Normalität mit Biss von Chaosbande ================================================================================ Kapitel 4: Überraschung 1 ------------------------- Nur noch für wenige Stunden befand sich Severus im Wochenende, denn es war bereits Sonntag Spätnachmittag. Die Herbstsonne zeigte noch einmal was sie konnte und ließ Bäume und Blätter leuchten. Der große See Hogwarts wirkte als wenn er glitzern würde. Vor allem dann, wenn der Krake, Wasserwesen oder ein Fisch kurz die Wasseroberfläche durchbrachen und Wasser verspritzten. Aus dem Verbotenen Wald drang der Geruch von Moos, Pilzen und wurde von den verschiedensten leisen und lauteren Geräuschen untermalt. Hin und wieder erklang das Schuhen von Eulen, welche immer wieder den Himmel mit ihrer Silhouette verschönerten. Allgemein konnte man dieses Szenario wohl als ‘malerisch’ bezeichnend. Als harmonisch und beruhigend, und das allein schon von einem kleinen Hügel, zwischen Schule und See, aus. Deswegen hatte er Harry - verdammt, in seinen Gedanken nannte er den Jungen nur noch beim Vornamen - auch direkt auf dem weitläufigen Gelände Hogwarts gesucht und gar nicht erst innerhalb der Mauern.   Aus dem gestrigen Gespräch hatte er herausgehört, wie sehr Harry die Natur mochte. Auch wenn sie eigentlich nur wenige Floskeln ausgetauscht hatten, ehe jeder in ein Buch vertieft war. Rückwirkend hatte Severus zerknirscht bemerkt, dass er gerne mehr von dem Jungen erfahren hätte, als dieser mit Müh und Not erzählt hatte. Zwar war der Sinn dieses Abends erfüllt worden, denn Harry hatte drei Gläser Blut zu sich genommen, doch davon abgesehen … war es angenehm, aber nicht erfüllend. Oh verdammt, das Verschwinden von Voldemort hatte ihn wirklich mehr verändert als gedacht. Er brachte da vollkommen falsche Wörter mit Harry in einem Satz in Verbindung. Ach was, er schuf, beziehungsweise ließ vollkommen seltsame Situationen mit dem kleinen Schwarzhaarig zu. Würde er je von dem Jungen los kommen?   Kopfschüttelnd setzte sich der Hauslehrer Slytherin wieder in Bewegung und folgte seiner Nase um den Jungen zu finden. Auf dem Weg zum Versteck dieses, fauchte er eine Gruppe Hufflepuff an, nicht herum zu lungern und zog drei ihm nicht weiter bekannten Gryffindor Punkte ab, weil diese verdächtig in Richtung Verbotenen Wald rannten. Sich selbst auf die Schulter klopfend, den eigenen Ruf wieder einmal untermalt zu haben, ging er schließlich am Ufer des Sees entlang. Einen schnellen Blick und Illusionszauber später, verschwand er leise zwischen großen, dornigen Büschen welche diesen Teil des Ufers versteckten.   Kurz hielt er inne, als er den Grund seiner Bemühungen entdeckte. Mit angezogenen Beinen saß der junge Vampire auf einem großen Stein und schien entweder vollkommen in seinen Gedanken oder im Anblick des Sees versunken zu sein. Jedenfalls zeigte der Jüngere keine Anzeichen dafür dass er Severus gehört hatte. Und wieder kroch in Severus ein Bedürfnis hoch, welches er so nie gefühlt hatte. Nicht in Verbindung mit Harry Potter. Es war das Bedürfnis, diesen in die Arme zu schließen und den verloren wirkenden Jungen zu trösten,beschützen … was auch immer. Oh bei Merlins Bart, er brauchte mehr Schlaf. Irgendwas stimmte so gar nicht mit ihm! Ein stechender Geruch drang in seine empfindliche Nase und ließ ihn nießen. Doch der Junge reagierte auch nun nicht. Seltsam! Sehr seltsam! Langsam ging er näher, den Blick nicht von dem Schüler nehmend. Wer wusste schon ob der Kerl nicht nur wieder auf einen seiner ‘Trips’ war und ihm im nächsten Moment an die Gurgel sprang?   Am Fuße des Steins stehend, welcher ihm bis zur Hüfte reichte, beobachtete er den Jüngeren und nun sah er auch alle Gründe dafür, dass Harry ihn weder gehört noch gerochen hatte. Kopfhörer in den Ohren und eine Zigarette in der Hand, an welcher der Junge gerade zog. Seit wann rauchte der Bengel denn? Mit einem Schnipsen ließ er den Glimmstengel verschwinden und endlich kam mehr Leben in den Vampir. Hektisch und verwirrt blickte sich der Jungvampir um. Als der Blick dann auf Severus fiel, tauchte Resignation auf dem jungen Gesicht auf. Ok, so ging das nicht mehr weiter mit diesem depressiven Gemütszustand, denn das war nicht Harry James Potter!   Die Musik voll aufgedreht, zog Harry entschlossen an seiner Zigarette. Die wievielte es war, wusste er nicht und was änderte dieses Wissen schon? Er merkte nur die Vorteile und eventuelle Nebenwirkungen verschwanden recht schnell wieder. Da war es tatsächlich praktisch ein scheiß Vampir zu sein. Doch diese beiden Dinge waren es, die ihn den Alltag am besten durchstehen ließen. Die Musik übertönte all die Umweltgeräusche und der stechende Zigarettenrauch beschäftigte die Nase genug. Mit diesen Dingen kam sich Harry beinahe normal vor, denn seine ‘Superkräfte’ waren mehr oder weniger ruhig gestellt. Doch plötzlich und vollkommen unerwartet verschwand die Zigarette aus seinen Fingern und hektisch blickte er sich um. Dann fiel sein Blick auf den Mann, den er gerade gar nicht sehen wollte. Vollkommen ruhig, mit verschränkten Armen und hochgezogener Augenbraue stand niemand anderes als Severus neben ihm. Ach verdammt!   Sich selbst verfluchend, dass er sich hatte erwischen lassen von der Kerkerfledermaus, nahm er die Kopfhörer aus den Ohren. “Äh … hi? Auch ne Runde verstecken vor all den Idioten? Am Zutaten suchen oder nur frische Luft schnappen?” Plappernd versuchte der Jüngere die Situation zu überspielen. “Also hier hat man nen echt schönen Blick auf den See und manchmal kommt der Kraken hier nah an die Oberfläche.” Fahrige Handbewegungen deuteten in Richtung See. Entschuldigend blickte er den Älteren an, biss sich auf die Unterlippe und hoffte dass die Strafpredigt nicht zu laut ausfiel.   “Na los, rutsch mal nen Stück”, kam es seufzend von dem Anderen und perplex blinzelnd tat Harry dies. Mit einem schon beinahe grazilen Sprung landete der Lehrer auf dem großen Stein, öffnete einige Knöpfe und setzte sich schließlich neben Harry. Dieser glaubte gerade im falschen Film zu sein und konnte den Professor nur ungläubig anstarren. War er irgendwie in ein Paralleluniversum geraten oder hatte jemand den Mann verhext? Die Frage kam ihm in letzter Zeit eindeutig zu oft in den Sinn.   “Nun hör schon auf zu starren wie ein Mondkalb”, schnaubte der Slytherin, den Blick auf den See vor ihnen gerichtet. “Sorry”, nuschelte der Gryffindor und drehte sich ebenfalls in Richtung des Gewässers. Entspannte sich von Moment zu Moment mehr und lauschte den Atemgeräuschen . Wie hypnotisiert ließ er sich von Severus Herzschlag fesseln.   “Du weißt, dass diese Zigaretten nicht gut für dich sind?” “Ja … aber sie helfen mir. Musik und Zigaretten helfen die Gelüste zu kontrollieren. Dann höre und rieche ich das Leben um mich nicht so. Und ja, ich habe auch schon verschiedene Zauber mit ähnlichen Funktionen ausprobiert. Jedoch sind diese entweder zu umständlich und nervig für den Dauergebrauch oder sie zerren an meiner Magie, sodass die Gelüste um so stärker werden. Dass die scheiß Blutlust nur mehr an mir zehrt. So oder so, bringt es also keine Erleichterung.”   Warum er Severus gegenüber gerade so offen war, wusste er nicht so genau. Aber schließlich hatte er vor zwei Tagen beschlossen sich von dem Mann helfen zu lassen und diesem zu vertrauen. Da hatte dieser in seinen Augen Ehrlichkeit verdient. Zusammen würden sie wesentlich besser vorankommen, als getrennt.   “Verstehe. Dann freut es vielleicht zu hören, dass Lucius bereit ist sich mit uns zu treffen.” “Wirklich?” Aufgeregt drehte sich der Potter herum. “Wirklich und wenn du magst, können wir jetzt noch los.” “Wirkliiich?” Die Stimme inzwischen mehr ein Quietschen als alles andere. “Hörst du überhaupt zu?” Grummelnd wandte sich nun Severus zu ihm herum und fixierte ihn aus dunklen, blitzenden, Augen. “Äh ja … sorry. Ich bin nur total baff”, gestand Harry und lächelte schief. “Na dann, auf. Ich habe noch Tränke auf dem Feuer und habe somit nicht den ganzen Tag Zeit”, bestimmte der Professor und war schneller als erwartet wieder auf der festen, trockenen Erde angekommen. “Ok, dann mal los. Wie kommen wir ins Malfoy Manor?”, erkundigte sich der Junge und sprang neben Severus. “Ganz einfach”, hörte Harry gerade noch, dann verschwand die Welt in Wirbeln und dem Gefühl durch einen Tunnel gezogen zu werden.   Keuchend krallte sich Harry an seinem Begleiter fest. Oh, wie er Apparieren doch verabscheute. Klar, es war besser als flohen, allein schon weil man sich dabei nicht so einsaute, aber trotzdem mochte er es absolut nicht. Aus Erfahrung wusste er, dass die latente Übelkeit noch eine ganze Zeit sein Begleiter war für den Rest des Tages.   “Gehts?”, erkundigte sich sein Rettungsanker und hielt den Schwarzhaarigen am Oberarm fest, als dieser nochmals schwankte. “Ja … wird schon gehen.” Noch einmal atmete Harry tief durch und trat ein wenig aus Severus Reichweite. Zu peinlich war ihm diese Situation gerade. Während er versuchte die Nebenwirkungen des Apparieren unter Kontrolle zu bekommen, blickte er auf das Manor vor ihnen.   “Es … es ist anders als beim letzten Mal”, gab Harry seine Meinung bekannt. “Nun, das mag daran liegen dass nun noch die Sonne scheint, sie freiwillig hier sind und zudem eine umfangreiche Renovierung stattgefunden hat”, meinte Severus und ging auf das große schmiedeeiserne Tor zu. Auf einen Wink des Älteren schwang dieses auf und gab den beiden Gästen den Weg zur Villa frei.   Staunend und den Blick neugierig immer wieder von Rechts nach Links huschend lassend, folgte Harry dem Snape. Das Manor war gar nicht so unheimlich, wie er es in seiner Erinnerung gespeichert hatte. Aber gut, beim letzten Mal waren er und seine Freunde hierher verschleppt worden und hatten eine menge Mist durchgemacht. Diese Erinnerungen waren es auch gewesen, die ihn die letzten beiden Tagen beschäftigt hatten. Die Rückkehr in dieses Manor ließ ihn Hermines Schreie, vermischt mit Bellatrix irren Lachen, immer und immer wieder hören. Vor allem im Schlaf konnte er nichts dagegen tun und so hatte er es einfach so gut es ging vermieden zu schlafen. Beziehungsweise hatte er sich Weckzauber installiert, welche ihn davon abhielten in die Rem-Schlafphase eintreten zu können.   “Nicht trödeln, Mr. Potter.” “Ach, jetzt sind wir wieder beim Nachnamen?” “Na wenn du dich benimmst wie ein Schüler bei seiner Einschulung auf Hogwarts: selbst Schuld.” “Was kann ich dafür, dass die Malfoys hier alles auf links drehen? Freu dich doch, dass ich nicht schreiend davon renne und wippend in irgendeiner Ecke sitze”, gab Harry spitz zurück und biss sich sofort auf die Lippe. Mist, da war ihm schon wieder mehr raus gerutscht als er gewollt hatte. “Bin ich. Bin ich wirklich”, antwortete Severus ernst und drehte sich leicht zu ihm herum. “Dann würden die Anderen nämlich gewinnen.”   Die Anderen? Welche Anderen? Und…  war das gerade ein verkapptes Kompliment von dem Professor? Allein der Gedanke daran gab ihm ein gutes Gefühl. Lautes Pochen drang durch den Moment der Schweigen, ehe sich die große Haustür lautlos öffnete und eine grimmig dreinblickende Hauselfe erschien.   “Ja?”, grummelte das knautschige Wesen. Nur um sofort freundlicher gestimmt zu wirken, als es erkannte wer vor ihm stand. “Mr. Snape, Jamius freut es Sie wieder zu sehen. Welch ungewohnte Art ... “Wir, Mr. Potter und ich, sind hier um Lucius zu sprechen. Er weiß Bescheid”, schnarrte der Mann dazwischen und die beiden Gäste wurde von dem diensteifrig nickenden Elfen eingelassen. “Jamius wird Master informieren. Bitte, nehmen Sie Platz.”   Ohne dass Harry es wahrgenommen hatte, waren sie zu einem kleinen Raum geleitet worden, der an die Eingangshalle grenzte. Neugierig blickte er sich um. Eine Sessel-Sofa Kombination, ein kleiner Beistelltisch, magische Zeitungen und in einem kleinen Regal waren einige Bücher ausgestellt. Natürlich alles Bücher geschrieben von Zauberern. Alles andere wäre auch absolut unpassend für einen Malfoy. Wobei, was war überhaupt noch ‘typisch Malfoy’?   Noch ehe sich die Tür wieder öffnete, roch Harry, dass es Lucius Malfoy war, der gleich hereinkommen würde. Warum genau, wusste er nicht mal, denn es war ja nun nicht so dass er jemals bewusst auf den Geruch des blonden Mannes geachtet hatte. Nein, definitiv nicht! Und doch … doch war dieses Duftwasser, welches schon durch den kleinen Türspalt in den Raum schwappte, einfach so passend. Doch auch das stärkste Parfüm war nicht in der Lage, den ‘Vampirgeruch’ zu überdecken. Bisher hatte Harry darüber nun gelesen. Nun, heute hatte er die Möglichkeit für praktische Erfahrungen. Ebenso nicht zu vergessen all die Informationen, welche ihm der andere Vampir zukommen lassen konnte.   “Ah, Severus, mein alter Freund.” Elegant wie immer schritt Lucius Malfoy in den Raum. Der Unterschied war, dass er ein kleines Lächeln auf den Lippen trug und dem Tränkemeister eine Hand auf den Oberarm legte. “Hallo Mr. Potter, schön Sie hier begrüßen zu dürfen.” “Mr. Malfoy, hallo und danke für die Einladung.” “Lucius.” Nickend erwiderte der ältere Schwarzhaarige die Berührung und schien den blonden Vampir zu mustern. “Du siehst gut aus. Anscheinend funktioniert dein Unterfangen?” “Das Kompliment kann ich nur zurück geben. Und ja, tut es. Es läuft, trotz einiger Fehlschläge, ganz zu meinem Wohlgefallen.”   Harry, welcher ein wenig außerhalb dieser Begrüßungsszene stand, wollte am liebsten mit den Augen rollen. Immer dieses hochnäsige Getue und dann dazu diese Sprechweise. Wirklich … waren die beiden im falschen Jahrhundert stecken geblieben? Und was begrabbelten die sich da eigentlich die ganze Zeit? Schnaubend verschränkte der Jungvampir die Arme vor der Brust. Sollte es bei diesem Besuch nicht um IHN, und nicht um die beiden, gehen? Was auch immer die miteinander am Laufen hatten, Harry wollte davon weder was wissen und erst recht nicht live mitbekommen! Er spürte, wie sein Wutlevel stieg, als dieser blonde Beißer immer noch die Hand an Severus hatte. Oh diese verdammten, scheiß dreckigen Reinblüter, glaubten wirklich dass …   “Ach, Mr. Potter. Schön dass wir uns nun endlich einmal treffen. Vielleicht können wir nun endlich einen Neuanfang beginnen. Bitte, folgt mir.” Diese samtene und gleichzeitig so ölige Stimme des Malfoys riss Harry aus seinem mentalen Gefluche. Vollkommen aus dem Konzept gerissen stolperte er hinter den beiden Älteren her. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)