Senbonzakura's Song von yezz ================================================================================ Kapitel 20: The Politics of Food -------------------------------- Nach Renjis Ausbruch gab es einen Moment der Stille, dann sagte Tante Masama: "Jünger vielleicht, aber sicherlich erwachsener." Byakuya hingegen schien mit einer Frage zu hadern, von der er nicht wusste, wie er sie aussprechen sollte. Renji hatte eine Vermutung, was es vielleicht sein könnte, also versuchte er es. "Du fragst dich, woher ich das weiß, richtig? Es ist nicht so, als hätte sich jemand den Glückstag aufgeschrieben, an dem ich in die Welt gekommen bin." Renji lachte leise und selbstironisch. Er dachte, es wäre leichtfertig herausgekommen, doch Rukia tätschelte mitleidig sein Knie. "Aber das haben sie doch irgendwie getan. Das Jahr auf auf dem Schein, genauso wie der Monat und der Tag." "Schein?", fragte Byakuya. Renji blickte zu Rukia, die die Stirn gerunzelt hatte, als versuche sich sich daran zu erinnern, worüber er gerade redete. Sie kannte ihren 'Geburts'tag doch auch, also musste auch ein Teil von Rukias Unterbewusstsein das Ereignis registriert haben. Außerdem wusste Renji, dass sie Ichigo erklärt hatte, was mit Seelen auf ihrem Weg zur Soul Society passiert. Doch ihre Erinnerung an andere Details waren scheinbar irgendwie verschwommen. Das schien typisch. Renji hatte eine Menge Kerle aus der Elften gefragt, an was sie sich über das Überqueren der Welten erinnern, doch das war nicht viel gewesen. Dann fragte er 'Wie kommt es, dass du ein Geburtstag hast?' und sie schauten ihn an, als wäre er dumm und sagten 'Weil jeder einen hat'. Selbst der Kommandant, dessen Weg zur anderen Seite so traumatisch und gewaltvoll gewesen war, dass er sich noch nicht einmal an seinen verdammten Namen erinnern konnte, hatte ein Datum, an dem er hing. „Sie geben uns diese Dinger“, sagte Renji und zeigte mit Daumen und Zeigefinger herum, um die ungefähre Größe anzudeuten. „Da war das Jahr in der Mitte und den Monat und Tag an den Ecken. Auf der Rückseite war der Name und der zugewiesene Distrikt gedruckt.“ Renji hatte es tagelang festgehalten, es angestarrt, sicher, dass es ein Fehler gewesen sein musste und hoffte, jemanden mit Befehlsgewalt zu finden, um sich zu beschweren oder überhaupt jemanden zu finden, doch es wurde ihm ziemlich schnell klar, dass er für alle Zeiten in Inuzuri festsaß. Sobald er seinen unbehaglichen Frieden mit dem Gedanken gemacht hatte, hatte Renji den Schein in den nächsten Brunnen geworfen und gebeten, dass welcher grausame Gott des Schicksals auf dem Boden von diesem trüben Wasser lebte, sich daran verschlucken möge. Das war Renjis erstes ‚Fick dich‘ gegenüber dem Schicksal gewesen. Renji bemerkte, dass alle um den Tisch herum ihn anblickten und darauf warteten, dass er weitererzählte. Er blinzelte die Erinnerungen weg und schlürfte an der Eiercreme, dann fügte er hinzu: „Das war am 31. August 275 Jahre her.“ „Der Unterschied ist nicht so groß“, sagte Byakuya leise. Byakuya das sagen zu hören, leiß Renji beinahe die Eiercreme aus der Nase rauskommen vor unterdrücktem Lachen. „Du siehst viel jünger aus als Kuchiki-sama“, sagte der Erbe, Shinobu. Renji fragte, wie er darauf antworten sollte und begann, die Wände der Schale für die letzten Reste der Creme abkratzen. „Nun ja, die Größe habe ich vielleicht seit ungefähr 70 Jahren. Ich denke, der Kommandant ist in einem natürlicheren Tempo aufgewachsen, mit all dem Essen jeden Tag um ihn herum.“ Sobald die Worte seinen Mund verlassen hatte, realisierte Renji seinen Fehler. Im Herz des Kuchiki-Anwesens zu sitzen und über die Politik von Nahrungsmitteln und haben und nicht haben zu reden, war nicht die schlauste Idee. Die Augenbrauen des Erben zogen sich zusammen, während er versuchte herauszufinden, was Renji mit seinem unbedachten Kommentar gemeint haben könnte. Tante Masama sah aus, als würde sie ausflippen – zumindest so sauer, wie ein Kuchiki aussehen konnte, was bedeutete, dass sich ihre Lippen zu einer sehr dünnen Linie verformt hatten und in ihren Augen ein dunkles Feuer glühte, als wolle sie versuchen, damit ein Loch in Renjis Seele zu brennen. Rukias Augen glitten herum, als ob sie nach einer angemessenen Ablenkung suchte. „Ja, die Eiercreme war wunderbar“, sagte sie schnell, als wäre das die Antwort auf eine Frage, die Renji nie gefragt hatte. "Ich frage mich, welche wundervolle Sache sie uns als Nächstes servieren.“ Byakuyas Gesichtsausdruck war nachdenklich. Wie er immer wieder Shinobu kleine Blicke zuwarf, ließ Renji sich fragen, was passieren würden, wenn der Erbe des gewaltigen Kuchiki-Vermögen wüsste, dass der Rukongai sich stark von der fröhlichen Lüge unterschied, die erzählt wurde, dass niemand außerhalb der Seireitei die Schmerzen des Hungers spüren würde? Währenddessen wurde Rukias ablenkende Frage von den Dienern beantwortet, die große Servierteller mit geräuchertem Seeteufel, der mit irgendeiner fruchtig riechenden Soße bestrichen worden war, hereinbrachten. Alle starten für eine unbeholfen Weile auf den Teller. Nachdem Renji kurz im Kopf gerechnet hatte, streckte er sich nach den Servierstäbchen, nur um mit Rukias Händen zu kollidieren, die das Gleiche tun wollte. „Hey, gib her. Du bist eine Kuchiki“, sagte er ihr leise, während er ihr die Stäbchen aus der Hand nehmen wollte. „Du bist ein Vizekommandant“, gab sie zurück und versuchte, sich das eine Stäbchen wieder zu angeln, welches Renji erwischt hatte. „Gib es zu dem einfachen Bürgern“, zischte Tante Masama schnippisch durch zusammengebissene Zähne. „Kein Kuchiki sollte sich darüber streiten, wer vom niedrigsten Rang ist!“ Wäre Rukia nicht zusammengezuckt, hätte Renji ihr ein ‚Hab ich dir gesagt‘ zugeworfen. Doch Masamas Befehl hatte die Schamesröte in Rukias Gesicht getrieben und sie gab ihm kleinlaut auch noch das andere Servierstäbchen. Renji nahm es mit einem Blick zu Masama. Er wollte ihr wirklich, wirklich etwas dazu sagen, doch er revanchierte sich damit, dass er erst Byakuya servierte, dann Rukia und dem, noch nicht offiziell verkündeten, Erben. Er legte erst den Fisch auf Masamas Teller und kurz bevor er sich selbst bediente. Neben einem Bissen von dem Fisch, schien Byakuya auch zu versuchen, ein zustimmendes Grinsen hinunterzuschlucken. Rukia sah ihn ein Stück weit erstaunt an, doch Renji hatte wirklich keine Ahnung, warum sie ihn mit solch dankbaren Augen anblickte. Sie war immerhin Byakuyas Schwester und vielleicht hatte Masama mit einer Sache Recht: Vielleicht sollte sich Rukia wirklich ihrer Position mehr bewusst sein – und die war, so vermutete Renji, eine Stufe unter der Spitze. Sie aßen ihren Fisch im Stillen. Shinobu, gesegnet sei seine Seele, war der Einzige, der an die eisige Kuchiki-Stille nicht gewohnt zu sein schien. Seine Augen glitten vorsichtig durch den Raum. Sein Mund öffnete und schloss sich, als versuche er Dinge auszusprechen und verwarf es dann wieder. Endlich kam der Nachtisch – eine weitere kleine, kunstvolle Portion. „Hast du gehört, Renji?“, fragte Rukia und trotzte der Stille. „Die Frauenvereinigung hat wieder damit begonnen, das Fußballturnier zu planen.“ „Oh, hey. Das sind gute Neuigkeiten“, stimmte Renji zu. „Vielleicht habe ich noch Zeit, ein Team auf die Beine zu stellen.“ Er wünschte sich immer noch, es wäre Futsal, aber das Spiel war nicht so beliebt, wie es sich Renji wünschte. „Absolut“, lächelte sie. „Matsumoto hat mich bereits rekrutiert.“ Renji schnaubte. „Ich vermute, ihr habt auch Kommandant Hitsugaya bekommen?“ Rukias schelmischer Blick war Antwort genug. „Großartig“, Renji schnitt eine Grimasse. „Da könntet ihr genauso gut die Preise bereits mit dem Namen eures Teams bedrucken lassen.“ „Wir haben noch keinen Namen ausgesucht“, gab Rukia zu. Sie warf Byakuya ein scheues Lächeln zu. „Ich hatte irgendwie gehofft, dass wir den Botschafter der Algen als Maskottchen bekommen könnten.“ „Absolut“, sagte Byakuya in dem Moment, in dem Tante Masama sagte: „Was? Das alte Ding?“ Renji und Rukia blickten zu Byakuya. Renji hatte immer vermutet, dass es da eine Geschichte gab, doch es war überraschend zu hören, dass Tante Masama etwas darüber wusste. Byakuyas Gesicht war verschlossen, unglücklich. Gerade als Renji glaubte, dass das Gespräch wieder einen rätselhaften Tod erlitten hatte, erklärte Byakuya: „Der Botschafter der Algen war der Held von Gute-Nacht-Geschichten, die mein Vater mir erzählt hatte.“ „Und der Held der Geschichten, die unser Großvater deinem Vater und mir erzählte“, sagte Tante Masama mit einem Blick, der schon fast… nein, Renji konnte sich ‚liebend‘ nicht vorstellen, vielleicht nostalgisch war? „Ich hatte keine Ahnung, dass der Botschafter der Algen eine Tradition war“, sagte Rukia Byakuya blickte kurz zum Erben und nickte dann. „Ja. Vielleicht sogar eine, die weiterlebt.“ Nach dem Essen wurde von Byakuya verlangt, zu bleiben und sich unter seine Verwandten zu mischen. Für Renji war es wie das Hanami in klein. Er stand einfach hinter Byakuya, gerade so weit entfernt, dass er achtsam sein konnte ohne aufdringlich zu sein. Rukia und der junge Erbe standen an Byakuyas Seiten, unterhielten sich und was auch immer sie in seiner solchen Situation tun sollten. Tante Masama machte ihre eigene Runde. Renji bemerkte, dass sie viele stolze Gesten in Richtung Shinobu machte. Sie musste also ihre Rolle in der ganzen Sache ordentlich aufbauschen. Renji wäre eifersüchtig, nicht an Byakuyas Seite zu stehen, wenn es ihn mehr als einen feuchten Dreck interessieren würde, wie das Wetter auf irgendeinem Kuchiki-Anwesen weit außerhalb ist oder wie es um die Gesundheit von diversen Seidenraupen stand. Er verbeugte sich, wenn eine Geste in seine Richtung ging, aber ansonsten war er zufrieden damit, in die nebulöse Position zwischen Kuchiki und seinen Bediensteten zu stehen. Zugegeben, er hätte sich weitaus wohler in seiner Uniform gefühlt, doch Eishirō muss gesehen haben, wie unsicher er damit war, was er mit seinen Händen tun sollte, denn plötzlich drückte ihm ein Diener eine gekühlte Schale Sake in seine Hand. Er behielt ein Auge auf Byakuyas Fortschritt im Raum, während er die Fusuma-Schirme bewunderte. Wenn er Geld oder Platz für so etwas hätte, wäre das die Art von Zeug, den er wollte. Er genoss es, die versteckte Schlange in dem hohen Schilf zu entdecken und die Schildkröten, die sich auf den Felsen sonnten. Jemand hatte sich sogar die Zeit genommen, um Wasserkäfer und den Schatten von Fischen im Teich, wo der Schmuckreiher fischte, zu malen. Renji konnte sich fast schon einen kleinen Byakuya vorstellen, der das Bild von jemanden, vielleicht seiner Mutter, gezeigt bekommen hatte und all die Pflanzen und Tiere erklärt bekommen hatte. „Ich befürchte, ich erkenne ihr Familienwappen nicht, junger Herr“, sagte ein älterer Mann und kam heran, nahm dabei Renjis Ellbogen, um sich zu stützen. Selbst wenn er gebeugt vom Alter war, war er offensichtlich ein Kuchiki, mit langem, glatten Haar, welches bereits weiß geworden, doch immer noch hier und da mit Schwarz durchzogen war. „Bist du vielleicht ein angeheirateter Cousin?“ „Nein, mein Herr“, sagte Renji. „Keine Verwandtschaft. Ich bin der Vizekommandant der Sechsten.“ „Es ist eine Art Dämon, oder nicht? Bist du vielleicht ein Kyōraku? Oder Shihōin?“ „Uh…“, das wurde unangenehm. „Nichts dergleichen, mein Herr.“ „Einer von den erwachsenen Ukitakes?“ Er tippte mit dem Finger gegen die Lippe. „Nein, nein. Ich bin mir sicher, dass ich ihr Kamon erkennen würde.“ Hör bitte auf. Renji versuchte den alten Mann dazu zu bringen, aufzugeben. Doch je mehr Renji redete, desto dicker wurde sein Akzent, der ihn verraten würde. Also schüttelte er nur seinen Kopf. Die Bewegung mussten Renjis Haare ein wenig aus dem Gesicht geschoben haben, sodass ein oder zwei seiner Tattoos zu sehen waren, denn die Augen des alten Kuchiki weiteten sich und seine Hände glitten von Renjis Armbeuge. „Woher sagtest du, kommst du?“ „Die 6. Division, mein Herr“, wiederholte Renji. „Ich bin der Vizekommandant.“ Das ließ das Stirnrunzeln, welches auf dem Gesicht des alten Mannes begonnen hatte, deutlich tiefer werden. „Und du bist nicht mit uns verwandt?“ Seine Augen glitten dorthin, wo der Erbe Byakuya folgte. „Dennoch vermute ich, dass jemand den Rang halten muss, bis er angemessen ausgefüllt werden kann.“ Ungewollt knurrte Renji. Doch es war entweder das oder er musste diesem alten Sack zeigen, dass das Einzige, was ‘angemessen ausgefüllt’ werden musste, sein Gesicht war. Und zwar mit seiner Faust. „Warum kümmerst du dich um diesen Schwachkopf?“, kreischte Tante Masama und kam herüber, um den Arm des alten Mannes zu nehmen, als wolle sie ihn aus den Klauen eines gefährlichen Biests entreißen. „Unterhalten“, sagte der alte Mann, etwas überrascht von Masamas Reaktion. „Ich habe das Kamon auf dem Kimono des Herren nicht erkannt.“ „Das was?“, Tante Masama legte eine Hand auf Renjis Arm und riss ihn herum. Es überraschte ihn so sehr, dass er, trotz des Größenunterschieds, herumwirbelte. Die Sakeschale glitt aus seiner Hand und traf die Wand mit einem Klirren. Die Gespräche in dem Raum verstummten bei dem Laut von zerplitternden Porzellan. Alle Köpfe drehten sich, um Tante Masamas Zorn zu hören: „Bei allem was heilig ist, was für eine fürchterliche Verspottung ist das? Ein Herr! Wie kann sich eine niedere Kreatur aus Inuzuri wie du wagen, ein Kamon zu tragen? Schlimm genug, dass du dich in ein adliges Bett schleichst, nun denkst du auch noch, deine Hurerei erlaubt dir, als einer der unseren durchzukommen? Zieh das sofort aus oder ich schwöre, dass ich dich von den Dienern ausziehen lass !“ Renji riss sich aus dem klauenartigen Griff von Masama und drehte sich um. Er richtete sich zur vollen Höhe auf und blickte finster auf Masama nieder. „Meine Dame, ich würde gerne deinen verschissenen Versuch dabei sehen.“ Sie kauerte sich zusammen. Es war wirklich seltsam. Renji hatte nicht erwartet, sie beben und keuchen zu sehen. Schwach wimmerte sie: „Oh! Byakuya, bitte! Kontrolliere deinen Mann.“ „Renji, halt dich zurück“, Byakuyas Stimme war scharf vom Befehl. Was? Zurückhalten? Was zum Teufel? Er hatte keine Waffe. Dennoch tat Renji das, was ihm gesagt wurde. Er öffnete die Handflächen, um zu zeigen, dass er aufgab und trat zwei Schritte zurück. Er beugte seinen Kopf, Blick mit einem Schnauben auf den Boden gesenkt. Hitze färbte sein Gesicht, als er verstand, was sie getan hatte. Sie hatte mit ihm gespielt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)