Persona: Another Mirror Story von ShioChan ================================================================================ Prolog: 0 - Der Velvet Room --------------------------- Ich höre eine sanfte Melodie. Eine Arie, die ich noch nie zuvor gehört habe. Der sanfte Klang des Klavieres und die liebliche Stimme, welche dazu erklingt, beruhigen mein Herz. So öffne ich meine Augen und muss blinzeln, als mich ein helles Licht blendet. Nachdem sich meine Augen an die Helligkeit gewöhnt haben sehe ich mich um. Ich stehe in einem großen Raum, welcher zu allen Seiten von Spiegeln umgeben ist, in denen ich mich selbst wiederfinde. Erstaunt bemerke ich, dass ich bereits meine neue Schuluniform trage, bestehend aus einer schwarzen Bluse, einem roten Faltenrock mit weißem Streifen und einer großen roten Schleife. Allerdings trage ich anstatt der Jacke der Uniform meine viel zu große, beige Strickjacke. Einmal um die eigene Achse drehend betrachte den Raum eingängig. Ich stehe auf einem dunkelblauen Teppich, in dessen Mitte ein großes goldenes V, umgeben von einem Lorbeerkranz, eingewoben ist. Erinnerungen an diesen Raum kommen in mir auf, welche ich noch aus meiner Kindheit kenne, denn damals hatte ich häufig Träume über diesen merkwürdigen, leeren und verspiegelten Raum. Und eigentlich hatte ich sie auch schon längst wieder vergessen, denn sie waren irgendwann wieder verschwunden. Bis jetzt… "Willkommen im Velvet Room.", lässt mich eine hohe männliche Stimme erschrocken herumfahren. Mein Blick fällt auf einen kleinen Mann mit grauem lichtem Haar und buschigen Augenbrauen, welche seine hervorstehenden Augen noch mehr zur Geltung bringen. Seine lange Nase sticht allerdings von allem am Meisten hervor und seine spitzen Ohren geben ihm etwas von einem Fabelwesen. Er sitzt auf einem mit blauem Samt bezogenen Sofa hinter einem Tisch, der mit einer ebenso blauen Tischdecke verziert ist, von welchem ich mich frage, wann er hinter mir erschienen ist. Immerhin war der Raum bis eben noch leer. Mit einem breiten Grinsen sieht der mysteriöse Mann mich an, während ich meinen Blick nicht von ihm wenden kann. "So setz dich doch, mein Kind. Wir haben einiges zu besprechen.", mit seiner rechten Hand macht er eine schwenkende Handbewegung und ich gehe einen Schritt zurück, als vor mir ein mit blauem Samt bezogener Stuhl auftaucht. Skeptisch betrachte ich den eben vor mir erschienen Stuhl, durch welchen ich meinen Blick von dem kleinen Mann abgewendet habe und setze mich dann. "Mein Name ist Igor. Es freut mich deine Bekanntschaft zu machen.", stellt sich der merkwürdige Mann vor, "Es ist schon einige Zeit her, seit wir einen Gast hier begrüßen konnten. Dieser Ort besteht zwischen Traum und Wirklichkeit, Geist und Materie und dies ist ein Raum, den nur diejenigen betreten können, die an einen Vertrag gebunden sind." "Einen Vertrag?", frage ich vorsichtig, da ich mich nicht erinnern kann etwas dergleichen geschlossen zu haben. Igor kichert, was sich eher wie ein Glucksen anhört: "Keine Sorge, dies wird dir noch früh genug offenbart. Dich umgibt ein außergewöhnliches Schicksal. Es war so etwas wie Vorsehung, dass wir uns hier und heute begegnen, Mika Tsukinashi." Mit großen Augen sehe ich Igor an. Woher kennt er meinen Namen? Immerhin habe ich ihn diesen nicht verraten. Igor grinst nur und ich habe das Gefühl, dass er genau weiß, was ich gerade denke. Doch er geht nicht darauf ein, sondern lässt nur einmal seine Hand über die blaue Tischdecke schweben, woraufhin zwei Tarotkarten erscheinen. "Lass uns doch einen Blick in dein Schicksal werfen.", sagt der kleine Mann und deckt die erste Karte auf, "Der Wagen in der aufrechten Position. Eine Leidenschaft treibt dich um, die du mit Risikobereitschaft erfüllen möchtest. Doch solltest du aufpassen, diese Bereitschaft nicht mit Leichtsinn zu verwechseln. Und was sagt uns die nächste Karte?" Die Karte deckt sich wie von Geisterhand selbst auf und lässt Igor kurz stocken, bevor er mit einem Kichern meint, wie interessant dies sei. Ich riskiere einen Blick auf die aufgedeckte Karte und merke, wie mir die Farbe aus dem Gesicht weicht, als ich die Karte des Todes vor mir liegen sehe, in umgekehrter Position. Viel weiß ich nicht über Tarot, allerdings ist mir bewusst, das Karten, die verkehrtherum aufgedeckt werden, nichts Gutes zu bedeuten haben. Immer noch kichert Igor und ich verstehe nicht, was er daran so witzig findet. Doch dann nimmt er das Gespräch wieder auf: "Keine Sorge. Die Karte des Todes ist nicht gleichbedeutend mit dem Tod. Aber sie verrät mir, dass du Angst hast was dich am Ende deiner Reise erwartet. Um es zusammenzufassen: Du bist mit einem ganz bestimmten Ziel hier her zurückgekehrt, doch fürchtest dich davor das Ergebnis deines Zieles zu erfahren. Das ist wirklich interessant... wirklich sehr." Noch einmal lässt er seine Hand über den Tisch gleiten und die Karten verschwinden wieder: "Du wirst bald deinem dir vorbestimmten Schicksal begegnen, ob es dir gefällt oder nicht. Dabei wirst du deinem Ziel mit Sicherheit sehr nahekommen, allerdings ist die Zeit dafür nur begrenzt. Um diesem Schicksal also entgegen zu wirken, wirst du unsere Hilfe brauchen." "Eure Hilfe?", frage ich, weil ich in diesem Raum bisher nur Igor sehe. "Damit meint der Meister natürlich seine Wenigkeit und mich.", höre ich eine männliche Stimme neben mir, die mich aufschrecken lässt. Ein Blick zur Seite und ich erkenne einen jungen Mann, nicht viel älter als ich, mit platinblonden kurzen gewellten Haaren, der neben mir steht. Er trägt eine blaue Jacke mit verzierten und umgelegten Ärmeln, über welchem eine Art Poncho mit gezackten Enden liegt. Unter der Jacke erkenne ich ein weißes Shirt. Dazu trägt er eine schwarze Hose und dunkelblaue Stiefel, die ebenfalls mit hellblauem Garn verziert sind. Unter seinen rechten Arm geklemmt erkenne ich ein großes Buch, doch ich kann nicht erkennen was darauf steht. Höflich verbeugt er sich, ehe er mich mit seinen goldgelben Augen angrinst: "Mein Name ist Jason. Ich bin, wie mein Meister, ein Bewohner dieses Raumes und werde dich auf deiner Reise unterstützen." "Jason ist einer meiner Assistenten, die unsere Gäste bei ihrer Aufgabe unterstützen.", erklärt Igor noch einmal nachdrücklich, bevor ich merke, wie das Bild um mich herum langsam verschwimmt, "Oh wie ich sehe ist es langsam an der Zeit. Die genauen Details klären wir zu einem anderen Zeitpunkt. Bis dahin. Lebewohl." Etwas erschrocken erwachte Mika aus ihrem Schlaf und blickte in die fragenden roten Augen ihres Vaters, welcher in der Mitte des Raumes stand und einige Kartons trug. Irritiert sah sich die Blauhaarige um und realisierte erst langsam, dass sie sich in der neuen Wohnung befand, die sie mit ihrem Vater bezogen hatte. Noch war das Wohnzimmer, in welchem sie auf der Couch lag, nur spärlich eingerichtet, doch es würde nicht lange dauern, bis es wohnlich werden würde. Sich die Augen reibend erhob sich Mika langsam von ihrer liegenden Position und schüttelte leicht den Kopf. Was für ein merkwürdiger Traum. "Alles in Ordnung, Mika?", fragte ihr Vater Mamoru vorsichtig und stellte die Kartons in eine Ecke, "Du warst eingeschlafen und ich fand es besser dich schlafen zu lassen. Es war ja auch eine anstrengende Anreise." Mika nickte und stand vorsichtig auf. Ihren Traum verheimlichte sie vor ihrem Vater, da sie ihn nicht beunruhigen wollte. Langsam ging sie auf die Balkontür zu und öffnete diese, bevor sie hinaus an die frische Luft trat. Aus der Ferne hörte sie den Lärm der Innenstadt und am Horizont erkannte sie einige hohe Geschäftsgebäude. Unter ihr erstreckte sich ein großer Innenhof, welcher von dem Wohnkomplex umgeben war. Kühle Luft wehte ihr ins Gesicht und sie hob den Blick gen Himmel. Nun war sie also wieder hier, nach sieben langen Jahren, und in ihr keimte Hoffnung auf, die Antwort auf die Frage zu finden, welche sie seit all den Jahren quälte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)