Die Sprache der Liebe von Goetterspeise (ist vielfältig) ================================================================================ Kapitel 2: Uniclub ------------------ Es war faszinierend, Sarada in der Früh zu beobachten, wenn sie sich für die Uni fertig machte. Jeder Griff und Schritt war genaustens geplant, sie musste nicht fünf Mal zurück in ihr Zimmer, weil sie etwas vergessen hatte und als sie sich schließlich hinsetzte, um ihr Frühstück zu sich zu nehmen, hatte sie noch über eine halbe Stunde Zeit, bevor sie los musste. Also das genaue Gegenteil ihres Bruders, der zwar mindestens genauso intelligent wie Sarada war, wenn die Erzählungen stimmten, die Himawari gehört hatte, aber bei Weitem nicht so durchstrukturiert. »Und wann geht deine erste Vorlesung los?«, fragte Sarada zwischen zwei Bissen. »Um halb zehn«, antwortete Himawari, nachdem sie kurz in ihrem Ordner geblättert hatte, um ihren Plan zu finden. »Wenn du magst, können wir zusammen zur Uni laufen. Ich hab zwar noch etwas Zeit, aber ich muss sowieso noch ein paar Dinge wegen dem Infotag des Kendoclubs vorbereiten. Was sagst du?« »Das wäre cool«, antwortete Himawari begeistert. Sie wollte sich unbedingt gut mit ihrer neuen Mitbewohnerin verstehen. »Ich finde deinen Stundenplan übrigens echt schön«, fuhr sie deshalb fort und deutete auf das Stück Papier, das am Kühlschrank hing. War um einiges praktischer als ihr System. »Wenn du magst, kann ich dir gern auch so einen Plan machen«, erwiderte Sarada mit einem zufriedenen Lächeln. »Nein … nein, das musst du wirklich nicht«, antwortete Himawari schnell. Sie wollte niemandem zur Last fallen, obwohl sie sich ehrlich gesagt freuen würde, wenn sie gleich aussehende Pläne am Kühlschrank hängen hätten. »Gut.« Mit einem Achselzucken beendete Sarada das Thema, stand auf und räumte ihren leeren Teller in die Spülmaschine. »Ich gehe übrigens immer durch den Park«, erklärte sie und warf Himawari einen fragenden Blick zu, die nickte. Sie liebte den Park, der nur ein paar Straßen von hier entfernt lag, seit sie ihn vor drei Tagen zum ersten Mal gesehen hatte. Die Wege waren nicht asphaltiert und es gab einen wundervollen See am nördlichen Ende, auf dem man anscheinend im Winter sogar Schlittschuhlaufen konnte. Außerdem wuchsen am Wegesrand die verschiedensten Wildblumen und es gab ein Wegstück, an dem nur Kirschbäume gepflanzt worden waren, die kurz davor waren zu blühen. Himawari hatte sogar ein Plakat entdeckt, auf dem für ein kleines Fest zu Ehren der Kirschblüten geworben wurde, zu dem sie liebend gern hingehen würde. »Dann auf, auf. Ich möchte in fünf Minuten los«, riss Sarada sie aus ihren Gedanken und Himawari sprang vom Stuhl, stellte ihre leere Müslischüssel ebenfalls in die Spülmaschine und eilte in ihr Zimmer, um sich ihre Umhängetasche zu holen. Als sie anschließend zurück in den Wohnraum kam, stand Sarada schon aufbruchbereit an der Wohnungstür und Himawari beeilte sich, ihre Schuhe anzuziehen. Gemeinsam betraten sie das Treppenhaus und verließen anschließend das Haus. Sarada führte Himawari nach links, obwohl diese bisher immer nach rechts abgebogen war, wenn sie zum Park hatte gehen wollen. Sie runzelte die Stirn und überlegte noch, ob sie Sarada darauf hinweisen sollte – auch wenn diese den Weg definitiv besser kennen müsste – als sie erkannte, wieso sie in die andere Richtung gingen. Zwischen zwei der Hochhäuser, von denen es hier eine Menge gab, führte ein schmaler Weg hindurch, den sie nun ansteuerten und entlang liefen. Sie kamen so zur gleichen Straße, die auch Himawari kannte, nur ein Stück näher am Unigelände und als sie diese überquert hatten und weiter nach links liefen, kam auch der Park schon in Sicht. Das hieß, Himawari war in den letzten Tagen einen Umweg gelaufen. Sie atmete erleichtert aus, als ihr klar wurde, dass sie sich mit der Frage gerade wahrscheinlich total blamiert hätte. Wie kam sie auch auf den Gedanken, Sarada dahingehend korrigieren zu wollen? »Der Park ist so schön«, sagte Himawari, um sich selbst von diesem beinahe Missgeschick abzulenken, als sie den Schotterweg betraten. »Ja. Und er hilft einem, wenn der Stress zu viel wird«, antwortete Sarada mit einem Augenzwinkern, dass Himawari nicht zu ordnen konnte, weshalb sie zustimmend nickte. Den Teil des Parks kannte sie noch gar nicht, weshalb sie mit großen Augen jeden Baum und jeden Strauch aufsaugte und das Wechselspiel von Schatten und Licht, das am Boden durch das hier vorhandene Baumdach entstand, immer wieder beobachtete. »Soll ich dir Papier leihen? Dann könntest du es zeichnen«, riss eine, ihr zu bekannte Stimme, sie aus ihren Gedanken und Himawari zuckte zusammen. »Inojin. Erschreck uns nicht so«, antwortete Sarada vorwurfsvoll. Himawari wollte gar nicht in die Richtung schauen, aus der die Stimme kam, aber ignorieren wäre unhöflich und sie war zu einer vorbildlichen Höflichkeit erzogen worden. Also drehte sie sich doch zu ihm und bereute es augenblicklich. Das gerade noch so faszinierend anzuschauende Licht- und Schattenspiel, konnte man auch auf seinem Körper beobachten und es ließ das Blau seiner Augen viel zu intensiv wirken. Sie schluckte kurz, während ihr Herz begann, schneller gegen ihre Rippen zu schlagen. Wo war nur ihre Stimme? Sie räusperte sich vergebens und war froh, als Sarada ihr zur Seite sprang. »Das mit dem Malen müsst ihr auf wann anders verschieben. Vorlesungen gehen vor.« »Das ist die Meinung einer unwissenden Person«, erwiderte Inojin mit einem falschen Lächeln und Himawari lief es eiskalt den Rücken hinunter. Sarada zuckte ungerührt mit den Schultern und antwortete: »Lieber unwissend als durch die Prüfungen fallen.« »Das eine schließt das andere ja nicht aus meine liebe Sarada.« Er hob auffordernd die Augenbrauen, doch seine Gegenüber seufzte nur laut. »Das kann nur jemand sagen, der in den Geisteswissenschaften unterwegs ist.« »Und nur jemand, der in den Naturwissenschaften unterwegs ist, kann die Welt so verklemmt sehen.« Himawari war von diesem Schlagabtausch fasziniert und noch mehr, weil die beiden diesen mit einem Lachen auf den Lippen verübten. »War auf jeden Fall schön, dich zu sehen, Inojin, aber wir müssen langsam wirklich weiter.« »Dann möchte ich euch nicht aufhalten. Eigentlich wollte ich Himawari nur fragen, ob sie sich schon für einen Uniclub entschieden hat?« Nun richtete sich seine Aufmerksamkeit wieder auf sie und Himawari schüttelte schnell den Kopf. Ihre Stimme war noch immer verschwunden. »Sehr gut. Heute Nachmittag finden für die Neulinge Infoveranstaltungen statt, ich würde mich freuen, wenn du unserem Kunstclub eine Chance geben würdest, dich zu beeindrucken«, erklärte er charmant und die Schmetterlinge in ihrem Bauch flogen einen wahren Wirbelsturm in ihrem Magen. »K-klar. Wann und wo?« Gott sei dank. So schlimm war es ja noch nie gewesen, ihm gegenüberzutreten. Allerdings stand er normalerweise auch nicht im Halbschatten vor ihr und wirkte so geheimnisvoll wie gerade eben. »Das freut mich. Wir sind bis 19 Uhr im Kunstraum drei zu finden. Selbe Fakultät wie du.« »Okay«, krächzte sie und versuchte sich an einem möglichst hübschen Lächeln, das aber nach Saradas Blick zu urteilen, mächtig misslang. »Also dann. Wir sehen uns, Inojin«, beendete Sarada das Gespräch und zog Himawari mit sich. Konnte sich bitte der Erdboden auftun uns sie verschlingen? Bitte! Himawari hatte den Tag über mit sich gerungen, ob sie nach diesem Aufeinandertreffen wirklich beim Kunstclub vorbeischauen sollte. Allerdings hatte sie es versprochen und egal wie peinlich ihr die Situation vom Morgen gewesen war, hatte sie von ihrem Vater seit ihrer frühsten Kindheit beigebracht bekommen, dass man ein Versprechen einhalten musste. Also war ihr doch eigentlich nichts anderes übrig geblieben, oder? Mit jedem Schritt, den sie nun aber näher kam, spürte Himawari wie ihre Beine mehr anfingen, sich wie Wackelpudding zu fühlen. Sie fragte sich, ob es überhaupt sinnvoll war, einem Club beizutreten, der ihr fürs Studium gar nichts brachte. Wusste aber gleichzeitig, dass sie diesen Gedanken gar nicht haben würde, wenn Inojin nicht Teil von genau diesem wäre. Vor der Tür zum Kunstraum blieb sie stehen, schloss ihre Augen und atmete tief durch. Himawari musste sich wirklich ruhiger werden. Ihre Unsicherheit durfte auf keinem Fall auffallen, wenn sie nicht wollte, dass irgendjemand auf die Idee kam diese gegen sie zu verwenden. Also setzte sie ein freudiges Lächeln auf, schob die Tür zur Seite und trat ein. Der Raum war hell und groß, in der Mitte befand sich ein Podest, auf dem man einen dreibeinigen Hocker gestellt hatte. Wahrscheinlich diente er als Erhöhung für Obstschalen oder andere Stillleben. Die Wand rechts von ihr, war mit leeren Leinwänden voll gestellt worden und an den übrigen hingen die verschiedensten Bilder. Himawari musste nicht genauer hinsehen, um zu erkennen, welche von Inojin gemalt worden waren, da sein geschwungener Stil überall herausstach. Sie richtete ihren Blick auf die Personen im Raum und stellte fest, dass es gerade einmal fünf waren und alle ein Namensschild trugen. Als ihr Blick den von Inojin traf, flogen die Schmetterlinge sofort wieder los und sie unterdrückte den Drang, sich an die Brust zu fassen, um ihr Herz zu beruhigen. »Himawari«, begrüßte er sie mit seinem einmaligen Lächeln und kam ein paar Schritte auf sie zu. »H-hallo. Bin ich zu spät?«, fragte sie, verwundert, weil nichts los war. »Ich war mir sicher, dass es noch bis neunzehn Uhr geht«, überspielte sie ihr plötzliches Unbehagen, indem sie stirnrunzelnd auf die Armbanduhr blickte. »Nein, du bist pünktlich«, mischte sich nun ein Mädchen mit langen lila Haaren leise ein und lächelte schüchtern. »Viele sind für Clubs einfach zu faul«, fuhr Inojin nüchtern fort und seine Miene wurde ernst. Etwas, dass er Himawari ganz selten zu sehen gab. Sie wusste von ihrem Bruder, dass Inojin gerne unverblümt sprach und das mit einem monotonen Gesichtsausdruck, der wie eine zweite Seite an ihm war. Diese Mimik nun aber tatsächlich selbst in Aktion zu erleben, ließ eine Gänsehaut auf ihren Armen entstehen. »Wohl eher fehlt ihnen die Zeit«, mischte sich ein anderer Student ein und warf Inojin einen warnenden Blick zu, bevor er wieder zu Himawari sah. »Aber es gibt ja zum Glück noch ein paar Ausnahmen.« Froh, dass dieses Thema wohl vom Tisch war, nickte sie kräftig und wartete auf eine Reaktion von Inojin, der ihr nun endlich wieder seine Aufmerksamkeit schenkte. »Ich freue mich, dass du dir überlegst, uns beizutreten, Himawari«, sprach er, nun wieder mit seinem typischen Lächeln im Gesicht und blickte ihr tief in die Augen. »Aber klar doch«, erwiderte sie, nach wie vor bemüht, ihre Unsicherheit zu überspielen und einfach nur froh, dass ihre Stimme nicht versagt, so wie heute morgen. »Wobei du mir auch kaum eine andere Wahl gelassen hast«, fügte sie nonchalant hinzu und hoffte, dass er ihr diese Worte nicht übel nahm. Die anderen um sie herum lachten kurz und Himawari glaubte zu sehen, wie er seine Lippen fest aufeinander presste und seine Wangen rot wurden, aber er drehte sich so schnell um, dass sie es nicht mit Sicherheit sagen konnte. »Am Besten schaust du dich ein wenig um«, sagte das lilafarbige Mädchen und kam auf sie zu. »Und falls du Fragen hast, einfach fragen.« Die nächste Stunde verbrachte Himawari gutgelaunt im Kunstraum, ließ sich über die geplanten Aktivitäten aufklären, worunter ein zehntägiger Strandausflug in den Sommerferien und gemeinsames Skifahren im Winter fielen. Natürlich um sich dort Inspiration zu holen. Die Mitglieder waren alle furchtbar nett und gar nicht so abgedreht wie befürchtet – zumindest auf den ersten Blick. Himawari fühlte sich in ihrer Mitte jedenfalls sofort wohl. Das lilahaarige Mädchen stellte sich sogar als jene Sumire heraus, die vor ihr mit Sarada in einer WG gelebt hatte. Sie schien auch ihren Bruder zu kennen und am Ende verbrachten sie mehr Zeit damit sich über Borutos dämliche Aktionen zu unterhalten, als über den Club. Dem Himawari definitiv beitreten würde. Es war das erste Mal seit Langem, dass sie sich in einer Gruppe sofort wohlfühlte und auch wenn ihr die Blicke von Inojin nur zu bewusst waren und sie Angst hatte, er könnte herausfinden, dass sie in ihn verliebt war, konnte sie nicht anders. Dafür gefielen ihr die anderen Mitglieder viel zu sehr. »Und wie wars?«, wurde Himawari von Sarada begrüßt, als sie die Tür aufschloss. Ihre Mitbewohnerin stand in der Küche und schnitt Gemüse klein, welches sie anschließend in einen Topf auf dem Herd schmiss. »Wirklich toll. Ich hab Sumire kennengelernt und sie ist wirklich super lieb. Die anderen auch alle«, erzählte Himawari glücklich und Sarada warf ihr einen wissenden Blick zu. »Na siehst du.« »Und habt ihr auch neue Mitglieder?«, versuchte Himawari von einem genaueren Nachhaken abzulenken und stellte ihre Tasche auf einem der Essstühle ab. »Ja. Viele waren schon in der Oberschule im Kendoclub und einige von ihnen müssen wir noch etwas zurechtstutzen, aber das bekomme ich schon hin.« Sarada hob herausfordernd die Augenbrauen, bevor sie sich zum Kühlschrank wandte und die Milch herausholte. Himawari war ihren Bewegungen mit den Augen gefolgt und als die Kühlschranktür nun wieder zufiel, wurden ihre Augen weit. Sie stand auf, ging ein paar Schritte nach vorne und blickte auf die zwei Pläne, die nun am Kühlschrank hingen. Neben Saradas grün-blauen hing nun auch einer in orange-gelb. »Ich hoffe du magst die Farbwahl. Hab extra Inojin noch mal gefragt, ob man das so lassen kann.« Sarada klang so, als wäre es nichts besonderes, dass sie Himawari einen Stundenplan gemacht hatte, obwohl diese es am Morgen noch verneint hatte, aber für sie bedeutete diese Geste unglaublich viel. »Dankeschön«, strahlte Himawari sie deswegen an und wäre ihrer Mitbewohnerin beinahe um den Hals gefallen. »Wofür hat man eine Mitbewohnerin?«, erwiderte Sarada, die von dieser überschwänglichen Freude ganz überrascht zu sein schien. »Übrigens kommt Chocho am Freitag zum Essen vorbei. Wenn du magst, bist du gerne eingeladen.« Das war ein abrupter Themenwechsel und Himawari benötigte eine Sekunde, um das Angebote zu verarbeiten. »Ich will euch nicht stören«, brachte sie schließlich heraus und versuchte ihre Unsicherheit, wie so oft, mit einem freundlichen Lächeln zu überspielen. »Ach, du störst doch nicht. Chocho hat mich sogar explizit darauf hingewiesen, dich zu fragen. Du hast eigentlich gar keine Chance auf ein nein.« »O-okay.« Sarada lachte kurz und klopfte ihrer Mitbewohnerin anschließend freundschaftlich auf die Schulter. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)