammengekniffenen Augen zu ihm herüber. Egal wie gut dieser Bastard mit Brille auch aussah, er ließ sich doch nicht von ihm seinen Gleichstand ruinieren! Mit ebenfalls verengten Augen schaute der Blauäugige zurück. „Fein. Dann mach weiter.“, meinte er nur monoton, löste seine Hand von dem Zettel und rückte seine Brille mit Daumen und Zeigefinger an einem Bügel etwas zurecht. Insgeheim ärgerte es ihn aber schon, dass er die Chance auf die Führung verpasst hatte. Zufrieden setzte sich Joey wieder richtig hin und legte einen Fuß auf das andere Bein. „Natürlich sind Kinder manchmal gemein. Deshalb finde ich es ja so wichtig, dass Yuuki in die Kita geht und dort lernt, mit ihnen umzugehen. Ich bin mir allerdings auch sicher, dass er dort positive Erfahrungen machen wird.“, lächelte der Braunäugige zuversichtlich. „Die Kita hat nicht immer geöffnet.“, warf der Ältere als nächstes in den Raum und notierte dies auf der Kontra-Seite. „Und? Du willst ihn doch am liebsten eh gleich Zuhause lassen.“, erwiderte der Blonde nur augenrollend. „In der Kita kann er jedenfalls ein ganz normales Kind sein, was du ja wohl erreichen willst, indem du seine Verwandtschaft mit dir versteckst.“, meinte Joey und hoffte, dass das zog. Doch der Andere zeigte nicht die geringste Regung und notierte nur das Gesagte, bevor er sein Gegenargument vorbrachte: „Die Kita ist ein regelrechter Brutherd von Keimen. Wer weiß, wie oft er dort krank werden und uns alle anstecken wird.“ „Das stimmt wohl. Aber dafür könntest du ihn nachmittags selbst unterrichten, da du Zeit für deine Arbeit gehabt hättest und Yuuki noch nicht erschöpft vom Lernen wäre.“, spielte der Blonde grinsend diese Karte aus und wusste, dass das dem Älteren gefallen würde. Dessen Augen zuckten auch sofort in seine Richtung, doch wie immer wollte er nicht zu viel von seinen Gefühlen preisgeben, weshalb der Brünette nur erwiderte: „Das Personal wird gelegentlich unterbesetzt oder auch überfordert sein.“ „Mag sein. Aber ich kann mir vorstellen, dass der Kleine sich wahnsinnig auf deine Lerneinheiten am Nachmittag freuen wird, wo er dort den ganzen Tag doch nur körperlich statt geistig gefordert wurde.“, schlug der Jüngere noch einmal in die gleiche Kerbe. „Dann bleibt immer noch die Sache mit dem Zeitaufwand für den Hin- und Rückweg.“, erinnerte der Größere und drehte den Stift zwischen seinen Fingern, nachdem er seinen Einwand vermerkt hatte. „Das ist aber gar nicht nett, dass du den vorherigen Pro-Punkt jetzt noch einmal bringst.“, entgegnete der Blonde und sah den Älteren tadelnd an. „Du haust mir doch auch die ganze Zeit „die anderen Kinder“ um die Ohren, obwohl du ihr Fehlen vorher noch bemängelt hast.“, erwiderte Kaiba unbeeindruckt und verschränkte demonstrativ die Arme vor dem Körper. „Hm, stimmt.“, gab Joey nach kurzem Überlegen dem Anderen Recht. „Ist aber egal, denn jetzt kommt mein Lieblings-Grund: Yuuki sollte eine Kita besuchen, damit ich ihn abholen und Zeit mit ihm auf dem Heimweg verbringen kann!“, verkündete er schließlich triumphierend, da das für ihn das Totschlagargument überhaupt war. Etwas überrascht sah der Ältere ihn an. „Du möchtest ihn abholen? Jeden Tag?“, fragte er noch einmal nach, um sicher zu gehen, dass er das richtig verstanden hatte. Nachdrücklich nickte der Blondschopf. „Sicher doch. Immerhin wird er größtenteils mit Mokuba und dir zusammen sein, da er bei euch wohnen wird. So kann ich ihn wenigstens auch regelmäßig sehen und ihr müsstet euch nicht um die Abholung kümmern. Laut deiner liebenswürdigen Aussage von vorhin, wird es ja eh kein Schwein interessieren, wenn ich das tue.“ Nachdenklich legte der Brünette eine Hand an sein Kinn, während er den Jüngeren beobachtete und dessen Euphorie auf sich wirken ließ. „Das klingt tatsächlich vernünftig. Aber schaffst du das zeitlich überhaupt zwischen Ausbildung und Nebenjob?“, wollte der Größere noch wissen, damit es hinterher keine bösen Überraschungen gab. „Das ist kein Problem.“, versicherte der Braunäugige. „Ich hab gestern schon mit dem Chef wegen meiner Arbeitszeiten gesprochen und in Absprache mit den anderen Aushilfen ist eine Verschiebung nach hinten machbar, sodass ich genug Zeit haben werde, den Kleinen abzuholen und auch noch ein bisschen was mit ihm zu machen. Und ansonsten gibt es ja noch das Wochenende, an dem ich vorbeikommen kann.“, berichtete Joey völlig zufrieden mit seiner Organisation. Mit einem kurzen Nicken deutete der Firmenleiter seine Zustimmung an. „Also gut. Aber wenn du ihn enttäuschst, wirst du das bitter bereuen, Wheeler.“, versprach Kaiba und sah den Braunäugigen warnend an. „Hey, das musst du mir nicht extra sagen! Ich will ihn genauso wenig unglücklich sehen wie du.“, entgegnete der Hitzkopf beleidigt und erwiderte den Blick des Älteren mit ebenso schmalen Augen. Doch dann besann er sich auf den derzeitigen Stand und grinste den Älteren frech an. „Damit steht es dann wohl 6 zu 5 für mich.“, erklärte Joey triumphierend, da er nicht nur seinen Vorschlag durchgesetzt sondern auch noch gegen den Anderen gewonnen hatte. „Komisch, bei mir steht es 5 zu 5.“, erwiderte der Blauäugige nur und tat verwundert. „Das liegt wohl daran, dass du den letzten Punkt noch gar nicht aufgeschrieben hast, Geldsack!“, informierte der Jüngere den Firmenchef angesäuert. Dass der einem aber auch immer den ganzen Spaß verderben musste… „Na sowas.“, meinte der Angesprochene hämisch grinsend, holte dies aber sogleich nach. „Dann sind wir uns also einig und Yuuki geht in die Kita?“, wiederholte Joey noch einmal ihre Absprache, um klarzustellen, dass er tatsächlich gewonnen hatte. „Da wir offensichtlich beide etwas davon haben werden, stimme ich dem zu.“, nickte der Ältere und begann, diese Vereinbarung schriftlich festzuhalten. „Hast du bereits eine Kita im Sinn?“, erkundigte er sich noch und sah den Jüngeren fragend an. „Nein. Die Entscheidung überlass ich ganz dir, da du ja auch die Kosten an der Backe haben wirst.“, meinte der Blonde, fühlte sich aber schon etwas schlecht deswegen. „Wird denen denn nicht auffallen, dass du die Rechnung für ein Kind bezahlst, das den gleichen Nachnamen wie du hat?“, fiel ihm dabei noch siedend heiß ein und erschrocken blickte er zu dem Größeren, der jedoch unbeirrt weiterschrieb. „Wird es nicht.“, meinte der Brünette nur gelassen. „Ich habe bereits gestern mit einem befreundeten Anwalt besprochen, dass er jegliche Geldtransaktionen für Yuuki als eine Art Patenonkel durchführen wird. Das beinhaltet ebenso, dass das Kindergeld zu ihm überwiesen wird.“ Erleichtert atmete Joey die automatisch angehaltene Luft wieder lautstark aus und sah anerkennend zu dem Älteren. „Wow, da hast du ja echt an alles gedacht.“ „Eben. Und deshalb gibt es noch ein paar grundlegende Regeln für den Aufenthalt in meiner Villa.“, kündigte Kaiba an und reichte dem Blonden ein weiteres Schriftstück, bevor er sich wieder in seinem Bürosessel zurücklehnte. „Ich fasse dir noch einmal kurz die wichtigsten Punkte zusammen, damit ich sicher sein kann, dass du auch alles verstanden hast, bevor du unterzeichnest.“ „Was denn? Unterschreiben soll ich das auch noch?“ Missmutig glitt der Blick des Jüngeren von dem Papier zu Kaiba. Dieser stützte gerade die Ellenbogen auf den Armlehnen ab und verschränkte lässig seine Finger ineinander. „Sicher, das ist Bestandteil des Vertrages. Schließlich muss ich etwas Nachweisbares in der Hand haben, falls du dich nicht daran halten solltest.“, erklärte der Firmenchef und schlug ein Bein über das andere. Resignierend warf der Blonde das Blatt wieder auf den Schreibtisch zurück, schob seinen Stuhl ein ganzes Stück nach hinten, bevor er sich tiefer darin sinken ließ, um kurz darauf die Beine auszustrecken und die Arme vor dem Körper zu verschränken. „Bin ganz Ohr.“, gab er schließlich das Startsignal, als er damit fertig war, es sich bequem zu machen. Kurz beäugte der Brünette ihn noch kritisch, um sicher zu gehen, dass er auch ganz sicher die Aufmerksamkeit des Anderen hatte. „Zunächst einmal haben andere Leute oder Kinder nur nach vorheriger Absprache mit mir Zutritt, damit ich zuvor deren Hintergrund prüfen kann.“, begann er, wurde aber bereits jetzt von dem Jüngeren unterbrochen. „Was glaubst du denn, wen ich alles kenne?“, empörte sich dieser sofort und sah ärgerlich zu dem Größeren. „Du warst in einer Gang. Man weiß nie, welche Schatten der Vergangenheit einen manchmal heimsuchen.“, erklärte der Blauäugige gelassen und spielte damit auf seine eigene überraschende Begegnung mit Gozaburo in der Cyberwelt an. Mürrisch nickte der Blonde verstehend, da er diese Sorte alter Bekannter auch ungern in der Nähe seines Sohnes sehen wollte. Da der Jüngere scheinbar mit seinem Einwand fertig war, machte der Firmenchef mit dem nächsten Punkt weiter: „Des Weiteren dürfen keine Fotos vom Gebäude oder der Überwachsungseinrichtung gemacht werden. Von Personen nur mit deren Genehmigung, wobei auch hier das Verkaufen strengstens untersagt ist und umgehend zur Anzeige gebracht wird.“ „Wow! Das klingt, als würde ich dich ausspionieren wollen.“, meinte der Kleinere doch ganz schön beleidigt, als er dies hörte. Das Wort „Vertrauen“ existierte im Wörterbuch des Anderen wohl tatsächlich nicht… „Keine Sorge, dabei handelt es sich um eine Standard-Klausel, die auch alle meine Angestellten in ihren Verträgen zu stehen haben. Was mich gleich dazu bringt, dass das Personal nicht wegen irgendwelcher unsinnigen Belange von ihrer Arbeit abgehalten werden darf.“, fuhr der Brünette fort, hielt aber gleich darauf wieder inne, weil der Jüngere sich meldete, um anzuzeigen, dass er etwas sagen wollte. „Frage: Was zählt deines Erachtens nach als unsinnig?“ „Wie schön, dass du fragst.“, meinte der Firmenchef süffisant. „Dazu zählt beispielsweise, wenn die Bediensteten zum Verstecken spielen angehalten werden sollten oder womöglich auch als Bühnenbild missbraucht werden. Eben alles, was nicht mit ihrer Arbeit zu tun hat.“, erklärte der Größere und wurde mit einem verstehenden Nicken seines Gegenübers belohnt. „Einen Saft dürfen sie mir aber schon holen, oder?“ „Das zählt durchaus zu ihren Aufgaben, ja. An Alkohol brauchst du aber nicht mal zu denken. Zigaretten und Drogen sind ebenfalls in meinem Haus untersagt.“, ging es mit den Regeln auch schon weiter, jedoch nicht ohne einen drohenden Unterton in Kaibas Stimme. Abwehrend hob Joey die Hände. „Sieh mich nicht so an. Entgegen meiner Gang-Vergangenheit hab ich mit allen drei Dingen nichts am Hut. Da ist bei zu vielen, die ich kenne, einfach zu viel Scheiße passiert.“, erklärte er und der Ältere nickte kurz zufrieden. „Es erübrigt sich wohl zu erwähnen, dass ausschließlich Türen zum Betreten und Verlassen von Räumen genutzt und keine Gegenstände entwendet werden.“ „Warum hast du es dann gerade doch erwähnt?“ „Weil ich es kann.“, kam die prompte Antwort des Älteren. „Natürlich, warum hab ich nur gefragt?“, warf der Braunäugige resignierend die Hände in die Luft. „Ist mir auch immer wieder schleierhaft.“, meinte Kaiba dazu nur trocken. „Ansonsten gibt es nur noch zu erwähnen, dass du nur Zutritt zu gestatteten Räumen hast und diese bitte auch wieder ordentlich hinterlässt.“ Etwas irritiert blinzelte der Blonde. „Gestattete Räume?“, wiederholte er ungläubig, da er sich nicht sicher war, ob er den Sinn dahinter richtig interpretiert hatte. „Ich weiß, darunter kannst du dir nichts vorstellen, da du dich ja ganz gern über solche „Kleinigkeiten“ hinwegsetzt. Damit ist gemeint, dass du nur nach Aufforderung oder im Beisein eines Bewohners oder Bediensteten einen Raum betreten darfst.“, erklärte der Brünette liebenswürdigerweise. „Findest du das nicht etwas übertrieben? Ich werd schon nicht durch’s ganze Haus stromern und in deinen Sachen rumschnüffeln.“, meinte Joey genervt mit den Augen rollend. Der Ältere war ja mal wieder so was von paranoid! „Wäre besser, weil ich dich sonst an die Leine legen werde.“, schmunzelte der Ältere belustigt, weil Wheeler jetzt schon selbst Hunde-Assoziationen erwähnte. Dieser knurrte daraufhin mürrisch, da ihm plötzlich auch aufgefallen war, dass er gerade eine gute Vorlage für den Größeren geschaffen hatte. „Haben wir’s dann?“, erkundigte sich Joey, da er heute ja noch mehr vorhatte. „Sobald du alles unterschrieben hast. Das betrifft die Einverständniserklärung für das geteilte Sorgerecht, die Hausordnung und unsere Vereinbarungen, die wir bei Gelegenheit noch weiter ausbauen können.“, erinnerte Kaiba den Blonden und griff zu seinem Drucker hinüber, um den frisch ausgegebenen Vertrag daraus zu entnehmen und seine eigene schwungvolle Unterschrift darunterzusetzen, bevor er sie dem Anderen hinüberschob. Schnell las sich der Jüngere noch einmal alles durch, um sicherzugehen, dass der Brünette nichts vergessen oder gar abgeändert hatte. Wer war jetzt paranoid…? Kaiba wartete geduldig, bis der Jüngere mit Lesen fertig war, da er selbst es nicht anders gehandhabt hätte. „Es sollte alles enthalten sein:   1. Yuuki bekommt den Nachnamen „Kaiba“.   2. Wir sprechen mit keinem, dem wir nicht vertrauen, über die ganze Sache oder auch nur über die Beteiligten.   3. Statt Unterhalt zu zahlen, verbringst du deine Zeit mit dem Kleinen.   4. Yuuki geht in eine Kita, die ich noch aussuchen werde.   5. Du holst ihn täglich ab und bringst ihn zu uns nach Hause.   6. Du darfst uns unglaublicher Weise auch an den Wochenenden belästigen.   7. Jeden Nachmittag innerhalb der Woche und wann immer Yuuki sonst Lust hat, bekommt er Unterricht von mir.   8. Mein vertrauter Anwalt übernimmt die Zahlungen als „Patenonkel“, um die Verwandtschaft geheim zu halten und erhält auch das Kindergeld.“   , ratterte der Blauäugige alles aus dem Gedächtnis runter. Bei jedem vorhandenen Punkt hatte Joey zustimmend genickt, musste nun aber doch noch etwas bemängeln: „In der Aufzählung fehlt eigentlich nur noch, dass ich einen Wunsch bei dir frei habe.“ „Das kannst du dir doch sicher auch so merken.“, meinte der Ältere und konnte ein Augenrollen nicht vermeiden. „Ich schon. Aber ich fürchte, bei dir könnte das Gedächtnis im entscheidenden Moment nachlassen.“, meinte der Blonde bestimmt und musterte den Anderen misstrauisch. Mühsam um Fassung bemüht, schloss der CEO seine Augen und atmete einmal tief durch. „Wheeler…unterstellst du mir gerade allen Ernstes, ich würde meine Versprechen nicht halten?“ Der Blick, der den Jüngeren diesmal aus den blauen Augen traf, ließ diesen hart Schlucken, zumal selbst die Brille diesem nichts von seiner Schärfe  nehmen konnte. „Das nicht unbedingt.“, meinte Joey schnell und leckte sich etwas nervös über die trockenen Lippen. „Aber ich weiß, wie du meist auf meine Person reagierst. Und da die Sache mit dem Wunsch nur ein Zusatz war und nicht wirklich etwas mit Yuuki zu tun hatte, fällt er für mich eher in die Kategorie „Unsere sonstigen kleinen Streitigkeiten“, wie du es vorhin so schön genannt hast.“, rechtfertigte er seine Äußerung und sah dem Größeren dabei fest in die Augen. Der Firmenchef atmete noch einmal kontrolliert aus, bevor er das Wort an den Blonden richtete. „Wie es scheint, sollte ich für unsere zukünftigen Aufeinandertreffen etwas klarstellen: Wenn ich ein Versprechen gebe, dann gedenke ich dieses auch einzuhalten, egal um wen es sich dabei handelt oder welchen Umgang ich normalerweise mit demjenigen pflege. Verstanden?“, wollte der Brünette mit schneidender Stimme und eisigem Blick wissen. Offensichtlich war er mächtig angepisst, weil der Jüngere seine Integrität in Zweifel zog. Etwas widerwilligt nickte der Jüngere, da er Standpauken schon in der Schule gehasst hatte. Und diese war auch noch von Kaiba! Aber gut. Vielleicht hatte der Ältere ja Recht und er hätte ihm etwas mehr Anstand zutrauen sollen. Aber hey! So undurchsichtig wie Kaiba sich immer gab und so ätzend wie er sich ihm oftmals gegenüber verhalten hatte, woher hätte er das da bitte wissen sollen? Bloß weil der Größere vorher einigermaßen zuvorkommend gewesen war, bedeutete das schließlich nicht, dass dieser Zustand auch bis zum Schluss anhielt. „Fein. Also kann ich davon ausgehen, dass du dich noch daran erinnern wirst, wenn ich dann mal deswegen auf dich zukomme.“, schlussfolgerte Joey und unterschrieb die drei Schriftstücke. „Ja.“, erwiderte der Brünette kurz angebunden und sah den Jüngeren weiterhin mehr als verstimmt an. „Gut, dann werd ich jetzt gehen. Ich will wie versprochen noch zu Yuuki.“, teilte der Braunäugige dem Größeren um Frieden bemüht mit und stand auf, um sich erst mal ausgiebig zu strecken. Die ganze Sitzerei hatte seine Glieder ordentlich ermüdet. „Hattet ihr eigentlich gestern noch Probleme mit dem Radio?“, erkundigte sich Joey ehrlich interessiert. „Nein. Mein einziges Problem bist du.“, entgegnete der Brünette trocken und war ganz offensichtlich noch nicht dazu bereit, über den Fauxpas des Jüngeren hinwegzusehen. Kurz erwiderte Joey stumm den Blick des Älteren, bevor er sich umdrehte und auf die gewaltige Bürotür zuging. „Du wirst mich trotzdem nicht mehr los.“ „…Ich weiß.“ Kapitel 5: Überraschungsbesuch ------------------------------ Es war jetzt eine Woche her, dass Joey seinen Sohn kennengelernt hatte. Seitdem war kein Tag vergangen, an dem er ihn nicht besucht hätte, auch wenn es manchmal nur für eine halbe Stunde möglich gewesen war. Mit Begeisterung hatte Yuuki ihm in der Zeit seine technischen Basteleien vorgeführt, sodass der Braunäugige immer nur staunend danebenstehen und ungläubig den Kopf schütteln konnte, da er selbst leider nicht allzu viel davon verstand. Mehr Spaß hatte da schon das Versteckspielen gemacht, wobei der Kleine den älteren Blondschopf immer ziemlich schnell gefunden hatte, da er die Wahrscheinlichkeit von Joeys Wahl einfach berechnet hatte. Der Braunäugige würde diese Fähigkeit ja fast schon als Mogeln bezeichnen, wenn es sich nicht gerade um seinen Sohn handeln würde. Außerdem war es einfach zu süß, wie sehr der Knirps sich freute, wenn er mit seiner Vermutung Recht gehabt hatte und gegen dieses fröhliche Kinderlachen war der 19-jährige einfach machtlos. Joey musste nur aufpassen, dass dem Kleinen die Erfolge nicht zu Kopf steigen und er irgendwann vielleicht zu genauso einem überheblichen Besserwisser wie sein anderer Elternteil mutieren würde. Apropos Kaiba: Den hatte der Blonde zuletzt vor sechs Tagen gesehen, als der Arsch es doch tatsächlich gewagt hatte, am Sonntag noch vor ihm bei Yuuki zu sein! Der feine Herr war natürlich mit seinem Luxus-Schlitten gefahren, während der Blonde sich auf seinem alten Drahtesel den ganzen Berg hinauf abgestrampelt hatte! Noch immer knurrte Joey verärgert, wenn er daran zurückdachte. Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn der alte Kotzbrocken ihm angeboten hätte, ihn mitzunehmen, da sie ja offensichtlich den gleichen Weg gehabt hatten… Dafür erinnerte er sich aber mit Genugtuung an seine kleine Revanche von Dienstagnacht:     - Rückblick -   Voller Vorfreude grinste der Blonde hämisch, als er noch einmal auf die Zeitanzeige seines Handys blickte. Ja, 3:10 Uhr schien ihm eine gute Zeit zu sein, um den reichen Schnösel mit dem Klingelton zu belästigen, den dieser sich selbst ausgesucht hatte. Und warum sollte nur Mister Möchtegern-Allmächtig das Recht haben, ihn aus dem wohlverdienten Schlaf zu reißen? Eben! Dafür war der Braunäugige sogar freiwillig so früh aufgestanden, nur um dem Anderen mal zu demonstrieren, wie das war. Flugs suchte er den Brünetten aus seinen Kontakten heraus und wählte die Nummer, um anschließend noch immer grinsend dem in diesem Moment gar so lieblichen Tuten zu lauschen. Bereits nach dem zweiten Klingeln wurde abgenommen. „Wheeler…“, erklang die dunkle, etwas raue Stimme des Verschlafenen und bescherte dem Braunäugigen einen überraschend angenehmen Schauer. „Ich hoffe für dich, dass zumindest dein Haus brennt, sonst Gnade dir Gott, denn ich werde es nicht tun!“, versprach Kaiba und man konnte selbst durch das Telefon die Zähne des anderen knirschen hören, so sauer war dieser. „Ähm..nicht ganz. Aber mir brennt da etwas unter den Nägeln. Zählt das auch?“, wollte Joey nun doch etwas verunsichert wissen. „Was willst du, Köter?“, ignorierte der aus dem Schlaf gerissene die Frage und stellte dafür unfreundlich seine eigene. Scheinbar hatte der Brünette gerade noch weniger Geduld als üblich, sonst hätte er jetzt sicher einen blöden Spruch auf seine Kosten gemacht. „Genau darum geht es. Ich möchte, dass du mich in Yuukis Gegenwart nicht als „Köter“ oder ähnliches beschimpfst oder mich sonst irgendwie mit einem Hund vergleichst.“, forderte der Blonde schließlich, da er nicht wollte, dass sein Sohn ihn wegen dieser Sprüche irgendwann vielleicht nicht mehr ernst nahm. Kurz war es still in der Leitung. „Und wegen so etwas Belanglosem störst du mich mitten in der Nacht? Hättest du mich das nicht auch am Tag fragen können?“, wollte Kaiba genervt wissen, da das in seinen Augen natürlich nicht wichtig war. „Nein, kann ich nicht. Schließlich wirst du haufenweise Termine vorschieben, die wichtiger sind als das.“ „Ich muss keine Termine vorschieben. Stell dir vor, die habe ich tatsächlich. Und  ich wüsste nicht, warum mich deine kleinen Sorgen interessieren sollten.“ Wütend knurrte der 19-jährige in den Hörer. „Na, hör mal! Bloß weil du so ein überdimensioniertes Ego hast, bedeutet das schließlich nicht, dass die Interessen anderer Leute weniger wert sind. Außerdem geht es hierbei nicht nur um mich. Du weißt doch sicher, dass Kinder es sich zunutze machen, wenn die Eltern sich nicht einig sind.“, appelierte der Blonde an den Verstand des Anderen. „Und du wirst dich doch wohl kaum von dem Kleinen an der Nase herumführen lassen wollen. Deshalb schlage ich einen Waffenstillstand vor: Ich bin netter zu dir und du zu mir, sodass Yuuki nicht denkt, irgendeiner von uns wäre das schwache Glied in der Kette.“ „Es ist ja wohl klar, dass du das schwache Glied bist.“ „Was soll das heißen?! Und darum geht es überhaupt nicht.“, knurrte der Jüngere abermals aufgebracht. „Fein. Du willst also, dass wir zukünftig auf Beleidigungen in Yuukis Gegenwart verzichten. Und du meinst, das schaffst du?“, wollte der Brünette skeptisch wissen. „Wenn du mich nicht ständig reizt, dann sicher.“, erwiderte Joey bestimmt. „Solange Yuuki es also mitbekommen könnte, soll ich nicht darauf reagieren, wenn sich ein Kommentar geradezu anbietet.“, stellte der Ältere noch einmal nüchtern fest. „Du hast es erfasst.“, bestätigte der Blonde nickend, auch wenn Kaiba das nicht sehen konnte. „Ich seh noch nicht, wo da der Vorteil für mich ist.“, musste der Blauäugige bemerken und ließ sich wieder zurück in sein Bett sinken. „Es gibt ja auch keinen. Sieh es als meinen Wunsch an, den ich frei habe.“ „Hm..früher als erwartet. Also gut, ich werde mich zurückhalten und dem Jungen seine Illusionen von dir lassen.“, versprach der Brünette und warf einen kurzen Blick auf seinen Wecker. „Kann ich dann endlich weiterschlafen oder hast du noch mehr Mitteilungsbedarf?“, fragte Kaiba süffisant. „Also, wenn du so fragst…“, hob der Jüngere an, hörte da aber schon das monotone Tuten in der Leitung.   - Rückblick Ende -     Noch immer musste Joey mit dem Kopf schütteln, sobald er daran dachte, dass der Ältere einfach aufgelegt hatte. Das war so typisch Kaiba, dass er es eigentlich hätte ahnen müssen. Nebenbei bemerkte er, dass ein paar der Kunden ihn mit merkwürdigen Blicken ob seines so häufig wechselnden Mienenspiels bedachten, da er gerade im Bio-Laden stand und Ware in die Regale sortierte. Ertappt lächelte der 19-jährige den Leuten verlegen zu. Eigentlich mochte er ja die Samstags-Schichten, da er an diesen Tagen vorher nicht schon im Ausbildungsbetrieb gewesen war und somit noch mehr Energie hierfür hatte. Allerdings konnte er in Zukunft samstags nicht mehr ausschlafen, da er seit heute immer morgens mit der Arbeit begann, um den Rest des Wochenendes mit seinem Sohn verbringen zu können. Aber die Aussicht darauf, trieb ihn schon frühzeitig aus dem Bett. Auch freute er sich schon sehr darauf, wenn er den Kleinen bald aus der Kita abholen können würde. Nicht ohne Stolz dachte der Blonde daran, dass er den alten Griesgram dazu hatte überreden können, diesem - seinem - Wunsch zu entsprechen. Das konnten schließlich nur die Wenigsten von sich behaupten! Gerade als er gut gelaunt neue Tomaten in den Korb der Auslage legte, hörte er auf einmal einen freudigen Ausruf und spürte kurz darauf, wie sich kleine Ärmchen um sein Bein schlangen. Etwas erschrocken und auch verwundert schaute der Blonde an sich hinab, um das so plötzlich aufgetauchte Klammeräffchen identifizieren zu können. „Hallo, Papa!“, begrüßte ihn sein Sprössling freudestrahlend. „Hab ich dich erschreckt?“ „Yuuki!“ Freudig überrascht ließ Joey die Tomaten stehen und beugte sich hinunter, um den kleinen Blondschopf hochzuheben und herzlich an sich zu drücken. „Was machst du hier?“, wollte der Braunäugige trotz aller Freude dann aber doch wissen. Er konnte sich schließlich nicht vorstellen, dass der Kleine plötzlich einfach ausgebüchst war. „Wir haben ihn vorhin abgeholt. Und er hat sich so darauf gefreut, dich zu sehen, dass er schon aus dem Auto gehüpft ist, kaum dass wir angehalten hatten. Wir werden wohl zukünftig ein Schloss am Kindersitz anbringen müssen.“, erklang da die lachende Stimme einer bekannten Person hinter ihm. Noch immer mit Yuuki auf dem Arm drehte der Blonde sich zu dem Sprecher um und erkannte neben Mokuba auch dessen großen Bruder. „Was heißt „Ihr habt ihn abgeholt“? Das mit dem Sorgerecht kann doch unmöglich schon durch sein. Die Beantragung ist schließlich noch nicht mal eine Woche her.“, wollte Joey ungläubig wissen. „Du vergisst, von wem du sprichst.“, erwiderte der ältere Kaiba und hob bedeutungsvoll eine Augenbraue. Verblüfft fiel Joey auf, dass er das tatsächlich für einen Moment vergessen hatte und erinnerte sich plötzlich auch wieder an die „Geldspende“ des Älteren, die den Vorgang ja hatte beschleunigen sollen. „Oh, bitte entschuldige, dass ich im Maßstab von uns Normalsterblichen gedacht habe.“, meinte der Jüngere daraufhin übertrieben theatralisch. „Dir sei verziehen.“, erwiderte der Größere gönnerhaft und nickte dem Anderen dabei wohlwollend zu. Augen verdrehend wandte Joey sich wieder an seinen kleinen Sohn, den er noch immer im Arm hielt. „Das ist ja eine schöne Überraschung, dass ihr mich hier besucht.“, gab er lächelnd zu. „Nachher wollte ich eigentlich noch zu dir, aber womöglich habt ihr schon was vor?“ Fragend wanderte der Blick des Blonden zurück zu dem jungen Firmenleiter. Doch bevor dieser darauf antworten konnte, plapperte der Jüngste in der Runde bereits begeistert los. „Papa Seto will mir seinen Vergnügungspark zeigen. Da kann man mit gaaaanz tollen Sachen fahren, weißt du?“ Freudestrahlend warf der Junge dabei seine Ärmchen in die Luft, um zu zeigen, wie toll die Sachen doch waren. Schnell hielt der Braunäugige das Kind etwas fester, damit es ihm nicht plötzlich aus den Armen fiel. Etwas überrumpelt nickte der Angesprochene zustimmend. „In Kaiba Land gibt es wirklich eine ganze Menge zu entdecken. Ich war vor ein paar Jahren mal mit meinen Freunden da.“, erzählte der ältere Blondschopf, während er in die vor Vorfreude strahlenden blauen Augen seines Kindes sah. „Du wirst sicher eine Menge Spaß dort haben. Allerdings werden wir uns heute dann wohl leider nicht mehr sehen können, da man von dort nicht so schnell wieder weg will.“, erklärte der Braunäugige schließlich mit einem bedauernden Lächeln, da er nun doch keine Zeit mit Yuuki verbringen können würde. „Komm doch einfach mit. Wir laden dich ein.“, meinte da Mokuba plötzlich und ignorierte einfach rigoros den mahnenden Blick seines älteren Bruders, der bei dessen Vorschlag abrupt den Kopf in Richtung des Schwarzhaarigen gewandt hatte. So etwas konnte sich auch wirklich nur Mokuba ungestraft erlauben. Scheinbar war er noch nicht ganz seiner rebellischen Phase entwachsen. „Au ja! Das wird bestimmt noch lustiger!“, pflichtete der Jüngste natürlich gleich bei, während sein anderer Erzeuger mühsam beherrscht die Augen schloss und sich genervt die Schläfe rieb, als würde er Kopfschmerzen bekommen. Da der Brünette aber sonst nichts weiter sagte, erlaubte sich Joey ein vorsichtiges Lächeln. „Also wenn ich wirklich mit darf, sag ich natürlich nicht „Nein“.“, nickte er schließlich, warf aber sicherheitshalber doch noch einmal einen prüfenden Blick zu dem ältesten Kaiba. Dieser hatte seine Augen bei Joeys Antwort wieder geöffnet und erwiderte genervt den Blick des Jüngeren. Als ob er es dem Anderen jetzt noch verwehren könnte, wo er doch längst überstimmt war und Yuuki sich gerade voll überschwänglicher Begeisterung an den Blonden drückte. Wider aller Erwartungen war er ja schließlich kein Tyrann. Zumindest nicht privat. „Sehr schön.“, meinte Mokuba zufrieden. „Bis wann arbeitest du noch? Dann holen wir dich ab und können anschließend gleich los.“ „Das klingt gut. Meine Schicht geht noch bis 12 Uhr.“, stimmte der ältere Blonde gut gelaunt zu. Das rettete ihm doch glatt den ganzen Nachmittag. Verstehend nickte der Jüngere und streckte seine Arme nach seinem kleinen Neffen aus. „Komm, Yuuki. Wir schauen mal, was wir Leckeres für‘s Abendessen finden.“ Begeistert von dieser Idee, da er mit entscheiden durfte, ließ der Dreijährige sich bereitwillig von seinem Vater auf dem Boden absetzen, griff nach der Hand des Älteren und zog diesen sogleich zu einer Auslage mit lustig aussehendem Gemüse. Kurz sah Joey den beiden nach, bevor er sich an den Blauäugigen wandte und diesen verwundert fragte: „Ihr kocht selbst?“ Jetzt schon wenig an der Unterhaltung interessiert warf der Angesprochene dem Blonden nur einen kurzen Blick aus dem Augenwinkel zu, bevor er sich wieder auf seinen Bruder und seinen Sohn konzentrierte. „Selten.“, fiel daher auch die knappe Antwort aus. Wobei es schon ein Wunder war, dass er überhaupt eine bekommen hatte. Der Andere schien immer noch nicht gut auf ihn zu sprechen zu sein. Aber, um ehrlich zu sein, wann war er das jemals? „Mit euren Kochkünsten ist es wohl nicht so weit her, weshalb ihr das Risiko einer Lebensmittelvergiftung nicht so oft eingehen wollt?“, konnte der Jüngere es sich nicht verkneifen grinsend zu fragen. „Pass bloß auf, Köter. Sonst kriegst du die Reste.“, kam es prompt zurück. Verärgert runzelte der Blonde die Stirn. „Wir hatten uns doch darauf geeinigt, dass du mich vor Yuuki nicht so bezeichnen wirst.“ „Das gilt nur, solange er es auch hören kann.“, bemerkte Kaiba mit einem fiesen Grinsen. Überrascht schnappte der Jüngere vor lauter Unglauben nach Luft. „Dann ergänze ich hiermit, dass es auch keine Beleidigungen gibt, solange er in Sichtweite ist.“, forderte Joey und verschränkte bestimmend die Arme vor der Brust. „Zu spät. Dein Gefallen ist bereits zu den vorher genannten Bedingungen eingelöst worden.“ „Du verlogener…“ „Ich kann nichts dafür, wenn du dir vorher nicht genug Gedanken über deine Forderungen gemacht hast.“, wiegelte der junge Firmeninhaber ab. Noch bevor der Blonde etwas wenig Schmeichelhaftes darauf erwidern konnte, hörte er die Stimme seines Chefs nach ihm rufen. „Katsuya!“ Ertappt drehte sich der Gerufene nach diesem um und erwartete einen bösen Blick, da er schon seit einigen Minuten nur herumgestanden und gequatscht hatte. „Komm schon, Junge, die neue Lieferung ist da.“ Durch die Reihen von Regalen näherte sich ein klein gewachsener, älterer Herr, der mit seinem lauten Ruf auch die Aufmerksamkeit der Kunden auf sich gezogen hatte. Verwundert sahen auch Mokuba und Yuuki zu ihnen herüber, was Joeys Chef, Herr Yamamoto, jedoch nicht weiter zu stören schien. „Das ist super!“, antwortete der Blonde ehrlich erfreut. „Ein paar Kunden hatten bereits gefragt, wann wir die neue Ware bekommen. Ich werde sie gleich durchsehen und dann einräumen.“ „Gut.“, nickte Herr Yamamoto zustimmend, bevor ihm plötzlich das Kind auffiel, welches wieder näher gekommen war und sich nun schüchtern an die Beine des älteren Blonden drückte, während es sich mit einer Hand an dessen Hosenbein festhielt. Irritiert blinzelte der ältere Mann und schaute mehrfach zwischen Vater und Sohn hin und her. „Ist das dein Junge?“, wollte er schließlich interessiert wissen. „Ähm..ja.“, gab der Braunäugige zu und rieb sich wie immer etwas verlegen lächelnd über den Hinterkopf. „Ich wusste gar nicht, dass du ein Kind hast.“, bemerkte sein Chef verwundert und musterte Yuuki wieder nachdenklich. „Na ja. Immerhin hat die Schnalle dich nicht angelogen, so ähnlich wie dir der Kleine sieht.“, meinte Herr Yamamoto und bemerkte dabei gar nicht, wie sein Angestellter plötzlich rot anlief. Joey wurde ein bisschen anders bei dem Gedanken daran, dass Kaiba alles hören konnte, wo dieser doch gleich neben ihm stand. Wobei auch streng genommen der Jüngere die besagte „Schnalle“ war… „Ich sag es ja immer wieder: Verlass dich bei der Verhütung nie auf Frauen. Benutz immer Kondome! Den ganzen Ärger ist das bisschen Spaß nicht wert.“, lamentierte der Inhaber weiter, wobei dem Blonden jetzt auch noch am ganzen Körper vor Scham heiß wurde. Welcher Spaß denn bitte?! Der einzige Spaß, der Kaiba und ihn je verbunden hatte, waren ihre gelegentlichen Duelle gewesen, wenn er den Größeren überhaupt dazu hatte bewegen können. Ansonsten fielen ihm nur noch ihre regelmäßigen Wortgefechte ein, bei denen es so manches Mal durchaus hitzig zugegangen war. „Und nun komm, damit wir rechtzeitig fertig werden.“, riss Herr Yamamoto seinen Angestellten aus dessen Gedanken und machte sich bereits auf den Weg ins Lager. Peinlich berührt wandte der Blonde sich wieder den anderen zu. „Tja…ich werd‘ dann mal, Leute. Wir sehen uns ja nachher.“, erklärte er immer noch etwas verlegen und konnte Kaiba dabei nicht in die Augen sehen. Stattdessen beugte er sich flugs zu seinem Sohn hinunter und strich diesem liebevoll über den kleinen Blondschopf. „Bis nachher. Ich freue mich schon auf unseren gemeinsamen Ausflug.“, lächelte er den Kleinen an und erhob sich wieder. „Warum hat dein Chef dich vorhin „Katsuya“ gerufen?“, wollte Mokuba noch verwundert wissen, während er Yuuki schon mal vorsorglich wieder an die Hand nahm. „Ach das.“, winkte Joey lässig ab. „Herr Yamamoto hat es nicht so mit ausländischen Sachen, weswegen er mir kurzerhand diesen Namen verpasst hat. Das stört mich aber nicht weiter. Immerhin bin ich schon froh, dass er mich trotz meiner blonden Haare eingestellt hat.“, grinste er fröhlich und hob die Hand zum Abschied, bevor er sich umwandte und nun seinem Chef schnell in den hinteren Teil des Ladens folgte. „Bis nachher, Papa.“, rief Yuuki dem Braunäugigen noch winkend hinterher. „Wir sollten dann auch mal schauen, was wir noch mitnehmen, damit wir nachher nicht hetzen müssen.“, dirigierte der Schwarzhaarige seinen Neffen langsam wieder hinüber zum Gemüse. Joey hörte noch, wie der Kleine plötzlich fragte: „Onkel Mokuba, was ist denn eine Schnalle?“ „Ein Schuhriemen.“, antwortete stattdessen der junge Firmenleiter trocken. Er konnte nicht riskieren, dass sein Bruder womöglich rumstotterte und Yuuki so merkte, dass da noch mehr dahinterstecken könnte. Dafür war sein Sohn einfach zu clever. „Und Kondome?“ „Luftballons für Erwachsene.“ „Warum nur für Erwachsene?“ „Weil die sich ganz schwer aufpusten lassen.“ Halb belustigt, halb verzweifelt, da er Kaibas eisige Blicke im Rücken spüren konnte, biss sich Joey auf die Unterlippe. Das würde der Ältere ihm sicher doppelt heimzahlen! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)