Tsubasa Chronicle - Kyuketsu Hen von kentasaiba ================================================================================ Kapitel 6: Die Zweifel der Traumseherin --------------------------------------- „Wer… wer bist du?“, fragte Hokuto zögernd, als sie sich zu der Person umdrehte, die an sie herangetreten war. Diese bedachter sie jedoch nur eines verwirrten Blickes. „Wer ich bin? Hast du… mich etwa bereits vergessen? Ich bin es, Seishirou.“, reichte der Mann der Prinzessin nun seine Hand. Ein Lächeln war nun die Folge und Hokuto schritt auf ihn zu. Sie streckte ihre Hand aus um die von Seishirou-san zu ergreifen. „Ach, Seishirou-san. Ich bin so froh… dass es Ihnen gut geht.“, spürte sie, wie sogar eine Träne ihre Wangen hinabrutschte. Sie wollte gerade seine Hand ergreifen, als sie einen roten Schatten beobachtete, der sich hinter ihm schob. Eine große Angst machte sich nun in ihr breit. „Sei… Seishirou-san, Achtung! Sie… Sie müssen sofort fliehen!“, rief die Prinzessin entsetzt. Der Schatzjäger zog jedoch nur ein fragendes Gesicht und schien die Gefahr hinter ihm gar nicht zu bemerken. Auch nicht, als jener Schatten ein Schwert zog und es an seinem Rücken ansetzte. Hokuto war gezwungen mitanzusehen, wie der rote Schatten sein Schwert in Seishirou versenkte und die Klinge sich aus seiner Brust bohrte. Seishirou stöhnte voller Schmerz und jegliches Leben wich aus ihm. Er fiel zu Boden, nachdem der rote Schatten das Schwert wieder aus ihm zog. Voller Pein kroch Hokuto zu ihm und umklammerte ihn. „Prinzessin. Denkt Ihr nicht, es wird Zeit… eine Entscheidung zu treffen?“, fragte der rote Schatten mit einer bekannten Stimme. Hokuto sah zu ihm auf und verstand nicht, was er von ihr wollte. „Welche… Entscheidung? Wovon redest du bloß? Sag es mir!“ Im nächsten Moment erwachte Hokuto in ihrem Sarg, in dem sie jeden Tag ruhte. Sie keuchte und fasste sich an den Kopf. „Das war… alles nur ein Traum? Aber was… hatte er denn zu bedeuten?“ Sie zerbrach sich eine Weile den Kopf darüber, dann spürte sie den Drang in sich aufkommen, nach ihrem Gast zu sehen. Sie erhob sich aus ihrem Sarg und zog sich an. Danach wanderte sie in die Speisekammer um einige Köstlichkeiten für Seishirou zu besorgen. So wie sie ihn und ihren Bruder kannten, verbrachten sie auch den heutigen Tag wieder in der geräumigen Bibliothek des Schlosses. Mit einem Tablett in der Hand steuerte sie auf ihr Ziel zu und merkte dabei nicht einmal, dass zu Summen begonnen hatte. Seishirou und ihr Bruder waren in letzter Zeit so beschäftigt gewesen, dass jegliche Vorschläge Hokutos, die gemeinsame Zeit anders zu verbringen ausschlugen. Hokuto hielt inne, als ihr plötzlich eine bekannte Person gegenüberstand. Diese wirkte alles andere als fröhlich, sondern eher besorgt. „Kamui-niisan! Wolltest du auch nach Subaru-niisan und Seishirou-san sehen?“, begrüßte sie ihren anderen Bruder. Kamui brummte nur unzufrieden. „Ich wollte etwas mit Subaru unternehmen, aber inzwischen scheint er sich nur noch für unseren Dauergast zu interessieren. Findest du nicht, dass er hier inzwischen schon zu lange verweilt?“, wollte er von ihr wissen. Hokuto wirkte überrascht über diese Sichtweise. Ja, Seishirou war nun schon einen ganzen Monat hier, doch er hatte sich als sehr freundlich und hilfsbereit herausgestellt. „Gibt es für dich etwa… einen Grund Seishirou-san zu misstrauen?“, hakte sie nach. Kamui öffnete die Lippen, schloss sie aber gleich darauf wieder. „Nein, ich denke nicht. Ich… bin einfach nur froh, wenn er seine Reise fortsetzt. Ein Mensch unter Vampiren… das ist nichts, was jeder so einfach akzeptieren könnte.“, erwiderte er und ließ seine Schwester dann einfach stehen. Hokuto seufzte, manchmal war es wirklich schwer ihren Bruder zu verstehen. Eigentlich beide. Sie legte die letzten Meter zur Bibliothek zurück und bemerkte, dass die Tür einen Spalt breit geöffnet war. Hatte Kamui vergessen, sie ganz zu schließen. Im Inneren waren Stimmen zu vernehmen. Ihr Bruder und ihr Gast schienen immer noch aufgeregt über dieses alte Buch zu diskutieren, das Seishirou bereits seit Wochen in seinen Bann zog. Eigentlich war sie kein großer Fan davon zu spannen, doch diesmal war die Neugier einfach stärker. Sie wagte einen Blick ins Innere und erkannte sofort den Tisch, an dem die beiden saßen. Seishirou schien gerade etwas sagen, was sie nicht verstand, doch was sie wirklich erstaunte, war Subarus Reaktion. Er lächelte. Ganz eindeutig, seine Mundwinkel wanderten nach oben. Hokuto konnte sich nicht erinnern, wann sie ihren Bruder zuletzt hatte lächeln sehen. Bedeutete dies… ihr Bruder fühlte sich im Moment glücklich? Aber… wieso empfand sie dann nicht auch selbst Freude? Warum versetzte ihr dieser Gedanke plötzlich einen Stich in ihrem Herzen? Am liebsten wäre sie wieder gegangen, doch jetzt stand sie schon einmal vor der Tür. Sie klopfte und schob sie gänzlich zur Seite. Sie betrat die Bibliothek und tat so, als sei sie gerade erst gekommen. „Oh Mann, könnt ihr euch immer noch nicht von dem Buch lösen? Ich habe Seishirou-san etwas zu essen gebracht. Besonders Menschen brauchen regelmäßig ausreichend Nahrung, habe ich gehört.“, stellte sie das Tablett auf dem Tisch ab. Seishirou bedankte sich vielmals und griff nach dem ersten Stück Brot. „Vielen Dank, Prinzessin Hokuto. Ihr beide seid mir eine enorme Hilfe und ich weiß nicht, wie ich eure Zuwendung jemals vergelten kann.“, sprach er. Hokuto wehrte aber schnell ab und meinte, es sei selbstverständlich. Subaru hingegen seufzte. „Musst du es gerade hier abstellen? Seishirou-san hat sich gerade Notizen gemacht, so wird alles nur unordentlich.“, wies er sie zurecht. Hokuto glaubte sich verhört zu haben. „Was soll das? Glaubst du, nur du kannst Seishirou-san eine Hilfe sein, weil du das Buch für ihn übersetzt?“, ging sie darauf ein. Daraufhin brach ein kleiner Streit aus, den ihr Gast aber versuchte, schnell im Keim zu ersticken. „Aber ich bitte euch! Es gibt doch überhaupt keinen Grund für einen Streit. Ich bin euch beiden dankbar, dass… das… ihr…“ Seishirous Schlichtversuch wurde von einem starken Husten seinerseits überdeckt. Hokuto und Subaru schwiegen einen Moment. Hokuto nahm erst an, dass das Brot vielleicht nicht mehr in Ordnung war, doch Subaru wirkte besorgter. „Seishirou-san, was ist denn?“ Während Hokutos Augen die Situation nicht verstanden, so war ihre Nase umso schneller. Der metallische Geruch war unverkennbar. Außerdem wusste sie inzwischen recht gut, wie Seishirous Blut roch. Dessen Husten hatte mehrere Blutstropfen auf seinen Notizen verursacht. Subaru wollte ihm zu Hilfe kommen, doch Seishirou wehrte ab. „Alles in Ordnung. Sicher nur eine Allergie aufgrund des ganzen Staubs hier.“, versuchte er zu erklären. Doch Subaru und Hokuto war anzusehen, dass sie dies für eine offensichtliche Ausrede hielten. Niemand hustete bei einer Allergie gleich Blut. Dennoch beschlossen sie, nicht weiter darauf einzugehen. Immerhin konnte Seishirou über eine gänzlich andere Physiologie verfügen als alles, was sie aus ihrer Welt kannten. „Subaru, wärst du so nett und könntest das hier für mich noch übersetzten?“, bat der Schatzjäger und zeigte auf ein Schriftzeichen. Sein Übersetzer nickte und tat ihm den Gefallen. „Es handelt sich um einen Namen, jedoch um keinen gewöhnlichen. Hier steht, dass das Volk der Lascar eines Tages von einem Mann namens Xiaoran besucht wurde, einem mächtigen Magier, der ihnen die Magie näherbrachte. Aber… das Schriftzeichen daneben kann ich nicht entziffern.“, gestand er. Ein Grinsen huschte über Seishirous Wangen. „Nein, das macht nichts. Dafür habe ich das Zeichen schon einmal gesehen. Es ist ebenfalls ein Name, ein Name den ich während meiner Reisen gehört habe.“, offenbarte er. Hokuto und Subaru betrachteten ihn überrascht und noch mehr, als Seishirou das alte Buch zuschlug. „Ich denke, wir sind fertig. Alles was ich von diesem Buch erfahren konnte… ist nun hier gespeichert.“, sagte er und fasste sich an die Schläfe. „Außerdem… ich bin nun noch erpichter darauf, diese alten Ruinen unter die Lupe zu nehmen.“ Seine Gastgeber glauben sich verhört zu haben. „Aber Seishirou-san, ich habe Ihnen doch erklärt, dass dies viel zu gefährlich ist! Dort hausen die Unvollkommenen. Sie würden Sie ohne zu zögern angreifen und Ihnen Ihr Blut stehlen!“, sprach Hokuto aus, was sie von dieser Idee hielt. Seishirous Miene veränderte sich allerdings nicht. „Danke für eure Sorge, aber bitte unterschätzt mich nicht. Ich mag vielleicht wie ein Bücherwurm wirken, aber ich bin durchaus im Stande zu kämpfen. Ein paar seelenlose Monster werden mir also keine Angst einjagen.“, stand für ihn fest. Doch auch Subaru war nicht allzu glücklich über diesen Entschluss. „Ja… ich kann spüren, dass du eine sehr starke Person bist. Aber… du solltest diese Ungeheuer nicht unterschätzen. Ich bitte dich… denk noch einmal darüber nach!“, beschwor Subaru den Schatzjäger. Seishirou wirkte erst, als wolle er sofort ablehnen, nickte dann aber schließlich. „Also schön, weil ihr es seid. Ich schlafe noch eine Nacht darüber. Da wir gerade davon reden… da Prinzessin Hokuto auf ist und mir Essen bringt, ist sie wohl bereits angebrochen. Ich werde mich dann mal in mein Gemach aufmachen und mich ausruhen.“, erhob er sich und griff sich seine Notizen. Subaru und Hokuto wünschen ihm eine gute Nacht und sahen ihm noch nach, als er die Bibliothek verließ. Danach standen sie die nächste Minute nur so da und schwiegen sich an. „Denkst du… er wird bald von hier fortgehen?“, fragte die Prinzessin schließlich. Subaru zuckte mit den Schultern. Das Buch schien Seishirou nicht mehr weiter zu interessieren und wenn diesen Schatz, nach dem er sich so sehnte hier nicht fand, würde ihn bestimmt nichts mehr hier halten. Mit einem ungeheuren Genuss schlug Hokuto ihre Zähne in das Fleisch des E und wartete, bis sich das wohltuende Blut über ihrer Zunge ergoss. Sie saugte immer weiter an dem Arm und wunderte sich, warum sie ausgerechnet heute ihren Durst so schwer stillen konnte. Nachdem sie dem E beinahe das gesamte Blut im Unterarm leergesaugt hatte, verschloss sie die Kammer wieder und wischte sich den Mund ab. Nun fühlte sie sich viel besser und hatte selbst diesen bösen Traum vergessen. Sie wollte das Kühllager gerade verlassen, als die Tür aufgerissen wurde. Die Person, die im Türrahmen stand wirkte völlig außer Atem. „Subaru… niisan. Was ist denn los?“, fragte sie verunsichert. Ihr Bruder benötigte einige Sekunden um die passenden Worte zu finden. „Ich… ich wollte nur Seishirou-san sehen! Aber… er ist nicht in seinem Zimmer. Und Yagyuu-san und Tenkai-san haben mir berichtet, dass das Tor des Schlosses offen steht!“ Seine Schwester konnte nicht glauben, was sie da hörte. „Aber… wo kann er nur sein? Sollte er nachts nicht eigentlich schlafen? Wo würde er am diese Zeit…“ Weiter kam sie nicht, denn die Erkenntnis schlich sich nach und nach in ihren Verstand. Seishirou hatte es selbst gesagt. Er war mit dem Buch über die Lascar fertig. Und er war an den Ruinen interessiert, welche sie hinterlassen hatten. „Das… ist wahnsinnig! Glaubst du wirklich… dass Seishirou-san so stark ist und es mit den Unvollkommenen aufnehmen kann?“ Subaru sah nachdenklich zu Boden. „Ich weiß es nicht. Ich… glaube an Seishirou-san, doch diese Welt ist so fremd für ihn. Genauso fremd wie er für uns ist. Ich werde ihm nachreiten, bitte erzähl Onkel Kazuto und Kamui nichts davon.“, beschwor er die Prinzessin. Als er sich umdrehte und seinen Plan in die Tat umsetzen wollte, lief ihm Hokuto hinterher und packte ihn an seinem Umhang. „Nein, warte! Nimm mich mit!“, bettelte sie. Subaru starrte seine Schwester ungläubig an. „Nein, das ist keine gute Idee. Du kannst nicht einmal kämpfen, du wärst mir und Seishirou-san nur im Weg.“, lehnte er ab. Hokuto funkelte ihn erbost an. „Dich und Seishirou-san? Glaubst du nicht… dass er mir genauso wichtig ist, wie dir? Außerdem… konnten wir ihn beide nicht von seinem Vorhaben abbringen.“, führte sie ihm vor Augen. Subaru wand seinen Blick ab, musste ihr jedoch zustimmen. Schließlich erklärte er sich einverstanden sie mitzunehmen und gemeinsam brachen sie zu den Ställen auf, von wo aus sie ihre Pferde bestiegen und möglichst unbemerkt das Schloss verließen. Der Vorteil der Vampire war es, dass sie die Umgebung wesentlich besser kannten als ihr momentaner Gast. Seishirou hatte die Ruinen lediglich von weitem gesehen und die Chance, ihn einzuholen war äußerst gut. Das Problem war lediglich… würden sie es rechtzeitig schaffen? Erschwerend kam hinzu, dass die Unvollkommenen nachts am effizientesten waren. Doch irgendetwas schien Seishirou anzutreiben, diese Ruinen möglichst schnell zu erreichen. War es der Schatz, nach dem er suchte? Sein für ihn wichtigster Gegenstand. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)