Nicht Zu Spät von scippu ================================================================================ Kapitel 7: Kapitel 7 -------------------- Als Zelda am nächsten Morgen das Ende der Schlucht erreichte, wartete Urbosa bereits auf sie. Storm fand einen Platz im Stall dort. Die Wüste war kein Ort für ein Pferd und Zelda war nur zu bereit ihn loszuwerden. Der Weg vom Gasthaus durch die Schlucht war einem Albtraum gleichgekommen. So aufgestachelt war er noch nie gewesen und in Zelda war nicht nur ein Mal die Angst aufgestiegen, dass er sie abwerfen würde. Wäre ihre Angst vor Wegelagerern nicht größer gewesen, hätte sie auf die Reiterei verzichtet. Dennoch fühlte es sich nicht gut an, ihn zurückzulassen. Auch wenn Storm den Stall bereits kannte und dort gut für ihn gesorgt war. Sie sehnte sich nach einer Freundschaft mit dem Tier. Wollte, dass er zur Begrüßung wieherte und all diese Dinge, die sie an Links Pferd gesehen hatte. Das Stubsen mit der Nase. Das sanfte Schnauben. ´   Als Zelda ihm zum Abschied über den prächtigen, schneeweißen Hals streichen wollte, zuckte Storm vor ihr zurück. So abgewiesen, nahm sie mit langer Miene den Kühlungstrank entgegen, den Urbosa ihr reichte. Dann streckte sie die Hand nach dem Schild aus. Zwei Sandrobben badeten träge in der beginnenden sandigen Landschaft. Urbosa hatte sie mitgebracht, damit sie schneller zur Stadt gelangen würden.   „Wo ist Link?“, fragte Urbosa in auffällig neutralem Tonfall, als Zelda den Trank getrunken und prompt zu zittern begonnen hatte. Im Schatten der Schlucht war es nicht wirklich von Vorteil, wenn die eigene Körpertemperatur stark absank. Die Nacht hatte nicht viel an ihrem Gefühlschaos geändert und so reichte die Erwähnung seines Namens aus, damit sich ihr Gesicht verzog. „Bei meinem Vater, hoffentlich“, antwortete sie mit klappernden Zähnen. Sie hatte den Trank viel zu früh getrunken. „Wo ich ihn hingeschickt habe. Mit dem Befehl mich in Ruhe zu lassen“, ergänzte sie, nun mit zusammengepressten Lippen. Sowohl wegen des Themas, als auch als Versuch das Klappern zu unterdrücken. „Tatsächlich?“, fragte Urbosa, eher rhetorisch und reichte ihr die Zügel einer der Sandrobben. Zelda nickte und griff nach dem Seil. „Ich bin viele Jahre wunderbar ohne ihn zurechtgekommen“, erklärte sie, während sie mit dem Schild herum hantierte. „Und ohne dieses Schwert“, fügte sie herablassend hinzu.   Urbosa schwieg dazu, wartete allerdings geduldig, während Zelda ein wenig linkisch das Schild auf dem Wüstenboden ausrichtete, das Seil in die Hand nahm, und versuchte eine stabile Position zu finden. Sie war noch nie auf diese Weise gereist. Wahrscheinlich würde es sie augenblicklich auf die Nase legen. Innerlich fand sie sich damit ab. Wenigstens war Link nicht dabei, um ihr dabei zuzusehen, wie sie sich blamierte. Und um es hundertmal besser zu machen.   Es funktionierte besser als erwartet. Das raue Material des Seils schnitt ihr in die Handflächen, trotz ihrer Handschuhe, und der Kraftaufwand auf dem Schild zu balancieren und gleichzeitig nicht die Zügel loszulassen war schockierend. Und bald zitterte Zelda nicht mehr vor Kälte, sondern vor Anstrengung. Aber sie hielt sich auf dem Schild. Es dauerte nicht lange und sie schwitzte sogar trotz der kühlenden Wirkung des Trankes. Ohne ihn wäre sie sicherlich in kurzer Zeit ohnmächtig geworden. Dennoch war sie kein Freund von Tränken. Insekten und Monsterteile. Igitt!     Urbosa begleitete sie zu einem Schrein südwestlich von Gerudo Stadt. Der Weg dorthin war eine Strapaze und spätestens nach der Hälfte der Strecke bereute Zelda überhaupt dorthin zu wollen. Sie mussten mehrere Male stoppen. Einmal, weil Zelda einen zweiten Kühlungstrank zu sich nehmen musste. Die anderen Male, weil sie Sand in Augen, oder Mund bekam. Der Hustenanfall dauerte eine ganze Weile. Danach tränten ihre Augen und ihr Brustkorb schmerzte bei jedem Atemzug. Zelda verstand auf einmal, wieso so viel Gerudo diese gefährlich aussehenden Masken trugen. Nicht nur wegen des Kriegsschreis. Auch wegen der Robben.   Der Schrein selbst konnte nicht wirklich für all das entschädigen und auch die leblose Ruine direkt vor der Stadt war nicht die Offenbarung, die Zelda sich erhofft hatte. Dementsprechend niedergeschlagen war sie, als Urbosa sie am Abend durch das Tor führte. Beinahe konnte Zelda die Schönheit nicht sehen, die sie umgab. Dabei herrschte hier ein ganz besonderes Flair. Es war das sanfte Plätschern des Wassers, das aus der hoch gelegenen Quelle sprudelte und über die Dächer der Stadt floss. Es waren die Palmen, der durch die Sonne erwärmte Stein. Die exotischen Gerüche in der Luft und all die wehenden Stoffe. In den Fenstern, in den Türen, an den Frauen. Und die Frauen, überall. Ein Paradies um sich von der Welt außerhalb zu erholen. Eine Oase der besonderen Art. Eine wirkliche Oase. Im wahrsten Sinne des Wortes.   „Du bist ihm davon gelaufen, nicht wahr?“, fragte Urbosa am nächsten Morgen, nachdem Zelda sich mühsam aus ihrem seidenweichen Bett, mit all den wunderbaren Kissen erhoben hatte und mit schmerzenden Schultern auf dem Boden saß, eine Schale mit Früchten auf dem Schoß. „Was?“, erwiderte sie, um einen großen Bissen Frostmelone herum. Sofort rann der kühle Saft ihr am Kinn herunter und Zelda versuchte die Tropfen mit ihrem Handrücken abzuwischen. Sie sah zu Urbosa hoch, die mit verschränkten Armen neben ihr stand und die Augenbrauen hochgezogen hatte. „Link“, sagte sie, als wäre das nicht klar gewesen. „Du bist ihm davon gelaufen!“ Zelda senkte ihr Frühstück, das sie bis eben noch sehr genossen hatte. „Ich habe ihn zurück zum Schloss geschickt“, murmelte sie mürrisch. „Das habe ich dir doch gesagt.“ Urbosa schnalzte mit der Zunge. Es war das erste Mal, dass Zelda das Gefühl hatte, etwas getan zu haben, womit die Freundin ihrer verstorbenen Mutter nicht einverstanden war. Es war nicht besonders schön. Urbosa war die Einzige, die sie sonst mit kompromisslosem Verständnis behandelte. Dabei verstand Zelda nicht einmal, was sie getan hatte. Das Bedürfnis sich zu erklären wurde übermächtig. Sie hob den Kopf, doch Urbosa sah sie nicht an. Sie hatte ihren Blick in die Ferne gerichtet, in Richtung des Haupttores und des großen Platzes, auf dem sich unzählige Gerudo tummelten. „Ich werde verrückt, Urbosa. Er ist immer da.“ Zelda fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. „Es ist, als hätte ich keine Luft zum Atmen.“ Sie starrte auf den Steinboden von Urbosas Gemach. „Ich dachte, das würdest du verstehen“, flüsterte Zelda kaum hörbar. Würde sie lauter sprechen, könnte sie nicht dafür garantieren, dass sie die Tränen zurückhalten konnte. Und sie würde nicht weinen!   Ein Augenblick verging. Dann hörte sie Urbosa laut seufzen. „Gut“, erklang deren Stimme. „Was hältst du von einem Ausflug zu dieser neuen Sehenswürdigkeit.“ Urbosa warf ihr einen verschmitzten Blick zu, den einen Arm in die Hüfte gestemmt. „Seit Neustem läuft hier so ein riesenhaftes Monster durch die Wüste.“ Zeldas lächelte. Dankbar über den Themenwechsel. Urbosa beugte sich verschwörerisch zu ihr hinunter. „Sag es keinem weiter, aber ich bin die Einzige, die weiß, wie man sich das Innere ansehen kann.“ Zelda kicherte. Rieb sich ein letztes Mal über die Augen und stand dann auf. „Ja“, nickte sie. „Ja, das würde ich wirklich sehr gerne tun.“   *   Der Ausblick von Naboris war fantastisch. Vielleicht war Zelda ein wenig vorbelastet, weil sie Urbosa von den Recken am längsten kannte. Aber wenn das riesenhafte Biest mit seinem sanft wiegenden Schritt durch die Wüste pflügte, den Sand aufwühlte, diese stampfenden Geräusche machte und man beinahe ganz Gerudo überblicken konnte, war Zelda überzeugt, dass dieser hier ihr Lieblingstitan war. Vielleicht lag es auch einfach an seinem Inneren. Daran, dass seine Fähigkeiten so speziell und so unendlich faszinierend waren. Blitze. Elektrizität. Zeldas Geist überschlug sich vor Ideen. Was man damit alles anstellen konnte. Es war großartig. Und so hatte sie nicht bemerkt, wie die Stunden vergingen. Sie war von einer Ecke des Titanen in die nächste gerannt. Hatte Inschriften mit ihren Aufzeichnungen verglichen. Die Steuerungseinheit neu kalibriert. Hatte Urbosa um einige Kostproben der Steuerung gebeten. Zelda fühlte sich, als würde sie die Verbindung der Titanen mit ihren Piloten nun ganz anders verstehen. Viel tiefer verstehen. Beinahe konnte sie fühlen, wie Naboris auf Urbosas Befehle reagierte. Wie er mit ihrem Geist verbunden war und wie eine Verlängerung ihres Willens wirkte. Er schien sich ihr völlig zu ergeben. Ganz anders, als das bei Rudania der Fall gewesen war. Nun könnte sie Daruk ganz andere Hinweise geben. Vor Euphorie hatte Zelda nichts essen wollen und die Pausen ausgeschlagen, zu denen Urbosa geraten hatte. Als sie also am Abend auf dem kleinen Seitenbalkon des Titanen saß und mit Urbosa gemeinsam den Sonnenuntergang betrachtete, fühlte sie sich unendlich zufrieden. Eine tiefe Ruhe erfüllte sie.   Gerudo war ein karges, hartes Land. Brennend heiß während des Tages und bitterkalt in der Nacht. Nur ein zähes Volk konnte hier überleben. Aber das Land war auch erfüllt von einer Schönheit, die irgendwo zwischen der Kargheit selbst und der Kompromisslosigkeit begründet lag. Und darin, dass jeder Farbklecks mit einer Brillanz leuchtete, die nur durch die Abwesenheit jeglichen Kolorits entstand.   Zelda redete und redete. Führte Urbosa Schlussfolgerung über Schlussfolgerung, Theorie über Theorie vor. Froh einen geduldigen Zuhörer gefunden zu haben, der sie ihre Gedanken ordnen ließ, ohne Fragen zu stellen. Erst als der Fluss ihrer Worte nachließ, weil der Damm gebrochen und all die angestaute Energie, die sie in ihre Forschungen steckte, abgeflossen war, bemerkte Zelda, wie unendlich müde sie war. Ihr Körper schmerzte von den Strapazen des vorherigen Tages und pausenlos zu arbeiten hatte wohl auch den heutigen zu einem anstrengenden gemacht. Auch wenn sie es kaum bemerkt hatte. Nach und nach verstummte sie und ließ sich von dem schwankenden Gang des Titanen in einen dämmrigen Zustand der vollkommenen Zufriedenheit wiegen. Hier, neben Urbosa, auf dem, von der Wüstensonnen erwärmten Stein, durch dicke Teppiche vor der Härte des Untergrundes geschützt, in der kühlen Brise des Abends, fühlte Zelda sich sicher.   Das Nächste was sie mitbekam, war die ohrenbetäubende Explosion, die sie weckte. Zelda zuckte zusammen. Schrie erschrocken auf. Sie brauchte einen kurzen Augenblick, um sich zu orientieren, blinzelte verwirrt durch die Gegend. Stammelte und fiel nach vorn auf die Knie, als sie versuchte die Frau neben ihr anzusehen. „Wa- Urbosa?! Was war das?! “, quietschte Zelda in einer so hohen Stimme, wie sie sie noch nie an sich gehörte hatte. Sie ruderte mit den Armen. Versuchte ihre Balance und ihre Fassung wieder zu erlangen. „Dieser Krach!“, hauchte sie, während ihr Herzschlag sich langsam beruhigte. Der Schreck saß ihr allerdings tief in den Knochen und machte sie ganz zittrig. Dann bemerkte sie etwas aus dem Augenwinkel. Verspätet, da ihr Hirn immer noch ganz vernebelt war, vom tiefen Schlaf, aus dem sie so ruckartig erwacht war. Langsam, ein fassungsloses Keuchen auf den Lippen, drehte sie sich zu dem blauen Farbflecken herum, den sie hinter sich gesehen hatte, als sie auf den Knien herumgerutscht war.   Ein Geräusch irgendwo zwischen Stöhnen und Ächzen entfuhr ihr. Link! Dort stand Link! Aller Schlaf, alle Müdigkeit fielen von ihr ab. Sie hatte ihn doch zurückgelassen. Und sie war sich so sicher gewesen, dass er dieses Mal auf sie gehört hatte. „Was machst du denn hier?!“, fragte Zelda fassungslos, bevor sie die Worte zurückhalten konnte. Sie war verwirrt und immer noch ein wenig desorientiert. Es fiel ihr sogar schwer die bekannte Wut in sich zu finden. Woher hatte er gewusst, wo sie war? Wie kam er auf den Titanen? Naboris stand still, bewegte sich nicht länger durch die Wüste, aber sein Aufgang war so weit vom Boden entfernt, dass sich Zelda unmöglich vorstellen konnte, wie er hier herauf gekommen war. Der antike Stein war unmöglich zu beklettern. Das wusste Zelda bereits von den Schreinen.   Und so starrte sie ihn an. Bestürzt. Und er starrte zurück. Mit breitem Stand und die Finger zu lockeren Fäusten gekrümmt. Er beugte sich leicht vor und suchte ihren Blick. Wirkte weniger stoisch als sonst, sondern … weicher, seine Augen größer als sonst. Wenn Zelda es nicht besser wüsste, würde sie beinahe denken, er wäre … besorgt.   Bevor sie den Anblick verarbeiten konnte, fing Urbosa neben ihr laut an zu lachen. Geschockt fuhr Zeldas Kopf herum. Es war kein einfaches Kichern. Kein kurzes, amüsiertes Glucksen. Es war ein lautes, aus der Tiefe ihres Bauches Kommendes, Kopf in den Nacken werfen Lachen. Entsetzt starrte Zelda die Königin an.   „Wa-was ist so lustig?“, fragte Zelda mit zittriger Stimme. In ihren eigenen Ohren klang es wie ein Wimmern, was wahrscheinlich ihrer Verwirrung zuschulden war. Urbosa lachte nur noch lauter. Hilfe suchend drehte Zelda wieder den Kopf. Zu Link, der Urbosa nicht minder irritiert betrachtete. Eine Augenbraue hochgezogen. Dann wandte er den Blick ab und schüttelte den Kopf. Den Hauch eines Lächelns auf den Lippen. Während Urbosas Lachen weiterhin laut durch die Wüste hallte, erhärtete sich in Zelda ein Verdacht. Urbosa hatte sie mit einem ihrer Blitze geweckt, als Link aufgetaucht war. Und entweder sein Auftauchen hier war die Folge seiner exzessiven Suche nach ihr, oder Urbosa hatte Link hier hergerufen. Zuzutrauen wäre es ihr. Als Königin war sie es gewöhnt, sich in die Angelegenheiten anderer einzumischen.   Ein weiteres indigniertes Geräusch entwich Zeldas Kehle.   „Gut“, sagte Urbosa, durch ihr Lachen hindurch. „Gut, gut.“ Wieder lachte sie. Dann räusperte sie sich, während Zelda sie immer noch ein wenig ungläubig anstarrte. Wenn auch nur, um nicht Link ansehen zu müssen, der in ihrem peripheren Blickfeld auf der Stelle trat und seine Position veränderte. War ihm Urbosas Lachen auch unangenehm? Zelda unterdrückte das Verlangen ihn näher zu betrachten. Seinen Blick zu suchen. Zu fragen, wieso er nicht zum Schloss zurück gegangen war. Oder, war er es? War er auf Befehl des Königs wieder losgezogen?   „Komm, Prinzessin“, meinte Urbosa und stand auf, streckte Zelda ihre Hand entgegen. Der blaue Rock mit Naboris' Abbildung flatterte im Wüstenwind. Zelda fröstelte. Es war ziemlich kalt geworden. „Ich bringe dich besser hinein. Dort ist es wärmer. Vielleicht findest du dort etwas richtigen Schlaf, während ich mich mit deinem Leibwächter hier unterhalte.“   Zelda überlegte kurz, ob sie sich wie ein Kind behandelt fühlte, das man ins Bett brachte, wenn die Erwachsenen miteinander sprachen. Dann entschied sie, dass es ihr egal war. Wenn sie eine Möglichkeit hatte, sich der Situation zu entziehen, nicht mit Link sprechen zu müssen, dann wäre ihr das nur Recht. Also nickte sie wortlos und folgte Urbosa in den Bauch des Titanen hinein, ohne ihrem Leibwächter auch nur einen Blick zuzuwerfen.   In einer kleinen Nebenkammer hatte Urbosa eine Feuerschale aufgestellt, die sie nun entzündete, sowie aus Decken und Kissen ein gemütliches Nest errichtet. Wahrscheinlich um selbst einen Schlafplatz zu haben, wann immer sie es nicht in die Stadt zurück schaffte. Der Anblick erinnerte Zelda an die bleierne Schwere in ihren Knochen und das matte Gefühl hinter ihrer Stirn. Schlafen. Schlafen wäre wunderbar.   „Ich brauche eine Pause von ihm, Urbosa“, murmelte Zelda, als sie auf dem himmelweichen Lager niedersank. Sie umfasste Urbosas Handgelenk, die Augen bereits geschlossen. „Bitte. Du weißt nicht wie es ist. Ich fühle mich wie in einen Käfig gesperrt.“ Ihre Kehle schnürte sich zu und die Worte versagten ihr. Spräche sie weiter, würde sie die aufsteigenden Tränen nicht zurück halten können. Sie hatte sich geschworen nie wieder so viel Schwäche zu zeigen, aber die Müdigkeit und der Schlaf, der mit lockenden Fingern nach ihr griff, riss ihre Schutzmauern ein. Urbosa drückte ihre Hand. „Ich denke, dass seine Anwesenheit dazu da ist, dir Freiheit zu geben.“ Was Urbosa sagte, ergab keinen Sinn. Aber Zelda war zu weit in die Dunkelheit hinter ihrem Geist vorgedrungen, sodass sie nur nie Augenbrauen zusammenziehen konnte und unzufrieden murmelte. „Schlaf jetzt, kleiner Vogel. Ich werde mit ihm darüber sprechen, wie wir seine Pflichten weniger lästig für dich gestalten können.“ Urbosa ließ ihre Hand los und Zelda kuschelte sich tiefer in die Kissen. „Hmmm ...“, war alles was sie darauf erwiderte, bevor sie vollends in tiefem Schlaf versank.   *   Sie konnte sich nicht mehr an Urbosas genaue Worte erinnern, aber als Zelda am nächsten Morgen erwachte, wurde sie das Gefühl nicht los, dass sie auf sanfte Weise gescholten worden war. Vielleicht bildete sie sich das auch nur ein. Aber Tonfall und Worte ihrer Freundin hatten Träume in Zelda heraufbeschworen, die sie immer noch berührten, als sie dem Schlaf lange entkommen war. Das vage Gefühl überzureagieren, die Situation vom falschen Blickwinkel aus zubetrachten, hatte Bilder durch ihren ruhenden Geist ziehen lassen, die sie nun nicht mehr fassen konnte. Was immer sie auch geträumt hatte. Sie wusste es nicht mehr. Sie wusste nur, dass es wichtig gewesen war.   Tief in Gedanken versunken, machte Zeldas sich auf den Weg Urbosa zu finden. Ein Blick nach draußen verriet ihr, dass sie sich der Stadt genähert hatten, während sie schlief. Der Titan stand direkt neben dem großen Felsen, in den der Thronsaal gehauen war. So weit von oben erschien er ihr klein, beinahe süß. Viel weniger mächtig neben den massiven Ausmaßen von Vah Naboris. Link war nirgendwo zu sehen, aber die wilde Mähne kaum gebändigten roten Haares die am goldenen Thron vorbeilugte, verriet Zelda, dass die Königin der Gerudo nicht mehr auf dem Titanen weilte. Natürlich. Urbosa hatte ein Volk zu führen. Sie konnte nicht die ganze Zeit über im Titanen bleiben und über den Schlaf eines Mädchens wachen. Selbst wenn es sich um die Prinzessin Hyrules handelte.   Zelda war froh, dass ihr Leibwächter nicht hier war. Es bedeutete, dass Urbosa es tatsächlich geschafft hatte, ihn davon zu überzeugen, zu gehen. Gleichzeitig erfüllten plötzliche Gewissensbisse ihre Brust. Wieder das Gefühl, dass sie diejenige war, die ihn unfair behandelte. Vielleicht war er auch verschwunden, weil Zelda den Bogen endgültig überspannt hatte und ihre Sicherheit ihm nun völlig egal war. Sie verzog das Gesicht. Doch bevor sie dem Gedanken in die Tiefe folgen konnte, hatte Ekis, die neben dem Thron stand, sie entdeckt und Urbosa darauf aufmerksam gemacht. Kurz darauf schwankte der Titan gewaltig und Zelda stolperte. Konnte sich gerade noch an der Balustrade festhalten, bevor sie sich die Knie aufriss. Sie keuchte erschrocken, zu sehr damit beschäftigt, nicht hinunterzustürzen, dass sie nicht einmal schreien konnte. Mit aufgerissenen Augen beobachtete sie die Welt dabei, wie sie vor ihrem Blickfeld verschwamm. Mittendrin erkannte Zelda den Vorgang. Naboris, der sich niederkniete. Damit sie hinaus gelangen konnte. Kurz danach war es vorbei. Zelda verharrte noch einen Augenblick, um ganz sicher zu gehen, dass sich Urbosa nicht noch einen Spaß mit ihr erlaubte. Auch wenn es der zweite Schock war, den sie in so kurzer Abfolge verpasst bekommen hatte, so tat es dennoch gut, nicht mit Samthandschuhen angefasst zu werden. Typisch Urbosa. Sie nicht einmal vorzuwarnen.   Zelda nahm die Rampe hinunter zum Boden. Der Sand war auf der Schattenseite der Stadtmauer noch kalt von den eisigen Temperaturen der Nacht. Niemand war hier, um sie abzuholen, aber sie war sich sicher, dass mehrere Augenpaare von der Mauer aus ihre Sicherheit garantierten. Zelda fröstelte ein wenig, als sie sich daran erinnerte, was das letzte Mal an genau dieser Stelle passiert war. Yiga, die einen Hinterhalt gestellt hatten. Urbosa, die kurzen Prozess mit ihnen gemacht hatte. Doch es war niemand hier, außer der zwölf Dutzend auf die Zähne bewaffneter Gerudo Kriegerinnen auf der anderen Seite der Mauer. Zelda fühlte sich einigermaßen sicher. Sie stapfte durch den Sand. Es fühlte sich an, als würde man auf Wolken gehen. Urbosa hatte einmal dasselbe über das Gehen auf Straßen gesagt. Wohl aber eher die fehlende Anstrengung gemeint. Schon nach dem Umrunden der westlichen Seite stand Zelda der Schweiß auf der Stirn. Als sie das westliche Tor erreichte, keuchte sie. In der Ferne sah sie die aufragenden Palmen der weit vor der Stadt liegenden Oase, den mit bunten Tüchern behängten Felsen, um den die kleine Siedlung erbaut worden war. Der Anblick verschwamm immer wieder vor ihren Augen. Sowohl durch die Luftspiegelungen der heißen Sonne, als auch, weil sich die Welt begonnen hatte zu drehen.   Eine schöne Vaai mit aufgestecktem Haar begrüßte sie freundlich und Zelda nutzte die Zeit, um sich im Schatten ein wenig auszuruhen. Nachdem die Sterne hinter ihren Augen aufgehört hatten zu funkeln und sich die Außenwelt nicht mehr anhörte, als wäre sie meilenweit entfernt, drangen die quiekenden Geräusche von Sandrobben in ihr Bewusstsein. Zelda stieß sich von der Wand ab und ging auf den Zaun zu, hinter dem um die sechs der Robben in allen Größen und Farben im Schatten dösten. Wahrscheinlich rührte ihr angeschlagener Kreislauf immer noch von ihrem Abenteuer mit diesen Zugtieren. Und daher, dass sie am Tag zuvor nichts gegessen und kaum etwas getrunken hatte.   Wahrscheinlich war es der fehlende Zucker in ihrem Gehirn. Vielleicht wurde sie auch einfach nur verrückt. Aber der Anblick der Wüstentiere weckte eine Idee. Die Oase. Zelda war bisher nur hindurch gereist. Und hatte sie unheimlich faszinierend gefunden. Eine solche Menge an Wasser mitten in der Wüste. Die Gerudo Frauen, die dort, manchmal das erste Mal, auf Voois der verschiedenen Völker trafen. Ein Schmelztiegel, nicht nur von Rassen, sondern auch der Geschlechter. Zelda wollte dorthin. Und sie war sich nicht sicher, ob Urbosa es erlauben würde. Aber Zelda war erwachsen. Sie hatte ihren Leibwächter fortgeschickt und bewiesen, dass sie allein durchaus zurechtkam. Sie war durch die Gerudo Schlucht und durch halb Hyrule geritten, ohne dass ihr etwas geschehen war. Was sollte schon passieren, wenn sie ein paar Meilen außerhalb einer Stadt voller Kriegerinnen eine Oase besuchte. Ein wenig auf dem Basar stöberte und sich dort mit Wasser und Früchten erfrischte. Ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. Wozu die neugewonne Freiheit, wenn sie sie nicht nutzte?   „Wie viel kostet es, eine Sandrobbe zu mieten?“     *     Das Erste was Zelda tat, war ihr Gesicht in einem riesigen Stück Frostmelone zu vergraben, das sie an einem Fruchtstand kaufte. Auch wenn die Strecke von der Stadt zur Oase mit einer Sandrobbe schnell zu bewältigen war, so hatte die Sonne bereits in den Morgenstunden einiges an Kraft. Es war einfach töricht gewesen, ohne einen Kühlungstrank aufzubrechen. Aber Zelda hatte nicht daran gedacht. Während der eisige Saft ihr die Kehle – und leider auch das Kinn – hinabrann, atmete sie erleichtert auf. Die Hitze aus ihrem Gesicht verzog sich langsam und machte einem angenehm prickelnden Gefühl platz, als ihre Körpertemperatur herabsank. Der Effekt war nicht so stark wie bei den Tränken, weswegen Zelda sich für den Rückweg etwas anderes einfallen lassen müsste. Sie hielt bei einer Händlerin aus der Stadt, die auf einem riesigen Tuch Kleidungsstücke auf dem Boden ausgebreitet hatte. „Angenehm kühl in der heißen Wüstenluft“, versicherte die Gerudo ihr und lächelte mit einem Blick auf Zeldas stabile Stiefel und mehrschichtige Tunika. Es stimmte schon, ihre Kleidung war für das Tagesklima des Landes nicht wirklich gemacht. Aber diese Fummel würde Zelda trotzdem niemals tragen. Sie war die Prinzessin von Hyrule, bei der Göttin. Sie konnte nicht durch die Welt spazieren, mit kaum etwas an als ihrer Haut. Und davon zeigten die Kleidungsstücke viel zu viel. Zelda Blick fiel auf die entblößte Mittelregion der Händlerin. Bronzefarbene, brettharte Muskelstränge zeigten sich dort. Selbst wenn ihr eigener Bauch so aussehen würde, käme es für Zelda trotzdem nicht in Frage. Also lächelte sie nichtssagend und kehrte dem Stand den Rücken zu. Sie schlenderte weiter. Auf das Becken zu, in dem sich das Wasser sammelte, das der Oase das Leben schenkte. Sie verbrachte ein wenig Zeit damit mit den Zehenspitzen Muster in den nassen Sand zu zeichnen. Dann besah sie sich weiter die exotischen Waren der Händler. Sie sah Früchte von überall aus Hyrule. Sogar Durian Früchte, um die Zelda einen großen Bogen machte. Etwas das so seltsam roch, würde sie nie hinunter bekommen. Unwillkürlich brachte dieser Gedanke sie auf Link, der Unmengen Nahrung in sich hinein stopfen konnte. Sie fragte sich, ob er diese Frucht je gegessen hatte. Ob er sie mochte. Zelda runzelte die Stirn. Wieso auf einmal Link? Der Gedankengang schien ihr sehr weit her geholt. Warum hatte sie gerade an ihn denken müssen? Sie ging weiter. Wechselte zu einem Stand, der Waffenequipment feilbot. Anscheinend etwas, mit dem man in unmittelbarer Nähe einer Stadt voller Kriegerinnen gute Geschäfte machen konnte. Sie sah fein geschnitzte Pfeile mit geschmiedeten Spitzen. Solche, wie Link immer in seinem Köcher herumtrug. Und andere, mit anderen Spitzen. „Elektropfeile“, antwortete der Händler auf ihr Nachfragen hin. Sah sie daraufhin aber so seltsam an, dass Zelda schnell weiter ging. Wieder dachte sie an Link. Diesmal fragte sie sich, ob er von den anderen Pfeilarten wusste. Wahrscheinlich. Aber Zelda hatte sie ihn nie verwenden sehen. Dann wiederum, sie hatte ihn nie wirklich im Kampfeinsatz gesehen. Immer nur bei seinem Training mit sich selbst beobachtet. Und da hatte er immer nur das Bannschwert geschwungen. Was nicht unbedingt zu Zeldas Seelenfrieden beigetragen hatte. Dabei war es nur logisch, dass er mit dieser Waffe üben musste. So wie sie ihre Gebete hatte und ihre spirituellen Übungen. Vielleicht sollte sie ihm von den Elektropfeilen erzählen? Sofort bereute sie den Gedanken. Natürlich wusste er davon. Er war ein ausgebildeter Ritter. Ein Meister der Waffen. Und selbst wenn sein Talent vor allem im Schwertkampf lag, so musste er auch mit dem Bogen einigermaßen versiert sein. Die Ritter im Schloss wurden mit Pfeil und Bogen ausgebildet. Was bildete sie sich ein, ihm etwas über Waffen beibringen zu wollen. Auch wenn es gut gemeint war. Wahrscheinlich würde er über sie lachen. Oder annehmen, dass sie sich über ihn lustig machte. Die missratene Prinzessin. Die Versagerin. Wollte sich in seine Angelegenheiten einmischen. In die des großen Schwertkämpfers, des Auserwählten des Schwertes. Selbst in ihrem Kopf war es lächerlich. Als ob er je etwas von ihr brauchen würde.   Zelda ballte die Fäuste. Diese Gedanken wären noch einmal ihr Untergang. Sie entfernte sich weiter von dem Trubel des Basars, in dem Wunsch allein zu sein. Nun wieder versunken in Selbstmitleid. Sie betrachtete das Spiel des Windes auf dem Wasser. Sah das erste Mal, dass der Teich von einer unterirdischen Quelle gespeist wurde, die in sanften Wirbeln Wasser aus dem Erdreich nach oben drückte. Weiter weg von den Zelten und Ständen wurde der Wind stärker, traf ungeschützter auf Sand und Felsformationen. Und auf Zelda, die den Böen den Rücken zuwandte. Trotz der aufgewirbelten Elemente war es wunderschön. Ruhig. Es wirkte wie Balsam auf ihren ähnlich aufgewirbelten Emotionen. Der Verwirrung und den widersprüchlichen Gefühlen. Sie wanderte weiter. Entfernte sich immer mehr von der Oase. Betrachtete hier eine Pflanze, die der Kargheit trotzte, hob dort einen Stein auf, weil er so hübsch im Sonnenlicht funkelte. Als sie sich umdrehte, bemerkte sie, wie weit sie sich entfernt hatte. Von hier aus hatte sie einen wunderbaren Blick auf den ganzen Ort. Den natürlichen Ring aus großen Steinen, der vor Wind schützte. Das Wasserbecken mit den sanft wippenden Palmen. Der hohe Felsen mit dem Gasthaus. Die Umrisse von Gerudo Stadt, ganz weit weg, hinten in der Ferne. Auf einen Impuls hin, löste Zelda den Shiekah Stein von ihrem Gürtel. Hielt ihn in die Höhe, suchte nach der richtigen Perspektive. Sie wollte den Anblick einfangen. Um ihn auch in der Enge ihres goldenen Käfigs immer wieder betrachten zu können. Um sich zu erinnern und vielleicht zu fühlen, was sie jetzt fühlte. Frieden. Freiheit.   Seufzend ließ Zelda den Shiekah Stein sinken. Zufrieden. Sie drehte sich um. Bemerkte das erste Mal, wie weit sie wirklich von der Oase entfernt war. Sie konnte nicht einmal mehr das Stimmengewirr hören. Sah nur die Lichtreflexionen der Sonne auf dem Wasser und sich bewegende bunte Flecken. Ein ungutes Gefühl beschlich Zelda. Ein Prickeln der Vorahnung, auch wenn sie es nicht einordnen konnte. Sie war allein. Niemand zu sehen, als sie sich einmal um sich selbst drehte. Dennoch begann sie zur Oase zurückzugehen. Auf ihrer kleinen Wanderung hatte sie die lange Strecke nicht bemerkt. Oder die Weichheit des Sandes, die auch jetzt wieder an ihren Füßen saugte, wie schon auf dem Weg von Vah Naboris zum Stadttor. Der Gedanke an den Titanen und Urbosa verstärkte das unbehagliche Gefühl nur noch und Zelda versuchte ihre Schritte zu beschleunigen. Auf dem schwammigen Untergrund war das kaum möglich, es sei denn sie rannte. Wozu es keinen Anlass gab.   Dann frischte der Wind auf und brachte das Geräusch von kaum wahrnehmbaren Schritten mit sich. Hinter ihr. Mit der Erkenntnis, dass es nicht Links Schritte waren – das Geräusch hätte Zelda überall erkannt – machte ihr Herz einen panischen Satz. Zelda drehte sich um. Und grauenhaftes Entsetzen pumpte ihr prickelnde Angst durch die Adern. Yiga!   Sie hatte sich viel zu weit von der Oase entfernt, als das irgendjemand ihr zur Hilfe kommen würde. Sie war allein. Nicht einmal ihre Schreie würde jemand hören. Zelda begann zu rennen. Den Blick auf die Oase in der Ferne. Vielleicht konnte sie es schaffen. Der Sand erwies sich als ihr zweiter Feind. Als hätte er sich mit ihren Verfolgern verbrüdert. Zelda war beinahe sofort außer Atem. Die Schritte hinter ihr wurden lauter. Jemand rief etwas. Eine männliche Stimme. Natürlich. Oh, wenn sie nur nah genug an die Oase heran kommen könnte, dass jemand sie hören würde, wenn sie schrie. Dann gäbe es zumindest Zeugen. Und sie würde nicht ungesehen verschwinden. Zelda keuchte. Versuchte schneller zu laufen, obwohl ihre Schenkel brannten und sie kaum Luft bekam. Es war wie in einem dieser Träume, in dem ein fernes Ziel immer weiter zu verschwinden droht, je stärker man versucht es zu erreichen. Als würden ihre Beine immer schwerer werden und sie an den Boden ziehen. Sie nicht fliehen lassen. Warum war es nicht Link hinter ihr. Verkleidet als einer die abtrünnigen Shiekah. Mit der roten Maske und dem umgedrehten weinenden Auge. Um ihr einen Schrecken einzujagen, ihr eine Lektion zu erteilen. Aber davon abgesehen, dass seine Schritte leichter und kürzer waren, würde Link so etwas nie tun. Das wusste Zelda mit absoluter Sicherheit. Der Gedanke war hirnrissig. Absolut abwegig. Aber ihr verzweifeltes Gehirn suchte nach einem Ausweg, um sich mit dem unumgänglichen Ende nicht abfinden zu müssen. Sie würde sterben. Die Yiga würden sie töten. Und dann würde die Verheerung zurückkehren.   Zelda schluchzte auf. Ein Geräusch irgendwo zwischen Panik und Trauer. Ein verzweifeltes Stöhnen. Ein unterdrückter Schrei, da ihr für mehr keine Luft blieb. Ihr Herz schlug ein wildes Muster gegen ihren Rippenbogen und riss ihr beinahe die Brust auseinander. Sie konnte nicht weiter. Aber sie musste. Zelda schlug einen Haken. Versuchte die Richtung zu ändern, ohne wirklich zu wissen, wo ihre Verfolger sich genau befanden. Sie wagte nicht, sich umzusehen. Aus Angst zu stolpern und zu fallen. Dann hätte sie nicht mehr auch nur den Hauch einer Chance.   Sie rannte an einigen Palmen vorbei. Nicht mehr allzu weit, und sie hätte die Oase erreicht. Doch das kleine Hüpfen der Hoffnung zerbarst unter Stiefelspitzen der beiden Yiga, die ihr in den Weg sprangen. Zelda stoppte. Sie war eingekreist. Vor ihr, rechts und hinter ihr. Auf der linken Seite versperrte ein Felsen den Weg. Und den konnte sie nicht überwinden. Sie war so gut wie tot. Sie würden sie nicht gefangen nehmen. Es war ihr Herz, das sie wollten. Und zwar ohne ihren Körper. Niemand würde wissen, was mit ihr geschehen war. Urbosa. Ihr Vater. Link. Link! Wie inbrünstig wünsche Zelda sich, dass er hier wäre. Zelda wimmerte. Doch er war nicht da. Sie hatte ihn weggeschickt. Und damit ihr Schicksal besiegelt.   Hylia, es tut mir leid. Es tut mir so leid. Ich hatte unrecht. Wo ist er?!   Zelda keuchte. Versuchte nach hinten zu fliehen, auch wenn sie wusste, wie aussichtslos das war. Doch der Yiga war so nah vor ihr, dass sie wieder zurückwich. Ihre Ferse verfing sich im Sand. Dann fiel sie. Der Kreis um sie herum wurde enger geschlossen. Sie konnte sehen, wie ein Yiga seine Klinge erhob, eine gebogene Sichel, etwas, das man verwendete, um Weizen zu schneiden. Wie seltsam, dass sie daran denken musste. Und nicht daran, wie unendlich groß ihre Angst war. Aber wahrscheinlich schützt ihr Geist sie mit Belanglosigkeiten, um ihr einen bewusstlosen Tod zu ermöglichen. Das Sonnenlicht brach sich auf dem kalten Stahl. Blitzte auf und das letzte, was Zelda dachte, bevor sie instinktiv die Augen schloss, war, wie hübsch es aussah.   Doch der Hieb kam nicht. Kein stechender Schmerz. Kein Blut, dass durch die Luft spritzte.   Zumindest nicht ihr Blut.   Zelda hörte Metall, das auf Metall traf. Waffen. Etwas das durch die Luft flog. Stimmen. Ein Ächzen, dann einen Schrei. Den dumpfen Aufprall eines Körpers auf dem Sand. Sie öffnete ihre Augen einen Spaltbreit.   Alles, was sie sah war: Blau. Sie erlaubte sich nicht, zu hoffen. Dann öffnete sie die Augen weiter. Erleichterung durchflutete sie mit einer solchen Gewalt, dass sie wimmerte.   Link! Link war hier. Link war gekommen, um sie zu retten.   Er stand dort, zwischen ihr und den zwei restlichen Angreifern. Der Yiga von dem Zelda gedacht hatte, er wäre das Letzte, das sie in diesem Leben sehen würde, lag nicht unweit von ihr auf dem Boden. Und blutete sein Leben in den Sand. Bewegungslos starrte sie auf Links Rücken. Mehr als das und seinem Profil konnte sie nicht von ihm sehen. Er hatte das Bannschwert gezückt und schien absolut ruhig. Absolut tödlich. Hätte Zelda nicht eine so bodenlose Erleichterung gespürt, ihn zu sehen, wäre der Anblick wohl unheimlich gewesen. Doch in diesem Moment erschien er ihr genau wie der Held, der er war. Nur dass er ihr Held war. Das erste ihrer Gebete an die Göttin, das erhört worden war. Die Zeit schien stillzustehen.     Dann sprang einer der Angreifer vorwärts, täuschte eine Finte an, doch Link machte kurzen Prozess mit ihm. Zeldas geschockte Augen konnten der Bewegung kaum folgen. Es fiel erst ein, dann der zweite Körper zu Boden. Waffenlos. Und tot.   Zelda schluchzte auf. Zitterte, als die Erkenntnisse sie überfluteten. Sie war am Leben. Sie war gerettet worden. Von Link.   Der in diesem Moment sein Schwert auf dem Rücken verstaute und die letzten Schritte zu ihr gelaufen kam. Er kniete sich hin. Brachte sein Gesicht auf ihre Augenhöhe, bewegte sich jedoch mit einer Sanftheit, die keinen Sinn ergab. Glaubte er, sie hätte Angst vor ihm?   „Link“, hauchte sie geräuschlos, nur ihre Lippen, die seinen Namen formten. Doch seine Augen folgten der Bewegung, starrten kurz auf ihren Mund. Dann wanderten sie wieder nach oben. Eine Bestandsaufnahme. „Seid Ihr verletzt?“, fragte er leise, aber mit einer solchen Intensität in seiner Stimme, dass Zelda ihn einfach nur stumm anstarrte. Er atmete heftig ein. Dann aus. „Prinzessin!“ Zelda zuckte zusammen. Dann schaffte sie es, den Kopf zu schütteln. Sie konnte den Blick nicht von ihm abwenden. War beinahe hypnotisiert von seinem Anblick. Er war hier. Wieso war er hier? Wie konnte er hier sein? Der Göttin sei Dank! Beinahe hätte sie erneut aufgeschluchzt.   Sie sah, wie er die Zähne aufeinander presste, sah es an den feinen Muskeln in seinen Wangen, die unter der Haut zarte Wellen schlugen. Das übermächtige Bedürfnis sie zu berühren, stieg in ihr auf. Nein. Nein, das war falsch. Er durfte nicht aufgebracht sein. Er hatte sie gerettet.   Dann fiel ihr ein, dass er womöglich aufgebracht war, weil sie sich in Gefahr gebracht hatte. Wahrscheinlich war er unendlich wütend auf sie und tat das, was er immer tat: sich zurückzuhalten, um sie nicht anzuschreien, weil sie sich so unfassbar dämlich verhalten hatte. Der Gedanke versetzte ihr einen unerwarteten Stich. Als hätte sie, nun da die akute Lebensgefahr gebannt war, nichts Besseres zu tun. Betreten sah Zelda zu Boden. Wandte das erste Mal den Blick von ihrem Retter ab, seit er sich so wundersam vor ihr materialisiert hatte. „Auch nicht der Knöchel? Ihr seid gestürzt.“ Seine Stimme klang ruhiger, weniger gepresst. Zelda sah wieder auf. Seine Augen hatten jedoch nichts von ihrer Intensität verloren und sie ertappte sich dabei, wie sie ihn wieder anstarrte. „Nein“, antwortete sie, als sie sich an die Frage erinnerte. „Nein“, wiederholte sie und rieb sich unwillkürlich den Fuß. Als müsste sie sich durch Palpation davon überzeugen, dass sie tatsächlich keine Schmerzen dort verspürte. „Ich-ich bin nur gestolpert, als sie ...“ Sie brach ab und schluckte. Etwas in Links Blick wurde weich. Nie hatte sie ihn so viel sprechen hören. Soviel in seinem Gesicht lesen können. Sie wollte nicht, dass es endete. „In Ordnung“, sagte er leise und ganz langsam zeigte sich ein erleichtertes Lächeln auf seinem Gesicht. Es sollte wohl beruhigend sein, hatte aber auf Zelda eine ganz andere Wirkung. Bevor sie darüber nachsinnen könnte, was genau das war, hatte Link sich erhoben und ihr eine Hand entgegen gestreckt. Verwirrt starrte Zelda sie an. Dann begriff sie, dass er ihr aufhelfen wollte. Sie zögerte. Ihn berühren. Gestern noch hätte sie sich lieber die Haut abgezogen. Langsam hob sie die Hand. Link griff danach, als sie noch auf halbem Weg war. Wahrscheinlich war er darauf bedacht, sie so schnell wie möglich hier wegzubringen. Zelda spürte die rauen Stellen an seiner Haut, die von den unzähligen Schwertgriffen herrührten, die er in seinem Leben geführt hatte. Das Material seiner Handschuhe. Und die Wärme, die von seiner Haut ausging. Dann ging ein Ruck durch ihren Körper und sie flog durch die Luft. Nicht wirklich. Der Schwung war so angepasst, dass Zelda schwankend auf die Füße kam, eine stabilisierende Hand an ihrer Schulter jedoch ausreichte, um sie daran zu hindern, gleich wieder vornüber zufallen. Wieder konnte sie nicht anders, als ihn anzustarren. Es war, als wäre ihr Leibwächter in kurzer Zeit zum Zentrum ihrer Welt geworden. Was in gewisser Weise war es genau das. Sie hatte gebetet, dass er auftauchen würde. Und dann war er da gewesen. Einfach so.   „Du hast mir das Leben gerettet“, platzte es aus Zelda hervor, sobald sich der Gedanke zu Ende geformt hatte. Link sah ihr in die Augen. Immer noch mit dieser Intensität. Als versuchte er sie mit seinem Blick zu durchleuchten, irgendetwas aus ihr herauslesen zu wollen. Und vielleicht stimmte das auch.   Es gab keinen Grund es zu bestätigen. Die Fakten lagen neben ihr auf dem Wüstenboden. Leblos und blutend. Nicht mehr gefährlich.   „Mein Leben gehört Euch“, wiederholte er, was sie ihn schon so oft hatte sagen hören. Doch dieses Mal begriff Zelda das erste Mal, was es bedeutete.   „Danke“, hauchte sie mit zittriger Stimme. Sie hatte nie ein Wort tiefer empfunden. Link schien es zu spüren. Vielleicht las er es auch in ihrem Gesicht. Denn sein Blick, der zu wandern begonnen hatte, fixierte sie. Einen Moment lang hatte Zelda das Gefühl, dass alle Barrieren zwischen ihnen fort waren und sie auf einer Ebene kommunizierten, die nicht von dieser Welt war. Dann nickte Link und sah fort. Und das Gefühl verging. Zelda schluckte die unerwartete, völlig unverständliche Enttäuschung hinunter.   „Wir sollten von hier verschwinden“, sagte Link und Zelda konnte ihm nur recht geben. Sie nickte ihre Zustimmung und mit einem letzten Blick auf sie setzte Link sich in Bewegung. Sie folgte ihm auf Beinen, die sich wie aus Watte anfühlten. Dieses Mal konnte Zelda sehen, was er tat, wenn er sonst hinter ihr ging. Sein Blick ruhte nie. Rechts, links, geradeaus. Dann zurück über die Schulter zu ihr, ein abschätzender Blick. Rechnete er damit, dass sie ohnmächtig werden würde? So weit war das gar nicht geraten. Zelda fühlte sich in der Tat ziemlich wacklig auf den Beinen. Was wohl auch kein Wunder war, wenn man eben knapp dem Tod entronnen war. Und feststellen musste, dass man jemandem kolossales Unrecht getan hatte. Er hatte sie gerettet. Obwohl sie ihn so unfair, so biestig, so fürchterlich behandelt hatte. Er war bei ihr geblieben, obwohl sie ihn fortgeschickt hatte. Immer irgendwo in der Nähe, wie ihr jetzt klar wurde, als die Panik langsam ihren Blutkreislauf verließ und sie mit jedem Schritt klarer denken konnte. Denn das war die einzige Erklärung für sein Auftauchen. Für sein verspätetes Auftauchen. Er hatte sie beobachtet. Aus der Ferne auf sich geachtete. So weit weg, dass sie ihn nicht bemerken konnte und sich auch nicht an seiner Anwesenheit stören konnte. Wo war er gewesen? Hatte er in der Wüstenkälte ausgeharrt und jeden ihrer Schritte verfolgt, seit sie den Schutz des Titanen verlassen hatte? Hatte in den Dünen gekauert? In der brütenden Hitze? War wie von Dämonen getrieben gerannt, als er die Gefahr erkannt hatte? Daran gemessen, wie unmöglich schnell er sich bewegen konnte und wie lange er gebraucht hatte, um aufzutauchen – gerade im letzten Moment – musste er ziemlich weit weg gewesen sein.   Eine ganz neue Woge des schlechten Gewissens überspülte sie. Doch in Zelda war kein Widerstand mehr. Sie ergab sich dem Gefühl. Ließ sich davon mitreißen und öffnete alle Schleusen angestauter verdrehter Gefühle. Ließ die Emotionen davon fließen.   Sie erreichten die Oase ohne einen Zwischenfall. Selbst wenn sie erneut angegriffen worden wäre, hätte Zelda sich nicht sicherer fühlen können. Es war seltsam, wie unberührt der Ort wirkte. Niemand hatte bemerkt, was sie nicht weit von hier entfernt abgespielt hatte, verborgen von Dünen und Steinen. Die Ansammlung von Händlern, Touristen und Einheimischen, die Zelda zuvor so fasziniert hatte, behagte ihr nun ganz und gar nicht mehr. Vor der Herberge blieb Link stehen. Beinahe wäre sie in ihn hinein gelaufen. Kurz nahm sie seinen Geruch wahr. Frische Luft und Metall. Und etwas, das einfach Link sein musste. Dann trat sie einen Schritt zurück, unschlüssig, was er von ihrer Nähe halten würde. Nach all dem, was sie getan hatte. Sie sah zu Boden. „Ich werde eine Nachricht an Urbosa schicken.“ Bei seinen Worten sah Zelda auf. Sein Blick wanderte über den Basar, zurück zu ihr, dann wieder über die Oase. „Ihr solltet ihr sagen, was geschehen ist. Sie wird Euch etwas geben, damit ihr besser schlafen könnt.“ Zelda blinzelte. Es war zu viel auf einmal. Viel zu viel. Der Angriff. Links Auftauchen. Seine Stimme, von der Zelda noch nie so viel gehörte hatte.Weicher, entschiedener als zuvor. Deswegen verstand sie denn Sinn seiner Worte erst, als er sich umdrehte. Um zu gehen!   „Nein!“, keuchte Zelda. Schrie es fast. Link erstarrte. Drehte sich wieder zu ihr herum. Nach allem, was geschehen war, wollt er sie einfach allein lassen. Wollte sich wieder auf Distanz begeben, damit sie sich von ihm nicht belästigt fühlte. Zelda erinnerte sich an Urbosas Worte. Jetzt fiel es Zelda nicht mehr schwer sich auszumalen, was auf dem Ausguck besprochen worden war, gestern, während sie geschlafen hatte. Das ganze Ausmaß ihrer Dummheit flammte wie ein Leuchtfeuer in ihrem Verstand auf, malte glühende Bilder ihrer fehlgeleiteten Gefühle. Sie war die Prinzessin Hyrules. Sie hatte keine kämpferische Ausbildung erhalten. Alles, was sie tun durfte, war zu beten. Die Verheerung würde zurückkommen. All diese Zeichen. Die Monster, die Yiga. Das Bannschwert! Und die Anwesenheit von Letzterem bedeutete für Zelda, dass sie nicht nur in der Sicherheit des Schlosses versauern musste. Sondern frei war das Land zu durchstreifen. Die Titanen zu besuchen und ihren Forschungen außerhalb ihres Turmes nachzugehen. Ohne Link, ohne den Helden, wäre das unmöglich. Das hatte ihr der heutige Tag gezeigt. Das hatte Urbosa gemeint. Gestern, während Zelda dabei war, einzuschlafen.   „Nein“, wiederholte Zelda. Streckte unwillkürlich einen Arm nach Link aus. Er folgte der Bewegung mit seinem Blick. Sie stoppte sich, kurz bevor sie ihn berührte. Ihn körperlich daran hindern konnte zu gehen. Sie allein zu lassen. Als ob sie das vermocht hätte. Wie stark er war, hatte er gerade eben unter Beweise gestellt. Mit so einer Ausdruckskraft, dass Zeldas Nackenhaare sich aufstellten. „Bitte“, sagte sie und ließ den Arm sinken. Link begegnete ihrem Blick. Zelda schluckte sie. „Ich-“, begann sie „Das war ein ziemlicher Schock. Ich denke nicht …, ich denke nicht, dass ich jetzt allein sein möchte.“ Sie befeuchtete sich die Lippen mit der Zunge. „Bitte bleib hier, Sir Link.“   Trotz seines angekündigten Gehens standen sie sich nah genug, dass Zelda sehen konnte, wie sich seine Lippen leicht öffneten. Von dem überraschten Einatmen, als sie ihn mit seinem Ehrentitel ansprach. Zum ersten Mal. Dann schloss er die Augen. Es vergingen mehrere Atemzüge, bevor er sie wieder öffnete. Lang genug, dass Zelda auf ihrer Unterlippe zu kauen begann. Sein Gesicht hatte den bekannten Ausdruck angenommen. Bar von jeder Emotion. Aber anders als vorher, erfüllte diese Miene Zelda nicht mit Zorn. Denn anders als vorher las sie höflichen Respekt daraus, nicht Abweisung. „Mein Leben gehört Euch“, wiederholte er und neigte den Kopf. Zelda ließ den Atem los, von dem sie nicht gewusst hatte, das sie ihn anhielt. Erleichtert, dass er sie nicht alleine lassen würde. Link deutete in Richtung eines großen Ornis, der im Schatten eines Sonnensegels döste. „Ich muss zu ihm. Wollt Ihr mitkommen?“ Er hatte sich bereits dorthin gewandt und musste den Kopf drehen, um sie anzusehen. Zelda beeilte sich, zu nicken. Vielleicht ein wenig zu enthusiastisch, denn Links bekannter stoischer Gesichtsausdruck wurde von einem Lächeln durchbrochen. Er sah zu Boden. Als würde er versuchen es vor ihr zu verbergen. Dabei hatte Zelda an seinem Lächeln rein gar nichts auszusetzen. Nicht einmal, wenn es auf ihre Kosten ging. Link nickte schweigen, aber Zelda konnte sehen, dass er immer noch lächelte, als er auf den Orni zu ging, sie ein paar Schritte hinter ihm.   Er bedeutete ihr mit ein wenig Abstand stehen zu bleiben, wahrscheinlich, damit der Orni nicht durch das plötzliche Auftauchen gleich zwei Hylianer erschreckt werden würde. Er kniete neben dem träge zu ihm auf blinzelnden Orni nieder und begann auf ihn einzureden. Kurze Zeit später nickte der Orni. Etwas Rotes, Kleines wechselte die Besitzer, dann erhob sich der Bote mit rauschendem Gefieder in die Lüfte.   Als Link zurückkam, betrachtete er sie erneut mit diesem suchenden Blick. Er zog die Augen zusammen, als sei er mit dem Anblick ganz und gar nicht zufrieden. „Ihr solltet ausruhen“, sagte er, bevor Zelda nach dem Ursprung seines Missfallens fragen konnte. „Aber Ihr könnt nicht hierbleiben“, fügte er hinzu. Sie starrte ihn an. Wahrscheinlich immer noch mit den großen Augen eines Kindes, das zum ersten Mal sieht, wie die Sonne über dem Meer untergeht. Doch das war ihr egal. Er war hier. Sie war am Leben. Seinetwegen. „Meint Ihr, Ihr schafft den Weg zur Stadt zurück?“ Zelda brauchte eine Weile, um die Frage zu verarbeiten. Wahrscheinlich befand sie sich immer noch in einer Art Schockstarre. Sie drehte sich in Richtung der Stadt. Der Sonnenstand sagte ihr, dass der Mittagspunkt bereits verstrichen war. Genug Zeit also, um vor Einbruch der Dunkelheit dort zu sein. Sie sah zurück zu Link. „Nicht auf einer Sandrobbe“, antwortete sie wahrheitsgemäß. Zu Fuß, in langsamem Tempo, würde sie es schaffen. Aber nicht, wenn sie sich auf einem Schild halten und gleichzeitig an ein, den Sand durchpflügendes Tier klammern musste. Link betrachtete ebenfalls die Umrisse der in der Ferne sichtbaren Stadt. Dann schüttelte er den Kopf. „Zu lange“, meinte er. Zelda betrachtete ihn fragend. Wie sollten sie dann nach Gerudo Stadt gelangen? „Kommt“, sagte Link schließlich und wies mit dem Arm in Richtung Stadt. Zelda setzte sich ohne zu zögern in Bewegung. Etwas Mächtiges hatte die bisherige Rollenverteilung zwischen ihnen aufgebrochen. Sie würde ihn nicht in Frage stellen. Nie wieder.   Als sie aus dem Schutz des natürlichen Steinwalls in die offene Wüste traten, bedeutete Link ihr erneut stehen zu bleiben. Er hielt sich einen Finger an die Lippen, eine Aufforderung an sie sich still zu verhalten. Dann, als Zelda noch fragend die Brauen hob, ging er auch schon in die Hocke und begann sich schleichend davon zu bewegen. Ihr irritierter Blick verfolgte seine Gestalt bis zu einem Dünental, in dem eine, halb im Sand vergrabene Robbe träge mit der Flosse schlug. Ihre Lippen öffneten sich, als sie irritiert Luft einsog. Vielleicht sollte sie die Entscheidung Link von nun an nicht mehr infrage zu stellen, noch einmal überdenken. Sie hatte doch gesagt, dass sie es mit einer Sandrobbe nicht schaffen würde.   Als Link das Tier erreichte und es mit einem, magisch in seinen Händen auftauchenden Seil einfing, stoppte sich Zelda in ihrem Gedankengang. Wenn Link der Meinung war, dass es nötig war, so schnell wie möglich zu Stadt zu gelangen, würde sie seinem Urteil vertrauen. Auch wenn es hieß, dass sie die Zähne zusammenbeißen musste. Sie würde das schon irgendwie schaffen.   Link beförderte einen riesenhaften Schild aus der winzigen Tasche an seinem Gürtel hervor. Zelda dachte kurz daran, dass sie unbedingt wissen musste, wie er all diese Ausrüstungsgegenstände dort verstaute. Dann beobachtete sie perplex, wie er das Schild auf den sandigen Boden warf und gleichzeitig die Robbe antrieb. Das Tier setzte sich mit einem komischen Geräusch in Bewegung, über das Zelda vielleicht gelacht hätte, wenn ihr auch nur ein bisschen danach zumute gewesen wäre. Gerade fiel ihr auf, dass Link nur eine einzige Sandrobbe eingefangen hatte, als er sie auch schon in einem eleganten Halbkreis um Zelda herum gesteuert hatte und neben ihr zum Stillstand brachte. Er streckte den linken Arm in ihre Richtung aus und winkte sie, näherzukommen. Zelda folgte der Aufforderung zögerlich. Was hatte er vor? Hatte er die Robbe für sie gefangen? Wollte er ihr hinterher rennen, während sie das Tier steuerte? Sobald sie sich in seiner Reichweite befand, fasste Link sie am Handgelenk und zog sie sanft in den schützenden Winkel, den sein rechter Arm mit seinem Körper formte. Wie bestimmt seine Bewegungen trotz aller Vorsicht waren, wurde klar, als Zelda sich sofort versuchte loszumachen. Sein linker Arm umfing sie und drückte sie nach hinten, an seine Brust. Sie zappelte, um Gleichgewicht bemüht. Und um Fassung. Das Blut schoss ihr in die Wangen. Sie hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit. „Was?“, keuchte sie, irritiert und nervös zugleich. „Zu Fuß sind wir zu langsam und Ihr müsst so schnell wie möglich hier weg“, sagte Link hinter ihr und Zelda erstarrte, weil sie seine Stimme so dicht an ihrem Ohr hören und an ihrem Rücken spüren konnte, während sie durch seine Brust resonierte. Wenn ihre Wangen vorher gut durchblutet gewesen waren, so glühten sie jetzt regelrecht. Sie war froh, dass er sie nicht sehen konnte. Nie war sie jemandem so nah gewesen. Und nun war dieser jemand Link. Link! Wie viel sich doch in so kurzer Zeit ändern konnte. „Aber-“ begann Zelda, nicht wirklich schlüssig, was sie eigentlich sagen wollte. Aber Link unterbrach sie, bevor sie sich blamieren konnte. „Ich werde Euch halten“, versicherte er mit leiser Stimme. Zelda spürte, wie er tief durchatmete. Fühlte seinen Herzschlag, der ihr an den Rücken klopfte. Langsam. Stetig. Beruhigend. Dennoch konnte sie sich nicht entspannen. „Vertraut mir“, sagte er noch leiser. Die Bitte so unsicher, dass es ihr einen Stich versetzte. Gern hätte sie ihm gesagt, dass sie nicht glaubte, dass es hier um Vertrauen ging. Bei der Göttin. Sie konnte seine Hüften spüren. Seine Hüften! Nie wieder würde sie ihm in die Augen sehen können. Dennoch nickte Zelda. Schnell. Dann spannte sich Links Arm über ihrem Oberkörper und sie presste die Augen so fest aufeinander, wie sie nur konnte. Die sichtbare Welt auszusperren half ein wenig. Nicht zu sehen, dass ein anderer Arm sich um ihren Körper schlang. Mit einem Schnalzen trieb Link die Robbe an. Nicht besonders schnell, aber die Trägheit des Starts reichte aus, um sie noch näher an ihn zu pressen. Insofern das denn möglich war. Sofort wurde Zelda klar, dass die Augen zu schließen doch nicht der beste Weg war, dieser Situation Ignoranz beizumessen. Ohne visuelle Ablenkung schien sich ihre Wahrnehmung nun stärker auf die nicht ausgesperrten Sinne zu stürzen. Sie hörte seinen Atem. Hörte den Fahrtwind vorbeirauschen. Hörte den Sand unter dem Schild hinweggleiten. Die Geräusche die die Sandrobbe ausstieß. Und sie fühlte … sie fühlte Links Herzschlag. Jetzt schneller, wahrscheinlich durch die Anstrengung zwei, anstatt nur einen Körper auf dem Schild balancieren, nicht nur sein, sondern auch Zeldas Gewicht halten zu müssen. Sie fühlte, wie der Wind sein Haar an ihr Gesicht wehte. Spürte die stetige Kraft seiner Arme, die Elastizität seines Körpers, der die Wellen und Sprüngen der Fahrt weich abfederte. Sie roch den metallenen Geruch des Schwertes. Das Leder seiner Ausrüstung. Sie roch Schweiß und Mann. So anders als der Geruch ihres Vaters. Sie roch Link. Zelda riss die Augen auf. Schnappte nach Luft. Und bekam prompt Sand in den Mund. Sie war vollkommen verwirrt. Vollkommen und restlos verwirrt. Um Fassung bemüht, versuchte sie das Husten zu unterdrücken. Es gelang ihr ganz gut. Bis sie erneut hektisch einatmete. Dann brach die explosive Auswurffähigkeit ihres Körpers sich mit aller Gewalt ihren Weg frei. Zelda begann zu keuchen. Dann zu husten. Link stoppte beinahe augenblicklich. Sie stolperte von dem Schild herunter, als sein Arm sie freigab, und ließ sich auf alle Vieren fallen. Holte immer wieder pfeifend Luft, während immer neue Spasmen ihren Körper schüttelten.   Nach einer Weile ließ der Reiz nach und Zelda setzte sich nach hinten auf ihre Unterschenkel. Link hockte neben ihr, eine Feldflasche in der Hand. „Danke“, sagte sie japsend und griff nach der Flasche. Verschluckte sich dabei, als sie gierig trank. Nicht nur der Wüstensand hatte ihre Kehle ausgetrocknet. Es stellte sich heraus, dass es durstig machte, beinahe umgebracht zu werden. Sie musste erneut husten. Link nahm ihr die Flasche aus der Hand. „Langsam“, sagte er unnötigerweise, aber Zelda wusste es dennoch zu schätzen. Sie nickte, schüttelte dann den Kopf und lachte. Hustete erneut, lachte dann wieder. „Das ist ..., es ist ...“ Weiter kam sie nicht, als ein neuer Hustenanfall sie durchfuhr. „Das ist doch einfach lächerlich“, brachte sie den Satz keuchend zu Ende und schnappte sich wieder die Wasserflasche. Sollte sie hier am Sand ersticken, kurz, nachdem sie so spektakulär gerettet worden war, würde sie das der Göttin nie verzeihen. Sie trank gierig, aber in kleinen, vorsichtigen Schlucken. Als sie Link die Flasche zurück gab, sah sie, dass er lächelte. Ein ehrliches, amüsiertes Lächeln, das seine Augen erreichte und die Haut dort in kleine Falten warf. Zelda fühlte, wie ihr eigenes Lächeln bei dem Anblick verschwand. Und damit auch Links. Der sie nun besorgt musterte. Wie gern hätte Zelda seine Mundwinkel festgehalten. Wieder hinauf gezogen. Was natürlich absolut unangebracht war. Es war, als hätte die Summe all ihrer Gefühle Link gegenüber mit einem Mal ein anderes Vorzeichen bekommen. Zelda wusste nicht einmal ansatzweise, wo sie beginnen sollte diese neuen Empfindungen ihm gegenüber zu katalogisieren. Da war Dankbarkeit. Jede Menge Dankbarkeit. Und Bewunderung. Es tat nun nicht mehr so weh, das zuzugeben. Und Faszination. Und … so viel anderes, für das sie keinen Namen hatte. Zelda wusste nicht mal, ob überhaupt Namen dafür existierten. „Geht es wieder?“, fragte Link und Zelda nickte. Sie sah auf. Und runzelte die Stirn. „Wo ist die Sandrobbe?“ Link zuckte mit den Schultern. Also waren sie zurück bei den minimalistischen Antworten? „Sie ist weg?“, fragte Zelda und ein seltsames Gemisch aus Enttäuschung und Erleichterung breitete sich in ihr aus. Link nickte. Sie sah sich um. Die Stadtmauern waren nur noch einige Hundert Schritte entfernt. „Oh“, meinte Zelda. „Wir sind da.“ Anstatt das Offensichtliche zu bestätigen, erhob sich Link. Bot ihr wieder seine Hand an und dieses Mal ergriff Zelda sie, ohne zu zögern.   Sie legten das letzte Wegstück zu Fuß zurück. Nebeneinander. Zelda war nicht unglücklich darüber, dass niemand gesehen hatte, wie nah sie Link auf dem Schild gekommen war. Auch wenn sie nicht wusste, was irgendjemand daran hätte finden können. Außerdem war nicht so, dass es irgendjemand kommentiert hätte. Vielleicht war sie einfach nur froh, dass es Zelda ein wenig Zeit zum Nachdenken gab. Ohne an die Brust ihres Leibwächters gepresst zu sein. Was beim Nachdenken augenscheinlich nicht wirklich half. So sehr sie sich auch den Kopf zermarterte, ihr wollten keine passenden Worte einfallen. Und so gingen sie stumm nebeneinander her. Link schien zufrieden damit, ihre bisherige Kommunikationsebene wieder gefunden zu haben. Aber nun da Zelda wusste, dass er sehr wohl sprechen konnte, war sie ganz und gar nicht glücklich damit. Dennoch. So viel stand zwischen ihnen. So viel war geschehen. So kurz vor den Stadtmauern schien es ihr nicht passend, ihn darauf anzusprechen. Belanglos vor sich hin zu plappern allerdings auch nicht. Nicht nach dem, was er heute für sie getan hatte.   Link blieb einige Schritte vor dem Tor stehen. Zelda stoppte ebenfalls. Kurz war sie irritiert. Dann fiel es ihr wieder ein. „Du kommst nicht mit?!“ Bei Links kurzem amüsierten Lächeln erkannte sie plötzlich ihren Fehler. „Oh“, meinte sie. Link hob nur die Schultern. Sie schüttelte den Kopf. „Das ist nicht richtig.“ Und das war es nicht. Es war nicht richtig, dass sie einfach in die Stadt spazierte. Mit seinen Kissen und im Wind wehenden Vorhängen. Den exotischen Speisen und den Wasserspielen. Während er hier draußen in der Wüstenkälte auf sie wartete wie ein Hund, den man draußen angebunden hatte. Zelda starrte die grimmig dreinblickenden Torwächterinnen an, als wäre es deren Schuld, dass Link die Stadt nicht betreten durfte. Was zu gewissen Teilen auch der Fall war. Aber natürlich sorgten die Kriegerinnen nur dafür, dass die Regel ausgeführt wurde. Sie hatten sie nicht gemacht. „Ich werde mit Urbosa sprechen“, beschloss Zelda. Gerade gestern noch hatte sie Gerudo Stadt für ihre besonderen Gesetze als Paradies bezeichnet. Jetzt kam es ihr unfair und überholt vor. Eine Regel die dafür gemacht war, sie zu brechen. Gerade wollte sie das Gesagte in die Tat umsetzen und Urbosa suchen gehen, da stoppte sie seine Stimme. „Nein.“ Als sich Zelda zu ihm umdrehte, sah sie, dass er den Kopf schüttelte. „Ruht Euch aus, Prinzessin.“ Wieder lächelte er. Wie hatte sie ihn jemals für emotionslos halten können? Wie, wenn da so eine Wärme in diesen blauen Augen glänzte. Er war mehr als nur der Junge mit dem Schwert. Er war Link. Mit einer Persönlichkeit. Gedanken und Gefühlen.   „Ich werde hier draußen auf Euch warten.“ Das bekannte schlechte Gewissen machte sich wieder bemerkbar. Gestern noch hatte sie sich keinen Glutling darum geschert, wo er die Nacht verbrachte. Hatte ihn weit, weit weg gewähnt. Darauf gehofft. „Das ist nicht richtig“, wiederholte Zelda leise. Die Vehemenz, mit der sie diese Ungerechtigkeit spürte, sollte sie überraschen. Stattdessen war da einfach ein Gefühl von Richtigkeit. „Geht hinein“, sagte Link. Immer noch lächelnd. Zelda seufzte. Bewegte sich jedoch nicht. „Geht!“, betonte Link nachdrücklich und wies in Richtung des Tores. Langsam machte sie einen Schritt nach vorne. Dann noch einen. Sah immer wieder über ihre Schulter zurück. Er bewegte sich nicht. Sah ihr stumm hinterher. Mit dem Schwertknauf über der rechten Schulter, dem blonden, zerzausten Haar. Der leuchtend blauen Tunika. Der Auserwählte des Bannschwertes. Der Held Hyrules. Ihr Leibwächter. Link. Würde ich jetziges Ich in die Vergangenheit reisen und ihrem gestrigen Ich mitteilen, wie anders sie heute bei seinem Anblick empfinden würde, dann hätte sie laut gelacht. Heute hatte sie das Gefühl, dass sie nie in ihrem Leben etwas weniger komisch gefunden hatte.   Am Tor angekommen, sah sie ein letztes Mal zurück. Er war immer noch da. Warme Gewissheit erfüllt sie plötzlich. Gewissheit, dass er da sein würde. Immer, wenn sie brauchte. Das hatte er heute bewiesen. Zelda war in all ihren sechzehn Jahren nie für etwas dankbarer gewesen.   Sie hob die Hand und winkte, bevor sie sich daran hindern konnte. Eine kindliche Geste, die er vielleicht albern finden würde. Einen furchtbaren Moment geschah nichts, dann hob Link ebenfalls den Arm. Ein plötzliches Lächeln formte sich auf ihrem Gesicht. Ein Lächeln, das ihren ganzen Körper zu erfüllen schien. Und bevor er es sehen konnte, duckte sie sich in den Schatten des Durchgangs.     *   Urbosas Predigt fiel kürzer aus als erwartet. Zelda ertrug sie ohne ein Widerwort. Die schlimmste Strafe hatte sie bereits erhalten: absolute Todesangst. Knapp erzählte Zelda ihr von den Geschehnissen. Beschönigte ihre Achtlosigkeit nicht. Machte deutlich, dass ihr bewusst war, die dumm und gefährlich ihr Verhalten gewesen war. Als sie von Links Auftauchen erzählte, glättet sich Urbosas zornige Miene ein wenig. Und am Ende schien sie einfach nur froh zu sein, dass Zelda nichts zu gestoßen war.   „Tja“, meinte sie. „Ein Glück um seine schnellen kleinen Füße.“ Und mit einem letzten Blick auf Zelda: „Und um dieses Schwert“, wiederholte sie Zeldas abfälligen Satz vom Vortag. Sie zog eine Augenbraue hoch, aber Zelda nickte nur. Dem gab es nichts hinzuzufügen. Zelda seufzte und starrte die Wand an. Danach sagte Urbosa kein Wort mehr zu den Geschehnissen. Sie schickte Zelda mit zwei Zofen zum Baden und bereitete ihr dann eigenhändig eine Mahlzeit zu. Sie wich erst von ihrer Seite, als die Sonne untergegangen war und Zelda sich vor Erschöpfung nicht mehr auf den Beinen halten konnte.   „Er hat mir das Leben gerettet“, sagte Zelda, als sie zwischen den Kissen versank. Hier, in der Ruhe des Schlafgemachs, in der Dunkelheit, kamen die Ereignisse angeflogen wie Sternschnuppen in einer Winternacht. „Ich weiß“, seufzte Urbosa und klang dabei unendlich ernst. „Wie es seine Aufgabe ist“, fügte sie hinzu. Und auch wenn es der Wahrheit entsprach, so reichten die Worte, damit Zelda sich noch einmal aufsetzte. „Er hat mich gerettet. Er hat … niemand hat je ... er war einfach da, Urbosa. Ich habe gebetet, dass er da wäre und dann war er es auf einmal.“ Zelda starrte ins Leere. Nach einer kurzen Verschnaufpause der Gefühle, brach nun alles so schnell über ihr herein, dass sie nicht wusste, was sie zuerst fühlen sollte. „Ich war … ich war so … ich war nicht einmal höflich zu ihm. Ich war absolut schrecklich. Und er hat mich trotzdem gerettet.“ Genau genommen war es nicht einmal das erste Mal. Fassungslos starrte sie Urbosa an. Wartete auf eine Antwort. „Und er wird es wieder tun, wenn er muss“, antwortete Urbosa nachdrücklich. „Er braucht dich ebenso lebendig, wie du ihn brauchst. Du verstehst das doch, oder? “ Ausdruckslos sah Zelda zu Urbosa hinauf. Brachte sie dazu, weiter auszuholen. „Ihr seid durch das Schicksal aneinander gebunden. Er lebt, um dafür zu sorgen, dass du die Verheerung versiegeln kannst, sollte es jemals dazu kommen. Er lebt, um dich zu beschützen. Er versteht das.“ Urbosa bedachte sie mit einem seltsamen Blick. „Verstehst du das auch, Zelda?“, fragte sie leise. Zelda senkte den Kopf. Nein, sie hatte es bisher nicht verstanden. Aber sie begann, es zu verstehen. Urbosa tätschelte ihr den Arm. [LEFT]„Also, um Euer beider Willen, hör auf es schwerer für ihn zu machen, als es ohnehin ist, ja? Er ist einguter Junge, glaub mir.“[/LEFT] Zelda sah auf. Nickte schwach. Auf einmal taub für jedes weitere Gefühl. Als hätte ihr Geist sich ab einer bestimmten Menge an Emotionen undurchlässig gemacht, um sie davor zu schützen, davon im Flammen aufzugehen.   Der Ausdruck auf ihrem Gesicht ließ Urbosa innehalten. Sie beugte sich hinab und musterte Zelda eindringlich. Dann lächelte sie.   „Huh. Das war es also, ja?“ Zelda blinzelte. „Was?“ „Ich hätte mir denken können, dass du für Märchen empfänglich bist.“ Bevor Zelda ihr sagen konnte, dass das was sie sagte, absolut keinen Sinn ergab, lachte Urbosa und richtete sich wieder auf. „Ruh dich aus, kleiner Vogel. Du hattest einen harten Tag.“ Mit diesen Worten ließ sie Zelda allein. Mit ihrer Verwirrung, einer Nahtoderfahrung und so vielem, was sie unmöglich verstehen konnte.   In der Hoffnung ein wenig Klarheit zu erhalten, kramte Zelda in ihrer verdreckten Kleidung nach ihrer Tasche. Und nach ihrem Tagebuch.   Ich weiß nicht, wie ich die heutigen Ereignisse niederschreiben soll. Welche Worte drücken nur meine Gefühle aus? Er hat mich gerettet. Er hat mich vor den Klingen der Yiga beschützt. Obwohl ich mich ihm gegenüber immer so kühl verhalte und immer meine Launen an ihm auslasse. Morgen werde ich für mein Verhalten um Entschuldigung bitten. Ich werde mit ihm reden … mit Link. Einfach reden.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)