Aufstieg und Fall des Sonnenkönigs von Switch ================================================================================ Kapitel 1: ----------- „Du hast noch eine Menge zu lernen, mein Sohn.“ Die Stimme von Anasterian Sonnenwander klang herzlich, als er von einem Balkon auf seine Heimat hinabsah und sein Sohn, gerade einmal vierzehn Jahre alt, seine ersten Kunststücke lernte. Er hatte es bereits geschafft, ihm auszutreiben, seine jüngst gelernten Feuerzauber an Strohfiguren zu üben. Trotz der Aufsicht mehrerer Wachen geschah es immer wieder, dass der junge Prinz irgendetwas in Brand steckte – wenn nicht sich selbst, dann irgendetwas in seiner Umgebung. Kein Meister war bekanntlich vom Himmel gefallen und zu Kael’thas' Glück lebten Hochelfen lange genug, sich nicht nur ein immenses Wissen anzusammeln, sondern auch ihre Fähigkeiten in jedweder Form zu verfeinern. Momentan war er noch ein Spross, nur ein kleines Kind, das mit der Magie spielte. Aber auch in diesem spielerischen Umgang spürte der junge Prinz die Energie, die ihr ganzes Land umgab und sog die frische Luft in seine Nase, ehe er mit einer Drehung um sich selbst über den Balkon spazierte und die Arme ausstreckte. Er ließ sich die Morgensonne ins Gesicht scheinen und öffnete die strahlend blauen Augen erst, als er eine Stimme zu seinen Füßen vernahm „Kael!“, ließ sie verlauten. Wiederholt rief die Stimme hinauf. Anasterian hatte ein Lächeln im Gesicht und er nickte, als er merkte, dass der Blick seines Sohnes auf ihm lag. Um sich davon zu überzeugen, dass diese unverkennbare Stimme wirklich einem Freund gehörte, stürmte er an die Fassade des Balkons und lehnte sich gefährlich weit nach vorn. Er erkannte die markanten Züge der Quelle dieser Stimme sofort. Sein schwarzes Haar wirkte untypisch für die Hochelfen, doch umspielten die dunklen Strähnen seine Gesicht und hoben sowohl die blasse Farbe seiner Haut als auch das kräftige Blau seiner Augen hervor. Kael’thas hatte schon mitbekommen, wie einige junge Mädchen über ihn geschwärmt hatten. „Ich komme!“ Einen kurzen Blick schenkte Kael’thas seinem Vater noch, sie tauschten ein Lächeln aus und dann war der Prinz verschwunden, um sich seinem Freund, Selin Feuerherz, anzuschließen. Mit einem Kopfnicken begrüßten sich die beiden und verschwanden hinter einem Gebäudekomplex. Ihr Weg führte sie durch Silbermond. Sie folgten der Straße, lange und ohne auch nur ein Wort zu reden, weil beide so fokussiert auf ihren Weg waren und so rasch zu Fuß unterwegs, dass Gespräche ihnen nur den Atem nehmen würden, den sie für diese Strecke benötigten. „Da, da vorne sind sie!“ Selin hatte Kaels Handgelenk ergriffen und war mit ihm vorangestürmt. Hinter der Fassade eines kleinen Stalles versteckten sie sich zwischen Falkenschreitern und der Verzierung der Veranda. Eigentlich gab es keinen Grund für den Prinzen von Quel’thalas, irgendetwas heimlich zu machen, allerdings hatte Selin ihm schon mehrfach beigepflichtet, als er davon geredet hatte, dass sie die Ranger bei ihrem Training ja nicht stören sollten. Mit einem Mal war es den Jungen ganz anders. Kael’thas spürte, wie Selin an seinem Ärmel zupfte, aber er konnte seinen Blick nicht von den Elfen lassen, die, anders als sie auf der Insel der Sonnenwanderer, deutlich älter wirkten. Viele hatten Narben, die ihre Gesichter zierten, ihrer Schönheit aber keinen Abbruch taten, Männern wie auch Frauen. Sie konnten eine kleine Gruppe Ranger ausmachen, die an Zielscheiben trainierten. Zwei Erwachsene, wahrscheinlich schon tausende von Jahre alt und daneben ihre Kinder. Die älteste der Geschwister stand hinter ihren Schwestern und Brüdern und bedeutete ihnen, wie man einen Bogen richtig spannte. Während Selin sich an den Jägern gar nicht satt sehen konnte, die gerade einen Luchs erlegt und diesen nun zur weiteren Verarbeitung präparierten, beobachtete Kael das Training dieser kleinen Gruppe. Jetzt, wo er so zusah, erinnerte er sich daran, was einer seiner Meister ihm erzählt hatte: Seit Generationen war es die Windläufer-Familie, die den Posten der Generäle einnahmen und ihrem Volk und ihrem König stets treu gedient hatten. Wenn er sich also richtig erinnerte, musste die Älteste von ihnen Alleria Windläufer sein. Er hatte gehört, dass man in höchsten Tönen von ihr sprach und sie, wie auch ihre Geschwister, genau wie ihre Vorfahren, außerordentlich Ranger werden würden. Kael’thas zuckte zusammen und Selin duckte sich eilig, als er diese Reaktion bemerkte. „Hat uns Jemand gesehen?“ Statt zu antworten starrte der Prinz in die Richtung der Ranger. Selin wagte sich nicht, den Kopf anzuheben, um nachzusehen. „Ich glaube, wir wurden entdeckt“, bestätigte Kael leise und duckte sich ein wenig mehr. Selin konnte sehen, wie seine Wangen erröteten und überwand sich nun selbst, wieder nachzuschauen. Es war nicht so, als dass sie großer Gefahr ausgesetzt waren oder dass sie gerügt würden, wenn man sie tatsächlich erwischen würde, doch es war ohnehin nur eines der jüngeren Mädchen, die in ihre Richtung blickte. Sie hatte langes, blondes Haar, das zu einem strengen Zopf geflochten wurde und ihre jungen Augen waren erstaunlich aufmerksam. Statt auf die beiden Jungen hinzuweisen beließ sie es dabei und lächelte ihnen zu, ehe sie sich wieder ihrem Training widmete und einen Pfeil mit Präzision genau in die Mitte der Zielscheibe schoss. „Das ist Sylvanas Windläufer“, bestätigte Kael, was Selin nicht gefragt hatte und lehnte den Kopf nachdenklich auf die Seite. Er erinnerte sich, dass sein Vater ihm erzählt hatte, dass er und ein paar Vertreter anderer großer Familien ein Konzil bildeten, dass sich die Herrschaft über Quel’thalas teilte und darüber beriet, was zu tun war. Selin wusste, dass er nicht antworten musste. Jeder kannte die Windläufer-Familie. Sie waren anders als andere Hochelfen, aber beide Jungen konnten sich nicht ganz erklären, warum das so war. „Hey, ihr zwei. Was macht ihr denn da?“ Eine Weile hatte Stille geherrscht, während die beiden seelenruhig die Waldläufer dabei beobachteten, wie sie ihre Trainingseinheit beendeten, als eine kraftvolle Stimme sie aus ihrer Träumerei entriss. Sowohl Kael’thas als auch Selin schraken auf, fuhren herum und hoben abwehrend die Hände. Sie erkannten sein Gesicht. Es war markant und ausgereift. Seine blauen Augen leuchteten vor Eifer, auch wenn sie jetzt in Argwohn auf die Jungen hinabblickten. Dabei war er selbst noch keine einhundert Jahre alt und dennoch sagte man sich, dass er die gleiche Weisheit und Diplomatie wie die Älteren habe. „E-entschuldigt uns, Lord Theron“, begann Selin etwas zögerlich. Ein schwaches Lächeln lag auf seinen Lippen und seine Wangen färbten sich in einem sanften Rosa. Lorthemar Theron erkannte die beiden Jungen. Im gleichen Moment wie sie fragte er sich, warum sie sich versteckten, obgleich er wusste, dass ihnen bestimmt eine amüsante Ausrede einfallen würde. „Wir haben nur etwas zugesehen und wollten nicht stören“, fügte er schließlich hinzu. Lorthemar fühlte Kaels Blick auf sich, der ihn von oben bis unten musterte. Er spürte, wie er die Situation analysierte und jede seiner Bewegungen beobachtete. Anders als Selin fühlte er sich wohl keines Verbrechens schuldig. „Schon in Ordnung“, antwortete Lorthemar und deutete mit einem Kopfnicken in Richtung der Windläufer. „Vielleicht beehrt ihr uns beim nächsten Mal.“ Kael’thas lächelte. Es war beinahe abstrus, wie abfällig seine Mimik wirkte, nur einen kurzen Moment, bis er seine Augen schloss und Selins Arm berührte, um ihm anzudeuten, dass sie gehen würden. „Vielleicht.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)