Von Weihnachts-Scoia'tael, Rentieren und Hexern von Daelis ================================================================================ Kapitel 1: ----------- "Geeeeralt!" Ich konnte förmlich hören, wie der Hexer mit den Augen rollte. Er hatte sich in aller Ruhe die an das Anschlagbrett gepinnten Zettel angesehen und vermutlich gehofft, ich würde einfach brav und still warten. Pustekuchen! Anders als ihn, schauten mich die Leute nicht ganz so schräg an, seit ich Kleidung trug, die hier üblich war. "Geraaaaalt!" Er brauchte sich nicht umdrehen, damit ich genau wusste, wie er drein sah. Diesen speziellen 'Muss das schon wieder sein?'-Blick hatte ich in den vergangenen Tagen oft genug zu sehen bekommen, doch ich war unerbittlich. "Was ist denn?" "Hier gibt es eine Legende von einer Tanne, die Wünsche erfüllt!", erklärte ich begeistert. "Klingt nach einem verfluchten Ort", fiel Geralts Schluss nicht halb so enthusiastisch aus, was meine Laune allerdings nicht zu trüben vermochte. "Wir sollten uns das ansehen!", entschied ich über seinen Kopf hinweg und war schon drauf an und dran nach Plötzes Zügel zu greifen. "Hier geblieben." "Was denn?" "Willst du etwa ohne weitere Informationen los?" Jetzt rollte ich demonstrativ mit den Augen und kletterte ungeschickt - aber immerhin alleine - auf den Rücken des treuen Vierbeiners. "Ich weiß noch mehr. Komm, ich erzähl' es unterwegs. Wo ist Osten?" Aus den Augenwinkeln konnte ich beobachten, wie Geralt sich den Nasenrücken rieb, dann aber ergeben ächzte und sich hinter mir auf Plötze schwang. "Ein Wald im Winter. Klasse", brummelte Geralt zwar, trieb Plötze dann aber an. Die Bemerkung, ihm könne ja gar nicht so kalt sein, weil ich vor ihm saß und damit alles zuerst abbekam, verkniff ich mir. Ich musste zu diesem Baum! "Also, was soll das für ein Wunschbaum sein?" "Also...", begann ich noch immer voller Elan und in der vagen Hoffnung, dieser Baum könnte sich als echt entpuppen und für mich damit eine Chance darstellen, nach Hause zu kommen. "Im Dorf hat man mir erzählt, in den östlichen Wäldern gäbe es eine verborgene Lichtung, auf der eine magische Tanne mit silbergrünen Nadeln stünde, die demjenigen, der sie findet, einen Wunsch erfüllt. Aber nur an einem bestimmten Tag im Jahr und der ist heute! Gewissermaßen ein Weihnachtsbaum." Geralt sah mich verständnislos an. "Ein was?" "Ein Weihnachtsbaum, Geralt! Weihnachten?" Er verstand offenkundig kein Wort. Aber wir hatten ja Zeit um diese Bildungslücke zu füllen, wenn ich mir den Weg so besah, den wir vor uns hatten. "Also schenken sich Leute an diesem Tag alle irgendetwas, weil da vor hunderten von Jahren dieser Jesus geboren wurde?" Geralt klang ungläubig. "Und deshalb machen sich alle verrückt? Du kommst wirklich aus einem seltsamen Land." Das konnte ich schwerlich leugnen. "Ach, heutzutage glaubt eh kaum noch jemand daran. Da geht es nur noch um Päckchen, manchmal um Familie und dass man alle, die man liebt, zu sehen bekommt. Außerdem ist es ein toller Vorwand für alle Geschä-... Händler. Die verdienen sich dumm und dusselig." Geralt schüttelte nur den Kopf ob meiner Erklärungen. "Verrückt", war sein einziger Kommentar. Plötze schnaubte, als wolle sie ihm zustimmen. "Und wieso verdammt nochmal schmückt ihr an diesem Tag eine Tanne?" Ich zuckte nur mit den Schultern. Woher sollte ich das wissen? Die Herkunft dieses Brauches war an mir vorbeigegangen, was Geralt nur noch ein Kopfschüttelnd abrang. "Völlig verrückt." In der dicken Schneedecke hinterließen wir - oder vielmehr Plötze - eine deutliche Spur. Niemand sonst war hier entlanggegangen. "Schauen wir, ob wir den Troll finden, der hier angeblich Ärger macht." "Troll?" Ah, darum hatte er so schnell eingewilligt, hierher zu kommen anstatt wie sonst immer prinzipiell alles in Frage zu stellen, was ich sagte. "Troll", bestätigte der Hexer knapp und ignorierte mein Seufzen. "Deinen Baum können wir nebenher suchen." Ich glaubte ihm kein Wort. Er hatte einfach nur keine Lust auf Diskussionen und wollte schnell weiter. Blödmann. Als ob der auch nur einen Finger rühren würde, um mir zu helfen. Der wollte bloß, dass ich den Mund hielt. Drei lange, verschissene und eiskalte Stunden später hatten wir nicht die winzigste Spur irgendeines Trolls gefunden und meinen Versuch, einen Wortwitz zu reißen, indem ich Geralt erklärte, er sei wohl "getrollt" worden, verlief leider wenig erfolgreich. Stattdessen sah er mich nur skeptisch an und schwang sich dann wieder hinter mir in den Sattel. Wurde dringend Zeit, dem Hexer ein bisschen von meiner Umgangssprache beizubringen. Der Witz hätte so gut sein können! Missmutig schnaubte mir Geralt in den Nacken. "Dachtest du allen Ernstes, ich würde mit dir hier in die Pampa reiten, um nach einem Baum zu suchen, der Wünsche erfüllt?" Missgelaunt brummelte ich etwas Unverständliches in meinen nicht vorhandenen Bart und warf Geralt über die Schulter einen bitterbösen Blick zu. Genervt seufzte der Hexer. "In Ordnung, wo entlang soll dieser Baum sein?" "Die Angaben waren... recht vage." Geralt seufzte erneut auf, diesmal noch genervter, steuerte Plötze dann aber einfach wahllos weiter auf den Wald zu. Bald allerdings stießen wir auf Spuren. "Sieh nur, vielleicht gehören die ja zu deinem Troll", deutete ich darauf, doch der Blick des Hexers nahm mir gleich den Wind aus den Segeln. "Ganz sicher nicht. Sieht eher nach zwei Männern aus", kommentierte Geralt die Abdrücke. "Dann könnten wir denen doch folgen", schlug ich vor. Zwar sagte Geralt nichts dazu, doch wir folgten den Spuren bestimmt eine halbe Stunde - die sich bedeutend länger anfühlte - ehe wir tief im Wald neben den Fußspuren auch weitere fanden. Drei Paare waren dazugekommen, aus verschiedenen Richtungen und an einem Punkt hatten sie alle sich getroffen und ein großes Wirrwarr veranstaltet. "Wurden angegriffen." "No shit, Sherlock?" Bei all dem Blut, das hier im Schnee verteilt war, wäre das wirklich Jedem aufgefallen. Und verdammt nochmal! Waren das da etwa Teile von Innereien? Ekelhaft! Aber Geralt war so was ja gewöhnt. "Können wir dann weiter?" Gelbe Augen funkelten mich für einen Moment an, dann schwang sich der Hexer vom Pferd und untersuchte die Spuren genauer. Irgendwie erwartete ich, dass er jetzt - genau wie im Spiel - Selbstgespräche führte, aber er blieb still. Ob das wohl an meinem Kommentar lag? Dabei kannte er Sherlock doch eh nicht. Als Geralt sich wieder aufrichtete und nach den Zügeln griff, sah ich ihn nur abwartend an. "Verfolgen wir die Spuren. Vielleicht führen sie uns ja auch zu deiner Tanne." Still folgten wir den immer schwächer werdenden Blutspuren, die nur noch von einem Paar Füße und dafür aber Pfotenabdrücken begleitet wurden. "Was denkst du, hat die beiden Wanderer erwischt?" Der Hexer zuckte mit den Schultern. "Ich bin nicht sicher, aber es scheint seine Gestalt verändern zu können." "Vielleicht ein Werwolf?", schlug ich vor, doch Geralt schüttelte den Kopf. "Nein, zu kleine Abdrücke. Das hier ist etwas anderes und es führt uns immer tiefer in den Wald." Das hatte ich befürchtet. Immer weiter drangen wir in den dichter werdenden Wald vor. Inzwischen schneite es sogar wieder und ein kalter Wind war aufgekommen, der uns mit dichten weißen Flocken die Sicht erschwerte. Ausnahmsweise war ich heilfroh, den Hexer im Rücken sitzen zu haben. Den hielt er nämlich schön warm. "Feierst du dieses Weihnachten jedes Jahr?" "Natürlich. Das tun alle", erklärte ich verdattert, konnte mir dann aber eine Spitze nicht verkneifen. "Wünschst du dir vielleicht ein Einhorn?" Demonstrativ blickte über die Schulter zu Geralt hoch, der fragend eine Augenbraue hob. "Bitte, was?" "Ach, nichts nichts. Ich dachte nur..." "Ich habe keine Ahnung, wo du diesen Schwachsinn mit dem Einhorn her hast", begann Geralt streng und schnaubte mir dabei abfällig an den Hinterkopf. Woher ich das hatte? Na dann denk mal schön nach, mein Freund. Yen, du, das ausgestopfte Einhorn? Oh man, ich wünschte, ich könnte ihm frech auf die Nase binden, dass ich ganz genau wusste, was Sache war mit dem Einhorn, doch wann immer ich versuchte, etwas auszuplaudern, blieb ich zu meinem Ärger stumm wie ein Fisch. "Aber ich wage zu bezweifeln, dass du eines dabei hast, dass du verschenken könntest." Punkt für Geralt. Hatte ich nicht. "Ich könnte Plötze ein Horn basteln?", schlug ich also spielerisch vor und wurde mit einem überaus genervten Seufzen belohnt. "Schon gut, schon gut. Also... du wünschst dir vermutlich, bei Yennefer zu sein?" Yen, nicht Triss. Sorry, aber da hatte ich klar Stellung bezogen und Geralt schien mir zumindest nicht widersprechen zu wollen. "Hast also Rittersporns Balladen gehört." Der Einfachheit halber nickte ich einfach. Die Wahrheit konnte ich ihm eh nicht sagen. "Ja. Wäre schön, sie wiederzusehen." Sie und das Einhorn, eh? Ich sprach es nicht aus, doch dachte mir meinen Teil. Als ob ich nicht wüsste, was in Skellige gelaufen war. "Oder Triss. Wüsste gern', wie es ihr geht." Nur schwer konnte ich dem Drang widerstehen, empört über die Schulter zu schauen. Geralt! So einer war er also! Zweigleisig fahren! Na, das konnte er sich mal von der Backe putzen. Nicht solange ich dabei war und ein Auge auf ihn hatte. Diese Zeiten waren vorbei, mein Freund! "Stehst wirklich auf Zauberinnen", murmelte ich leise, doch wohl nicht leise genug, denn der Weiße Wolf nahm meine Bemerkung als Anlass nun selbst ein wenig zu sticheln. "Hrm... und du?" Einen Moment lang starrte ich nur verdattert über die Schulter und konnte dabei nicht umhin, das selbstgefällige Grinsen auf der Miene des Weißen Wolfs zu sehen. Sollte das ein verficker Flirtversuch sein? Geralt, hallo?! Hatten wir nicht grad über deine Freundin gesprochen? War der im Ernst so chronisch untervögelt? Wann hatte er denn Triss, Yen oder sonst eine Zauberin das letzte Mal... oh ja. War ein Weilchen her. "Du stehst auf gefährliche Männer", entschied er nach kurzer Musterung. Ich sagte nichts. Er hatte ja Recht. Aber er war mir dann doch zu brandheiß mit zwei potentiell eifersüchtigen Zauberinnen als Freundinnen. Ich war ein wenig schräg, nicht lebensmüde! Entgeistert blickte ich zu Geralt. Zu behaupten, ich fühlte mich unwohl mit dieser Situation war die Untertreibung des Jahrhunderts. Schnell, sag was Kluges. Oder was Abtörnendes. "Hab' was für Vampire übrig." Sehr clever. Dass meine Aussage mit das Seltsamste war, das Geralt in letzter Zeit so gehört hatte, stand ihm ins Gesicht geschrieben. Manchmal sollte ich wohl wirklich besser einfach die Klappe halten. Das hatte ich nun davon. "Lass von denen lieber die Finger. Gibt genug gefährliche Männer, die dir nicht gleich die Kehle aufreißen." Unangenehme Stille legte sich über uns. Das Thema wollten wir wohl beider lieber nicht vertiefen. Mein Blick wanderte über die dicke weiße Schneedecke, durch die wir auf Plötze eine kleine Schneise pflügten. Hoffentlich fanden wir dieses Monster bald, mir wurde nämlich allmählich kalt und ich wollte gern zurück ins warme Gasthaus. Geralt hinter mir sagte zwar nichts, doch so wie er mir die ganze Zeit in den Nacken schnaufte, als wäre er ein bekokstes Pferd, ließ mich ahnen, dass er auch lieber im Warmen säße. "Sieh mal da vorn, Geralt", wies ich ihn leise zischend auf eine Schneise hin, ein Stück ab der Spuren. "Sieht aus, als ginge es da zu einer Lichtung." Zwar konnte ich den Weißen Wolf hinter mir genervt aufstöhnen hören, aber zu meinem Erstaunen wendete er Plötze und folgte meinem Hinweis, der uns tatsächlich auf eine kleine Lichtung führte. Offenbar hatten nicht nur wir den Weg auf diese gefunden, denn die Fährte, die wir eben verfolgt hatte, führte an anderer Stelle ebenfalls auf die Lichtung, doch verschwand mitten auf dieser. Nicht unweit einer kleinen Gruppe Tannen, von denen eine besonders hervorstach - eine mit silbernen Nadeln! Begeistert zeigte ich auf den Baum! "Die Wunschtanne!" Eilig kletterte ich von Plötzes Rücken. "He, warte, Daelis! Es könnten...", hörte ich die mahnende Stimme des Hexers. Gelassen winkte ich über die Schulter, während ich auf die Tanne zueilte. "Hier ist doch nichts und niemand!", meinte ich schon fast patzig ob des Hexers Misstrauen. Ihm war anzusehen, dass er dem Braten nicht traute. Der Kerl hatte echt Vertrauensprobleme. Enthusiastisch stapfte ich durch den hohen Schnee auf mein Ziel zu. Nur ein einziger Wunsch und ich käme vielleicht damit nach Hause. Oder würde zumindest etwas an meiner im Moment doch etwas beschissenen Lage ändern können. Wenn ich schon hier festsaß, wollte ich zumindest nicht Ballast an Geralts Rockzipfel bleiben! Beinahe hatte ich die Tanne schon erreicht, hätte kaum mehr tun müssen, als den Arm auszustrecken, als mir etwas die Füße wegzog. Vor lauter Schreck brachte ich nicht einmal einen Schrei heraus. Mit einem einzigen Ruck zog sich ein Seil um mein Fußgelenk zusammen, zog es hoch und im nächsten Moment hing ich auch schon kopfüber. Geralt versuchte nicht einmal zu verstecken, wie lustig er meine missliche Lage fand. "Ahahaha!" Blödmann! "Lass mich lieber runter", brummelte ich ihn an, als der Hexer näher trat, den Boden genau beäugend und womöglich weitere Fallen meidend, in die ich hätte tapsen können. "Und darum ist es besser, wenn du mir die Führung überlässt, Kleines." Grimmig und noch immer kopfüber baumelnd starrte ich ihn an. "Vielleicht sollte ich dich noch ein wenig hängen lassen." Mein nun noch missmutiger werdenden Blick entlockte dem Hexer ein weiteres Lachen. "So kannst du zumindest nicht weglaufen und irgendeinen Unfug anstellen." "Ich mache nie Unfug!", betonte ich beleidigt, womit ich Geralt nur noch ein Lachen abrang. "Naja..." "Lass mich endlich runter!" Gerade, als der Hexer nach dem Messer in seinem Stiefel greifen wollte, raschelte es im Gebüsch und anstatt sein Vorhaben - und meinen Wunsch - in die Tat umzusetzen, griff Geralt nun nach seinem Silberschwert. Hatte sein Medaillon gezuckt? Mist, nicht drauf geachtet! "Was ist denn?", verlangte ich zu wissen, doch Geralt zischte mir nur ein *Shhht!" zu. Aus dem Unterholz traten vier Männer. Sie alle trugen dunkelgrüne Kleidung mit weißem Pelzbesatz. Ich erkannte sofort, dass es Elfen sein müssten. Diese spitzen Gesichtszüge und obendrein die abstehenden spitzen Ohren. Unverkennbar. Damit hatte ich also nicht nur eine potentielle Weihnachtstanne gefunden sondern auch noch Weihnachtselfen. Yay! Noch besser wäre das freilich, wenn mich ein gewisser jemand losgeschnitten hätte. Wusste der nicht, dass man davon starb, wenn das Blut zu lange in den Kopf floss? "Du bist hier nicht willkommen Hexer", ergriff einer der Elfen das Wort als Erster. "Hrm... hatte ich mir fast gedacht." Weitere Worte wurden nicht gewechselt. Noch ehe ich überhaupt begriff, was vonstatten ging, hatte einer der Elfen seine Haut wie einen Fetzen Kleidung abgeworfen und die Gestalt eines Hirsches angenommen - Moment! War das ein Rentier?! Zwei weitere Elfen folgten seinem Beispiel, sodass sich der Hexer drei riesigen Rentieren und einem Elfen gegenübersah. Ich wusste echt nicht, ob ich lachen oder weinen sollte, so absurd war das! Hätte ich nicht kopfüber gehangen, hätte ich den Kampf bestimmt noch sehr viel witziger gefunden und das bestimmt auch lauthals kundgetan. Geralt kämpfte allen Ernstes mit einem verdammten Weihnachtselfen und drei Rentieren! Fehlte nur noch, das eines eine rote Nase hatte! Viel bekam ich vom Kampf nicht mit, aber das Ende war keine Überraschung. Drei tote Rentiere und ein toter Elf im Schnee, ein blutbeschmierter Hexer, der schnaufend aber als einzig Überlebender im Schnee stand. "Gestaltwandler", knurrte er und wandte sich nun wieder mir zu. Dass ich hilflos herumbaumelnd vor mich hinkicherte, war ihm offenkundig ein Rätsel. "Dir ist das Blut wohl schon zu sehr zu Kopf gestiegen. Ich kann daran wenig Lustiges finden. So welche wie die hatte ich noch nie." "Möcht‘ ich wetten!", prustete ich heraus, da fiel ich auch schon unsanft in den Schnee, weil Geralt das Seil um mein Fußgelenk zerschnitten hatte. Grinsend und lachend blieb ich dort liegen. Geralt hatte gerade allen Ernstes einen Weihnachtselfen nebst Rentieren erlegt! Fehlte nur noch, dass der Weihnachtsmann kam, seine Rute auspackte und den Hexer übers Knie legte! Allein die Vorstellung genügte, dass ich mich vor Lachen bog. Energisch zog mich der Weiße Wolf auf die Füße, während ich mich noch immer vor Lachen ausschüttete. "Komm, sammeln wir ein, was wir Nützliches finden und begriffel du meinetwegen deinen Wunschbaum." Meine gute Laune teilte der Hexer eindeutig nicht. Wie könnte er auch? Er ahnte ja nicht, wie dermaßen komisch diese ganze Angelegenheit war. Kopfschüttelnd sah er zu mir, sagte dann aber nichts und wandte sich den Toten zu, wohl um eventuelles Geld und andere Wertgegenstände an sich zu nehmen. Ich hingegen brauchte noch etwas, um mich zu beruhigen, dann aber war ich wieder Feuer und Flamme die silber benadelte Tanne zu begutachten. Abgesehen von den silbernen Nadeln sah die Tanne ganz normal aus und auch sonst wusste ich schnell nicht so recht weiter. Jetzt einfach irgendetwas wünschen oder wie durfte ich mir das vorstellen? Nachdenklich klopfte ich etwas Schnee von den Zweigen des Baumes, als Plötze mir sanft gegen die Schulter stieß. "Mh? Alles gut, Plötze", beruhigte ich die Stute, die wie in Zustimmung wieherte. Als aber im nächsten Moment ein Bund Möhren auf uns hinab in den Schnee fiel, staunte ich nicht schlecht. "Was zur..." Nun wandte sich auch Geralt gänzlich uns zu. "Im Ernst? Du hast dir ein Bund Möhren gewünscht?" Entgeistert starrte ich den Hexer an, dann Plötze, die zufrieden begann, das Gemüse zu zerkauen. "Nicht ich", seufzte ich tief. "Sondern Plötze." Das wär's gewesen. Mein Ticket nach Hause. Meine Zauberkraft. Mein was-auch-immer. Der Hexer jedoch lachte nur. "Hast du dir verdient", meinte er an Plötze gewandt, tätschelte dieser die Nüstern und machte Anstalten, sich direkt wieder in den Sattel zu schwingen. "Reiten wir zurück. Ich möchte wetten, wir kriegen für diese Gestaltwandler und den Kram, den sie bei sich hatten, zumindest ein bisschen was." "Was hatten sie denn dabei?", fragte ich nicht wirklich interessiert, als mich Geralt vor sich auf Plötzes Rücken zog. "Zuckerzeug und Spielzeugpferde." "Im Ernst?" Oh man. Das konnte doch nur ein blöder Scherz sein, oder? Aber Geralt sah nicht aus, als scherze er. Seine zuvor hellgraue Rüstung war inzwischen rot vor lauter Blut. "Frag mich nicht, was sie damit hier im Wald wollten. Geben wir die Sachen einfach im Dorf ab. Vielleicht können wir dafür eine Nacht in einem Bett schlafen." Oh Gott, ich hoffte es! In einem Bett - und die meisten Betten verdienten diese Bezeichnung hier wirklich nicht - zu schlafen, war selten genug, seit ich mit dem Hexer reiste und eine überaus verlockende Vorstellung. Im Dorf wartete ich bei Plötze, während Geralt mitsamt der mageren Ausbeute zum Dorfältesten ging und ihm erklärte, was wir gefunden hatten - und dass dafür aber kein Troll zu finden gewesen war. "Ähm... Du da?" "Mh?" Ich sah hinab, der Stimme folgend, die meine Aufmerksamkeit erregte. Ein kleiner Junge von vielleicht sieben oder acht Jahren. "Dieser Mann, der gehört zu dir?" "Ja... so in der Art." "Stimmt es, dass er Geschenke bringt?" Es kostete mich alle Beherrschung, jetzt nicht loszuprusten. Mit verkniffenem Gesicht, um nicht lachen zu müssen, nickte ich so ernst ich nur konnte. "Ja, aber nur den braven Kindern. Das macht der Weihnachtsmann so. Er bringt an diesem einen Tag im Jahr den braven Kindern Geschenke und Süßigkeiten, während die Bösen den Hintern mit der Rute versohlt bekommen." "Der Weihnachtsmann?" Ah, ich hatte die Aufmerksamkeit des Bengels und die seines kleinen Freundes, der neugierig hinzugekommen war auch. "Ja, genau", bestätigte ich grinsend. "Und man erkennt ihn immer an seiner roten Kleidung und dem weißen Bart. Also seid immer schön artig, dann gibt es auch im nächsten Jahr wieder Geschenke." Die beiden Jungs sahen einander an, lächelten und nickten. "Das werden wir!" Damit waren sie auch schon auf und davon - und ich ziemlich zufrieden mit mir selbst. Immerhin hatte ich soeben Weihnachten eingeführt! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)