Hungry Heart von Sunwings ([Zorro x Nami] & [Ruffy x Vivi]) ================================================================================ Kapitel 1: Herzflattern. ------------------------ Herzflattern [Vivi]   Jeden Tag spürte Vivi es. Dieses Herzflattern. Um die gleiche Zeit wie jeden Tag, genau um 08:27 Uhr, hörte sie die Klingel über der Tür als diese geöffnet wurde und einen Besuch ankündigte. Mit roten Wangen wandte sie sich von ihrer neuesten Kreation, die in letzter Zeit immer eine Herzform annahmen, ab und schenkte ihrem Besucher, der sie die letzten Wochen in ihren Träumen verfolgte, ein herzerwärmendes Lächeln. Sie wusste, er würde sie ebenso anstrahlen. Das tat er immer. Kaum hatte er ihr Lächeln erwidert, spürte sie es wieder. Dieses Flattern. Ihre Haut prickelte angenehm, als sein Blick auf sie fiel und sie wischte sich nervös mit den Händen über ihre rosa Schürze. „Guten Morgen“, begrüßte sie ihn und ärgerte sich im selben Augenblick darüber, dass sie schon wieder so schüchtern klang. Erst gestern hatte sie sich ganz fest vorgenommen, ihm endlich offener gegenüber zu treten und nicht bei jedem Wort, das er aussprach, in Schockstarre zu verfallen. „Guten Morgen, Vivi“, erwiderte er grinsend. Vivi biss sich auf die Unterlippe, um ein freudiges Quieken zu unterdrücken. Er hatte ihren Namen gesagt! Sie wusste gar nicht, was sie mehr freute. Die Tatsache, dass er sich ihren Namen gemerkt hatte oder die Art und Weise, wie er ihren Namen aussprach. Sie wünschte sich, sie hätte endlich den Mut, ihn nach seinem Namen zu fragen. Aber irgendwie verwandelte sie sich in seiner Anwesenheit immer in eine völlig andere Person, die kein vernünftiges Wort über die Lippen brachte. Neugierig beobachtete sie ihn dabei, wie er seine Nase dicht an die Glasschreibe drückte, hinter die er die vielen Köstlichkeiten, die Vivi persönlich gebacken hatte, bewunderte. Wie jeden Morgen überlegte er lange, bis er sich für einen der Cupcakes entscheiden konnte. „Die sehen alle so gut aus“, murmelte er gedankenverloren. Vivi unterdrückte ein Lachen. Bei den Kindern störte sie es immer, wenn sie mit ihren Fingern oder Gesichtern zu nahe an die Scheibe traten weil sie danach immer zum Lappen greifen musste um das Glas wieder zum Glänzen zu bringen. Doch seltsamerweise machte es ihr bei ihm nicht aus. Er könnte ihren kompletten Laden zerstören und dafür würde sie ihn wahrscheinlich nur umso mehr vergöttern.   Vivi bemerkte den fassungslosen Blick, den Nami ihr in diesem Moment zuwarf und blickte ertappt zur Seite. Ihre beste Freundin half ihr dreimal die Woche in Vivis Laden Sweet Love Bakery, den sie sich selbst aufgebaut hatte, aus und hatte nun schon öfters mitbekommen, wie sehr Vivi diesen unscheinbaren Kerl anhimmelte. Gerade als der Unbekannte aufblickte und Vivi erneut in eine Schockstarre verfiel weil sein Blick sie so gefangen hielt, trat Nami an die beiden heran und musterte den Schwarzhaarigen neugierig von oben bis unten. „Bist du neu in der Stadt?“, fragte sie ihn umgehend. Zurückhaltung war noch nie Namis Stärke gewesen. „Ich bin hier aufgewachsen aber erst vor kurzem mit meinem Bruder hierher zurückgezogen“, antwortete er ihr lächelnd. Ihm schien es keinesfalls zu stören, dass Nami ihn so kritisch musterte als wären sie hier bei einem Kreuzverhör. „Soso“, sagte Nami. „Wie heißt du?“ „Ruffy.“ „Wie alt bist du?“ „24.“ „Hast du eine Freundin?“ Als Nami diese Frage aussprach, erwachte Vivi aus ihrer Trance und griff verlegen nach Namis Hand um sie ein Stück wegzuziehen. „Tut mir wirklich sehr leid“, entschuldigte sie sich bei Ruffy, der aber lediglich mit den Schultern zuckte. Kaum war er aus ihrer Hörweite, wandte Vivi sich mit roten Wangen an Nami, die suggestiv mit ihren Augen wackelte. „Was sollte das?“ „Was denn? Du hättest nie den Mut gehabt, ihn anzusprechen. Jetzt wissen wir zumindest ein wenig mehr über ihn.“ „Aber warum musstest du ihn das fragen?“ Nami schnaubte amüsiert. „Das habe ich für dich gefragt, liebste Vivi. Wenn du nicht in Panik verfallen wärst, würden wir jetzt wissen ob sich die ganze Schwärmerei überhaupt lohnt.“ „Ich bin nicht in Panik verfallen“, verteidigte sich Vivi wenig überzeugend. „Ich wollte nur nicht hören, dass er...“ „Ich denke nicht, dass er in einer Beziehung ist.“ „Woher willst du das wissen?“ Nami warf Ruffy, der sich gerade um seine eigene Achse drehte und wie ein kleines Kind dem Windspiel vor der Tür zusah, einen eindeutigen Blick zu. Ohne zu antworten zog sie eine Augenbraue nach oben. Vivi folgte ihrem Blick, doch konnte nichts Ungewöhnliches entdecken. „Was denn?“ „Wow, dich hat‘s ja voll erwischt.“ Vivi seufzte und bemerkte erneut, wie sich ihr Herzschlag beschleunigte. „Ja, das glaube ich auch.“ „Du solltest schleunigst mit ihm in die Kiste steigen, damit das“, sagte Nami und zeigte dabei auf Vivis rotes Gesicht. „nicht zu einem Dauerzustand wird.“ „Sex ist nicht für alles eine Lösung, Nami“, erwiderte Vivi tadelnd. „Irgendwann wirst du mich verstehen können. Dieses Herzklopfen wird auch dich erwischen.“ Vivi konnte Nami ansehen, wie sie sich gerade ein Lachen unterdrücken musste. Sie wusste nicht, ob sie Nami wegen ihrer Abneigung gegen die wahre Liebe beneiden oder bemitleiden sollte. Irgendwie bewunderte Vivi ihre Freundin dafür, dass sie so davon überzeugt war, dass sie alleine besser dran war als zu zweit. „Dein ganzes Geschwafel über Herzklopfen löst bei mir gleich Brechreiz aus“, antwortete Nami mit einem Zwinkern. „Dein Auserwählter bekommt jedenfalls Herzklopfen wenn er deine Cupcakes ansieht.“ Während sie das sagte, warf Nami einen Blick über ihre Schulter und verdrehte die Augen, als sie Ruffy dabei beobachtete wie er sehnsuchtsvoll auf die verschiedenen Leckereien starrte. Vivi tat es ihr nach und fühlte einen kleinen Stich in ihrem Herzen. Wie sehr wünschte sie sich, dass Ruffy sie auch mal so ansehen würde. Sehnsüchtig seufzte sie. Immerhin wusste sie jetzt seinen Namen und musste nicht ständig von einem fremden Schwarzhaarigen träumen. „Wenn du mich fragst, hat der Kerl nicht mehr alle“, murmelte Nami gedankenverloren. Vivi versuchte nicht die Beherrschung zu verlieren. Warum musste Nami ihr alles schlecht reden? War es denn so schwer, auch mal das Gute in einem Menschen zu sehen? Energisch zog Vivi die Schnüre von ihrer rosafarbenen Schürze enger um ihre Hüfte. „Wie gut, dass dich niemand fragt“, zischte sie Nami zu, die sie daraufhin mit großen Augen sprachlos musterte. Ohne auf Namis entsetzten Gesichtsausdruck zu achten, drängte sie sich an ihrer Freundin vorbei und ging wieder zu Ruffy, der immer noch die Cupcakes anstarrte. Vielleicht war sie ja verrückt, dass sie wirklich noch an die wahre Liebe und auch an Liebe auf den ersten Blick glaubte. Aber musste Nami sie deswegen ständig aufziehen? „Ist alles okay mit dir?“ Vivi schreckte aus ihren Gedanken und blickte zu Ruffy, der nun sie ansah und fragend eine Augenbraue nach oben zog. Verlegen strich sie sich eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht. Warum musste sie immer so schnell rot werden? „J-Ja, natürlich“, antwortete sie ihm lächelnd. „Hast du dich entschieden?“ Sie beobachtete ihn dabei, wie er die Augen zusammenkniff und wieder auf die Cupcakes starrte. Seine Zunge schob sich nachdenklich über seine Lippen, was Vivis Herz noch schneller schlagen ließ. Wenn das so weiter gehen würde, sollte sie wohl besser vorsichtshalber den Notruf wählen. „Ich denke, ich habe heute Lust auf etwas Blaues. Ich liebe Blau“, hörte sie Ruffy sagen, der lächelnd auf den Cupcake mit der blaugefärbten Zuckerglasur zeigte. Vivi fasste sich mit offenen Mund an ihr Herz. Ihre Eltern hatten ihr zwar immer eingebläut, dass Fluchen nichts für ihre Familie war, doch im Moment wollte Vivi nur ein lautes Heilige Scheiße durch den Raum rufen. Hatte er wirklich gerade gesagt, dass er die Farbe Blau liebte? Ihr Gesicht wurde heiß bei dem Gedanken daran, dass er vielleicht eine Anspielung auf ihre Haare gemacht hatte. Ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals und es war unmöglich für sie, auch nur ein Wort aus ihrem Mund zu bringen. Stattdessen starrte sie ihn einfach nur an. In ihrem Kopf schwirrten tausende Gedanken herum.   „Hallo?“, sagte er fragend und wedelte mit den Händen vor ihrem Gesicht herum. „Geht es dir gut?“ Machte er sich etwa Sorgen um sie? Das war ja so süß. „Meine Güte!“, hörte sie da plötzlich Namis Stimme neben sich. Ihre beste Freundin hatte sich wohl von dem Schock vorhin erholt, denn jetzt stand sie neben Vivi, packte sie beim Arm und schüttelte sie sachte. Vivi erwachte langsam wieder aus ihren Tagträumen und blinzelte verlegen. Was machte dieser Kerl nur mit ihr? Sie wusste ja nicht mal seinen Nachnamen! „Das ist sowas von peinlich“, murmelte Nami. „So wirst du dir diesen Kerl niemals angeln.“ Nami packte den Cupcake in eine kleine Schachtel und übergab sie Ruffy, der sich zwar bedankte doch immer noch mit Besorgnis auf Vivi sah. „Geht es dir wirklich gut?“, fragte er nochmal, während er den Cupcake wieder aus der Schachtel nahm und ein großes Stück davon abbiss. „Du warst auf einmal so knallrot im Gesicht.“ Nami beobachtete ihn angewidert dabei, wie er mit vollem Mund sprach. Vivi hingegen störte sich nicht dabei, sondern lächelte ihn zuckersüß an. „Es ist wirklich alles in Ordnung! Mir geht es bestens.“ Ruffy zuckte mit seinen Schultern, verschlang den Rest der süßen Köstlichkeit und gab Nami die leere Schachtel zurück. Wie jeden Tag, verbeugte er sich höflich und bedankte sich mit einem breiten Lächeln für den Cupcake. Dann war er auch schon wieder verschwunden und hinterließ ein Gefühl der Leere in Vivi zurück. Seufzend blickte sie ihm durch das große Fenster nach, bis er hinter der nächsten Ecke verschwunden war. Sie freute sich schon jetzt auf morgen.   „Keine Ahnung, was das für eine Krankheit ist, aber ich hoffe, dass sie nicht ansteckend ist“, sagte Nami während sie ihre Freundin besorgt musterte. „Es ist keine Krankheit“, erwiderte Vivi etwas barsch, doch seufzte danach hingebungsvoll. Sie stützte sich mit den Ellbogen auf den Tresen und legte ihren Kopf auf ihre Hände „Es ist die wahre Liebe.“ Sie musste nicht hinsehen um zu wissen, dass Nami mit ihren Augen rollte. „Du kennst ihn doch kaum.“ „Das muss ich auch nicht.“ Schnaubend warf Nami die leere Schachtel in den Müll. „Das ist doch verrückt! Du kannst nicht jemanden lieben, den du gar nicht kennst. Was ist, wenn er ein Serienmörder ist?“ „Sei nicht albern“, seufzte Vivi. Warum verstand Nami sie nicht? „Ich bin nicht die Alberne hier. Du redest von wahrer Liebe.“ Vivi verschränkte die Arme vor ihrer Brust und sah ihrer Freundin ins Gesicht. „Gut, dann bin ich eben albern. Aber wenn es dich erwischt, dann mach dich auf den einen Spruch gefasst, den du über alles hasst: Ich hab‘s dir ja gesagt!“ Nami schüttelte verständnislos mit ihrem Kopf, während sie nach einem Lappen griff und einen der Tische säuberte. Vivi beobachtete sie gedankenverloren dabei. Vielleicht war sie ja albern, aber sie glaubte wahrhaftig daran, dass sie irgendwann das gleiche Glück wie ihre Eltern haben würde. Schon ihr ganzes Leben träumte sie davon, endlich diesen einen Menschen zu finden. Nami hingegen war davon überzeugt, dass Frauen besser alleine dran waren und ein Mann nur unnötiges Drama mit sich bringen würde.   Die beiden waren von Grund auf verschieden und irgendwie bekam Vivi das Gefühl nicht los, dass ihre Ansichten schon bald ins Wanken geraten würden. Kapitel 2: Herzstolpern. ------------------------ Herzstolpern [Nami]   „Vivi ist verrückt, Shanks!“ Als Nami nach Hause gegangen war und sie die letzten Tage, in denen Vivi sie mit ihrer Liebeskrankheit verrückt gemacht hatte, Revue passieren ließ, hatte sie den plötzlichen Drang gehabt, ihrer Lieblingsbar wieder einen Besuch abzustatten. Praktischerweise befand sich diese direkt unter ihrer Wohnung und der Besitzer, Shanks, war mittlerweile zu einem guten Freund geworden. Nami betrachtete ihren alten Kumpel dabei, wie er mit hochgezogenen Augenbrauen die Gläser polierte. „Sie redet den ganzen Tag über wahre Liebe und Herzklopfen.“ Shanks stellte ein Glas beiseite. „Das ist ja wirklich verrückt.“ „Sie kennt diesen Kerl erst seit zwei Wochen. Und seit gestern erst seinen Namen! Wie kann sie wissen, dass er ihre wahre Liebe ist?“ Shanks Miene wurde grüblerisch während er sich ein anderes Glas nahm und es gegen das Licht hielt. „Wahnsinn...“, murmelte er. Erst jetzt fiel Nami auf, dass Shanks gar nicht so richtig bei der Sache war. Wütend schlug sie mit ihrer flachen Hand auf den Tresen. „Hörst du mir überhaupt zu?!“ Shanks schien aus seiner Trance zu schrecken, denn er machte einen kleinen Hüpfer und sah Nami nun direkt an. „Oh! Entschuldigung, war das wichtig?“ Seufzend legte Nami ihren Kopf auf ihre Unterarme, die sie auf den Tresen gestützt hatte. „Schon gut, ich habe dir nur mein Herz ausgeschüttet.“ Zwinkernd füllte Shanks ihr Glas. „Tut mir leid, Kleine. Aber ich wundere mich einfach über das da“, erklärte er seine Abwesenheit und zeigte auf eine Gruppe kichernder Frauen, die an einem Tisch auf der rechten Seite seiner Bar saßen. Nami folgte seinem Blick, konnte jedoch nichts Seltsames feststellen. „Was meinst du?“ „Na, das!“ Schon wieder zeigte er auf die Frauen und auch auf die andere Gruppe Mädels, die gerade die Bar betraten. „Meinst du etwa Frauen?“ Innerlich hoffte Nami, dass Shanks nicht auch noch vom Fieber betroffen war und jetzt mit Frauenprobleme zu kämpfen hatte. Doch zu ihrem Glück schüttelte er stirnrunzelnd seinen Kopf. „Quatsch“, sagte er. „Hörst du es denn nicht?“ Nami versuchte es wirklich, aber sie kam einfach nicht drauf, was Shanks so beschäftigte. Ratlos schüttelte sie ihren Kopf. Shanks seufzte, als hätte sie ihn gerade zutiefst enttäuscht. „Sie machen diese Geräusche. Ich glaube, sie sind läufig.“ Nami schnaubte amüsiert. „Läufig?“, wiederholte sie und warf erneut einen Blick über ihre Schulter um die Frauen anzusehen, die tatsächlich ziemlich rot im Gesicht waren und ständig nervös kicherten. Shanks nickte ernst. „Ich weiß nicht ob ich mich darüber freuen soll, dass neuerdings so viele Frauen in diese Bar kommen.“ „Was ist wohl der Grund dafür?“, fragte Nami grüblerisch und warf Shanks einen Seitenblick zu. Diese Frauen kamen doch nicht wegen Shanks, oder? Er sah zwar gut aus für sein Alter doch er war ein ziemlich schräger Vogel. „Es ist wegen ihm.“ „Wegen wem?“ „Mein neuer Barkeeper.“ „Du hast einen neuen Barkeeper?“, fragte Nami. „Seit wann?“ „Seit drei Tagen. Und seit genau drei Tagen geht das hier schon so.“ Nami blickte sich suchend um, konnte jedoch keinen anderen Mitarbeiter außer Shanks und Makino sehen. „Wo ist dieser ominöse Barkeeper?“ Shanks blickte auf die Uhr und pünktlich auf die Minute kam ein weiterer Gast durch die Tür. Augenblicklich verstummten die vielen Frauen und Nami blickte verwundert auf diese Person, die gerade hinter den Tresen ging und Shanks mit einem Nicken begrüßte. Nami konnte ihre Augen gar nicht von ihm nehmen. Warum wusste sie nicht, dass dieser Leckerbissen seit drei Tagen hier arbeitete? Sie wäre schon viel früher vorbeigekommen. Kein Wunder, dass Shanks seit neuestem mehr weibliche Gäste hatte. Bei dem Gedanken daran, mit ihren Fingern durch seine grünen Haare zu fahren, kribbelte Namis Haut angenehm. Sie wusste gar nicht, wo sie hinsehen sollte. Da war so viel Mann.   Als er ihr einen kurzen Blick zuwarf und sie sich in die Augen sahen, fühlte Nami es plötzlich. Ihr Herz setzte einen Schlag aus, als wäre es durch diesen kurzen Augenblick aus dem Takt geraten. Es stolperte einige Schläge, bevor es wieder in Rhythmus kam und Nami wieder durchatmen konnte. Verdammte Scheiße. Was war das denn gewesen? Besorgt über ihre Gesundheit griff sich Nami an die Stelle über ihrem Herzen, doch mittlerweile schlug es wieder ganz normal. Shanks klopfte dem neuen Barkeeper auf die Schulter, bevor er sich an Nami wandte. „Das ist er, Nami. Mein neuer Prachtjunge. Sein Name ist Zorro und bitte versprich mir, dass du lieb zu ihm bist“, stellte er seinen neuen Barkeeper vor und spielte ganz nebenbei auf Namis Vergangenheit mit Pauly, dem vorigen Barkeeper, an. Vielleicht war Nami nicht ganz unschuldig an seiner Kündigung gewesen. Nami überging seinen Kommentar und hielt Zorro die Hand zur Begrüßung hin. „Hey, ich bin Nami“, stellte sie sich vor. Zorro erwiderte die Geste und griff nach ihrer Hand. Kaum hatten sich ihre Finger berührt, zuckte Nami kurz zusammen. Es hatte sich wie ein kleiner Stromschlag angefühlt. Falls Zorro es auch gespürt hatte, ließ er sich nichts anmerken. Stattdessen nickte er kurz als Begrüßung und machte sich gleich an seine Arbeit. Nami beobachtete ihn dabei, wie er die Bestellungen von den Weibern, die sich plötzlich um ihn scharten, aufnahm. „Wow ... was war das denn?“ Shanks hatte die Finger an sein Kinn gelegt und blickte zwischen Zorro und Nami hin und her. Unschuldig nippte Nami an ihrem Getränk. „Ich weiß nicht, was du meinst.“ „Diese Spannung“, murmelte Shanks. „Das war definitiv sexuelle Spannung.“ Nami leerte ihr Getränk in einem Zug und stellte das Glas mit etwas zu viel Wucht zurück auf den Tresen. Dann schnappte sie sich ihre Jacke. „Wir sehen uns morgen, Shanks“, verabschiedete sie sich von ihm, um diesem Gespräch und diesem seltsamen Kribbeln in ihrem Bauch aus dem Weg zu gehen.   ♡ ♡ ♡ ♡   Falls du heute Abend einen Cocktail willst, nimm dir selbst ein paar Orangen mit. – Shanks   Nami blickte stirnrunzelnd auf die Nachricht. War das wirklich sein Ernst? Sie musste sich jetzt schon ihre eigenen Orangen mitnehmen, damit er ihr einen Cocktail machen konnte? Seufzend legte sie ihr Handy zu Seite und ließ sich müde auf ihre Couch fallen. Sie haderte schon den ganzen Tag mit sich selbst ob sie wirklich in die Bar gehen sollte oder ob es besser wäre, wenn sie in ihrer Wohnung blieb. Seit sie vor vier Tagen diesem neuen Barkeeper begegnet war, ging sie der Bar mehr oder weniger aus dem Weg. Einerseits freute sie sich auf Shanks und Makino doch andererseits war da noch dieser Zorro, der ihr irgendwie nicht so richtig aus dem Kopf ging. Sie wollte mehr über ihn erfahren und das beunruhigte sie. Nachdenklich knabberte sie an ihrer Unterlippe und vergrub seufzend ihr Gesicht in ihren Händen. Es dauerte ein paar Minuten, in denen sie die Vor- und Nachteile durchging, bis sie einen Entschluss gefasst hatte. Ihre Neugier und der Gedanke an einen Cocktail hatten schließlich gesiegt und Nami machte sich auf den Weg nach unten in die Bar.   „Hier hast du deine Orangen“, begrüßte sie Shanks, der erneut verwundert auf die Frauen starrte, die ihre Brüste hervordrückten als Zorro ihre Bestellung aufnahm. Nami folgte seinem Blick und schüttelte ihren Kopf. Shanks hatte Recht, diese Frauen waren wirklich läufig. Als Zorro sich zu Shanks und ihr gesellte, schlürfte Nami bereits an ihrem ersten Cocktail. „Hey“, begrüßte er sie mit einem Nicken. Sie wusste nicht wieso, aber allein dieses Wort zauberte ein Lächeln auf ihre Lippen. „Hi“, erwiderte sie und musterte ihn neugierig. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, dass Shanks beinahe sein Glas fallen ließ weil er sie so auffällig beobachtete. „Du bringst ja einen ziemlichen Wirbel in diese unscheinbare Bar“, sagte Nami und warf einen bedeutungsvollen Blick zu den Frauen, die sie mit ihren Blicken erdolchten. Zorro lugte zu den Frauen und zuckte gelangweilt mit den Schultern. Schien so, als wäre er nicht gerade ein gesprächiger Kerl. Allein diese Tatsache machte ihn für Nami noch interessanter. Sie hasste es, wenn die Kerle zu viel sprachen. Zorro stützte sich mit den Armen gegenüber von Nami auf den Tresen und musterte Nami eindringlich. Diese rückte unsicher ein wenig von ihm ab, woraufhin Zorro grinste. „Was?“, fragte Nami und zog eine Augenbraue nach oben. Sie ging auf sein kleines Spiel ein und verringerte den Abstand zwischen ihren Gesichtern wieder. Zorro wich nicht zurück, sondern grinste nur noch breiter. „Du gefällst mir“, raunte er. Einen Augenblick später, in dem Namis Herz aussetzte, zwinkerte er ihr zu und ging von ihr weg, damit er neue Bestellungen aufnehmen konnte. Nami hatte sich keinen Zentimeter gerührt. Ihre Wangen waren seltsam erhitzt und ihre Haut kribbelte angenehm am ganzen Körper. „Ach du Schande“, hörte sie Shanks neben sich sagen. Nami ignorierte seinen Blick, versuchte sich zu fangen und widmete sich wieder ihrem Cocktail. „Jetzt weiß ich es“, murmelte Shanks. „Was weißt du?“ „Warum sie so auf ihn abfahren!“ Nami drehte sich zu Shanks, der fassungslos den Kopf schüttelte. „Allein diese drei Worte haben mir schon fast das Höschen ausgezogen“, erklärte er erstaunt. „Und ich hab nicht mal ein Höschen an“, fügte er zwinkernd hinzu. Nami lachte kopfschüttelnd. „Shanks!“, sagte sie tadelnd. Aber sie wusste, was er meinte. Selbst Nami wäre ihm am liebsten um den Hals gefallen. Und das nur, weil er diese Worte ausgesprochen hatte. Er hatte überheblich geklungen und war vermutlich auch sehr von sich selbst überzeugt. Und trotz alldem fühlte sie sich zu ihm hingezogen.   ♡ ♡ ♡ ♡   „Warum bist du hierher gezogen?“ Inzwischen war es schon nach Mitternacht und Nami gehörte zu den letzten Gästen in der Bar. Makino hatte sich schon verabschiedet und Shanks kümmerte sich noch um seine zwei Stammgäste Lucky Lou und Ben Beckman. Zorro polierte noch ein paar Gläser, wobei Nami ihn mit Fragen löcherte. Sie wollte unbedingt mehr über ihn wissen. „Meine kleine Schwester studiert hier und ich wollte in ihrer Nähe sein“, antwortete er ihr. Auch wenn Nami immer so tat, als wäre sie taff und kaltherzig, war sie dennoch eine junge Frau, die bei solchen Worten beinahe dahinschmolz. Wegen seiner Schwester? Ernsthaft? Sie war der Meinung gewesen, dass er kühl, arrogant und großspurig war doch in der letzten Stunde hatte sie herausgefunden, was für ein großes Herz er hatte. Seinen Kater Chopper hatte er aus einem Tierheim gerettet und er half ab und zu in der Suppenküche aus um Bedürftige ein warmes Essen zu geben. Er beharrte zwar darauf, dass er es nur für seine Schwester tat, doch Nami konnte an seinem Tonfall erkennen, dass es ihm Spaß machte. „Wie heißt deine Schwester?“ „Kuina.“ „Wohnt sie bei dir?“ Zorro schnaubte. „Sie würde eher sagen, dass ich bei ihr wohne. Obwohl ich die Miete zahle.“ Nami biss sich auf die Unterlippe. Warum war er so ... gut? Falls er mit ihr schlafen wollte, müsste er nur noch mit den Finger schnipsen und sie würde sich auf seinem Schoß räkeln. „Willst du noch einen?“, fragte Zorro und riss sie somit aus ihren Gedanken. Nami blickte ihn fragend an und realisierte erst dann, dass er auf einen weiteren Cocktail anspielte. „Nein, ich denke, ich hatte für heute genug.“ Zorro wollte sich ihr leeres Glas schnappen, das Nami immer noch umklammert hielt. Als sich ihre Finger berührten, zuckte Nami erneut zusammen, als hätte sie sich verbrannt. Warum reagierte sie immer so heftig auf ihn? Zorro hielt in seiner Bewegung inne und musterte sie argwöhnisch. Hatte er es auch gespürt? Er blickte ihr tief in die Augen und Nami bemerkte erschreckend, wie schnell ihr Herz schlug. Sie musste hier dringend weg!   „Ich ... ich habe ganz vergessen, dass ich noch Wäsche bügeln muss“, murmelte Nami und stolperte beinahe über ihre eigenen Füße. Zorro musterte sie mit gerunzelter Stirn. „Bügeln?“, wiederholte er und warf einen Blick auf die Uhr. „Es ist ein Uhr nachts.“ Verlegen strich sich Nami eine Strähne hinter ihr Ohr. „Ich mache das immer nachts“, stotterte sie mit roten Wangen. Sie kam sich schon vor wie Vivi. Sein Gesichtsausdruck deutete ihr, dass er ihr kein Wort glaubte. Aber darum konnte sich Nami ein anderes Mal kümmern. Fluchtartig verabschiedete sie sich von ihm und Shanks und stürmte aus der Bar.   Als sie in ihrer Wohnung war, atmete sie so schwer als wäre sie gerade einen Marathon gelaufen. Was war nur los mit ihr? Verwirrt griff sich Nami auf die Stelle über ihrem Herzen. Es machte einen Hüpfer, und noch einen und noch einen. Sobald sie Zorros Gesicht vor Augen hatten, spürte sie es. Panik stieg in ihr hoch. Diese kräftigen Schläge, dieses Flattern... War das etwa ... Herzklopfen? Atemlos strich sie sich mit beiden Händen durch ihr Haar. Das konnte doch nicht wahr sein. Vielleicht lag es aber auch an den Cocktails? Normalerweise vertrug sie Alkohol ziemlich gut aber dieses Mal musste es am Alkohol liegen. Alles andere war vollkommen unrealistisch. Oder war sie krank? Vielleicht hatte sie Fieber? Nami griff sich an ihre Stirn um ihre Temperatur zu fühlen, doch sie war weder überhitzt noch unterkühlt. Alles war so normal wie immer. Kaum hatte sie die Augen geschlossen, schwebte wieder Zorros Gesicht vor ihr. Wütend knurrte sie während sie sich ihre Jacke schnappte und aus ihrer Wohnung ging.   Es gab nur eine Möglichkeit, um diesen Zustand zu beenden. Diese Maßnahme hatte bis jetzt immer gewirkt. Hastig eilte sie die Treppen nach unten und lief zurück in die Bar. Sie konnte Zorro nicht sehen aber wusste sofort, wo sie zu suchen hatte. Shanks sah sie verwirrt an als sie an ihm vorbeistürmte, doch Nami achtete nicht weiter auf ihn. Stattdessen stieß sie die Tür zum Vorratsraum auf und jubelte innerlich, weil sie ihr Ziel endlich erreicht hatte. Als sie ihn ansah, war dieses lästige Herzklopfen sofort zurück. Doch dieses Mal schenkte Nami ihrem verwirrten Herzen keine Achtung, sondern lief schnurstracks auf Zorro zu, der sich verwundert zu ihr wandte und sie mit gerunzelter Stirn musterte. Bevor er überhaupt reagieren oder etwas sagen konnte, hatte Nami ihre Hände um seinen Nacken gelegt und zog seinen Kopf entschlossen zu sich runter. Ihre Münder trafen sich stürmisch. Es knisterte und kribbelte genau so sehr wie ihre Finger, als sie ihn vorhin zufällig berührt hatte. Sie bemerkte Zorros Zurückhaltung, doch nach wenigen Sekunden hatte er sich gefasst und erwiderte ihren unerwarteten Kuss genauso intensiv wie Nami. Seine starken Arme schlangen sich um sie und er drückte sie an sich. Obwohl ihr Herz noch schneller, noch kräftiger schlug als vorhin, war Nami davon überzeugt, dass sie der Sex mit Zorro davon bewahren würde, mehr für ihn zu fühlen. Denn dann hatte sie ihrem Körper gegeben was er so dringend wollte. Trotzdem verlor sie sich so sehr in diesem Kuss, dass sie nicht mal bemerkte, wie Zorro sie sanft hochhob und auf eine der vielen Kisten setzte. Wie von selbst schlangen sich ihre Beine um seine Mitte und drängten ihn so noch mehr an sich. Als sie ihre Hände unter sein Shirt fuhren ließ, löste Zorro den Kuss zögerlich. Nami sah verwirrt zu ihm hoch. „Was denn?“, fragte sie ihn während ihre Hände unaufhaltsam über seine vielen Muskeln schwebten. Zorro schnaubte und griff nach ihren Handgelenken, um ihre Hände unter seinem Shirt zu holen. „Ich denke nicht, dass wir das jetzt tun sollten.“ „Du willst nicht?“, hakte Nami irritiert nach und blickte mit einer hochgezogenen Augenbraue zu der Stelle an seinem Körper, die ganz eindeutig wollte. Ein leises Knurren entglitt seiner Kehle, als er Namis Kinn mit seinen Fingern wieder hoch drückte. „Ich sagte nicht, dass ich nicht will. Viel eher wollte ich damit sagen, dass wir uns vielleicht ein anderes Plätzchen suchen sollten.“ Nami sah sich kurz um. „Und mein Chef wartet seit zehn Minuten darauf, dass ich ihm endlich ein neues Fass Bier bringe“, fügte Zorro hinzu und kratzte sich am Hinterkopf. Sie beobachtete ihn dabei und musste zu ihrem Leidwesen feststellen, dass diese Geste total süß bei ihm aussah. Kaum hatte sie das gedacht, flatterten die Schmetterlinge in ihrem Bauch wieder kräftiger. Verzweifelt sah sie zu Zorro, der sich von ihr entfernte und nach dem Fass Bier griff um sie zu Shanks zu bringen. Bevor er aus dem Vorratsraum gehen konnte, wurde er aber von Nami aufgehalten. Sie stellte sich auf ihre Zehenspitzen und legte ihre Hand in seinen Nacken um ihm erneut einen Kuss zu stehlen. „Komm nach deiner Schicht zu mir.“ Sie wartete gar nicht auf seine Antwort, sondern drängte sich an ihm vorbei und stürmte, genau wie vor ein paar Minuten, wieder an Shanks vorbei und lief in ihre Wohnung zurück. Als sie die Tür hinter sich schloss, ließ sie sich dagegen fallen und atmete tief durch.   Und ihr Herz klopfte so heftig wie nie zuvor. Kapitel 3: Herzrasen. --------------------- Herzrasen [Vivi]   „Summst du etwa?“ Nami schreckte auf und blickte ertappt auf den Lappen in ihrer Hand, den sie gerade noch summend von eine in die andere Hand geworfen und schwungvoll mit den Hüften gekreist hatte. „Na und?“, fragte sie Vivi unschuldig. Für Nami schien es völlig normal zu sein, glücklich singend die Ablageflächen zu säubern, doch Vivi bemerkte die Anzeichen sofort. Die glühenden Wangen, das ständige Grinsen und dieses Summen waren eindeutig Anzeichen dafür, dass Nami jemanden kennengelernt hatte. Nicht irgendjemanden, sondern ihn. Ihre wahre Liebe. Davon war Vivi fest überzeugt. Doch wie sollte sie das Nami klar machen, ohne, dass ihre beste Freundin die Beherrschung verlor und den Laden vor Wut auseinandernahm? Neugierig beobachtete sie Nami dabei, wie sie in Gedanken versank und sich ein verträumtes Lächeln auf ihre Lippen ausbreitete. Sie merkte es nicht mal! Vivi schnappte ihr spielerisch das Tuch aus der Hand. „Na, los! Sag schon! Ich will alles wissen“, forderte sie ihre Freundin auf, die daraufhin ergeben seufzte. „Es ist nicht so, okay? Wir haben nur Spaß“, erwiderte Nami und rollte mit ihren Augen, weil sie genau wusste, an was Vivi wieder dachte. „Nur Spaß?“ „Ja! Und davon ganz schön viel“, kicherte Nami ungehalten. Vivi freute sich ja für Nami. Aber es stimmte sie auch irgendwie traurig. Nicht, weil sie sich selbst einsam fühlte sondern auch weil sie sich Sorgen um Nami machte. Sie merkte nicht mal, dass es dieses Mal etwas Besonderes war. Ihr Verhalten war ganz anders als die letzten Male, bei denen sie einfach Spaß mit jemanden hatte. Ihre Augen strahlten so sehr, da konnte es doch nur Liebe sein, oder? Aber inzwischen fragte sich Vivi selbst, wie viel sie eigentlich von Liebe wusste. Sie wuchs zwar mit dem Glauben an die wahre Liebe auf. Ihre Eltern waren das beste Beispiel dafür. Ihre Mutter hatte ihr oft die Geschichte erzählt, wie sie sich Hals über Kopf in ihren Vater verliebt hatte. Aber würde ihr jemals dasselbe passieren? War Ruffy wirklich derjenige, mit dem sie für immer zusammen bleiben wollte? Das war doch ... verrückt. Woher sollte sie wissen, dass er der Richtige war? Er machte ja nicht mal Andeutungen, dass er Interesse an ihr hatte. Sein Verhalten war zum Verzweifeln und es brachte Vivi beinahe um ihren Verstand, weil sie nicht wusste, wie er zu ihr stand. Diese Zweifel würde sie jedoch niemals mit Nami teilen, weil sie nur zu gut wusste, wie sehr ihre Freundin auf diese Worte von ihr wartete. „Worüber grübelst du?“ Vivi winkte ab während Nami sie misstrauisch musterte. „Ich bin nur ein wenig nervös. Du weißt schon...“ „Ruffy?“ Vivis Herz raste allein schon bei seinem Namen doppelt so schnell. „Ja...“ Nami legte ihr einen Arm um die Schulter. „Du solltest über deinen Schatten springen und ihn nach einem Date fragen.“ Vivi blickte verwundert auf. „Ich dachte, du hältst nicht viel von ihm.“ Ihre Freundin biss sich zwinkernd auf die Unterlippe und zuckte mit den Schultern. Keine Ahnung, wen Nami kennengelernt hatte, aber er machte sie schon jetzt ein Stück fröhlicher.   ♡ ♡ ♡ ♡   „Welcher darf es heute sein?“ Vivi blickte lächelnd zu Ruffy, der sich sichtlich schwer mit der Entscheidung tat. Er raufte sich nun schon zum zweiten Mal die Haare und seufzte verzweifelt. Ihr Herz hüpfte nach wie vor, doch heute Morgen war sie schon etwas entspannter in seiner Gegenwart. „Vielleicht einen mit Erdbeerfüllung?“ „Hmm...“, antwortete Ruffy und legte seinen Kopf nachdenklich von einer auf die andere Seite. „Das ist so schwierig. Die sind einfach alle gut!“ Vivi freute sich sichtlich über sein Kompliment. Dann fiel ihr plötzlich ein, woran sie heute Morgen gearbeitet hatte. Sie entschuldigte sich bei Ruffy und verschwand für einen kurzen Augenblick in ihrer kleinen Backstube hinter dem Verkaufsraum. Sie überlegte noch kurz, ob sie ihm diesen Cupcake wirklich geben sollte, doch dann zuckte sie mit ihren Schultern und ging wieder nach vorne. „Eine Spezialanfertigung. Nur für dich“, sagte sie zu ihm, als sie den Cupcake vor seine Nase stellte. Ruffy riss verwundert die Augen auf als er den Cupcake mit dem kleinen Strohhut, geformt aus Marzipan, obendrauf betrachtete. Vivi erinnerte sich noch genau an diesen Hut, den er bei seinem ersten Besuch getragen hatte. „Wow! Der sieht wahnsinnig toll aus!“, schwärmte Ruffy und schenkte ihr ein breites, ausgelassenes Grinsen. Vivi erwiderte sein Strahlen. „I-Ich habe ihn für dich gemacht“, gab sie mit roten Wangen zu. „Wirklich?“, fragte Ruffy verblüfft. „Danke, Vivi!“ Gott, wie sie es liebte, wenn er ihren Namen aussprach. Sie beobachtete Ruffy dabei, wie er den Cupcake mit strahlenden Augen ansah. „Der ist ja fast zu schade, um zu essen“, murmelte er, doch nach einem kurzen Augenblick, nahm er doch einen großen Bissen davon. Genießerisch schloss er die Augen. Wie üblich, verbeugte er sich dankend vor ihr, verschwand wieder aus ihrem Laden und ließ Vivi mit einem klopfenden Herzen zurück. Nami kam aus ihrem Versteck heraus und blickte sie vorwurfsvoll an. Dann starrte sie ungläubig aus dem Fenster. „Warum hast du ihn nicht gefragt?“ „Was gefragt?“ „Ob er mit dir ausgehen will!“ „Das ist doch ... Männersache“, murmelte Vivi. Irgendwie bekam sie das Gefühl nicht los, dass Ruffy sie vermutlich niemals fragen würde. „Papperlapapp!“, schüttelte Nami ihren Kopf. „Wir Frauen müssen unser Glück selbst in die Hand nehmen!“ „Ich weiß nicht...“   „Los, Vivi! Jetzt sei nicht so feige!“ Nami gab ihrer Freundin einen kleinen Schubs, den Vivi dringend notwendig hatte. Ohne weiter darüber nachzugrübeln machte sie endlich den ersten Schritt und lief aus dem Laden, gerade als Ruffy um die Ecke verschwinden wollte. „Ruffy!“, schrie sie ihm laut hinterher, dass mehrere Leute sie verwundert ansahen. Auch Ruffy hatte es gehört und drehte sich nun fragend zu ihr um. Sekundenlang starrte sie ihn einfach nur wortlos an, bevor sie sich fasste und einen Schritt auf ihn zuging. „W-Willst du mit mir ausgehen?“, fragte sie ihn atemlos. Ihr Herz raste so sehr in ihrer Brust, dass sie kaum Luft holen konnte. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit für Vivi an, bis Ruffy endlich reagierte. Er sah sie einen Moment ausdruckslos an, dann verzogen sich seine Mundwinkel zu einem Lachen. „Klar! Ich hole dich morgen Abend ab!“, zwinkerte er ihr zu und winkte ihr zum Abschied, bevor er um die Ecke verschwand. Erstaunt blieb Vivi inmitten dem Gedränge der Menschen auf dem schmalen Bürgersteig stehen. Sie sah auf die Stelle, wo Ruffy verschwunden war und nach wenigen Minuten, breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus. Sie hätte niemals gedacht, dass es so einfach wäre aber Ruffy war nun mal anders als alle anderen.   ♡ ♡ ♡ ♡   „Hey, Leute! Das ist Vivi.“ Vivi blickte scheu in die Runde von junger Menschen, die sie herzlich anlächelten und sie begrüßten. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Irgendwie hatte sie sich das alles anders vorgestellt. Nachdem sie heute den ganz Tag über grübelnd vor ihrem Spiegel gestanden war und sich ein Outfit nach dem anderen angezogen hatte, entschied sie sich für ein dunkelblaues Kleid, dass ihr Nami mal zu einem Geburtstag geschenkt hatte. Sie wollte hübsch für ihn sein. Immerhin war es ja ein Date. Das dachte sie zumindest. Vivi hatte sich so sehr auf diesen Abend gefreut, dass sie sich noch nie darüber Gedanken gemacht hatte, dass er mit Ausgehen gar kein Date meinte. Jetzt kam sie sich unglaublich blöd vor und versuchte mit einem verkrampften Lächeln sich die Namen seiner Freunde einzuprägen.   Mit roten Wangen setzte sie sich neben Lysop, den Ruffy wohl schon sein ganzes Leben kannte, denn er überhäufte sie sogleich mit Geschichten aus ihrer Kindheit, die so weit hergeholt klangen, dass Vivi ihm gar nicht mehr zuhören konnte. Stattdessen genoss sie die Wärme, die sich in ihr ausbreitete als Ruffy sich neben sie setzte. Ihre Arme berührten sich und sie schenkte ihm ein zaghaftes Lächeln. Ruffy erwiderte ihr Lächeln und prostete ihr mit seinem Getränk zu. Vivi erwiderte die Geste zurückhaltend. Sie war eigentlich nicht so die Trinkerin und musste sich zusammenreißen, damit sie nicht zu viel Alkohol abbekam. Nami sagte immer, dass sie dann besonders anhänglich wurde und sie wollte Ruffy heute auf keinen Fall in die Flucht schlagen. „Was machst du eigentlich beruflich, Ruffy?“, fragte sie ihn, weil sie endlich mehr über ihn erfahren wollte. Eigentlich hatte sie sich darüber gefreut, ihm diese Fragen bei einem ruhigen Essen zu stellen und nicht umgeben von seinen Freunden und viel zu lauter Musik. „Ich arbeite als Küchenhilfe.“ Vivi zwang sich zu einem Lächeln. War sie etwa enttäuscht darüber, dass er kein erfolgreicher Unternehmer war, so wie sie es sich immer ausgemalt hatte? Sie musste ja schon einige Male feststellen, dass Ruffy nicht so wie die anderen war. „Und wie...“, wollte sie weiter fragen, doch da wurde ihr bewusst, dass Ruffy seine Aufmerksamkeit schon längst jemanden anderen geschenkt hatte. „Hey, Sabo!“, begrüßte er den Neuankömmling und umarmte ihn überschwänglich. Vivi beäugte diesen Sabo neugierig. Ruffy zerrte ihn zu Vivi und stellte ihn als seinen älteren Bruder vor. „Tut mir leid, falls dir mein Bruder das Leben schwer macht“, entschuldigte er sich für seinen kleinen Bruder, der gerade mit Lysop einen kleinen Freudentanz vorführte, weil Sabo hier aufgetaucht war. Vivi lächelte schüchtern. Wenn er doch nur wüsste, wie sehr Ruffy ihr Leben auf den Kopf stellte. „Er ist etwas ganz Besonderes“, antwortete Vivi ihm gedankenverloren. Sabo nickte. „Das ist er wirklich.“ Er musterte Vivi neugierig aus den Augenwinkeln. „Kennst du ihn schon länger?“ „Erst seit ein paar Wochen.“ „Oh, bist du etwa die Vivi?“ Vivi spürte, wie ihr Herz begann zu rasen. Er hatte von ihr gesprochen? Mit seinem Bruder? „J-Ja? Er hat über mich gesprochen?“, hakte sie mit roten Wangen nach. „Naja, er hat weniger von dir sondern eher von deinen wundervollen Cupcakes gesprochen“, gab Sabo zögerlich zu als er Vivis strahlendes Gesicht bemerkte, das sich nach seinen Worten jedoch wieder verdüsterte. „Oh“, sagte sie enttäuscht. Es fühlte sich beinahe an, als würde ihr Herz nach und nach zerbrechen. „Hey, komm schon. So ist mein Bruder eben“, zwinkerte Sabo ihr zu und legte aufmunternd einen Arm um sie. „Er verbindet alles mit Essen. Er hat ein hungriges Herz.“ „Ein hungriges Herz?“ „Er verbindet Essen mit Liebe.“ Vivi verstand zwar nur Bahnhof, nickte jedoch langsam. Vielleicht musste sie Ruffy erst besser kennenlernen, damit sie ihn verstehen konnte. Sie atmete tief durch und wollte gerade aufstehen und zu Ruffy gehen, doch da trat eine schwarzhaarige Schönheit auf sie zu. Die Unbekannte hatte nur ein knappes Kleid an und ihre endlos langen Beine ließen Vivi beinahe vor Neid erblassen. Was machte so eine Frau in einem Club wie diesem? Verwirrt blickte sie ihr nach und musste zu ihrem Bedauern feststellen, dass sie das gleiche Ziel hatte wie Vivi. Ruffy. Sie umarmte Ruffy mit einem dermaßen schönem Strahlen in ihrem Gesicht, dass Vivi sich wie in einem schlechten Film vorkam. Und sie war eindeutig nicht die Hauptfigur sondern die kleine Außenseiterin, die man nur einige Minuten im Film sehen konnte und dabei heulend in der Ecke stand. Mit offenen Mund sah sie dabei zu, wie Ruffy die Umarmung erwiderte. So nah war sie ihm noch gar nie gewesen. Ein fieser Gedanke nistete sich in ihrem Kopf ein. Hatte Ruffy etwa ... eine Freundin? War diese unbekannte Schönheit der Grund dafür, warum er noch keine Möglichkeit ergriffen hatte um mit ihr zu flirten? Falls ja, konnte sie es ihm nicht verübeln. Diese Frau war eine Königin. Es sollte verboten werden so gut auszusehen. Vivi spürte etwas Seltsames in sich hochsteigen. Etwas, das sie erst sehr, sehr selten in ihrem Leben gespürt hatte. Es war Wut. Normalerweise ließ sie derartige Gefühle gar nicht zu. Sie war dazu erzogen worden, in allem und jedem etwas Gutes zu sehen und stets freundlich zu sein. Aber in diesem Moment würde sie nichts lieber tun, als diese rabenschwarzen Haare mit der Kerze, die auf dem Tisch stand, in Flammen aufgehen zu lassen. Die Frau legte einen Arm um Ruffys Schulter, der sie auf direktem Weg zu Vivi führte. Vivi versuchte diesen komischen Zorn, den sie in sich spürte, zurückzudrängen. „Vivi, das ist Boa Hancock.“ Du meine Güte, dachte Vivi sich. Sogar ihr Name klang königlich. Vivi zwang sich zu einem freundlichen Lächeln und reichte Boa die Hand. „Freut mich, dich kennenzulernen.“ Boa sah herablassend auf Vivis Hand, die immer noch in der Luft schwebte. „Die Freude ist ganz meinerseits“, antwortete sie schließlich als sie wieder aufblickte. Als Boa sich wieder an Ruffy wandte, konnte Vivi eindeutig einen giftigen Seitenblick spüren. Boas Verhalten war ganz und gar nicht königlich. Es glich eher dem Verhalten einer Schlange. Vivi nahm ihre Hand wieder runter und verschränkte zornig die Arme vor der Brust. Diese Frau brachte Seiten in ihr zum Vorschein, die sie bis jetzt noch gar nicht kannte. „Mach dir nichts draus. Boa ist eine Bitch“, versuchte Sabo sie erneut aufzumuntern. Er war der Einzige, der wenigstens ein bisschen Mitleid mit Vivi hatte. Ruffy schien von ihrem Unmut überhaupt nichts zu merken. Vivi betrachtete Sabo von der Seite. Er sah wirklich gut aus und kümmerte sich um sie, wenn Ruffy keine Augen für ihre Sorgen hatte. Warum konnte nicht er ihre wahre Liebe sein? Sie versuchte, die gleichen Gefühle, die gleichen Schmetterlinge in ihrem Bauch zu fühlen, die sie empfand wenn Ruffy in ihrer Nähe war. Doch nichts. Keine Schmetterlinge. Kein Herzklopfen. Vivi stöhnte leise. Warum hatte sie sich ausgerechnet jemanden ausgesucht, der es ihr besonders schwer machte?   Sie beobachtete Boa Hancock dabei, wie sie ständig um Ruffy herumschwänzelte und jede Frau, die es wagte mit ihm zu sprechen, mit ihren giftigen Blicken erdolchte. War sie wirklich seine Freundin? Vivi traute sich gar nicht mehr in seine Nähe, denn auf sie hatte Boa anscheinend ein ganz besonderes Auge geworfen. Immer wieder warf sie ihr diese Blicke zu, die Vivi nicht eindeutig einschätzen konnte. Entweder Boa wollte sie erdolchen oder doch lieber verbrennen. Als Boa von Ruffy abließ um auf der Toilette zu verschwinden, nutzte Vivi ihre Chance. Sie musste endlich wissen, was diese Boa für Ruffy war. Falls er wirklich in einer Beziehung war, wollte sie sofort nach Hause und versuchen mit einer Kilopackung Eis und einem Schnulzenfilm ihr gebrochenes Herz zu heilen. Sie tippte Ruffy auf die Schulter, der sich zu ihr umdrehte und ihr sofort ein Lächeln schenkte. „Hey, Vivi!“ Dieser Kerl konnte sie behandeln wie er wollte. Ihr Herz raste trotzdem in ihrer Brust sobald er sie anlächelte.   „Ist sie deine Freundin?“, fragte Vivi schließlich und hielt den Atem an. „Wer?“, fragte Ruffy verwirrt nach. „Boa Hancock.“ Ruffy legte seinen Kopf schief und kniff die Augen zusammen. „Sie ist eine Freundin“, antwortete er und Vivi atmete wieder durch. Gott sei Dank, sie war nur eine Freundin. „Genau wie du“, fügte Ruffy dann hinzu und Vivis Laune sank wieder in den Keller. Dieser Abend war die reinste Gefühlsachterbahn. Mit schmerzendem Herzen zwang sie sich zu einem Lächeln, weil sie nicht wollte, dass Ruffy etwas von ihren verletzten Gefühlen mitbekam. „Oh“, sagte sie mit zitternder Stimme. Sie konnte nicht weiterreden, weil sie befürchtete, dass man ihr anmerken würde, wie sehr seine Worte sie verletzt hatten. „Ist alles in Ordnung?“, fragte Ruffy besorgt und berührte sie am Oberarm. „Du bist ja ganz blass.“ Vivi warf ihm einen wütenden Blick zu. Warum konnte er nicht kapieren, dass er schuld daran war?! Musste man ihm denn alles unter die Nase reiben, damit er irgendwas mitbekam? Sie seufzte frustriert, woraufhin Ruffy sie noch besorgter musterte. „Es ist alles okay“, murmelte sie schließlich und flüchtete zur Bar, wo sie sich einen Wodka bestellte. Warum musste es so schwierig sein? Als der Kellner ihr das Getränk vor die Nase stellte und Vivi einen Schluck davon nahm, verzog sie angewidert ihr Gesicht. Sie hasste Alkohol aber irgendwie beruhigte das Brennen ihre Nerven. Sie brauchte ganz dringend jemanden, der ihr jetzt zur Seite stand. Vivi kramte ihr Handy aus der Tasche und tippte eine Nachricht an ihre beste Freundin.   Ich habe den Glauben an die wahre Liebe verloren.   Es dauerte nicht lange, bis Nami ihr zurückschrieb.   Was ist passiert?   Vivi biss sich auf die Unterlippe und versuchte nicht, Boa oder Ruffy einen verletzten Blick zuzuwerfen, während sie wütend die nächste Nachricht tippte.   Ich wurde gefriendzoned.   Während sie auf Namis Antwort wartete, nahm Vivi einen weiteren kräftigen Zug von ihrem Wodka. Beim zweiten Schluck war es gar nicht mehr so schlimm. Ihr Herz raste. Aber dieses Mal nicht wegen Ruffy, sondern vor Wut und Enttäuschung. Ihr Telefon zeigte eine neue Nachricht an.   Fuck.   Ja, das traf es wohl am besten.   Kapitel 4: Herztrommeln. ------------------------ Herztrommeln [Nami] Mit einem leisen Seufzen kuschelte sich Nami etwas mehr in ihre weiche Bettdecke und versuchte, die letzten Minuten vor dem Wach werden zu genießen. Ihre innere Uhr meldete sich bereits und sie wusste, dass sie nur noch wenige Minuten hatte, bis ihr verfluchter Wecker losgehen würde. Irgendwie fiel es ihr heute besonders schwer ihre Augen zu öffnen. Diese wohlige Wärme hielt sie gefangen und es war ihr kaum möglich sich auch nur ein Stück von der Stelle zu entfernen, wo sie diese Wärme am stärksten fühlen konnte. Genießerisch schlang sie ihre Arme um den Wärmepol und vergrub ihr Gesicht darin. Das rhythmische Pochen unter ihrem Ohr ließ sie wieder schläfrig werden und sie wäre beinahe erneut ins Traumland gedriftet, wenn da nicht plötzlich ihre Alarmglocken geläutet hätten. Schockiert öffnete sie ihre Augen und rückte von dem Körper, der neben ihr lag, ab. Erst jetzt konnte sie das leise Schnarchen hören und war sich vollends bewusst, wer hier neben ihr lag. Zorro. Was zum Teufel machte der denn hier?! Wütend und verwirrt darüber, was das zu bedeuten hatte, klatschte Nami ihm ihr Kissen ins Gesicht, in der Hoffnung, ihn so wach zu bringen. Ihr Wunsch wurde erhört, denn Zorro blinzelte benommen und blickte sich verwirrt um. Ein verschlafenes Knurren kam aus seinem Mund, als er Nami ansah und dann seine Augen wieder schloss. Erneut warf Nami ihm das Kissen ins Gesicht. „Steh auf!“ Murrend drehte sich Zorro von ihr weg. „Es ist zu früh“, murmelte er schlaftrunken. Beinahe schon panisch blickte Nami auf seinen Rücken, den er ihr jetzt zugedreht hatte. Sie versuchte tief durchzuatmen und sich zu beruhigen, doch es gelang ihr nicht. Sie hatte eine ihrer Regeln gebrochen. Es hatte noch nie ein Mann hier übernachtet. Sie waren alle immer vor dem Morgengrauen verschwunden und Nami hatte es gar nie zugelassen, dass auch nur einer von ihnen ein Auge zu machen konnte. Doch nun lag er hier. Der erste Mann, der es geschafft hatte, dass sie sich in seiner Gegenwart so sicher und geborgen fühlte, dass es ihr nicht mehr wichtig gewesen war, ob er hier übernachtete oder nicht. Der erste Mann, der mit einer einzigen, kleinen Berührung ihr Herz aus dem Rhythmus bringen konnte. Bis jetzt war er jedes Mal nach dem Sex verschwunden, warum heute Nacht nicht? Ihre Nerven kitzelten als sie Zorro musterte, der erneut die Augen geschlossen hatte. Sie wusste es selbst nicht wieso, aber sie hatte Angst. Angst davor, dass dieses Herzklopfen niemals weggehen würde. Was, wenn sie mehr für ihn empfand? Allein schon diese Gedanken ließen sie panisch werden! Sie stieg über ihn und setzte sich rittlings auf ihn. Zornig packte sie ihn bei den Schultern und schüttelte ihn durch. Das altbekannte Herzklopfen meldete sich zurück als er mit freiem Oberkörper unter ihr lag, doch Nami versuchte nicht darauf zu achten. Viel lieber wollte sie endlich, dass er hier verschwand! Grummelnd packte Zorro ihre Handgelenke und öffnete endlich seine Augen. „Was ist dein Problem?“ „Du ... du hast hier geschlafen! Zorro zog eine Augenbraue nach oben, ließ ihre Handgelenke los, blinzelte in die Sonne und blickte dann an sich herab. „Offensichtlich?“ „Warum bist du nicht nach Hause gefahren?!“ Zorro musterte sie stirnrunzelnd. „Weil ich zu müde war.“ Er verstand offenbar den Ernst der Lage nicht, doch Nami geriet immer mehr in Panik. Nicht nur weil er hier übernachtet hatte, sondern weil ihr sein Anblick am frühen Morgen in ihrem Bett mehr und mehr zu gefallen schien. Seine halbgeschlossenen Augen, die verwuschelten Haare und das leise Knurren ließen die Schmetterlinge in ihrem Bauch verrückt werden. Als sie plötzlich Zorros Arme um ihre Taille spürte und den sanften Druck, den er ausübte, setzte ihr Verstand wieder ein und sie stand hastig auf. Ihr Herz trommelte förmlich in ihrer Brust während sie sich anzog. Sie warf Zorro seine Klamotten zu und versuchte, rational zu denken. Er musste hier raus, bevor sie noch irgendetwas Dummes tat oder sagte. „Los, zieh dich an!“, befahl sie ihm, woraufhin er sie erst einen Moment grüblerisch musterte bevor er seufzend aufstand und sich anzog. Nami sah ihm mit verschränkten Armen dabei zu. Dieser seltsame Zustand, in dem sie sich befand, machte sie nervös. Als Zorro nach seiner Jacke griff und sie mit diesem seltsamen Blick betrachtete, hatte Nami plötzlich Schuldgefühle. Man sah ihm an, dass er nur zu genau wusste, dass sie ihm hier nur etwas vormachte und ihren Gefühlen aus dem Weg ging. Aber Nami war noch nicht bereit dazu, über ihren Schatten zu springen. Nami liebte ihr Singleleben. Die Sache mit Zorro war bereits jetzt unglaublich kompliziert. Schweigend begleitete sie ihn zu ihrer Wohnungstür. Bevor Zorro sich an ihr vorbeidrängte, hielt sie ihn auf indem sie eine Hand an seinen Oberarm legte. Zorro sah erwartungsvoll auf sie hinab, weswegen Nami seinem Blick auswich und nervös auf den Boden starrte. „Wir ... wir sollten das nicht mehr tun.“ Das unglaubwürdige Schnauben, das von Zorro kam, war das Letzte, was sie von ihm hörte bevor er aus ihrer Wohnung verschwand. Nami ließ sich gegen die geschlossene Tür fallen und vergrub ihr Gesicht in den Händen. War es tatsächlich passiert? Hatte sie sich ... verliebt? „Fuck.“   ♡ ♡ ♡ ♡   „Hast du wirklich geglaubt, diese Gefühle verschwinden, nur weil du mit ihm schläfst?“ Nami strafte ihre beste Freundin mit einem bösen Blick. Sie wusste ja selbst, dass es dämlich klang, aber vor zwei Wochen war es das Logischste, was ihr in den Sinn gekommen war. „Ich dachte, es wäre wie bei einer Schmerztherapie. Umso mehr du das kaputte Gelenk benutzt, umso schneller verschwindet der lästige Schmerz.“ Vivi schnaubte kopfschüttelnd. „Das ist das Dämlichste, was ich jemals von dir gehört habe.“ Nami stöhnte genervt und fuhr sich mit ihrer Hand durch ihr oranges Haar. Sie blickte sich in der überfüllten Bar um und war schon jetzt von den vielen Frauen, die nur wegen Zorro hier waren, genervt. Wenn sie sich mehr für ihn anstatt seinem Aussehen interessieren würden, wüssten sie, dass er heute seinen freien Tag hatte. Und, dass er nicht an hirnlosen Barbiepuppen interessiert war. Erst als Vivi nach ihrer Hand griff, hörte Nami damit auf diese Frauen mit ihren Blicken zu erdolchen. „Hey, komm schon. Das ist doch nichts Schlimmes. Liebe ist etwas Gutes.“   Nami verzog ungläubig das Gesicht. „Sagen wir, ich versuche es mit Zorro“, fing sie an und gönnte sich einen großen Schluck von ihrem Cocktail. „Wir werden glücklich sein, wie jedes frisch verliebte Paar und diese dämlichen Strandspaziergänge machen, die jeder von uns erwartet. Er wird mich auf Händen tragen und mir jeden Wunsch von den Augen ablesen. Ich ziehe mit ihm in eine Wohnung, weil ich nicht mehr ohne ihn sein kann und gebe mein altes Zuhause auf“, zählte Nami auf. Vivi hatte bei jedem Wort mehr gestrahlt, doch Nami wusste nur zu gut, wie sie ihre Träume wieder zerstören konnte. „Aber dann werden wir älter. Der Alltag wird einkehren und er wird sich langweilen. Er wird sich eine dieser Barbiepuppen schnappen, die ihm jeden Abend ihre Titten vors Gesicht halten und ich werde mir jeden Tag die Augen ausheulen, weil er zu spät nach Hause kommt und ich nicht weiß, ob er gerade eine von seinen Groupies besteigt.“ Nami leerte ihren Cocktail in wenigen Zügen und bestellte sich gleich bei Shanks einen neuen. Sie versuchte den mitleidenden Blick, den Vivi ihr zuwarf, zu ignorieren. Schließlich seufzte Vivi. „Du bist wirklich ein hoffnungsloser Fall, Nami.“ Nami rollte mit ihren Augen. Vielleicht war sie das. Oder sie war die Realistischere von ihnen. „Ich muss mich entlieben.“ „Das ist nicht möglich. Du brauchst ihn.“ Nami runzelte die Stirn. Sie brauchte ihn nicht! Sie kam sehr gut alleine klar! „Irgendwann wirst du mich verstehen“, seufzte Vivi. „Wir werden sehen“, erwiderte Nami, klang jedoch wenig überzeugt. „Ich dachte, du wärst selber nicht mehr so überzeugt davon, ob es die wahre Liebe wirklich gibt“, wechselte Nami das Thema, woraufhin Vivi ertappt auf ihre Hände blickte. „Ich...“, murmelte Vivi mit roten Wangen. „Ich bin nur unsicher, das ist alles.“ „Unsicher?“ „Ruffy ist ... anders“, versuchte Vivi ihre Situation zu erklären. „Er lebt von einem Tag auf den anderen und beschäftigt sich nicht mit seiner Zukunft. Er weiß nicht, wie oder mit wem er sein Leben verbringen will, weil er nie darüber nachdenkt!“ Nami merkte am Tonfall ihrer Freundin, dass sie bei jedem Wort wütender wurde. Sah so aus, als würde dieser Ruffy ein wenig Leben in Vivis durchgeplanten Tage bringen. Vivi verlor niemals die Beherrschung und jetzt saß sie vor ihr und konnte die angestaute Wut beinahe nicht unterdrücken. „Er tut dir gut“, sagte Nami. Vivi horchte auf. „Wie meinst du das?“ „Er wirbelt dein Leben ein wenig durcheinander und das ist gut.“ „Aber ich mag es lieber, wenn alles nach Plan läuft...“ „Das weiß ich“, lächelte Nami und griff nach Vivis Hand. „Aber nichts läuft so, wie wir es uns wünschen, oder?“   „Ladies“, wurden die beiden von Shanks unterbrochen, der ihnen zwei weitere Cocktails vor die Nase stellte. „Ihr seht aus, als könntet ihr einen guten, alten Barkeeper Rat gebrauchen.“ Nami seufzte und blickte zu Shanks, der sie breit angrinste. Sie hasste sich zwar selbst dafür, aber im Moment konnte sie wirklich jede Hilfe gebrauchen. Deshalb nickte sie zögerlich. Shanks blickte zwischen Nami und Vivi hin und her. Nach einem Moment, zog er die Augenbrauen nach oben. „Oh ... ich hätte nicht gedacht, dass ihr so verzweifelt seid.“ „Du hast überhaupt keinen guten Rat für uns?“, hakte Nami mit ironischer Stimme nach. „Wie tragisch.“ Shanks räusperte sich. „Doch, ich habe durchaus einen Rat für euch“, fing er an. „Schlafe nie mit jemanden, wenn du betrunken bist. Woher sollst du denn sonst wissen, dass dir der Typ überhaupt gefällt?“, fügte er nervös lächelnd hinzu. Nami und Vivi sahen ihn einen Augenblick ausdruckslos an, bevor sie ihre Köpfe schüttelten und einen Schluck von ihren frischen Cocktails nahmen. „Das war der schlechteste Rat, den ich jemals gehört habe“, murmelte Nami. „Ja, da kann ich nur zustimmen“, fügte Vivi frustriert hinzu. Shanks verschränkte die Arme vor seiner Brust. „Meine Güte, ihr zwei seid ja wirklich verzweifelt, was?“ „Du hast ja keine Ahnung...“, seufzte Vivi. Er legte je einen Arm um die zwei Mädchen. „Die nächste Runde geht aufs Haus, Ladies. Wenigstens ein Mann wird euch heute Abend glücklich machen. Und sein Name ist Wodka.“ Bevor er wieder verschwand zwinkerte er den beiden zu. Nami konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Das war das Beste, was sie jemals aus Shanks Mund gehört hatte. Dann fiel ihr Blick hinter die Theke, wo sie die letzten Wochen Zorro immer heimlich beobachtet hatte, weil sie es kaum erwarten konnte bis er endlich Feierabend hatte. Doch sie hatte es wirklich versaut. Sah so aus, als würden ihr weder Vivis guten Zusprüche noch Shanks bescheuerten Liebesweisheiten bei ihrem Problem helfen.   ♡ ♡ ♡ ♡   Wenn du eine ruhige Minute hast, ruf mich kurz an – Nojiko   Nami blickte verwundert auf die Nachricht ihrer Schwester, die sie vor zehn Minuten bekommen hatte. Sie rieb sich mit dem Handtuch durch ihre, vom Duschen, nassen Haare und sah grüblerisch auf die wenigen Worte. Irgendwie hatte sie kein gutes Gefühl dabei, dennoch verlor sie keine weitere Sekunde. Es dauerte nicht lange, bis Nojiko ranging. „Hey, Nami“, wurde sie von ihrer älteren Schwester begrüßt und Nami merkte augenblicklich, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. „Was ist passiert?“, fragte sie beunruhigt und ließ ihr Handtuch achtlos auf den Boden fallen. Nojiko zögerte kurz bevor sie antwortete: „Mom und Genzo hatten einen Autounfall.“ Namis Herz setzte einen Moment aus und sie griff sich mit einer Hand an den offenen Mund. „Was?!“ „Beruhige dich, Nami. Es ist alles in Ordnung. Das Auto hat einen Totalschaden aber den beiden geht es soweit gut.“ Nami beruhigte sich zwar ein wenig, doch ihr Herz trommelte immer noch aufgebracht in ihrer Brust. „Ich komme sofort zu euch.“ „Das ist viel zu weit, Nami“, seufzte Nojiko. „Ihnen geht es wirklich gut. Genzo ist ganz high von den Schmerzmitteln und Mom schläft bereits.“ „I-Ich fahre gleich los“, erwiderte Nami, die sich nicht von ihrem Plan abbringen lassen wollte. „Nami!“, fuhr Nojiko sie ungeduldig an. „Es ist soweit alles okay. Ich wollte nur, dass du Bescheid weißt. Bitte sei vernünftig und steig morgen ganz entspannt in einen Zug. Mom würde dich umbringen, wenn dir auf der langen Autofahrt was passieren würde.“ Nami seufzte ergeben und blickte nach draußen. Es regnete wie aus Eimern. Vielleicht war es wirklich vernünftiger bis morgen zu warten. Immerhin war es eine vierstündige Autofahrt. „Also gut, aber sag Mom sie soll mich anrufen, sobald sie wach ist.“ „Das mache ich. Ich freue mich schon darauf, dich morgen zu sehen.“ Mit diesen Worten legte Nojiko auf und Nami ließ sich, fertig mit den Nerven, auf ihre Couch fallen. Dieser Schock hatte sie völlig aus dem Gleichgewicht gebracht und die Erleichterung danach, dass nichts Schlimmes passiert war, ließ sie rastlos werden. Tief durchatmend fuhr sie sich durch die Haare.   Noch nie war ihr die Stille in ihrer Wohnung so bewusst gewesen, wie in diesem Moment. Wenn sie genau hinhörte, konnte sie sogar ihre Nachbarn sprechen hören. Nachdenklich stand Nami auf und sah sich in ihrer dunklen Wohnung um. Irgendwas passte nicht. Es fühlte sich an, als würde etwas fehlen. Obwohl ihre ganzen Sachen noch an Ort und Stelle standen. Ihr Blick fiel auf das Familienfoto, das sie letzten Sommer gemacht hatten. Die drei Frauen darauf strahlten ihr entgegen und Genzo hatte mürrisch die Hände vor der Brust verschränkt, weil sie ihn mal wieder geärgert hatten. Gedankenverloren strich Nami über das Bild. Sie fühlte sich ... einsam. Und dieses Gefühl raubte ihr beinahe den Atem. Ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen und die Sehnsucht nach ihrer Familie war größer denn je. Sie wollte ihre Mutter, Nojiko und Genzo dringend in die Arme schließen. Sie brauchte jemanden, der bei ihr war. Aus Gewohnheit schnappte sie sich ihr Handy und wollte gerade Vivis Nummer wählen, als ihr einfiel, dass diese heute Abend bei ihren Eltern zum Essen eingeladen war. Betrübt scrollte sie durch ihr Telefonbuch, aber es stach ihr kein Name ins Auge, der ihr in dieser Situation helfen konnte. Bis sie beim letzten Buchstaben im Alphabet angekommen war. Mit klopfendem Herzen sah sie auf seinen Namen und ihr Daumen schwebte minutenlang über dem grünen Symbol. Doch sie entschied sich dagegen. Nach dem gestrigen Morgen würde er sowieso nicht rangehen. Sie stand auf und schnappte sich ihre Jacke. Ohne länger darüber nachzudenken, verließ sie ihre Wohnung und rannte nach draußen.   Eine gefühlte Ewigkeit stand sie vor seiner Tür und ließ sich von dem unaufhörlichen Regen durchnässen. Sie hatte sich noch nie so unschlüssig in ihrem Leben gefühlt. Nami war ziellos mit ihrem Auto durch die Stadt gefahren, bis sie plötzlich vor seinem Zuhause stehen blieb. Wie von selbst war sie hier bei ihm gelandet. Ihre Finger schwebten schon lange über der Klingel, doch irgendwie konnte sie sich nicht dazu überwinden, diesen kleinen Knopf endlich zu drücken. Wenn sie die Klingel betätigen würde, dann würde sie etwas ins Rollen bringen. Etwas, das ihr große Angst machte und sie wusste nicht, ob sie dafür schon bereit war. Aus den Augenwinkeln betrachtete sie diesen unscheinbaren Knopf, der vielleicht ihre ganze Zukunft verändern konnte. Hin und her schwankend trat sie von einem Fuß auf den anderen und warf immer wütende Blicke zu diesem Knopf, der mittlerweile beinahe bedrohlich auf sie wirkte. „Das kann doch nicht so schwer sein, Nami“, wisperte sie zu sich selbst. Wovor hatte sie solche Angst? Sie schloss ihre Augen, atmete tief durch und tat es endlich. Sie drückte diesen verdammten Knopf. Es dauerte ein paar Minuten, bis die Tür endlich geöffnet wurde. Diese Minuten waren ihr wie eine Ewigkeit vorgekommen und Nami hatte schon fast einen Rückzieher machen wollen. Doch nun stand er vor ihr und sie wusste nicht so recht, ob sie ihre Entscheidung bereute oder sich darüber freute, diesen Schritt gewagt zu haben.   „Hey“, begrüßte sie ihn zaghaft, hielt seinem Blick kaum stand. Zorro lehnte sich mit verschränkten Armen gegen den Türrahmen und musterte sie eingehend. „Hey.“ „Ich ...“, fing Nami an, wusste jedoch nicht, was sie sagen sollte. Sie war übereilt aufgebrochen und hatte keinen Plan, was sie tun oder sagen sollte. Warum musste das alles so kompliziert sein? Sie brauchte doch nur eine Schulter zum Ausweinen. Hätte sie nicht zu Shanks gehen können, oder zu Makino? In ihrem Inneren war ihr jedoch klar, dass Zorro in diesem Augenblick der Einzige war, den sie sehen wollte. „Du?“, hakte Zorro nach und sein Blick wurde etwas besorgt, weil Nami bis auf ihre Knochen durchnässt war und nun anfing zu zittern. Da Nami weiterhin seinem Blick auswich, sah sie nicht, dass er näher trat. Erst als sich seine Arme um sie schlossen und er sie zaghaft an sich drückte, schreckte sie auf. Wie versteinert stand sie da. Nach wenigen Sekunden realisierte sie erst, was gerade geschah. Sie ließ den Tränen freien Lauf und schlang schluchzend ihre Arme um seine Mitte. Ihr Gesicht vergrub sie in seiner Brust.   „Ich brauche dich“, flüsterte sie. Kapitel 5: Herzpochen. ---------------------- Herzpochen [Vivi]   „Wie geht es deiner Mom und Genzo?“ Vivi hielt ihre beste Freundin im Arm, die gerade nach ihrem Besuch bei ihrer Familie zur Tür reingekommen war und aussah, als hätte sie tagelang kein Auge zugetan. Sie hatte Nami einige Tage frei gegeben damit sie sich voll und ganz ihrer Familie widmen konnte. Umso erstaunter war Vivi, dass sie so früh zurück war. Sie hatte nicht vor dem Wochenende mit ihr gerechnet. So wie sie Nami kannte, plagte sie das schlechte Gewissen und sie wollte Vivi nicht noch länger im Stich lassen, da sie wusste, wie viel Arbeit es machte die vielen Cupcakes alleine zu backen. Vivi jedenfalls kam es so vor, als hätte sie die vergangenen Tage ihren Laden gar nicht verlassen. „Es geht ihnen gut. Der Schock war nur sehr groß“, seufzte Nami leise. Vivi löste sich ein wenig von Nami und griff nach ihren Händen. „Und wie geht es dir?“ Sie konnte sehen, dass Nami mit etwas kämpfte, doch ihre Freundin winkte nur ab. „Mir geht es gut!“ Vivi glaubte ihr kein Wort, doch wollte sie auch zu nichts zwingen. Sie wusste, wenn Nami reden wollte, würde sie zu ihr kommen. „Hast du Ruffy eigentlich nochmal getroffen?“, lenkte Nami erfolgreich vom Thema ab und stieß Vivi in dieses schwarze Loch, in dem sie sich seit ihrem „Date“ mit Ruffy befand. Bei der Erwähnung seines Namens spürte Vivi sofort die Enttäuschung in ihr hochkommen. „Ja, das habe ich. Hier im Laden, jeden Tag um 08:27 Uhr.“ Sie würde bestimmt nicht so dumm sein und ihn nochmal nach einem Date bitten. Inzwischen wusste sie ja, dass sie eine gute Freundin für ihn war. Nicht mehr, nicht weniger. „Oh, und wie ist es gelaufen?“ Vivi warf Nami einen Blick zu, der mehr als tausend Worte sprach. „Können wir bitte über was anderes reden?“, fragte sie seufzend. „Wie sieht es mit dir und Zorro aus?“ Nun seufzte Nami und spielte nervös mit einem der Schachteln rum, in denen sie immer die Cupcakes für die Kunden verpackten. „Ich bin ihm aus dem Weg gegangen.“ Vivi seufzte. „Nami...“ „Ich weiß...“ „Und ich soll die Ängstliche von uns beiden sein? Wer verkriecht sich denn ständig in seiner Höhle, nur weil es jemanden da draußen gibt der dich mag?“ „Ich habe Angst, dass alles in einem Desaster endet“, gab Nami nach einem kurzen Augenblick endlich zu. Vivi griff nach ihren Händen und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln. „Alles könnte in einem Desaster enden, aber vielleicht auch nicht. Vielleicht ist Zorro auch das Beste, was dir jemals passiert ist.“ Nami stöhnte gequält. „Hör auf, solche Sachen zu sagen. Ich komm mir schon vor, als würde ich mit meiner Mutter sprechen.“ Vivi kicherte und machte sich auf den Weg zur Tür, um die Sweet Love Bakery für heute zu schließen. Als sie zurückkehrte, sah sie Nami dabei zu, wie sie neugierig die Bestellliste durchblätterte. „Gibt es irgendwelche Bestellungen, die du bis morgen erledigen musst?“, fragte sie, da Vivi seit einer Woche nichts mehr in ihr Buch eingetragen hatte. Vor lauter Arbeit hatte sie das ganz vergessen, sondern hatte sich immer nur kleine Notizzettel geschrieben, die im ganzen Laden verteilt waren. Vivi betrachtete Nami. Sie sah so müde aus und wollte nach der stressigen Woche bestimmt nur noch in ihr eigenes Bett. Also entschloss sie sich dazu, Nami den großen Auftrag, den sie noch zu erledigen hatte, zu verschweigen. Irgendwie würde sie das schon hinbekommen. „Nein“, antwortete sie mit einem Lächeln. „Diese Woche gibt es wohl keine großen Geburtstagspartys“, fügte sie schulterzuckend hinzu. Man konnte die Erleichterung in Namis Gesicht sehen, als sie tief durchatmete und nach ihrer Jacke schnappte. „Gut. Dann sehen wir uns morgen?“ Vivi nickte. „Ja, ruh dich aus.“ Die beiden Freundinnen umarmten sich zum Abschied und sobald Nami den Laden verlassen hatte, krempelte Vivi seufzend ihre Ärmel hoch. Warum hatte ihre Tante ausgerechnet morgen ihren fünfzigsten Geburtstag geplant und Vivi eine Horrorbestellung aufgehalst? Bevor sie in ihre Backstube gehen konnte, hörte sie ihr Handy vibrieren. Neugierig lugte sie darauf.   Hast du Lust, dich heute Abend mit mir zu treffen? – Ruffy   Das war doch nicht sein Ernst, oder? Vivi sah kopfschüttelnd auf ihr Handy herab und las sich die Nachricht nochmal durch. Er fragte sie erneut, ob sie mit ihm ausgehen wollte? Hatte er denn die letzten Tage nicht gemerkt, dass sie wütend und enttäuscht wegen ihm war? Schnell tippte sie eine Antwort:   Hab noch einiges im Laden zu tun. Sorry. – Vivi   Als sie diese Nachricht abschickte, fühlte sie sich ein wenig stolz. Sie war ihm nicht mehr verfallen. Zumindest in diesem Moment. Sobald er das nächste Mal vor ihr stehen würde, sah das bestimmt ganz anders aus. Betrübt seufzte sie und ging in ihre kleine Kuchenwerkstatt. Wenigstens hatte sie genug Arbeit, die sie von Ruffy ablenken würde.   ♡ ♡ ♡ ♡   Vivi hielt in ihrer Bewegung inne, als sie plötzlich hörte, wie jemand laut an der Ladentür klopfte. Verwirrt runzelte sie die Stirn. Sie hatte extra das Geschlossen Schild aufgehängt, damit sie niemand stören würde. Leider gab es immer wieder Leute, die dennoch hofften, dass ihnen auf wundersame Weise die verschlossene Tür doch noch öffnete. Seufzend blickte sie auf die Uhr an der Wand gegenüber. 22:30 Uhr? Nein, sie würde heute bestimmt für niemanden mehr diese Tür öffnen. Entschlossen verzierte sie den Cupcake weiter. Doch zu ihrem Ärgernis ging der Störenfried nicht weg, sondern hämmerte stur weiter. Ein frustriertes Seufzen kam über ihre Lippen als sie sich ihre Hände an der Schürze abwischte. Während sie nach vorne ging, hoffte sie darauf, dass es vielleicht Nami war, die irgendwas vergessen hatte. Aber als sie einen Blick durch die Glastür warf, konnte sie jemanden erkennen, der ihr Herz augenblicklich zum Hüpfen brachte. Ruffy stand vor ihrem Laden und winkte ihr grinsend zu. Er trug den Strohhut, den er bei ihrer ersten Begegnung auf seinem Kopf hatte und hüpfte ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Unschlüssig starrte sie ihn an. Was machte er hier? Ihre Nachricht war wohl eindeutig gewesen. Sie hatte heute wirklich keine Zeit und vor allem auch keine Nerven dazu, wieder in die Friendzone gesteckt zu werden. Für einen kurzen Moment schloss sie ihre Augen und atmete tief durch. Sie nahm sich fest vor, ihm nicht wieder zu verfallen. Sie würde ihn wegschicken und sich dann weiter um ihre Cupcakes kümmern.   „Ruffy? Was machst du hier?“, fragte sie ihn, als sie die Tür geöffnet hatte und ihn in ihren Laden ließ. Er blickte auf ihre dreckige Schürze und lächelte. „Du hast geschrieben, dass du noch viel Arbeit hast. Ich dachte, du könntest ein wenig Hilfe gebrauchen.“ Perplex musterte sie ihn. „Hilfe?“, wiederholte sie verwundert. „Kannst du denn backen?“ Ruffy kratzte sich verlegen am Hinterkopf. Eine Geste, die sie noch nie zuvor bei ihm gesehen hatte. „Nein, aber ich bin zuversichtlich, dass du eine gute Lehrerin bist.“ Vivi versuchte es wirklich. Sie versuchte, stark zu bleiben. Aber seine strahlenden Augen und sein zuckersüßes Lächeln ließen sie schwach werden. Schon wieder. Das übliche Herzpochen war zurück und als er einen Schritt auf sie zuging, blickte sie verlegen auf den Boden weil ihre Wangen gerötet waren. Innerlich seufzte sie. Sie war ihm wirklich mit Haut und Haar verfallen. Wie sollte sie es jemals schaffen, von ihm loszukommen? Erschrocken spürte sie seine Finger, die er sanft unter ihr Kinn legte und sie behutsam zwang, ihren Kopf zu heben. Mit großen Augen sah sie ihn an und bekam kein Wort heraus, da ihr Herz ihr bis zum Hals schlug. Etwas panisch bemerkte sie, dass ihr sein Gesicht sehr nahe war. „Ich würde dir wirklich gerne helfen“, raunte er und zum ersten Mal seit sie ihn kannte, war sein Gesichtsausdruck ernst. „Naja... W-Wenn du es denn wirklich willst...“, stotterte Vivi zur Antwort und flüchtete schnell von seiner Nähe. Noch einen Moment länger und ihr Gesicht wäre puterrot geworden. Sie schnappte sich Namis Schürze und reichte sie ihm. Zuerst beäugte er das rosa Kleidungsstück mit hochgezogener Augenbraue, doch dann legte sich ein Lächeln auf seine Lippen und er band sich die Schürze um seinen Körper. Seinen Strohhut legte er behutsam zur Seite. „Dann mal los!“, freute er sich und folgte Vivi in den hinteren Raum, der vor den neugierigen Blicken der Kunden geschützt war.   Vivi erklärte Ruffy, wie er ihr am besten helfen konnte. Da er ja keine Backerfahrung hatte, teilte sie ihm die einfachen Arbeiten zu. Wie zum Beispiel das Befüllen der kleinen Formen oder ihr nicht im Weg zu stehen, wenn sie mit dem heißen Blech an ihm vorbei musste. Zuerst stellte er sich ziemlich ungeschickt an und der ein oder andere Cupcake war am Ende übergroß oder zu klein und verbrannte zwischen all den anderen im Rohr. Aber nachdem Vivi ihm ein paar Tricks gezeigt hatte, dauerte es nicht lange und die meisten Küchlein hatten alle die gleiche Größe. Inzwischen half er ihr sogar dabei, das Frosting zuzubereiten. Neugierig lugte er ihr über die Schulter und Vivi merkte, wie ihre Finger anfingen zu zittern weil sie seinen Atem in ihrem Nacken spüren konnte. Mit einem flüchtigen Lächeln schnappte sie sich die Schüssel und trat einen Schritt von ihm weg, damit sie wieder Luft holen konnte. „I-Ich brauch hier noch etwas Zucker“, stotterte sie und vergrub ihr hochrotes Gesicht in einem Wandschrank, um Ruffys Blicken zu entgehen. „Suchst du das hier?“, hörte sie Ruffys amüsierte Stimme hinter sich. Vivi warf einen Blick über ihre Schulter zu Ruffy, der grinsend eine Packung Zucker in der Hand hielt. Ein nervöses Kichern entglitt ihr, während sie die Schranktüren wieder schloss. Sie strich sich eine Haarsträhne hinter ihr Ohr und nahm ihm wortlos den Zucker aus der Hand. „Du wirkst irgendwie ... angespannt“, sagte Ruffy nachdenklich während er sie weiterhin beobachtete. Vivis Nackenhaare stellten sich auf. „Mir geht es gut“, antwortete sie ihm leise. Eigentlich würde sie ihm am liebsten entgegenschreien, wie sehr sein Verhalten sie irritierte. Er tauchte hier auf, half ihr liebevoll bei den Bestellungen und benahm sich unglaublich süß dabei. Verlangte er wirklich von ihr, dass sie ihn als normalen Freund sah? Das war unmöglich!   Plötzlich spürte sie einen Windhauch und dann etwas Klebriges, dass in ihrem Gesicht und Haaren landete. Entsetzt öffnete Vivi ihren Mund und wischte sich verblüfft die Zuckerglasur von ihrer Wange. Dann blickte sie mit verwirrten Augen zu Ruffy, der breit grinste und schon eine neue Ladung auf einen Löffel lud. Bevor er sie jedoch erneut attackieren konnte, versteckte sich Vivi hinter einer Schranktür. „Das wagst du nicht!“, rief sie ihm zu. „Du brauchst etwas Aufmunterung!“, antwortete er ihr. Vivi schüttelte ihren Kopf. Damit wollte er sie aufmuntern? Bei dem Gedanken daran, wie viel Arbeit sie noch zu erledigen hatte und wie es hier wohl aussehen würde, nachdem sie eine Essensschlacht veranstalteten, ließ ihre Nackenhaare zu Berge stehen. Und doch konnte sie sich ein Lächeln nicht unterdrücken, als sie sich erneut an ihre klebrige Wange griff. In ihrem Bauch schlugen die Schmetterlinge Purzelbäume, während sie leise kicherte und nach einer offenen Packung Mehl griff, die sie kurzerhand auf Ruffy schleuderte. Eine riesige Mehlwolke breitete sich im Raum aus als der kleine Beutel auf Ruffy traf. Ruffy hustete benommen und erst nach wenigen Sekunden konnte Vivi ihn erst überhaupt durch den Nebel ausmachen. Sein rotes Shirt und die Schürze waren voller Mehl und auch seine Haare waren nun mehr weiß als schwarz. Amüsiert betrachtete sie ihn und konnte sich nur schwer ein Lachen verkneifen. Er hingegen starrte sie einfach nur an als wäre sie nicht von dieser Welt. Sah so aus, als hätte er niemals damit gerechnet, dass sie auf diesen kleinen „Kampf“ eingehen würde. Ehrlich gesagt, war Vivi sogar selbst ein wenig erstaunt darüber. Normalerweise versuchte sie immer die Fassung zu behalten und keine Unordnung zu schaffen. Aber Ruffy brachte nun mal völlig neue Seiten in ihr zum Vorschein. Es dauerte noch einen kleinen Augenblick, bis Ruffy sich wieder gefasst hatte und laut loslachte. Vivi stimmte in sein Lachen mit ein und wich der nächsten Ladung Zuckerglasur, die er auf sie warf, gekonnt aus. Frech zeigte sie ihm die Zunge, aber rechnete nicht damit, dass er, genau wie sie vorhin, eine Packung Mehl zur Hand hatte und diese nun ebenfalls auf sie schmiss. Da Vivi so sehr lachte, konnte sie sich nicht mehr rechtzeitig fassen und verschwand nun ebenfalls in einer Wolke voller Mehl. Hustend und kichernd klopfte sie sich den Mehl von ihren Kleidern. Als sie nach einer Minute immer noch hustete, ging Ruffy einen Schritt auf sie zu und legte besorgt eine Hand auf ihren Rücken. „Alles in Ordnung?“ Vivi verkniff sich ein Grinsen, denn jetzt hatte sie ihn genau da, wo sie ihn haben wollte. Flink schnappte sie sich den Topf, in dem sie eine Schokoladenglasur vorbereitet hatte und kippte sie über Ruffys Kopf. Es war nicht viel, aber trotzdem genug um Ruffy ein klein wenig aus der Fassung zu bringen. Irritiert griff er in sein Haar, grinste jedoch im gleichen Augenblick. Ein wenig Schokosauce rann über sein Gesicht, bis hin zu seinen Lippen, die er dann grinsend mit seiner Zunge wegleckte. Vivis Lippen röteten sich als sie ihm dabei zusah und blickte dann verlegen auf das Chaos, das sie angerichtet hatten. Vermutlich würde sie nun die ganze Nacht im Laden verbringen um wieder Ordnung zu schaffen, aber das war es ihr wert. Ihre Laune war nun eindeutig gestiegen und das nur dank Ruffy, der eigentlich der Auslöser ihrer miesen Laune gewesen war.   Plötzlich spürte sie warme Finger, die ihre Wange berührten, und zuckte erschrocken zusammen. „Sorry, aber du hast da noch ein wenig Zuckerglasur ... und Mehl“, entschuldigte Ruffy sich lächelnd. Benommen, weil seine Berührungen beinahe die gleiche Wirkung auf sie hatte wie Alkohol, sah sie zu ihm auf. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass er ihr so nahe war. Augenblicklich tanzten die Schmetterlinge in ihrem Bauch wieder Samba und sie starrte wie gebannt auf seine Lippen, auf denen sie immer noch ein wenig Schokolade erkennen konnte. Ruffy legte seinen Kopf schief und sah sie neugierig an. Sein Blick ließ ihr Herz für einen Moment aussetzen. Er sah sie an als wollte er sie ... küssen. Als er sich ihr dann noch mehr näherte, ihre Oberkörper sich schon berührten, schloss Vivi ihre Augen. Träumte sie etwa? Ihr Herz flatterte, raste und pochte in ihrer Brust. Eigentlich gab es gar nicht genügend Worte um ihren momentanen Zustand zu beschreiben. Sie konnte ihr Glück kaum fassen, als sie seine Lippen zaghaft auf den ihren spürte. Dabei erinnerte sie sich seltsamerweise an die Küsse, die sie bis jetzt erleben durfte. Angefangen von dem Zahnspangenkuss mit Johnny in der Grundschule bis hin zu Corsa, der ihr vor zwei Jahren ihr Herz gebrochen hatte. Damals dachte Vivi, dass er ihre wahre Liebe war. Doch jetzt, als sie Ruffy so nahe war, wurde ihr erst bewusst, wie wundervoll dieser Moment hier war. Nicht ein einziger Kuss mit Corsa hatte sich jemals so angefühlt wie ihr erster Kuss mit Ruffy. Dieser kurze Kuss war so zurückhaltend und unschuldig, dass Vivi danach verblüfft ihre Augen öffnete. Dieser Moment war so schnell vorüber gewesen, dass sie sich nicht mehr sicher war, ob das hier überhaupt passierte. Ruffy schien genauso verblüfft zu sein, denn er lächelte verträumt und strich ihr eine Haarsträhne hinter ihr Ohr. „Du ... schmeckst süß“, sagte er grinsend und bevor Vivi ihm antworten konnte, spürte sie seinen Mund erneut auf ihrem. Dieses Mal etwas fordernder und leidenschaftlicher. Vivi seufzte genießerisch während sie ihre Arme um seinen Nacken legte. Sie lächelte in den Kuss als sich seine Hände auf ihren Rücken legten und sie noch dichter an ihn drückten. Als sie sich schwer atmend voneinander lösten, lächelte Vivi ungläubig. War das wirklich gerade passiert? Zweifel kamen in ihr hoch, als sie daran dachte, wie er sie bei ihrem letzten Treffen bezeichnet hatte. Als eine Freundin. Eine von vielen. Vielleicht hatte er ja nur aus Affekt gehandelt? Sie hasste sich selbst dafür, dass sie sich diesen besonderen Moment mit ihren Selbstzweifeln zerstörte. Ruffy schien ihre Unsicherheit zu merken, denn er legte ihr eine Hand an die Wange um sie daran zu hindern, sich von ihm zu entfernen. Er schenkte ihr ein beruhigendes Lächeln. „Ich mag dich“, sagte er, was Vivi erneut aus der Bahn warf. Herrgott, das war die reinste Achterbahnfahrt! „Wie Boa Hancock?“, fragte sie ihn und zog ihre Augenbrauen nach oben. Ruffy schüttelte grinsend seinen Kopf. „Nein“, antwortete er und legte seine Stirn an die ihre. „Viel, viel mehr.“   Vivi strahlte übers ganze Gesicht als sie mit einer Hand durch seine Haare fuhr, in denen immer noch ein wenig Mehl und Schokolade war und lächelte kopfschüttelnd. „Du hast hier alles durcheinander gebracht.“ Ruffy blickte sich verlegen um. „Oh ... tut mir Leid.“ Vivi antwortete nicht, sondern gab ihm nur einen Kuss auf seine Wange. Denn es war nicht der Laden, den er so durcheinander gebracht hatte, sondern ihr Leben. Und das war das Schönste, was ihr seit langem passiert war. Kapitel 6: Herzklopfen. ----------------------- Herzklopfen [Nami]   „Oh, sie mal an. Unsere Montagstrinkerin ist wieder hier.“ Nami rollte mit ihren Augen, warf ihre Tasche auf die Theke und ließ sich erschöpft auf einen der Barhocker fallen. Wie immer war sie beinahe die einzige Besucherin in Shanks Bar. „Nenn mich nicht so“, antwortete sie Shanks gereizt. „Wie soll ich dich denn sonst nennen? Angsthase?“, schlug Shanks zwinkernd vor. Nami runzelte fragend die Stirn, woraufhin Shanks seufzte. „Du gehst ihm aus den Weg.“ „Das tue ich nicht. Ich habe nur noch am Montag Zeit...“ „Genau an diesem Tag, an dem zufällig ein gewisser Kerl frei hat“, stellte Shanks kopfschüttelnd fest. „Ich dachte, ihr zwei hättet euch zusammengerauft.“ „Das haben wir...“, entgegnete Nami. „Aber...“ „Aber du hattest zu viel Angst vor einer Beziehung und gehst ihm aus dem Weg, in der Hoffnung, dass sich alles von alleine lösen wird.“ Nami kniff die Augen zusammen. Seit wann war Shanks so ein Fuchs? Normalerweise war er ja nicht gerade die hellste Kerze auf der Torte, aber er überraschte sie immer wieder aufs Neue. Erschöpft seufzte sie. Sie wusste ja selbst, was für ein Angsthase sie war. „Ich bin gerne Single“, gab sie nach einem kurzen Augenblick wenig überzeugend zu. Shanks zog eine Augenbraue nach oben, woraufhin Nami genervt stöhnte. Sie hatte schon mal begeisterter über ihr Single Dasein gesprochen, das wusste sie. Wie konnte sich das bloß so schnell ändern? Müde sah sie Shanks dabei zu, wie er Gläser polierte. „Hast du vielleicht doch noch einen super Barkeeper Rat für mich?“ Shanks stellte das Glas zur Seite und warf sich den Lappen über die Schulter. Allein schon bei seinem Gesichtsausdruck konnte Nami erkennen, dass dieser Rat ihr nicht besonders weiterhelfen würde. Warum fragte sie ihn überhaupt?   „Dieser Kerl hat dir nicht nur dein Höschen ausgezogen...“, fing Shanks an, doch als er nicht weitersprach zog Nami die Augenbrauen abwartend nach oben. Da musste ja noch was kommen, oder? Shanks bemerkte ihren erwartungsvollen Blick. „... sondern auch ... deinen BH“, druckste er rum. Nami runzelte verwirrt ihre Stirn. „Du bist wirklich schlecht in sowas...“ „Hey, ich gebe mir wirklich Mühe, Kleines“, verteidigte Shanks sich. Er seufzte frustriert als Nami demonstrativ die Augen verdrehte. „Jedenfalls wollte ich damit sagen, dass Zorro mehr als nur eine Sexpuppe ist.“ „Umso mehr du redest, umso schlechter wird es“, sagte Nami amüsiert, dennoch wusste sie, was Shanks damit sagen wollte. Zorro gehörte nicht zu den Kerlen, mit denen sie einmal geschlafen und danach nie wieder mit ihnen gesprochen hatte. Von Anfang an war da mehr gewesen. Sie wollte es sich nur nie eingestehen. Erst als ihre Mom diesen Unfall gehabt hatte, wurde ihr klar, wen sie wirklich in ihrem Leben brauchte. Zorro war wichtig für sie. Aber in den vergangenen Wochen bei ihrer Mutter, hatte sie sich immer mehr zurückgezogen und ihr Herz erneut vor dem offensichtlichen verschlossen. Sie wollte ja mit ihm zusammen sein, aber schaffte es nicht, ihre alten Gewohnheiten los zu werden. Vivi hatte es in ihrem letzten Gespräch auf den Punkt gebracht: Nami hatte Bindungsangst. Allein bei dem Gedanken an ihrer letzten Unterhaltung mit Vivi verdrehte Nami die Augen. Seit sie und Ruffy endlich zueinander gefunden hatten, war Vivi zu einem Love-Guru mutiert. Nami brauchte keine Hilfe, um ihre wahre Liebe zu finden. Sie hatte den Richtigen doch schon gefunden. Und dann hatte sie ihn wieder vertrieben. Darauf musste sie dringend etwas trinken. „Gib mir bitte den stärksten Cocktail, den du im Angebot hast“, bat sie Shanks, der ergeben seufzte. Ohne weitere Worte, stellte er Namis Lieblingscocktail zusammen und reichte ihn ihr mit einem orangen Strohhalm. Nami bemerkte seinen besorgten Blick. Genauso hatte Vivi sie auch angesehen. „Was ist denn passiert?“, fragte Shanks mit Vorsicht in seiner Stimme. Er wusste nur zu genau, dass eine trinkende Nami auch eine leicht explodierende Nami war. Doch anstatt auszuflippen, seufzte sie nur. Sie wollte ihm nicht davon erzählen, wie sie tagelang nicht auf Zorros Anrufe oder Nachrichten reagierte, bis er schließlich die Nase voll hatte und seitdem Funkstille herrschte. Ihr unerwachsenes Verhalten war ihr ziemlich peinlich, weswegen sie Zorro auch jetzt noch aus dem Weg ging, obwohl sie schon seit Tagen wieder in der Stadt war.   „Ich weiß nicht, ob ich es kann...“, antwortete sie Shanks schließlich nachdenklich. „Wovon redest du?“ Nami zuckte hilflos mit ihren Schultern. „Naja ... ob ich überhaupt lieben kann.“ Stirnrunzelnd sah Shanks auf sie herab. „Ich wusste gar nicht, dass es dafür eine Gebrauchsanweisung gibt.“ Seufzend nahm sie einen großen Schluck von ihrem Cocktail und zeigte mit dem Finger auf Shanks. „Vielleicht sollte jemand mal eine Gebrauchsanweisung dafür schreiben. Woher sollen so arme Seelen, wie ich, denn wissen wie man es richtig macht?“ Schulterzuckend antwortete Shanks ihr: „Naja, du weißt es eben.“ „Warst du schon mal verliebt?“ „Ich habe schon viele Frauen in meinem Leben geliebt“, erwiderte Shanks. „Aber am meisten liebe ich mich selbst“, fügte er zwinkernd hinzu. Nami nippte augenrollend an ihrem Cocktail. „Nicht hilfreich.“   In diesem Moment stieß Makino zu ihnen, die sich das Gespräch bisher schweigend angehört hatte. Sie drängte Shanks ein wenig zur Seite und stemmte die Hände in die Hüften, während sie Nami mit blitzenden Augen betrachtete. „Willst du mal einen nützlichen Rat hören?“, fragte sie die verwirrte Nami. So hatte sie Makino noch nie erlebt. Nachdenklich nickte Nami. Wo war die zurückhaltende und schüchterne Makino geblieben? „Du liebst ihn, richtig?“ Nami zögerte nur eine Sekunde. „Ja.“ „Worauf wartest du dann? Verschwinde aus dieser deprimierenden Bar und hol dir endlich das, was du am meisten auf dieser Welt willst!“ Verblüfft starrte Nami auf Makino, die mit geröteten Wangen auf sie herabblickte und auf die Tür zeigte. „Das war doch kein Rat, sondern ein Befehl“, mischte Shanks kopfschüttelnd in das Gespräch ein. „Und sie hat meine geliebte Bar deprimierend genannt...“, murmelte er aufgebracht. Makino brachte ihn mit einer einzigen Handbewegung zum Schweigen. „Hör auf dein Herz, Nami. Es weiß, was zu tun ist.“ Immer noch starrte Nami die Barkeeperin an, bevor sie den Klang ihres Herzens plötzlich ganz laut in ihrem Inneren hörte. Erstaunt sah sie Makino an, die nur mit ihren Schultern zuckte und dann wieder verschwand um Ben Beckman und Lucky Lou ihre Getränke zu bringen. Nami blickte ihr verwirrt hinter her. Keine Ahnung was gerade passiert war, aber zumindest wusste sie jetzt ganz klar, was zu tun war. Sie leerte ihren Cocktail in wenigen Zügen und stand auf. „Ich muss zu ihm“, murmelte sie und schnappte sich ihre Tasche. Shanks sah sie von oben bis unten kritisch an. „Jetzt? Kannst du überhaupt fahren nach diesen vielen Cocktails?“ „Nein, aber du kannst mich hinbringen.“ Belustigt lachte Shanks. „Schätzchen, ich bin Barkeeper. Ich war das letzte Mal vor zwei Jahren fahrtauglich.“ Nami stöhnte genervt, während sie sich ihre Jacke anzog. Sie musste nicht lange nachdenken, um zu wissen, wer ihr in dieser Situation nun helfen konnte. Hastig zog sie ihr Telefon aus der Tasche und wählte Vivis Nummer. Sie gab ihrer besten Freundin gar nicht die Möglichkeit etwas zu sagen, denn kaum hatte Vivi den Anruf angenommen, sagte Nami: „Komm sofort mit deinem Auto zu Shanks Bar. Wir müssen mein Liebesleben retten.“   ♡ ♡ ♡ ♡   „Du hast ihn mitgenommen?“, begrüßte Nami Vivi zwanzig Minuten später und blickte mit hochgezogenen Augenbrauen auf den winkenden Ruffy, der sich auf dem Rücksitz von Vivis Wagen befand. „Wir waren gerade auf dem Weg ins Kino, bevor du mich angerufen hast. Ich konnte ihn doch nicht einfach aussetzen wie einen streunenden Hund, oder?“, erwiderte Vivi mit verschränkten Armen. Abwehrend hob Nami ihre Hände. „Schon gut. Lasst uns fahren.“ Bevor sie in das Auto einsteigen konnte, stürmte Shanks aus der Bar. „Moment!“, hielt er sie auf und kam schwer keuchend bei ihnen an. „Ich fahre mit.“ „Was? Wieso?!“ „Du bist meine beste Kundin und Zorro mein Barkeeper. Das macht euch schon fast zu meinen Kindern“, erklärte Shanks augenzwinkernd. „Natürlich will ich das nicht verpassen!“ Nami rollte mit ihren Augen, sagte jedoch nichts dazu. Sah so aus, als hätte sie ihr eigenes Publikum dabei. „Außerdem ist Zorro nicht Zuhause. Soweit ich weiß, spielt er heute mit ein paar Kids Football. Muss wohl irgendein Wohltätigkeitsding sein...“ Nami stöhnte augenverdrehend und Shanks nickte zustimmend. „Genau das war auch meine Reaktion. Dieser Typ bringt sogar mich dazu, dass ich Herzklopfen bekomme.“ Das konnte ja was werden. Ohne noch weiter darüber nachzudenken, setzte Nami sich auf den Beifahrersitz und Shanks nach hinten zu Ruffy.   „Krasser Strohhut, Kleiner“, begrüßte Shanks Ruffy, den er bis jetzt nur von Namis Erzählungen kannte. „Danke. Krasse Narbe!“, strahlte Ruffy und deutete auf Shanks Narbe im Gesicht, die er sich bei einer Barschlägerei zugezogen hatte. Nami schüttelte ihren Kopf. Sah so aus, als hätten sich zwei Vollidioten gefunden. „Können wir noch kurz anhalten und uns etwas zu Essen besorgen? Ich hab echt tierischen Hunger...“, beschwerte Ruffy sich auf der Rückbank. „Wir werden nicht anhalten, hörst du?!“, keifte Nami und warf Vivi einen warnenden Blick zu, weil sie gerade verdächtig Nahe an einem Imbissladen vorbeigefahren war. „Ich glaube, wir zwei könnten richtig gute Freunde werden“, strahlte Shanks und klopfte Ruffy lachend auf die Schulter.   Nach fast einer halben Stunde Fahrt, in denen Ruffy und Shanks Nami beinahe zur Weißglut gebracht hatten, waren sie an dem Sportplatz einer Schule außerhalb der Stadt angekommen. Kaum hatte Vivi geparkt, stieg Nami aus dem Wagen und trat in das regnerische Wetter hinaus. Das Footballfeld erstreckte sich hinter einer kleinen Tribüne, auf der ein paar Jugendliche rumlungerten und dem schlechten Wetter trotzten. Sie feuerten ihre Freunde an, die auf dem Feld um die letzten Punkte kämpften. Wie die Kids ignorierte Nami den Regen und trat um die Tribüne herum. Ihre drei Freunde gesellten sich zu ihr und sahen dabei zu, wie Zorro die Jugendlichen vom Spielfeldrand aus anfeuerte. Namis Herz klopfte wie wild, als sie ihn dabei beobachtete, wie er einem der Jungs ein High Five gab und begeistert eine Faust in den Himmel reckte, als sein Team einen weiteren Punkt machte. Auf seinem Kopf trug er ein schwarzes Baseball Cap und zusätzlich hatte er sich noch seine Kapuze übergezogen, um sich besser vom Regen zu schützen. Sogar jetzt sah er unwiderstehlich aus. Wie machte er das nur? Allein schon die Art, wie er mit diesen Jungs umging, brachte sie zum Schmelzen. Mit geschlossenen Augen seufzte Nami. Sie war ihm tatsächlich mit Haut und Haar verfallen.   „Sieht so aus, als würde sich das Wetter mal wieder der dramatischen Stimmung anpassen“, murmelte Shanks und zog sich missmutig seine Kapuze über den Kopf. „Ich finds romantisch“, murmelte Vivi und legte seufzend ihren Kopf auf Ruffys Schulter. Nami tappte von einem Fuß auf den anderen und spielte nervös mit ihren Fingern. Sie erinnerte sich an ihre letzte Begegnung mit Zorro, in der sie ebenso nervös war. An diesem Abend hatte sie Ewigkeiten gebraucht um die Klingel zu betätigen und jetzt stand sie hier und brachte keinen Fuß vor den anderen. Dieses Mal gab es keine Klingel und sie war sich sicher, dass Zorro nach der vergangenen Woche nicht mehr so viel Mitgefühl für sie hatte. Hilfesuchend sah sie zu Vivi. „Ich glaube, ich brauche einen kleinen Schubs in die richtige Richtung.“ Vivi schüttelte amüsiert ihren Kopf. „Nami, sag einfach das, was du fühlst.“ Nami unterdrückte ein Schnauben. Aus ihrem Mund klang es so, als wäre es das einfachste der Welt! Plötzlich spürte Nami eine Hand auf ihrer Schulter. Sie lugte neugierig zu Shanks, der sie breit angrinste. Bevor sie etwas sagen konnte, gab er einen herzhaften Stoß und Nami stolperte einige Schritte vorwärts. Aufgebracht drehte sie sich zu ihm um. „Was sollte das denn?“ „Du wolltest einen Schubs!“, verteidigte Shanks sich. „Und jetzt lauf, Nami! Lauf!“ Mit gerunzelter Stirn sah sie zu Shanks, der aber nur mit den Finger in die Richtung zeigte, in der Zorro sich befand. Nami atmete tief durch, bevor sie all ihren Mut zusammennahm und auf das Spielfeld lief.   Kaum war sie am Spielfeldrand angekommen, wurde sie von einen der Jungen auf der Ersatzbank bemerkt. „Coach, da kommt eine heiße Frau auf uns zu“, sagte er und zeigte auf Nami, während er und seine Kumpels sie schamlos anstarrten. Nami rollte mit ihren Augen. Gott, diese pubertierende Jungs konnte sie schon in ihrer Schulzeit nicht ausstehen. Auch Zorro wandte sich ihr schließlich zu, als sie schon beinahe bei ihm angekommen war. Falls er darüber erstaunt war, sie hier zu sehen, ließ er es sich nicht anmerken. Lediglich seine hochgezogene Augenbraue verriet Nami, dass er skeptisch über ihren Besuch war. Er griff nach der Trillerpfeife, die um seinen Hals hing, um die spielenden Jungs auf sich aufmerksam zu machen. „Time out!“, rief er. Erst danach drehte er sich wieder zu ihr und schenkte ihr seine Aufmerksamkeit.   Zorro verschränkte die Arme vor seiner Brust und blickte abwartend auf sie herab. Seine abwehrende Haltung versetzte Nami einen Stich, aber irgendwie hatte sie auch damit gerechnet. Immerhin hatte sie sich das alles selbst eingebrockt. Sie hatte sich so viele Worte zurechtgelegt. Wollte sich entschuldigen und ihn auf Knien anflehen, ihr noch eine Chance zu geben. Stattdessen stand sie schweigend vor ihm und blinzelte den Regen, der ihr ins Gesicht lief, weg. Nervös biss sie sich auf die Unterlippe und schlang ihre Arme um den eigenen Oberkörper. Ihr war plötzlich sehr kalt geworden und sie hatte keine Ahnung, ob es am schlechten Wetter oder Zorros kühlem Blick lag. Vielleicht war ja alles schon zu spät? „Ich...“, fing sie an und wich seinen skeptischen Augen aus. „Ich weiß nicht...“, stotterte sie weiter. Warum musste das alles so schrecklich kompliziert sein? Wie gerne wäre sie so wie Vivi und konnte über ihre Gefühle genauso offen wie über das Wetter sprechen. Sie hörte, wie Zorro laut durchschnaufte. „Naja, wie wäre es mit einem Tut mir leid, dass ich dir aus dem Weg gegangen bin und mich wie ein ängstliches Kaninchen vor dem bösen Wolf versteckt habe?“, schlug Zorro spöttisch vor. Sein harter Tonfall tat weh, aber sie hatte es nicht anders verdient. Ehrlich gesagt wunderte es sie, dass er überhaupt mit ihr sprach. Seufzend strich sie sich eine nasse Haarsträhne aus ihrem Gesicht und ging einen Schritt auf ihn zu. Wie sollte sie die letzten Tage erklären? Sie wusste ja nicht mal selbst, was mit ihr los war. Es würde sie nicht wundern, wenn Zorro nach diesem Katz und Maus Spiel endgültig die Schnauze voll von ihr hatte. Sie hatte ja selbst schon genug davon. Makinos Worte kamen ihr wieder in den Sinn und sie versuchte ganz allein auf ihr Inneres zu hören. Die neugierigen Blicke ihrer Freunde, die inzwischen von der Tribüne aus zusahen, ignorierte sie. Ebenso das Starren der Jungs, die Zorro trainierte. Es gab nur eine Möglichkeit, wie sie ihn noch davon überzeugen konnte, dass sie es dieses Mal ernst meinte. Dass sie nicht mehr vor ihren Gefühlen davonlaufen wollte. Aber wie sollte sie Zorro sagen, dass sie ihn liebte?   „Ach, scheiße“, seufzte Nami schwerfällig. „Ich ... Fuck...“ Na, das fing ja wunderbar an. Warum fiel es ihr so schwer? Es waren doch nur drei kleine Worte! Hilflos fuhr sie sich durch die Haare, versuchte Zorros abwartenden Blick auszuweichen. Inzwischen dachte er bestimmt, sie hätte nicht mehr alle Tassen im Schrank und machte sich schon Gedanken darüber, wie er sie am besten wieder loswerden könnte. Aber sie würde jetzt bestimmt keinen Rückzieher mehr machen! Allein schon, weil sie genau wusste, dass Shanks sie ihr Leben lang dafür auslachen würde. Tief durchatmend blickte sie auf und nahm ihren ganzen Mut zusammen. „Gottverdammt... Ich liebe dich.“ Zorro zog verblüfft beide Augenbrauen nach oben. „Wow, da waren erstaunlich viele Schimpfwörter dabei.“ „Ist das alles, was du dazu zu sagen hast?“, fragte Nami gereizt. Es war wirklich nicht einfach für sie gewesen und jetzt kritisierte er sie dafür, wie sie ihm ihre Liebe gestanden hatte. Da Zorro nicht schnell genug antwortete, stemmte sie eine Hand in die Hüfte und verringerte den Abstand zwischen ihnen. „Hör mir jetzt genau zu, okay?“, startete sie ihren kleinen Wutausbruch. „Ich bin durch die ganze Stadt gefahren, um dich hier zu finden. Meine Nerven wurden wegen Shanks und Ruffy schon genug strapaziert! Diese Kinder dort drüben“, sagte sie und zeigte auf die Jungs, die neugierig zu ihnen lugten. „starren mir schon die ganze Zeit auf meinen Arsch, aber ich ignoriere es, weil ich weiß, dass sie dir am Herzen liegen!“ Sie machte eine kurze Pause, doch ließ Zorro nicht genügend Zeit, um zu antworten. „Ich bin bis auf meine Unterwäsche durchnässt wegen diesem Regen, in dem ich schon die ganze Zeit stehe, um dir meine Gefühle zu offenbaren! Meine Haare sind platschnass und es wird mich vermutlich Stunden kosten, um sie wieder zu bändigen! Von meinen geliebten Schuhen, die von Schlamm übersäht sind, fange ich gar nicht erst an!“ Nami sah kurz nach unten auf ihre Schuhe und unterdrückte ein frustriertes Knurren. „Ich...“, fing Zorro an, wurde jedoch von Nami mit einer einzigen Handbewegung zum Schweigen gebracht. „Ich bin noch nicht fertig!“, unterbrach sie ihn und tippte mit ihrem Finger gegen seine Brust. „Ich habe dir meine Gefühle gestanden und jetzt beschwerst dich darüber, weil zu viele Schimpfwörter dabei waren?! Ich verwende so viele Schimpfwörter, wie ich will, kapiert?! Wenn du eine Nullachtfünfzehn Liebeserklärung willst, dann bist du bei mir falsch!“ Nami beendete ihren Gefühlsausbruch und atmete tief durch. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, aber immerhin konnte sie sich nach dieser Aussprache ein wenig beruhigen. Sie sah in sein verblüfftes Gesicht und wartete darauf, bis er seine Sprache wiederfand. Vielleicht hatte sie ihn mit diesem Wutausbruch ein wenig überfordert. Doch dann schüttelte er grinsend seinen Kopf. „Oh man“, sagte er amüsiert. „Ich liebe dich auch.“ Nami wich einen kleinen Schritt zurück. „Was?“ Sie hätte nie damit gerechnet, dass diese drei Worte sie so aus dem Konzept bringen konnten. Vor allem hätte sie niemals erwartet, sein Geständnis nach diesem Wutausbruch zu hören. Zorro zuckte mit seinen Schultern. „Ich liebe dich.“ Er hatte es nochmal gesagt, einfach so. Ihr Kopf war wie leer gefegt. Erst als Zorro einen Schritt auf sie zuging, erwachte sie langsam aus ihrer Trance. „Du ... du liebst mich also...“, murmelte sie verblüfft. Sie spürte, wie er eine Hand in ihren Nacken legte und sie ein Stück zu sich ran zog. „Bitte sag jetzt nicht, dass du eine Nullachtfünfzehn Liebeserklärung von mir erwartest“, grinste er, als er sie an ihre gesagten Worte erinnerte. Nami schnaubte und griff mit ihren Händen nach seinem Shirt, um den Abstand zwischen ihnen noch weiter zu verringern. „Nullachtfünfzehn ist so langweilig“, lächelte sie und im nächsten Moment berührten sich schon ihre Lippen. Seufzend schlang sie die Arme um seinen Nacken. Seine Hand lag an ihrer Wange, während sein Daumen über ihre Haut strich. Irgendwie fühlte sich dieser Kuss anders an als die anderen. Leichter, sehnsüchtiger. Fühlte es sich immer so an, wenn man verliebt war? Nami grinste in den Kuss hinein. Falls ja, würde sie nie wieder damit aufhören. Ihr Herz stolperte, trommelte und klopfte so sehr in ihrer Brust, sie konnte ihr Glück kaum fassen. Nami verlor sich so sehr in dem Gefühl seiner warmen Lippen, dass sie nicht mal mitbekam, wie sich einer der Jungs räusperte. „Ehm... Coach? Können wir weiter trainieren?“ Zorro löste sich zögerlich von ihr und nickte langsam. „Ja ... klar“, sagte er ein wenig benommen, was Nami kichern ließ. „Juhuu! Seht euch die beiden an! Wir haben es geschafft!“, hörte sie plötzlich Shanks von der Tribüne aus rufen. „Lasst uns feiern!“ Schmunzelnd schüttelte Nami ihren Kopf, als sie ihre Freunde dabei beobachtete, wie sie sich freudestrahlend in die Arme fielen. Sie löste sich schweren Herzens von Zorro, aber nicht ohne ihm vorher noch einen kleinen Abschiedskuss zu geben. „Wir sehen uns später“, versprach sie ihm lächelnd, während sie sich langsam von ihm abwandte und zurück zu Vivi und den anderen ging. Dieses behämmerte Grinsen würde sie vermutlich tagelang nicht mehr aus ihrem Gesicht bekommen.   Und zum ersten Mal freute sie sich richtig über dieses Herzklopfen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)