Stand my ground von Melora ================================================================================ Kapitel 6: Hunters ------------------ Durch die späte Uhrzeit wurden die beiden Hellbraunhaarigen zumindest nicht durch irgendwelche Personen gestört. Sie befanden sich in ihrem alten Zuhause – da wo sie gewohnt hatten, bevor die Eltern nach Amerika gezogen waren. Es war ein Ort voller schöner Erinnerungen. Die Familie, die einst dort gelebt hatte, war in dieser Menge nicht mehr vorhanden. Die Jüngste, Mina-chan hatte eine Nanny, die immer gut auf sie aufpasste – was auch seine Gründe hatte. Katsumi, die Zweitälteste, welche von den Kudôs adoptiert worden war, hatte sich entschlossen, dorthin zu gehen, wo sie wirklich hingehörte – und das tat sie wirklich. Shina war für ein Jahr nach Amerika gegangen, um dort eine Spur zu verfolgen – es handelte sich dabei um eine Person, die seit Jahrzehnten vermisst wurde, aber nie wieder aufgetaucht war. Zufällig war sie dort auf Dinge gestoßen, die noch weiter zurücklagen, als ihr lieb gewesen wäre. Seit einigen Monaten war sie aus den Staaten zurück – jetzt traf sie sich mit ihrer Mutter, weil ihr da ein paar Dinge zu Ohren gekommen waren, die ihr nicht gefielen. Aber nicht nur ihr wollte sie ein wenig ins Gewissen reden, auch dem guten Shinichi. Wobei all das in keinster Weise böse gemeint war – sie war beunruhigt und besorgt über so mancherlei Dinge. Es behagte ihr nicht, zu wissen, dass ihr Bruder ihre gemeinsame Mutter mit auf seinen Kreuzzug gegen diese weit verstrickte Organisation nahm – das war unverantwortlich, so wenig wie sie über diese Leute wusste. Was wusste ihre Mom schon – außer, dass ihre Schauspielkollegin mit drin hing? Dass sie noch am Leben war, das hatte ihre Tochter nicht umsonst verschwiegen. Ihr Bruder empfand das wohl nicht als notwendig. Deswegen musste sie jetzt dafür sorgen, dass ihre Mutter nicht zu sehr herumspinnte. Diese Frau war verrückt, noch verrückter als ihr Dad. Er hatte Interpol eingeschaltet – vielleicht sollte man die auch einfach ihre Arbeit machen lassen – wie wäre es damit? Aber nein, Shinichi konnte die Füße nicht stillhalten und dann war da noch das FBI – gefiel ihr noch weniger, vor allem, weil ihre Mom auch noch mit diesem Agenten flirten wollte. Hatte sie nun endgültig den Verstand verloren? „Erspar es mir bitte. Ich will nichts Schlimmes mehr über eine meiner Freundinnen hören“, hatte ihre Mutter gesagt und sich auch noch von ihr abgewandt. Nahm sie ihr das wirklich krumm? Dabei hatte sie gar nichts so wirklich Fatales erzählt, außer dass sie dieser Organisation schon seit über 20 Jahren angehörte. Das hatte doch noch gar nichts zu heißen. Man konnte leider nicht so einfach entfliehen, wie ihre Mutter vielleicht glaubte. Es gab nicht nur eine Person, die das über einen langen Zeitraum versucht hatte. Ihr Ziel war doch nicht, ihrer Mutter einzureden, wie schlecht ihre Freundin war, sondern sie zu warnen. Warum wurde alles nur auf die Goldwaage gelegt? Die ganze Wahrheit wäre viel schlimmer gewesen. Da war eine Beerdigung wirklich die bessere Alternative – egal wie furchtbar es im ersten Moment gewirkt hatte. Sie war ja nicht tot – sie war dem geradeso entkommen. Wieso das alles wollte sie ihrer Mutter nicht erzählen – höchstens erzählte sie das noch Ryochi – und wenn Shinichi brav war, auch ihm. Aber gerade machte er den Fehler, nur alles in Schwarz und Weiß zu sehen. Aber es gab mehr als nur das – zwischendrin existierte auch noch ein Grau. Oder weiß mit ein bisschen schwarz gemischt und umgekehrt. Es war einfach nicht so, dass nur zwei Seiten existierten. „Meine Güte, Mom“, sagte sie jetzt gestresst. „Ich habe nicht vor, dir etwas Schlimmes von deiner Freundin zu erzählen…“ Nun verteidigte sich die Detektivin, um das mal klarzustellen, dass sie hier nichts Gemeines vorhatte. „Ich tue das nicht zum puren Vergnügen. Es gefällt mir nur nicht, was DU und MEIN BRUDER da treibt. Im Übrigen, deine Freundin findet das auch nicht unbedingt so lustig. Ich sage nur, dass SIE mit Vorsicht zu genießen ist, vor allem dann, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert! Wenn du an die Organisation gerätst, dann guckt mein Bruder ganz schön blöd aus der Wäsche und muss wieder Angst haben, dass man jemanden umbringt. Da kannst du noch mal auf eine Beerdigung gehen!“ Das war hart, sie wusste es. „Was glaubst du eigentlich, was Sharon die ganze Zeit in Japan macht, eh? Meinst du, sie ist hier zum Vergnügen? Es sind ein paar unterbelichtete Vollidioten in dieser Stadt, die würden dich ohne mit der Wimper zu zucken, umbringen! Sie hat einen Detektiv in die Detektei Môri gesetzt, damit er aufpasst! Shuichi Akai lungert um euch herum! Das hat sie so zwar nicht geplant, aber wenigstens wird dann kein herzloser Mistkerl einfach auf dich schießen können… Unterstelle mir gefälligst keine Schwachheiten! Mach dir lieber Gedanken um dein eigenes Leben und setze es bitte nicht so leichtfertig aufs Spiel. Die Aktion im Zug war zwar ein voller Erfolg, aber wäre an Stelle von Bourbon eine andere Person an Bord gewesen, dann hätte deine Freundin ordentlich aufräumen müssen… Wäre nicht das erste Mal, meine Liebe.“ Das musste jetzt endlich mal ausgesprochen werden. Sie wollte mit keinem Wort sagen, dass ihre Freundin schlecht war – wobei man darüber sich wahrhaft streiten konnte. Wenigstens war sie besser als die meisten Anderen, die sie in Amerika kennen gelernt hatte. Es war ja nun nicht so, dass sie dadurch in der Beliebtheitsskala der Organisation anstieg. Es gab da vielleicht ein paar wenige, die sie nicht einfach so umbringen würden, wenn sie es konnten – diejenigen, die nicht von Rache und Mordlust angetrieben wurden – aber wenn man es ihnen befahl, würden auch sie auf die Jagd gehen. „Warum musst du dich immer so schwammig ausdrücken? Was genau meinst du damit, dass ich dann wieder auf eine Beerdigung gehen kann?“ Instinktiv wusste Yukiko, was ihre Tochter meinte, sie war ja nicht blöd, aber irgendwie wollte sie so etwas nicht hören. „Du willst dich ja unbedingt an diese Frau hängen. Dann musst du am Ende auch damit klarkommen, wenn du die auch noch beweinen musst.“ Ihre Mutter hatte sich nicht damit abgefunden, dass Sharon tot sein sollte, weil ihr Bruder ja der Meinung gewesen war, ihr so viel sagen zu müssen. Sie verfluchte den Jungen dafür, dass er ihrer Mutter so etwas antat. Yukiko war positiv überrascht. Ihr Sohn kannte Sharon bei weitem nicht so gut wie sie beide, daran lag es vermutlich. Trotzdem hatte sie geglaubt, dass ihre Tochter diese Frau ziemlich verabscheute und wunderte sich über ihre Handlung nun doch sehr. Lustigerweise hatte sogar Yusaku gesagt, dass er diese Frau immer merkwürdig gefunden hatte – ihr gesamtes Verhalten. Diese oftmals merkwürdigen Abwandlungen, mit denen sie ihre Geheimnisse hütete – wie oft hatte sie gesagt tut mir leid, ich hab was zu erledigen, aber nie Genaueres. Jetzt wussten sie es besser… Ihr Vater tat alles für ihre Mutter, deswegen ließ er sich ja auch hinzuziehen. Jetzt musste sie die beiden aus der Gefahrenzone ziehen – sonst kam der guten Sharon noch der letzte Funken Verstand abhanden, so wie schon mal. Es war dumm von ihr, ausgerechnet sie vor denen zu beschützen – hatte die nicht genug zu tun, wenn sie sich um ihr eigenes Leben scherte? Das hatte sogar Shina überrascht. Und wer musste darunter leiden? Ihre Mutter und ein Mann namens Jamie, den Shina als kühlen, abgebrühten Detektiv kennen gelernt hatte. Er war heulend zusammengebrochen damals – es war furchtbar. Da hatte sich ihre Mutter weit besser im Griff – aber wen wunderte das? Sie war eine Freundin – Jamie war ein Verwandter, der sie seit Kindesbeinen an kannte. Nicht mal den hatte sie eingeweiht. Der Grund war so simpel wie ihr Rollenspiel. Alle raushalten, so gut es ging. I’m okay on my own. Den Spruch sagte sie mit Vorliebe. Dabei machte sie sich selbst etwas vor. Verbitterung gemischt mit Einsamkeit hinterließen bei jedem Menschen Spuren. Fressen oder gefressen werden, das war die Devise in dieser Organisation. Entweder man sprang über seinen Schatten, egal wie sehr es einem widerstrebte, oder man starb eben schneller eines grausamen Todes, als man schauen konnte. Sie hatte entschieden, ihre Prinzipien zu begraben, um diejenigen auszuradieren, die sich an ihren Leuten vergriffen. Dabei vergaß diese Frau komplett sich selbst. Es war ihr vollkommen egal geworden, wie viel Blut an ihren Händen klebte – Shina hatte jedoch feststellen müssen, dass sie damit nicht alleine war. Es hatte sie sowieso gewundert, wie ein Polizist ihr so etwas durchgehen lassen konnte… Das konnte er nur, wenn selbst Blut an seinen Händen klebte. Laut einer Bekannten sogar noch viel mehr als an ihren. Da konnte er ihr kaum Vorwürfe machen – hatte sie ja eigentlich Glück gehabt. Wie derjenige sich dabei fühlte, konnte man nur mutmaßen, aber gut ganz sicher nicht. Sharon hatte in den 20 Jahren sehr großen Schaden genommen – da konnte man nur hoffen, dass Ryochis Freund und Bruder in den knapp 7 Jahren weniger Schaden genommen hatte, als sie. Er und Yuichi saßen schon viel zu lange dort fest – da konnte ein Mensch unmöglich normal bleiben. Aufschlussreich war dabei vor allem, dass Iwamoto eine Killerin als seinen Engel bezeichnete – das war nicht zu verachten. Wenigstens hatte er begriffen, dass da nicht nur Schwarz und Weiß existierte. „Ihr wird schon nichts passieren, Shina. Sie hat die besten Tricks auf Lager und-“ „Das würde stimmen, wenn ihr nicht das FBI an den Fersen kleben würde, um sie beim kleinsten Fehler einzusacken… Da ist so ein Kerl, der wartet nur drauf, dass das FBI ihr etwas nachweisen kann. Zu ihrem Glück wissen die aber weniger gut bescheid… Mittlerweile weiß ich auch wieso.“ Die Detektivin senkte den Blick und seufzte einmal. „Da du dich ja so gut mit diesem Subaru verstehst – und komm ja nicht auf die Idee, mir etwas vorzuschwindeln – frag doch ihn mal, was er über deine Freundin weiß. Den magst du ja so doll, also frag ihn. ER könnte mit seinem Wissen, diese Frau auf der Stelle ins Gefängnis bringen. Nur leider müsste er sich dann auch selbst einbuchten lassen, weil sie nämlich eine gemeinsame Geschichte haben. Kaum zu glauben, weil sie ansonsten so tun, als könnten sie sich nicht riechen – das ist aber nur nach Außen hin so, Mutter. Ich frage mich nur, ob du diesen Akai noch so sehr mögen würdest, wenn du wüsstest, wie weit er geht…“ Shina war da geteilter Meinung. Sie konnte diesen Kerl nicht ausstehen – aber auch sie musste sagen, er beschützte Menschen, was seine Taten doch in ein gutes Licht rückte. Sie konnte all das, was er getan hatte, nicht mehr als unbedingt des Teufels Werk bezeichnen, weil es nicht ganz zutraf. „Akai weiß jede Menge über deine Freundin, mehr als ihr lieb ist – aber ihre Angst vor ihm rührt nicht daher, dass er immer wieder auf sie geschossen hat.“ Nun konnte ihre Mutter mal wieder verteufeln, dass sie sich schwammig ausdrückte – sie würde ihr nicht alles erzählen. Am Ende warf ihre Mutter sie noch aus dem gemeinsamen Haus. Bei Yukiko wusste man nie – sie konnte ganz schön sauer werden und dann machte sie manchmal Sachen, die waren nicht ganz logisch. Sie warf ihrer Tochter ja auch vor, sie wolle Sharon etwas Böses tun. Es tat schon ein bisschen weh, immerhin musste sie ihr Kind doch besser kennen. Obwohl sie ihre Beweggründe benennen könnte, weshalb das keineswegs der Wahrheit entsprach, wollte sie nicht zu diesem Mittel greifen, weil sie dann auch so weit ausholen musste, ihrer Mutter zu gestehen, dass sie viel dazu beigetragen hatte, dass Sharon jetzt offiziell das Zeitliche gesegnet hatte. Es beschäftigte sie auch jetzt noch – nicht etwa, weil ihr diese Frau so viel bedeutete – eher weil sie anderen so viel bedeutete. Weil sie seit über 20 Jahren versuchte, ihre Familie zu beschützen, wo es nur ging und dabei zugrunde gerichtet wurde – wobei Shina gesagt hätte, das tat diese Frau selber – sie arbeitete fleißig daran, sich selber zugrunde zu richten. Es war fast ein Wunder, dass sie noch so etwas besaß wie ein Herz. Yukiko sollte all den Leuten danken, die dafür gesorgt hatten, dass diese Frau nicht komplett am Rad drehte. Weit davon entfernt war sie ja wirklich nicht. „Eigentlich will ich überhaupt keine Geschichten mehr hören, Shina. Keine.“ Keine Reaktion auf die Tatsache, dass Akai auf ihre Freundin schoss – aber angekommen war es doch offensichtlich schon… Sie sollte den Typen mal nicht zu sehr ins Herz schließen… Bestimmt tat sie jetzt nur so, als hätte sie es nicht mitbekommen. Wie sie ihre Mutter kannte, würde sie aber bestimmt Akai zu dem Thema befragen… „Es gibt aber Dinge über sie, die du wissen solltest“, seufzte die 23-jährige. „Zum Beispiel, dass du sie echt noch ins Grab bringst, wenn du mit meinem Bruder gemeinsame Sache machst. Als wäre mein Bruder nicht schon genug geschädigt, weil er Akemi nicht retten konnte. Dass Vermouth für diese Sache sterben könnte, so weit ist er noch nicht mit seinen Plänen. Darüber solltet ihr beide euch auch Gedanken machen. Solche Aktionen bringen ihr Leben in akute Gefahr. Ich will nicht miterleben müssen, dass du sie direkt sterben siehst. Das erträgst du nicht… Glaube mir…“ Die Jüngere schaute zu Boden und wirkte dabei, als wüsste sie ganz genau, wie so etwas ablief – als hätte sie es bereits einmal gesehen. „Du kannst aufhören zu denken, dass ich sie hasse. Das tue ich nicht. Andere Menschen nehmen diesen Platz bereits ein… Sharon müsste dazu schon die Seite wechseln und am Ende auf meine Familie schießen. Ich kann dir versprechen, eher stirbt sie, als jemals so weit zu gehen.“ Ein Schweißtropfen rollte über ihre Wange. Sie war Zeuge davon geworden, dass sie nicht nur einzelne Personen vor dem Tod bewahren würde, sondern gleich ganze Familien. Dass sie Shinichi besonders ins Herz geschlossen hatte – und mit ihm gemeinsam auch seine Freundin Ran, stimmte zwar, aber Akai war es selbst gewesen, der festgestellt hatte, dass es davon eine Erweiterung gab. Kogoro Môri konnte Vermouth ziemlich schnuppe sein, war er aber nicht. Um diejenigen zu beschützen, die ihr lieb und teuer waren, war sie bereit ihr Leben zu geben. Für sie alle legte sie sich mit solchen Gestalten wie Gin an, das war alles andere als gesund. In Amerika hatte sie ähnliche Sachen getrieben und war am Ende dann die Gejagte. Deswegen war sie jetzt tot und die meisten aus der Organisation wussten das nicht mal. Sie weihte ja nun wirklich niemanden ein, außer diese eine Person, die ihr damals in Amerika geholfen hatte. Das hatte Shina aber auch erst vor knapp drei Monaten erfahren. Die Ärztin, die ihren Tod festgestellt und notiert hatte – die wusste davon und Sharon selbst. Die hatte ja nicht einmal ihrem Neffen den Schmerz erspart – diese Frau konnte wirklich äußerst grausam mit ihren Mitmenschen umspringen – aber nie grundlos. Das, was ihre Tochter da aussprach, wunderte Yukiko sehr. Das hieß also, dass Sharon tatsächlich diesen Schwachpunkt hatte, von dem Shinichi gesprochen hatte. Von sich hatte er nicht gesprochen, dabei beschützte sie den Jungen wohl zweifelsohne, sonst würde sie ihren Partnern ja reinen Wein einschenken, oder? „Also, spuck schon aus, was hat Shinichi dir gesagt? Was genau weißt du von diesem Verbrecherring? Ich will jetzt endlich Genaueres wissen, Mutter! Ich will nicht, dass du ahnungslos in irgendeine dumme Sache hineinschlitterst. Ich weiß, dass Shinichi sehr regen Kontakt zu denen hatte und mehr weiß.“ Also musste er auch dafür sorgen, dass seine Mutter gewarnt war, ehe er sie mit in diese Sache zog! Shina drängelte ganz schön, aber auch Yukiko konnte sich vorstellen, dass sie einfach besorgt war. „Was soll ich schon wissen? Sie ist Mitglied einer Verbrecherorganisation… Die Mitglieder tragen Alkohole als Decknamen, ihrer ist Vermouth und sie macht Jagd auf ein Mädchen namens Sherry.“ „Man, wie enorm…“ Es war kein Wunder, dass Shina jetzt sarkastisch wurde, denn wirklich weitreichend war das Wissen ihrer Mutter wirklich nicht. „Entweder hat mein Bruder keine Ahnung, was diese Organisation seit Jahrzehnten treibt, oder er verschweigt es dir schlicht und ergreifend. Beides ist unverantwortlich. Wahrscheinlich ist es sein verzweifelter Versuch, dich daran zu hindern, hinter deiner Freundin herzuschnüffeln. Ist ja ganz nett gemeint, aber…“ Mit einem Kopfschütteln hielt sich die 23-jährige den Kopf. „Du kannst dir vorstellen, dass ein jeder, aus jeder Branche in diese Organisation verstrickt sein kann. Die Politik, Medizin und Forschung, Rechtswissenschaft, das Bankwesen, der Journalismus, sogar die Polizei könnte darin verwickelt sein. Die haben überall ihre Leute sitzen, Mutter. Denen bedeutet ein Menschenleben nicht sonderlich viel, wenn es darum geht, ihre kriminellen Machenschaften zu vertuschen. Dafür tun sie alles. Diese Leute, die freiwillig diesem Verein beitreten, geben sich selbst auf…“ „Was willst du mir damit bitteschön sagen? Ich weiß, dass meine Freundin sich vor Jahren aufgegeben hat! Sie ist zerbrochen, als ihr Mann starb und-“ „Nein“, fuhr die Detektivin dazwischen, weil ihre Mutter falsch lag, „das wollte ich damit nicht andeuten. Du hältst sie für ganz schön schwach, weißt du das? Wenn sie zerbrochen wäre, würde sie keinen verschonen – so wie die anderen Leute, die das alles freiwillig machen. Es gibt aber auch arme Menschen, die entweder mit hineingezogen wurden, oder hineingeboren. Zum Beispiel durch eine Mitgliedschaft der Eltern. Dir muss doch aufgefallen sein, wie sehr Sharon Kinder mag, oder? Hast du dich denn nie gewundert, dass sie keine hat?“ Shina stöhnte auf – sie sollte endlich damit aufhören, so zu tun, als wisse sie all diese Dinge. „Natürlich kann ich das nicht zweifelsfrei sagen, warum es so ist. Ich kann mir nur meinen Teil denken. Diese Frau sitzt in diesem Laden seit über 20 Jahren. Ich kann dir sagen, dass es ihr dort nicht sonderlich gefällt und auch nicht bombig geht. Sie macht das alles nicht zum puren Vergnügen. Es ist zwecklos, nach dem Grund zu suchen – zumindest mir wird sie ihn nicht nennen. Aber sie hat sich so gesehen, eine zweite Identität geschaffen, die all ihre Leute zutiefst verabscheuen. Jamie Moore kann Chris Vineyard  nicht leiden – also ihre Tarnrolle nicht – vielleicht denkt der sogar, sie hätte an Sharons Stelle sterben sollen, weil er ein Spinner ist. Auf Sharons Beerdigung hast du ihn doch gesehen, oder? Du weißt auch, dass Chris Vineyard damals selbst anwesend war. Schockt dich all das nicht?!“ Mittlerweile wirkte Shina sogar wütend – sie verstand selbst noch nicht so ganz, warum es sie so wütend machte, wie unvorsichtig ihre Mutter war. „Sie hat entschieden, diesen Unfall lieber nicht zu überleben – obwohl nicht nur eine Person darunter schwer gelitten hat.“ Ja, es stimmte – Shina hatte ganz schön Mitleid mit dem armen Jamie. Er musste diese Frau wirklich mal sehr geliebt haben – kein Wunder, sie war seine Cousine und er kannte sie sein gesamtes Leben – bestimmt war sie zu ihm auch immer nett gewesen – wie zu einem eigenen Kind – dieses Gefühl hatte Shina jedenfalls gehabt – damals. Jedenfalls hatte jemand da mal etwas in die Richtung angedeutet, die Beiden hätten mehr als ein gutes Verhältnis zueinander gehabt. Es würde sie ja nicht wundern, wenn Jamie am Ende auf den Plan trat, um Jodie Starling von einem Fehler abzuhalten, sobald der Detektiv mal klarer sah. Und Shuichi Akai half ihm dann dabei – es war alles möglich in dieser Welt, nicht wahr? Am Ende wurde man von Personen gerettet, von denen man geglaubt hatte, dass sie einen hassten, von Menschen, deren Hilfe man am allerwenigsten erwartet hatte. „Sie hat entschieden, diesen Unfall lieber nicht zu überleben?! Warum?“ „Weil sie nicht will, dass irgendjemand, der ihr etwas bedeutet, ins Kreuzfeuer gerät… Du bist eine davon. Dafür hat sie ihr Leben aufgegeben. Sie ist jetzt jemand anderes. Die Anderen haben das entweder zu schlucken, oder sie lassen es bleiben. Sie bevorzugt lieber die Einsamkeit, als zuzuschauen, wie jeder umgebracht wird, der ihr etwas bedeutet. So läuft das dort…“ Kurz dachte sie an Akemi, die schließlich wegen einer ähnlichen Sache sterben musste – weil sie versucht hatte ihre Schwester zu beschützen, ohne an sich selbst dabei zu denken. „Diese Organisation ist gefährlich. Kannst du das denn nicht verstehen? Ich will nicht, dass du dein Leben aufs Spiel setzt.“ Deutlicher würde sie nun nicht werden. Shina versuchte ihrer Mutter nun aber zuzulächeln. „Ich weiß, das ist hart, aber vielleicht ist es besser für dich zu verkraften, wenn ich dir sage, dass sie nicht mehr einsam sein muss. Es gibt da so ein paar Leute, die das Blatt ein wenig gewendet haben. Falls du nämlich jetzt besorgt um sie sein willst, das kannst du fein bleiben lassen. Sie ist nicht allein. Diese Menschen auf ihrer Seite wissen aber, worauf sie sich einlassen, anders als du. Die Sache mit Shinichi kannst du getrost mir überlassen. Ich werde ihm zwar ins Gewissen reden, aber ihn auch loben. Eigentlich bin ich ja stolz auf meinen Bruder. Dich dazu zu holen, damit bin ich aber nicht einverstanden. Der spinnt jawohl!“ Gerade als Shina das gesagt hatte, klingelte es und sie horchte auf. „Das wird wohl Ryochi sein…“ „Dann lass ihn rein.“ „Nein, ich geh jetzt besser“, meinte Shina, der es bereits wieder ein Stück weit leid tat, dass sie ihre Mutter so angeschnauzt hatte, das geschah bloß in ihrer Sorge. „Hör auf meine Worte, ich will nur nicht, dass irgendwem etwas Schlimmes widerfährt. Keinem soll etwas widerfahren, verstehst du? Denk einfach mal darüber nach. Ich bin morgen im Präsidium. Wenn ich da fertig bin, lad ich dich danach zum Essen ein. Ich bin nicht nach Japan zurückgekehrt, nur um mit dir zu streiten.“ Yukiko war jetzt wesentlich ruhiger und sah ihrer bildschönen Tochter ins Gesicht. „Tut mir leid, wenn ich ein bisschen zornig war… Als Shinichi mich um den Gefallen gebeten hat, war er doch ganz schön verzweifelt, wie hätte ich ihn denn je enttäuschen können? Außerdem wollte ich mich selbst vergewissern, dass meine Freundin auch wirklich eine Freundin ist. Ich habe sie ganz schön provoziert und sie hat ihre dumme Waffe auch auf mich gerichtet, aber das kann mich doch nicht beeindrucken. Das tun wir Schauspieler ständig in Filmen, wenn es verlangt wird. Sie kann mir nichts vormachen und ich muss zugeben, dass sie ein Stück weit auch – erschreckender Weise – ganz schön versagt hat, was ihre Schauspielerei angeht. Sie war emotionaler, als ich geglaubt hätte.“ ‚Na, dann hoffen wir mal, dass der Grund nicht eine Schwangerschaft ist. Gegen diese Art von Emotionalität ist man nicht gefeit. Man kann nichts dagegen tun…’ Obwohl das total grausam war, zu denken, sie wünschte nicht, dass jetzt auch noch so was passierte. Sie könnte das Kind unmöglich behalten, obwohl sie eine Abtreibung wohl nie über sich bekommen würde – da war sich Shina vollkommen sicher. Dieser Kerl hatte ihr gnadenlos das Herz gestohlen – damals verstand die Detektivin nicht einmal, was sie an dem Typen fand, dann hatte er neben Jamie gestanden und ihn aufgefangen, als er es gebraucht hatte. Der war wirklich fix und fertig gewesen. Keinen Mann hatte sie je so schrecklich zusammenbrechen sehen… Obwohl Sêiichî in ihren Augen sehr leidend ausgesehen hatte, nicht viele hatten bemerkt, wie nahe ihm diese Sache gegangen war. Er war einfach nur da und hatte versucht die Sache hinzunehmen – ohne ihr dabei in ihren Plänen im Weg zu sein. Nein, er hatte dazu beigetragen, die Sache durchziehen zu können. Auch wenn es wirkte, als wäre er nur gekommen, um die Show zu beobachten, so war er wichtiger Bestandteil gewesen. Jamie hatte so jemanden wirklich gebraucht. Es würde sie nicht wundern, wenn Vermouth ihn darum gebeten hatte – oder er kam von selber auf die Idee. Sie hatte doch mit Sicherheit gewusst, dass viele Menschen kommen würden, die sie schätzten und liebten. Das kostete auch unheimlich viel Kraft, so eine Sache durchzuziehen. Man hatte der Schauspielerin aber nichts, rein gar nichts davon angesehen… Nicht mal eine pfiffige Frau wie ihre Mutter hatte das mitbekommen…   Es wunderte den 23-jährige schon, als Shina einfach so aus dem Haus kam und er nicht reingebeten wurde. Ihr Gesicht sah auch alles andere als gut gelaunt aus. Er fragte nicht gleich in der Tür, was los war, sondern empfing sie mit einem Kuss auf die Lippen, ehe er mit ihr zu seinem Auto ging, um ihr die Tür zu öffnen, wie man es sonst vom klassischen Gentleman kannte. Als er sich dann auf den Fahrersitz niederließ, startete er nicht postwendend den Motor, auch nicht, als sie sich schon angeschnallt hatte. „Solltest du nach einem Besuch bei deiner Mutter nicht etwas besser gelaunt sein? Sag nicht, dass ihr euch gestritten habt?!“ Er riet jetzt einfach ins Blaue. So etwas war der Nachteil daran, wenn man sich einen Detektiv angelte – er würde immer Fragen stellen und einem bestimmte Dinge auch noch ansehen. Wenigstens konnte man behaupten, dass das ein gegenseitiges Leid war, was sie teilten, immerhin war sie auch eine Schnüffelnase. „Meine Mutter hat grundlegende Dinge noch nicht ganz begriffen“, antwortete Shina mit einem Seufzen und wirkte im Anschluss gleich so, als sei Yukiko wie immer sehr anstrengend gewesen, denn deren Tochter griff sich an den Kopf, dabei sollte sie Stress wohl eher vermeiden. Da machte sich Ryochi ja fast Sorgen. „Achje, diese Frau. Was hatte sie denn jetzt schon wieder für ein Problem?“ Man konnte relativ schnell den Eindruck gewinnen, dass der 23-jährige seine zukünftige Schwiegermutter nicht leiden konnte, aber der äußere Schein täuschte natürlich mal wieder. Selbstverständlich war diese Frau sehr anstrengend, aber Shina war nun auch nicht gerade der einfachste Mensch. Ohne zu wissen, was genau im Haus vorgefallen war, war ihm aber schon aufgefallen, dass Shina die Gunst der Stunde genutzt hatte, um zu fliehen. Wäre nichts gewesen, hätte sie ihn wohl eher noch reingebeten und wäre nicht gleich zu ihm nach draußen gekommen – obwohl es zweifellos schon spät war. „Willst du es mir nicht sagen?“ hakte er vorsichtig nach und sah ihr dann forschend ins Gesicht. „Es ist eher so, dass es da Dinge gibt, die ich ihr nicht sagen will. In der Sache bin ich auch relativ froh um die Verschwiegenheit so mancher Person. Außerdem muss ich froh und dankbar sein, wenn da ein paar Leute nicht großen Hass auf mich schieben. Leute, die du kennst und vielleicht magst.“ „Was? Was soll das denn bitteschön heißen? Wer hat denn nun schon wieder etwas gegen dich?“ „Niemand, keine Sorge“, sagte sie, den Kopf schüttelnd und Ryochi nun ein Lächeln schenkend. „Ich wollte dir nicht glauben, aber du hattest vermutlich mal wieder Recht. Das nächste Mal sollte ich dir vielleicht glauben, wenn du sagst, dass du eine Person schon lange kennst und für denjenigen die Hand ins Feuer legst. Er ist wirklich ein guter Kerl. Schauen wir mal großzügig über seine Macken hinweg.“ Ryochi war sehr verwirrt, obwohl er natürlich nicht fragen musste, von welcher Person sie jetzt sprach. Es gab da eine gewisse Person, die seine Verlobte nicht ausstehen konnte, von welcher Ryo aber immer wieder gesagt hatte, er sei eine absolut durch und durch gute Person. Natürlich klang das übertrieben, immerhin hatte er sehr zweifelhafte Bekanntschaften… „So ganz verstehe ich nicht, was du mir damit schon wieder sagen willst“, seufzte er, immerhin hatten sie eben noch von ihrer Mutter gesprochen und im nächsten Atemzug redete sie von seinem Freund. „Welche Geheimnisse hast du diesmal?“ fragte er, ohne dabei beleidigt zu klingen, dass sie wagte, ein Geheimnis zu haben, was er noch nicht kannte. Trotzdem wollte er gerne daran teilhaben. „Nichts Dramatisches, wirklich.“ „Das klang aber gerade anders“, murrte er, wollte sich aber nicht so abspeisen lassen. „Ursprünglich wollte ich meiner Mutter die Leviten lesen“, erwiderte Shina, „wegen ein paar Dingen, die sie mit meinem Bruder abzieht, ohne jemand anderen einzuweihen. Du weißt schon, mein Bruder hat dieses Gift eingeflößt bekommen, das diese Organisation über Jahre hinweg entwickelt hat. Deswegen rennt er jetzt als kleiner Junge durch die Gegend, spielt aber immer noch gern den Großen. Einerseits kann ich es verstehen, denn er will wieder zurück in sein altes Leben, aber den Eifer, den er deswegen an den Tag legt, rührt leider nicht daher, dass er für Gerechtigkeit sorgen möchte, sondern mehr einer Art Rache. Dabei geht er ziemlich stürmisch und rücksichtslos vor. Ich habe da von so einem Fall erfahren, da hat mein Bruder seine eigene Mutter auf Vermouth losgelassen, obwohl er nun wirklich nicht von sich behaupten kann, sie so gut zu kennen, dass er die Lage zweifellos einstufen kann. Er geht einfach mal davon aus, dass ihre Freundschaft zu unserer Mutter ausreicht, dass sie ihr nichts antut. Ich meine, gut okay, damit hat er sogar Recht, aber er kann das alles gar nicht so genau wissen… Macht der einfach so was… Und da waren noch andere Personen involviert, als nur sie. Das hätte übel ausgehen können. Ich kenne ihre Prinzipien ziemlich gut, will ich meinen. Das musste ich meiner Mutter verklickern. Daraus schloss sie dann gleich, dass ich ihr Horrorstorys von ihrer Freundin erzählen will.“ Nun seufzte sie, denn sie fand es wirklich schlimm, wenn man so etwas von ihr annahm. Ausgerechnet ihre eigene Mutter – nicht einmal Sêiichî dachte solche Sachen von ihr… „Oh man“, entfuhr ihm, dann legte er seine Hand auf ihre Wange, wo er sanft drüber strich. „Bestimmt hat sie nur Angst. Wer weiß, was dein Bruder ihr für Sachen erzählt hat?“ „Das, was er weiß?“ Sie war immer noch schockiert davon, wie wenig Informationen er ihr wirklich gegeben hatte. „Ich war ganz knapp davor, ihr an den Kopf zu knallen, was ich vor über einem Jahr in Amerika gesehen habe. Was damals vorgefallen ist, habe ich so gut wie niemandem erzählt, weil es schrecklich war und ich es am liebsten irgendwo tief in mir verdrängen wollte, um damit abzuschließen. Dass ich der Organisation in die Arme gelaufen bin, war nur die halbe Wahrheit, Ryochi. Ich habe so manche Sache totgeschwiegen. Allerdings denke ich, dass ich dir das sehr wohl sagen kann.“ „Du weißt, dass du mir alles sagen kannst…“ „Ja, weiß ich“, erwiderte sie und legte ihre Hand jetzt auf seine, die noch auf ihrer Wange ruhte. „Ich wurde regelrecht gejagt in Amerika. Damals war ich noch so was wie Freiwild für die Organisation. Mittlerweile haben sie die Sache zwar begraben – weiß der Geier wieso – ganz schön dumm eigentlich, aber wer weiß, was dahintersteckt?! Man kann froh sein, dass ich in Amerika nicht auch noch Syrah begegnet bin. Für die Sache hätte sie mir Blei zu fressen gegeben, obwohl ich nichts dafür konnte – theoretisch. Sie verdreht zu gern Tatsachen, um ihre Handlungen zu entschuldigen… Die würde mich ja umbringen, wenn ihre Mutter einen Kratzer abbekommt. Dafür hätte sie mir sprichwörtlich die Gurgel umgedreht. Zu dem Zeitpunkt hätte ich das sogar verstanden. Ich dachte auch, dass Sêiichî wütender sein würde – dass er mich verteufeln würde, dass diese Sache nur meinetwegen passiert ist.“ Ryochi merkte, dass sie noch ein bisschen um die Sache herum redete – es war also eine nicht sonderlich schöne Sache, wahrscheinlich war es irgendein Horror, den sie nur schwer ausgesprochen bekam. „Welche Sache ist da denn passiert? Ich weiß nur, dass Sêiichî nicht allein in Amerika war. Jamie war bei ihm und er telefonierte einmal mit mir, dass sie länger bleiben, weil irgendetwas vorgefallen sein soll. Ich soll mir aber keine Sorgen machen – so redet er immer – gerade dann muss man sich allerdings Sorgen machen.“ „Schlimme Sachen“, murmelte sie, dabei sah sie leicht auf ihre Knie. „So schlimm, dass ich mir wünschte, die Zeit zurückzudrehen, Ryochi.“ Ein leicht mitleidiger Blick lag auf seinem Gesicht, als sie das so sagte. Shina sagte so etwas nicht, wenn etwas nur halb so wild war – nein, es musste wirklich sehr schlimm gewesen sein. „Die Typen, die dich gejagt haben, was ist mit denen passiert?“ Der Detektiv dramatisierte in keiner Weise, er wusste nur, dass solche Leute nicht einfach auszuschalten waren – daher musste ja irgendetwas mit ihnen passiert sein. „Drei von ihnen wurden erschossen“, meinte sie direkt, ohne zu sagen, von wem und auf welche Weise genau. „Drei Weitere sahen es als ihre Pflicht an, denjenigen zu bestrafen, der es gewagt hat, ihnen dumm zu kommen.“ Aus irgendeinem Grund glaubte Ryochi nicht, dass Shina sie erschossen hatte – sie war nicht schnell in derartigem, nicht wenn es sich vermeiden lässt. Außerdem wollte er gerne glauben, dass es ihr möglich gewesen war, das zu verhindern. Sie waren keine Detektive, die so etwas gerne taten, ganz im Gegenteil. „Und weiter?“ hakte er nach. „Ehrlich gesagt habe ich sie nicht für so dämlich gehalten, den Versuch zu starten, sich mit denen anzulegen. Obwohl sie aus dem Hinterhalt gekommen sind und ganz feige auf sie geschossen haben, wollte sie denen mal so richtig Manieren beizubringen - es widerstrebte ihr wohl, vor diesen Kerlen zu kuschen. Aber die Typen störte eher weniger, dass sie von einer Frau beschossen wurden, die störte mehr der Grund, warum sie es gemacht hat.“ Man konnte sagen, dass Ryochi das schon ein wenig schockte, so wie Shina davon erzählte, hatte sich diese Person ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt. Ein bisschen ahnte er schon, dass das ja unmöglich gut ausgehen konnte. „Sie sagten, dass es ja nicht das erste Mal ist, dass sie quer schießt und es ihnen jetzt reicht… Die haben sie regelrecht niedergemetzelt.“ Nun hatte Shina die Augen zugekniffen, weil die Erinnerung so bildhaft und lebendig wieder in ihr aufkam, als wäre es gerade erst geschehen. „Wie Killer ticken, weiß ich – und verdammt noch mal; sie weiß es noch besser! Zu dem Zeitpunkt konnte ich das einfach nicht kapieren… Nachdem sie unzählige Male auf sie geschossen hatten, suchten sie weiter nach mir. Dass ich mich verkrochen hatte mit meiner lapidaren Verletzung, von der sie dachten, sie sei so schlimm, dass ich nicht weit komme, wussten sie nicht. Sie glaubten, ich sei längst davon gelaufen und ihre Aktion sollte sie nur lange genug aufhalten, dass ich abhauen kann. Aber sie räumten ihr auch keinerlei Überlebenschance ein. Sie machten sich darüber noch lustig, dass ihr keiner mehr helfen kann… Als die endlich weg waren, bin ich zu ihr gestürmt – erst war ich wütend und schimpfte mit ihr, dann war ich traurig, zerrissen und wollte alles ungeschehen machen. Mich entschuldigen, mich bedanken – etwas in die Richtung. Sie sagte, dass sie ja nicht zulassen kann, dass der Familie ihrer Freundin etwas zustößt. Dass sie das machen musste und ich ihr verzeihen soll…“ Shina fasste sich ins Gesicht und atmete etwas schneller. „Jamie muss ihr gefolgt sein… Denn er kam schneller, als ich mein Handy zücken konnte, um Hilfe zu holen. Ich dachte, die werden mich umbringen. Sêiichî war nämlich auch da. Der war regelrecht erstarrt, als er sie am Boden liegen sah. Ich glaube, in dem Moment dachte er wirklich, dass alles vorbei ist. Ich übrigens auch. Ich dachte, dass sie das doch unmöglich überleben kann, Ryochi. Jamies Mutter arbeitet im Krankenhaus – die hat sich dieser Sache dann auch angenommen.“ Es kam Ryochi vor, als versuche seine Verlobte gerade ruhig zu bleiben, obwohl sie es nicht war. Das wusste er einfach, außerdem nahm er ein schwaches Zittern ihres Körpers wahr und entschloss sie vom Gurt zu befreien, um sie leicht zu sich heran zu ziehen. So ganz realisiert hatte der Detektiv noch nicht, um wen es sich bei dieser Person gehandelt hatte, die sie so ungern benennen wollte. Aber er schätzte jetzt einfach mal auf dieselbe Person, die seinem Freund vor knappen neun Jahren das Leben gerettet hatte. Musste diese Frau eigentlich so die Heldin spielen? Warum überließ sie das nicht Männern? Er nahm sie sanft in die Arme und wollte ihr seine starke Schulter zum Anlehnen anbieten, weil er gerade der Meinung war, sie bräuchte diese. „Ich weiß, wie du dich gefühlt haben musst“, flüsterte er. „Das erdrückende schlechte Gewissen, als sie da so lag, ist nichts im Vergleich zu dem, was ich fühlte, als die Ärztin aus dem Raum kam, um uns mitzuteilen, dass sie gestorben ist…“ Nun drückte Shina ihre Stirn an Ryochis Schulter und dieser holte einmal Luft. Und das hatte sie mal wieder alles alleine mit sich herumgetragen. Warum machte sie so was nur immer? Nur eines an der Sache löste Skepsis in ihm aus. „Eigentlich dachte ich, dass du von Vermouth sprichst, die ist aber nicht tot. Wer also war es?“ „Ihre Mutter Sharon“, antwortete Shina knapp und fühlte sich fast so, als wenn sie ihn mit diesem kurzen Satz auch noch anlügen würde. „Ach du scheiße…“ Ryochi hatte gemischte Gefühle, was das anging. Wenn er sich vorstellte, wie es war, wenn die  Mutter  umgebracht wurde, dann… Trotzdem glaubte er, an dieser Geschichte war etwas seltsam – er wusste noch nicht wieso, aber irgendwas störte ihn. Was nur? „Ich denke, du musst mir ein paar Sachen näher erklären – obwohl Sêiichî zwar mittlerweile gelernt hat, ein bisschen mehr zu reden, unter ihrem Einfluss hat er sich nämlich zur Verschwiegenheit entwickelt“, stöhnte er genervt auf. Dieser Baka dachte immer, dass er ihm nicht alles sagen könnte, wahrscheinlich verstand der sich manchmal selber nicht so wirklich. Er ertrug nicht sonderlich gut, wenn man ihm sagte, in  ihrem Bann  zu sein. Deswegen erzählte er die unschönen Sachen mit Vorliebe gar nicht erst. Weil  sie alle  seine Freundin eben mögen sollten. Dabei war Ryochi niemand, der sich allzu schnell Urteile erlaubte. Eine Person nach einer einzigen Tat zu beurteilen war nicht richtig. Gerade, wenn es darum ging, ob man jemanden mag, oder nicht. Dann würde er Sêiichî wohl auch nicht so gern haben, wenn er so wäre, oder etwa nicht? Ihm ließ er ja auch vieles durchgehen – auch so Sachen, die nicht in Ordnung waren. „Ich kann mir denken, was du wissen willst. Bestimmt geht es dir um die Bindung von Sêiichî und Sharon“, sagte Shina, er schüttelte jedoch den Kopf, obwohl es teilweise schon stimmte – die Sache war verwirrend. „Nein, nicht ganz – ich bin eher verwundert, dass  ihre Mutter* auch der Organisation angehört… Du sagtest, dass Sêiichî aussah, als sei alles vorbei und du auch. Das klingt für mich merkwürdig.“ Der Detektiv hielt seine Verlobte weiterhin im Arm, schaute jetzt aber zur Scheibe hinaus. Ihm gefiel die Sache ganz und gar nicht. Warum sollte Sêiichî schließlich denken, alles sei vorbei. Das traf nur zu, wenn Sharon… „Seinem Gesichtsausdruck zu urteilen, weiß er bestens über diese Frau bescheid“, meinte die Hellbraunhaarige, wobei sie sich ein bisschen mehr mit dem Kopf an den Mann drückte. „Das war nicht der Blick eines Mannes, der die Mutter von seiner Geliebten halbtot aufgefunden hat, sondern eher der Blick, den er zeigen würde, wenn’s die Geliebte ist.“ Damit hatte Shina eigentlich schon des Rätsels Lösung präsentiert – immerhin war Ryochi Detektiv. „Ich meine mich zu erinnern, dass ich etwas im Fernsehen sah. Die Presse hat damals Sharons Tochter ziemlich belagert und unverschämte Fragen gestellt, die auf einer Beerdigung nichts verloren haben. Das fand ich schon damals irgendwie ekelerregend. Aber eigentlich typisch Paparazzi.“ „Ach, meinst du diese Fragerei um ihren Lover, ob er wohl erscheinen wird? Oder diese stichelnden Fragen, wer ihr Vater sei?“ „Auch – sie fragten auch, wo sie zur Schule gegangen sei… Jetzt versteh ich das erst, was die ihr damit sagen wollten. Es ist absolut gar nichts über diese Frau bekannt – weder ihr Vater, noch sonst eine Lebensgeschichte… Sie ist einfach nur da.“ „So sieht’s aus – dem heiligen Geist entsprungen“, sagte die Detektivin. „Ohje – da frage ich mich glatt, wem Sêiichî da sein Herz wirklich schenkt. Chris oder Sharon.“ „Darüber streiten sich die Geister. Wahrscheinlich der Person, die sie bei ihm ist. Was sonst? Wer weiß, was die ihm präsentiert? Das kann man bei dieser Frau nie so genau sagen.“ Auf der anderen Seite war es nur ein Name. Das musste den Typen nicht kümmern, solange sie am Leben war, oder nicht? Wenigstens hatte er nicht allzu lange unter diesem Verlust gelitten. Im Krankenhaus hatte er zumindest schon etwas fertig ausgesehen, so sehr er versucht hatte, es sich nicht anmerken zu lassen – wahrscheinlich wegen Jamie. Er wollte den Starken spielen, damit Jamie dort zusammenbrechen konnte. Sêiichî hatte so gewirkt, als wenn er alles unterdrückte, was er gefühlt hatte, nur um seinem Onkel nicht zur Last zu fallen. Anscheinend war das auch notwendig. Er musste sehr verzweifelt gewesen sein, bis zu dem Augenblick, als Chris Vineyard auf der Beerdigung erschien. Sogar Shina hatte bis zu dem Zeitpunkt geglaubt, dass Sharon wirklich gestorben war. Welch grausame Vorstellung, immerhin war es ihre Schuld gewesen. Zusammen mit ihrer Mutter dann diesem Begräbnis beizuwohnen, hatte sich furchtbar angefühlt, weil sie nicht einmal gewagt hatte, zu sagen, warum sie so plötzlich gestorben war. Sie hatte ihre Mutter mehrmals sagen hören, dass sie dafür doch noch viel zu jung war – den wahren Grund hatte man ihr verschwiegen. Joanne musste mit noch jemandem gemeinsame Sache gemacht haben, sonst wäre es ihr nicht möglich, die Todesursache dermaßen hinter dem Bach zu halten. Schlimm genug, dass Jamie, Sêiichî und sie selbst wussten, was passiert war. So wirklich nachvollziehen konnte Ryochi es nicht, aber er hatte schon oft davon gehört, dass sich eine ältere Frau einen jungen Kerl suchte, um sich jung fühlen zu können – allerdings sah Chris auch nicht *alt* aus. „Aber da Sêiichî einen engen Kontakt zu ihr pflegt, ist ihr Alter nicht das einzige Geheimnis. Es benötigt schon etwas mehr, als nur Make-up, um so jung auszusehen. Im Zeitalter der Schönheitschirurgie muss man sich ja fragen, wie viel an ihr echt ist.“ Es war das erste, was er sich dachte. „Ich weiß, eine Hollywoodschauspielerin hat die nötigen Mittel für so etwas, aber glaub’ mir, an ihr ist alles echt“, versuchte Shina ihm klarzumachen. „Gut gehalten, oder was?“ Es fiel ihm schwer, das zu glauben. „Ach weißt du, mein Bruder geht wieder zur Grundschule und der wird demnächst 18. Zwar habe ich keine Beweise, oder so etwas, aber die Schwarze Organisation strebt nach ewigem Leben – das ist ihr Ziel. Ihre Forschungsabteilung arbeitet an einem Mittel, was die Zellen des menschlichen Körpers so weit manipulieren kann, dass man nicht so schnell altert. Das ist auch schon alles. Die Miyanos haben sich seit Jahrzehnten diesem Projekt verschrieben und waren so weit, den Alterungsprozess rückgängig zu machen. Es gibt ein paar erfolgreiche Versuchsobjekte, die an einer Studie teilgenommen haben – so ganz freiwillig, soweit mir bekannt ist. Ich kann mir jedenfalls vorstellen, dass einige Leute sich für so etwas gerne zur Verfügung stellen.“ „Ewige Schönheit klingt schon verlockend, aber da gibt es sicher so manchen Haken. Darüber muss sich diese Frau doch im Klaren gewesen sein…“ Das alles war doch Idiotie, aber vor allem Frauen hatten unheimliche Angst davor, alt zu werden. „Ich kann dir nicht sagen, ob sie tatsächlich so irre ist, dass sie da freiwillig mitgespielt hat. Ich bezweifle es stark. Wenn man das nämlich freiwillig macht, darf man sich am Ende auch nicht beschweren, wenn etwas schief geht. Ehrlich gesagt, nach außen hin, ist auch alles perfekt gelaufen. Daher glaube ich, dass sie gezwungen wurde. Selbst wenn man sie fragen würde, sie würde zu dem Thema wahrscheinlich keine Antwort geben – aus welchem Grund auch immer. Das nimmt sie bestimmt mit ins Grab.“ Diese Geheimniskrämerei konnte einem wirklich bitter aufstoßen, aber wer wusste schon, was dahintersteckte? Mangelndes Vertrauen? Angst vor Enttäuschung? Da gab es viele Möglichkeiten. Vielleicht wollte sie sich auch ihre eigenen Fehler nicht eingestehen. „Unglaublich, wie verschieden die Beiden sind, das ist eher erschreckend. Sharon war doch eher die Art Frau, an der man sich orientieren kann, die ein gutes Bild nach außen abgibt, ihre Tochter“, Ryochi lachte auf, „so das typische Miststück, vor dem man besser wegläuft. Eine Frau, die man den Schwiegereltern nicht präsentiert. Man muss sein Niveau schon ziemlich runterschrauben, um so jemanden zu verkörpern. Ich bin ehrlich ein bisschen entsetzt.“ „Tja – manchmal ist sie wahrscheinlich selber entsetzt von ihrer eigenen Perfektion“, sagte Shina mit den Schultern zuckend. „Ich schließe nicht mal komplett aus, dass die Person, die sie als Chris ist, die echte ist und Sharon das Cover-up, um sich selbst zu beschützen. Ich glaube, bis zu dieser einen Sache hat sie tatsächlich, vermieden in der Gestalt von Sharon irgendwen zu töten… Hat sich am Ende ja auch fein selber bestraft. So gesehen zwei Fliegen mit einer Klappe. Die Organisation hätte sie nicht in Ruhe gelassen, wenn sie es überlebt hätte. Da dachte sie wohl, beendet sie das Ganze gleich ganz. Man kann nur hoffen, dass sie dabei nicht ganz vergisst, wer sie mal gewesen ist. Danach war *Vermouth* nämlich ganz schön unleidlich.“ Das war milde ausgedrückt, fand Shina. „Ich erinnere mich, Sêiichî sagte etwas in die Richtung, dass es ihn sehr viel Mühe gekostet hat, sie wieder runterzuholen. Weiß nur leider nicht, von welchem Ross er sie runterholen musste… So genau war er dann auch nicht – wieder einmal.“ „Na hör mal, es war nicht so geplant. Sie hatte nie vor, ihr *normales Leben* zu begraben. Chris war ja immer das Miststück, was für all ihre Schandtaten herhalten musste. Sie hat das gemacht, um alles besser zu ertragen.“ „Du bist ja ein wahrer Experte, was das angeht – du sagst das so selbstverständlich, als wenn du in ihren Kopf schauen könntest.“ „So weit würde ich nie wagen zu gehen – aber ich kenne Leute, die sich in andere noch mehr hineinversetzen können, als ich.“ Wen genau sie in dem Moment meinte, verriet die Detektivin nicht – aber  auf sein Urteil  war durchaus Verlass. „Sêiichî meinte einmal, er kann sie nicht im Stich lassen, sie braucht ihn.“ Shina dachte über diesen Satz einen Moment nach, entschied sich aber, nichts dazu zu sagen. Dumm war der Kerl nicht – er wusste wahrscheinlich ganz genau, dass er einen guten Einfluss auf sie hatte. Aber wehe dem, irgendwer würde ihr das auf den Kopf zusagen, das würde ihr bestimmt nicht gefallen. Wahrscheinlich war Sêiichî auch eine der wenigen Personen, wenn nicht sogar die Einzige, die Chris Vineyard ertragen konnte. Die anderen liefen ja regelrecht vor ihr weg und mieden sie. Wirkliche Freunde hatte sie keine, ganz anders als ihre Mutter, sie hatte einen großen Freundeskreis, viele Bewunderer und Verehrer, genauso wie viele Menschen um sich herum. Um Chris scherten sich vorwiegend Idioten – traurig aber wahr. Die zog schlechte Menschen an wie die Schmeißfliegen. Es war sehr schwer, wenn man von schlechten Menschen umgeben war, nicht selbst schlecht zu werden, daher konnte man Sêiichî schon als eine wichtige Person bezeichnen, der sie vor dem Absturz bewahren konnte. Dass er mehr als ein guter Freund war, war in dem Fall noch wichtiger, weil er ihr etwas geben konnte, was man einer Frau wie ihr eher nicht gab. Liebe. Nein, solche Frauen waren Mittel zum Zweck und bekamen dementsprechend nur die Flachheit der Leute zu spüren. Nicht einmal ein Kerl wie Chardonnay kam damit klar, wie Vermouth sich verhielt. Er kannte Sharon wirklich sehr lange und konnte mit ihrer Tochter so gut wie nichts anfangen. Es kotzte ihn an, das wusste Shina. Höchstwahrscheinlich bewahrte sie ihr Rollenspiel bei ihm besonders kräftig, nur um ihn zu ärgern. Bei Sêiichî war Chris bestimmt nicht so konsequent, das konnte sie sich nicht vorstellen. Auch ein Verrückter, wie er, würde irgendwann sonst gewiss vor ihr türmen.   Detektei Môri – 23:50   Dass seine Mutter neugierig war, war nervig, aber nicht zu ändern und gewiss konnte man daraus einen Vorteil ziehen, aber dass Ran jetzt auch so anfangen wollte, gefiel dem Jungen nicht. Sie interessierte sich noch nicht einmal für seinen Fall, sondern für einen anderen. Der missfiel ihm noch mehr, aber anscheinend war Amuro auch wenig gewillt, ihr zu helfen, sonst wäre der Kleine sicher aus seinem Versteck gekrochen. „Oh, die Bilder sind zu ende übertragen“, sagte Ran plötzlich, zusammen damit änderte sich ihr Blick schlagartig in etwas total Fröhliches. „Die sind nämlich von heute musst du wissen. Ich habe sie niemandem gezeigt. Willst du sie sehen?“ Da hatten sie es, Ran zeigte Amuro Bilder vom Handy, was Conan nicht kannte – warum machte die das mit ihm? Sie konnten sich alles in Groß-Format auf dem PC ansehen. Sie klickte zweimal und dann waren sie auf dem großen Bildschirm sichtbar. Das Einzige, was der 7-jährige aus seinem Versteck sehen konnte, war die Verwunderung in Amuros Gesicht. „Das ist aber ungewöhnlich…“ Verblüfft sah Ran in Amuros Gesicht, der direkt neben sie gekommen war, so dass sie dicht an dicht saßen und sein Gesicht fast ihres berührte. „Was meinst du damit?“ „Also, dass sie sich fotografieren lässt.“ „Du redest, als würdest du sie besser kennen“, erkannte Ran und reichliche Skepsis trat nun in ihrem Gesicht hervor. „Du hast dich doch nicht etwa privat für sie interessiert?“ Sofort sah man ein leicht nervöses Zucken in Amuros Gesicht, dem es eigentlich nicht ähnlich sah, sich so zu verplappern, der aber von Rans Cleverness mehr als nur  beeindruckt war und sie mit Schweißtropfen ansah. „Aber mir nicht helfen wollen – phe~“, meinte sie beleidigt und damit kriegte sie ihn nun wahrscheinlich. „Willst du mir nicht die Wahrheit sagen?“ Er sah den sanftmütigen Blick gemischt mit ein klein wenig Sorge. „Ich habe das Gefühl, jeder verschweigt etwas. Also?“ „Ich habe mich nur gewundert. Gerade in Fankreisen reden sie davon *she’s hard to catch* und du machst einfach Fotos mit ihr“, redete sich der Blonde heraus – in dem Moment starb Conan wahrscheinlich tausend Tode, weil er vor Neugierde zerging. „Tja – bin eben etwas Besonderes“, sagte Ran, die Amuro jetzt frech die Zunge rausstreckte, es aber gar nicht so eingebildet meinte, wie sie es sagte. „Sie hat mir in Amerika ja sogar ein Taschentuch gegeben – aber dieser Chaot versteckt es vor mir. Das wird er noch bereuen.“ Das Mädchen zeigte Halbmondaugen. „So ein wichtiges Erinnerungsstück vor mir zu verstecken, nur weil ich mich nicht mehr an den Fall in New York erinnern soll. Da musste ich ja improvisieren“, erklärte Ran und lächelte jetzt traurig. „Das letzte Mal habe ich versäumt Fotos zu machen. Ich habe so viele Fotos von New York, nicht ein einziges von diesem wichtigen Treffen. Für mich war es wichtig.“ „Du redest tatsächlich so, als würdest du in der Tat annehmen, dass Sharon und Chris ein und dieselbe Person sind.“ ~**Boing**~ Beide schraken auf, als sie das Geräusch hörten, als wäre jemand gegen etwas gedonnert… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)