Servant Stories von Erenya ================================================================================ Kapitel 2: Charles "Der Hammer" Martel -------------------------------------- Niemand hatte je etwas von ihm erwartet. Er war niemand, den irgendeine Person je auf dem Plan hatte, große Dinge zu leisten. Sein Name war eigentlich seit seiner Geburt nie dazu bestimmt in die Geschichte einzugehen. Und doch, hatte er ihnen allen das Gegenteil bewiesen. Er, von dem Niemand etwas erwartet hatte, war gestorben und zu einem Heldengeist geworden.   **~~**   Sein Blick ruhte ruhige auf der Person hinter den Gittern. Er konnte spüren, dass diese Person ihn hasste und leider war sie manipulativer als er, sonst hätten sie sich nicht auf dieser Seite des Gefängnis wieder gesehen. „Wie geht es Theudobald?“, fragte er ruhig ohne seine Blicke von der Person auf der anderen Seite zu nehmen. „Sei still, Sohn einer Hure!“ Er zuckte nicht zusammen, als sie ihren Fächer gegen die Gitterstäbe schlug und damit einen widerlichen Klang der Verachtung erzeugte. Dennoch wurde ihm bewusst, dass er wohl keine Antwort auf seine Frage bekommen würde. „Wieso hast du Angst vor mir? Glaubst du ich würde den Willen meines Vater anzweifeln? Glaubst du, ein Titel ist mir so viel wert?“ Er konnte sehen, wie sich ihr Gesicht zu einer Fratze verzog. Dieses Gesicht, dass sein Vater wohl einst geliebt hatte und ihn so sehr hasste, dass sie in hinter Gittern gesteckt hatte. „Sei ruhig! Jemand wie du, der nichts anderes kann als Krieg zu führen, ist eine Gefahr und diese Gefahr muss man ausschalten!“, keifte sie und schlug mit ihrem Fächer wieder und wieder gegen die Gitterstäbe. Doch er blieb ruhig und lächelte. „Dann, lass mich dir sagen, dass dieser Kerker mich nicht aufhalten kann, eine Gefahr für dich zu sein.“ Er sah sie wieder direkt an. Die Schläge stoppten und sein Gegenüber wich zurück. Er wusste, dass sie es spürte. Dass sie die Botschaft verstand.   **~~**   Ihre Hände klammerten sich in den Stuhl, während sie vor ihren Türen die Schlacht toben hörte. Sie konnte nicht glauben, was man sich erzählte. Er hatte sich befreit und wie eine üble Krankheit waren ihm Stück für Stück die Krieger gefolgt. Alles nur um sie zu vernichten? Nein, es konnte nicht sein, dass er mit seiner kleinen Armee gewinnen sollte. Sie hatte noch die Hilfe von Raganfried, dessen Männer gut ausgebildet waren und die ohne Unterlass versuchten diesen kleinen Widerstand von Verrätern nieder zu ringen. Vor ihren Toren tobte die Schlacht, innerhalb der Tore tat sie es ebenso. Wie hatte dieser Mann es geschafft? Nein, sie durfte nicht daran denken. Sie musste sich auf etwas anderes konzentrieren. Ihre Flucht, denn die Schlachten vor ihren Türen war zu nahe. Ruhig erhob sie sich von ihrem Platz und wandte sich ab. Sie würde den geheimen Gang für ihre Flucht nutzen. Ohne unnütze Laute zu machen, schritt zu zu den Vorhängen, hinter denen gut verborgen ihr Fluchtweg war. Sie schob diesen burgunderfarbenen Vorhang beiseite, tastete mit ihren Fingern nach dem Schalter und sah, wie die Tür sich aufschob. Sein Gesicht erschien vor ihr. In seinen blau-grauen Augen war kein Funken Hass zu sein, keine Wut. Es war dieselbe Ruhe, die sie in seinem Kerker immer gesehen hatte. Und doch waren es diese Augen, die ihr Angst bereiteten. Diese Augen, von denen sie wusste, dass sie die letzten waren, die sie sehen würde.   **~~**   Sein Blick ruhte ruhig auf das Schlachtfeld von Soisson vor sich. Zahlenmäßig waren sie unterlegen, doch im Kampf ging es nicht immer nur um die Anzahl der Männer einer Truppe, sondern viel mehr darum, wie begabt die Krieger waren, die die Schlacht ausfochten. Charles hatte bei jedem seiner Männer das Training bewacht. Sie alle, waren herausragende Ritter, mit dem Herz am rechten Fleck. Sie hatten auf die Tugenden geschworen, denen er sich ebenfalls vor vielen Jahren verschrieben hatte. „Das ist vorerst die letzte Schlacht. Vergesst nicht, dass wir nicht hier sind um unnötiges Blut zu vergießen.“ Es gab womöglich viel mehr Dinge, die er seiner Truppe nur zu gerne gesagt hätte. Viel mehr Dinge, die e noch nie ausgesprochen hatte, doch es waren Worte, die an dieser Stelle unnötig waren. Ihre Herzen schlugen im Einklang für dieselbe Sache. Das war das wichtigste, dass er für diesen Moment wissen musste.   **~~**   „Das ist ein Frevel! Blasphemie!“, schrie der Bischof und machte damit deutlich, dass es ihm nicht gefiel, als ein paar der Ritter von Charles goldenes Geschirr aus seinem Adelshaus schafften. Charles hatte nie verstanden, wozu die Bischöfe von goldenem Geschirr essen sollten, wenn ihre einzige Funktion die war, das Wort Gottes zu verkünden. „Ihr wagt es wirklich, unter der Krone, Gott seiner Besitztümer zu berauben?“ Charles seufzte, als er den gut genährten Mann ansah, der erbost über die Enteignung der kirchlichen Besitztürmer schien. Er hatte es eigentlich nicht anders erwartet. Wenn es sein musste, würde er sich wohl mit Gott persönlich anlegen, um ihm zu zeigen, dass er vom Weg abgekommen war. „Das sind nicht die Besitztümer Gottes, es sind notwendige Steuern, die es zu eurem Schutz braucht“, konterte er und machte damit deutlich, dass er nicht von seinem Weg abweichen würde. „Ihr vergreift euch auch an unserer Speisekammer?“ Panische Schreie beim Bishof, als er merkte, wie weit Charles bereit war zu gehen. Charles sah auf, zu einem seiner Männer, der zwei Säcke Getreide hinaus trug. Dahinter wurden ebenfalls zwei Säcke Getreide hinaus getragen. Wieso nur, hatte ein einzelner Bischof so viel? Charles hätte es ja verstanden, wenn es nicht nur eine Person in diesem Gebäude gegeben hätte. Aber das hier, war Verschwendung. Das Getreide würde verderben, bevor es überhaupt genutzt werden konnte. „Stiehlst du wirklich von Gott?“ Verwundert sah Charles hinab und erkannte ein Mädchen, dass an seinem Hosenzipfel zupfte. Ihr Gesicht war dreckig, die Kleidung zerschunden. Definitiv ein Mädchen der unteren Klasse. Sie wirkte abgemagert, was Charles Ansicht von dieser Kirche verstärkte. „Nein. Sag kleine Lady, gibt es etwas, dass du dir von Gott wünschst?“ Er beugte sich zu ihr runter, legte seine Hand auf ihr Haupt und strich sanft darüber. Sie würde nicht verstehen, warum er tat was er tat. Es war noch lange nicht genug. „Das Mama, Papa und großer Bruder nicht mehr hungern müssen!“, sagte sie sofort. Charles hatte es sich ja gedacht. „Hans, komm mal bitte her!“, rief er und wandte sich zu einem seiner Ritter, der gerade ein paar weitere Säcke Getreide aus dem Inneren der Kirche hervor holte. „Was gibt es, euer Gnaden?“, fragte der Angesprochene, dessen Gesicht unter dem Helm seiner Rüstung verborgen lag. Doch Charles wusste, dass seine blauen Augen ihn gerade fragend anblickten. „Könnt ihr einen Sack Getreide zu der Familie der Kleinen hier bringen? Sie wünscht sich von Gott, dass ihre Familie nicht mehr hungern muss. Meinst du nicht auch, dass Gottes Güter in der Lage sein sollten, ihr diesen Wunsch zu erfüllen?“ Charles sah, wie die Augen des kleinen Mädchens größer wurden. Vielleicht würde sie wirklich glauben, dass dies Gottes Wille war. Aber das war okay. Für Charles ging es nicht um Ruhm, Macht oder Ehre. Für ihn ging es nur darum, dass Unschuldige nicht länger leiden mussten. Weder unter der Gier der adligen Geistlichen, noch unter den gewaltsamen Eingriffen der anderen Armee.   **~~**   Er hatte sich unters Volk gemischt, nicht in seiner Rüstung, sondern in Arbeitskleidung gehüllt. Man hatte ihm von dem Prediger erzählt, der nicht nur leidenschaftlich, sondern auch aufrichtigen Herzens die Worte Gottes verbreitete und auch lehrte. Er wollte ihn sehen, wollte den Prediger reden hören und entscheiden ob er es sein würde, dem er seine volle Unterstützung zukommen lassen wollte. „Gott fordert nicht, dass ihr ihm euch vollständig hingebt. Er fordert auch nicht, dass ihr eure Habe gebt, damit eure Fehler verziehen werden. Gott in seiner Güte verzeiht euch, wenn ihr Sünden aufrichtig bereut. Und so sollten wir uns ein Beispiel nehmen an seiner Güte und auch die kleinen, weltlichen Sünden verzeihen, denen man auf seinem Weg unterliegen kann.“ Charles sah, wie sie an seinen Lippen hingen. Und er hatten wirklich Leidenschaft. Zumal er von einem Gott predigte, den Charles ebenfalls sah. Er hatte das Gefühl, dass dieser Mann predigte, um wirklich Gottes Worte zu verbreiten. Seine Sachen waren zerfetzt, seine Schuhe abgetreten und er schien so, dass er wirklich nur das Nötigste für alles hatte. Und doch schien er nicht unglücklich zu sein. Charles war, fasziniert und erfreut gleichzeitig, dass es solche Prediger gab. Solche Menschen konnten selbst in die unchristlichen Herzen das Wort Gottes führen. Wie eine Klinge, die das schlechte Recht machte, wenn es darum ging das Gute zu verteidigen. Und doch bereitete Charles etwas Sorgen. Solche Prediger, hatten keinen Schutz. Unter Umständen konnte es sogar passiert, dass sie vertrieben wurden. Das durfte nicht passieren. Nicht bei diesem Mann.   Er spürte wie seine Kehle trocken war und kramte daher in seiner Tasche, in der Hoffnung noch ein paar Münzen zu finden, von er sich ein kühlendes Getränk in der Schenke leisten konnte. Doch die gähnende Leere sagte ihm, dass er wohl bis zum nächsten Fluss warten müsste, um daraus etwas trinken zu können. „Prediger...“ Er sah auf, als ihn jemand ansprach und blickte in ein aufrichtig schimmerndes paar blaugrauer Augen. Kraft steckte in diesem Blick und auch eine Spur von Würde konnte er daran lesen. „Das war eine schöne Predigt. Lasst mich euch zum Dank in die Schenke einladen. Ihr habt sicher Durst. Seid heute bitte mein Gast.“ Es war wie ein Zeichen Gottes, dass dieser Mann der aufgetaucht war seine Not zu verstehen schien. Und doch haderte er und fragte sich, ob er dieses Angebot annehmen oder ob es den Worten seines Herren widersprechen würde. Sein Gegenüber schien sein zögern zu spüren, denn er setzte sich einfach auf den Boden und zog einen Trinkschlauch hervor, den er ihm reichte. „Ihr müsst die Einladung nicht annehmen, wenn euch dabei unwohl ist, aber erlaubt mir dennoch, euch etwas von meinem Wasser zu reichen.“ Es war eine Bitte, die er nicht ablehnen konnte, weswegen er nach dem Trinkschlauch griff und gierig ein paar Schlucke daraus nahm. „Wie ist euer Name, Prediger?“, fragte sein Gegenüber, dem er er den Trinkschlauch zurück gab. Er schien wirklich verwundert darüber, dass der Fremde so interessiert schien. „Bonifatius ist mein Name. Und wie ist eurer?“ „Charles Martel.“ Bonifatius Augen weiteten sich, als er den Namen seines Gegenübers hörte. Er zweifelte nicht einmal an der Richtigkeit von dessen Worten und doch konnte er es nicht glauben. Dieser Mann erschien so anders als die Bischöfe jener Orte, die er durchwandert hatte, mitgeteilt hatten. Doch dieser Mann erschien so anders als in den Erzählungen. „Was haltet ihr davon, wenn ihr die Worte Gottes in Gegenden tragt, die nur schwer zu betreten sind?“ Es kam vollkommen unvermittelt, das Charles ihn das fragte. Doch noch unvermittelter kam, als dieser ihm etwas entgegen hielt, dass er schon bei anderen Predigern gesehen hatte. Ein Schreiben der Sicherheit, ein Schreiben der Möglichkeiten, ein Schreiben, dass vielleicht ein Zeichen Gottes war, der wollte, dass noch mehr von seinen Lehren hörten.   **~~**   Die militärische Stärke war unglaublich. Viele hätten in Angesicht der 80.000 Mann wohl den Rückzug angetreten, doch Charles wandte nicht den Blick von den Arabern ab, die versuchten sich ihr Reich einzuverleiben. Seine Untertanen zu benutzen, sich an ihnen zu bereichern. Nein, das konnte und wollte Charles nicht zu lassen. Er hatte soviel getan, in Vorbereitung auf diesen Tag. Auch wenn seine 15.000 Mann mehr als unterlegen schienen, so hatte Charles nicht den Mut verloren. Mit Tugend, Würde und dem Wunsch unschuldiges Blut zu vermeiden, waren ihm seine Männer gefolgt. Und er wäre kein Ritter der Art, der sich zurückziehen und die anderen kämpfen lassen würde. Das alte Sparta hatte es bewiesen. Es brauchte keine Armee, sondern einfach Treue und unerschütterliche Ideale. Und doch, betrauerte er bereits jene Männer die fallen würden. Nicht nur auf seiner, sondern auch auf arabischer Seite. Doch das war unausweichlich. Charles umklammerte sein Schwert. Er müsste es nur ziehen und die Schlacht würde beginnen. Er selbst würde kämpfen und wenn es sein Untergang sein würde, dann war es wohl Gottes Wille. Doch er würde diesen Tod nicht fürchten, nicht hier, nicht heute und nicht solange es Menschen gab, die er beschützen wollte.   **~~**   Gregor der dritte schien wirklich verzweifelt, dass war Charles klar, als er die erneut ankommenden Geschenke des Papstes sah. Erneut mit einer Bitte um Hilfe gegen die Langobarden, die sich mehr und mehr Reich einverleiben wollten. Doch seines, Charles Gebiete, ließen sie in Ruhe. Immerhin hatte sie ein Bündnis geschlossen. Vielleicht fürchtete man auch einfach wozu Charles fähig war, denn die übermächtigen Araber hatte er besiegt und selbst danach hatte er weit aus mehr schlachten geschlagen. Doch es war nicht nur das Bündnis mit den Langobarden, welches Charles davon abhielt, sofort zur Tat zu streiten. Die Zeit hatte an seinem Körper genagt und tat es immer noch unaufhörlich. Es hatte nur neun Jahre gebraucht, um aus ihm, den Befreier des Abendlandes, mehr und mehr seiner Kraft zu berauben. Und doch, eine Fehlentscheidung in diesen Momenten, konnte dafür sorgen, dass er es sich mit dem Papst verscherzte. Dabei war es Gregor, der seinem Freund Bonifatius ebenfalls Unterstützung gewährte. Würde es Bonifatius Schaden sein? Oder würde Gregor Weise sein und erkennen, was für einen Wert der Prediger hatte? Charles wusste, egal wie er entschied, Bonifatius würde es ihn nicht verübeln und er selbst würde bei dem Prediger Busse tun und ihn mit allen möglichen Mitteln unterstützen.   **~~**   Sein Atem war schwer, als er im Bett geruhte und spürte, dass es nun wirklich vorbei war. Sein Blick wandte sich an seinen Sohn Pippin, der ihn entschlossen anblickte. Er musste hoffen, dass er seinem Sohn genug Tugenden mit gegeben hatte, um ihn siegreich zu machen. „Vater, du...“, Pippin stockte, umklammerte das Schwert, welches seinem Vater so treu in etlichen Schlachten gedient hatte. An der Scheide waren Kerben von Klingen, die ihn versucht hatten noch vor dem ersten Zug auszuschalten. Ebenso war das Schwert alt und doch, vielleicht in einem anderen Leben würde es ihm erneut gute Dienste leisten. „Glaube immer an deine Ideale... Und... rufe seinen Namen. Ich schenke dir, für dieses erste Leben, mein Noble Phantasm...“ Er spürte den Atem schwerer werden. Die Lippen fühlten sich taub, die Zunge schwer. Doch in Gedanken sprach er die Macht aus, die seine Siege errungen hatte. Frankiscas. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)