Die Sprache der Liebe von Goetterspeise (ist vielfältig) ================================================================================ Prolog: Malen ------------- Wuttränen sammelten sich in Himawaris Augen, als sie erneut ein Blatt Papier in ihren Händen zerknüllte. Sie zog das Nächste vom Stapel rechts neben ihr und legte es auf den Platz, der gerade freigeworden war. Angestrengt blickte sie auf das weiße Papier und versuchte sich vorzustellen, was sie nun darauf malen wollte. Die Wachsmalstifte, die ihr Bruder ihr zum Geburtstag geschenkt hatte, lagen neben ihr, bereit erneut in den Einsatz gerufen zu werden, doch Himawari war mit nichts zufrieden, was sie versuchte zu malen. Heute war einfach der Wurm drinnen und alles sah doof aus. »Menno«, flüsterte sie und legte ihren Kopf auf das leere Blatt. Sie kniff die Augen fest zusammen, weil sie keine Tränen vergießen wollte, aber das war schwer. »Weinst du etwa?«, fragte plötzlich eine Stimme neben ihr und Himawari schrecke hoch. Sie drehte ihren Kopf zur Seite und blickte plötzlich in ein Paar hellblauer Augen. Die Farbe erinnerte sie an den Himmel draußen. »Natürlich nicht«, erwiderte sie trotzig und wischte sich mit dem Ärmel ihres gelben Pullis über die Augen. Die Freunde ihres Bruders sollten nicht glauben, dass sie eine Heulsuse war. »Aber du hast dir doch gerade die Tränen weggewischt«, erwiderte der blondhaarige Junge – sie glaubte, dass er Inojin hieß – direkt und entlarvte so ihre Lüge. »Und wenn es so wäre?«, fragte sie deshalb kleinlaut und hoffte, dass er nicht merkte, wie unangenehm ihr die Situation war. »Dann würde ich es deinem Bruder sagen.« »Nein!«, rief sie laut und umfasste automatisch seinen Oberarm. Ihr fiel erst jetzt auf, dass er eine blaue Latzhose trug, die Farbflecken aufwies und auch der lila Pullover, den er darunter trug, war von verschiedenfarbigen Flecken übersät. »Und wieso?«, hakte er nach, machte aber keine Anstalten, seinen Arm aus ihrer Umklammerung zu befreien. Komisch, dachte Himawari, machte sich aber keine weiteren Gedanken darüber. »Weil … weil wir heute von unserer Lehrerin die Aufgabe bekommen haben, ein Bild über unsere Familie zu malen. Und ich will nicht, dass Boruto sieht, wie ich es nicht hinbekomme.« Beschämt blickte Himawari auf ihre Hausschuhe und wartete darauf, dass Inojin über diese Worte lachen würde. So, wie ihre Klassenkameraden es immer taten, wenn sie etwas sagte, was ihnen komisch erschien, was sie aber selbst nicht lustig gemeint hatte. »In welcher Klasse bist du jetzt?«, fragte er stattdessen und Himawari sah wieder auf. Ein ernster Ausdruck stand in seinen Augen und er legte seine andere Hand auf ihre, um noch doch die Umklammerung zu lösen. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass sie ihn noch immer nicht losgelassen hatte. »In der zweiten«, antwortete sie langsam. »Okay. Dann helfe ich dir dieses eine Mal dabei, etwas zu malen.« Verwirrt zwinkerte Himawari, doch Inojin war schon um sie herumgelaufen und hob eines der zerknüllten Papiere auf. Seine Augenbrauen zogen sich kurz zusammen, dann faltete er es in die Mitte und legte es auf den Tisch, bevor er sich setzte. »Du musst das nicht tun«, sagte sie. »Ich meine, ihr spielt doch gerade sicher wieder eins eurer Spiele, da will ich dich wirklich nicht von abhalten.« »Nicht schlimm«, antwortete Inojin mit einem kleinen Lächeln. »Boruto übertreibt gerade mal wieder etwas damit und ich wollte sowieso warten, bis sie fertig sind.« Bei diesen Worten musste Himawari lachen. Ihr Bruder konnte in keinem Spiel verlieren, ob nun bei den monatlichen Familienabenden, bei denen er sich immer mit ihrem Vater stritt oder eben den Computer- und Konsolenspielen, die er immer von seinem Großvater geschenkt bekam. Er war unglaublich hilfsbereit und sie liebte ihn über alles, aber er war ein ganz furchtbarer Mit- und Gegenspieler. »Also, wollen wir anfangen?«, fragte Inojin und riss sie somit aus ihren Gedanken. »Ja«, erwiderte Himawari begeistert, dankbar darüber, dass er ihrem Bruder nichts erzählt hatte. In den folgenden Minuten fragte er sie ein bisschen darüber aus, was ihr denn wichtig wäre, auf dem Bild zu sein, welche Farben sie gerne mochte und ob sie einen Hintergrund malen wollte. Ihr Ärger verflog und sie wurde, je länger das Gespräch dauerte, wieder zu dem breit grinsenden und freundlichen Mädchen, das sie sonst war. Es machte Spaß, sich von ihm erklären zu lassen, was man beim Malen alles beachten musste, obwohl sie nur die Hälfte von dem verstand, was er ihr erzählte. Aber er sprach mit einer Leidenschaft darüber, dass sie einfach nur davon mitgerissen werden musste. Himawari verstand es mit ihren sieben zwar noch nicht, aber Jahre später würde sie sich selbst eingestehen, dass dies der Tag gewesen war, an dem sie begonnen hatte, sich in Inojin zu verlieben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)