Servant Stories von Erenya ================================================================================ Kapitel 1: Paris, Prinz von Troja --------------------------------- Ein einzelner Moment kann wie eine endlose Ewigkeit erscheinen. Ein einzelner Moment reicht aus, um einen Menschen das ganze vergangene Leben erleben zu lassen. Ihm alle seine Fehler zu offenbaren, alle Erlebnisse, die einem plötzlich so falsch vorkommen. Alle Entscheidungen, die auf einmal angezweifelt werden, obwohl man sie just in diesem Moment, als man sie getroffen hat, mit dem Gefühl absoluter Richtigkeit getätigt hatte. Paris erlebte diesen endlos erscheinenden Moment, als Menelaos mit einer perversen Zufriedenheit vor ihm stand, das Schwert gezückt und bereit sich an dem Mann zu rächen, der ihn um das Elysium betrogen hatte. Er schloss seine Augen und wartete nur noch auf den Augenblick, an dem die Klinge Menelaos seinen Körper durchbohrte und ihn zu dem Helden der Geschichte machte, der ein ganzes Königreich in den Untergang geführt hatte.   **~~**   Er war stolz auf sich und vor allem auf seinen Bruder, den er von der Ferne still und heimlich beobachtete. Hektor konnte wirklich alles, auch wenn er hin und wieder etwas weniger lässig sein konnte. Bei Hektor sahen Probekämpfe immer so aus, als wären sie ein Kinderspiel und wenn Paris sich an ihnen versuchte, merkte er, wie viel Kraft und Ausdauer ihm fehlte, um so ein Krieger zu werden, wie sein Bruder. Paris verstand daher nicht, dass es nicht Hektor war, der die Nachfolge ihres Vaters antreten sollte und das obwohl dem Älteren immer der Thron zustand. Hektor aber hatte abgelehnt und gemeint, ihm fehle der Kopf dafür und das obwohl er politisch wesentlich fitter war, als Paris. Vielleicht, wollte sein älterer Bruder einfach nicht zu sehr im Mittelpunkt stehen? Paris verstand es nicht. Und doch, auch wenn Hektor den Thron ablehnte, alle Augen würden immer auf ihn gerichtet sein, selbst Paris würde immer nur ihn ansehen und danach streben, ein wenig wie sein großer Bruder zu sein, den er so liebte.   **~~**   Paris konnte seinen Augen nicht trauen, als er die Göttinnen vor sich stehen sah. Er kannte sie nur aus den Liedern, in denen man ihre Anmut, Schönheit und Weisheit besang, doch so leibhaftig vor ihnen zu stehen, war mehr als ein Sterblicher sich erhoffen konnte. Es war eine Ehre, dass der Göttervater Zeus, höchstpersönlich ihn dazu bestimmt hatte, darüber zu richten, welche der Göttinnen den Apfel erhalten sollte. Ihm, dessen Vater er so unliebsam war, weil Hektor in allem besser war. „Entscheide, Bursche, wem vom uns gebührt der goldene Apfel, auf dem geschrieben steht das er der Schönsten bestimmt sei?“, forderte Hera und reichte Paris den goldenen Apfel mit der Gravur. Es war seltsam, denn abgesehen von der Farbe und Gravur unterschied sich dieser Apfel nicht von den gewöhnlichen in der Welt der Sterblichen. Eigentlich war es fast schon lächerlich, dass die Göttlichen sich um so eine unbedeutende Kleinigkeit zankten. Und doch, Paris wollte seiner Aufgabe als Richter nachkommen. Er sah die Göttinnen an. Jede war wunderschön. Hera strahlte in ihrer Macht Anmut und Stärke aus, eine Art von Schönheit die viele Männer anzog, einfach um diese Frau zu unterwerfen, oder um den Kampf zu spüren, der es wert war gekämpft zu werden. Athene hingegen war wunderschön, weil sie klug war. Alles Wissen das es gab, schien in ihr vereint zu sein. Man konnte mit ihr sicher gute Gespräche führen, die weit über oberflächliches Gekicher hinaus gingen. Zu wissen, dass man mit dieser Frau jemanden hatte, der wusste was sie tat, war ein Schönheitsideal, dass weit über bloßes Aussehen hinaus ging. Und dann war da noch Aphrodite, deren Aussehen nicht nur in Lieder besungen, auf Amphoren verewigt oder viel zu harmlos beschrieben wurde. Sie war das Ideal einer jeden griechischen Frau. Ein Herz voller Liebe, ein Gesicht voller Perfektion. Paris fiel es schwer sich zu entscheiden, denn jede von war auf ihre Weise schön und keine von ihnen wollte er wirklich vor den Kopf stoßen. „Entscheide, Bursche. Wähle mich und ich gebe dir die Herrschaft über die gesamte Welt.“ „Was will er mit der Herrschaft über die Welt, Hera. Wenn er mich wählt, bekommt er Weisheit die über die eines Sterblichen hinaus geht.“ Es waren verlockende Angebote, das wusste selbst Paris. Zumal er sich mit diesen Geschenken den Respekt seines Vaters verdienen und noch dazu seinen Bruder übertrumpfen konnte. „Paris, lass dich von Macht und Weisheit nicht beeinflussen. Wir alle streben nach der Liebe und deswegen, wenn du mich wählst, schenke ich dir die Liebe der schönsten Frau der Welt.“ Paris Augen weiteten sich. So ein Geschenk zu erhalten. Die Liebe der schönsten Frau der Welt? Liebe für ihn, der nicht war wie Hektor, der verstoßen von seinem Vater war? Er sah auf den Apfel und wusste, wem er ihn geben würde. Er wusste, was er wollte, wonach sein Herz sich wirklich sehnte. Er streckte den Arm aus und reichte den Apfel Aphrodite.   **~~**   Er sah sie das erste Mal, mit Tränen verschmierten Gesicht, am kleinen Teich im Hofgarten des Menelaos. Sie war noch schöner als es die Geschichten sagten. Helena. Paris hatte nie verstanden, warum diese Schöne sich mit einem Mann wir Menelaos verheiraten lassen hatte. Doch er sah, dass dieser Mann nicht gut war. Ihre Arme waren übersät von blauen Flecken, die sich förmlich auf ihrer Porzellanhaut hervorhoben. Er ertrug ihre Tränen nicht und die Schmerzen, die sie erleiden musste, nur weil Menelaos ein grausamer Mann war. „Kann man deine Tränen irgendwie trocknen?“, fragte er, als er sich Helena genähert hatte. Sie schien nicht überrascht, als sie zu ihm aufsah und ihn in den Bann ihrer saphirblauen Augen zog. Sie waren wässrig und es kostete Paris einiges an Beherrschung, diese Frau nicht einfach in seine Arme zu ziehen und ihre jede einzelne Träne weg zu küssen. Und doch konnte er dem Drang sie zu berühren nicht vollständig widerstehen, weswegen er die Hand nach ihr ausstreckte und ihr sanft eine blonde Strähne ihres golden erscheinenden Hauptes aus dem Gesicht strich. „Bring mich hier weg“, flüsterte sie unter Tränen erstickt und schluckte schwer, wobei Paris sehen konnte, wie ihr zierlicher Hals rhythmische Bewegungen mit dieser einzigen Handlung tat. „Ich gebe dir alles, nur bring mich hier bitte weg, Paris“, flüsterte sie und erzeugte allein mit der Nennung seines Namens einen Schauer auf seinem Rücken. „Du weißt wer ich bin?“ „Nacht für Nacht, träumte ich von dir. Wir verbrachten Zeit an diesem Teich, du erzähltest mir Geschichten von deinem Bruder, deiner Heimat, deinen Reisen. Du hast dabei immer so glücklich ausgesehen.“ Paris schluckte schwer, denn die Träume, die er monatelang hatte, in denen er geglaubt hatte, von Aphrodite die schönste Frau der Welt gezeigt zu bekommen, waren weit aus mehr als nur Träume gewesen. „Es klingt vielleicht albern, Paris, aber in diesen Träumen habe ich mich in dich verliebt. Ich liebe dich, nicht Menelaos. Deswegen bring mich bitte hier weg.“   **~~**   Sein Vater war zum ersten Mal stolz auf ihn, als er gemeinsam mit Helena zurück nach Troja kam. Alle gratulierten ihn für diese Schönheit an seiner Seite. Paris war stolz und noch dazu verliebt in seine Helena. Er beobachtete sie immer, wenn er die Chance dazu hatte. Wie sie lächelte, wenn sie mit den anderen Frauen sprach, wie sie sich ihr Haar kämmte, bevor sie sich zu ihm ins Bett legte, wie sehnsüchtig sie ihn ansah, wenn seine Lippen nur wenige Zentimeter von ihren entfernt waren. Er liebte diese Frau mit allem was ihn ausmachte. Er hatte sie gerettet und sie hatte ihn gerettet. Sie in seinen Armen zu halten, ihren warmen Atem auf seiner nackten Brust zu spüren, jede Sekunde seines Lebens mit ihr verbringen zu können, ja all das bewies ihm, dass er richtig entschieden hatte. Und er dankte Aphrodite dafür, dass sie ihm die Schönste aller Schönen geschenkt hatte.   **~~**   „Priamos! Ich, Menelaos von Sparta bin hier um meine Frau Helena zurück zu fordern. Dein Bastard hat sie mir gestohlen und ich fordere seinen Kopf für diese Untat. Gib sie beide raus und wir werden Troja friedlich verlassen.“ Die Stimme Menelaos hallte an diesem Morgen durch alle Winkel Trojas. Es gab keine Menschenseele, die es nicht hörte. Paris wusste nicht, was er tun sollte, als er die zitternde Helena in seinen Armen hielt. Sie flehte, weinte und war verängstigt. Paris wollte sie unter keinen Umständen an Menelaos ausliefern. Was sein Vater und sein Bruder machten, stand aber auf einem ganz anderen Blatt Papier.   Die Schimpftiraden seines Vaters schienen kein Ende zu nehmen, als sich Paris vor diesem für sein Handeln verantworten musste. Und doch hatte Paris immer noch nicht das Gefühl, dass er etwas falsch gemacht hatte. „Mein Bruder, Hektor“, begann Paris, als er sich verteidigen sollte. Bewusst ignorierte er seinen Vater, denn den einzigen, vor dem er sich rechtfertigen wollte, den er nicht enttäuschen wollte, war sein großer Bruder. „Ich mag als Anwärter für den Thron vollkommen ungeeignet sein und sicher fehlen mir all die Fertigkeiten, die du Inne hast. Aber ich werde niemals eine Frau im Stich lassen die weint. Meine Ehre verbietet es mir.“ Er suchte den Augenkontakt mit seinem Bruder und hoffte, dass er verstand, was ihn bewegte. Wenn es einer konnte, dann Hektor, oder? Denn sein großer Bruder hatte ihn noch nie verraten. Er hatte immer große Stücke auf ihn gehalten. „Paris... du triffst Entscheidungen ohne daran zu denken, was sie für Auswirkungen haben. Deine Entscheidungen beeinflussen nicht nur dein Leben, sondern die Leben aller in deiner Umgebung.“ Paris Augen weiteten sich, als er hörte, was sein Bruder sagte. Es fühlte sich an, als würde ihm langsam, Stück für Stück der Boden unter den Füßen weggerissen werden. „Wenn wir Helena ausliefern und Menelaos über dich richten lassen, verlieren wir vielleicht höchstens ein paar Gebiete. Troja selbst bleibt aber sicher.“ Er sah, wie sein Bruder sich von ihm abwandte. Wie der Mann, den er sein ganzes Leben bewunderte, bereit war ihn zu opfern. „Aber, wir werden es nicht tun. Menelaos Armee scheint überlegen an Zahlen, aber wenn er den Krieg will, wird er lernen, dass Troja unnachgiebig ist. Er wird sich an unserer Armee die Zähne ausbeißen.“ Erleichterung. Nein, sein Bruder hatte ihn wirklich noch nie enttäuscht.   **~~**   Als Schütze die Armee des Menelaos zu dezimieren, das war das Mindeste, das Paris tun konnte. Noch dazu konnte er so Helena beschützen. Und dennoch, er spürte die vorwurfsvollen Blicke der anderen Soldaten. Sie alle dachten dasselbe. „Warum liefern wir ihn nicht aus?“ Sie schienen ihn dafür zu hassen, denn sie riskierten ihre Leben dafür, dass er die Frau des machtvollen Menelaos entführt hatte. Und doch Paris gab nicht nach. Paris wollte nicht aufgeben, solange es sein Bruder war, der an ihn glaubte. Noch dazu hatten sie nichts zu fürchten, denn Troja war dem Sieg so nahe. Es gab nichts, dass sie jetzt noch daran hindern konnte Menelaos Armee zu zerschlagen. „Ist das...“ Aufregung. Paris war verwirrt, denn die Armee seines Bruders wich plötzlich zurück. Was war da los? „Das ist doch Achilles!“, hörte er es von einigen Reihen weiter rufen. Paris beugte sich vor und sah auf das Schlachtfeld. Da sah er ihn. Den Unsterblichen. Schwerter streiften ihn, Speere durchbohrten seine Brust und doch kämpfte er weiter. Mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht schlug er Mann um Mann zu Boden. Seine Verletzungen schienen dabei nichts zu sein. Achilles der unsterbliche Krieger, der Menelaos zur Seite stand. Achilles, der von den Göttern gesegnete Kämpfer.   **~~**   „Hektor! Tu es nicht!“, forderte Paris eindringlich und sah seinen Bruder an, der sich gerade die Rüstung überstreifte und für sein Duell gegen Achilles bereit machte. Auch wenn Achilles versichert hatte, dass er seine Unsterblichkeit für dieses Duell ablegen würde, so fürchtete Paris doch um seinen Bruder. „Paris. In diesem Konflikt wird es keine Gerechtigkeit für dich geben. Niemand der Menelaos zur Seite steht, wird sich dafür interessieren, was er Helena angetan hat. Seine Armee und seine Verbündeten, werden angetrieben von der Missgunst, dass du ihr Herz erobert hast.“ Paris biss sich auf die Unterlippe. Er fragte sich, ob das wirklich genau das war, was er gewollt hatte, als er Aphrodite den Apfel gereicht hatte. Aber, sie hatte ihm Helena doch versprochen, oder? Also würde sie doch auch alles tun, damit alles zum Besten wurde, richtig? „Hektor... wenn drei Frauen dich bitten, der Schönsten von Ihnen einen goldenen Apfel zu reichen... wie würdest du entscheiden?“ Hektor sah auf und schien einen Moment über diese Frage nachzudenken. Paris wusste nicht, was in seinem Kopf vor sich ging. Er wusste es selten. „Ich würde den Apfel in vier Teile teilen. So dass jede der Frauen einen bekommen und das vierte Stück für mich, dass ich irgendwann vielleicht der Frau schenken würde, die für mich allein die Schönste ist.“ Paris schluckte schwer. Ja, so eine Entscheidung konnte wohl wirklich nur sein Bruder treffen.   **~~**   Paris empfand nur Hass, als er sah, wie Achilles den Körper seines verstorbenen Bruders an seinem Triumphwagen hinter sich her schleifte. „Da ist er, Troja, euer Held Hektor!“, rief er wieder und wieder. Paris hasste ihn... Paris hasste diesen Mann, der von den Göttern so gesegnet, so beschenkt worden war. Ihn hingegen hatten die Götter betrogen. Wie grausam mussten sie sein, dass sie Ihm seinen Bruder genommen hatten? Wie dumm war er gewesen, als er den Apfel nur einer Frau gereicht hatte. Wofür das alles? Und doch... Paris wollte seinen Bruder rächen. Seinen Bruder, der ihn zwar belehrt, aber niemals im Stich gelassen hatte.   **~~**   Man konnte Menelaos Grausamkeit seinen Frauen gegenüber vorwerfen, nicht aber Respektlosigkeit einem gefallenen Helden gegenüber. Er war es gewesen, der Achilles kindischem Spiel Einhalt geboten und den Trojanern Hektors Leichnam ausgehändigt hatte. Man sagte ihnen eine Trauerzeit von drei Tagen zu. Drei Tage, in denen Waffenstillstand herrschen sollte. Paris stand vor dem kalten Körper seines Bruders. Geschunden, beschmutzt und seiner Leistung entwürdigt. Paris hatte ihn verloren, die Person die er am meisten bewunderte, die ihn nie verraten hatte. Er hatte nicht nur Troja den Untergang geweiht, sondern auch das Todesurteil seines Bruders unterschrieben. „Hektor... du... du bist wegen mir...“ Er konnte die Worte nicht aussprechen, sondern klammerte sich an dem letzten verbliebenen Stück Würde, dass er noch hatte. Morgen würde man ihm die letzte Ehre eines trojanischen Helden überlassen. Paris hatte sich dazu bereit erklärt, seinen Körper zu waschen, ihn in die Gewandte zu kleiden, einfach damit er noch die letzten Minuten mit seinem Bruder verbringen konnte. Vorsichtig streifte er ihm die ledernen Armschützer ab. Immerhin unter der Kleidung war er nicht so beschmutzt. Dennoch, es war nur richtig ihn zu waschen und ihm einst die Reinheit seiner Lebzeiten zurück zu geben. Vorsichtig tunkte er das Tuch ins Wasser und fuhr über den Arm. Es war seltsam, denn dort unter den Lederschoner hatte sich eine blutige Kruste gebildet. Paris verstand das nicht. Wieder und wieder wischte er über die Kruste, wischte das Blut weg und nach einiger Zeit konnte er die Worte „Achilles Ferse“ lesen. Paris brauchte nicht lange, um zu verstehen, was das bedeutete. Selbst im Tod gab ihm Hektor noch die Möglichkeit seines und Helenas Leben zu retten.   **~~**   Achilles Lachen hallte über das schlafende Schlachtfeld. Niemand achtete darauf, was auf den Mauern Trojas von statten ging. Sie gingen wohl davon aus, dass alle so früh am morgen schliefen oder sich ihrer Verzweiflung ergaben, weil ihr Held gestorben war. Es war also der perfekte Moment für Paris, seine Rache zu bekommen. Mit geschulterten Bogen stand er auf den Mauern und sah hinab, zu den von den Göttern geliebten. „Ihr Götter... ich habe eurem Göttervater eine Entscheidung abgenommen... ihr habt mich betrogen, benutzt und bestohlen... Mein Bruder ist gefallen, weil man mir die Liebe der schönsten Frau der Welt versprach. Ihr habt euren Liebling in die Schlacht ziehen lassen und ihm gestattet den Körper meines Bruders zu schänden. Wenn ihr... wenn ihr auch nur einen Funken Anstand bei euch tragt, dann helft mit, meinen Bruder zu rächen.“ Paris wusste, dass er kein schlechter Schütze war, aber die Ferse eines Mannes zu treffen war mehr Glückstreffer, auch wenn sein Bruder das vielleicht geschafft hatten. Aber, sein Bruder war nicht mehr. Nur noch er, Paris stand hier. Er nahm seinen Bogen und spannte den Pfeil. Sein Atem war gleichmäßig, während er sein Herz und seinen Körper um Ruhe mahnte. Er hatte nur diesen einen Pfeil. Wenn der daneben traf, würde der Waffenstillstand beendet sein und Achilles würde Troja den Erdboden gleich machen. Dieser eine Pfeil musste sein Ziel treffen. Paris holte tief Luft, während seine Augen auf die Ferse fixiert waren. Er richtete den Pfeil in diese Richtung. Und plötzlich, hatte er die Sicherheit, dass er treffen würde. Er spürte die Wärme, die seine Hand ruhiger werden ließ. Er spürte diese Macht, die in den Pfeil floss. Genau jetzt wusste er, dass dieser Pfeil sein Ziel nicht verfehlen würde. Er musste nur die Worte sagen. „Apollonius Helios!“ Er entließ Pfeil, dessen helles Strahlen wie die Sonne wirkte. Sicher, zielgerichtet, Gerechtigkeit für Hektors Tod bringend.   **~~**   Auch wenn Achilles gefallen war, so war Troja dem Untergang nahe. Jeder wusste das und doch kämpfte sie verzweifelt gegen ihr Ende an. Paris jetzt auszuliefern, wäre sinnlos, denn der Boden vor Troja hatte zu viel Blut in sich aufgenommen. Es war nur noch eine Frage der Zeit, wie lange sie die Stellung halten würden. Paris wusste, dass er nicht mehr lebend aus der Sache raus kommen würde. Doch seine Helena, würde es. Niemals hätte Menelaos ihr auch nur ein Haar gekrümmt. Und doch, Paris wollte sich noch von ihr verabschieden und ihr erklären, wie leid ihm das alles tat. Sich entschuldigen, dass er sie nicht hatte retten können Die Tür erschien ihm schwerfälliger als sonst aufzugehen. So als wollte sie ihn vor dem Anblick bewahren, der hinter ihr verborgen lag. Er versteinerte, als er hinein blickte. Die Luft zum atmen blieb ihm förmlich weg. Selbst im Tod, war Helena die schönste Frau der Welt. Und wahrscheinlich war jede ihrer Bewegungen voller Anmut gewesen, als sie den Dolch zu ihrer Brust geführt hatte. Wie Rosenblütenblätter war ihr Blut um sie herum verstreut. Warum... Warum nur... Warum hatten die Götter ihn betrogen?   **~~**   Er hatte soviel falsch gemacht. Er bereute soviel. Hektor hatte Recht gehabt. Seine Entscheidungen waren nicht weit gedacht gewesen. Niemals hätte er gedacht, dass Helena ihn verlassen würde. „Paris, Prinz von Troja. Stirb mit der Gewissheit, dass du dein Königreich zerstört hast!“, lästerte Melenaos, als er ihn mit dem Schwert durchbohrte. Ja... er hatte Troja zerstört. Und es gab nur eine Sache, die er bereute... Dass er seine Fehler nicht wieder gut machen konnte. Wenn er doch nur einmal... noch einmal die Chance hätte... die Möglichkeit, sich einen Wunsch zu erfüllen... Ja, dann hätte er sie ergriffen. Nur einen Wunsch würde es brauchen, diesen verdammten, goldenen Apfel zu zerstören. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)