Red Silver von minowari (Vampire AU) ================================================================================ Kapitel 19: Yakisoba -------------------- Es begann mit Rückenschmerzen. Sie brannten sich in sein Bewusstsein, solange bis es nicht mehr auszuhalten war. Er schlug die Augen auf. Staubkörnchen tanzten in der Luft umher. Wo… Wo war er? „Ah! Er ist wach!“, kreischte eine weibliche Stimme und Shizuo stöhnte auf, als seine Ohren klingelten. Die Stimme war so hoch, dass es nur ein Kind sein konnte. „Yukio! Komm schnell!“ Doch als Shizuo den Blick in die Richtung wandte, wo die Stimme hergekommen war, sah er niemanden. Irritiert richtete er sich auf. Schwindel überfiel ihn wie eine Lawine. Zischend packte er sich an den Kopf. Alles drehte sich im Kreis. Erst nach geschlagenen zehn Sekunden hörte es auf. „…Hey! Wo…wo bist du hin?“, rief er in den Raum, doch es kam keine Antwort. Immer noch etwas schwindelig blieb er sitzen und konzentrierte seinen Blick. Dabei bemerkte er, dass er auf einer Liege gelegen hatte und mit medizinischen Geräten verbunden war. Shizuo durchfuhren die Bilder wie Blitze. Ein Déjà-Vu. Nicht schon wieder. War er etwa immer noch bei der Bruderschaft? Oh nein. Dann durfte er keine Zeit verlieren! Mit einem Ruck, zog er sich die Injektion aus seinem Körper und ignoriertes das eintönige Piepen was danach folgte. Danach blickte er suchend um sich. Der große Raum in dem er sich befand, passte überhaupt nicht zur Bruderschaft. Die Wände waren aus dunklem Mahagoni Holz, eine weinrote Couch und mehrere Sessel zierten die hintere Ecke und sogar einen altertümlichen Kamin gab es. Diesen hatte er zuvor nur in Filmen gesehen. Wo zum Teufel war er hier? Während er sich immer noch verwirrt umsah, begann sein Magen plötzlich zu knurren. Es tat schon fast weh, so heftig überkam ihn der Hunger. Wann hatte er auch schon zuletzt was gegessen…? Durst hatte er auch… Sein Blick wanderte im Raum umher, doch nirgends sah er eine Wasserkaraffe oder ein Waschbecken. Aber er sollte nicht länger in diesem seltsamen Raum verweilen, denn wenn er wirklich noch bei der Bruderschaft war, musste er so schnell wie möglich hier raus! Eilig wandte sich Shizuo zur nächsten Tür. Doch als er sie öffnete, kam er in einen großen Flur, der sich über dreißig Meter erstrecken musste. Auch hier waren die Wände aus dunkelrotem Holz. Alles wirkte edel und altertümlich. Das konnte nicht die Bruderschaft sein… Aber wo war er dann? Shizuo blieb im Gang stehen. Instinktiv kramte er in seinem Jackett. Kein Handy, keine Zigaretten, keine Schlüssel. Verdammt! Er durchforstete seine Erinnerungen. Was war zuletzt passiert? „Das ist alles Ihre Schuld!“ Ach ja. Diese Frau wollte ihn erschießen! Und dann… Dann war sie plötzlich tot. „Hi! Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat. Nun seid ihr in Sicherheit.“ Und dann kam dieser fremde Mann. Er… Hatte er sie mitgenommen? Und wo war Izaya? Wurde er auch mitgenommen? Denn er konnte sich nicht vorstellen, dass sie hier in Sicherheit waren. Vielleicht war der Floh in einem anderen Raum? Izaya war ziemlich angeschlagen, als er ihn zuletzt gesehen hatte… Bilder schossen ihm durch den Kopf. Der blutdurchtränkte Mantel, Izayas reglose Gestalt… Shizuo schüttelte plötzlich den Kopf. Machte er sich etwa gerade Gedanken um den elendigen Parasiten?! „Ach du liebes bisschen…“, ertönte es plötzlich hinter ihm. Shizuo wandte sich ruckartig um. Hinter ihm stand augenscheinlich ein Arzt. Er trug einen weißen Arztkittel, eine dicke Hornbrille und hatte einen langen weißen Bart. „Wer zur Hölle sind Sie? Haben Sie mich hier eingesperrt?“ „Sie sollten sich erstmal wieder hinsetzen, sonst fallen Sie mir gleich aus den Latschen.“, sagte der Mann und machte huschende Bewegungen mit seinen beiden Händen. „Mir geht es gut!“, knurrte Shizuo und wich ein paar Schritte nach hinten zurück. „Das sagen sie alle. Na los, bewegen Sie Ihre Beine. Husch husch!“ Der alte Mann war nahe dran, sich seinen Arm zu schnappen, doch Shizuo wich ihm aus. Wild blickte er um sich. „Wer sind Sie? Arbeiten Sie für die Bruderschaft?“ Der alte Mann seufzte schwer. „Mein Name ist Fukuyama Ren. Ich bin Arzt und ein Watcher. Und ganz sicher nicht von der Bruderschaft.“ Watcher…? Wo hatte er das schon mal gehört? Hatte irgendjemand in der Bruderschaft das mal erklärt? Wenn ja erinnerte er sich nicht mehr daran… „Was ist ein Watcher?“ Der Arzt hob daraufhin fragend eine buschige Augenbraue. „Haben Sie sich etwa auch noch den Kopf angeschlagen? Das hat mir niemand berichtet.“ Shizuo knurrte. „Nein verdammt!“, rief der blonde Mann. „Aber Sie sind doch ein Vampirjäger, oder ist das etwa auch nicht korrekt?“ Shizuos Wut pulsierte wild durch seine Adern. Er wollte nichts von der verdammten Bruderschaft hören! „Ich bin ganz sicher kein Vampirjäger! Dieser alte Sack hat mich nur dazu gezwungen! Jetzt spucken Sie es schon aus! Was ist ein Watcher? Und wo bin ich hier?“ Fukuyama richtete sich seine Brille. „Ein Watcher ist ein Mensch, der über die Existenz der Vampire Bescheid weiß und es unter Verschluss hält. Viele Kollegen aus der Ärztekammer und auch einige Krankenschwestern sind Watcher. Aber auch Menschen, die mit einem Vampir zusammenleben.“ Nach der Erklärung zog sich seine Wut langsam zurück und er konnte seine geballte Faust wieder entspannen. Shizuo atmete tief ein und aus. Er spürte, dass von diesem Mann nichts Böses ausging. Also schien der Mann Vampire zu kennen und sogar auch zu behandeln. „Na schön. Sie sind ein Watcher. Und wo bin ich hier?“ „In meiner Residenz.“, antwortete eine andere Stimme. Wie aus dem Nichts waren zwei weitere Personen neben dem Arzt aufgetaucht. Shizuo blinzelte verdutzt. Der alte Mann wandte völlig unbeeindruckt den Kopf. „Ah, endlich…ich wusste schon nicht mehr, was ich sagen sollte. Bitte kümmert euch weiter um ihn. Wie ihr seht, ist er wieder top fit.“ „Du hast genug getan. Die Familie Oshiro dankt dir.“, sagte der Mann mit den langen schwarzen Haaren und nickte dem alten Mann respektvoll zu. Für einen Moment wusste Shizuo nicht, wo er den fremden Mann schon mal gesehen hatte, doch dann fiel es ihm wie Schuppen vor die Augen. „Du!“, rief Shizuo. Der Fremde hob den Blick und wandte sich nun komplett ihm zu. Der ehemalige Bartender blinzelte verdattert, als er in dunkelrote Augen blickte. Ein Vampir? Er trug eine schwarze Trainingsjacke von der Marke Nike und dazu eine dunkle Jeans und es wirkte, als käme er aus dem Fitnessstudio. Er hatte schwarze, glänzende Haare, die ihm fast bis zum Bauch reichten. Seine Haut hingegen war so hell, als ob er noch nie die Sonne gesehen hatte. Während Shizuo ihn nur verblüfft anstarrte, legte sich ein Grinsen auf sein Gesicht. „Hi! Du bist endlich wach. Das freut uns.“, sagte er. „Genau! Genau!“, rief eine hohe weibliche Stimme und Shizuo erkannte, dass es dieselbe Stimme war, wie vorhin im Raum. Als der er hinab sah, konnte er neben dem fremden Mann ein kleines Mädchen mit langen blonden Haaren ausmachen, das aufgeregt auf und ab hüpfte. Sie hatte sich fest in den Arm des fremden Vampirs gekrallt, doch das schien ihn keinesfalls zu stören. Auch sie hatte rote Augen, doch ihre leuchteten geradezu. Sie konnte nicht älter als dreizehn Jahre alt sein… „Du riechst wirklich gut!“, verkündete das Mädchen und lächelte ihn an, als ob sie ihm gerade ein höfliches Kompliment gemacht hatte. „Äh…danke…“, murmelte Shizuo verdutzt. „Gern geschehen.“, sagte sie und lächelte noch breiter. Der fremde Mann hingegen brach in Gelächter aus. „Also wirklich Rosi…nimm dich bitte zurück.“, tadelte er grinsend. „Du kannst doch nicht einfach unseren Gast als gut riechend bezeichnen.“ „Was denn? Darf man hier nicht mal mehr aussprechen, was man denkt?“, keifte sie zurück und verzog ihr Gesicht zu einer Schnute. „Ich entschuldige mich für ihr Benehmen. Diese kleine Nervensäge hier ist Rosi Oshiro. Meine Schwester.“, sagte er und musste sich gefallen lassen, wie sie ihm in die Seite boxte. „He! Ich bin keine Nervensäge! Nimm das zurück!“ Ihr Bruder ignorierte sie und sprach einfach weiter. „Und ich bin Yukio Oshiro. Willkommen in Yūbari.“ Shizuo wusste nicht, was er zuerst verarbeiten sollte. Dass er von zwei völlig verrückten Vampiren umgeben war, oder dass er im Norden Japans gestrandet war. Wie zum Teufel war er hier hingekommen? War er nicht noch gestern in Shibuya im Hauptquartier der Bruderschaft gefangen gewesen? „Yūbari?“, fragte Shizuo, „also ihr meint…auf Hokkaidō?!“ „Korrekt.“, grinste der Mann namens Yukio Oshiro und seine Schwester wippte wie auf Bestätigung den Körper auf und ab. „Und ihr…seid…Vampire…?“ „Korrekt.“, sagte dieses Mal das Mädchen und zeigte Shizuo ihre spitzen Eckzähne. Verdutzt blickte Shizuo von einem zum anderen. „Keine Angst. Sie beißt dich nur, wenn ich es erlaube. Obwohl ich zugeben muss, dass du tatsächlich verlockend riechst.“ „Siehst du! Ich hab’s dir doch gesagt!“, rief Rosi beleidigt und hüpfte wieder auf und ab. Dabei fing ihr Bruder an zu lachen. „Ja du hast ja Recht.“, gab er zu und strich dem Mädchen liebevoll durch die Haare. Shizuo traute den beiden nicht. Auch wenn einer der Vampire ein kleines Mädchen war. „Wenn einer von euch versucht mich zu beißen, mach ich Kleinholz aus euch.“, knurrte Shizuo und wechselte in eine Verteidigungsstellung. Oshiro lachte auf. „Na klar. Weil du uns auch gefährlich werden kannst.“, höhnte der Vampir und legte den Kopf schief. Kaum hatte der andere zu Ende gesprochen, preschte Shizuo wie der Blitz nach vorne und holte mit seiner Faust aus. Doch das grinsende Gesicht des Vampirs verschwand wie eine Silhouette und der blonde Mann traf nur die Wand dahinter. „Oh wow! Ein starkes Menschlein haben wir hier!“, rief das blonde Mädchen plötzlich von der Seite. Es klammerte sich an Shizuos freien Arm und blickte fasziniert auf das Loch an der Wand, an der die Reste vom dunklen Mahagoni-Holz heraus bröckelten. Was zum Teufel? Wie war sie so schnell an seinen Arm gekommen? Wütend wirbelte Shizuo herum, um das Mädchen zu treffen. Doch sie hüpfte leichtfüßig von ihm davon, vollzog zwei Flick Flacks, während ihre wallenden blonden Haare ihr folgten wie ein Schatten. „Wir kennen die Gerüchte, Heiwajima-kun. Aber sie live zu sehen, ist doch wirklich sehr amüsant.“ „Ich bin begeistert!“, rief Rosi und klatschte ihre Hände zusammen. Shizuo knurrte wütend. „Wieso zur Hölle bin ich hier?“, fragte er und merkte dabei, dass er dringend eine Zigarette brauchte. Verdammt. Rosi lächelte ihn wieder an. „Du wurdest von unserem Clan aus dem Hauptquartier gerettet. Und weil die Regierung hinter uns her ist, haben wir dich und Iza-chan nach Yūbari gebracht.“, berichtete das Mädchen. Iza-chan…? Meinten sie etwa den Floh? Und Regierung? Die war hinter ihnen her? Waren sie etwa Verbrecher? Dümmlich beäugte er die beiden Vampire vor sich. „Die Regierung ist hinter euch her?“ „Genau genommen hinter dir und Iza-chan. Aber keine Sorge, noch haben sie uns nicht gefunden.“, sagte Rosi und nickte ihm lächelnd zu. Sie wirkte gerade zu optimistisch. „Was?!“, rief Shizuo perplex und wollte nicht glauben, was er da hörte. Die Regierung? In was war er da bitte hinein geraten? Oshiros Blick verdunkelte sich etwas. „Das klären wir am besten, wenn Ori-chan wieder bei Kräften ist…“ Ori-chan? Sie meinten also wirklich die Pest…? „Er…er ist auch hier?“ Der Gedanke, dass der Floh noch lebte, war irgendwie…erleichternd. Er hätte es nicht ertragen, wenn Muroko es geschafft hätte, den Parasiten umzubringen. Dieser alte Sack hatte es nicht verdient den Floh umzubringen! Als Shizuo an Muroko dachte, wollte er am liebsten die Wand verprügeln. „Ja er ist hier.“, antwortete Oshiro. „Ihm geht es allerdings nicht sonderlich gut…“ Shizuo stockte. Daran erinnerte er sich. Der verdammte Parasit wurde im Laufe des Kampfes mit Muroko zweimal angeschossen, einmal mit einem Schwert durchbohrt und einmal sogar so heftig gewürgt, dass er nicht mehr sprechen konnte. „Kishitani-kun konnte die zwei Kugeln problemlos entfernen. Aber Ori-chan erholt sich nur quälend langsam.“ Kishitani…? Sie meinten doch nicht etwa den vermaledeiten Untergrundarzt? Wieso kannten sie ihn? „Was Izaya jetzt braucht ist Blut.“, sprach Oshiro einfach weiter und nahm Shizuo die Chance zu sprechen. Dann blickte er den Blondschopf mit einem fast hypnotischen Blick an. Auch Rosi sah ihn mit ihren leuchtend roten Augen durchringend an. Doch in ihrem Blick lag eher eine stumme Bitte. „Blut?“, hinterfragte Shizuo schließlich, als die beiden Vampire ihn immer noch so dringlich anstarrten, „Dann gebt ihm doch welches. Hat dieser komische…wie hieß er gleich? Fukuyama-kun keine Blutbeutel mehr übrig oder was?“ Kaum hatte er geendet, fing Oshiro an zu lachen. Auch Rosi stimmte mit ein, und beugte sich kichernd nach vorne. „Haha, du bist echt komisch, Heiwa-chan!“, rief sie und lehnte sich lachend an die Wand. Heiwa-chan? Er hatte sich doch wohl hoffentlich verhört…! „Nenn mich nicht Heiwa-chan, klar? Und was ist daran denn komisch?“, raunzte Shizuo. „Du weißt nicht viel über Vampire oder?“ Shizuo sparte sich eine Antwort, stattdessen schenkte er den beiden Bekloppten einen grimmigen Blick. „Na gut, wir erklären es dir.“, sagte Oshiro und machte eine Handbewegung auf seine Schwester. Diese hopste voran und klatschte in die Hände. „Vampire die verletzt oder unterernährt sind, brauchen frisches Blut.“, belehrte Rosi den blonden Mann und hob den Zeigefinger in die Luft. „Dadurch heilen ihren Wunden viel schneller, als durch Blutkonserven.“ „Aha.“, sagte Shizuo trocken, der mit dieser Information nicht viel anfangen konnte. „Das interessiert mich nicht wirklich, aber danke für die Lehrstunde…“ „Das sollte es aber.“, sagte Oshiro und sein Grinsen verschwand aus seinem Gesicht. Für ein paar Sekunden wurde die Luft seltsam eisig und Shizuo bekam eine Gänsehaut. „Du wirst nämlich Izaya auf die Beine helfen, indem du ihn von dir trinken lässt.“ Schockiert öffnete sich Shizuos Mund, doch es kam nichts hervor. Wie bitte? Was sollte er? Es dauerte drei Sekunden, dann fand er seine Sprache wieder. „Dieser verdammte Floh hat schon dreimal von mir getrunken! Ein viertes Mal lasse ich ganz sicher nicht zu! Das könnt ihr vergessen!“, raunzte Shizuo wütend. Rosi blickte ihn enttäuscht an. „Wieso nicht? Du bist doch sein Seelenverwandter…“, murmelte sie mit belegter Stimme. „Sein Seelenverwandter?“, donnerte der blonde Mann ungläubig, bevor er kurz schnaubte. „Ich habe ehrlich gesagt keinen Plan mehr, was ihr von mir wollt. Ihr seid doch beide nicht ganz dicht in der Birne!“ Seelenverwandter? Das meinte dieses kleine Biest doch nicht ernst! Oshiro trat einen Schritt auf ihn zu. „Ich verspreche dir, dass ich es dir hinterher ausführlich erkläre. Du hast mein Wort.“, sagte Oshiro. Und für einen unerklärlichen Grund spürte Shizuo, dass der andere ihm die Wahrheit sagte und es auch so meinte. Es lag in der Luft. Wie ein Gefühl, dass man sehen konnte. „Du musst ihn nur trinken lassen. Er braucht im Moment dringend frisches Blut, ansonsten wird er in ein paar Tagen sterben.“ Sterben…? Der Floh? Das konnte er sich nicht einmal vorstellen, so absurd klang es. Er war wie ein Parasit, der immer wieder aus seinem Loch gekrochen kam. „Aber ich verstehe nicht wieso gerade ich es sein muss.“, erwiderte Shizuo, während er verwirrt die Stirn kräuselte. „Du bist der einzige, der ihm helfen kann.“, kam es salopp von Oshiro. Das wollte er jetzt nicht glauben. Das konnte nicht stimmen! Doch als er darüber nachdachte, machte es immer mehr Sinn. Wie Muroko es prophezeit hatte, war Izaya Orihara nur wegen ihm in das Hauptquartier eingebrochen. Damit er von ihm trinken konnte. War er wirklich der einzige, der Izaya helfen konnte? Shizuo blickte das blonde Mädchen an. Sie sah ihn immer noch mitleidig und traurig an und irgendwie wollte er nicht, dass sie ihn so ansah. Er wandte sich wieder an ihren Bruder. „Es gibt so viele Menschen auf der gesamten Welt. Ich kann doch schlecht der einzige sein, der für diesen Parasiten in Frage kommt!“, versuchte Shizuo sich aus dem Thema zu winden, doch Oshiro schüttelte den Kopf. „Oh doch. Das bist du. Ob du es wahr haben willst oder nicht.“, erklärte der Vampir, „Im Namen der Familie Oshiro bitte ich dich inständig darum: Lass Izaya Orihara von dir trinken.“ Verblüfft musste er beobachten, wie beide Vampire sich mit dem gesamten Oberkörper vor ihm verneigten. Das…das war… Es musste ihnen wirklich ernst sein. Shizuo wusste nicht, was er tun sollte. Er wollte dem verdammten Floh nicht helfen. Dafür hatte Izaya bereits genug Schaden in seinem Leben angerichtet. Allerdings hatte Izaya ihm im Hauptquartier geholfen die Stahlseile zu durchtrennen…und er war danach nicht einfach abgehauen, nein. Er hatte sogar den Schuss für ihn einkassiert… Ihn sterben zu lassen, war etwa genauso als würde er ihn ermorden… Verdammte Scheiße! „Ist ja gut! Hört auf, euch zu verneigen!“, rief Shizuo peinlich berührt, „Ich lasse ihn von mir trinken, okay?“ Ruckartig hoben beide Vampire die Köpfe. Oshiro blickte verdutzt aus der Wäsche, wohingegen Rosi begeistert auf ihn zusprang und sich seine Hände schnappte. „Danke! Danke, Heiwa-chan! Ich bin ja so froh!“, rief sie glücklich und lächelte ihn an. Shizuo war so überrascht über Rosis Reaktion, dass er es sogar zuließ, dass das Mädchen ihn berührte. „Eine weise Entscheidung würde ich sagen, Heiwajima-kun.“, sagte Oshiro, als er wohl seine Sprache wieder gefunden hatte. „Es wäre nicht schön gewesen, wenn wir dich hätten zwingen müssen.“ Shizuo verengte die Augen. Sie hätten nicht gezögert, ihn als Blutbeutel auszuliefern, bemerkte Shizuo trocken. „Nein, das wäre nicht schön für euch ausgegangen.“, knurrte Shizuo wütend. Oshiro ließ ein kleines Lachen verlauten. „Du hältst dich immer noch für unbesiegbar oder?“ Shizuos Wut pochte erneut durch seine Adern. Rosi, die immer noch seine Hände festgehalten hatte, ließ ihn daraufhin überrascht los und landete leichtfüßig neben ihrem Bruder. „Er ist ganz impulsiv! Seine Aura ist stark, Nii-san!“, berichtete das blonde Mädchen. „Das weiß ich.“, antwortete er seiner Schwester leise, bevor er sich wieder an Shizuo wandte. „Du kannst dich gerne in Form einer Mahlzeit stärken, bevor wir dich zu Ori-chan bringen.“ Eine Mahlzeit… Allein das Wort löste den Hunger in ihm aus. Wie lange hatte er schon nichts mehr gegessen? Shizuos Magen knurrte daraufhin, als ob dieser die Worte auch gehört hatte. Peinlich berührt, sah Shizuo zur Seite. „Wow! Kam das aus deinem Bauch?“, rief Rosi mit überraschter Stimme und blickte verdutzt auf Shizuos Unterleib. Oshiro begann zu lachen. „Du musst sie entschuldigen. Rosi hatte noch nicht viel Kontakt zu anderen Menschen. Sie kennt nur die naturellen Basics. Zum Beispiel dass ihr deutlich mehr Schlaf braucht, andere Mahlzeiten zu euch nimmt und dass ihr auf Toilette müsst.“ Irgendwie musste Shizuo daraufhin schmunzeln. „So wie ich. Ich wusste nicht, dass Vampire gar nicht auf Toilette gehen.“, meinte Shizuo belustigt. Oshiro lachte. „Wir werden später noch genügend Zeit haben uns auszutauschen.“ Oshiro begann sanft zu lächeln, als er wieder seine Schwester ansah. „Magst du Heiwajima-kun in die Küche geleiten, Rosi? Ich werde währenddessen Ori-chan vorbereiten.“ „Du kannst dich auf mich verlassen!“, rief sie euphorisch und salutierte theatralisch. Oshiro blickte wieder zu Shizuo und seine Mimik zeigte kein Grinsen. „Ich weiß nicht in welch einem Zustand Izaya inzwischen ist. Er wird höchstwahrscheinlich nicht ansprechbar sein. Er ist schon ein paar Mal dem Blutrausch verfallen.“, warnte der Vampir. Blutrausch? Was sollte das bedeuten? Ihm fiel als einziges die Frau aus dem Käfig ein, die er im Hauptquartier der Bruderschaft gesehen hatte. Diese ist auch wie ein Tiger unruhig hin und her gelaufen und hat den Tierkadaver quasi ausgesaugt. Und wenn Oshiro ein paar Mal sagte… „Wie lange ist er denn schon hier?“ „So lange wie du auch. Vier Tage.“ „Vier Tage?!“, rief Shizuo überrascht. Er war vier Tage lang bewusstlos? Nicht anwesend? Was mochten wohl sein Bruder und Tom von ihm halten? Suchten sie nicht inzwischen nach ihm? „Ja. Laut Fukuyama-kun hattest du immer noch Betäubungsmittel der vampiriellen Art in deiner Blutlaufbahn. Dieses Mittel hat dich sehr stark eingeschränkt.“ „Dieser Bastard Muroko hat es mir immer wieder injiziert…!“, knurrte Shizuo. „Dann ist es ein Wunder, dass du bereits nach vier Tagen wieder zu dir gekommen bist.“, sagte Oshiro mit einem erstaunten und anerkennenden Nicken. „Aber Izaya hatte es nicht so einfach wie du. Er wurde schwer getroffen. Seine Wunden heilen kaum bis gar nicht. Sein Fleisch verrottet, wenn er nicht bald trinkt.“ Shizuo zischte. „Ist ja gut. Ihr braucht nicht auf die Mitleidstour zu fahren, ich hab doch schon bereits zugesagt, ihn von mir trinken zu lassen. Was wollt ihr denn noch von mir?“ Oshiro lächelte ihn dieses Mal an. „Auch wenn ich dich bislang nicht großartig leiden konnte, wirst du mir langsam sympathisch, Blondschopf.“ „Für dich immer noch Shizuo Heiwajima…“, raunzte der ehemalige Bartender. „Na los, komm schon, Heiwa-chan! Du musst unbedingt unsere leckeren Gerichte probieren!“, drängelte Rosi von der Seite, doch Oshiro hob die flache Hand und das Mädchen verstummte. „Eine Sache noch, bevor du mit Rosi in die Küche gehst…“ Er trat einen Schritt auf ihn zu. „Ich weiß nicht, wie viel Zeit uns noch bleibt, also sage ich es jetzt.“ Oshiros Blick wurde wieder hypnotisierend. Shizuo blinzelte. „Am besten ist es, wenn du ruhig bleibst und Izaya zu dir kommen lässt. Nervosität, Angstgeruch und hektische Bewegungen könnten ihn nur noch wilder machen.“ Er sprach über Izaya, als wäre er tatsächlich ein ausgebüxtes Tier. Ruhig bleiben, was? Nicht gerade einfach, wenn man wusste, dass der andere einen in den Nacken beißen würde. Shizuo schnaubte. „Machst du ihn nur noch wilder, indem du Angst bekommst oder gar weg läufst, kann ich nicht für deine Sicherheit garantieren, Blondschopf.“ „Pah! Ich werde nicht vor ihm weg laufen! So weit kommt es noch, dass ich vor diesem Bastard weg renne…“ Auf Oshiros Gesicht bildete sich ein lasches Grinsen. „Ori-chan hat sich sehr bemüht. Doch irgendwann fallen selbst die härtesten Vampire in den Blutrausch…“ „Was genau bedeutet eigentlich Blutrausch? Das man nur auf Blut aus ist?“ „Genau das. Sie sind nicht mehr bei Sinnen. Sie folgen nur einem Instinkt: Dem Hunger.“ Shizuo schluckte. Also tatsächlich wie diese Frau in dem Käfig, die wie wild umher getigert war. Shizuo konnte sich nicht vorstellen, dass Izaya so sein konnte… Oshiro nickte bedeutsam. „Ich sehe, du verstehst.“ In welch einer Beziehung standen die beiden Vampire eigentlich zueinander? Waren dieser Yukio Oshiro und Izaya Geschäftspartner? Waren sie miteinander verwandt? Letzteres war kaum vorzustellen. Doch man merkte, dass Oshiro Yukio sich sehr um Izaya bemühte. Etwas, das Shizuo nicht gefiel. Moment mal. Das konnte ihm doch völlig egal sein! „Nun komm schon Heiwa-chan! Sonst gibt es für dich nichts mehr zu essen.“, jammerte und bedrohte Rosi zugleich und hüpfte dieses Mal an seinem linken Arm hoch und runter. „Lass mich los.“, warnte Shizuo das Mädchen und wollte sich ihren Arm packen, jedoch schraubte sich ein fester Griff um sein Handgelenk. Ein teuflischer Schmerz durchfuhr ihn wie ein Blitz und er keuchte. Der Griff war so fest, dass Shizuo dachte, sein Knochen würde brechen. „Ach ja und noch was: Keine Gewalt gegen Rosi. Oder du wirst es bereuen.“, warnte Oshiro mit kalter Stimme. Die dunkle Aura in der Luft drohte ihn zu ersticken. Shizuo hatte sowas noch nie zuvor gespürt. „Jetzt lass ihn schon los! Er wird mir nichts tun. Erstens, bin ich kein kleines Kind mehr! Ich kann sehr gut auf mich selbst aufpassen!“, drängte das blonde Mädchen. „Und zweitens ist er immer noch ein Mensch. Ich bin also schneller als er. Er wird mich nicht erwischen, okay?“ Oshiro starrte Shizuo mit seinen dunkelroten Augen kalt an. Aber dann ließ er sein Handgelenk los und der eisige Moment war vorbei. Was zum Teufel?! „Na schön. Ich vertraue dir, Schwesterherz. Pass gut auf ihn auf.“ Jetzt lächelte er wieder und wollte seiner Schwester über den Kopf streicheln, doch sie schlug beleidigt seine Hand weg. Shizuo wollte gar nicht erst wissen, was dieser Oshiro mit ihm machen würde, hätte er Rosi tatsächlich verletzt. „Nun geht schon. Ich werde nach Izaya sehen.“, verkündete er und wandte sich um. Innerhalb von Sekunden war er nicht mehr im Flur zu sehen. Warum zur Hölle konnten Vampire teleportieren?! „Hier entlang, Heiwa-chan!“, rief Rosi, „Bist du dort hinten eingeschlafen?“ Shizuo knurrte nur, doch das reichte bereits, um sie zum Lachen zu bringen. Er folgte dem hüpfenden Mädchen den Gang hinunter, bis sie durch eine Tür auf der linken Seite in einer geräumigen Küche landeten. Es sah aus wie eine Gastronomieküche. Mehrere Köche hantieren über brutzelnden Töpfen und Pfannen geschäftig hin und her. Sie alle hoben den Kopf, als Rosi zusammen mit Shizuo eintrat. Die meisten unter ihnen schienen Menschen zu sein, denn Shizuo konnte keine roten Augen erkennen. „Willkommen Rosi-sama. Welchen Wunsch können wir euch erfüllen?“, fragte einer von ihnen sogleich. „Das ist Shizuo Heiwajima. Unser Ehrengast. Aber ihr könnt ihn auch Heiwa-chan nennen.“, erklärte Rosi ihnen lächelnd. „Hör auf mich so zu nennen!“, schnauzte Shizuo die Vampirin an. Doch sie kicherte nur. Was verbreitete sie einfach irgendwelche Spitznamen? „Willkommen in Yūbari, Heiwa-chan. Rosi-samas Wunsch ist uns Befehl.“, sagte wohl der Chef der Truppe, denn er trug eine große Kochmütze. Shizuo stöhnte. Jetzt nannten ihn sogar die Köche so! „Was wünschen Sie zu essen?“ Rosi starrte ihn neugierig an. „Was?“ „Nicht was! Was willst du essen?“, rief Rosi und stemmte die Hände in die Hüfte, „Wir haben so gut wie alles da, was die lieben Menschlein gerne zu sich nehmen. Wie wärs zum Beispiel mit Itameni? Oder Gyoza? Oder willst du vielleicht ausländisch essen? Ich habe in einem Buch über deutsche Gerichte gelesen und dort gab es so ein tolles Gericht mit gebratenen Kartoffeln…das sah eigentlich ganz gut aus. Was meinst du?“ Das blonde Mädchen wurde immer euphorischer und wedelte mit ihren Händen in der Luft umher. „Oder vielleicht doch italienisch? Magst du Pizza? Nein warte! Wie wär’s mit einem 3-Gänge-Menü? Die Lauchsuppe hier ist wirklich fantastisch! Sebastian-san liebt sie!“ Einer der Köche zog daraufhin den hochroten Kopf in den Nacken. Das schien Sebastian zu sein… „Also, was möchtest du essen, Heiwa-chan? Die Köche hier kennen alle möglichen Gerichte.“ Der Koch nickte daraufhin. Shizuo schwirrte völlig der Kopf. Maßlos überfordert nannte Shizuo das erste Gericht, das ihm einfiel. „Äh...Yakisoba?“ „Kommt sofort.“, antwortete der Chefkoch und machte sich ans Werk. Dann verschwand er wieder hinter den Kochtöpfen. „Yakisoba? Ernsthaft?“, fragte Rosi und schüttelte den Kopf. „Halt die Klappe.“, grummelte Shizuo. „Du hättest auch ein 3-Gänge-Menü bestellen können.“ Verwirrt blickte er Rosi an. Was zum Teufel war das hier? Wozu haben Vampire eine solch große Küche, wenn sie doch selbst kein menschliches Essen benötigten? „Besitzt ihr etwa ein Restaurant?“, fragte Shizuo. Wieder brachte er das Mädchen zum Lachen. „Haha, nein! Die Köche gehören zu unserem Personal.“ Personal? „Also ein Hotel?“, riet Shizuo weiter. Rosi machte seltsame Geräusche wie bei einer falsch beantworteten Frage in einer Quizshow und kreuzte ihre Arme. „Nööt! Auch nicht!“ Was zum Teufel sollte dieser Laden denn sonst darstellen? Es konnte sonst nur eine Villa sein… Shizuos Augen weiteten sich. „Seid ihr etwa reich?!“ Rosi grinste ihn nur an und das reichte ihm als Antwort. Okay. Nun war er völlig überfordert. „Ihr Yakisoba ist jeden Moment fertig, Heiwa-chan.“, ertönte die dunkle Stimme des Chefs, „Bitte begeben Sie sich in den Speisesaal.“ „Komm hier entlang!“, rief Rosi freudig und zog ihn in einen anderen Raum, der vermutlich den Speisesaal darstellen sollte. Naja, oder vielleicht doch eher einen Festsaal… Ein viel zu langer Tisch, mit weißer Tischdecke, poliertem Gläsern und Porzellan thronte in der Mitte des Raumes. Ein Kellner (oder vielleicht war es auch ein Diener) in Butler Kleidung stand am Kopfende des Tisches und nickte ihnen zu. Rosi setzte sich bereits und deutete auf einen der Stühle. Der Bedienstete kam sofort angelaufen und fragte nach Getränken. Auch hier überraschte Shizuo das blonde Mädchen. „Was? Erdbeermilchshake? Ist das nicht dieses künstliche, süße Zeug aus kalter Milch?“ Sie verzog ihr Gesicht zu einer Grimasse. „Du musst es ja nicht trinken, oder?“, knurrte Shizuo genervt und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Als das Getränk kam, blickte sie dennoch neugierig und gleichzeitig angewidert zu, wie Shizuo durch den Strohhalm den ersten Schluck zu sich nahm. Herrlich! Wie lange hatte er schon kein Milchshake mehr getrunken? Als Rosi etwas sagen wollte, tauchte der Chefkoch hinter ihnen auf. „Ihr Yakisoba, Heiwa-chan. Wie gewünscht.“ Der Koch stellte einen großen dampfenden Teller mit gebratenen Nudeln vor seine Nase ab. Allein der Duft, ließ Shizuo das Wasser im Munde zusammenlaufen. Er war so sehr vom Duft abgelenkt, dass es ihm sogar egal war, mit Heiwa-chan angesprochen zu werden. „Na los, beeil dich! Sonst wird dein Essen noch kalt!“, rief Rosi ungeduldig, so als müsste sie es selbst essen. Shizuo schluckte sein Knurren herunter, denn stattdessen tat er, was sie von ihm wollte und nahm sich das Besteck zur Hand. Der erste Bissen war wie der siebte Himmel. „Wow! Du isst es tatsächlich!“ Völlig begeistert sah Rosi ihm zu, wie er die Nudeln verspeiste. Doch davon ließ Shizuo sich nicht beirren. Viel wichtiger war ihm gerade die Mahlzeit vor seiner Nase. Es tat richtig gut und Shizuo spürte bereits, wie die Kraft langsam zurück kam. „Und dir wird nicht schlecht!“ Mit vollem Mund, wandte sich Shizuo nun doch an das blonde Mädchen. „Wift di dön fon Nufeln flecht?“, fragte er. Rosi bekam ganz große Augen. „Weißt du das denn gar nicht? Vampire essen keine Nudeln!“ Ein paar Sekunden blickten sie sich beide nur an. Dann fing Rosi an lauthals zu lachen. Shizuos Faust ballte sich vor Wut auf diesen Frechdachs. Doch er hielt sich zurück, denn ihm kam zum Glück rechtzeitig Oshiros Warnung in den Kopf. Doch niemand hatte ihm verboten zu sprechen. „Ihr könnt Nudeln essen, ihr wollt es bloß nicht!“, rief er dann und schob ihr seine Gabel ins Gesicht. „Hier! Probier doch mal!“ „Du weißt wirklich nicht viel über Vampire oder?“, wiederholte sich Rosi und beäugte skeptisch die Gabel. „Das ist für uns kein Genuss, okay? Also iss du es lieber, Heiwa-chan.“ Dieses Mal klang ihre Stimme ernst, also nahm er die Gabel zurück. „Tom-san hat auch Pommes gegessen und er ist ein Vampir!“ Rosi verzog ihr Gesicht. „Pfui! Dieser Tom-san tut mir jetzt schon Leid…“, sagte sie mitleidig und rümpfte die Nase. In Shizuo Kopf schwirrten die Fragezeichen. Wie hatte Tom die Pommes so belanglos essen können, wenn allein die Vorstellung für Rosi die reinste Tortur war? Kopfschüttelnd aß Shizuo zu Ende und lehnte sich danach zufrieden zurück. „Ist dein Unterleib jetzt größer geworden?“ Rosis Stimme war viel näher als vorher und Shizuo bemerkte, dass sie auf den Tisch geklettert war und mit Bauch vor ihm lag. Dabei beäugte sie Shizuos Bauch, als ob sie noch nie einen Menschen gesehen hatte. Dieses Mädchen… „Nein, nicht wirklich.“, grummelte Shizuo. Sie grinste ihn an. „Aber siehst du nicht-“ Rosi stoppte mitten in ihrer Frage, als plötzlich der Boden unter ihnen zu beben anfing. Was zum Teufel? Rosi wurde plötzlich ganz still und ihr Verhalten veränderte sich. Ihre Augen wurden ganz groß. „Oh nein…“, murmelte sie. „Was ist?“, fragte Shizuo sogleich und ahnte nichts Gutes. „Iza-chan…er ist ausgebrochen!“, rief sie nun und Panik flutete ihr liebliches Gesicht. „Er wird dir wehtun! Du musst verschwinden!“ Überrascht blinzelte Shizuo. Woher wusste sie das- Ach was dachte er sich denn? Es waren Vampire… Wer weiß, vielleicht sprachen sie sogar noch in Gedanken miteinander. Wundern würde es Shizuo nicht. Aber dass Rosi solche Panik verspürte, hieß nichts Gutes… Und dennoch… Was sollte er denn tun? Abhauen kam nicht in Frage. Vampire waren schneller als Menschen. Zweitens hatte er den beiden versprochen, dass er Izaya von ihm trinken ließ. Drittens, war er anscheinend der einzige, der das erledigen konnte. Warum auch immer. Also was sollte er abhauen wie ein Feigling? „Nein. Ich werde hier bleiben.“, sagte der blonde Mann, „Der Floh soll ruhig kommen. Ich habe eh noch eine Rechnung mit ihm zu begleichen…“ „Nein! Nein, das geht nicht! Wir können für nichts garantieren, wenn er im Blutrausch ist!“ Rosis Ausdruck wurde immer unruhiger, während Shizuo genau das Gegenteil verspürte. Statt auch nervös zu werden, erfüllte ihn eine seltsame Ruhe. Als sie anfing um ihn herum zu springen, schnappte er sich ihre Arme. „Hey…es ist alles in Ordnung. Er wird mich schon nicht-“ Dann knallte es. Eine der Türen flog aus ihren Angeln, zersplitterte am Boden in tausend Einzelteile. Im Türrahmen erschien er. Wie ein tollwütiges Tier mit bestialischem Blick und glühend roten Augen sah Izaya zu ihm. Shizuo schluckte, denn die Nervosität kam zurück wie ein Boomerang. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)