Heartplace von Swanlady (Ymir x Krista) ================================================================================ Kapitel 4: Fragen {Tattoo Artist} --------------------------------- „Hast du dich verirrt, Kleines?“, fragte Ymir stirnrunzelnd, als das zierlichste, kleinste und – zugegeben – auch niedlichste Mädchen ihren Laden betrat, das sie je gesehen hatte. Sie hatte blonde Haare, die locker im Nacken zusammengebunden waren und einen langen Pony, der ihr wirr ins Gesicht hing. Durch die Strähnen hindurch blickten Ymir große, blaue Augen an, die sie an einen unschuldigen Engel erinnerten, nicht an jemanden, der hier war, um ihre Dienste in Anspruch zu nehmen. „Ist das nicht das Koyjin?“, kam die mindestens genauso verwirrte Gegenfrage und Ymir stutzte. Gut, nun war sie neugierig. Sie umrundete den Tresen, an dem sie bis soeben an einem ihrer Entwürfe gearbeitet hatte, weil sie gerade keine Kunden hatte und baute sich vor dem Mädchen auf, die Hände in die Hüften stemmend. „Bist du überhaupt schon volljährig?“ Missbilligend zogen sich die Augenbrauen des Mädchens zusammen. „Wird hier jeder Kunde mit so vielen Fragen bombardiert?“ Blinzelnd musterte Ymir das zerknautschte Gesicht, die Augen, die ihr empört entgegen funkelten – und dann prustete sie los. Sie lachte herzhaft und laut, musste sich sogar den Bauch halten, weil ihre Muskeln anfingen zu schmerzen. „Nein“, sagte sie schließlich und wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln. Es war die erste Antwort, die in ihrem merkwürdigen Gespräch fiel, seit das kleine Mädchen in den Raum spaziert war. „Aber wenn du eine Kundin bist“, setzte Ymir an und holte tief Luft, um sich wieder zu beruhigen. „Dann musst du mir trotzdem deinen Personalausweis zeigen. Tut mir leid, aber du siehst wirklich jung aus.“ Das Mädchen machte einen Schmollmund, protestierte aber nicht, sondern griff in ihre Tasche und kramte ihren Geldbeutel heraus. Schon im nächsten Augenblick konnte Ymir einen Blick auf ihren Ausweis werfen. Verblüfft verzog sie die Lippen zu einem schiefen Grinsen. „Unglaublich“, schnaufte sie amüsiert und schüttelte den Kopf. Natürlich konnte der Ausweis gefälscht sein, aber dies bezweifelte Ymir. „Gut, dann fangen wir am besten noch einmal von vorne an. Willkommen im Kyojin. Was darf es für dich sein?“ Ymir verzichtete auf das Siezen, Kundin hin oder her. Dafür war es zu spät und das Mädchen schien es ihr nicht übel zu nehmen, da sie dazu übergegangen war, sich neugierig umzusehen. „Eine Tätowierung“, sagte sie schließlich und Ymir atmete erleichtert aus. „Ein Glück. Ein Piercing hätte ich nicht überlebt“, kommentierte sie. „Dafür ist dein Gesicht zu hübsch.“ Es bereitete Ymir eine Freude zu beobachten, wie sich die blauen Augen weiteten und der zuckersüße Mund perplex öffnete. Als wäre nichts gewesen, wandte sie sich ab, trat zurück an den Tresen und winkte das Mädchen zu sich. „Möchtest du, dass ich etwas Spezielles für dich zeichne oder möchtest du dir etwas aus dem Katalog aussuchen?“, war Ymirs nächste Frage. Es interessierte sie, weshalb sich jemand wie das blonde Mädchen für ein Tattoo entschied. Ihre Haut war blass und makellos und brauchte eigentlich keine Verzierungen, aber Ymir wusste, dass es auch andere Gründe dafür gab, weshalb man sie aufsuchte. „Ähm“, machte das Mädchen unschlüssig. „Ich würde mir gern den Katalog ansehen und dann entscheiden. Geht das?“ Ymir zuckte lässig mit den Schultern und reichte ihrer Kundin das Buch. „Lass dir Zeit.“ Sie kehrte zurück zu ihrem Entwurf, konnte es aber nicht lassen, das Mädchen immer wieder heimlich zu beobachten. Sie blätterte konzentriert durch die Mappe, verzog hier und da das Gesicht, als sie ein besonders auffälliges oder ordinäres Muster fand, was Ymir grinsen ließ. Sie bot alles an, da Geschmäcker unterschiedlich waren. „Du kannst es dir auch noch anders überlegen“, bot sie dem Mädchen diskret einen Fluchtweg an. Es kam nicht selten vor, dass sich potentielle Kunden im letzten Moment doch gegen einen so permanenten Eingriff entschieden. Das Mädchen sah auf und wieder traf Ymir der missbilligende Blick, den sie furchtbar liebenswürdig fand. „Ich habe mich entschieden“, sagte sie und deutete auf eins der Bilder. Ymir beugte sich vor und betrachtete es. „Sicher, dass du nicht lieber ein titanenhaftes Monster möchtest?“, hakte sie neckend nach, stand jedoch auf, da das Mädchen tatsächlich entschlossen wirkte. Außerdem fand Ymir durchaus, dass das gewählte Motiv zu ihr passte. Es war klein und subtil. „Wo möchtest du es haben? Das wird nicht lange dauern. Wenn du willst, zeige ich dir die Stellen, die am wenigsten wehtun.“ „Nicht nötig“, erwiderte sie. „Ich möchte es hier.“ Das Mädchen zeigte auf eine Stelle direkt über ihrem Herzen. „Okay. Wenn ich bitten darf, Prinzessin?“ Mit einer Handgeste deutete sie auf den abgeschirmten Bereich ihres Studios, der ihren Kunden Privatsphäre garantierte. „Nenn mich nicht so“, bat das Mädchen. „Wieso? Du willst, dass ich dir eine Krone tätowiere. Nun, du kannst mir aber auch verraten, wie du heißt“, sagte Ymir und war stolz auf sich, einen so geschmeidigen Übergang geschafft zu haben. „Krista“, stellte sich das Mädchen vor und setzte sich auf den für sie vorgesehenen Platz. „Prinzessin Krista. Ich weiß nicht, ob das wirklich passt“, scherzte Ymir und ging sich die Hände waschen. „Möchtest du mir irgendwann erzählen, was es mit der Krone auf sich hat? Ich kann dir auch meine Telefonnummer dazu tätowieren, kein Problem.“ Wenn Ymir ehrlich war, dann wunderte es sie, dass das Mädchen – Krista – nicht vor ihren Flirtversuchen zurückschreckte. Sie ergriff zwar nicht selbst die Initiative, aber sie schien auch nicht abgeneigt zu sein. „Lieber nicht“, kam die prompte Antwort, was Ymirs Lächeln flackern ließ. Also doch ein Korb? Schade. „Du könntest sie mir aber auf einen Zettel schreiben.“ Ymir ließ überrascht die frischen Einweghandschuhe beim Anziehen zu früh los und musste noch einmal von vorne anfangen. Lachend schob sie sich auf ihrem Drehhocker in Kristas Richtung, um die Nadeln vorzubereiten. Es war nur eine Krone, doch Ymir nahm sich vor, daraus die schönste Krone zu machen, die je einen Körper geschmückt hatte. „In Ordnung, Prinzessin. Aber jetzt musst du erst mal die Zähne zusammenbeißen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)