Paul MacLain der Privatschnüffler von BlueGenie1974 (Ein ehemaliger SAS-Offizier als Privatdetektiv) ================================================================================ Kapitel 23: 23. Fall - Drogenhandel in Famagusta ------------------------------------------------ 23. Fall – Drogenhandel in Famagusta Die warmen Herbsttage waren vorbei und der Herbst hatte Frankfurt am Main fest im Griff. Wenn man Glück hatte, kletterte das Thermometer auf 13 Grad. Früh morgens war es schon so kalt, dass man schon einen Pullover anziehen musste, wenn man rausging. Aber es war zu warm für eine Winterjacke. Es war ein typischer Montagmorgen. Wir schrieben Montag, den 11.11.2019. Und an diesem Tag wurde die „fünfte Jahreszeit“ traditionell mit dem Sturm auf die Rathäuser eröffnet. Ich brauche wohl nicht extra zu erwähnen, dass Karneval gemeint ist. Es war nach unserer allmorgendlichen Joggingrunde durch den nahegelegenen Park. Jelena, Brit und ich waren gerade ins Büro gekommen. Wir hatten gerade geduscht und uns frische Klamotten angezogen, als es an der Tür klingelte. Brit betätigte den Türöffner. Kurze Zeit später hörten wir Schritte auf der Treppe. Schließlich klopfte es an der Tür unseres Detektivbüros. Brit öffnete. Die Frau, die eintrat, war eine wahre Schönheit. Sie war 1,65 m groß und hatte einen schlanken, sexy Körper. Ihre dunkelbraunen Haare trug sie offen, sodass sie bis zur Oberkante ihrer wohlgeformten Brüste reichten. Das ovale Gesicht mit den sinnlichen Lippen und den wunderschönen braunen Augen war ebenfalls ein Hingucker. Auch die etwas breite Nase passte wie die Faust aufs Auge. Bekleidet war unsere unbekannte Besucherin mit einem schwarzen Kleid, das auf einer Seite einen großzügigen Blick auf ihre sexy Beine gewährte, und schwarzen High Heels. „Guten Morgen. Ich bin doch hier richtig bei Paul MacLain und Jelena Romanova?“, fragte die Dame mit einer etwas rauchigen aber dennoch erotischen Stimme. „Das sind Sie in der Tat. Womit können wir dienen?“ „Zuerst sollte ich mich wohl vorstellen. Mein Name ist Hera Arnakis. Ich komme aus Famagusta.“ „Ist das nicht Zypern?“ „Gut aufgepasst, Mr. MacLain.“ „Was genau ist Ihr Problem?“, wollte Jelena wissen. „Wir haben in Famagusta seit dem Sommer einen Anstieg von Drogenhandel. Und damit einhergehend auch einen Anstieg von Jugendprostitution und Raubüberfällen.“ „Was können wir tun?“ „Lassen Sie die Bande hochgehen. Sie haben freie Hand.“ „Das ist schon mal eine gute Basis.“ „Wir wären bereit, jedem von Ihnen 30.000 € zu bezahlen.“ „Jelena?“ „Wir machen den Job. Mit welchen Drogen wird eigentlich gedealt?“ „Haben Sie schon mal von „Kolumbia pur“ gehört?“ „Sicher. Aber die Produktionsstätten wurden doch in den 80ern zerstört.“ „Das stimmt. Die alte Anlage ist nicht mehr in Betrieb. Die neue Anlage befindet sich am Stadtrand von Medellin.“ „Und wie wird die Ware nach Zypern gebracht?“ Zuerst wird das Rauschgift in Tanklastern zum Flughafen von Medellin gebracht.“ „Welchen von den beiden?“ „Zum Rionegro.“ „Also der internationale.“ „Richtig. Nach allem was wir in Erfahrung bringen konnten, gibt es in einem abgelegenen und stillgelegten Hangar eine Einrichtung in der die Ware getrocknet und verpackt wird.“ „Wie oft startet eine Maschine vom Rionegro nach Famagusta?“, wollte ich wissen. „Gar nicht. Die Kurierflugzeuge landen in der Türkei. In Antalya, um genau zu sein. Dort werden die Drogen in einen Schüttgutfrachter umgeladen und nach Famagusta gebracht.“ 281 „Und wenn das Schiff im Hafen ist, dann wird mit dem Entladen erst nach Anbruch der Dunkelheit angefangen, nehme ich an.“, sagte Jelena. „Das nicht. Aber die Drogen werden mit Hilfe eines riesigen Staubsaugers aus den Laderäumen der Schiffe geholt. Danach werden sie in Holzkisten verpackt und auf LKW umgeladen. Der Konvoi besteht aus vier Transportern und zwei bewaffneten Eskorten.“ „Und was ist mit der eigentlichen Ladung des Frachters? Die wird doch garantiert mit raus gesogen.“ „Kurioserweise nein. Aber wir haben herausgefunden, dass ein Mann namens Giannis Boufakis das Entladen überwacht.“ „Was können Sie uns sonst noch sagen?“, fragte ich. „Wir haben einen Mann in die Organisation eingeschleust. Kurz bevor er aufgeflogen ist, hat er uns noch den Namen des Kopfes der Bande verraten.“ „Wer ist es?“ „Es ist eine Kolumbianerin. Sie heißt Alejandra Valderrama.“ Bei dem Namen wurde ich hellhörig. „Der Name ist mir nicht ganz unbekannt. Nennt man sie nicht „El Doberman“?“ „Ganz genau. Diese Frau ist sexy und gefährlich.“ „Sonst noch etwas, das wichtig wäre?“, fragte Jelena. „Unser Mann war auf dem besten Wege uns zumindest ein Zwischenversteck zu verraten, aber leider hat ihn Alejandra Valderrama liquidiert, bevor er mit uns in Kontakt treten konnte.“ „Wahrscheinlich hat sie ihn mit der kolumbianischen Krawatte mundtot gemacht.“, sagte ich. „Woher wissen Sie das?“ „Weil meine Partnerin und ich in Kroatien schon einmal damit konfrontiert wurden. Dort hat ein Immobilienbetrüger seine eigene Assistentin auf diese Weise zum Schweigen gebracht. Außerdem ist es nicht schwer zu erraten, dass die „Kolumbianische Krawatte“ die beliebteste Hinrichtungsmethode bei lateinamerikanischen Drogenbaronen ist.“ „Nun gut. Ich denke, wir wissen, was wir wissen müssen. Erwarten Sie uns am Donnerstag.“ „Gut zu wissen. Ich werde für die Dauer ihres Einsatzes ihre Verbindungsperson sein.“ „Na das sind doch gute Nachrichten.“ „Die Kosten für die Unterkunft übernehmen wir ebenfalls. Nur den Mietwagen müssten Sie selbst bezahlen.“, sagte Hera Arnakis. „Dann ist das halt so.“ „In welchem Hotel werden Sie absteigen?“ „Welches würden Sie uns denn empfehlen?“ „Das Chrystal Springs Beach Hotel.“ Am 14.11.2019 waren wir schon um 6:00 Uhr morgens am Flughafen. Wir hatten einen Flug mit Condor gebucht, der um 8:50 Uhr am RheinMain-Flughafen in Frankfurt in Richtung Larnaka starten sollte. Jelenas Freundin Anastasia Dimitrova hatte uns gefahren. Unmittelbar nach dem Deal mit Hera Arnakis hatten wir im Internet nachgesehen, an welchem Terminal die Flüge für Condor abgefertigt wurden. Am Schalter 787, an dem die Gepäckaufgabe für den Flug nach Larnaka abgewickelt wurde, gaben wir unser Gepäck auf und gingen dann weiter zur Sicherheitsschleuse. Wie schon seit Beginn unserer Zusammenarbeit schlug der Detektor bei uns nicht an, sodass wir ohne Zwischenfall in den Transitbereich gehen konnten. Und während meine Partnerin das Geschehen im Auge behielt, studierte ich den Bildschirm, an dem die Flüge und deren Zielflughafen aufgelistet waren. Unser Flug, CONDOR 1660 sollte vom Gate B 15 abfliegen. 282 Jelena und ich begaben uns dorthin. Dort angekommen, suchten wir uns zwei freie Sitzplätze nebeneinander. Um 8:00 Uhr kam die Durchsage „Achtung! Alle Passagiere des Fluges CONDOR 1660 nach Larnaka, werden gebeten, sich an Bord der Maschine zu begeben.“ Jelena und ich gingen an Bord und zeigten der Stewardess unsere Boardingpässe. Sie wies uns unsere Sitzplätze zu und wir begaben uns direkt dorthin. Um 8:50 Uhr startete unser Flieger in Richtung Larnaka, wo wir nach einer Flugzeit von 3 Stunden und 35 Minuten um 12:25 Uhr auf dem Larnaka International Airport landeten. Nachdem wir unsere Koffer abgeholt hatten, gingen Jelena und ich zu einer Autovermietung. Bei SIXT mieteten wir uns einen Audi A7 Sportback. Der Wagen war in firmamentblau metallic lackiert und hatte den 50 TDI-Motor mit 286 PS. Unser Audi besaß das 8-Stufen-Tiptronic-Getriebe und hatte Allradantrieb. Dazu kamen HD-Matrix-Scheinwerfer mit Audi Laserlicht, ein Panorama-Glasdach, ein Sonnenschott, das Audi Connect Diebstahl-Ortungssystem und ein Doppelspeichen-Lederlenkrad mit Multifunktion und Schaltwippen. Ferner hatte Renate Sixt dem Audi ein paar schicke 20-Zoll-Leichtmetallfelgen 8 ½, das Reifendruck Kontrollsystem, Sitzheizung vorn und hinten und das Fahrwerk mit Dämpferregelung spendiert. Außerdem waren die Sitzbezüge in perlmuttbeige-perlmuttbeige-achatgrau bezogen, während das Armaturenbrett in granitgrau-perlmuttbeige bezogen war. Der Dachhimmel war in mondsilber gehalten, und die Türverkleidung in Leder des Typs Leder/mono.pur 550-Kombination gehalten. Den Teppich im Innenraum hatte man in Ingolstadt im Auftrag von Sixt in perlmuttbeige ausgeführt. Des weiteren hatte unser Mietwagen variable Kopfstützen für die Vordersitze, Teppich und Fußmatten in der Audi Exclusive Ausführung, sowie einen Kraftstoffbehälter mit 73 Litern Fassungsvermögen und einen AD Blue Tank mit 24 Litern Fassungsvermögen als Extras an Bord. Über die E303 15 fuhren wir 50 Minuten nach Famagusta. Um 13:20 Uhr kamen wir an unserem Hotel an. Das Chrystal Springs Beach Hotel war ein sechsstöckiger Betonklotz. Die Außenfassade des Hotels war in weiß gehalten und die Fenster waren großzügig angelegt. Wir parkten den Audi auf dem Gelände des Hotels und holten unsere Koffer. Als wir die Lobby des Hotels betraten staunte ich nicht schlecht. An der Rezeption stand Miyuki, jene Dame, die Jelena und ich in Marrakesch aus den Fängen der Krake befreit hatten. Sie strahlte, als sie uns sah. „Paul, Jelena! Es ist schön euch wieder zu sehen.“, sagte sie und drückte uns ganz fest. „Wir sind überrascht, dich zu sehen. Was machst du hier?“ „Ich arbeite. Allerdings undercover.“ „In wessen Auftrag arbeitest du, Miyuki?“, fragte ich. „Ich bin im Auftrag der japanischen Drogenbehörde unterwegs. Meine Schwester Matsushito war auf „El Doberman“ angesetzt, doch dann hat ihr der „Schwede“ das Licht ausgeknipst. Jetzt ist das mein Fall. Und wer hat euch angeheuert?“ „Hera Arnakis.“ „Das ist die Chefin vom zypriotischen Drogendezernat. Ich schlage vor, da wir drei hinter demselben Fisch her sind, sollten wir zusammenarbeiten.“, sagte Miyuki. „Einverstanden, Miyuki.“ „Damit wir nicht weiter auffallen spiele ich jetzt wieder die 283 Hotelangestellte.“ „Na von mir aus.“ „Mr. MacLain, Sie haben Zimmer 600. Miss Romanova, Zimmer 602. Ich wünsche Ihnen beiden einen angenehmen Aufenthalt.“ Nachdem wir unsere Zimmer bezogen hatten, packten Jelena und ich unsere Koffer aus und machten uns frisch. Um 19:00 Uhr trafen Jelena und ich uns im Restaurant des Hotels zum Abendessen. Jelena trug an diesem Abend wieder ihr rotes Paillettenkleid und die dazu gehörigen Plateauschuhe. Wir waren gerade beim Essen, als Hera Arnakis zu uns an den Tisch kam. „Ich hoffe ich störe nicht.“, sagte sie. „Kommt drauf an, was Sie wollen.“ „Es gibt Neuigkeiten. Aber ich glaube, das hat Zeit bis nach dem Essen. Treffen wir uns in der Cocktailbar des Hotels. Sagen wir um 21:45 Uhr?“ „In Ordnung.“ Um 21:45 Uhr trafen Jelena und ich uns mit Hera Arnakis in der Cocktailbar unseres Hotels. Sie saß in einer ruhigen Ecke und trug wieder das schwarze Kleid, das sie getragen hatte, als sie uns vor 3 Tagen besucht hatte. Nach einer netten Begrüßung setzten wir uns zusammen. „Sie sagten, dass Sie Neuigkeiten für uns haben. Also bitte.“ „Uns ist zu Ohren gekommen, dass El Doberman plant ein kleineres aufstrebendes Kartell zu übernehmen. Außerdem erwartet sie eine Lieferung von 3,5 Kilo Columbia pur.“ „Wann soll die Ware hier eintreffen?“, wollte Jelena wissen. „Nächste Woche Freitag.“ „Und was ist mit der Übernahme des Kartells?“ „Wir wissen nur, dass das Kartell von Hernando Guzman geführt wird. Die Unterwelt nennt ihn „El Pit Bull“.“ „Also noch so ein beißwütiger Kläffer.“ „Ich wäre an Ihrer Stelle vorsichtig, Mr. MacLain. Wenn sich zwei Kartelle bekriegen, ist das für Außenstehende lebensgefährlich. Sie müssen Alejandra Valderrama außer Gefecht setzen, bevor der Krieg mit dem „Pitbull“ losgeht.“ „Wir werden auch den Pitbull aus dem Verkehr ziehen. Sicher ist sicher.“ Am Abend machten Jelena und ich noch einen Abendspaziergang durch Famagusta. In einer der vielen Bars sahen wir dann unsere Zielpersonen. Alejandra Valderrama fiel sofort auf. Sie war 1,57 m groß und besaß einen schlanken, sexy Körper. Ihre blonden Haare trug sie offen, sodass sie bis zu ihren Brüsten reichten. Die braunen Augen im ovalen Gesicht blickten ernst und Mordlust brannte in ihnen. Die Lippen dieser Beauty waren durchaus als sinnlich zu bezeichnen, wären sie nicht vor lauter Anspannung zu einem dünnen Strich zusammengekniffen. Die etwas breite Nase fügte sich harmonisch in das Gesicht des Dobermanns ein. Bekleidet war Miss Valderrama mit einer schwarzen Lederhose und einem schwarzen Pulli. Ihre nackten Füße steckten in schwarzen High Heels. Ganz anders ihr Gesprächspartner. Hernando Guzman war 1,78 m groß und besaß einen athletischen Körperbau. In seinem runden Gesicht ruhten zwei stechend blaue Augen, die sein Gegenüber regelrecht zu durchbohren schienen. Die grauen Haare bildeten einen Haarkranz an den Schläfen. Der graue Vollbart war kurz geschnitten. Die breite Nase schien ganz gut in dieses Gesicht zu passen. Ebenso die Lippen, die nicht zu lang und nicht zu kurz waren. Bekleidet war El Pit Bull mit einem blauen Sakko, einem weißen Hemd und einer schwarzen Hose. Dazu trug er schwarze Socken und schwarze Lackschuhe. 284 Offenbar hatte eine Bemerkung seiner Gesprächspartnerin ihn etwas erheitert, denn er lächelte diabolisch und zeigte seine Zähne. Dabei fiel Jelena und mir die Zahnlücke zwischen den oberen Schneidezähnen auf. Hernando Guzman sagte etwas auf Spanisch. Und dieser eine Satz brachte Alejandra Valderrama komplett aus der Fassung. Wutentbrannt verpasste die kleine Kolumbianerin ihrem Rivalen eine laut schallende Ohrfeige. „Que piensas quien eres? No te atrevas a meterte en mi camino, de lo contrario eres hombre muerto. Confíe en ello.“ Der Pitbull lachte lauthals, ehe er antwortete. „ Mira lo que dices, pequeños matzos. O puedes visitar a tu hijo en el cementerio.“ „Si le haces a Ramon incluso un pelo, te haré pedazos, maldito pedazo de mierda.“ entgegnete Alejandra. „Eres como tu padre. La misma cabeza testaruda.“ „Guarda tus frases vacías, Hernando. No olvides que fui yo quien puso en marcha tu cartel.“, sagte der Dobermann. Dem Pitbull klappte der Unterkiefer runter. Doch dann verzerrten sich seine Gesichtszüge zu einer hasserfüllten Fratze. „¿QUÉ? Te perdiste este cuello roto? Por tu culpa tuve que empezar de nuevo?“ „Exactamente. Y estoy lejos de terminar contigo.“ „¿Por qué me estás haciendo esto? ¿Qué he hecho para llevarte a un corazón tan frío a la ruina?“ „Eso es lo que estás preguntando. Pero si me preguntas la pregunta, entonces debes obtener una respuesta.“ „Oigo.“ „Digo una sola palabra: VENGANZA.“, sagte Alejandra Valderrama. „¿Qué quieres vengarte de mí?“ „¿No lo sospechas, Hernando? ¿Tengo que ayudar a tu memoria para empezar?“ „Ya no soy el más joven.“ „Tu memoria ha disminuido rápidamente. Solo digo esto: 17.04.1995.“ „Ese fue tu cumpleaños número 18.“, sagte der Pitbull. „No solo eso. En este día, cometiste el peor crimen que hayas cometido.“ „Ahora no exageres. Lo que hice, nada comparado con lo que hizo tu papá.“ „Broma sal, estás rodeado. No solo mataste a toda mi familia en mi cumpleaños número 18. Lo has hecho mucho peor. Tú también me mataste. La Alejandra Valderrama que conoces se ha ido. La llevaste a la tumba.“ „No digas tanta mierda, Alejandra.“ „Tu última hora ha llegado, Hernando. Quedan 48 horas, entonces eres historia.“, sagte die Kolumbianerin. Dann drehte sie sich um und ging. Zurück blieb ein verblüffter Hernando Guzman. Auch meine Partnerin und ich entschieden uns, zu gehen, denn wir hatten genug gehört. Zurück im Hotel ließen wir uns unsere Zimmerschlüssel geben. Ich hatte gerade meine Wohlfühlklamotten angezogen, als es an meiner Zimmertür klopfte. Ich öffnete. Jelena stand im Türrahmen. „Hast du kurz Zeit, Towarischtsch?“, fragte sie. „Für dich immer, dass weisst du doch.“ Nur kurze Zeit später hatten wir es uns in meinem Zimmer etwas gemütlich gemacht. Ich saß auf dem Bett, während Jelena auf einem Stuhl Platz genommen hatte, dessen Lehne sie nach vorne gedreht hatte. Nackt, wie Gott sie geschaffen hatte, hatte sie darauf Platz genommen und ihre Arme übereinander gelegt. „Also, schieß los. Was hast du auf dem Herzen?“ „Erinnerst du dich noch an das Gespräch zwischen den beiden Drogenbaronen in der Kneipe?“ „Ja. Was ist damit?“ „Um was wetten wir, dass die beiden sich von früher kennen?“ „Du meinst, dass zwischen den beiden so eine Art persönliches Verhältnis besteht?“, 285 fragte ich. „Ist für mich die logischste Erklärung. Ich werde das Gefühl nicht los, dass wir in etwas hinein geraten sind, dass außer Kontrolle geraten wird.“ „Worauf willst du hinaus, Jelena?“ „Ist das nicht offensichtlich? Hernando Guzman hat in der Vergangenheit etwas getan, was ihm für den Rest seines Lebens den Zorn und den Hass von El Doberman eingebracht hat.“ „Leider bin ich des Spanischen nicht mächtig.“ „Ich auch nicht, Towarischtsch. Die einzige, die Licht in diesen Umstand bringen kann, ist Alejandra Valderrama.“ „Du meinst, wir sollen das Gespräch mit ihr suchen? Dir ist aber hoffentlich klar, dass wir damit gegen unseren Auftrag verstoßen. Wir haben den Auftrag, Alejandra Valderrama außer Gefecht zu setzen. Willst du allen ernstes 30.000 € flöten gehen lassen?“ „Ich würde mich sogar von dir schwängern lassen, Paul, wenn ich dadurch in Erfahrung bringen könnte, welche Verbindung zwischen Alejandra Valderrama und Hernando Guzman besteht.“ Es klopfte an der Tür. Ich stand auf um zu öffnen. „Ich sag dir, die beiden kennen sich.“, sagte Jelena. Als ich die Tür öffnete staunte ich nicht schlecht. Draußen standen Hera Arnakis und Miyuki. „Dürfen wir reinkommen?“, fragte Hera. „Bitte.“ Kaum war die Tür wieder zu, saß ich wieder auf dem Bett, während Jelena weiter auf dem Stuhl saß. Miyuki lehnte am Schreibtisch und Hera saß auf einem Schemel. „Fassen wir doch mal zusammen, was wir bis jetzt haben.“, schlug ich vor. „Alejandra Valderrama will das Kartell von Hernando Guzman übernehmen. Aber dieser wird nicht kampflos das Feld räumen.“ „Und er wird dabei über Leichen gehen.“, sagte Miyuki. „Ich weiß nicht, wie Ihr das seht, aber ich bin der festen Überzeugung, dass sich die beiden kennen.“ Hera und Miyuki sahen meine Juniorpartnerin fragend an. „Wir haben in einer Bar ein Gespräch zwischen Alejandra Valderrama und Hernando Guzman zufällig mitgehört. Die Unterhaltung wurde auf spanisch geführt, deswegen können wir keinerlei Auskunft über den Inhalt des Gesprächs geben.“ „Aber Hernando Guzman muss die Valderrama ganz schön gereizt haben.“ „Woraus schließen Sie das, Miss Romanova?“, fragte Hera Arnakis. „Weil sie ihm eine laut schallende Ohrfeige verpasst hat.“ „Das ist typisch für El Doberman.“ „Mir fällt etwas ein.“, sagte Miyuki. „Dann lass uns an deinem Wissen teilhaben, Miyuki-san.“ „Alejandra Valderrama hat einen Sohn. Er heißt Ramon und ist 6 Jahre alt.“ „Den Namen hat sie im Gespräch mit dem Pitbull erwähnt.“ „Könnte es sein, dass Hernando Guzman den Sohn von Alejandra Valderrama in seiner Gewalt hat und ihn als Faustpfand benutzt?“ „Es wäre denkbar. Möglicherweise könnte da der Zusammenhang bestehen, den Sie suchen, Miss Romanova.“ „Da ist noch viel mehr. Ich weiß nur nicht was.“ „Worauf willst du hinaus, Jelena?“, wollte Miyuki wissen. „Hernando Guzman hat Alejandra Valderrama etwas schlimmes angetan. Etwas so schlimmes, dass sie ihn vernichten will.“ „Spielt das für ihren Auftrag eine Rolle? Ich habe Sie beide angeheuert, damit Sie sie unschädlich machen.“, sagte Hera Arnakis bestimmt. „Wir versuchen ein Blutbad zu verhindern. Wenn die Vermutung meiner Partnerin stimmt und eine Verbindung zwischen diesen beiden beißwütigen Kläffern besteht, dann müssen wir diese Spur weiter verfolgen. Jeder noch so kleine Anhaltspunkt, der uns der Lösung dieses 286 Falles näherbringt, muss untersucht werden.“ „Wo befindet sich im Hafen die Entladeanlage für die Schüttgutfrachter?“, fragte Jelena. „Sie befindet sich an Pier 16.“ „Na schön. Dann sehen wir uns morgen früh dort mal um. Mal sehen, was da so alles rumkreucht.“ Am nächsten Tag, gleich nach dem Frühstück, wollten meine Partnerin und ich uns bei Pier 16 umsehen. Doch wie so oft kam mal wieder alles anders. Wir hatten gerade unser Hotel verlassen, als ein schwarzer Lincoln Town Car, zur Stretchlimousine umgebaut, vorfuhr. Die beiden Typen, die ausstiegen, trugen schwarze Designeranzüge, schwarze Socken und schwarze Herrenschuhe. Dazu weiße Hemden und schwarze Krawatten. Dazu kamen noch Designersonnenbrillen von Gucci. Die beiden „Gorillas“ waren knapp zwei Meter groß und kräftig gebaut. Sofort war mir klar, dass die beiden auf Krawall gebürstet waren, und nicht zögern würden, ihre Fäuste sprechen zu lassen, wenn man ihnen quer kam. „Sind Sie beide Paul MacLain und Jelena Romanova?“, fragte der linke der beiden. „In Person. Mit wem haben wir das Vergnügen?“ „Mein Name ist Roberto Escobar und das ist mein Kollege Jose´ Jimenez.“ „Sie sind nicht zufälligerweise verwandt mit Pablo Escobar?“, fragte ich vorsichtig. „Ich bin nicht im geringsten mit diesem Dreckskerl verwandt.“ „Uns würde interessieren, was Sie von uns wollen.“, schaltete sich Jelena in das Gespräch ein. „El Doberman möchte Sie beide gerne sprechen.“ „Was will Miss Valderrama von uns?“ „Wir sind nicht befugt Ihnen das zu sagen. Wir sollen Sie nur zu unserer Chefin bringen.“ Wir stiegen in den Fond der Limousine, während die beiden Gorillas gegenüber von uns Platz nahmen. Der Lincoln brachte uns zum Yachthafen von Famagusta. Dort wartete mit laufenden Motoren eine Sunseeker Predator 108. Das Boot trug den Namen „Aphrodite“ und war in Monaco registriert. Die Sunseeker brachte Jelena und mich nach Kreta, wo wir nach einer Fahrtzeit von 9 Stunden um 16:30 Uhr in einer abgelegenen Bucht anlegten. Vom Anleger führte ein mit geschliffenen Basaltsteinen gepflasterter Weg zu einer weißen dreistöckigen Villa mit Meerblick. „Wenn Sie uns bitte folgen wollen, El Doberman wartet nicht gern.“ Wir folgten den Bodyguards den Weg entlang. Ich staunte nicht schlecht, als wir am Haupteingang der Villa ankamen. Dieser war dem Parthenon auf der Akropolis nachempfunden. Die beiden Gorillas führten uns durch einen mit Tannenholzbrettern ausgekleideten Flur, auf eine mit weißen und blauen Fliesen ausgekleidete Terrasse. Diese wurde von einer weiß-blau gestreiften Markise überspannt. Dort stand ein Tisch mit drei Rattanstühlen. Auch drei Gläser standen dort. In der Mitte stand eine Karaffe Orangensaft. „Paul MacLain und Jelena Romanova.“, wurden wir von Jose´ Jimenez angekündigt. „Endachsi.“ Alejandra Valderrama drehte sich zu uns um. Dieses mal trug sie ein dunkelblaues Kleid mit aufgestickten Pfauenfedern und dunkelblaue Sandaletten mit goldenen und silbernen Ornamenten. „Danke, dass sie beide gekommen sind.“, sagte sie. „Worüber wollen Sie mit uns reden?“ 287 „Ich weiß, dass Sie beide den Disput zwischen mir und Hernando Guzman mit angehört haben. Und mir ist auch bewusst, dass Hera Arnakis Sie auf mich angesetzt hat.“ „Könnten Sie uns vielleicht endlich verraten, weshalb Sie uns sprechen wollten?“, fragte Jelena. Die Ungeduld in ihrer Stimme war nicht zu überhören. „Bitte setzen Sie sich.“, sagte El Doberman. Nachdem wir uns gesetzt hatten, und jeder ein Glas Orangensaft vor sich stehen hatte, rückte Alejandra Valderrama endlich mit der Wahrheit heraus. „Hernando Guzman hat meinen Sohn Ramon in seiner Gewalt. Wenn ich die Reißleine ziehe und ihn verrate, bringt er meinen Jungen um. Er ist in Wirklichkeit der Bad Guy.“ „Was meinen Sie?“ „Die Ladungen Columbia Pur werden in seinen Anlagen hergestellt. Ich muss den Transport übernehmen.“ „Was hat er davon, dass er Sie so schamlos ausnutzt?“ „Ich hab 2010 sein Kartell hochgehen lassen. Ein Jahr darauf hat er Ramon beschattet. An seinem 6. Geburtstag hat er meinen Sohn entführt.Seitdem setzt er mich unter Druck.“ Alejandra Valderrama schlug eine Hand vor ihren braunen Augen und fing an zu weinen. „Sicher war das nicht das einzige, was Hernando Guzman Ihnen angetan hat, Miss Valderrama.“, sagte Jelena, nachdem sich unsere Gastgeberin einigermaßen gefasst hatte. „Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen, Señora Romanova, An meinem 18. Geburtstag hat El Pitbull ein Blutbad an meiner Familie angerichtet. Er hat erst meinen Vater mit einem Schuss in der Hinterkopf hingerichtet. Danach meinen Bruder. Am Schluss meine Mutter. Bevor er abgeflogen ist hat mir noch ins Gesicht gesehen und gesagt: „Du hast Glück das ich dich am Leben gelassen habe. Ab jetzt wirst du für mich arbeiten.“ Ich habe 10 Jahre in seinen Fabriken unter menschenunwürdigen Bedingungen Schwerstarbeit leisten müssen. Wäre Tante Chrysanti nicht gewesen, wäre ich dort als Leiche wieder raus gekommen.“ „Sie haben eine Tante, die Griechin ist?“ „Ich bin zur Hälfte Griechin. Griechische Frauen verehren Elektra. Rache zu nehmen am Mörder ihrer Liebsten ist ihre Pflicht.“ „Deshalb wollen Sie sich also am Pitbull rächen.“ „Sie haben es erfasst, Señora Romanova.“ „Ich erinnere mich an ein altes chinesisches Sprichwort. Bevor du dich anschickst zur Rache zu schreiten, schaufele lieber zwei Gräber.“ Um 1:30 Uhr kehrten wir ins Hotel zurück. Alejandra Valderrama hatte uns noch zum Essen eingeladen und ein griechisches Menü auftischen lassen. Auf dem Weg zurück hatten Jelena und ich geschwiegen. Jeder von uns musste, das, was uns diese Frau hatte wissen lassen erst mal verdauen. Miyuki war gerade an der Rezeption, als wir die Lobby betraten. „Ihr wart aber lange weg.“, sagte sie. „Fahr du mal 18 Stunden von Zypern nach Kreta und zurück.“ „Was hattet Ihr denn auf Kreta verloren?“ „El Doberman wollte uns sprechen.“ „Und dafür lässt Sie euch extra nach Kreta kommen? Hätte es nicht auch ein Telefonat getan?“ „Dazu später mehr. Jetzt wollen wir erst mal soviel Schlaf wie möglich nachholen.“ Nach dem Frühstück sahen Jelena und ich uns am Hafen um. An Pier 16 trafen wir Hera Arnakis. Und der Ausdruck in ihrem Gesicht war alles andere als freundlich. „Sie beide haben echt Nerven, einfach so zu verschwinden, ohne zumindest 288 mich über ihren Plan zu informieren.“, sagte sie streng. „Um der Wahrheit die Ehre zu geben, waren wir selbst überrascht. Wir hatten nicht damit gerechnet, dass uns Miss Valderrama zu sprechen wünscht.“ „Hoffentlich waren die Informationen, die Sie erhalten haben, diesen Vertrauensmissbrauch wert.“ „Wenn das, was uns Ihre Cousine erzählt hat, wirklich stimmt, dann ist der Pitbull der wahre Schuldige.“ Offenbar hatten meine Worte unserer Klientin einen mächtigen Schock versetzt, denn sie taumelte und setzte sich auf eine Bank. Eine zeitlang saß Hera Arnakis auf der Bank und sagte kein Wort. Nur ab und zu schüttelte sie ungläubig den Kopf. Dann sah sie abwechselnd von Jelena zu mir. „Ist das wirklich wahr? Eine der mächtigsten Drogenbaroninnen Kolumbiens ist meine Cousine?“ „Ein DNA-Test sollte darüber Auskunft geben können, wenn auch Sie damit einverstanden sind. El Doberman hat bereits seine Zustimmung erteilt.“ „Und was ist mit der Geschichte, die Ihnen meine „angebliche“ Cousine erzählt hat? Halten Sie die für glaubwürdig?“ „Da sind wir uns uneinig. Aber es dürfte Zeitungsberichte und Aufzeichnungen von Nachrichtensendungen von diesem Tag geben. Da fällt mir ein, dass es der 17.04.1995 war. Der 18. Geburtstag ihrer Cousine.“ „Dem DNA-Test stimme ich zu, denn ich will Klarheit. Um die Nachforschungen bezüglich der Geschichte, die Sie von Alejandra Valderrama gehört haben, werden Sie sich kümmern. Wir treffen uns dann nach dem Abendessen in der Cocktailbar. Wie immer um 21:45 Uhr.“ Um die Mittagszeit saßen Jelena und ich in der Lobby des Hotels. Jelena hatte ihren Laptop hochgefahren, den sie auf Reisen immer mitnahm und sich mit dem Internet im Hotel verbunden. Und siehe da, meine Partnerin wurde fündig. Sie fand gleich mehrere internationale Zeitungsberichte, die sich mit dem Massaker an Gustavo Valderrama und dem rätselhaften Verschwinden seiner Tochter befassten. Auch das mysteriöse Auftauchen von Alejandra Valderrama auf Kreta wurde thematisiert. Nun hatten wir endgültig Gewissheit, dass uns El Doberman in Bezug auf Hernando Guzman die Wahrheit gesagt hatte. Miyuki hatte gerade ihre Schicht beendet. „Was treibt Ihr zwei Hübschen denn hier unten in der Lobby?“ „Wir gehen unserer Arbeit nach.“ „Das tue ich auch. Aber wollten wir nicht zusammenarbeiten?“ „Treffen wir uns auf meinem Zimmer. Hier sind mir zu viele Osterhasen.“, sagte Jelena. 15 Minuten später saßen wir auf Jelenas Zimmer zusammen. „Also. Worum ging es in dem Gespräch mit dem Dobermann?“ „Alejandra Valderrama hat uns ihre Geschichte erzählt. Und es ist so, wie es Hera Arnakis vermutet hat. Der Pitbull hat Ramon Valderrama, Alejandras Sohn, in seiner Gewalt und setzt sie damit unter Druck.“ „Und es ist, wie ich es vermutet habe. Hernando Guzman und Alejandra Valderrama kennen sich von früher. Der Pitbull ist für das Massaker an der gesamten Familie Valderrama verantwortlich.“, sagte Jelena. „Habt Ihr das nachgeprüft?“ „Ja. Unten in der Lobby. Und wir haben noch mehr herausgefunden. Der Pitbull hat sie 10 Jahre lang ausgebeutet.“ „Alejandra Valderrama hat uns einen Einblick in ihre Seele gewährt. Der Pitbull hat aus einer selbstbewussten, jungen Frau einen von Hass und Zorn zerfressenen Racheengel gemacht.“ „Und dieser Racheengel will ihm jetzt ans Leder.“, sagte Miyuki. „Davon ist auszugehen. Konntest du etwas in Erfahrung bringen?“ 289 „Na hallo.“ „Dann schieß mal los.“ „Hernando Guzman hält Ramon Valderrama in seinem Chalet auf Syros gefangen.“ „Wie schwer ist es bewacht?“ „Das weiß ich nicht. Noch nicht.“ „Jelena?“ „Du denkst an Yuri?“ „Ganz genau.“ „Ich weiß nicht, ob er uns noch mal helfen wird.“ „Wenn wir ihn mit einer Kiste Wodka bestechen, macht er bestimmt mit.“, sagte ich. „Was habt Ihr zwei vor?“, fragte Miyuki. „Vergangenes Jahr im September sollten wir in der Schweiz einen Fall von Zugsabotage aufklären.“ „Die Geschichte also. Aber wie passt dieser Yuri da mit rein?“ „Er ist der Chef des Teams, dass die Ehefrau und die Tochter von Alois Mosgruber rausgeholt hat.“ „Jetzt verstehe ich. Und wenn ich ehrlich sein soll, können wir jede Hilfe brauchen, die wir kriegen können.“ „Hör zu, Miyuki. Jelena und ich haben heute Abend noch eine Verabredung mit Hera Arnakis. Wir treffen uns hier im Hotel in der Cocktailbar. Wäre gut, wenn du dabei bist.“ „Weiß Hera Arnakis eigentlich, wer du in Wirklichkeit bist?“, fragte Jelena. „Sicher weiß sie das. Wir arbeiten schon seit drei Jahren zusammen.“ „Und sie hat dich auch auf ihre Cousine angesetzt, nehme ich an.“, sagte ich. „Was meinst du damit, Paul?“ „Alejandra Valderrama ist Hera Arnakis Cousine. Zumindest behauptet sie das. Sie ist aber bereit sich einem DNA-Test zu unterziehen.“ „Das muss für Hera ein echter Schock gewesen sein.“, sagte Miyuki. „Ich glaube, ich hätte nicht anders reagiert, hätte man mir eine solche Nachricht überbracht.“ „Wie lange dauert eigentlich ein solcher Test?“ „Der Test ist schnell gemacht. Aber die Zeit, bis die Resultate vorliegen dauert etwas länger.“ „Nehmen wir mal an, dass Alejandra Valderrama auch in diesem Punkt die Wahrheit sagt, was wäre dann?“ „Gute Frage. Aber eines ist sicher.“ „Was?“ „Wenn die beiden wirklich Cousinen sind, dann wird es für El Pitbull echt brenzlig.“, sagte Jelena. Später am Abend hatten Jelena, Miyuki und ich uns in der Cocktailbar des Chrystal Springs Beach Hotel eingefunden. Wir hatten uns einen Tisch in einer Nische ausgesucht, von dem aus wir alles überblicken konnten, ohne dass man uns selbst bemerkte. Um 21:45 Uhr kam dann Hera Arnakis. Sie sah sich kurz um, dann kam sie zielstrebig an unseren Tisch. „Ich wusste, gar nicht, dass Sie beide mit Miyuki zusammenarbeiten.“, sagte sie, nach einer kurzen Begrüßung. „Hat sich spontan so ergeben. Sie weiß auch, wo Ramon Valderrama gefangen gehalten wird.“ „Was haben Sie vor?“, fragte Hera. „Wir planen, den Jungen aus der Gefangenschaft des Pitbull zu befreien.“ „Das schaffen Sie nicht allein. Das Gelände ist ziemlich streng bewacht.“ „Ich dachte an eine Spezialeinheit.“, sagte ich. „Welche?“ „Speznas. Der Leiter eines Außenteams ist ein guter Freund von mir. Wir haben letztes Jahr in der Schweiz mit ihm zusammengearbeitet.“ „Ich erinnere mich. Die Befreiungsaktion in Montreux.“ „Auf Yuri und seine Leute ist Verlass.“ „In Ordnung. Tun Sie, was Sie tun wollen. Sie haben meine volle Unterstützung.“ Am nächsten Morgen rief Jelena nach dem Frühstück ihren Freund Yuri an. Dieser war froh, wieder was von seiner alten Weggefährtin zu hören. „Ihr habt also einen neuen Fall. Worum geht es?“ „Drogenhandel.“ „Hör mir bloß auf mit diesem Teufelszeug. Dimitris Sohn Vadim ist vor zwei Wochen an einer Überdosis Heroin gestorben.“ „Mein Beileid an Dimitri. Auch im Namen von Paul.“ „Schon Ok. 290 Wie können wir euch helfen?“ „Könnt Ihr Ramon Valderrama aus der Gewalt von El Pitbull befreien?“ „Sagtest du Valderrama? Der Junge ist doch nicht etwa der Sohn von El Doberman?“ „Da.“ „Wir sind in zwei Tagen bei euch. Haltet solange die Knochen still.“ Am Montag, den 18.11.2019 traf dann die Yuri Grigorovitsch geführte Speznas-Spezialeinheit ein. Wir warteten am Hafen auf die Jungs. Yuri freute sich sichtlich, uns zu sehen. „Hey Yuri!“ „Jelena. Lass dich mal drücken.“ „Na Yuri?“ „Hey Briderchen.“ „Ich schlage vor, wir suchen uns einen ruhigen Platz. Hier sind mir zu viele Leute.“ In der Kneipe, in der wir vorige Woche den Streit zwischen dem Dobermann und dem Pitbull live miterlebt hatten setzten wir uns zusammen. „Also Briderchen, dann lass mal hören.“, sagte Yuri. „Eure Zielperson ist Ramon Valderrama. Er wird in Hernando Guzmans Chalet auf der griechischen Insel Syros festgehalten.“ „Wie sieht es mit Plänen aus?“ „Unsere Kontaktperson hier in Famagusta, Hera Arnakis, wollte welche auftreiben.“ Um 10:30 Uhr traf dann Hera Arnakis in der Kneipe ein. Begleitet wurde sie von Alejandra Valderrama und deren Bodyguards. Nach einer förmlichen Begrüßung deutete Hera mit dem Kopf auf die Spezialeinheit. „Ist das das Speznas-Team, dass sie bei unserem letzten Treffen erwähnten, Mr. MacLain?“ „In der Tat. Darf ich Ihnen beiden den Teamleiter Yuri Grigorovitsch vorstellen?“ „Freut mich sehr.“ „Miss Arnakis.“ „Haben Sie die Pläne des Chalets gefunden?“ „Das habe ich in der Tat. Aber noch mehr als das. Ich habe nämlich noch ein paar Neuigkeiten für Sie.“ „Setzen Sie sich doch erst einmal.“, sagte Yuri und bot Alejandra Valderrama seinen Stuhl an. „Oh. Ein Gentleman. So was gibt’s nur noch ganz selten.“ Ein anderes Teammitglied bot seinen Sitzplatz Hera Arnakis an. Nachdem wir alle beisammen saßen eröffnete uns Hera Arnakis, was es neues gab. „Wir haben einen DNA-Test durchführen lassen. Die Ergebnisse kamen heute morgen.“, sagte sie. „Und was ist bei raus gekommen?“ „Der Test hat ergeben, dass wir miteinander verwandt sind. Ich habe mit meiner Mutter gesprochen und sie hat mir die Geschichte bestätigt. Sie hat meine Cousine in einer Nacht- und Nebelaktion aus dieser Hölle befreit.“ „Ich muss mich bei Ihnen beiden entschuldigen, denn ich habe Ihnen bei unserem Treffen in meiner Villa auf Kreta etwas wichtiges verschwiegen.“, sagte Alejandra Valderrama. „Und was wäre das?“ „Hernando Guzman hat mich ohne mein Wissen als Kopf des Kartells eingesetzt. Aber in Wirklichkeit hat er im Hintergrund die Fäden gezogen. Sie können sich sicher vorstellen, dass ich aus allen Wolken gefallen bin, als auf einmal der Sicherheitsdienst vom Pitbull vor mir stand und mich in meinem Haus in Medellin abgeholt hat.“ „Haben Sie Hernando Guzman an diesem Tag gesehen?“, fragte Yuri. „Und ob. Er hat mir gesagt, dass er Tante Chrysanti am liebsten umgebracht hätte, dafür, dass sie mich aus seinen Klauen befreit hat. Er hat gesagt: „Du wirst ab sofort die Leitung eines meiner Kartelle übernehmen. Wenn du nicht mitspielst, stirbt dein Sohn.“ Ich habe die Leitung aber nur zum Schein übernommen. Hernando hat das aber nie gewusst. Bis zu dem Tag, als Sie und Jelena uns in dieser Kneipe hier belauscht haben.“ „Was hat er zu Ihnen gesagt, bevor wir dazu gekommen sind?“ „Er hat gesagt: „Wie kannst du es wagen, mich so zu hintergehen? Du solltest das Kartell an Stelle meines Sohnes führen. Jorre war ein Stümper, das weiß jeder. Du solltest ihn ersetzen. Aber statt dessen lässt du dich nie sehen.“ „Und was haben Sie ihm geantwortet?“ „Dass er mich sonst wo gern haben kann und dass ich nicht eine Marionette bin, die er nach Belieben herumschubsen kann.“ „Ich hab noch mitbekommen, wie Sie dem Pitbull eine Ohrfeige verpasst haben. Was hat er zu Ihnen gesagt?“ „Dass es seinem Sohn eine wahre Freude ist, sich sexuell an meinem Sohn zu vergreifen. Ich bitte Sie, holen Sie mein Kind aus den Fängen dieser Bestie.“ „Deshalb haben wir uns auch hier versammelt.“ Hera Arnakis holte die Pläne aus ihrer Handtasche und breitete sie auf dem Tisch aus. „Also Gentlemen. Hören Sie gut zu. Ich hasse es, mich zu wiederholen.“ Als sie sich sicher sein konnte, dass alle ihr zuhörten begann Hera mit ihren Ausführungen. „Das Gelände ist ziemlich gut bewacht. Es gibt nur eine Stelle, an der man ungesehen landen kann. Hier. Unterhalb dieses Felsvorsprungs befindet sich eine natürliche Anlegestelle. Von dort führt ein Pfad zur Rückseite des Hauses. Die Wachen kommen im 2-Minuten-Rhythmus dort vorbei. Machen Sie nur von der Schusswaffe Gebrauch, wenn es keine andere Möglichkeit gibt. Noch Fragen?“ Wir vereinbarten, dass die Speznas-Einheit mit einem modifizierten Schlauchboot am versteckten Anleger das Gelände betreten sollte, während wir, mit Nachtsichtgeräten und Headsets ausgestattet in einem modifizierten EC145-Hubschrauber über der Anlage kreisen und auf das Signal, dass die Geisel befreit war, warten sollten. Um Mitternacht startete die Aktion. Wir hatten uns auf die Codewörter von der Befreiungsaktion aus dem vergangenen September geeinigt. Hera und Miyuki warteten zusammen mit Alejandra Valderrama in deren Villa auf Kreta. Die „Hydra“, eine Fregatte der griechischen Marine, hatte unseren Hubschrauber auf dem Landedeck abgestellt und hatte uns dann so nah an die Küste von Syros gebracht, wie es möglich war, ohne vom Radar auf dem Gelände des Chalets erfasst zu werden. Es knackte in meinem Headset. „Team Snakeeater ruft Hellboy. Wie siehts bei euch aus?“ „Wir sind noch an Bord der „Hydra“. Unser Start erfolgt in 5 Minuten.“ „Roger, Briderchen.“ Vorsichtshalber packte Jelena noch eine Panzerfaust mit ein. „Wofür brauchst du die denn?“, wollte ich wissen. „Ich will die Radaranlage ausschalten. Denn solange das Boot auf hoher See ist, kann es vom Radar erfasst werden. Und wir wissen beide, was das für unser Vorhaben bedeutet, wenn das Team entdeckt wird, Towarischtsch.“ Ein Argument, dem ich nichts entgegen zu setzen hatte. Um 0:30 Uhr starteten wir mit dem Hubschrauber. Jelena bereitete die Panzerfaust für den Einsatz gegen die Radaranlage vor. Sie hatte die Waffe geladen aber noch nicht entsichert. Als wir in Sichtweite waren, öffnete meine Partnerin ein Seitenfenster und entsicherte die Panzerfaust. Danach richtete sie die Waffe 291 aus dem Fenster und klappte die Laserzielerfassung nach oben. Als das Ziel erfasst war, betätigte Jelena den Abzug und schickte das tödliche Geschoss auf seine zerstörerische Reise. Ein orange-roter Feuerball zeigte uns die erfolgreiche Zerstörung der Radaranlage an. „Ark Angel an Team Snakeeater.“ „Hier Teamführer. Was gibt’s?“ „Ihr habt freie Bahn Jungs. Die Radaranlage ist erledigt.“ „Sehr gut. Jetzt haltet die Augen offen, ob nicht irgendwelche Störenfriede hier auftauchen. Denn die Explosion dürfte für einige Aufmerksamkeit gesorgt haben.“ „Verstanden. Sollte sich jemand nähern, bekommt ihr als Signal „Go Fast!“.“ „Verstanden Ark Angel.“ Als das Schlauchboot anlegte nährte sich ein Kanonenboot dem Anleger. Der Kapitän der griechischen Fregatte kontaktierte uns. „Mr. MacLain. Ich hab da einen ungebetenen Besucher. Nähert sich von Südwesten. Eure Freunde sollen sich beeilen.“ „Verstanden.“ „Hellboy an Team Snakeeater. Go Fast! Go Fast! Go Fast!“ „Verstanden.“ Zu seinen Leuten gewandt sagte Yuri: „Jungs! Ein ungebetener Gast nähert sich. Er kommt aus Südwestlicher Richtung. Wir haben vielleicht 15 Minuten Zeit, um die Zielperson zu lokalisieren und rauszuholen. Also los Männer!“ Die Speznas-Einheit schaltete die beiden Überwachungskameras an der Rückseite des Gebäudes aus, ehe man sich zum Hintereingang vorarbeitete. Dummerweise kam einer der Wachposten ums Eck. Doch er wurde gleich von den Russen in Empfang genommen und unschädlich gemacht. Schnell drang das Team in das Gebäude ein und machte die Wachen im inneren mit einer Rauchgranate unschädlich. Im oberen Stockwerk wurden die Spezialagenten dann fündig. Sie holten den Jungen aus seinem Bett und sprinteten zum Hubschrauberlandeplatz. Einer hatte dem Sohn des Pitbull unbemerkt noch eine Sydney-Trichternetzspinne ins Bett gesetzt, ehe sich die Russen davon geschlichen hatten. Um 1:15 Uhr war die Aktion vorbei. Wir hatten den Jungen in den Hubschrauber genommen und waren gestartet. Die Speznas-Agenten waren zum Schlauchboot zurück gekehrt und hatten abgelegt. Gerade noch rechtzeitig. Denn am Horizont konnte man schon die Umrisse des sich nähernden Kanonenbootes erkennen. Wir nahmen das Schlauchboot an Bord und die „Hydra“ lichtete die Anker. Die Fregatte nahm Kurs auf Kreta, wo wir um 8:15 Uhr ankamen. Die „Aphrodite“ war uns entgegengekommen und wir waren zusammen mit den Speznas-Soldaten auf die Yacht umgestiegen. In seinem Chalet auf Syros musste Hernando Guzman mit Entsetzen feststellen, dass nicht nur seine Geisel fehlte, sondern auch, dass sein Sohn durch den Biss der Spinne den Tod gefunden hatte. Alejandra Valderrama jedoch war überglücklich, ihr Kind wieder in die Arme schließen zu können. „Wie kann ich Ihnen danken?“, sagte sie. „Danken Sie uns, wenn das Ganze vorbei ist. Denn jetzt kommt der gefährliche Teil.“ „Was meinen Sie?“, fragte Hera. „Der Pitbull wird seine Geisel wieder haben wollen.“ „Und das bedeutet, dass wir Ihren Sohn in ein anderes Land bringen müssen. In Frankfurt am Main wäre Ramon sicher. Er könnte bei mir und meiner 292 Verlobten Kelly Ling unterkommen.“ „Würden Sie das bitte veranlassen?“ „Ist schon so gut wie erledigt.“ Nur keine zwei Stunden später saß Ramon Valderrama in einem Flieger nach Frankfurt. Ich hatte meiner Verlobten noch eine SMS geschrieben und sie gebeten, den Jungen am Flughafen in Frankfurt abzuholen. Zur Sicherheit hatte ich ihm noch ein Bild von meiner Flamme gezeigt, damit er sie auch erkannte. Doch nun galt es, sich auf das große Finale vorzubereiten. Am frühen Abend, Kelly hatte mich gerade per SMS benachrichtigt, dass sie Alejandras Sohn am Flughafen abgeholt hatte, klingelte deren Smartphone. Auf ein Kopfnicken des Dobermann nahm ich den Anruf entgegen. „Anschluss Valderrama, Sie sprechen mit Paul MacLain.“, sagte ich. „WO IST DER JUNGE??“ „Was soll das Gebrülle? Benehmen Sie sich gefälligst! Was bilden Sie sich wohl ein, wer Sie sind?“ „Hier spricht Hernando Guzman. Ich will den Jungen wieder haben.“ „Das kannst du knicken, du Bastard.“ „Hören Sie, Mr. MacLain. Wenn ich sage, ich will den Jungen wieder haben, dann meine ich das auch so. Sie haben exakt 48 Stunden, um den Tausch vorzunehmen. Ansonsten fließt Blut. Viel Blut.“ „Beiß nicht mehr ab, als du kauen kannst, Briderchen.“, meldete sich Yuri. „Mit wem spreche ich?“ „Yuri Ismail Grigorovitsch.“ „Und jetzt hören Sie mal zu, Señor Guzman. Wenn es etwas auf der Welt gibt, dass für Leute wie Sie ungesund ist, dann ist das, den Fehler zu machen und sich mit einer Spezialeinheit anzulegen.“ „Ich hab keine Angst.“, sagte der Pitbull. „Mal sehen. Wir treffen uns in 48 Stunden. Wo, bestimmen Sie.“, sagte ich. „Ganz wie Sie wollen. Es gibt ein Kloster mit dem Namen Saint Cyrils. Dort treffen wir uns. Wenn Sie mit leeren Händen kommen, kommt Sie das teuer zu stehen, Señor MacLain.“ „Sie machen mir keine Angst. Der Junge ist in Sicherheit. Und allein das zählt.“ „Das war der dümmste Fehler, den Sie je machen konnten, Mr. MacLain.“ „Hau du mal nicht so auf den Putz, Briderchen.“ Am Donnerstag, den 21.11.2019, flogen wir mit einem Transporthubschrauber der russischen Streitkräfte zu dem Kloster. Hera Arnakis, ihre Cousine und Miyuki begleiteten uns. Als wir landeten machten sich die Speznas-Soldaten bereit. „Bereit, Jelena?“, fragte ich. „Das musst du mich nicht fragen, Towarischtsch.“ „Lass uns die Reifen heizen und nicht mit Feuer geizen, Paul.“, sagte Miyuki. Hernando Guzman stand auf dem Hof und wartete. In der Hand hielt er eine Pistole. Ich öffnete die Tür und stieg aus dem Hubschrauber. Der Pitbull und ich sahen uns an. „Wo ist der Junge?“, fragte Hernando Guzman. „Ich habe ihn nicht mitgebracht. Ich habe beschlossen, es drauf ankommen zu lassen.“ „Was soll auf Ihrem Grabstein stehen, Mr. MacLain?“ „Und was soll auf Ihrem stehen, Señor Guzman?“ „Sie sind ein Narr, Mr. MacLain. Und schon bald ein toter Mann.“ Auf ein Zeichen des Drogenbarons erschienen überall bewaffnete Sicherheitskräfte. „Die Kavallerie ist da, Mr. MacLain. Und jetzt seien Sie vernünftig und werfen Sie ihre Waffe weg.“ „Ein MacLain ergibt sich nicht, solange er noch ein Ass im Ärmel hat.“ „Sie bluffen doch nur.“ „Schluss mit dem Versteckspiel Jungs! Ihr könnt ausschwärmen!“ In Windeseile stürmten die Soldaten aus dem Hubschrauber und eröffneten ohne Vorwarnung das Feuer. Ein paar der Bodyguards von 293 Hernando Guzman konnten sich gleich die Radieschen von unten betrachten. In dem Getümmel bemerkte niemand, dass der Pitbull versuchte, sich abzusetzen. Doch dann sah Miyuki ihn um eine Häuserecke verschwinden. „Scheiße! Der Pitbull türmt!“ „Haltet Ihr die Wachen auf, wir übernehmen den Pitbull.“, sagte Hera bestimmt. Dann teilten sich die beiden Cousinen auf, um Hernando Guzman an der Flucht zu hindern. Der Pitbull staunte nicht schlecht, als Alejandra Valderrama sich ihm in den Weg stellte und eine Beretta auf ihn richtete. „Stehenbleiben, Hernando!“, befahl sie barsch. „Du bist wirklich so dämlich, wie du blond bist, Alejandra. Geh mir aus dem Weg.“ „Das könnte dir so passen.“ „Zwing mich nicht dazu, dich über den Haufen zu schießen. Wirf die Waffe weg, und mach den Weg frei.“ „Hände hoch, Guzman! Das Spiel ist aus! Lassen Sie die Waffe auf den Boden fallen und nehmen Sie die Hände hinter den Kopf!“, ertönte eine weitere Frauenstimme. Dieses Mal hinter ihm. Ganz langsam drehte sich Hernando Guzman um. Und sah in das Gesicht von Hera Arnakis, die ebenfalls ihre Dienstwaffe, eine Heckler & Koch auf ihn richtete. „Der Pitbull ergibt sich nie.“ „Ganz wie Sie wollen, Mr. Guzman.“ „Ich werde erst Alejandra ins Jenseits befördern, und dann Sie in die ewigen Jagdgründe schicken.“ Plötzlich krachte ein Schuss, der den Pitbull in der Brust traf. Der Kolumbianer wurde nach hinten geworfen. „Was soll das?“, fragte er. „Ich habe dir ewige Rache geschworen! Ich habe es damals bei unserem Gespräch in der Kneipe gesagt. Und ich sage es heute noch einmal. Die Alejandra Valderrama, die du kennst, die gibt es nicht mehr. Du hast mich zu dem Racheengel gemacht, der jetzt vor dir steht.“ „Bitte. Hab Mitleid. Was muss ich tun, damit du mir vergibst?“ „Sterben. Dann findet meine Seele endlich Ruhe.“ Alejandra Valderrama drückte ein zweites Mal ab. Zeitgleich feuerte auch ihre Cousine Hera Arnakis auf den Pitbull. El Doberman sicherte seine Waffe und gab sie Hera Arnakis. „Schick mich wegen Mordes in den Knast. Ich hab die Strafe verdient.“ „Nein. Ich kann dich nicht verhaften. Dich trifft keine Schuld.“ „Ich habe einen Menschen erschossen.“ „Dann bin ich genauso schuldig wie Du, Cousine.“ Unser Auftrag auf Zypern war beendet. Hera Arnakis hatte uns die vereinbarten 60.000 Euro überwiesen. Auch ihre Cousine hatte uns noch einmal 80.000 Euro für die Befreiung ihres Sohnes überwiesen. Doch die eigentliche Überraschung folgte erst noch. Jelena und ich hatten gerade ausgecheckt, und wollten zum Flughafen, als der schwarze Lincoln wieder vorfuhr. Jose´ Jimenez stieg aus. „El Doberman erwartet Sie beide in ihrer Villa.“ „Wann? Jetzt?“ „Allerdings.“ „Eigentlich wollten wir nach Hause.“ „ Señora Valderrama ist sich dessen bewusst und hat vorgeschlagen, dass Ihre Verlobte und natürlich auch die anderen nach Kreta kommen und man den Fall hier ausklingen lässt.“ „Was meinst du, Jelena?“ „Wäre doch schön. Nichts gegen Frankfurt. Aber ich finde, dass wir die Einladung annehmen sollten.“ „Einverstanden. Aber wir müssen den Mietwagen noch zurückgeben.“ „El Doberman wird die Kosten übernehmen. Am Flughafen von Larnaka wartet ihr privater Jet.“ 294 Wir fuhren zum Flughafen und gaben den Audi bei SIXT zurück. Danach wurden wir von Jose´ Jimenez zu Alejandra Valderramas Jet einer Gulfstream G650ER, geleitet. Um 9:10 Uhr startete die Gulfstream zu ihrem vierstündigen Flug nach Heraklion, wo sie um 13:10 Uhr landete. Dort wartete ein BMW 745Le der aktuellen Bauserie G11. Lackiert war das Fahrzeug in Royal Burgundy Red mit Brillianteffekt. Über die Autobahn ging es zur Villa von Alejandra Valderrama. Dort trafen wir um 15:10 Uhr ein. Meine Schwester, meine Verlobte, Camille und natürlich auch Anastasia waren bereits anwesend. Kelly nahm mich in ihre Arme und drückte mich erst mal ganz fest. „Du scheinst ja ziemlich mächtige Leute zu kennen, Schatz.“, sagte sie nach einem innigen Kuss. „Wie darf ich das verstehen, Kelly?“ „Na ja. Es kommt nicht alle Tage vor, dass eine Einladung nach Kreta ins Haus flattert.“, sagte Samantha, die unbemerkt dazu gekommen war. Später am Abend, dass Abendessen war vorbei, saßen wir auf der Terrasse noch beisammen. Die Sicherheitskräfte hatten für den Rest des Abends frei. Als Abendessen hatte Alejandra Valderrama ein für Kreta typisches Menü zubereiten lassen. Als Dessert hatte sie griechische Weihnachtsplätzchen, Melomarkarona gereicht, die sie zusammen mit Hera Arnakis selbst zubereitet hatte. „Ich denke, keiner von uns hätte den Ausgang dieses Falles vorhersehen können.“, sagte ich. „Den ganzen Verlauf nicht, Bruderherz.“ „Dieser Hernando Guzman war kein Mensch, er war ein Monster.“, sagte Camille. „Meine Adoptivtochter. Ihre Eltern sitzen im Knast.“ „Weswegen?“ „Camilles Mutter sitzt wegen Untreue und Ehebruchs ein, ihr Vater wegen Erpressung.“ „Jesus!“ „Camille ist in unserer Runde sowas wie der Moralapostel. Sie sagt immer was sie denkt und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund.“ „Wie kommst du eigentlich darauf, dass der Pitbull ein Monster war?“, wollte Hera von Camille wissen. „Ist das nicht offensichtlich? Wer deine Cousine 10 Jahre lang ausbeutet und deren Kind entführt um sie sich gefügig zu machen, der hat echt einen an der Klatsche. Und sein Sohn war bestimmt nicht besser dieser pädophile Wichser.“ „Camille!“ „Du hast ein ziemlich loses Mundwerk, kleine Lady.“, sagte Ramon. „HALLO??? Der Sohn von diesem geldgierigen Drogenboss hat sich an dir vergangen. Mit so Leuten hab ich kein Mitleid. Das ihm die Speznas-Leute eine Sydney-Trichternetzspinne ins Bett gesetzt haben, geschieht ihm Recht. Den Vater hätte man ruhig an die Haie verfüttern können.“ „Das geht nicht, da werden die lieben Tierchen vergiftet.“, sagte Hera. „Wie dem auch sei. Unsere Welt hat zwei Bösewichte weniger.“, sagte ich. „Mich würde eines interessieren.“ „Was?“ „Was mit den Kartellen des Pitbull passiert ist.“, sagte Kelly. „Die sind beide Geschichte. Die DEA hat ein bisschen Druck gemacht, nachdem man in Washington vom Tod von Hernando Guzman erfahren hat.“ „Mal was anderes.“, sagte Alejandra. „Was?“ „Ich möchte euch alle herzlich einladen, Weihnachten und Silvester hier bei mir auf Kreta zu verbringen.“ „Sam?“ „Warum nicht? Ist doch mal was anderes, als zu Hause im kalten Frankfurt.“ „Kelly?“ „Ich würde mich freuen.“ „Dann sagen wir zu.“, meinte ich. „Ihr werdet es bestimmt 295 nicht bereuen. Auch für die Kinder wäre es schön.“ Wohin uns unser nächster Fall führen würde, wussten wir noch nicht. Ebenso wenig konnten Jelena und ich ahnen, wie sehr uns der Dobermann bei unseren Fällen zur Seite stehen würde. 296 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)