Die Sprache der Liebe von Goetterspeise (ist vielfältig) ================================================================================ Kapitel 1: Umzug ---------------- »Es tut mir leid, dass dein Vater es nicht geschafft hat«, erklärte ihre Mutter mit einem entschuldigenden Lächeln, doch Himawari winkte ab. Sie telefonierte schließlich täglich mit ihm und außerdem schickte er ihr oft heimlich Nachrichten, während er in Besprechungen saß – von denen ihre Mutter allerdings nichts wusste. »Dafür darf er am Wochenende dann ihr altes Zimmer alleine putzen«, mischte Boruto sich mit verschränkten Armen ein und blickte düster vor sich hin. Himawari warf ihm einen kurzen Blick zu, ignorierte seinen Einwand aber ansonsten. Wer wusste schon, ob er am Samstag überhaupt Zeit finden würde? Er sollte sich lieber auf seinen Beruf als Bürgermeister konzentrieren, als darauf bei einem Umzug zu helfen, der sowieso schon zu viele Helfer hatte. Nicht nur, dass ihr Mutter und Boruto fleißig beim Einpacken mit angepackt hatten und sich nun alle Kartons – gut es waren nur vier Stück – im Kleintransporter, den sie sich von einem Umzugsunternehmen geliehen hatten, befanden. Nein, auch ein paar alte Schulfreunde ihres Bruders, ihre neue Mitbewohnerin und deren beste Freundin, hatten ihre Unterstützung zugesagt. Ihr neuen Möbel, bestehend aus einem großen Bett und einem Kleiderschrank mit vielen Fächern, hatten Mitarbeiter des Möbelhauses bereits vor zwei Tagen aufgebaut und so hatten sie neben ihren Habseligkeiten nur noch ihren Schreibtisch in den Transporter laden müssen. Sie brauchten wahrscheinlich nicht einmal alle Personen, die sich freiwillig als Helfer gemeldet hatten, aber es freute Himawari auf jeden Fall, dass es Menschen gab, auf die sie sich verlassen konnte – auch wenn es nicht direkt ihre eigenen Freunde, sondern die ihres Bruders waren. »Da wir ja nicht mehr auf Papa warten müssen, könnten wir jetzt losfahren«, beendete sie deswegen dieses leidige Thema und setzte ein seliges Lächeln auf. Um ehrlich zu sein, konnte sie es kaum erwarten, endlich in ihre eigenen vier Wände einzuziehen, obwohl es sich nur um ein kleines Zimmer in einer WG handelte, das sie bekommen hatte, weil ihr Bruder und ihre neue Mitbewohnerin gemeinsam im Kendoklub der Uni waren. Und soweit sie wusste, konkurrierten sie dort ganz schön miteinander. »Da alles im Transporter sein müsste, können wir los. Stimmt«, erwiderte ihre Mutter und auch wenn Boruto die Luft laut zwischen seinen Lippen hinaus blies, folgte er ihnen nach draußen. Es war ein angenehmer Frühsommertag, der blaue Himmel wurde nur von ein paar weißen Wolken durchzogen und die Sonne strahlte mit einer angenehmen Wärme auf die Erde. Himawari warf einen kurzen Blick durch den Vorgarten, in dem sich mittlerweile die Blumen nach oben reckten und den Tag genauso zu genießen schienen, wie sie selbst. Bei diesem Anblick überkam sie eine gewisse Traurigkeit, die ihre Vorfreude auf den heutigen Umzug etwas dämpfte. Ihr war natürlich die letzten Wochen schon bewusst gewesen, dass sie nun von zuhause ausziehen würde und nur noch an den Wochenenden oder zu Familienfeiern nachhause kommen würde, aber zu wissen, dass sie den Garten, das zweistöckige Einfamilienhaus und ihr Kinderzimmer nun eine Weile nicht mehr sehen würde, traf sie trotzdem unvorbereitet. »Himawari«, sagte ihre Mutter sanft und legte ihr den Arm um die Schulter. Es war eine Geste des Verständnisses und sie sah ihrer Mutter für einen kurzen Augenblick tief in die hellen Augen. »Es ist ein bisschen komisch«, erwiderte Himawari leise, bevor sie weiterlief und die Tür hinter dem Fahrer öffnete. »Halt!«, rief Boruto plötzlich, eilte zu ihr und quetschte sich zwischen seiner Schwester und der geöffneten Tür hindurch ins Innere des Wagens. Irritiert von dieser Geste zogen sich Himawaris Augenbrauen zusammen und sie warf ihm einen verwirrten Blick zu. »Dein Umzug, also sitzt du vorne«, meinte er mit einem breiten Grinsen und fuhr sich unbewusst durch seine, wild vom Kopf abstehenden, blonden Haare. Ein leises Kichern verließ ihren Mund, als sie die Tür für ihn schloss und vorne um den Wagen herum ging. Normalerweise bestand Boruto immer darauf, den Beifahrersitz für sich zu beanspruchen und überließ ihn noch nicht einmal ihr, obwohl er ansonsten ein wirklich liebevoller, großer Bruder war. Wahrscheinlich war ihm aber ihre kurzzeitige Unsicherheit ebenfalls aufgefallen und er hatte beschlossen, ihr auf seine Art zu zeigen, dass sie auf jeden Fall für diesen nächsten Lebensabschnitt bereit war. Himawari setzte sich ins Auto, schnallte sich an und als ihre Mutter den Motor startete und losfuhr, blickte sie sich mit einer Mischung aus Vorfreude und Sorge noch einmal zu ihrem Haus um, mit dem sie so viele Erinnerungen verband. Hoffentlich kamen in ihrer neuen Wohnung ähnlich viele zusammen. »Da seid ihr ja endlich!«, rief Sarada Uchiha, ihre neue Mitbewohnerin, den Neuankömmlingen zu und strahlte Himawari mit ihren dunklen Augen an, bevor sich ihre Miene etwas verdunkelte und sie Boruto nur knapp zunickte. Eigentlich war Himawari immer davon ausgegangen, dass Sarada und ihr Bruder sich trotz des kleinen Konkurrenzkampfes gut verstanden, aber entweder hatte Boruto irgendeinen Mist gebaut oder … um ehrlich zu sein, fiel ihr gar kein oder ein. Die Wahrscheinlichkeit, dass ihr Bruder Mist gebaut hatte, lag eigentlich immer bei hundert Prozent. »Die anderen sind übrigens schon alle da«, mischte sich Chocho ein, die als pflichtbewusste beste Freundin von Sarada, Boruto ebenfalls nur einen kühlen Blick schenke, bevor sie zur Rückseite des Transporters lief, um den ersten Karton herauszuholen. Ihre langen, braunen Haare hatte sie heute zu einem lockeren Zopf gebunden und sie trug, trotz ihrer Körperfülle, ein Top und kurze Shorts. Himawari bewunderte Chocho schon seit ihrem ersten Aufeinandertreffen, für deren Selbstbewusstsein und blickte auch heute an sich hinunter, um festzustellen, dass sie sich einfach nicht traute, etwas mutigeres anzuziehen. Meistens trug sie einen zu langen Kapuzenpulli und eine Jeans, die ihre nicht vorhanden Körperrundungen noch mehr versteckten. An guten Tagen traute sie sich zwar einen Rock zu, aber er durfte auf keinen Fall zu kurz sein und auch nur in Kombination mit einem weiten Oberteil. Es hatte sie unheimlich viel Überwindung gekostet, jeden Tag in der Schuluniform in die Schule zu gehen. Kein Wunder, dass sich bis heute noch kein einziger Junge für sie interessiert hatte. Nicht, dass Himawari groß Interesse daran gehabt hätte, aber manchmal wünschte sie sich schon, mehr Aufmerksamkeit zu bekommen – und sei es nur für ihr Ego. Sie seufzte innerlich über diesen dummen Gedanken und folgte Chocho, die bereits den ersten Karton in den Händen hielt, um ebenfalls beim Ausräumen zu helfen. Sie liefen gemeinsam ins Innere des Mietshauses und betraten den Aufzug, den Boruto ihnen offen hielt. »Mama wollte sich gleich mal die Möbel anschauen und ist schnell hoch gelaufen.« »Danke«, erwiderte Himawari, sowohl für das offen halten, als auch wegen der Information. Sie hatte so in ihren Gedanken geschwelgt, dass ihr das gar nicht aufgefallen war. »Shikadai und Mitsuki müssten die restlichen zwei Kartons nach oben bringen und dann hoffentlich so Gentleman-like sein und auch noch deinen Schreibtisch hochtragen«, erklärte ihr Chocho, als der Aufzug in den dritten Stock hoch fuhr. Himawari nickte ob der Auskunft und warf ihr einen unsicheren Blick zu. »Ich wollte mich noch für eure Hilfe bedanken«, sagte sie langsam und setzte ihr freundlichstes Lächeln auf. »Ich weiß, ihr habt an einem Samstag sicher genügend andere Dinge zu tun.« »Dafür darfst du mich gern zum Essen einladen«, erwiderte Chocho mit einem süffisanten Grinsen und Himawari fiel ein Stein vom Herzen, von dem sie nicht einmal gewusst hatte, dass er darauf lag. Es war ihr irgendwie wichtig, von ihr gemocht zu werden. Sie lachte sogar kurz, weil Chochos Aussage perfekt zu dem Bild passte, dass sie sich über die letzten Wochen von ihr gemacht hatte. Sie aß gerne und scheute sich nicht davor, es auch zuzugeben. Anders als andere junge Frauen in ihrem Alter. Als die Türen des Aufzuges sich wieder öffneten, traten sie in den schmalen Gang und gingen ihn ein Stück entlang, bis sie schließlich bei der dritten Tür links anhielten, die offen stand. Himawari spürte ein nervöses Ziehen in ihrem Magen und atmete tief durch, bevor sie ihre neue Bleibe betrat. Es war ein schöner, kleiner, aber gemütlicher Raum, der gleichzeitig als Küche, Ess- und Wohnzimmer diente. Himawari kannte die Wohnung ja bereits, aber beim Anblick des Sofas links von ihr und der rot-weißen Küchenzeile, die sich an der Wand auf der rechten Seite befand, kroch immer eine angenehme Wärme in ihren Magen, weil sie sich so die perfekte Wohnung für sich selbst vorgestellt hatte. Und nun tatsächlich in diese einziehen zu dürfen, war wie ein wahr gewordener Traum. »Ah und bevor ich es vergesse«, riss Chocho sie aus ihren Gedanken, »Inojin hat darauf bestanden, dir ein Bild an die Wand zu malen.« Bei diesen Worten wäre Himawari fast der Karton aus den Händen geglitten und sie konnte ein verräterisches Quieken nicht unterdrücken, was Chocho mit einem überraschten, aber wissenden Blick, kommentierte. Ein bisschen beschämt, färbten sich Himawaris Wangen rot und sie ging schnell weiter, um in ihr Zimmer zu gelangen, dessen Tür sich zwei Meter neben dem Sofa befand und die sperrangelweit offen stand. »... wunderschön«, hörte sie gerade ihre Mutter sagen und als sie nun den kleinen, quadratischen Raum betrat, schenke diese ihr ein warmes Lächeln. »Schau mal, meine Süße«, hieß ihre Mutter sie willkommen und deutete an die Wand neben der Tür. Himawari stellte den Karton ab und folgte dann dem ausgestreckten Zeigefinger mit ihren Augen. An der Wand hatte jemand – und sie wusste ganz genau, welcher jemand es gewesen war – eine große Sonnenblume hingemalt, die von ein paar kleineren Margeriten umgeben war und auf einem saftigen grün standen. Es war nur Farbe auf einer weißen Wand, aber mit so viel Liebe zum Detail und verschiedenen Farbtönen gemalt, dass sie für einen Moment wirklich versucht war, einen Schritt näher zu gehen und daran zu riechen, um den Duft der Blumen aufnehmen zu können. »Gefällt es dir?«, wurde Himawari aus ihren Gedanken gerissen und sie drehte ihren Kopf in die Richtung wo ihre Mutter stand und neben der nun eine weitere Person aufgetaucht war, die diese Frage gestellt hatte. Inojin Yamanaka. Der Grund, warum ihr jeder andere Junge in all den Jahren egal gewesen wäre. Himawaris Herz begann einen Takt schneller zu schlagen und sie musste unwillkürlich schlucken. »Es ist wirklich …«, versuchte sie ihre Begeisterung in Worte zu fassen, konnte aber nicht weitersprechen, weil ihr kein passendes Adjektiv einfallen wollte. Ein Lächeln deutete sich auf Inojins Lippen an und Himawari sah aus den Augenwinkeln, wie ihre Mutter kurz die Augenbrauen hob, sich dann aber freundlicherweise umdrehte, um ihren Schrank genauer unter die Lupe zu nehmen. Diese kleine Geste, brachte sie wieder zurück in die Wirklichkeit und sie fand ihre Stimme wieder, die ihr so oft abhanden kam, wenn sie versuchte mit Inojin zu sprechen. »Vielen Dank«, sagte sie strahlend. »Das hättest du wirklich nicht machen müssen. Das muss doch ewig gedauert haben.« »Nicht der Rede wert«, erwiderte dieser gelassen und nun wurde aus dem angedeuteten Lächeln, ein schiefes Grinsen, welches Himawaris Herz noch schneller schlagen ließ. Sie sah ihm in seine blauen Augen und wünschte sich, irgendetwas antworten zu können, es wollte ihr nur einfach nichts einfallen, weshalb sie ihren Blick peinlich berührt und in der Hoffnung, dass es ihm nicht auffiel, wieder abwandte und auf die gestrichene Wand starrte. »Wenn du magst, können wir das Bild bei Zeiten erweitern«, sagte er, so als wäre dieses Angebot nicht der Rede wert, doch für Himawari bedeutete das erneutes schnelles Herzschlagen und glühende Wangen. Sarada und sie ließen sich am Ende des Tages müde auf das grüne Sofa fallen und schlossen beide für einen Augenblick ihre Augen. Der Umzug selbst hatte gar nicht einmal so lange gedauert und auch das Auspacken der Kartons war, bedingt durch ihre wenigen Sachen, sehr flott gewesen. Aber danach hatten die Jungs beschlossen Pizza zu bestellen und ihre Mutter hatte aus dem Transporter einen Kuchen hochgebracht, den sie extra für den heutigen Tag gebacken hatte. Sie wusste, dass es Boruto unangenehm war, wenn ihre Mutter gemeinsam mit ihm uns deinen Freunden aß und über die gleichen Dinge lachte, wie sie, weil er immer Angst hatte, dass einer der anderen etwas sagen oder erzählen konnte, was ihn in einem schlechten Licht erscheinen ließ. Für Himawari aber, war es beruhigend zu wissen, dass ihre Mutter dabei so entspannt war und sie hatte schon so oft mit dem Gedanken gespielt, zumindest ihr von Inojin zu erzählen. Eine andere weibliche Vertrauensperson hatte sie schließlich nicht und auch, wenn ihr Verhältnis zu ihrem Vater noch eine Spur besser war, wollte sie eher ungern mit ihm über Jungs sprechen. Dafür war er der einzige, der zumindest in groben Zügen von ihren Problemen wusste, richtige Freunde zu finden. Wobei sie nicht naiv genug war, um nicht zu wissen, dass es ihrer Mutter und ihrem Bruder wahrscheinlich von selbst aufgefallen war. Es war nicht so, dass sie den ganzen Tag alleine in der Schule gesessen hatte und am Nachmittag allein nachhause gelaufen war, aber das Gefühl wirklich zu einer Gruppe dazuzugehören, hatte sich in all den Jahren nicht wirklich eingestellt. Wobei sie sich fragte, ob es vielleicht auch daran lag, weil sie Boruto und seine Kumpels immer beobachtet hatte und der Meinung war, dass genau so wahre Freundschaft ablief – und es bei ihr einfach anders gewesen war. »Wusstest du, dass unsere Eltern zusammen in die Schule gegangen sind?«, riss Sarada Himawari plötzlich aus ihren Gedanken und blickte sie fragend an. Die Angesprochene grübelte kurz darüber nach und erinnerte sich an ein Gespräch zwischen ihren Eltern, dass sie vor gut zwei Wochen geführt hatten. »Ich glaube. Mama und Papa haben sich neulich darüber unterhalten, wenn ich das richtig im Kopf habe.« Sie konnte nur nicht mehr wirklich sagen, um was es genau gegangen war. Irgendwas wegen einer möglichen Essenseinladung und ihr Vater, der meinte, dass der Trottel doch sowieso nie Zeit habe. »Ja, das ist zu mir auch nie wirklich durchgedrungen. Vielleicht weil wir am anderen Ende der Stadt wohnen und Boruto und ich uns erst auf der Uni über den Weg gelaufen sind«, überlegte Sarada laut und ein kleines Lächeln erschien auf ihren Lippen, ohne dass sie es merkte. »Mama war auf jeden Fall hin und weg, als ich ihr erzählt habe, wer bei mir einzieht. Und sie will dich unbedingt kennenlernen. Das ist übrigens eine Warnung«, beendete Sarada ihre kurze Erzählung und blicke nun sehr ernst und mit einem Hauch von Mitleid auf ihre neue Mitbewohnerin. Bei diesen Worten bekam Himawari eine leichte Gänsehaut und sie beschloss dieser Begegnung so lange wie möglich, aus dem Weg zu gehen. »Na ja, auf jeden Fall freut es mich, endlich wieder jemanden hier zu haben. Nachdem Sumire zum Ende des letzten Semesters mit ihrem Freund zusammengezogen ist, war es hier ganz schön leer.« Himawari hofft nur, dass sie den Ansprüchen einer Mitbewohnerin wirklich entsprechen würde und dass sie und Sarada gut miteinander auskämen. Allerdings war sie ja auch eine Freundin – oder so ähnlich – ihres Bruders und bisher hatte er bei diesen immer ein goldenes Händchen bewiesen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)