Red Silver von minowari (Vampire AU) ================================================================================ Kapitel 5: Weapon ----------------- „…kalt wie Eis. Ihre Temperatur ist weit unter der eines Menschen. Zumindest war das noch vor Jahrhunderten der Fall. Deshalb wurden sie damals auch als „kalte Wesen“ bezeichnet.“ Das Buch wurde mit einem lauten Geräusch zusammen geklappt und der Mann erhob sich von seinem Stuhl. „Doch heute wissen wir, dass die Vampire in einem stetige Wandel sind. Selbst die Reinblüter weisen nicht mehr alle dieselben Merkmale auf, die früher für einen Vampir bekannt waren.“ Er stoppte kurz und blickte in eine bestimmte Richtung. „Deshalb müsst ihr offen für Neues sein und vor allem vorsichtig. Die Lektion ist für heute beendet.“ Erleichtertes Ausatmen war zu hören, als die meisten Personen in dem kleinen Raum sich eilig erhoben und ihre Sachen zusammen packten. Es war die letzte Stunde für diesen Tag und die meisten waren anscheinend froh sich den praktischen Dingen ihres persönlichen Trainings zuzuwenden. Shizuo hingegen blieb sitzen und starrte mit einem wütenden Blick zu seinem Lehrmeister nach vorne. Seit mehreren Tagen saß er hier nun fest. Dabei gab es für ihn bislang jeden Tag denselben Rhythmus. Morgens wurden sie bereits früh aus den Betten geschmissen, was Shizuo gar nicht gefiel. Punkt sieben Uhr wurden sie bei einem bärtigen Mann namens Mutsu erwartet, der nur hörte, wenn man ihn mit Mutsu-sama ansprach. Er war ihr Fitness Trainer, wenn Shizuo es in seinen Worten ausdrücken müsste. Sie sollten schwierige Parcours absolvieren, traten in verschiedenen Disziplinen wie zum Beispiel im Laufen gegeneinander an und wurden unter enormen Zeitdruck von Mutsu getriezt. Das ging so lange, bis es schließlich Mittag war und es das erste Mal etwas zu essen gab. Danach kamen die Unterrichtsstunden, die hauptsächlich für die Neulinge unter den Rekruten waren und von Muroko Akaguchi durchgeführt wurden – der Leiter dieses ganzen Misthaufens. Der blonde Mann wollte ihm immer noch am Liebsten den Hals umdrehen. Shizuo zählte zu den Neulingen, weshalb er mit zwanzig anderen Rekruten an dem sogenannten Unterricht teilnehmen musste. Für Shizuo waren sie quälend langwierig und unnütz, auch wenn Muroko ihn manchmal mit interessanten Themen überraschen konnte, doch das war eher selten der Fall. Diese Stunden hatten sich dahin gezogen wie Kaugummi. Erst gegen den späten Nachmittag durften sie gehen, um sich ihrem persönlichen Training zu widmen. Doch Shizuo war eine Ausnahme. Ihm war es nicht erlaubt gewesen zu trainieren, bis Muroko entschied, er wäre soweit. Shizuo wusste noch genau, wie furios er darüber war. Stattdessen wurden ihm alte Bücher aus längst vergangen Zeiten hin geklatscht, die er durchlesen sollte. Jedoch hatte er diese dicken Wälzer – ohne ein schlechtes Gewissen zu haben – getrost ignoriert. Abends wurde es schließlich Zeit für die Bettruhe. Er war zusammen mit fünf fremden Rekruten in einen Raum mit Badezimmer gepfercht worden, dass er sich mit ihnen teilen musste. Wie er herausgefunden hatte, hieß einer von ihnen Saigo, der ihn immerzu blöd angaffte und ihn beobachtete, doch Shizuo hatte entschieden, sie allesamt zu ignorieren. Er hatte sein Bett beschlagnahmt und hatte jeden, der ihm auch nur irgendeine Weise auf die Nerven ging, mehr als nur bedroht. Daraufhin wurde er in Ruhe gelassen. Die ersten zwei Tage hatte Shizuo sich vehement geweigert, bei dem Fitness Training oder dem Unterricht teilzunehmen und zu gehorchen. Er hatte sich mit Mutsu geprügelt, die Arbeitsgeräte beschädigt und hatte sogar mehrfach versucht, aus dem Gebäude zu entkommen. Jedoch misslang ihm jeder einzelne Versuch. Jedes Mal wurde er am Ende durch die schiere Anzahl an Rekruten überwältigt und teilweise mit den verschiedensten Waffen bedroht. Einmal sogar, hatte sich Muroko selbst eingemischt und ihm ganz zum Schluss eines missglückten Fluchtversuchs – als er bereits von dutzenden Rekruten festgehalten wurde – einen saftigen Schlag verpasst. "Hören Sie auf, sich wie ein Kind zu benehmen.", hatte er gesagt und aus irgendeinem Grund, hatte sich Shizuo extrem furios aber auch irgendwie in seiner Ehre gekränkt gefühlt. Als Strafe für sein Benehmen hatte er nur eine magere Mahlzeit am Tag bekommen und ihm wurde seine tägliche Ration an Zigaretten entzogen, was Shizuo nur durch einen weiteren verlorenen Kampf hinnahm. Es wurde ihm ebenfalls nicht erlaubt, seine kleine freie Zeit, die ihm täglich blieb, auszukosten um sich einen weiteren Fluchtplan zu überlegen. Es fühlte sich immer mehr wie ein Gefängnis an und nicht wie eine Organisation, die angeblich Rekruten ausbildete, um Vampire zu töten. Dann, am dritten Tag, waren der Hunger und die Sucht nach Zigaretten so mächtig geworden, dass er gezwungen war, mitzumachen und zu gehorchen. Beim Training und auch beim Unterricht. Das Training war für ihn nicht schwierig gewesen zu absolvieren, jedoch ging es hier um das bloße Prinzip und die Sturheit, die Shizuo Heiwajima ausmachte. Er würde sich nur für den Moment fügen, und mit Sicherheit nicht auf ewig. Und irgendwann würde er hier heraus kommen und diese Bruderschaft zerstören! „Wie lange soll das noch so weiter gehen?“, fragte Shizuo schließlich an Muroko gewandt, als er sich von seinem Tisch aufrichtete und zum Pult nach vorne ging. Muroko hob den Blick und lächelte ihn an. Das Lächeln machte Shizuo wütend. Sie befanden sich in einem kleinen Raum, der fast als ein Klassenzimmer durchgehen konnte, so wie die Stühle und Tische angeordnet waren. Er wurde ja durch den alten Mann dazu gezwungen, sich ausbilden zu lassen, so wie er es nannte. Das wäre ja nochmal was, wenn es bald einen Beruf namens Vampirjäger geben würde. Fanden die das etwa lustig? Machte es ihnen etwa Spaß die Leute mit Märchen zuzutexten, sie zu triezen und mit ihnen Hindernisparcours durchzugehen? Shizuo schnaubte wütend. Das einzig Vorteilhafte war wohl das sogenannte Gehalt, das er durch die unfreiwillige Ausführung dieser Berufung bekommen sollte. Doch davon hatte er bislang keinen einzigen Yen gesehen. Genauso wenig wie sein Handy und seine Schlüssel. „Ich wollte heute mit Ihnen zusammen Ihre Waffe aussuchen, damit sie ab morgen bei den Jagden dabei sein können, aber sie erscheinen mir immer noch etwas zu ungeduldig, Heiwajima-san…“ Murokos Ton zeugte von Hohn und er sagte es mit Absicht, um den blonden Mann auf die Palme zu bringen. Aber vor allem schien er damit Shizuos Ungehorsam zu meinen. Shizuo knurrte. „Ungeduldig?“, rief er. „Ich bin seit mehreren Tagen von euch mit Informationen über diese Wesen namens Vampire vollgedröhnt worden. Mir platzt jeden Moment der Kopf, wenn ich das noch länger mitmachen muss! Machen Sie weiter so und Sie werden sehen, was Sie davon haben!“ Shizuo knackte die Knöchel an seinen Fäusten und sah, wie Murokos Grinsen verschwand. Muroko seufzte nach einigen geschlagenen Sekunden. „Ich muss zugeben, dass mir der Gedanke einen erneuten Kampf mit Ihnen anzufangen, nicht wirklich gefällt. Das letzte Mal hat mir persönlich gereicht…und ich glaube Sie wissen ja, was passiert ist.“ Der alte Mann, der heute einen schwarzen Anzug mit einer passenden schwarzen Fedora trug, richtete sich auf und blickte mit seinen dunklen Augen zu seinem neusten Rekruten. Shizuo zischte. Natürlich wusste er was vor einigen Tagen in Murokos Büro passiert war. Shizuo hatte den Kampf verloren. Sonst würde er wohl kaum noch in diesem Drecksloch sein und sich „unterrichten“ lassen… An diesen schamvollen Kampf wollte er erst gar nicht denken! „Kommen Sie mit. Ich werde mit Ihnen persönlich Ihre eigene Waffe aussuchen. Immerhin sind Sie ein besonderer Fall und ich glaube die Zeit ist reif, dass Sie einsehen, wer Sie hier sind und wozu Sie hier ausgebildet werden.“ Shizuo verengte die Augen, während er dem Mann hinterher sah. Er ging voran und deutete mit seinem hoch gehobenen Arm an, ihm zu folgen. Wenn Shizuo den Erzählungen einiger Mitrekruten glauben konnte, dann existierte diese Organisation bereits seit Jahrhunderten. Es war unglaublich wie dieser Ort hier überhaupt diese lange Zeit lang geheim gehalten werden konnte. Es musste doch jemand hiervon wissen. Hatte es denn niemand, jemals entdeckt? „Sie werden je nach Waffe ein paar Übungsstunden brauchen, Heiwajima-san.“, begann der alte Mann zu reden, während sie den langen Korridor in eine ihm unbekannte Richtung gingen. „Es kann gut sein, dass Sie bereits heute Abend mitkommen können. Das hängt jedoch davon ab, wie gut Sie sich schlagen werden.“ „Sie haben mir meine Frage nicht beantwortet…“, kam es lediglich knurrend von dem blonden Mann und Muroko lachte. „Je besser Sie mitmachen bei uns, desto eher können Sie hier raus. Zumindest zurück in ihre eigene Wohnung, versteht sich. Sie wissen ja inzwischen, was wir von Ihnen verlangen.“, erwiderte Muroko und öffnete gerade eine große Metalltür, hinter der sich eine riesige Lagerhalle befand. „Und denken Sie doch nur: Sie können endlich ihren Erzfeind Izaya Orihara ausschalten! Und zwar ohne, dass Sie dafür bestraft werden. Das war doch schon immer ihr Vorhaben oder nicht?“ „Ich muss mich also beweisen, damit ich wieder zurück in meinen Alltag kann?“ Shizuo ignorierte den Kommentar von dem Floh und musste seine angestaute Wut unterdrücken. Doch es fiel ihm schwerer, als er gedacht hatte. „So ungefähr. Sie werden allerdings merken, dass nichts mehr so sein wird wie früher.“ „Und das auch nur wegen Ihnen, Sie verdammter-!“ „Nein. Sie sind nur wegen ihm hier. Wegen Izaya Orihara und niemanden sonst. Ich habe nur die Initiative ergriffen und Sie zu meinem Rekruten angeheuert.“ „Hören Sie auf von dieser Pest zu sprechen, oder ich drehe Ihnen den Hals um!“ Muroko blieb in der Mitte der Halle stehen und die beiden Männer standen vor einem großen Glaskasten. Sein Blick wirkte nachdenklich, als er Shizuo durchlöcherte und dessen geknurrte Drohung simpel ignorierte, als hätte er sie gar nicht ausgesprochen. „Haben Sie denn in den letzten Tagen nicht verstanden, worum es hier wirklich geht? Wieso wir uns diese Mühe machen?“ Shizuo blieb daraufhin stumm. In all dem Durcheinander von Ungehorsam, Unterricht und Hunger, hatte er doch einiges in Erfahrung bringen können. Manches freiwillig und manches eher gezwungener Maßen. In einem Bericht, den er durchlesen musste, wurde gesagt, dass die Mordfälle in Japan auffällig zunähmen und dass Polizei und andere Behörden sich seit Jahren nicht erklären konnten, woher all die Morde herkamen. In einem anderen Artikel in einer gängigen Tageszeitung, die Shizuo sogar kannte, wurden über vermisste Personen berichtet, die seit Jahren nicht aufgeklärt werden konnten. „Ich musste es durchlesen, also ja!“, antwortete Shizuo grimmig und brachte es nicht über sich, es zu leugnen. Es erinnerte ihn daran, als er versucht hatte, mit anderen Personen über einen Fluchtplan zu tüfteln. Sie hatten ihn angestarrt, als wäre er ein Alien. „Bist du verrückt? Ich werde hier bleiben und helfen! Vampire sind grausame blutsaugende Mörder! Sie haben mir meine Schwester genommen!“, hatte einer von ihnen wütend erzählt, woraufhin Shizuo nicht mehr wusste, was er sagen sollte. Da sich dieser seltsame Vorfall zwischen ihm und dem armen Rekruten schneller rumsprach wie eine Seuche, blickten ihn nun alle mit neugierigen Augen an. Abgesehen von denen, die es ohnehin schon taten. Die meisten Rekruten von ihnen wirkten manchmal wie Zombies auf ihn, so als ob sie bereits in einer anderen Welt lebten. Sie schienen seine Fluchtversuche nicht nachvollziehen zu können. Vermutlich fanden sie sich bereits in ihrer Rolle als Vampirjäger zurecht und gaben sich ihrem Schicksal hin. Aber vielleicht war es auch das viele Geld, das sie so fügsam machte… Shizuo hörte, wie Muroko schwer seufzte. „Sie werden es noch verstehen. Geben Sie uns und auch sich selbst ein wenig mehr Zeit.“ Muroko trat nach links weg und signalisierte dem blonden Mann, dass er sich anschauen sollte, was vor ihnen war. „Das sind unsere Hauptwaffen, die wir herstellen lassen. Sie eignen sich am besten zur Bekämpfung von Vampiren. Treffen Sie eine Wahl.“ Shizuo schluckte seine Wut und sein Unverständnis für einen Moment hinunter und trat näher heran. Es brachte nichts, weiterhin zu diskutieren und zu versuchen auf brutale Art und Weise zu fliehen. Er sollte lieber versuchen hier auf deren Art und Weise heraus zu kommen. Und das schien wohl nur zu funktionieren, indem er tat, was sie von ihm wollten. Als er hinunter in den Glaskasten sah, entdeckte er verschiedene Arten von Waffen, wovon er einige nur aus Filmen kannte. Verschiedene Pistolen, davon kleine bis große mit unterschiedlicher Schusskraft. Doch auch Waffen wie herkömmliche Küchenmesser waren vor Shizuos Nase ausgestellt. Eines davon war kleiner und unauffälliger als die anderen und wirkte auf ihn wie eines der Messer vom Floh. Shizuo knirschte mit den Zähnen. Jetzt bloß nicht an diese Pest denken…! „Viele junge Männer wie Sie bevorzugen die Ruger SR22. Sie ist unauffällig, handlich und kann mit dem passenden Equipment leise wie ein Windhauch sein.“, erzählte Muroko während er umsichtig die kleine Pistole auf ihrer Ablage nahm und Shizuo präsentierte. „Sie hat genügend Schuss, um einen Vampir ernsthaft zu verletzen. Sie ist von den kleineren Schusswaffen die Beliebteste.“ Irgendwie gefiel Shizuo das Modell nicht, erinnerte ihn zu sehr an einen hinterhältigen Mörder. „Was mit der da?“, fragte Shizuo. Muroko folgte seinem Fingerzeig und er entdeckte eine Schrotflinte. „Das gute Stück ist eher für erfahrene Jäger geeignet, die bereits Umgang mit Waffen in ihrem Vorleben gehabt haben.“ Vorleben... so nannte er es nun? Der blonde Mann verzog das Gesicht. Ihm gefiel es sowieso nicht, überhaupt eine Waffe bedienen zu müssen. Er hatte gutes Vertrauen in seine eigenen körperlichen Kräfte. „Ich mag die Schrotflinte.“, sagte Shizuo und blickte bedeutungsvoll zu dem alten Mann. Muroko hob fragend eine Augenbraue. „Sie wissen schon, dass Sie dann zu den Fernkämpfern gehören? Etwas, dass ich Ihnen bei ihren rabiaten Kampffertigkeiten nicht empfehlen würde.“ Bevor Shizuo etwas sagen konnte, sprach der alte Mann bereits weiter. „Wenn Sie schon eine Schrotflinte möchten, dann nehmen Sie die Typhoon F12. Man kann sie schneller nachladen als andere Modelle. Bei der Schnelligkeit unserer Gegner ist es aber nur wirklich wirksam, wenn Sie sie aus einer großen Distanz nutzen.“ Muroko fischte das genannte Modell aus dem Glaskasten und ahmte eine Benutzung nach, indem er die Waffe an den Lauf nahm und das linke Auge schloss. „Die anderen Waffen gefallen mir nicht.“, erwiderte Shizuo als simple Erklärung, woraufhin der alte Mann lachen musste. „Warten Sie es ab. Ich glaube ich habe eine Waffe, die für Sie perfekt ist!“, rief der andere euphorisch, als ihm anscheinend etwas eingefallen war. „Folgen Sie mir!“, drängte er mit mehreren Winks und lief ein Stück weiter in einen anderen Gang hinein. Andere vorbei laufende Rekruten blickten neugierig zu ihnen, während Shizuo dem Leiter folgte. „Hier, schauen Sie.“ Muroko wandte sich abrupt zu ihm um und hielt in seinen weiß behandschuhten Händen zwei kleine Objekte und es dauerte einen Moment bevor Shizuo realisierte, was genau der andere in der Hand hielt. „Schlagringe?“, fragte Shizuo ungläubig. „Modifizierte Schlagringe, Heiwajima-san. Wie Sie ja gestern gelernt haben, sind unsere lieben Vampire sehr empfindlich was das Element Silber betrifft. Diese Schlagringe wurden aus purem Silber angefertigt.“, erklärte Muroko und legte die beiden Waffen in Shizuos Hände, welcher fasziniert wirkte aber auch gleichzeitig mit Abneigung hinunter starrte. „Aber das ist noch nicht alles…“ Murokos linker Mundwinkel hob sich zu einem verschmitzten Lächeln, während er dem blonden Mann einen der Schlagringe entwendete. Er legte die Waffe um seine linke Hand, bevor er im nächsten Moment ausholte und ruckartig den Boden traf. Überrascht starrte Shizuo hinab. Als Muroko seinen Arm wieder hoch hob, sah er erst, was genau passiert war. Im Boden waren vier kleine Löcher zu erkennen. Verwirrt blickte Shizuo dann auf Murokos Hand. Aus dem Schlagring waren vier spitze, nadelartige Messer zu erkennen, die den Schaden verursacht haben mussten. „Diese Waffe ist für Nahkämpfer geeignet und somit perfekt für Sie. Ich will Sie nicht behelligen, jedoch sollten Sie ebenfalls auf ihre Stärken und Schwächen achten.“, sagte Muroko und als er mit seinem Daumen auf einen für Shizuo bislang unsichtbaren Knopf an dem Schlagring drückte, verschwanden die vier Messer zurück in ihr Versteck. Shizuo schluckte. „Wir haben uns durch einen Film für diese modifizierte Waffe inspirieren lassen. Sie ist noch relativ neu. Aber sie zeigt gute Ergebnisse im Kampf gegen die Blutsauger.“ Shizuo starrte auf die Waffe. Das Ding würde seine Faustschläge radikal gefährlich machen, sollte er es tatsächlich nutzen. „Schon gut. Dann nehme ich die Schlagringe.“ Muroko begann zu lächeln. „Fabelhaft!“ „Sie sagten, die Dinger seien aus purem Silber. Fertigt ihr alle Waffen so an?“, fragte Shizuo als er sich ungläubig umsah. Der Raum kam ihm nun nämlich wie ein Lagerraum vor, so wie er die ganzen Rekruten mit ihren persönlichen Waffen an ihm vorbei gehen sah. „Zum Teil, ja. Bei Handfeuerwaffen und Ähnlichem lohnt es sich nur bedingt. Dafür ist etwaige Munition aus purem Silber. Wenn die Kugel trifft, frisst sie sich nach und nach durch das verrottete Fleisch von diesen Blutsaugern – beinahe wie ein Virus. Es sei denn, sie wird entfernt.“ Shizuo runzelte die Stirn. „Entfernt? Gehen Vampire etwa zum Arzt oder ins Krankenhaus?“ Muroko lachte. „Bestimmt nicht, Heiwajima-san. Sie würden auffliegen.“ „Und wie machen Sie es dann?“ Muroko grinste etwas, als sein neuer Rekrut etwas mehr Interesse an dem ganzen Thema bekam. „Es gibt immer einen Weg die Kugel rechtzeitig zu entfernen. Und der einfachste Weg ist, einen Menschen darum zu bitten.“, erklärte er und blickte Shizuo bedeutsam an. Dieser erwiderte den fiebernden Blick. „Einen Menschen?“ Murokos Grinsen wurde bitter. „Es gibt einige Ärzte oder Pflegekräfte, denen es egal ist, ob ihr Patient ein Vampir oder ein Mensch ist. Diese Menschen sind stillschweigende Watcher, wie wir sie nennen. Sie sind neutral, also stehen auf keiner Seite, jedoch behandeln Sie Vampire wie Menschen.“ Murokos Ton wurde schärfer, als er wütend zur Seite blickte. „Die Regierung schützt diese Menschen, sonst hätten wir sie längst verurteilt…“ „Aber wieso?“ „Liegt es nicht auf der Hand?“, warf Muroko Shizuo entgegen und zwang ihn damit, nachzudenken. Shizuo verengte die Augen. „Es gibt Vampire unter den Führungskräften.“ „Exakt. Ich sehe, Sie verstehen langsam, wie es hier abläuft, Heiwajima-san.“, sagte Muroko mit gewissem Stolz in der Stimme, als er Shizuo den zweiten Schlagring abnahm. „Ich habe eine Frage…“, gestand Shizuo, als er die Hände tiefer in seine Hosentaschen vergrub. Silber war angeblich die einzige Schwäche, die bei allen Vampiren galt – egal ob Reinblüter, Mischling oder Frischblüter. Dass die Bruderschaft gleich komplette Waffen aus dem wertvollen Material herstellte, fand Shizuo ziemlich ungläubig. Immerhin war Silber nicht unbedingt günstig. Der blonde Mann räusperte sich. „Woher…habt ihr das ganze Geld für die Waffen und das Silber?“ Für einen Moment sah Muroko wütend aus, als ein Funkeln durch seine dunklen Augen fuhr, doch im nächsten Moment war es wieder verschwunden. „Was glauben Sie, Heiwajima-san?“ Er grinste nur, bevor er sich kommentarlos umdrehte und sich begann zu bewegen. Shizuo knurrte. Dieser alte Schnösel…! Trotzdem folgte der blonde Mann dem anderen, bis sie in einen großen mehrflächigen Trainingsraum traten, der hell beleuchtet war. Es gab mehrere Übungsecken, in denen verschiedene Waffen untereinander und gegeneinander trainiert wurden. In der vorderen Seite, an denen sie gerade vorbei gingen, sah er zwei junge Männer, die mit ihren Katana gegeneinander antraten. Wie die Bruderschaft es vorschrieb, trugen sie die weißen Klamotten, die hier jeder anziehen musste. Ein weißes Hemd, mit einem weißen Jackett und einer simplen weißen Hose. Das einzige anders farbige waren die Schuhe. Diese waren nämlich dunkel. Meistens ein tiefes Schwarz. Warum auch immer sie sich überhaupt für so eine extrem helle Farbe entschieden haben, war ihm ein Rätsel. Auch Shizuo war mit Gewalt dazu gezwungen worden, die Klamotten zu wechseln. Zumindest, solange er hier war. Shizuo zischte innerlich. „Hier werden Sie trainieren.“, kam Murokos Stimme an seine Ohren und er blickte zu dem alten Mann, der sich gerade seine Fedora richtete. Shizuo sah zur Seite und entdeckte auf der Trainingsmatte vor ihnen einen jungen Herrn. „Sie werden mit Saigo trainieren.“, gab Muroko einen knappen Befehl, bevor er sich umwandte und langsam fort ging. „Und bitte zerstören Sie nicht die Halle, während Sie hier sind, verstanden, Heiwajima-san?“ Shizuo antwortete ihm nicht, als der andere sich aus der Halle entfernte – aus reiner Sturheit. Stattdessen blickte er nun zu dem schwarzhaarigen Mann vor ihm. Er hatte kurz geschorene Haare, dazu eine krumme Nase und einen genervten Blick, den er Shizuo direkt spüren ließ. Seine dunkelgrünen Augen ließen darauf schließen, dass er ein Ausländer war. Sein braun gebrannter Körper war muskulös und wirkte etwas bullig, was wohl durch seine breiten Schultern zustande kam. Shizuo erkannte ihn. Das war einer der Kerle, die mit ihm in einer Zelle schliefen. „Die halbe Bruderschaft spricht nur noch von dir.“, sprach der Mann ihn an und bemühte sich nicht einmal um eine Begrüßung seinerseits. Saigo schien Shizuo aus der "Wohngemeinschaft", die aus insgesamt fünf anderen Rekruten bestand, wieder zuerkennen. Er warf dem blonden Mann zwei Schlagringe entgegen und nur noch mit Mühe konnte er die Waffen fangen. Er merkte sofort, dass dieser Mann anders war, als alle anderen. Zumindest schien dieser Saigo kein willenloser Zombie zu sein. Shizuo grinste leicht, als er sich die Schlagringe anlegte und prüfte. Sie passten sogar recht gut. „Ach ja? Was reden sie denn über mich?“ Saigo erwiderte die provozierende Gestik des blonden Mannes und verschränkte die Arme. „So einiges. Angeblich sollst du dich vor einigen Tagen mit dem Chef geprügelt haben. Aber davon glaube ich kein Wort. Muroko würde sich nicht für einen daher gelaufenen Rekruten die Hände schmutzig machen.“ Shizuo schnaubte, bevor er kurz auflachte. Dieser Saigo war ihm sympathisch. „Glaub was du willst. Ich bin nur hier, um herauszukommen.“, erklärte Shizuo das Offensichtliche. „Hey! Dann haben wir zwei ja was gemeinsam!“, rief Saigo, und ehe Shizuo ihn nach einem bestehenden Fluchtplan fragen geschweige denn überhaupt antworten konnte, wurde er gezwungen Saigos Schlagringen auszuweichen. Der blonde Mann sprang aus Reflex zur Seite und rappelte sich auf, um danach mehrmals Saigos Fäusten auszuweichen. Shizuo ergriff die Initiative und schlug sofort mit seinen eigenen Fäusten zurück, doch sein Gegner war schneller, als er erwartet hatte und wich ihm problemlos aus. Das ging eine ganze Weile so weiter, bis sie nach ein paar Minuten stehen blieben, um Luft zu holen. Der Kerl war nicht schlecht, dachte Shizuo. Vielleicht würde er mit ihm über einen Fluchtplan sprechen können, wenn er ihn besiegen würde. Saigo blickte ihn lediglich mit einem selbstbewussten Ausdruck an und machte die Komm-Her-Gestik mit der Hand. Shizuo begann daraufhin zu grinsen. Einen Versuch war es wert. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)