Und vieles mehr von jane-pride ================================================================================ Neujahrswünsche --------------- Kapitel 1: Neujahrswünsche Die Vorfreude war auf der ganzen Insel zu spüren. Auf der abgelegenen Sonnenschein-Insel neigte sich allmählich der Winter dem Ende entgegen. Für viele dauerte der Winter schon zu lange, dass selbst die Natur sich härter darum bemühte die kalte Jahreszeit zu verdrängen und den nahenden Frühling willkommen zu heißen. Der junge Mann, Vaughn, der vor vielen Monaten auf diese Insel gekommen war, freute sich wie die anderen auf das kommende Neujahrsfest. Inzwischen hatte er es geschafft, seine kleine Wohnung, die Mirabelle bereit war extra für ihn über dem Tierladen herrichten zu lassen, komfortabel einzurichten und sich vollends heimisch zu fühlen. Wobei das meiste dazu seine Freundin beigetragen hatte. Da ihr Bruder sich vor kurzem verlobt hatte, und das Paar jede Stunde des Tages zusammen war, verbrachte auch Chelsea die meiste Zeit bei Vaughn und hatte ihre feminine Note in die Wohnung mit einfließen lassen. Für Vaughn war das nur recht. Durch die zusätzliche weibliche Atmosphäre fühlte es sich erst richtig wie ein Heim an. Sein neues zu Hause. In den letzten Tagen hatte er sich daran gewöhnt, seine Freundin in der Küche zu sehen und Kaffee zu kochen. Sie stand immer vor ihm auf. Genau wie an diesem Tag. „Guten Morgen.“ Vaughn legte von hinten seine Arme um Chelsea und schmiegte sich glückselig an sie. „Morgen. Das ist der letzte Morgen in diesem Jahr. Weißt du schon, was du dir fürs neue Jahr wünscht?“ „Ich und mir wünschen? Wozu? Ich habe doch alles hier. Bei mir.“, hauchte er ihr ins Ohr und zog sie zu einem langen Kuss heran. „Du übertreibst. Wie immer.“, neckte die Braunhaarige ihn und stupste sanft ihre Nasenspitze an seine. „Nicht mehr lange und es wird wieder jede Menge Arbeit auf der Ranch anfallen. Die Frühjahrsernte steht nämlich in wenigen Wochen bevor. Bis dahin gibt es ein Haufen Arbeit zu erledigen.“ „Noch haben wir das Neujahrsfest und somit einen ganzen Tag für uns zwei.“ „Stimmt. Nur frage ich mich dann, wie ich es alleine mit Nathalie und Mark aushalten soll. Die beiden kleben den ganzen Tag aneinander und bekunden gegenseitig wie lieb sie sich haben. Es ist anstrengend ihnen aus dem Weg zu gehen.“ „Du kannst auch hier bleiben.“, bot der Weißhaarige ihr an und konnte nicht verhindern, dass ein Hauch von Hoffnung in seiner Stimme mitschwang, während er sich die zweite Tasse Kaffee einschenkte. „Oder ich komme mit zu dir. Ich könnte euch helfen. Wäre nicht das erste Mal.“ „Ja, schon, aber damals war ich verletzt, das war eine Ausnahme gewesen. Und was ist mit deiner Arbeit bei Mirabelle im Laden? Die darfst du nicht vernachlässigen.“ „Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich dafür eine Lösung finden lässt. Schließlich ist Julia auch noch da und Elliot hilft oft aus. Es wird dann schwierig den beiden aus dem Weg zu gehen.“ Beide lachten. „Es hat sich vieles verändert im letzten Jahr.“, sinnierte Chelsea und sah aus dem Fenster. Die Sonne schien hell und klar am Himmel. Kaum eine Wolke war zu sehen. „Es geschah viel Positives.“, stimmte Vaughn seiner Freundin zu. Die weniger schönen Dinge erwähnte er erst nicht. Das neue Jahr würde anders werden, das schwor er sich. „Ja. Gut. Ich denke vorerst, werde ich nicht allzu viel auf der Ranch gebraucht. Also, wenn du nichts dagegen hast, werde ich noch einige Tage bei dir bleiben.“ „Wieso sollte ich was dagegen haben? Von mir aus kannst du solange bleiben, wie du willst.“ „Du willst mich nicht gehen lassen, oder?“ „Nie im Leben.“ Chelsea wusste, dass sie unbeschreibliches Glück hatte ihn gefunden zu haben. Eine paar Schritte und sie saß auf seinem Schoß. „Versprich mir, dass wir für immer zusammen sein werden.“ „Nicht nur für immer. Noch darüber hinaus.“ Über alle Maßen zufrieden lächelte sie ihn an und sah das ehrliche Funkeln in seinen traumhaft schönen violetten Augen. Sie hielten sich noch lange in den Armen. So lange, bis es Zeit wurde, Arbeiten des alten Jahres zu erledigen.                                                                                    ~<>~ „Es ist zum aus der Haut fahren.“, wütend warf Nathalie den Schneebesen ins Spülbecken. Frustriert betrachtete sie den Eischnee in der Rührschüssel, der nicht fest werden wollte. „Was ist denn los?“, fragte Mark der mit Toto soeben in die Küche gekommen war. Schwanzwedelnd lief der kleine Vierbeiner auf die junge Frau zu und wartete hoffnungsvoll auf ein kleines Leckerli. „Ich bin einfach zu doof.“, maulte die Pinkhaarige und warf einen Keks dem kleinen Hund zu, der danach zufrieden ins Wohnzimmer trottete. „Ich weiß, dass du nicht doof bist.“, erwiderte der Farmer liebevoll und sah sich das Werk seiner zukünftigen Frau an. „Was willst du denn backen?“ „Siehst du? Ich bin zu bescheuert für die Küche und alles was man in ihr anstellen kann. Du erkennst noch nicht einmal, was das hier für ein Teig sein soll, dabei schwöre ich dass ich alles nach Anleitung gemacht habe. Wie es mir Chelsea gezeigt hat.“ Der helle Teig vor ihr sollte im Idealfall ein Käsekuchen werden, weil sie wusste, dass das Marks Lieblingskuchen war und sie ihn damit zum Neujahr überraschen wollte. Da entdeckte Mark das Rezept und kniff schmerzhaft seine Augen zusammen, um nicht in Lachen auszubrechen. „Du backst einen Käsekuchen?“ „Wohl eher Zement oder etwas in der Art.“, murrte Nathalie und warf sich resigniert auf einen Stuhl. Mark hockte sich vor sie. „Du wirst das schon schaffen. Du brauchst nur ein wenig Übung.“ „Nur ein wenig Übung. Du hast leicht reden. Immerhin möchtest du das Resultat hinterher nur essen und vorher nicht auch noch zubereiten. Ich frage mich ernsthaft, wie Chelsea das anstellt. Jeden Tag in der Küche zu stehen, Frühstück vorbereiten, Mittagessen kochen, dann noch Abendbrot und zwischendurch Kuchen oder Plätzchen backen. So viele Stunden in der Küche! Das sie noch nicht bekloppt geworden ist, grenzt an ein Wunder.“ „So ist eben Chelsea, aber wenn du willst, lernst du das auch noch. Du musst dich nicht unter Druck gesetzt fühlen.“ „Wer sagt, dass ich unter Druck stehe?“ „Liebling, ich erkenne es doch, wenn du mir etwas Gutes tun willst und du sogar versuchst das Backen zu lernen. Wobei, beim ersten Mal es nicht so einfach ist einen Käsekuchen zuzubereiten. Du solltest mit was einfachen anfangen.“ „Aber du magst es doch so sehr.“, antwortete die junge Frau kleinlaut. „Ich wollte dir etwas Backen, was du besonders gerne magst. Immerhin wird das unser erstes gemeinsames Neujahrsfest.“ „Das stimmt. Und es werden noch viele weitere Neujahrsfeste für uns folgen. Somit hast du noch genug Zeit um zu lernen wie man einen Käsekuchen backt.“ „Hör auf mich auf den Arm zu nehmen.“ „Das habe ich noch gar nicht getan.“ Mit einem Ruck hob Mark seine Verlobte vom Stuhl und wirbelte sie einmal im Kreis, woraufhin Nathalie kurz aufschrie vor Vergnügen. „Manchmal bist du echt unmöglich.“, sagte sie und lehnte sich an ihn. „Mag sein. Aber vor allem bin ich verrückt nach dir.“, flüsterte er ihr zu und knabberte zärtlich an ihrem Ohr. „Mark! Wir befinden uns in der Küche, die alles andere als sauber ist.“ „Dann lass uns schnell nach oben gehen.“ „Das Bett ist aber auch nicht gemacht.“, protestierte die Pinkhaarige und wurde von ihrem Verlobten schon Richtung Treppe geschoben. „Das brauchen wir jetzt auch nicht mehr.“, lachte der junge Mann und steckte damit Nathalie endgültig an.                                                                                ~<>~ Am späten Abend versammelten sich sämtliche Bewohner der Insel auf der großen Festwiese, um einerseits das vergangene Jahr zu verabschieden und andererseits das neue Jahr willkommen zu heißen. Canon und Chen waren wie jedes Jahr für das große Feuerwerk verantwortlich, dass um Mitternacht in den Himmel aufsteigen würde. Charlie, Chens siebenjähriger Sohn, durfte zum ersten Mal bei der Durchführung des Feuerwerkes mit dabei sein. Zwar nur als Zuschauer, aber dennoch fühlte er sich mächtig stolz darüber, dass er direkt neben seinem Vater stehen würde, wenn die Sprengkörper angezündet worden. In dicken Mänteln und Schals gehüllt verteilte sich die Gemeinschaft über der gesamten Wiese. Während das Feuerwerk von der Mitte der Wiese aus gestartet werden wird, befand sich weit genug entfernt davon ein offenes großes weißes Zelt in dem es leckeren warmen Kakao, Kaffee, Glühwein und Kinderpunsch gab. Zusätzlich wurde eine heiße Nudelsuppe serviert, für dessen Zubereitung Pierre verantwortlich war. Mirabelle und Felicitas hatten ihn dabei unterstützt. Elliot und Julia waren die ersten, die von der köstlichen Suppe kosteten und der junge Mann genehmigte sich bereits seine zweite Portion, als hinter ihnen Regis, seine Tochter und Lily und Will auftauchten. „Guten Abend, Regis.“, begrüßte ihn Mirabelle herzlich und füllte ihm bereits einen Plastikteller mit Suppe, obgleich er seine Bestellung noch nicht aufgegeben hatte. „Wie schön, dass ihr alle ebenfalls gekommen seid. Euer erstes Neujahrfest auf der kleinen Insel. Ich hoffe, dass es euch gefallen wird.“ „Bestimmt, Mirabelle. Wir haben viel Positives über das Feuerwerk gehört.“, antwortete der galante Herr und nahm seine Nudelsuppe entgegen, in der er zugleich ein Stück Brot tauchte um sie damit zu kosten. „Mmm. Die ist ja wunderbar. Hast du die Suppe zubereitet?“ „Zumindest dabei geholfen. Das Rezept kommt von Pierre unser jüngster Gourmetkoch. Er ist ständig dabei seine Rezepte zu verfeinern. Auch ich muss zugeben, dass er sich mit dieser Nudelsuppe mal wieder selber übertroffen hat.“ „Ein junges Talent, so so. Es freut mich immer vielversprechenden Nachwuchs kennen zu lernen.“ Sogar Lily musste sich eingestehen, dass die Suppe vorzüglich schmeckte und beobachtete den jungen Koch, der leicht zurückhaltend die Lobwünsche entgegen nahm. „Schmeckt dir die Suppe auch, Lily?“, wandte sich Sabrina an ihre Freundin. Ihr letzter großer Streit wurde in den vergangenen Wochen komplett beigelegt. Lily hatte sich inzwischen daran gewöhnt, dass ihr Cousin und ihre Freundin ein Paar waren und hegte keinerlei Eifersuchtsgefühle mehr gegen die beiden. „Ja, sie ist wirklich delikat. Zudem liegt sie auch leicht im Magen.“ „Das sollte auch so sein.“, mischte sich Pierre in das Gespräch mit ein. „Nachts sollte man nicht mehr zu viel in sich hineinstopfen, deswegen habe ich nach einem Rezept gesucht, dass leicht zu verdauen ist und nicht träge macht. Immerhin wollen wir das große Feuerwerk entspannt genießen und nicht mit Bauchkrämpfen.“ Wahre Worte die Pierre da aussprach und servierte den nächsten Teller Suppe. Lana und Denny kamen zur selben Zeit auf der Wiese an wie Chelsea und Vaughn. Lachend fielen sich die Mädchen in die Arme, wohingegen die Männer einen Händedruck austauschten. „Freut ihr euch auch schon auf das neue Jahr? Es scheint spektakulär zu werden. Wir haben nach Jahren wieder eine Hochzeit zu feiern.“, lachte Lana vergnügt und harkte sich bei ihrem Freund ein. Beide waren überglücklich. Es war noch nicht allzu lange her, dass Denny früher als geplant vom Festland wiedergekommen war und in die Verlobungsfeier von Nathalie und Mark gestolpert kam. Augenblicklich waren sich die beiden um den Hals gefallen, der den Beginn ihrer frischen Beziehung eingeläutet hatte. „Ja. Ich freue mich wahnsinnig für meinen Bruder und Nathalie. Es wird aber auch viel Arbeit auf uns zukommen, um die gesamte Hochzeit zu planen.“, antwortete Chelsea. Alle vier gingen automatisch in Richtung Zelt, um sich etwas Warmes zu gönnen. „Aber, es wird bestimmt ziemlich aufregend. Mark hatte mich bereits gefragt, ob ich ein Lied für sie beide singen könnte.“ „Das ist eine großartige Idee.“, pflichtete ihr die Braunhaarige bei und auch Denny nickte zustimmend. Vaughn hielt sich aus dem ganzen Hochzeitskram heraus. Er war immer noch überfordert von der Tatsache, dass er Marks Trauzeuge geworden war. Als das Gespräch plötzlich auf einen Angelausflug zu sprechen kam, wurde er wieder hellhörig. „Kommendes Wochenende? Warum nicht. Vaughn bist du auch dabei?“, wollte Chelsea von ihm wissen. „Wobei denn?“ „Weiter oben in den Bergen gibt es einen großflächigen See.“, antwortete der Fischer. „Dort gibt es fantastischen Fisch. Wir müssen nur auf die Felsen und Kanten aufpassen und der Aufstieg dauert etwa eineinhalb Stunden. Wir müssen zu Fuß gehen, da unsere Pferde nicht soweit hinauf können. Deswegen müssten wir ziemlich früh am Morgen los, damit wir die zwei Tage ganz ausnutzen können.“ „Wir bleiben also über Nacht? Ist es dafür nicht noch etwas zu kalt?“ „Du wirst es selbst erleben. Sobald das neue Jahr anfängt, werden die Temperaturen rasch ansteigen. Wir nehmen natürlich ausreichend Decken, Schlafsäcke und zwei Zelte mit und was wir sonst noch alles brauchen. Mach dir keine Sorgen, erfrieren werden wir nicht.“ „Bitte, Vaughn. Das wird bestimmt Spaß machen.“ „Na gut.“ Der junge Mann gab sich geschlagen und warf seine Befürchtungen über Bord. Zufrieden lehnte sich Chelsea an ihn und fühlte seine starken Arme, die sie schützend und wohlbehütet festhielten. Mitternacht rückte mit jeder Sekunde immer näher. Sämtliche Paare und Familien haben sich rings um den Schauplatz des Feuerwerks versammelt. Eng in den Armen des anderen liegend, warteten die Inselbewohner darauf, bis Canon und Chen die erste Zündschnur anzündeten. Sobald dies geschah, begann augenblicklich der Countdown. „10…9…8…7…6…5…4…3…2…1!!!“ Ein farbenprächtiges und lautes Schauspiel war im Himmel über der Sonnenschein-Insel zu sehen. In sehr weiter Ferne sah man auch schwache Lichter über dem Festland aufsteigen. Die einzige Verbindung zwischen beiden Orten, die man nur zu Neujahr bewundern konnte. Sämtliche Regenbogenfarben bedeckten den wolkenfreien Himmel. Vereinzelnd tauchten bunte Bilder auf, die Blumen, Glücksbringer oder Herzen darstellten. Die Kunst des Feuerwerks verstanden Canon und Chen wie niemand sonst. Als dann noch ein gewaltiger Drache den Schluss des Feuerwerks bildete, verfielen alle in mächtiges Staunen und applaudierten heftig. Insgesamt dauerte das Feuerwerk zwanzig Minuten. Danach wurden noch etliche Neujahrswünsche und Neujahrsgrüße ausgetauscht. Erst weit nach Mitternacht kehrten die Inselbewohner in ihre Häuser zurück und freuten sich bereits auf die ersten Sonnenstrahlen des neuen Jahres. Abschied von Julia und Elliot ----------------------------- Kapitel 2: Abschied von Julia und Elliot     Sanfte und starke Hände zugleich streichelten sie. Tasteten ihren Körper ab und hinterließen an jeder Stelle ihres bebendes Körper heißes Verlangen nach mehr. Es musste immer mehr sein, denn mit weniger gab sie sich schon längst nicht mehr zufrieden. Sein warmer Atem auf ihrer Haut, flüsternde Worte direkt an ihrem Ohr. Leidenschaftliche Küsse, die einen ins Vergessen stürzten und das Hier und Jetzt völlig ausblendeten. Sie gleichzeitig einnahmen und gefangen hielten, in den warmen Fluten seiner unbändigen Begierde ihr gegenüber. Sein nackter Körper unmittelbar neben ihr, dann wieder auf ihr und seine stählerne Härte an ihrer Hüfte. Langsam tastete sie sich danach und umschloss ihn ebenso besitzergreifend, wie er ihren Mund von neuem in Beschlag nahm. Ein langer Seufzer entfuhr Elliot, als Julia begann seinen Phallus auf und ab zu reiben. Es war jedes Mal erstaunlich, wie sehr ihn ihre Berührungen erbeben ließen und sprachlos machten. Er kannte noch lange nicht alle Geheimnisse ihres weiblichen Körpers, der sich passend an ihm schmiegte, als wäre sie nur für ihn gemacht worden. Ihr Keuchen wurde lauter. Fordernder bewegte sie ihre Hand an ihm und sehnte ihre Erlösung herbei. Die Bettdecke war auf den Boden gerutscht. Ihre heißen Körper lagen Haut an Haut. Die Hitze ihrer Leiber nahm stetig zu. Dann führte sie ihn zwischen ihre Schenkel und nahm ihn endlich in sich auf und hielt ihn gefangen. Sie schlang ihm ihre Beine um und dirigierte jede seiner Bewegungen bis sie ihren gemeinsamen Rhythmus gefunden hatten. Sanft und hart bewegte er sich in ihr. Jeder Stoß löste ein Beben durch ihren gesamten Körper aus. Keuchend sahen sie sich in die Augen. Bis sie gleichzeitig ihre Erlösung fanden und kraftlos zusammenfielen.   Zärtlich streichelte Julia über Elliots Rücken, der noch eine halbe Stunde später auf ihr lag und selig ihrem andauernden Herzschlag lauschte. Inzwischen schlug es wieder im normalen Takt. Genauso wie seines. „Ich hätte nie gedacht, dass es so gut sein wird.“, redete Julia einfach drauflos und Elliot hob langsam seinen Kopf, um seine Geliebte anzusehen. „Was meinst du?“ „Nun ja, seitdem ich sechzehn oder so um den Dreh war, habe ich etliche Vorstellungen darüber gehabt, wie das erste Mal sein würde. Keine dieser Vorstellungen wurde erfüllt. Die Realität,“, behutsam streichelte sie ihm über das Gesicht, „die Realität ist bei Weitem schöner. Tausendmal und aber tausendmal schöner und fantastischer, als ich es mir jemals hätte vorstellen können.“ Wie auf Kommando errötete Elliot. „Auch f-für mich i-ist es einmalig schön. J-edes Mal wieder.“   „Ich liebe dich, Elliot. Das weißt du, oder?“ „Ja. Denn ich liebe dich auch. Mehr als alles andere auf der Welt.“ Ein langer Kuss besiegelte ihre Worte. „Ab morgen werden wir zum ersten Mal mehr von der Welt sehen. Zum ersten Mal werden wir verreisen und unser zu Hause einige Zeit lang verlassen.“ „Darauf freue ich mich schon. Den Hafen vom Festland kenne ich bereits. Mein Opa hatte mich einmal wegen einer Warenlieferung mitgenommen. Das ist lange her und ich habe natürlich eine sehr wichtige Kiste vom Fließband ins Meer fallen lassen. Die strengen Worte meines Großvaters dröhnen immer noch in meinen Ohren.“ „Haha. Du bist und bleibst mein tollpatschiger Elliot, aber das steht dir und macht dich unglaublich liebenswert.“ „Danke. Du bist auch die beste für mich, weißt du das überhaupt?“ „Ich denke schon. Jetzt lass uns langsam aufstehen und frühstücken. Ich habe einen Bärenhunger nach der sportlichen Aktivität.“   Erneut wurde Elliot knallrot und Julia lachte herzlich über seinen beschämten Anblick. Ihr schüchterner, liebevoller Elliot. Er würde auf ewig ihr gehören.                                                                                            ~<>~   „Was? Davon weiß ich ja noch gar nichts.“, überrascht schaute Vaughn von Julia zu Elliot und wieder zurück, als sie mit einem Mal anfingen mit Mirabelle über ihren Urlaub zu sprechen. Sogar Chelsea war ziemlich erstaunt. „Aber Vaughn, davon haben wir gestern Abend noch gesprochen.“, schüttelte Mirabelle lachend ihren Kopf. „Wenn du mit Chelsea zusammen bist, vergisst du alles um dich herum.“ „Stimmt doch gar nicht.“, entgegnete der Angesprochen leicht beleidigt und nahm sich eine gewaltige Portion Rührei, während die anderen am Frühstückstisch schallend anfingen zu lachen. „Wohin soll es denn gehen?“, hakte Chelsea nach und goss sich Orangensaft ein. „Es geht praktisch überall hin.“, erörterte Julia ihr. „Erstmal wollen wir den großen Leuchtturm bewundern, der drüben an der Küste vom Festland steht und von dort aus geht unsere Reise weiter. Durch die große Stadt, in der ich mir sämtliche Läden und Boutiquen ansehen will uns was uns sonst noch so einfällt. Außerdem wollen wir einen Abend ins Theater. Wir bleiben zwei Tage dort. Danach geht es weiter mit dem Reisebus Richtung Bergland und von dort aus wieder runter ins nächste Tal. Ich kann mir die einzelnen Namen der verschiedenen Orte, die wir durchkehren werden nicht merken. Aber wir haben eine detaillierte Reiserute und unser Gepäck ist schon halb gepackt.“ „Reist ihr alleine?“ „In einer Reisegruppe. An den verschiedenen Stationen stoßen neue Leute dazu oder reisen vorher wieder ab. Zu Ende ist die Reise wieder, wenn wir wieder am Leuchtturm ankommen.“ „Die ganze Reise dauert zweieinhalb Wochen.“, ergänzte Elliot und strahlte von einem Ohr zum anderen.   „Interessant und es hört sich verdammt schön an. Ihr müsst mir von jedem Ort eine Postkarte schicken. Denkt dran!“ „Versprochen, Chelsea. Mutter wird auch welche kriegen und unsere anderen Freunde und Familien. Schade finde ich nur, dass ich bei den Hochzeitsvorbereitungen nicht von Anfang bis Ende dabei sein werde. Aber für uns ist es die ideale Gelegenheit, solange die Erntezeit noch nicht angefangen hat und der Hochbetrieb auf der Insel wieder losgehen wird.“ „Darüber solltet ihr euch keinen Kopf machen. Es ist eine gute Gelegenheit, also solltet ihr fahren. Nur zur Hochzeit solltet ihr definitiv wieder zurück sein. Immerhin hast du nur eine Schwester, Elliot, die heiraten wird.“ „Keine Sorge. Bei der Hochzeit werden wir dabei sein. Apropos, wer ist eigentlich Marks Trauzeuge? Du bist es doch für Nathalie, oder Chelsea?“ „Genau. Ich bin in Tränen ausgebrochen, als sie mich das gefragt hat. Bisher bin ich aber davon ausgegangen, dass du der Trauzeuge von meinem Bruder bist.“, leicht verwundert sah sie ihn an.   „Nein. Er hat mich nicht gefragt. Wir sind auch nie auf das Thema zu sprechen gekommen.“ „Irgendwer muss es aber sein.“, meinte Mirabelle und beäugte Vaughn argwöhnisch, der sehr fasziniert seinen Tellerrand bewunderte. „Vaughn, kann es sein, dass du mehr über diese Angelegenheit weißt, als wir?“ Jedes Augenpaar richtete sich abrupt auf ihn. In diesem Moment wünschte er sich, dass er unsichtbar wäre. „Ja, kann sein.“, nuschelte er und Chelsea musste ihm ihren Ellenbogen in die Seite stoßen, damit er seine Zähne auseinander bekam. „Ja, ich gebe es ja zu. Mark hat mich gefragt.“ „Wie bitte? Du bist Marks Trauzeuge?“, verblüfft starrte Julia ihn an. „Wie lange schon?“ „Seit ein paar Wochen. Einen Tag vor der Verlobungsfeier hatte er mich gefragt.“ „Und davon erzählst du uns nichts?“ Tadelnd sah Mirabelle den jungen Mann an. „Ich hielt es nicht für so wichtig.“ „Nicht so wichtig? Vaughn, das ist eine große Ehre, die Mark dir erweist. Auch für Chelsea. Ihr beide werdet jeweils Trauzeuge und Trauzeugin am selben Tag sein. Das ist etwas wahnsinnig Schönes.“ Die anderen stimmten ihr bei. Nur Chelsea hielt sich zurück und stocherte lustlos in ihrem Rührei herum.                                                                                       ~<>~   „Warum hast du mir nichts gesagt?“, verlangte Chelsea von ihrem Freund zu wissen, nachdem sie wieder in seine Wohnung gegangen und alleine waren. „An dem Tag war ich selber überrascht, als Mark mich gefragt hatte. Und dann, ja, und dann hatte ich es auch wieder vergessen.“ „Vergessen?“ Perplex starrte sie ihren Freund an. „Vaughn, ich…So etwas ist wichtig und ich hätte mir gewünscht, dass du als erstes mir davon erzählst. Es so nebenbei zu erfahren, wollte ich bestimmt nicht.“ „Ich ging davon aus, dass Mark dir das gesagt hat.“ Schuldbewusst schaute er drein, weil er seine Freundin verletzt hatte ohne es zu wollen. „Nein. Ihn direkt fragen wollte ich nicht. Ich dachte immer, er würde es mir schon erzählen, wenn er jemanden gefragt hat. Aber du wusstest es schon länger. Wahrscheinlich dachte Mark dasselbe, nämlich dass du mir das sofort sagen würdest.“   „Es tut mir Leid, Chelsea. Ehrlich. Wie kann ich es wieder gut machen?“ Mittlerweile war er auf sie zugegangen und legte vorsichtig seine Hände auf ihre Schultern. „Verzeih mir.“ „Ist schon gut. Ich bin nicht wirklich böse, nur etwas enttäuscht. Sag mir bitte vorher, wenn irgendetwas in der Art passiert, was uns beide betrifft. Okay?“ „Ich verspreche es dir. Kriege ich einen Kuss?“ „Hm. Du bekommst sogar mehr als einen.“ „Tatsächlich?“   Auf der Stelle war der kleine Disput bereinigt und ihre Lippen sanft aufeinander gepresst. Aus den kleinen sanften Küssen, wurden schnell längere und fordernde. Ihre Zungen verhakten sich in einander und brachten ihre Liebe rasch zum Brodeln. Vaughn zog sie enger an seine Brust und hauchte ihr schöne Worte zwischen den Küssen entgegen, um gleich darauf noch mehr von ihr zu wollen. Jeden Tag und jede lange Nacht verzehrte er sich nach ihr. Nach ihrem betäubenden blumigen Geruch, der ihm so vertraut war, wie der Geschmack ihrer Lippen auf seinen. Er hob sie an und setzte sie auf dem Tisch und schob sich gleich darauf zwischen ihre Beine. „Vaughn, was…?“ „Keine Angst. Ich gehe nicht weiter, aber lass uns noch ein wenig weiter küssen, ja? Nur küssen!“ „In Ordnung.“ Chelsea vertraute ihm und gab sich diesem tollen Gefühl noch ein wenig hin. Vaughn war unglaublich zärtlich zu ihr und entfachte ungeahnte Emotionen. Ja, auch sie wollte ihm immer näher sein und ihm bereitwillig alles geben. Sie wusste, bald würde es soweit sein und die letzte Barriere zwischen ihnen würde sich in Luft auflösen.   ~<>~ Am nächsten Morgen war es soweit. Jeder hatte sich am Strand vor der großen Fähre versammelt, um Julia und Elliot persönlich zu verabschieden und ihnen viel Spaß auf ihrer Reise zu wünschen. „Wenn ihr in der Stadt seid, müsst ihr unbedingt in den Flowershop gehen. Er hört sich zwar nach Blumen an, aber er bietet viele Assessors und bunte Kleider an. Wegen der vielen Farben hat man ihn so genannt.“, ununterbrochen gab Lana den beiden Tipps und Ratschläge, welche Läden sie sich unbedingt ansehen und welche die sie auf keinen Fall besuchen sollten. Das Gleiche galt für Restaurants und Cafés und vielen anderem. „Lana, das ist lieb gemeint von dir. Einiges können wir uns bestimmt ansehen oder daran vorbeigehen. Elliot und ich sind nur zwei Wochen drüben. Soviel Zeit haben wir nun auch wieder nicht.“ „Ich verstehe. Trotzdem müsst ihr euch…“   „Kann die bitte jemand abstellen?“ Vaughn grub sein Gesicht in Chelseas Haaren und klagte nur für sie hörbar sein Leid über Lana. Sofort durchfuhr ihr ein wohliger Schauer durch ihren Körper, da sein Atem ihrer Haut so nahe gekommen war. „Wir haben es bald geschafft.“, tröstete die Braunhaarige ihn und drehte sich in seine Arme. „Die Fähre fährt bald ab. Dann können wir heimlich von hier verschwinden.“ „Das ist eine Aussicht, die mir überaus gefällt.“   Der letzte Koffer wurde an Bord verstaut. Das Paar hatte jetzt nur noch fünf Minuten, um sich von allen zu verabschieden. Mirabelle und Felicitas weinten, als sie ihre Kinder in die Arme nahmen und auch Nathalie gab leise zu, dass sie ihren Bruder vermissen wird. Die Freunde umarmten sich herzlich und das Paar versprach jedem von ihnen persönlich zu schreiben und heil und gesund wieder zu kommen. „Immerhin sind sie zu zweit und haben einander.“, sagte Mark, als sie alle dabei zusahen wie die Fähre ins offene Meer hinaus fuhr. Glücklich winkte das Paar auf der Fähre ihnen zu, die von Minute zu Minute immer kleiner wurden, bis sie nicht mehr zu erkennen waren. „Du hast Recht, Bruder. Sie sind nicht alleine und werden mit vielen Erinnerungen zurückkehren.“ „In der Zwischenzeit werden wir ebenfalls fantastische Erinnerungen sammeln.“, rief Denny laut aus und jeder stimmte ihm ausnahmslos zu. Der Angelausflug ---------------- Kapitel 3: Der Angelausflug     Zu früher Stunde waren Chelsea und Vaughn aufgestanden und bereiteten sich für den ausstehenden Angelausflug vor. Ihre Rücksäcke waren seit dem gestrigen Abend gepackt und standen neben der Wohnungstür. Die Sonne würde erst in einer Stunde aufgehen. Somit hatten sie noch genügend Zeit, um in aller Ruhe zu frühstücken. Kurze Zeit später kamen auch Nathalie und Mark in ihren Morgenmänteln in die Küche. Nathalie entfuhr ein lang gedehntes Gähnen. „Ich habe euch doch gesagt, dass ihr nicht aufzustehen braucht.“, wandte sich Chelsea an die beiden. „Wir werden nur noch eine Kleinigkeit frühstücken und uns dann mit Lana und Denny am Waldrand treffen.“ „Das wissen wir, Schwesterherz.“ Mark beugte sich zu ihr vor und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Nathalie und ich sind rein zufällig wach geworden.“ „Von wegen.“, murrte die Pinkhaarige und stützte ihren Kopf auf ihren Händen ab, wobei ihr ein erneutes Gähnen entfuhr. „So viel eher ist es auch wieder nicht. Wenn ich meinen Kontrollrundgang mache, kannst du dich wieder ins Bett legen.“ „Hilft mir auch nicht mehr. Immerhin bin ich schon wach.“ „Mehr oder weniger.“, grinste Chelsea und setzte eine weitere Kanne Kaffee für ihren Bruder auf.   „Es wundert mich immer noch, Vaughn, dass du dich bereit erklärt hast mit Lana ein komplettes Wochenende zu verbringen.“ „Erinnere mich bloß nicht daran.“, brummte der Angesprochene und warf seinem Kumpel einen vielsagenden Blick zu. „Ich weiß wirklich nicht, was mich da geritten hat. Lana lag uns gestern stundenlang in den Ohren, dass wir ja alles einpacken, was wir für den Ausflug benötigen und vor allem, das ist das Beste, gute Laune im Gepäck haben. Dabei hat sie mich so eigenartig angesehen, als würde sie mir das nicht im Entferntesten zutrauen.“ „Nun ja, du bist oft einsilbig und wirkst verschlossen. Und lächeln tust du kaum.“, murmelte Nathalie und rieb sich demonstrativ ihre Augen. Perplex sah Vaughn sie an. „Nicht streiten, ja?“, kam Chelsea ihrem Freund zuvor, die ahnte, dass ihm Nathalies Äußerung zu dieser frühen Stunde nicht gefiel. „Ich glaube dennoch, dass es ein schönes Wochenende wird. Lana und ich werden bestimmt zwischendurch unter uns sein wollen, dann haben Denny und du Ruhe vor uns.“ „Mach dir keine Sorgen. Mit Lana fange ich garantiert keinen Streit an.“ „Ich weiß.“ Zufrieden lächelte Chelsea ihn an und nahm seine Hand in ihre.   Mark war gerührt von diesem Anblick und freute sich ungemein, dass seine kleine Schwester jemanden gefunden hatte mit dem sie glücklich war und sie offenbar auf Händen trug. Denn Vaughn hatte ihm gegenüber zugegeben, dass er sich in erster Linie nur darauf freute mit Chelsea durchgehend zusammen sein zu können, weswegen er Lana notgedrungen in Kauf nahm. Es war nicht zu übersehen, dass seine Schwester einen positiven Einfluss auf ihren Freund ausübte. Wahrscheinlich war es andersherum genauso. Nun kam Vaughn bei ihr an erster Stelle, und das war auch richtig so. „Wollt ihr eventuell Toto mitnehmen? Über das kleine Abenteuer in den Bergen würde er sich bestimmt freuen.“ „Nein, lieber nicht. Nicht das ihm was passiert. Außerdem braucht ihr ihn doch als Aufpasser der Ranch.“ „Nun denn. Es war auch nur ein spontaner Vorschlag gewesen.“ Nachdem Mark seinen Kaffee getrunken hatte, stand er auf und rüttelte seine Verlobte sanft wach, die nebenbei friedlich vor sich hin gedöst hatte. Erschrocken fuhr sie hoch und blinzelte ein paar Mal um sich zu orientieren. „Liebling? Es ist soweit. Chelsea und Vaughn gehen jeden Augenblick los. Möchtest du dich wirklich nicht wieder ins Bett legen?“ „Ich bin wach, Mark.“ „Das sieht man dir an.“ Jeder musste schmunzeln, da man Nathalie ihre Müdigkeit überdeutlich ansah und sich nur mit aller größten Mühe auf den Beinen halten konnte.   Vor der Wohnungstür verabschiedeten sich die Paare voneinander. Selbstverständlich hatte sich Chelsea darüber gefreut, dass ihr Bruder und ihre Freundin ebenfalls so früh aufgestanden waren, um sie persönlich aus dem Haus zu begleiten. Schwanzwedelnd tänzelte Toto um sie herum und forderte von seinem Frauchen eine letzte Streicheleinheit ein. „Viel Erfolg beim Angeln.“ „Danke, Mark. Und ich versichere dir, dass ich auf deine Schwester aufpassen werde.“ „Davon bin ich überzeugt.“ „Bring Nathalie wieder hinauf ins Bett.“, flüsterte Chelsea ihrem Bruder zu, nachdem sie ihn ein letztes Mal umarmt hatte. „Sie schläft beinahe im Stehen ein.“ „Hatte ich sowieso vor. Das Frühaufstehen ist sie noch nicht gewohnt.“, grinste er. „Das wird sie noch. Immerhin will sie für immer mit dir zusammen leben.“ „Gott sei Dank.“ Die letzten Glückwünsche zum Angeln wurden ausgesprochen und danach gingen Chelsea und Vaughn mit Rücksäcken und Angelausrüstung beladen den Weg zum Haupttor der Starry-Sky- Ranch hinunter.                                                                                     ~<>~   Es war der erste Morgen seit langem, dass Mirabelle alleine am Frühstückstisch gesessen hatte. Gedankenverloren hatte sie ihre Gedanken kreisen lassen und sehnsüchtig an ihre Tochter gedacht, die zusammen mit Elliot ihren ersten Urlaub unternahm. Sie gönnte es ihr und hatte sich aus tiefsten Herzen für die beiden gefreut. Beide waren noch jung und es war eine tolle Idee von Elliot gewesen. Mirabelle musste schmunzeln. Dieser junge Mann liebte ihre Tochter über alles und würde stets alles für sie tun, um sie glücklich zu sehen. Zudem half er oft in ihrem Laden oder im Tiergehege aus, nur um Julia näher zu sein und sie jeden Tag sehen zu können. Sie hoffte, dass auch die beiden eines Tages heiraten würden. Denn Julia war ebenso in Elliot vernarrt wie umgekehrt. Des Weiteren war sie glücklich über Vaughns Entwicklung, seitdem er auf diese Insel gezogen war. Anfangs war er so verschlossen gewesen, doch es hatte nur Chelseas hin reizenden Charme bedurft und der Junge blühte immer mehr auf. Seinen bescheuerten Cowboyhut trug er seit Wochen nicht mehr, worüber Mirabelle heilfroh war. Heute Morgen war auch er mit Chelsea zu einem Wochenendausflug aufgebrochen. Auch das war richtig. Sie alle waren noch jung und lebhaft. Solange es ihnen möglich war, sollten sie so viele Eindrücke und Erfahrungen von der Welt wie nur möglich machen. Es mochte egoistisch klingen, aber Mirabelle war froh darüber, dass Vaughn in zwei Tagen wieder zu Hause sein würde. Denn die Einsamkeit in ihrer Küche machte ihr an diesem Morgen zu schaffen. Sie war es eben gewohnt ihre Kinder stets um sich zu wissen und nun waren beide gleichzeitig für kurze Zeit außer Haus. Daran musste man sich erstmal gewöhnen, was ihr vermutlich niemals gelingen würde. Dafür war sie zu sehr Mutter und ständig um ihre Kinder in Sorge. Wie es ihrer guten Felicitas wohl gehen mag? Elliot auf Reisen und Nathalie im Grunde genommen nur noch bei ihrem Verlobten auf der Ranch. Sie würde ihr einen saftigen Pfirsichkuchen backen und sie nachher besuchen gehen. Dann wären beide einsamen Mütter zusammen und könnten gemeinsam die Zeit vertreiben, bis ihre Kinder wieder zurück sein würden.                                                                                ~<>~   Lana, Chelsea, Vaughn und Denny hatten ohne Probleme den Wald auf ihrem Weg zur Mine durchkehren können. Das einzig störende war ihr Gepäck, aber an das Gewicht hatten sie sich schnell gewöhnt. An der Mine angekommen, schlugen sie einen schmalen Pfad ein, der sie einmal um die Mine herum führte und dann steil bergauf. Keuchend setzten sie einen Fuß vor den anderen und halfen sich gegenseitig, wenn eine dicke Baumwurzel ihren Weg versperrte und sie darüber klettern mussten. Mit ihren schweren Rücksäcken war es nicht ganz so einfach, aber sie bewältigten jedes Hindernis. Um Energie für den gesamten Aufstieg zu haben, unterhielten sich die Freunde nur wenig. Es war viel wichtiger auf den Weg zu achten, anstatt den neuesten Tratsch auszutauschen. Das Wetter veränderte sich nicht. Zwar war es kühl, aber keine Regenwolke oder stürmischer Wind kamen auf, wie es der Wetterbericht vorausgesagt hatte. Vaughn gestand sich ein, dass Denny und die anderen recht gehabt hatten, was die Temperaturen betraf. Kaum lag das Neujahrsfest einige Tage zurück, stiegen die Temperaturen allmählich wieder an. Eindeutig waren es keine Wintergrade sondern angenehmes Frühlingswetter lag in der Luft. Hier und da sprossen die ersten Triebe aus dem Boden heraus und das Grün kehrte wieder auf Felder, Wiesen und in den Wald zurück.   Der junge Fischer führte die kleine Truppe an. Durchgehend war er einige Schritte voraus und erkundete den Weg vor ihnen, um möglichen Schwierigkeiten von vornherein gezielt zu umgehen. Als der Aufstieg zwischen den dicken grauen Felsen begann, wurde es schon schwieriger das Gepäck auf dem Rücken zu transportieren. Aufgrund der schweren Zelte und Schlafsäcke entschlossen sie sich, ihr Gepäck vom Rücken zu schnallen und von Hand zu Hand weiter zu befördern. Es war eine mühselige Arbeit den Aufstieg bis zum Ende zu erklimmen und Lana stellte sich als zäher und ausdauernder als gedacht heraus. Sie selbst war davon am meisten überrascht, denn es war ihr erster Bergaufstieg überhaupt, aber sie besaß eine hervorragende Kondition. Vermutlich hatte es mit ihren jahrelangen Gesangsstunden zu tun, in denen sie immer wieder ihre Atmung trainieren musste.   Als sie endlich den See sahen, waren sie erleichtert. Sammelten ihr Gepäck an einer günstigen Stelle, die sehr eben war, kramten Thermoskannen mit heißem Kaffee und Tee heraus und ruhten ihre müden Glieder aus. „Das Ganze hat doch länger gedauert, als ich dachte.“, verkündete Denny, als er einen Blick auf seine Armbanduhr warf. „Bisher brauchte ich für den Aufstieg nie mehr als neunzig Minuten, aber weil wir mehrere Personen sind und unser Gepäck noch hinzukommt, dauerte es über zwei Stunden bis wir hier oben waren.“ „Dafür, fand ich, waren wir aber verdammt schnell.“, erwiderte Vaughn und genehmigte sich einen großen Schluck schwarzen Kaffee. Er war wohltuend für seinen Körper, der noch ziemlich aus der Puste war. „Ja, finde ich auch. Schlagen wir dann gleich unsere Zelte auf?“, fragte Chelsea. „Ja. Am besten dort drüben an der Felswand.“, deutete Denny hinter sich. „An der Stelle sind wir durch die hohen Felsen vor Wind geschützt. Falls wir durch die Witterung plötzlich überrascht werden sollten, müssen wir uns keine Gedanken um unsere Sicherheit machen.“   „Kommt es denn oft vor, dass das Wetter sich abrupt verändert?“, wollte Lana von ihm wissen. Sie war sehr aufgeregt, immerhin wird das ihr erster Angelausflug und Camping zugleich in den Bergen. „Manchmal. Ich habe das erst einmal erlebt. Ein Gewitter war recht rasch aufgezogen und hielt fast einen ganzen Tag an. Eine magere Fischbeute war das gewesen.“ „Wie oft angelst du hier oben?“ „Maximal zweimal im Jahr. Ist mit Taro so vereinbart. Dieser See hat keinen Zufluss zu größeren Gewässern, wie ihr unschwer erkennen könnt. Damit die Fische sich über das ganze Jahr vermehren können, darf nur einmal im Monat im See geangelt werden. Andere Angler kommen ebenfalls hierher, um ihr Glück zu versuchen. In meinem Fischerhaus führe ich regelmäßig Buch darüber.“ „Das ist auch gut so. Nicht das irgendwann der Fisch ausgeht. Ein Leben ohne Fische ist schwer vorstellbar.“ Chelsea lachte. „Du magst Fische ziemlich gern, oder?“ „Und ob. Schon lange wollte ich mich ans Angeln versuchen. Als ich noch drüben auf dem Festland gewohnt hatte und fast jeden Abend gesungen hatte, dachte ich mir, dass es Zeit wird für ein weiteres Hobby. Irgendwann fiel mir das Angeln ein und ich kam hierher. Ein Glück, dass ich Denny getroffen habe. Ansonsten würde ich immer noch versuchen Fische ohne Köder zu fangen.“   Die Anwesenden lachten. Jeder von ihnen erinnerte sich an Lanas ersten Angelversuch zurück, bei dem sie irgendwann wütend ihre Angel in den Sand geschmissen hatte, weil kein Fisch anbeißen wollte. Nachdem Denny die Ursache gefunden hatte, war es Lana unendlich peinlich gewesen. Noch dazu hatte sie kurz zuvor Vaughn und Chelsea um Hilfe gebeten, die zufällig am Strand entlanggegangen waren. Das war eine Begegnung, die Vaughn nicht sonderlich gemocht hatte. Lana war ihm seitdem mehr als suspekt. „Lasst uns schnell mit dem Zeltaufbau anfangen. Dann haben wir es hinter uns und wir können unsere Angelausrüstung aufbauen.“ Gesagt, getan. Denny gab Anweisungen, wie und wo am Günstigsten die Zelte aufzuschlagen waren und alle anderen hielten sich daran ohne seine Entscheidungen anzuzweifeln.                                                                                 ~<>~   „Haha. Weißt du noch, wie Elliot angefangen hat das Laufen zu lernen? Kaum hatte er seine ersten Schritte gemacht, stolperte er über seine tapsigen Füße und landete auf seiner Lieblingsrassel, die dabei kaputt ging.“ Fröhlich und ausgelassen, saßen Felicitas und Mirabelle bei Kaffee und dem selbstgebackenen Pfirsichkuchen und plauderten über frühere Zeiten. „Ja, das weiß ich noch. Seitdem er seinen ersten Schritt getan hatte, zeigte sich, dass er zwei linke Füße besaß und fiel verhältnismäßig oft hin, bei dessen Folge dann auch noch was zu Bruch ging.“ „Hingegen Nathalie nicht. Sie war ganz anders als ihr großer Bruder und vor allen Dingen viel selbstbewusster. Sie war von Anfang an diejenige, die den Ton angegeben hatte, obwohl sie ein Jahr jünger als Elliot ist.“ „Wohl wahr. Das Dreiergespann, deine Kinder und meine Tochter, haben von klein auf zusammen gelebt und miteinander gespielt. Und als sie größer worden, blieben sie weiterhin sehr gut befreundet, was mich ungemein erleichtert hatte. Zudem haben unsere Kinder stets bei unserer Arbeit ausgeholfen. Julia hatte schon immer ein Herz für Tiere gehabt. Nathalie den Sinn übers Geschäftswesen. Ich denke, dass sie auf der Ranch mit Mark und Chelsea zusammen gut aufgehoben sein wird.“   „Ich denke auch. Es erleichtert und freut mich, dass Nathalie einen guten und netten Mann gefunden hat, dem sie beistehen wird, sowohl beruflich als auch in Familienangelegenheiten. Mark ist der richtige für sie. Es könnte keinen besseren für meine Tochter geben.“ „Das sehe ich genauso. Außerdem bin ich überzeugt davon, dass Elliot ebenso der einzig richtige für meine Tochter ist. Dein Sohn hatte Julia immer heimlich beobachtet. Ich glaube, dass er von dem Augenblick an in sie verliebt war, als er sie das erste Mal gesehen hat.“ „Kann schon sein und ich glaube es auch. Über Julias Besuche hatte er sich immer am meisten gefreut und ihr unaufgefordert geholfen, wenn sie ein Problem hatte. Zwar machte er es dadurch manchmal schlimmer als vorher, aber Julia war stets gutmütig und sehr geduldig mit ihm. Vielleicht hat sie gespürt, dass er der Partner fürs Leben für sie sein wird. Sie hat ihn oft vor Nathalie beschützt. Das fand ich immer sehr rührend und tröstlich.“ „Ich hätte es auch kaum für möglich gehalten, dass Nathalie so ruhig werden wird. Seitdem sie Mark hat, hat sie sich sehr verändert. Äußerlich als auch innerlich. Sie war schon immer ein nettes, aber auch aufbrausendes Mädchen gewesen. Häufig hatte ich den Eindruck, dass sie gelegentlich unglücklich war, aber mit Mark ist es anders. Sie strahlt förmlich und lebt mehr von innen heraus.“   „Es freut mich als Mutter, das von dir zu hören. Auch ich habe beobachtet, dass Nathalie erwachsener geworden ist. Das erfüllt mich als Mutter mit Stolz. Unsere Kinder werden es sehr gut in ihrem weiteren Leben haben. Sie kennen sich und haben einander. Auch ihre Freundschaft mit den anderen wird ihnen viel Trost und Kraft geben.“ „Das denke ich ebenso. Wir können wahrhaftig Stolz auf unsere Kinder sein. Diese Insel wird sie brauchen und ihre Kinder werden hier garantiert genauso glücklich und zufrieden werden, wie wir es sind.“                                                                                   ~<>~   Am Bergsee unterhielten und lachten die vier Freunde ebenfalls sehr viel. Nebenbei ruhten ihre Angelschnüre im Wasser und man wartete geduldig darauf, dass ein Fisch anbiss. Gegen Abend hatten sie drei Fische erfolgreich aus dem See ziehen können. Einer davon ging auf Lanas Konto und sie vollführte einen langen Freudentanz darüber. Die anderen zwei hatte Vaughn geangelt. Es war das erste Mal, dass er überhaupt eine Angel in der Hand gehalten hatte. Chelsea war sehr stolz auf ihn und Denny klopfte ihm kumpelhaft auf die Schulter. „Du bist ein echter Glücksbringer, Vaughn.“ „Es sind doch erst drei Fische.“ „Das ist schon mehr als ich gehofft hatte. Es gibt Tage an denen angelt man gar keine und an anderen Tagen wieder etliche. Mein Rekord liegt bei sieben Fischen. Das war ein verdienter Tag gewesen.“ „Und wenn du mit deinem Kahn aufs Meer hinaus fährst? Du kommst doch Fässerweise mit Fischen zurück.“ „Schon, aber dafür lege ich Netze aus, das hat mit dem Angelsport nichts zu tun. Außerdem verdiene ich mit den Netzen meinen Lebensunterhalt. Der Ausflug heute, dass ist Freizeit und dient unserem Vergnügen.“   „Ach so. Und was hast du mit den Fischen vor?“, hakte Vaughn neugierig nach. „Nun, erstmal gehören zwei davon dir. Du kannst mit denen machen, was du willst. Lana hat den anderen gefangen. Ich kann von Glück reden, dass sie den Fang mit mir teilt.“ „Mal aus Neugierde, wie hältst du das eigentlich mit ihr aus?“ „Was meinst du?“ „Tja, ich…Also, ist sie dir nicht zu laut?“ „Zu laut? Haha! Du bist mir ja ein Spaßvogel, haha! Nein, sie ist mir nicht zu laut. Lana ist recht lebhaft und ziemlich ungeduldig, dass gebe ich zu, aber sie ist herzlich und hat stets ein Lächeln auf dem Gesicht. Das gefällt mir so an ihr. Dadurch vergesse ich vieles und meine eigene Traurigkeit von früher.“ „Wovon redest du?“ „Weißt du, Vaughn, mittlerweile sind wir gute Kumpel geworden, deswegen werde ich es dir erzählen. Mein Vater war auch Fischer. Schon immer gewesen und ich schloss mich ihm an, als ich alt genug war. Mein Vater hatte immer spannende Geschichten über die See und das Meer auf Lager gehabt. Jede einzelne hat mir gefallen und förderte mein eigenes Interesse an der See. Eines Tages, wir waren auf dem Kutter meines Vaters unterwegs und drei weitere Fischer an Bord. Zunächst war der Tag klar und wolkenlos gewesen, weswegen wir immer weiter aufs Meer hinausfuhren. Dann, mit einem Mal, schlug das Wetter abrupt um. Dunkle Wolken zogen auf und der Wind wehte uns gnadenlos ins Gesicht. Der Kutter fing heftig an zu Schaukeln und ich verlor meinen Halt und fiel irgendwann über Bord. Sofort sprang mein Vater hinterher und schaffte es mich zurück an Bord zu holen. Kaum war ich in Sicherheit gebracht, wollten die anderen Fischer meinen Vater aus dem Meer ziehen, aber eine gewaltige Welle zog ihn weit vom Kutter fort. Es war zu stürmisch, wir konnten nicht hinterher. Bis mein Vater letztendlich vor meinen Augen ertrank. Zu dem Zeitpunkt war ich gerade mal zehn Jahre alt.“   „Das ist schrecklich. Tut mir Leid. Meine Mutter habe ich auch früh verloren. Ich kann also verstehen, was du durchgemacht hast.“ „Danach habe ich versucht normal weiter zu leben, aber es gelang mir nur mäßig. Ich blieb Fischer, trotz allem und zog dann hierher. Als ich dann Lana begegnete, spürte ich, dass von jetzt an alles besser werden wird. Wenn ich mit ihr zusammen bin, ertrage ich viel leichter meinen Verlust und kann es inzwischen akzeptieren, dass mein Vater gestorben war um mich zu retten.“ „Ich verstehe.“ Lächelnd sah Vaughn zu Chelsea, die mit Lana um das Lagerfeuer saß. Für einen kurzen Moment hob sie ihren Kopf und ihre Blicke begegneten sich. Ja, Vaughn konnte Dennys Gefühle nachempfinden. Seine Chelsea hatte ihn ebenfalls unbewusst gerettet und aus seiner Isolation geholt.   „Du bist absolut vernarrt in Vaughn, habe ich Recht?“, holte Lana die Braunhaarige aus ihren Gedanken. „Wie? Ja, ich denke schon.“ „Du denkst es nur?“ „Okay, Lana. Ich weiß es. Bist du nun zufrieden?“ „Jetzt ja.“ Beide lachten. „Und? Bist du mit Denny glücklich?“ „Mehr als das. Er ist der Mann meiner Träume.“ „Huch! Das hört sich aber schon ziemlich ernst an.“ „Ist es auch.“, versicherte ihr die Blondhaarige. „Als ich ihn zum ersten Mal sah, wusste ich, mit ihm möchte ich den Rest meines Lebens verbringen. Nur mit ihm, und keinem anderen. Es war Liebe auf den ersten Blick.“ „Du hast keine Hemmungen offen über deine Gefühle zu reden. Das bewundere ich an dir.“ „Wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum ich Sängerin geworden bin. Durch meine Stimme bringe ich meine Gefühle zum Ausdruck, die ich vorher mit Worten auf Papier festgehalten habe und lasse andere daran teilhaben.“   „Vermisst du dein Leben als Sängerin?“ „Nein. Ich wusste, dass es irgendwann vorbei sein würde. Ein gefeierter Star zu werden, war nie meine Absicht. Es geschah einfach nebenbei. Hierher zu ziehen und alles hinter mich zu lassen, fiel mir nicht schwer. Ich hatte auch keine Familie mehr, die mich hätte halten können.“ „Wieso? Was ist mit deinen Eltern?“ „Ich habe sie nie kennen gelernt. Ich bin im Waisenhaus großgeworden. Geschwister habe ich auch keine. Mit fünfzehn fing ich dann an zu singen und verdiente schnell mein eigenes Geld. Etwas über zwei Jahre habe ich nur in Hotels gewohnt. Mein Manager war meine einzige Bezugsperson.“ „Irgendwie hört sich das traurig an.“, mitfühlend sah Chelsea ihre Freundin an. „Du musst dich sehr einsam gefühlt haben.“ Doch Lana schüttelte ihren Kopf. „Nein, Chelsea. Ich fühlte mich nie einsam. Schließlich hatte ich alles, was ich zum Leben brauchte und immer Freunde um mich herum. Dies war das Leben was ich kannte und liebte. Über Einsamkeit oder das mir was fehlt, habe ich nie nachgedacht. Der Gedanke dazu wäre mir überhaupt nicht gekommen.“ „Du bist ziemlich erstaunlich, Lana. Und ich bin froh dich getroffen zu haben.“ „Ich auch, Chelsea. Ich liebe diese Insel und ihre Bewohner. Und am liebsten habe ich meine tollen Freunde und meinen absolut wunderbaren Denny.“   Es wurde noch ein ausgelassener und fröhlicher Abend für die Freunde. Selbst Vaughn vergaß seine Abneigung Lana gegenüber und schaffte es sogar mit ihr zu scherzen und zu lachen.   Ein plötzlicher Regenguss ------------------------- Kapitel 4: Ein plötzlicher Regenguss     Mitten in der Nacht, es war bereits weit nach Mitternacht, wurde Chelsea durch eine Bewegung geweckt. In ihrem gemeinsamen Zelt mit Vaughn spürte sie, wie sich ihr Freund unruhig von einer Seite auf die andere wälzte und missverständliche Worte im Schlaf murmelte. An Schlaf war nicht mehr zu denken. Da Vaughn auch nach weiteren Minuten nicht zur Ruhe kam, entschloss die junge Frau ihn zu wecken. Vorsichtig rüttelte sie an seiner Schulter und beugte sich über ihn. Mit Beiden Händen umfasste sie sein Gesicht und streichelte ihm behutsam die Haare aus der Stirn. Kurz zuvor hatte sie ihre Taschenlampe angeknipst. In dem Lichtkegel erkannte sie, Vaughns umherwanderten Augen, die sich erstmal daran erinnern mussten, wo er sich gerade befand.   „Vaughn? Hast du schlecht geträumt?“ Noch immer streichelte Chelsea über seine Wangen und endlich sah er sie an und erkannte sie. „Chelsea, du bist hier.“, murmelte der junge Mann erleichtert. „Natürlich bin ich hier. Ist alles in Ordnung?“ Chelsea machte sich Sorgen. Ihr Freund wirkte immer noch stark zerstreut. „Soll ich dir einen Becher Wasser holen?“ „Nein, das ist nicht nötig. Lass mich nur dein Gesicht sehen.“ Behutsam fuhr er mit seiner Hand über ihre Wangen und zeichnete die Konturen ihrer Lippen nach. „Du bist wunderschön und du bist hier.“ „Vaughn, ist wirklich alles in Ordnung? Du machst mir nämlich Angst.“ „Mach dir bitte keine unnötigen Sorgen. Ich habe von früher geträumt…Von meinen Eltern.“ „Oh. Magst du mir davon erzählen?“   Es vergingen einige Sekunden, ehe Vaughn bereit war ihr von seinem Traum zu erzählen. „Der Traum war sehr undeutlich. Hier und da tauchten Bilder auf und waren schnell wieder verschwunden. Ich erinnere mich nicht mehr an alles. Aber an das Gesicht meiner Mutter. Sie hat so traurig ausgesehen. Aus irgendeinem Grund habe ich mich umgedreht und bin gegangen. Ich habe sie zurück gelassen. Dann sah ich meinen Vater, der…der mit einer Flasche im Sessel saß und mir zugeprostet hat.“ Vaughn schluckte, doch Chelsea unterbrach ihn nicht. „Auch von ihm habe ich mich abgewandt. Zum Glück. Das ist die einzige Handlung die ich verstehe. Doch dann, dann bist du aufgetaucht. Du hast ebenfalls so traurig ausgesehen. Ich konnte  nicht begreifen, warum. Also wollte ich auf dich zu gehen, aber du … du hast dich einfach umgedreht. Ich wollte dir hinterher rufen, aber du hast mich nicht gehört und dann stand ich plötzlich auf einem Schiff. Keine Ahnung wieso. Aber, es war nur ein Traum, denn du bist hier. Du bist hier.“ „Ja, es war nur ein Traum.“, lächelte Chelsea und küsste ihn sanft auf den Mund. „Ich werde mich auch niemals von dir abwenden. Wahrscheinlich war in letzter Zeit zu viel passiert, dass einiges noch richtig verarbeitet werden muss.“ „Das kann schon sein. Trotzdem, dass meine Eltern im Traum vorkamen, verstehe ich nicht.“ Möglicherweise hatte es etwas mit seinem Gespräch mit Denny zu tun. Seien spontane Offenheit über den Verlust seines Vaters zu reden, musste in Vaughn verdrängte Gefühle und Erinnerungen an die Oberfläche befördert haben. An die meisten würde er sich sein Leben lang nie wieder erinnern wollen. „Manche Dinge kann man nicht erklären. Für die gibt es auch keine Erklärung.“   „Danke, dass du mich aufgeweckt hast.“ „Kein Problem. Ist jetzt wieder alles gut? Meinst du, du kannst noch etwas schlafen? In drei Stunden wollten wir ursprünglich aufstehen.“ „Ja, ich denke schon. Solange du hier in meinen Armen liegst.“ „Hihi. Es gibt nichts, was ich lieber täte. Wenn ich dir damit deine bösen Träume fernhalten kann.“ „Was habe ich doch für ein Glück. Ich liebe dich, Chelsea. Mehr als du ahnst.“ „Ich liebe dich auch. Mehr als dir bewusst ist.“   Der nächste Morgen kam eindeutig zu früh. Vaughn hatte erst nach zwei Stunden etwas Schlaf gefunden, da ihm sein ungewöhnlicher Traum nicht mehr aus dem Kopf ging. Denny hatte bereits ein letztes Mal die Angelruten in den See geworfen. Am Nachmittag würden sie dann wieder zusammenpacken und den Abstieg beginnen. „Hey, Vaughn. Komm her und nimm deinen Platz von gestern ein.“, rief ihm Denny gutgelaunt zu. „Ich komme schon.“ Vaughn bekam nicht mit, dass Chelsea ihren Freund beobachtete. Sie sah ihm an, dass ihm die letzte Nacht und der eigenartige Traum zu schaffen machten. Er konnte danach nicht mehr viel geschlafen haben. Er sah müde aus und war stiller als sonst.   „Ist zwischen euch etwas vorgefallen letzte Nacht?“ „Wie? Nein, Lana. Es ist nur, Vaughn hatte unruhig geschlafen und mich dadurch ebenfalls wach gehalten.“ „Ich bin es auch nicht gewohnt in einem Zelt zu schlafen, aber als ich mich an Denny geschmiegt hatte, fühlte ich mich sehr gut aufgehoben.“, grinste die Blondhaarige und brachte den Männern einen dampfenden Becher Kaffee. Chelsea dachte noch kurz darüber nach, grinste ebenso und eilte mit zwei Tellern gebratenen Würstchen und Rührei hinterher. Als sie sich neben Vaughn setzte, lächelte er und ihre Bedenken wegen letzter Nacht waren auf der Stelle vergessen.                                                                                       ~<>~   Mark schlenderte mit Toto über seine Felder, die das Saatgut der Frühjahrespflanzen beherbergten. Die ersten Blumen fingen bereits an zu blühen. Dieses Jahr hatten er und seine Schwester beschlossen, Primeln zu pflanzen und zu verkaufen. Vor einigen Wochen wurden sie in dafür passenden Blumentöpfen gepflanzt, um den Transport zu erleichtern. Nun ruhten sie auf dem Boden und wurden bis vor wenigen Tagen mit einer Plastikfolie bedeckt. Dadurch waren sie gut vor dem Frost geschützt gewesen. Der Farmer war zufrieden und auch seine restlichen Felder sahen vielversprechend aus. Die Kartoffeln und Frühlingszwiebeln standen kurz davor geerntet zu werden.   Er war glücklich. Seit Tagen strahlte er nur noch über das ganze Gesicht. Seine Schwester hatte sich mit Vaughn wieder versöhnt und seine Verlobte war den ganzen Tag über bei ihm. Nie hätte er sie wieder aus den Augen gelassen oder freiwillig hergegeben. Er freute sich ungemein auf seine bevorstehende Hochzeit, die einen neuen Lebensabschnitt einleiten wird. Damit verbunden hatte er viele Pläne. Pläne für die Ranch und seine einzig wahre Liebe, die vom Haus aus auf ihn zu gerannt kam. Jedoch, anstatt ihm um den Hals zu fallen, warf sie ihm einen bitterbösen Blick zu. „Was ist los?“, fragte Mark und sein Lächeln, welches er eben noch für sie aufgesetzt hatte, schwand allmählich. „Du bist los.“ Irritiert sah er sie an. Was könnte sie meinen? „Was genau meinst du?“ „Regis hat gerade angerufen.“ Verdammt! Mit den Eheringen wollte er sie doch überraschen. „Okay. Was wollte er?“ „Spiel nicht den Ahnungslosen.“, fauchte die Pinkhaarige ihn an und pikste ihm gegen seine Brust. „Warum hast du mir nichts davon gesagt? Von allen Menschen auf dieser Welt bin ich ja wohl die einzige, die ein Recht hat darüber Bescheid zu wissen.“ „Nathalie, bitte beruhig dich. Ich wollte dich überraschen.“   „Wann warst du losgegangen und hast hinter meinem Rücken die Eheringe ausgesucht?“ „Unsere Eheringe.“, korrigierte er sie und wollte, dass sie ihn ansah. Doch sie kehrte ihm den Rücken zu. „Na schön! Unsere Eheringe. Es ändert aber nichts daran, dass du es mir verschwiegen hast.“ „Tut mir Leid. Es war keine Absicht von mir, dich damit zu verärgern. Wenn du willst, suchen wir zusammen neue Ringe aus, wenn sie dir nicht gefallen sollten.“ „Darum geht es mir nicht.“ „Ach nein? Worum dann?“ „Es geht so verflixt schnell.“ „Verflixt schnell?“ Noch verwirrter als vorher hob er seine Augenbrauen und trat direkt vor seine Verlobte, die ihm weiterhin stur nicht in die Augen sah. „Nathalie.“ Seine Stimme bekam allmählich einen leicht drohenden Unterton. „Willst du mich heiraten?“   „Was? Ja, ja, sicher. Es ist nur…Vielleicht sind es die sogenannten kalten Füße. Ich…Ich bin heute Morgen aufgestanden, habe geduscht, mich angezogen, mit dir gefrühstückt und erneut versucht mich in der Küchenkunst zu beweisen. Ich bin nach wie vor eine Katastrophe. Dann habe ich mir Toto gespielt, habe mir dir zusammen die Pferde auf die Koppel gelassen und dann…Ja, dann ist es irgendwie passiert.“ „Was ist passiert?“, hakte der Blondhaarige nach und musterte seine Verlobte teilweise argwöhnisch aber auch ängstlich. Hoffentlich machte sie keinen Rückzieher. „Das Gefühl, dass ich dann mit einem Mal gespürt habe.“ „Nathalie, ich verspreche dir, es wird gewiss alles gut und du musst dich nicht ändern oder so, Ich liebe dich so wie du bist. So will ich dich haben und nicht anders. Wenn dir irgendeine Arbeit auf der Ranch zu viel ist, dann…“ Nathalie beendete Marks Redefluss mit einem langen zärtlichen Kuss. „Nichts von all dem hier ist mir zu viel.“, hauchte sie ihm ins Ohr und schmiegte ihre Wange an seine. „Ich wollte dir nur sagen, dass ich das Gefühl habe, dass alles richtig ist. Es ist richtig, dass ich hier bin. Hier an deiner Seite und ich liebe es. Das ist das Leben, dass ich mit dir führen will.“ „Hättest du das nicht gleich sagen können.“ Der junge Mann zog seine Geliebte erleichtert an seine Brust und verstärkte seine Umarmung. „Was ist mit unseren Eheringen? Möchtest du, dass wir neue aussuchen?“ „Nein. Ich vertraue dir. Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass du für uns passende Ringe ausgesucht hast. Ich war bloß etwas vor den Kopf geschlagen, als der Anruf von Regis kam. Damit wird es so endgültig. Die Ringe können wir morgen abholen.“ „Ich will auch, dass es endgültig wird. Möchtest du morgen mitkommen?“ „Ja, sehr gerne, Mark.“                                                                                          ~<>~   Gegen Abend waren Chelsea, Vaughn, Lana und Denny wieder im Dorf. Zu ihrem Bedauern hatten sie keinen weiteren Fisch gefangen. Dennoch hatte es ihnen viel Spaß gemacht und sie vereinbarten, dass sie das wieder gemeinsam machen würden. Als Chelsea und Vaughn den Weg zur Farm einschlugen, fing es unvermittelt an zu regnen. Die letzten Meter zur Ranch absolvierte das Paar im Laufschritt, denn aus den anfänglichen Tropfen war schnell ein heftiger Regenguss geworden. „Na, wenn das mal nicht die Regenreiter ohne Pferde sind.“ „Lass die albernen Witze, Bruder und geh uns lieber aus dem Weg. Sonst wirst du auch noch nass.“ „Auch ich freue mich, dich wiederzusehen, Schwesterlein.“ Eilig entledigten sie sich ihrer klitschnassen Jacken und Stiefel. Die Rücksäcke verstaute Mark ohne Kommentar in der Abstellkammer. Vorher holte er noch den Fisch heraus und trug diesen in die Küche. Angewidert verzog Nathalie ihr Gesicht. „Die haben noch ihre Augen.“ „Du bist ein schlaues Mädchen. Dir entgeht aber auch nichts.“ „Hör auf mich zu veräppeln, sonst schläfst du heute Nacht auf der Coach.“ „Meine Lippen sind versiegelt.“ Mark zog die entsprechende Geste vor seinen Lippen nach. Daraufhin schüttelte Nathalie nur ihren Kopf, konnte sich aber ein Grinsen nicht verkneifen.   In der oberen Etage stand Chelsea seufzend unter der Dusche und spürte wie ihr das warme Wasser neues Leben einhauchte. Vaughn konnte sich nicht genau erklären warum, aber er stand an der Badezimmertür und sah seiner Freundin beim Duschen zu. Flüchtig hatte er sie bereits nackt gesehen, aber noch nie so entspannt wie in diesem Moment. Spontan nahm er all seinen Mut zusammen und klopfte zaghaft gegen die Duschkabine. Sofort drehte sich Chelsea zu ihm um. In stummer Absprache öffnete sie die Kabine und Vaughn trat zu ihr ein. Nach kurzem Zögern schlang der junge Mann seine Arme um ihren Bauch und lehnte sich ganz dicht an sie. Chelsea spürte jede Faser seiner Haut an ihrer. Wohlige Schauer durchfuhren sie und sie legte ihren Kopf in den Nacken, um ihren Freund in die Augen zu sehen. Sie küssten sich. Sanft und sinnlich. Unerwartete Begierde überkam ihnen. Ihre Zungen tanzten miteinander. Schweißten sie noch enger zusammen. Ließen ihnen kaum noch genug Raum zum Atmen. Seine Hände fuhren sanft Kreise über ihren Bauch und suchten langsam den Weg nach oben. Als sie das Ziel fanden, keuchte Chelsea und drückte mit ihrer Hand seine fester um ihre rechte Brust. Er stöhnte. Etwas regte sich an ihrem Rücken. Und dieses Etwas, wollte sie mit einem Mal an einer ganz anderen Stelle spüren.   „Vaughn.“ Atemlos sah sie ihn an. „Nicht hier.“ „Chelsea, ich…ich will dich so sehr.“ „Ich weiß. Aber nicht hier. Lass uns zu dir gehen.“ „Zu mir?“ „Ja, in deine Wohnung. Solange mein Bruder und Nathalie hier sind, geht es nicht.“ Sekundenlang starrten sie sich an. Dann setzten sich beide gleichzeitig in Bewegung und stolperten aus der Dusche. Zwei Liebende ------------- Kapitel 5: Zwei Liebende     Sie liefen. Sie rannten. Sie stolperten. Lachten. Blendeten den Regen aus, der ihnen erneut sämtliche Kleider aufweichte. Ungestüm und stürmisch hatten sie sich eilig angezogen und die Ranch regelrecht fluchtartig wieder verlassen. Es kam ihnen auch so vor, als ob sie sich auf der Flucht befanden. Zwei Liebende, die heimlich das Weite suchten, um ungestört vor fremden Blicken zu sein. Denn das, was sie beide im selben Moment wollten, sollte nur für beide alleine sein. Ohne Zeugen. Ohne Überraschungen der Art, dass sie gestört werden könnten. Sie liefen schnell durch den Regen. Lachten immer noch und küssten sich zwischendurch, um ihre angestaute Lust nicht sofort wieder zu verlieren. Mit Blicken erinnerten sie sich gegenseitig daran, dass sie sich liebten und den anderen an Stellen berühren und fühlen wollten, die sie bis jetzt noch nicht entdeckt hatten.   Es war dunkel. Vor dem Treppenaufgang zu Vaughns Wohnung ruhten sie sich kurz aus, um zu neuem Atem zu kommen. Vaughn nutzte die Gelegenheit und presste Chelsea mit dem Rücken gegen die Hausmauer und eroberte ihren süßen feuchten Mund mit einer Entschlossenheit, die ihre Knie weich werden ließen. Zu hören war nur ihr beiderseitiges Stöhnen und das Prasseln des Regens auf die Erde. Ansonsten gehörte dieser innige Moment ihnen. Ihnen ganz allein. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis Vaughn Chelsea wieder frei gab. Was keine Sekunde zu spät war, denn ihre Beine drohten erheblich ihren Dienst zu versagen. Ein vielsagender Blick und sie eilten die Treppe in seine Wohnung hinauf. Ohne Umwege führte der junge Mann seine Angebetete in sein Schlafzimmer. Auf dem Weg dorthin schafften sie es lediglich ihre Jacken und Schuhe auszuziehen. Socken hatten sie erst gar nicht mehr angezogen gehabt. In der Stille seines Zimmers schaltete er die Nachttischlampe ein und sah seine Freundin erwartungsvoll an. „Chelsea.“ „Vaughn.“   Konnte es etwas Schöneres geben, als seinen Namen aus ihrem wunderbaren Mund zu hören? Zuvor noch so stürmisch gewesen, trat er nun langsam auf sie zu und blickte ihr direkt in die klaren blauen Augen. Kein Unbehagen oder Zögern sah er in ihnen. Er zog sie zu einem intimen Kuss heran. Nahm ihren Geschmack in sich auf. Ganz langsam und behutsam öffnete er ihr kariertes Hemd. Knopf für Knopf. Keine Sekunde von diesem berauschenden Augenblick wollte er verpassen. Ständig suchte er ihren Blick und berührte sie fast schon beiläufig, dass es Chelseas einem Wunder gleich kam, dass sie noch in der Lage war zu atmen. Er brachte sie fast um den Verstand. Unternahm aber nichts um den Prozess unbedacht zu beschleunigen, wobei es ihr eigentlich nicht schnell genug gehen konnte. Dann zog er ihr Hemd aus der Hose und streifte es von ihren Schultern. Nass und schwer fiel es zu Boden. Er fing an ihren Hals zu küssen. Sog jede Empfindung, die sie in ihm auslöste in sich auf. Für einen kurzen Moment war er unentschlossen, ob er zuerst ihren BH oder ihre Hose entfernen sollte. Er entschied sich für ihren BH und bewunderte ihr weibliches Ansehen in vollen Zügen. Als er sich an ihrer Hose zu schaffen machte, quälte er sie. Einerseits, weil er sich Zeit ließ, andererseits, weil sie aufgrund des Regens nicht leicht von ihrer Haut zu ziehen war. Soweit waren sie noch nie gekommen. Es fehlte nur noch ein Kleidungsstück und er hätte sie damit zum ersten Mal komplett ausgezogen. Er war noch vollständig eingekleidet. Sie musste nur noch ihren Slip loswerden. Dafür ging er abermals in die Knie und entfernte das letzte Kleidungsstück von ihrem Körper.   Er ergötzte sich an ihrem wunderschönen Anblick, stand wieder auf und flüsterte es ihr ins Ohr. Erneut begannen ihre Knie zu wackeln. Daraufhin dirigierte Vaughn sie auf ihr Bett. Halb im Liegen beobachtete Chelsea wie sich ihr Freund vor ihr auszog. Nach und nach verschwand jedes lästige Kleidungsstück. Begierig nahm sie seinen maskulinen Anblick in sich auf und konnte zum ersten Mal den Teil von ihm sehen, der ihr schon einige Male erotische Fantasien beschert hatte. Unwillkürlich stockte sie kurz in ihrer Atmung. Vaughn beugte sich zur ihr runter und suchte abermals ihren Mund. Sie fuhr ihm durchs nasse Haar und konnte es kaum noch abwarten ihn endlich auf sich zu spüren. Er folgte ihrer Aufforderung. Küsste sie weiter und streichelte mit einer Hand ihre Seite entlang. Langsam fuhr er ihre Rundungen auf und ab, gab ihren Mund frei und wanderte allmählich von ihrem verführerischen Hals aus weiter abwärts. Stets trug sie ihre Kette mit dem Pferdeanhänger, wie auch jetzt. Kurz betrachtete er sie, nahm sie ihr dann ab und legte sie auf dem Nachttisch ab. Danach fuhr er mit seiner Erkundung über ihren betörenden Körper fort.   Neben seinem Rauschen in den Ohren nahm er ihre schnelle Atmung wahr. Er spürte ihr Herz unter seinen Küssen und Berührungen schneller schlagen. Auch sein Puls beschleunigte sich. Seine Aufregung war garantiert genauso groß wie ihre. Er wollte alles richtig machen und vor allem genießen. Für sie beide. Ein unvergessliches Erlebnis daraus machen, denen sich noch etliche anschließen sollten. Chelsea zitterte, als er ihren Bauchnabel erkundete. Bis zu jenem Moment hatte sie keine Ahnung gehabt, wie empfindsam und sensibel diese Stelle war. Es war ein sinnliches Gefühl. Sie fühlte sich auf sanften Händen getragen. Seine forschen Hände zogen weiter zur goldenen Mitte und forderten Einlass. Er küsste sie wieder, während seine Hand da unten verweilte und ihr ein wohliger Seufzer entfuhr. Ihre Blicke begegneten sich. Ihr heißer Atem brachte sein Blut in gewaltige Wallung. Er war soweit. Wusste jedoch nicht, ob Chelsea es auch war. Er wünschte, sie würde ihm ein eindeutiges Zeichen geben. Ihre Hände fuhren seinen breiten Rücken entlang. Jede Sehne und jeder Muskel seines Körpers verzehrte sich mehr und mehr nach ihr. Er wollte endlich Erlösung in ihr finden.   Chelsea spürte seine Zurückhaltung, die sie allerdings nicht verstand. Fast befürchtete sie etwas falsch gemacht zu haben, doch als ihre Hand sein Glied erfühlten, wusste sie, dass er bereit für sie war. Doch warum tat er es dann nicht? Sie wollte ihn unbedingt in sich spüren und keine Sekunde mehr vergeuden. Schnell schlang sie ihre Arme um ihn. Küsste ihn und hob ihr Becken näher an seine Männlichkeit. Dabei spreizte sie leicht ihre Schenkel und fühlte ihre eigene Bereitschaft ihn endlich zu empfangen. Vaughn seufzte. Dies war die Bestätigung, die er unbedingt brauchte. Er spreizte weit genug ihre Beine, sah sie voll unendlicher Liebe und Verlangen an und drang sehr behutsam, um ihr nicht weh zu tun, in sie ein. Feuchtigkeit und Wärme erwarteten ihn. Er stöhnte, als er vollends in ihr war. Noch immer sah er ihr ins Gesicht. Am liebsten hätte Chelsea ihn für keine Sekunde aus den Augen gelassen. Sein intensiver Blick hatte sie Raum und Zeit vergessen lassen und das Gefühl von ihm eingenommen zu werden. Sie, die ihn freiwillig und voller Begierde empfing, es war das unglaublichste und schönste, was sie jemals zuvor erlebt oder gespürt hatte. Sie konnte nicht anders und musste für einen Moment ihre Augen schließen, um das Gefühl von ihm in ihr länger und intensiver zu erfassen. Es war …wunderbar und einfach herrlich. Seine Vorsicht ihr gegenüber, nie könnte er ihr jemals wehtun, wenn es sich vermeiden ließe. Und er tat ihr auch nicht weh. Es fühlte sich gut an …und unbeschreiblich schön.   Endlich. Endlich waren sie sich so nah, wie es für zwei Liebende möglich war. Er bewegte sich langsam in ihr. Seine Anstrengung, den Augenblick bis ins Unermessliche hinauszögern, erforderten all seine Bemühungen und sein Können, um ihr zu beweisen, wie viel sie ihm bedeutete und jeden Tag von neuem schenkte. Ein ewiges Zusammensein mit ihr. Nur mit ihr. Sein Keuchen und Stöhnen wurde lauter und Chelsea passte sich seinem Takt an. Tief sahen sie sich in die Augen und spürten eine heftige Welle an Emotionen in sich aufkommen, die sie so plötzlich überrollte, dass Chelsea einmal aufschrie und danach ihr Gesicht an seiner Schulter verbarg. Vaughn kam gleichzeitig mit ihr. Stammelte zusammenhanglose Worte und rollte sich höchst zufrieden neben sie. Wenige Augenblicke später schliefen beide auf der Stelle ein.                                                                                         ~<>~   Die Braunhaarige war die erste, die ihre Augen öffnete. Draußen vor dem Fenster war es dunkel, folglich war es mitten in der Nacht. Die Nachttischlampe war noch eingeschaltet, weswegen Chelsea Vaughns Gesicht erkennen konnte. Er atmete ruhig und gleichmäßig. Einen Arm hatte er um sie gelegt und sie die ganze Zeit über festgehalten. Sie war gerührt und in diesem Moment über ihre starken Gefühle für den Mann neben sich durchaus bewusst. Vorsichtig fuhr sie mit dem Handrücken über seine Wange. Ihr Vaughn. Nur er konnte das Unmögliche möglich machen und ihr ein derart schönes Erlebnis bescheren. Falls es jemals Zweifel in ihr gegeben hatte, waren von jetzt an keine mehr davon übrig. Sie liebte ihn unendlich und wollte für immer mit ihm zusammen sein. Selig seufzte sie, als Vaughn ebenfalls seine Augen öffnete. Verschlafen, aber mit einem Lächeln auf den Lippen sah er sie an.   „Hey.“ „Hey.“ „Geht es dir gut?“ „Hm? Ja, es geht mir gut. Und dir?“ Er schmiegte sich noch enger an sie. „Fantastisch.“ Und hauchte ihr einen Kuss zuerst auf die Stirn und dann auf ihren Mund. „Wie spät ist es?“ „Ungefähr drei Uhr.“ „Wunderbar, dann können wir noch so liegen bleiben.“ Plötzlich hörten beide ein Magenknurren. „Ich würde mal behaupten, dass war deiner.“, kommentierte die Braunhaarige und machte Anstalten aufzustehen. „Lass uns doch einfach liegen bleiben. Es ist gerade so schön.“, erwiderte Vaughn. „Finde ich auch. Und mit etwas Obst können wir es uns gleich wieder im Bett gemütlich machen. Immerhin kamen wir gestern Abend nicht mehr dazu etwas zu Essen, nachdem mühseligen Abstieg und dann danach…“ Vaughn schmunzelte. „Mir hat es sehr gefallen.“ Chelsea hatte gerade die Bettdecke weggeschlagen und entdeckte den Blutfleck auf dem Laken. „Ja. Mir hat es auch sehr gefallen.“ Sie stand auf und legte sich den Morgenmantel um. Zum Glück hatte sie auch einen bei Vaughn gelassen.   „Chelsea, warte.“ Er hatte ebenfalls den Fleck gesehen und musste sie einfach fragen. „Hat…Hat es wehgetan?“ Kurz sah sie ihn an, ehe sie lächelte und ihren Kopf schüttelte. Eine zarte Röte zierte ihre Wangen. „Nein, Vaughn. Es hat mir nicht wehgetan.“ Damit verschwand sie erstmal in der Küche und kam mit ein paar Stücken geschnittenem Obst zurück. Als sie sich wieder neben ihn gesetzt hatte, aßen sie in Ruhe das frische Obst und hingen ihren Gedanken nach. „Ich bin erleichtert.“ „Hm? Worüber?“ „Das ich dir nicht wehgetan habe.“ Liebevoll sah er sie an und umfasste ihr schmales Kinn. „Ich liebe dich.“ „Ich dich auch und ich denke, du hättest es gemerkt, wenn du mir Schmerzen zufügest.“ „Schon möglich. Dir ist klar, dass du jetzt jede Nacht bei mir sein musst?“ „Hihi. Ich weiß nicht, ob das so einfach geht.“, neckte sie ihn und stellte den leeren Teller beiseite. Als sie sich wieder umdrehte, fing Vaughn an ihr den Morgenmantel von den Schultern zu streifen.   „Du musst aber.“, flüsterte er ihr ins Ohr und Chelsea spürte erneut Begierde in sich aufsteigen. „Ich muss?“, hauchte sie zwischen den Küssen. „Ja. Ich brauche dich. Schon vom ersten Tag an, als ich dich sah.“ „Dann darfst du mich nicht verlassen. Versprich es mir! Niemals.“ „Ich verspreche es.“ Dann lag er wieder auf ihr und setzte seine süße Folter fort.       Ehrliche Liebe -------------- Kapitel 6: Ehrliche Liebe     Es war nicht derselbe Morgen. Definitiv nicht derselbe. Zwar wachte Vaughn in seinem eigenen Bett neben seiner geliebten Chelsea auf, wie die vergangenen Wochen zuvor, aber etwas hatte sich verändert. Etwas sehr Wichtiges und für ihn überaus Bedeutsames. Dabei lag es nicht nur an der Tatsache, dass sie zum ersten Mal Sex gehabt hatten, vielmehr hatte es zu einem veränderten Gefühl beigetragen. Und es war ein sehr schönes, unbeschreibliches Gefühl. Er lag in seinem Bett, in seinem eigenen zu Hause und die eine Frau lag schlafend in seinen Armen. Die eine, die ihm so viel bedeutete, dass es mit Worten gar nicht zu beschreiben war. Sie gab ihm so viel. Ihre Sicht auf die kleine Insel und deren Leute, die auf ihr lebten, inzwischen war es auch seine geworden. Wann das genau geschehen war, konnte er nicht sagen. Im Laufe der Zeit war es einfach so passiert. Er fühlte sich hier zu Hause, und dieses zu Hause bedeutete ihm gleich viel mehr, wenn seine Chelsea neben ihm lag und morgens mit ihm zusammen aufwachte.   Vaughn küsste sie sanft auf ihre Stirn, als sie begann ihre Augen zu öffnen. „Guten Morgen, meine Schöne.“ „Morgen.“, gähnte die erwachende Schönheit und warf einen kurzen Blick aus dem Fenster. „Es ist schon hell?“ „Hm, ja. Wenn du es genau wissen willst, es ist kurz vor 9 Uhr.“ „Wie? Kurz vor 9, schon? Dann habe ich verschlafen.“ Die junge Frau machte Anstalten aufzustehen, doch Vaughn hielt sie zurück. „Moment, warte noch. Wofür hast du verschlafen?“ „Heute ist Montag und ich habe Mark versprochen, dass ich wieder etwas mehr auf der Ranch mitarbeiten werde. Es war auch nicht geplant, dass wir gestern Abend den Hof wieder verlassen haben.“ Die Erinnerung an das warum, trieb ihr die Schamesröte ins Gesicht. „Ist das so schlimm? Ich dachte, es hätte dir letzte Nacht gefallen.“ Leichter Zweifel schwang in seiner Stimme mit. Er wollte Chelsea nicht sofort wieder gehen lassen.   „Doch. Natürlich hat es mir sehr gefallen. Es ist nur so, ich hatte es Mark versprochen.“ „Meinst du, dass er verärgert sein wird? Das kann ich mir nicht vorstellen. Angerufen hat auch niemand.“ „Bevor ich gehe, kann ich ja erstmal zu Hause anrufen und fragen wie es aussieht und mich entschuldigen. Wenn mein Bruder alleine klar kommt, kann ich in aller Ruhe mit dir frühstücken.“, lachte sie ihn an. „Das hört sich schon viel besser an.“, antwortete er und gab ihr einen Kuss. „Wann musst du im Laden sein?“ „Heute Nachmittag ab 13 Uhr. Wir haben also noch ein paar Stunden nur für uns alleine.“ „Hihi. Okay. Dann rufe ich schnell bei Mark an, damit das geklärt wird.“ „Gut. Und ich setzte schon mal Kaffee auf.“                                                                                          ~<>~   Mark war nicht im Geringsten verärgert über die Abwesenheit seiner Schwester. Er hatte ihre Blicke gesehen, die sie und Vaughn am vorherigen Abend ausgetauscht hatten und irgendwie geahnt, dass sie alleine sein wollten. Zudem ist die Erntezeit noch nicht ganz angebrochen. Ihnen blieb also noch etwas Zeit, bevor die endgültige Saisonarbeit richtig losgehen würde. Außerdem hatte Nathalie ihm tatkräftig geholfen. Mittlerweile kannte sie sich recht gut auf der Ranch und der Arbeit aus. Sie entwickelte zumindest ein sehr gutes Gespür für die anfallenden Tätigkeiten. Er war ungemein Stolz auf sie und sagte es ihr auch, so oft es ihm möglich war.   „Meine Schwester kommt heute Nachmittag zurück. Zum Abendessen wird sie den Fisch zubereiten.“ „Hat sie dir auch erzählt, weswegen sie so plötzlich wieder gegangen waren?“ Verblüfft starrte der junge Mann seine Verlobte an. Wie naiv sie manches Mal noch war. Dafür liebte er sie abgöttisch und er musste umso mehr auf sie aufpassen. Das war ihm bewusst. „Nun, das frag sie am besten selber, wenn Chelsea wieder da ist. Auf jeden Fall wollten die zwei alleine sein.“ „Hm.“ „Was hältst du davon, dass wir uns gleich auf dem Weg zu Regis machen? Die Tiere sind versorgt und durch den Regen gestern muss nichts gegossen werden.“ „Ja. Was für Ringe hast du dir denn ausgesucht?“ „Das bleibt eine Überraschung.“, grinste der Blondhaarige. „Ich hoffe, dass du die Ringe ebenfalls so geeignet finden wirst, wie ich.“ „Bestimmt. Ich vertraue dir.“   Und es war absolut ehrlich von ihr gemeint. Für Mark ist es nach wie vor das Allergrößte solche Worte aus ihrem Mund zu hören, die nur für ihn bestimmt waren. Zwar war es schon häufiger vorgekommen, dass Nathalie ihm sagte, dass sie ihn liebte, aber wenn es nach ihm ginge, könnte er es nicht oft genug hören. Ins Besondere, aufgrund der letzten Geschehnisse vor dem Frühjahr war es ihm immens wichtig geworden regelmäßig Bestätigung von ihr zu bekommen. Selbstverständlich war alles, was geschehen war, vergeben und beinahe vergessen und er war überglücklich Nathalie bald zu heiraten, aber seine Furcht davor seine Geliebte beinahe verloren zu haben, war einfach zu mächtig gewesen und nagte immer noch an ihm. Schon vom ersten Tag an lebte er mit der Angst, Nathalie eines Tages zu verlieren, aber er hätte nie gedacht, dass es tatsächlich jemals geschehen könnte. Als es dann den Anschein danach hatte, war seine geliebte Welt fast daran zerbrochen und er hätte den größten Fehler seines Lebens begangen, wenn er sie einfach hätte ziehen lassen. Ein Glück, er hatte es nicht getan und Nathalie hatte den Weg wieder zu ihm zurück gefunden. „Hol deine Jacke, Liebling. Dann können wir los.“                                                                                                ~<>~   Als das junge Paar vor Regis Anwesen ankam, wurde der Pinkhaarigen ein wenig mulmig zumute. Ungern erinnerte sie sich an ihre letzte Auseinandersetzung mit Will und Lily in diesem Haus zurück. Die Party war ein reines Desaster gewesen. Zu allem Überfluss hatte Nathalie ernsthaft versucht Will zu gefallen. Ausgerechnet ihm. Ab und zu fragte sie sich, wie sie so blind und vor allen Dingen so dumm sein konnte, so etwas Absurdes zu denken. Bloß, weil sie sich kurzzeitig von Mark zu stark vernachlässigt gefühlt hatte. Es war komplett bescheuert gewesen, das war ihr inzwischen klar geworden. „Nathalie? Ist alles in Ordnung mit dir?“, wollte Mark von ihr wissen, nachdem sie ihren Händedruck verstärkt hatte. „Ja, es ist alles gut. Ich musste nur kurz daran denken, dass ich zuletzt…auf Lilys Party hier gewesen war.“ Beschämt schaute sie zur Seite. Der Abend lag ihr noch peinlich in Erinnerung. „Es ist alles gut. Ich bin bei dir.“, flüsterte Mark ihr zärtlich ins Ohr. Außerdem würde er es für kein Geld der Welt zulassen, dass sie jemals alleine und ohne ihn dieses Haus betrat. „Und du warst seitdem zweimal wieder hier?“ „Ja. Einmal sogar mit Vaughn.“ „Mit Vaughn?“ „Sicher. Immerhin ist er mein Trauzeuge.“   Mit offenem Mund starrte Nathalie ihren Verlobten an. „Vaughn???“ „Klar. Wir sind gute Kumpel geworden. Außerdem dachte ich mir, dass das passen würde, wenn Chelsea deine Trauzeugin ist.“ „Ich bin platt. Aber irgendwie…hast du Recht. Obwohl ich dachte, dass du meinen Bruder fragen wirst.“ „Ich habe lange darüber nachgedacht. Doch Vaughn erschien mir geeigneter.“ „Stimmt mein Bruder würde den Ring wahrscheinlich fallen lassen und wir würden ihn nie wieder sehen…“, seufzte die junge Frau. „Haha. Daran habe ich zwar nicht gedacht, aber jetzt, wo du es erwähnst, haha. Lass uns erstmal reingehen. Ich bin gespannt, wie du die Ringe finden wirst.“ „Sind, ähm, ist nur Regis daheim?“ „Wieso? Ach! Wegen Will?“ „Ich dachte viel eher an Lily.“, gestand sie und vergrub ihr Gesicht an seiner Schulter. Erleichtert atmete der Blondhaarige aus. „Ich sagte doch, du musst dir keine Sorgen machen. Lily hat sich doch für ihr Verhalten bei uns entschuldigt. Und was Will betrifft, der ist glücklich und zufrieden mit Sabrina zusammen.“ Das „mit“ betonte er mit Absicht. „Das weiß ich. Ach. Also schön, ich mache mir keine Sorgen. Lass uns reingehen.“   Kaum hatten sie die Tür hinter sich geschlossen, trat Will auf die beiden zu. „Nathalie! Mark! Wenn das nicht das frisch verlobte Paar ist! Schön euch wieder zu sehen.“ Freudig trat der Gentleman auf sie zu, gab Mark die Hand und umarmte zu allem Überfluss die erstarrte Nathalie. Sofort legte Mark seinen Arm um ihre Taille und zog sie enger an sich heran. Sein Griff war so fest, dass Nathalie sich kaum rühren konnte, was ihr allerdings nur recht war. Im Moment fühlte sie sich, wie im schlechten Film. „Hey, Will. Wie geht es dir und Sabrina?“ Der junge Hausherr war nicht auf den Kopf gefallen. Er spürte den drohenden Unterton, der in Marks Frage mitschwang und das er zugleich auf Sabrina aufmerksam machte, sollte ihn offensichtlich von abwegigeren Gedanken fernhalten. „Uns geht es gut. Regis hat erzählt, dass ihr zwei kommen werdet. Deswegen habe ich Ausschau nach euch gehalten. Ich hoffe, ich bin euch damit nicht zu nahe getreten. Immerhin hatte ich gehofft, dass wir Freunde werden können.“ Will sprach direkt und ehrlich, dass Mark keinen Anlass darin sah, ihm nicht zu glauben. Eigentlich war zwischen ihm und Nathalie nichts geschehen und mit seiner Kusine war es genauso. Dennoch war er nicht erpicht darauf, ihn sofort regelmäßig um sich zu haben. „Das werden wir.“ Überrascht blickte Nathalie zu ihrem Verlobten auf. Was ging denn in ihm vor? „Aber jetzt sind wir hier, um unsere Eheringe zu begutachten und hoffentlich,“ ein kurzer Seitenblick auf seine Verlobte, „zu behalten.“ „Davon gehe ich aus. Ich bringe euch zu Regis Büro. Einverstanden?“ Das Paar nickte gleichzeitig und mit einem Mal war die angespannte Atmosphäre verschwunden.                                                                                              ~<>~   Zum ersten Mal in seinem Leben verabscheute Vaughn die Tatsache, dass es so etwas wie Arbeit, und dass man damit seinen Lebensunterhalt verdienen musste, gab. Sein gemeinsamer freier Vormittag mit Chelsea war wie im Flug vergangen. Seiner Meinung nach viel zu schnell. Sie hatten zusammen gescherzt, gelacht und waren zu zweit duschen gewesen. Dieser Moment gehörte definitiv zu einem seiner schönsten Erlebnisse in seinem Leben. Noch immer benahm sich Chelsea ein wenig zurückhaltend, wenn sie ihn komplett nackt sah. Vaughn fand das furchtbar anziehend und konnte nicht anders, als sich etwas über sie lustig zu machen. Selbstverständlich hatte es ihm Chelsea wieder heimgezahlt, in dem sie urplötzlich den Wasserstrahl auf kalt gestellt hatte. Mit einem solchen Schrecken hatte der Weißhaarige nicht gerechnet, nutzte aber auch diese Situation gekonnt aus, um sich mit ihr gemeinsam wieder aufzuwärmen. Als sie sich wieder anzogen, bemerkte Vaughn, dass das Bett bereits neu bezogen war. Anscheinend hatte Chelsea es getan, während er die Küche aufgeräumt hatte. Ansonsten hatte er sie keine einzige Sekunde aus den Augen gelassen.   Jetzt im Tierladen füllte er die Regale auf und überprüfte gelieferte Ware mit den Bestelllisten. Ein paar Worte hatte er mir Mirabelle gewechselt, dass der Angelausflug schön gewesen war und sie heute Abend den gefangenen Fisch bei Chelsea und Mark zu Hause essen würden. Für einen Augenblick hatte Mirabelle traurig ausgesehen. Da der Moment rasch wieder von ihrem Gesicht verschwunden war, glaubte Vaughn sich das nur eingebildet zu haben. Darum hakte er nicht weiter nach und erledigte den Rest des Nachmittags eher gelangweilt seine Arbeit.                                                                                                ~<>~   Auf der Ranch zeigte Nathalie ihrer Freundin die gekauften Eheringe. Chelsea war mehr als entzückt über den silbernen Ring, der einen winzig kleinen weißen Diamanten eingearbeitet hatte. Zusätzlich war auf der Innenseite des Ringes eine Gravur zu lesen: Auf eine glückliche Zeit, mit dir an meiner Seite. Marks Ring trug dieselbe Gravur, nur den Diamanten wies sein Ring nicht auf. Nathalie war hin und weg. Bereits die zweite Taschentuch-Packung ging auf ihr Konto. „Sind die nicht wunderschön.“, schniefte sie vor Freude und Glückseligkeit. „Chelsea, dein Bruder ist der Beste.“ Nach diesen Worten warf sie sich ihm prompt an den Hals und heulte sich an seiner Schulter weiter aus. „Du meine Güte, Bruder. Damit hast du sie aber umgehauen.“ „Das war auch beabsichtigt.“, gab der junge Mann zu und fuhr seiner aufgelösten Verlobten gleichmäßig übers Haar. Chelsea erkannte, wenn sie fehl am Platze war und beschloss einen Rundgang über die Ranch zu machen. Drei Tage war sie nicht mehr da gewesen. Sie musste sich persönlich vergewissern, dass alles noch seine Ordnung hatte und ihre Tiere zufrieden waren. Toto begleitete sie dabei auf Schritt und Tritt, der nicht weniger glücklich darüber war, dass sein Frauchen wieder zu Hause war.   Zu Hause…Inzwischen hatten die zwei Wörter eine neue Bedeutung bekommen. Nach wie vor liebte Chelsea ihre Arbeit und die Ranch. Sie würde sie auch in Zukunft mit ihrem Bruder zusammen weiterführen. In naher Zukunft, sogar mit Nathalie an ihrer Seite. Eine sehr gute Freundin und Schwägerin im Haus zu haben, darauf freute sie sich. Wenn dann auch noch Vaughn mit dabei sein wird… Nun, was würde mit ihnen in Zukunft werden? Würden sie irgendwann auch heiraten und hier auf der Ranch leben? Gemeinsam mit ihrem Bruder und seiner Frau? Chelsea musste zugeben, dass ihr diese Vorstellung gefiel. Für beide gäbe es so viele Möglichkeiten, aber momentan war sie einfach nur glücklich, dass es Vaughn überhaupt in ihrem Leben gab und er an ihrer Seite war.   Hoffentlich auch für immer.   Einfach glücklich ----------------- Kapitel 7: Einfach glücklich     Die nächste Woche verging wie im Flug. Zudem trafen die ersten Postkarten von Julia und Elliot ein. Ein bisschen betrübt und niedergeschlagen las Mirabelle die Karte ihrer Tochter durch, und das bereits ein drittes Mal als Vaughn vom Hinterhof aus in die Küche getreten kam. „Mirabelle? Was ist denn los? Warum weinst du?“ Ertappt fuhr die Angesprochene zusammen und versuchte hastig ihre aufkommenden Tränen wegzuwischen. „Ach, Vaughn, du bist es. Ja…Nun, mir fehlt nichts. Es hat etwas mit meinen Muttergefühlen zu tun.“ „Hm?“ Der junge Mann blieb erstmal stumm. Dies war eindeutig eine Situation, in die er niemals freiwillig hineingelaufen wäre, wenn man es vermeiden könnte. Dummerweise war er hineingeraten und konnte seine Tante nicht ohne weiteres wieder alleine lassen. „Ist schon gut, Vaughn. Du musst dich nicht gezwungen sehen bei mir zu bleiben. Ich weiß ja, dass dir so etwas sehr unangenehm ist. Außerdem komme ich schon zurecht.“ „Trotzdem. Ich bleibe.“ Ohne noch weiter darüber nachzudenken und zu Mirabelles Verblüffung, setzte er sich seiner Tante gegenüber. „Was bedrückt dich?“   Mirabelle musste einige Male Blinzeln, weil Vaughns plötzliche Handlung so untypisch für ihn war. Noch dazu, sah sie seiner Mimik an, dass er sich ziemlich unwohl dabei fühlte. Aber er blieb, und das trieb ihr - fast schon wieder - neue Tränen in die Augen. „Ich musste gerade an Julia denken. Wie sehr sie mir fehlt und ich mich ohne sie einsamer fühle. Hier ist ihre Postkarte. Ihrem Wortlaut nach, scheinen sie und Elliot sehr glücklich miteinander zu sein.“ Vaughn nahm die Karte und las sie ebenfalls durch. Es war unverkennbar, dass das junge Paar jede Menge Spaß zusammen hatte. „Die Reise wird sie vermutlich noch enger zusammenbinden.“, stellte Vaughn mehr so nebenbei fest, doch seine Tante war ihm sehr dankbar für diese Äußerung. „Es ist schön, dass du das sagst. Du musst wissen, dass Julia und Elliot sich bereits von klein auf kennen. Dass sie ein Paar werden, habe ich mir insgeheim immer gewünscht.“ „Wieso? Es ist nicht so, dass ich das schlecht finde oder etwas in derart, sondern eher…Wie soll ich sagen…Elliot ist eben Elliot.“ Verzweifelt fuhr er sich mit der Hand durchs Haar. „Genau. Elliot ist Elliot. Er ist etwas tollpatschig und wirkt oft recht unbeholfen, aber er hat ein gutes Herz und liebt meine Julia über alles. Er würde alles für sie tun, egal um was es sich dabei handelt. Ich freue mich so sehr für die beiden. Sie sind noch jung und sollen die Gelegenheit nutzen, wenn sie sich ergibt, und vieles von der Welt sehen. Sie stehen noch am Anfang ihrer gemeinsamen Zukunft. Genauso wie du und Chelsea.“   Der Weißhaarige errötete leicht, als er den Namen seiner Freundin hörte und wanderte mit seinen Gedanken kurz zu letzter Nacht. Es war himmlisch gewesen. „Was meinst du damit?“, hakte er nach. „Nun, dass du und Chelsea zusammen gehört. Es ist wie eine Art Naturgesetz, das kann jeder in eurem Umfeld erkennen. Du solltest Vertrauen in eure Beziehung haben.“ „Ich vertraue Chelsea.“, erwiderte der junge Mann prompt. Worauf wollte Mirabelle nur hinaus? „Das ist schön und freut mich zu hören. Chelsea vertraut dir auch, aber es ist wichtig, dass ihr ebenso vertrauen in eure Bindung füreinander habt. Eure Beziehung, die sich noch entwickelt und mit der Zeit reifen wird, sollte keiner von euch wegen irgendetwas Banalem aufs Spiel setzen. Unausgesprochene Worte sollten nie zwischen euch stehen.“ „Ich verstehe nicht ganz, aber ich bin mir absolut sicher, dass ich mit Chelsea zusammen sein werde. Egal was kommt.“ „Garantiert. Ich hoffe es für euch beide. Für Nathalie und Mark und natürlich Julia und Elliot ebenso. Es ist wunderschön euch junge Leute Erwachsen werden zu sehen. Es erinnert mich an vergangene Zeiten, als ich in eurem Alter war. Einfach unglaublich, wenn man sieht, dass das Leben weitergeht.“   „Mirabelle, kann ich irgendetwas für dich tun?“ Vaughn sorgte sich um seine Tante, da sie nach ihren letzten Worten mit einem Mal traurig aussah. „Nein, Vaughn, das ist lieb von dir, aber ich brauche jetzt etwas Zeit für mich alleine. Ich schätze Julias Karte hat mich ein wenig melancholisch gemacht. Wenn du mit deiner Arbeit fertig bist, kannst du gerne zu Chelsea gehen. Ich weiß doch, wie sehr du sie vermisst, wenn du nicht bei ihr sein kannst. Ich werde später einfach zu Felicitas rüber gehen und mit ihr plaudern. Das wird mir gut tun.“ „Bist du dir sicher?“ „Ja, ganz sicher. Was ich jetzt am meisten gebrauchen kann, ist ein Gespräch unter Freundinnen. Dabei kannst du mir nicht helfen. Versprich mir bitte nur eins, sollte es mal schwierig für dich und Chelsea werden, dann komm und rede mit mir.“ „Was genau meinst du?“ „Du wirst es merken, solltet ihr jemals vor einer wichtigen Entscheidung stehen, die euer gemeinsames Leben verändern könnte.“ „In Ordnung. Und du versprichst mir, dass du auf jeden Fall noch deine Freundin besuchen gehst, wenn ich dir schon nicht behilflich sein kann.“ Mirabelle nickte und verschwand ins Wohnzimmer. Vaughn blieb noch ein paar Minuten sitzen, um nachzuvollziehen, was seine Tante gemeint haben könnte. Allerdings kam er nicht drauf und hatte es auch schon wieder verdrängt, als er in seine Wohnung hinaufstieg.                                                                                 ~<>~   Zum ersten Mal nach Jahren hatte Lily einen ganzen Nachmittag versucht ein Buch zu lesen, bzw. sich dafür zu begeistern. Für dieses Unterfangen hatte sie extra Sabrina um Rat gefragt, die sie erstmal geschlagene zwei Minuten angestarrt hatte, als wäre sie ein Alien. Lily wollte schon beleidigt wieder abziehen, als ihre Freundin ihr einen Liebesroman empfahl. Eilig nahm sie das Buch entgegen und hatte eine völlig verdatterte Sabrina im Zimmer stehen lassen. Jedoch lag ihr das Lesen nicht. Das Durchhaltevermögen ein vierhundertseitiges Exemplar zu lesen, erschien ihr als komplette Zeitverschwendung. Genervt hatte sie das Buch schnell wieder beiseitegelegt und ihren begehbaren Kleiderschrank inspiziert. Nach über einer Stunde Durchsicht, kam sie zum Entschluss, dass sie dringend neue Kleider bräuchte. Bloß von wo? Für die Fähre war es bereits zu spät, die Sonne begann inzwischen unterzugehen. Dennoch spürte die junge Dame einen Tatendrang in sich, irgendetwas zu tun, bevor der Tag endgültig vorbei war. Ihren Cousin und Sabrina brauchte sie nicht mehr zu fragen, denn die beiden wollten heute Abend Essen gehen. Wenn sie richtig informiert war, in Pierres Restaurant. Der junge Knilch konnte wahrlich hervorragend kochen, dass musste sie zugeben. Trotzdem war sie bisher noch nie in seinem Restaurant gewesen. Viellicht sollte sie das mal in Erwägung ziehen, aber gewiss nicht heute, wenn Sabrina und Will ihr Date dort haben werden. Vielleicht könnte sie selber etwas Kochen? Zumindest mal probieren. Immerhin könnte es sich herausstellen, dass sie ebenfalls ein besonderes Talent dafür besaß, wie dieser junge Mann, der ständig ein breites Grinsen auf dem Gesicht hatte. Irgendwie fand sie das schon nervig.                                                                                         ~<>~   Es war sehr spät am Abend als Chelsea, Vaughn, Nathalie und Mark gemütlich zusammen saßen. Gemeinsam tranken sie auf der Terrasse, hinter ihrem Haus, heiße Schokolade mit Rum und für die Männer gab es Bier. Die vier Freunde lachten und waren dabei so unbeschwert, dass Vaughn das Gefühl bekam, dass er schon immer ein Teil von ihnen gewesen war. Als wäre er nie woanders gewesen und es hätte nie den düsteren Teil seiner Vergangenheit gegeben. Vergnügt beobachtete er seine Freundin. Sein Blick fiel hin und wieder auf das Armband, das er ihr zum Lichterfest geschenkt hatte. Seitdem hatte sie es kein einziges Mal abgenommen, ebenso die Kette mit dem Pferdeanhänger daran. Aber am Bedeutsamsten war ihm der Schlüsselanhänger, der am Armband befestigt war. Bisher hatte er ihr nicht verraten wofür er eigentlich stand, obwohl sie ihn gefragt hatte. Vielleicht würde er es eines Tages tun, allerdings nicht heute. Immerhin hatten sie noch alle Zeit der Welt, die sie gemeinsam verbringen würden.   „Ich würde schon gerne wissen, was mein Bruder und Julia gerade machen.“, warf Nathalie unvermittelt in die Runde ein. „Es ist schon komisch meinen Bruder längere Zeit nicht zu sehen.“ „Vermisst du ihn sehr?“, hakte ihr Verlobter nach und streichelte behutsam über ihren Handrücken. „Was? Soweit kommt`s noch. Ich habe nur erwähnt, dass ich es ungewöhnlich finde. Außerhalb der Insel kann ich mir eben schwer vorstellen, dass er sich gut zurecht findet. Zum Glück ist Julia bei ihm, dann wird schon alles gut gehen.“ Es war ihr deutlich anzuhören, dass sie sich Sorgen um ihren großen Bruder machte. Jedoch wollte sie es nicht zugeben und ihre Freunde bedrängten sie auch nicht. Nacheinander gaben ihr alle Recht, dass Elliot bei Julia in guten Händen war und sie bestimmt viel zu erzählen haben, sobald sie wieder zurück sein werden.   „Wie läuft eure Planung für die Hochzeit? Sind die Einladungen schon alle raus?“, schnitt Chelsea ein anderes Thema an, weil sie das Gefühl hatte, dass sie bezüglich der Hochzeit nicht ganz auf dem Laufenden war. „Nathalie, hat deine Mutter nicht zu viel mit der Hochzeit zu tun? Braucht sie noch Hilfe?“ „Anscheinend nicht.“ Die zukünftige Braut errötete leicht. „Die Gästeliste ist fertig, obwohl ziemlich klar sein sollte, dass so gut wie jeder unserer Nachbarn eingeladen ist. Der Termin steht und der Pastor weiß Bescheid.“ „Was ist mit der Hochzeitstorte? Habt ihr euch schon entschieden?“ „Ja.“, antwortete Mark und schilderte ihr wie die Torte aussehen würde. „Mirabelle wird die Torte backen?“, überrascht schaute Vaughn auf. „Davon hat sie gar nichts erzählt.“ „Vielleicht hast du ihr auch gar nicht richtig zugehört.“, erwiderte Nathalie spitz und kassierte von Chelsea einen tadelnden Blick. „Sorry. Ich schätze, ich habe zu viel von der heißen Schokolade getrunken. Wollen wir nicht langsam ins Bett gehen? Morgen erwartet uns viel Arbeit.“   Träge erhoben sich Mark und Nathalie und wünschten Chelsea und Vaughn eine gute Nacht, die noch einige Minuten sitzen bleiben wollten. Im Schein der Lampen saß das junge Paar eng aneinander geschmiegt und betrachtete in aller Ruhe die Sterne über ihnen. „Es ist schon seltsam.“, fing Vaughn irgendwann an zu reden. „Was meinst du?“ „Das mir solche Bemerkungen wie eben von Nathalie nichts mehr ausmachen. Zumindest nicht so viel.“ „Du warst früher schon schnell beleidigt.“, kicherte die Braunhaarige. „Dennoch hast du dich von mir nicht abgewandt.“ „Du warst neu hier. Irgendjemand musste doch den Anfang machen und dich mit all unseren Gepflogenheiten vertraut machen.“ „Dafür warst du definitiv die richtige.“, stimmte ihr Vaughn zu und küsste sanft ihren Scheitel.   „Ich liebe dich, Chelsea. Ich will auch gar nicht mehr weg von hier.“ „Das freut mich sehr. So einfach kämst du mir auch nicht davon.“ „Mmm.“ Gedankenverloren spielte Vaughn mit Chelseas Armband und betrachtete dabei den Schlüsselanhänger. „Wofür der Schlüssel?“, fragte Chelsea und sah ihren Freund erwartungsvoll an. „Nun, das wirst du noch herausfinden.“ „Bitte, sag es mir. Ich finde es garantiert nie heraus.“ Chelsea klang leicht schmollend, wie ein Kind, dem man keinen Lutscher geben wollte. „Ich bin mir sicher, das wirst du noch. Immerhin bist du die Klügere von uns beiden.“ „Dich bei mir einzuschmeicheln hilft dir auch nicht weiter, um mich besänftigen zu wollen.“ Dennoch musste sie lachen und Vaughn blieb dies nicht verborgen.   „Du hast etwas vergessen.“ „Was denn?“ „Ich habe dir gesagt, dass ich dich liebe.“ Gerührt sah sie ihm direkt in die Augen. „Ich weiß. Ich liebe dich auch, Vaughn.“   Konnte man sich jemals daran gewöhnen? Ein „Ich liebe dich“ von demjenigen zu hören, den man über alles auf der Welt liebt und der einem von allen am wichtigsten war? Anscheinend nicht, denn Chelsea schmolz jedes Mal von neuem dahin und ihr Herz begann aufgeregt zu flattern. Der lange Kuss der daraufhin folgte, besiegelte ihre Worte und Gefühle füreinander und machte das Ganze emotional stärker. Ein höheres Glück konnte sich keiner von beiden vorstellen.   Ein unerwartetes Jobangebot --------------------------- Kapitel 8: Ein unerwartetes Jobangebot     Es war Dienstagmorgen und Vaughn musste sich beeilen, um pünktlich auf seiner Arbeit zu erscheinen. Zwar war Mirabelle sehr tolerant ihm gegenüber, aber er bezweifelte, dass sie es länger gut heißen würde, wenn er häufiger bei der Arbeit fehlen sollte. Immerhin war er ursprünglich auf die Insel gezogen, um seine Tante zu entlasten und nicht das Gegenteil zu bewirken. Eilig verabschiedete er sich von seiner Freundin, die ihm solange hinterher winkte bis er die Ranch verlassen hatte. Der gestrige Abend hatte ihm sehr gefallen. Er sehnte sich nach Chelseas Nähe, wenn er nicht bei ihr sein konnte, und sei es nur für ein paar Stunden. Er sehnte sich nach ihrer körperlicher Nähe und ihrem berauschenden Duft, der ihn noch heute fast jedes Mal aus dem Konzept brachte, sobald er ihm in die Nase stieg. Dieses unschuldige Mädchen, oder besser gesagt, diese unglaublich schöne und anmutige Frau hatte ihn vollends in ihren Bann gezogen und er war nicht im Geringsten bereit dazu, sich daraus wieder zu befreien. Es gefiel ihm und er spürte, dass es richtig und echt war, was er mit Chelsea hatte. Warum sollte er das freiwillig aufs Spiel setzen?   Vaughn hoffte, dass der Arbeitstag schnell vorüber gehen würde und er am Abend wieder ein paar gemütliche Stunden mit seiner Freundin verbringen konnte. Mittlerweile hatte das Frühjahr neue Arbeit auf der Ranch angekündigt. Die Geschwister erwarteten Nachwuchs von ihren Milchkühen und die erste Saat war beinahe soweit geerntet zu werden. Am liebsten würde er mit auf dem Hof aushelfen. Nicht nur, um Chelsea ständig in seiner Nähe zu wissen, sondern auch, weil ihm diese Arbeit eher gefiel, als die stumpfe Arbeit im Tierladen. Natürlich gab es noch die Tiergehege für die Tiere, die kein zu Hause fanden, aber es war eben nicht dasselbe. Körperlich wurde er da nicht so stark beansprucht, wie auf der Ranch und irgendwie zog es ihn da hin. Nur, wäre er dazu ein Leben lag in der Lage? Ein Leben auf einer Ranch mit der Frau, die er liebte, zu führen? Zusammen mit ihrem Bruder und seiner zukünftigen Frau? Außerdem wäre er vermutlich nur Angestellter und nicht sein eigener Herr. Etwas Eigenes aufbauen…dieser Gedanke hatte definitiv seinen Reiz.                                                                                        ~<>~     Natürlich scheiterte Lily kläglich bei dem Versuch irgendetwas Essbares zu kreieren. Keines ihrer Gerichte sah auch nur im Entferntesten wie etwas zu Essen aus. Die Köchin und eines der Dienstmädchen hatten sich jeglichen Kommentar gespart und die junge Herrin eigenständig werkeln lassen. Selbstverständlich mussten sie über ihre Unfähigkeit lachen, nachdem sie zu Beginn erstaunt und höchst überrascht ihre Augenbrauen hochgezogen hatten, als sie sie so unerwartet in der Küche stehen gesehen haben. Allerdings hatte Lily gegen Mittag von sämtlichen Küchenutensilien die Schnauze voll, nachdem es am Vortag ebenfalls nichts gebracht hatte. Fluchend warf sie die Küchenschürze zur Seite und verließ aufrecht die Küche. Ein erleichterter Seufzer entfuhr jedem Küchenangestellten. Zwar mussten sie hinter der jungen Herrin wieder aufräumen, aber das störte sie nicht, denn endlich konnten sie sich wieder untereinander unterhalten und über die Herrschaften ungeniert herziehen.   Auf dem Weg in den nahegelegenen Salon traf sie auf Sabrina, die mal wieder in einem Buch las. „Kannst du dein Buch zur Seite legen? Gestern bin ich daran gescheitert und heute beim Essen zusammenstellen.“, seufzte Lily und ließ sich in einen großen roten Sessel  plumpsen. Erschöpft streckte sie ihre Beine aus und schloss frustriert ihre Augen. „Was hast du getan? Du warst in der Küche?“ Alleine deswegen legte sie bereitwillig ihr Buch beiseite um herauszufinden, was ihre Freundin dazu bewogen hatte. „Ich hatte keine Ahnung, dass du weißt, wo sich die Küche befindet.“ „Veräppeln kann ich mich schon selber, Sabrina.“, knurrte die Angesprochene und schreckte ihr die Zunge entgegen. „Ich habe eben nicht so ein erfüllendes Hobby wie du und bin eigentlich in gar nichts talentiert. Mir ist langweilig. Ich brauche eine Beschäftigung.“ „Ach so, deswegen probierst du die eigenartigsten Sachen aus, die so gar nicht zu dir passen.“   „Genau. Wie bist du zum Malen gekommen? Und Lesen tust du auch noch mit Begeisterung.“ „Das war nicht weiter schwierig. Meine Mutter hatte mir früher vorgelesen, nachdem sie nicht mehr am Leben war, wollte ich unbedingt schnell Lesen lernen, um die Geschichten selber lesen zu können, die sie mir vorgelesen hatte.“ „Tut mir Leid. Du vermisst dein Mutter wohl sehr.“ „Manchmal, wenn ich alleine bin. Dann denke ich an früher zurück. Und du? Denkst du oft an deine Eltern?“ Automatisch spannten sich Lilys Muskeln an. Das Thema war ihr nach wie vor unangenehm. „Sorry, wir müssen darüber nicht reden, wenn du nicht willst.“ „Ist schon gut. Inzwischen habe ich mich damit abgefunden, dass sie nicht wirklich Teil meines Lebens sind. Ich versuche so gut es geht nicht daran zu denken, dass sie mich im Grunde genommen an Wills Eltern abgegeben haben.“ „So schmerzlich das auch ist, du hast ebenso wahnsinniges Glück gehabt an solch großartige Eltern zu geraten, die dich stattdessen liebevoll aufgenommen haben.“ „Du hast Recht. Meine Tante und mein Onkel sind wirklich tolle Eltern.“ Ein feuchter Glanz schimmerte in ihren Augen, den sie rasch wegwischte.   „Was soll ich denn jetzt wegen meines fehlenden Hobby tun?“ „Ich würde dir raten, einfach das zu tun, was du am besten kannst. Nachdem ich zum ersten Mal einen Pinsel in der Hand hatte, wollte ich sofort damit malen. Der Rest kam dann von alleine. Du kennst dich unglaublich gut in Mode aus. Entwerfe doch deine eigene Modekollektion oder etwas in derart.“ „Das ist es!“ Begeistert stand Lily auf und fiel Sabrina um den Hals, die kaum noch Luft holen konnte, so eng wurde sie gedrückt. „Warum habe ich nicht selber daran gedacht? Normalerweise hätte ich selber darauf kommen müssen. Danke, Sabrina. Ich mache mich sofort ans Werk.“ Eilig stürmte die junge Frau davon. „Freut mich, dass ich helfen konnte.“, hustete Sabrina und nahm bald darauf wieder ihr Buch zur Hand.                                                                                   ~<>~     Lana tauchte unangemeldet auf der Ranch auf und traf Chelsea beim Gießen der Stiefmütterchen im kleinen Gewächshaus an. „Lana? Was für eine Überraschung! Bist du nicht mit Denny verabredet?“ „Erst heute Abend. Er muss sämtliches Angelzeug aufbessern oder so.“ „Oder so? Ich dachte, das Angeln gefällt dir genauso sehr wie Denny?“ „Nur, wenn es so ist wie an unserem gemeinsamen Wochenende zu viert. Also, wenn es ums Vergnügen geht. Alles andere überlasse ich in aller Ruhe meinen lieben Denny.“ „Haha! Du bist wirklich unglaublich. Und warum bist du hier? Ich muss noch die Beete zu Ende Gießen und gleich darauf nach unseren trächtigen Kühen sehen. Es dürfte nicht mehr lange dauern und dann kriegen wir wieder Nachwuchs.“ „Das ist schön. Kann ich eventuell dabei sein? Ich würde es zu gerne mal sehen, wenn ein Kalb auf die Welt kommt, solange ich nichts machen muss.“ „Das ist überhaupt kein Problem. Bleib doch einfach heute Nacht hier. In unserem Gästezimmer ist Platz genug.“   „Wollen wir nicht eine Pyjamaparty mit Nathalie daraus machen? Das haben wir lange nicht mehr gemacht.“, rief Lana aus und klatschte begeistert in die Hände. „Äh…normalerweise hätte ich schon Lust zu, aber Vaughn kommt und er…er bleibt dann auch.“ „Aber Chelsea! Du brauchst dich deswegen nicht zu schämen. Ich sag dir was, wir machen unseren Mädelsabend und die Herren können gemeinsam ihr Ding machen. Ich werde einfach Denny fragen, ob er Lust hat ebenfalls zu kommen. Das wird bestimmt lustig! Und außerdem, deinen Freund siehst du noch oft genug.“ „Hm. Eigentlich hast du Recht. Okay, warum eigentlich nicht? Nathalie hat bestimmt auch nichts dagegen.“ „Bestimmt nicht. Dann kann ich mit ihr besprechen, welche Songs ich auf ihrer Hochzeit singen werde.“ „Deswegen bist du also hier?“ „Ja. Nathalie findet man ja bloß noch hier. Ach ja, irgendwie ist das ganze mega romantisch. Ich habe eine Überraschung für sie und deinen Bruder. Das darfst du ihnen aber nicht verraten.“   „Ich werde schweigen wie ein Grab. Was ist es denn?“ Von Neugier gepackt, legte Chelsea den Schlauch beiseite und drehte den Wasserhahn zu. „Ich bin dabei für das Brautpaar einen neuen Song zu schreiben und zu komponieren. Er soll deren Liebesgeschichte festhalten.“ „Wow, Lana! Das ist eine grandiose Idee! Ich sollte mir auch noch etwas überlegen, was ich für die beiden machen kann, dass von Herzen kommt und zeigt, dass ich mich unglaublich für die beiden freue.“ „Deren gemeinsame Hochzeit wird garantiert einmalig und wunderschön.“ „Und ob sie das wird. Wir werden alle Zeugen ihrer Trauung sein. Vaughn und ich sind jeweils die Trauzeugen.“ „Nein? Wie cool ist das denn? Das hätte ich Vaughnie niemals zugetraut.“, kicherte die Sängerin. „Lass das ja nicht Vaughn hören. Du weißt, dass er es nicht leiden kann, wenn du ihn so nennst.“ „Momentan ist er ja nicht hier.“ „Dein Glück.“   Und zusammen machten sich die beiden Freundinnen auf den Weg in den Kuhstall.                                                                                         ~<>~     Der junge Mann im Tierladen quälte sich durch seine Arbeit und bediente wenige Kunden, die den Weg zu ihm gefunden hatten. Allmählich gab es im Laden wieder mehr zu tun. Bestellungen mussten aufgegeben und neue Ware in den Regalen einsortiert werden. Inzwischen kannte sich Vaughn in sämtlichen Bereichen seiner Arbeit aus und die Kundengespräche, die ihm früher ein Graus gewesen waren, fielen ihm nicht mehr so schwer. Weiterhin war ihm Ruhe und Stille lieber, aber hin und wieder brauchte er schon mal Abwechslung von seinem sonst gewohnten Trott. Er freute sich bereits auf den Abend, dann würde er endlich Chelsea wieder sehen und mit ihr gemeinsam und hoffentlich alleine die Zeit verbringen. Er war so in Gedanken versunken und blätterte eher geistesabwesend in einem Tiermagazin, als plötzlich Mirabelle neben ihm auftauchte.   „Mirabelle? Ich habe dich gar nicht kommen hören.“ Rasch richtete er sich auf und sah sich flüchtig im Laden um, ob er vielleicht irgendetwas nicht mitbekommen hatte, zum Beispiel einen weiteren Kunden, der alleine durch die Reihen lief oder ein Karton, der noch nicht ausgepackt war. Jedoch, alles war erledigt. Erleichtert atmete er aus. „Es scheint, als wäre momentan nicht viel los.“, erwiderte die Ladenbesitzerin und musterte ihren Neffen eingehend. „In den letzten Wochen wirktest du irgendwie ruhelos. Ist alles in Ordnung bei dir, Vaughn?“ „Wie? Ja, ja, es ist alles gut. Die Arbeit läuft und alles andere ist auch…gut.“ „Gut? Aha, wenn du das sagst. Ich will dich auch nicht lange stören. Eben ist ein Brief für dich abgegeben wurden.“ Dankend nahm Vaughn den Brief entgegen und seine Augen weiteten sich vor Überraschung, als er den Absender las.   Der Brief war von einem alten Freund. Billy. Früher hatte er ständig mit ihm rumgehangen, sogar Arbeitskollegen waren sie. Bis vor einem Jahr war er sein einziger und bester Kumpel gewesen. Vaughn freute sich, dass er mal wieder etwas von ihm hörte und ihm fiel ein, dass er sich bisher selber nie bei ihm gemeldet hatte. Ein leichtes Unbehagen überkam ihm, weswegen er eilig den Umschlag aufriss und den knappen Brief las.   Zum Glück hatte sich seine schlimmste Befürchtung, dass mit Billy etwas geschehen sein könnte, nicht bestätigt, aber von dem Inhalt war er dennoch mehr als verblüfft. Neben der kurzen Info, dass es bei ihm wie immer liefe, hatte Billy zusätzlich einen Namen und Adresse aufgeführt, bei dem Vaughn in einem Monat anfangen könnte zu arbeiten. Er würde gutes Geld zahlen und die beiden Kumpel wären wieder Kollegen wie früher. Ob es nicht etwas für ihn wäre?   Wäre es etwas für ihn? Nach dem Inhalt zu schließen und die Aussichten, die mit dem Jobangebot verbunden waren, würden er und Billy in einem Transportwesen einsteigen und bei guter Mitarbeit, das Unternehmen in naher Zukunft selbstständig leiten. Er und Billy. Derjenige, der das jetzige Unternehmen leitet, ist nämlich schwer krank und sucht fähige Nachfolger, da er selber keine Erben hat, die es an seiner Stelle weiter führen würden. Ein eigenes Unternehmen, noch dazu ein so vielversprechendes. Vaughn würde sich weitere Informationen diesbezüglich beschaffen. Billys Angaben waren in dem Brief nur sehr vage. Er war noch nie der Typ gewesen, der viel mit Worten um sich warf. Der Weißhaarige musste schmunzeln und dachte an seine Zeit zurück, bevor er auf die Insel gezogen war.   Sollte er das Angebot annehmen? Kam es überhaupt für ihn in Betracht? Würde es Mirabelle gut heißen und was würde Chelsea davon halten? Chelsea.   Falls er das Angebot annehmen sollte, musste sie selbstverständlich mit. Ein Leben ohne Chelsea kam für ihn nicht in Frage. Doch der Job reizte ihn. Allerdings gab es viele Faktoren, die er sich sehr gut überlegen musste, bevor er eine endgütige Entscheidung treffen konnte. Hinzu kam, dass er gar nicht wusste, ob Chelsea jemals vor hatte die Sonnenschein-Insel zu verlassen. Er würde sie fragen.   Jedoch nicht heute. Erstmal wollte sich Vaughn nähere Infos über das Jobangebot einholen, bevor er mit der Tür ins Haus fiel. Außerdem müsste er vorher klären, dass Mirabelle weiterhin von jemanden im Laden unterstützt wird. Vielleicht Elliot? Viel wichtiger war ihm aber, dass Chelsea die Möglichkeit erwog mit ihm zu gehen. Denn ein Leben ohne sie, wollte er auf gar keinen Fall.   Am Lagerfeuer ------------- Kapitel 9: Am Lagerfeuer     Aus der Pyjamaparty, die Lana gerne gehabt hätte, wurde dann doch nichts. Die anfängliche Begeisterung der Frauen wurde durch den Enthusiasmus der Männer vereitelt, indem man vorschlug ein kleines Lagerfeuer zu errichten. Niemand hatte wirklich Einwände dagegen, selbst Chelsea nicht, obwohl sie nach der Verkündung erstmal über eine Stunde in der Küche verschwunden war, um einen Teig für Stockbrot herzustellen. Da Nathalie nach wie vor eher eine Katastrophe in der Küche war und Lana sogar noch weniger Talent dafür besaß, schlug Chelsea sämtliche Hilfe ihrer Freundinnen und die ihres Freundes aus. Während sie den Teig knetete, kam es ihr im Nachhinein betrachtet eigenartig vor, dass Vaughn keine Einwände gehabt hatte, den Abend zusammen mit ihren Freunden zu verbringen, anstatt wie vorher vereinbart, nur er und sie ganz allein. Chelsea kam es seltsam vor, da Vaughn die Tage davor kaum die Finger von ihr hatte lassen können und stets darauf gedrängt hatte, wenigstens die Abende zu zweit zu sein. Die Rancherin hatte auch nichts dagegen gehabt, denn auch sie genoss die inzwischen vertraute und innige Zweisamkeit mit Vaughn in vollen Zügen. Umso überraschter war sie über Vaughns sonderbares Verhalten, der nicht einmal ein einziges Wort der Ablehnung gegenüber der außerplanmäßigen Entwicklung des Abends verbalisierte. Dadurch verunsichert, wusste Chelsea nicht, ob es ein gutes oder schlechtes Zeichen von Vaughn war, dass er sich erneut in sein Schneckenhaus zurückzog. Doch sie würde ihn auf jeden Fall darauf ansprechen, um auch für sich selber die Gewissheit zu kriegen, dass sie sich nicht unnötig Sorgen machen musste, wenn ihr Freund an einem Abend wieder in sein früheres Verhalten zurück fiel.   Draußen, hinter dem Haupthaus, waren die Männer gut gelaunt dabei, schweres Holz zu einem großen Haufen zu türmen. Passable, lange Stöcker wurden ebenfalls gesucht, die man hinterher über das Feuer aus sicherer Entfernung halten konnte. Toto, der kleine Vierbeiner, lief bellend und schwanzwedelnd um alle Anwesenden herum und schien sich ebenso auf den Abend am Feuer zu freuen, wie seine Herren. „Mensch, Toto.“, lachte und fluchte Denny zugleich. „Das ist jetzt bereits das zweite Mal, dass ich fast über den kleinen Racker gestolpert wäre. Noch dazu mit einer Ladung Holz auf dem Arm.“ „Toto ist ein Mensch?“, scherzte Mark und klang dabei so ernst, dass Nathalie sich vor Lachen nicht mehr halten konnte. Sie krümmte sich auf ihren Gartenstuhl zusammen und hielt sich dabei eine Hand vor den Mund. „Herr Gott, Mark! Du weißt genau, wie das gemeint war.“ Doch Denny musste ebenso über seine unbedachten Worte lachen, wie alle anderen auch. Vaughn stand etwas abseits und sah dem fröhlichen Treiben der anderen zu.   Den restlichen Tag über, ging ihm dieses vielversprechende Jobangebot nicht mehr aus dem Kopf. Viele Möglichkeiten waren daran gebunden, sowohl beruflich als auch privat. Die Vorstellung mit Chelsea aufs Festland zu ziehen, reizte ihn von Stunde zu Stunde mehr. Dort drüben gab es einfach viel mehr Möglichkeiten, als auf diesem kleinen abgelegenen Eiland. Irgendwie musste es ihm gelingen, dies seiner Freundin klar zu machen, damit auch Chelsea begeistert von seiner Idee sein würde. Er hoffte es zumindest. Jedoch, wollte er erstmal den Abend zusammen mit seinen Freunden genießen, was er mittlerweile richtig schätzen gelernt hatte. Dazu etwas zu Essen, wofür Chelsea die Hauptverantwortung trug. Etwas Besseres konnte es in diesem Augenblick für ihn nicht geben. Eilig lief er zu seiner Freundin, als sie mit einer großen Schüssel Teig ins Freie trat. Zur selben Zeit wurde das Feuer angezündet. Nicht mehr lange, und ein warmes mächtiges Feuer würde vor ihren Augen brennen und dessen rote Flammen in den Himmel ragen. Nun hielt auch Toto Abstand von dem brennenden Holzhaufen. Zum Spielen war es nun nicht mehr geeignet.   „Du bist die Beste, Chelsea.“, nahm Mark seine Schwester in den Arm, nachdem er die reichliche Menge an Stockbrotteig gesehen hatte. „Was würde ich nur ohne dich tun?“ „Vermutlich verhungern.“, konterte die Jüngere und erwiderte die liebevolle Umarmung. In diesem Moment zauberte Denny ein Päckchen mit rohen Fisch hervor. „Ein Glück, dass ich vorsorglich meinen Fisch mitgebracht habe. Über echten Feuer geröstet schmeckt er einfach am besten.“ „Ohne Fisch kannst du wohl nicht leben.“, äußerte Nathalie und verzog angewidert ihr Gesicht. Zwar aß sie hin und wieder Fisch, aber nicht in so großen Mengen, wie der begeisterte Hobbyangler. Ein Fisch, alle paar Wochen reichte ihr vollkommen. „Da lässt du dir aber was Feines entgehen.“, erwiderte Denny und fuchtelte mit einem Fisch direkt vor ihrer Nase rum, was zur Folge hatte, dass die junge Frau einen spitzen Schrei ausstieß und sich einige Schritte vom Lagerfeuer entfernte. „Denny, das war nicht besonders nett.“, tadelte Lana ihren Freund. „Ausnahmsweise muss ich Lana zustimmen.“, wandte sich der junge Rancher an seinen Kumpel. „Meine Verlobte so zu erschrecken, muss wirklich nicht sein.“ „Sorry, Mann. Kommt nicht wieder vor.“ Eilig war Mark zu seiner Freundin gerannt und tröstete sie, die verärgert ihrer schlechten Laune freien Lauf ließ.   „Denny? Muss der Fisch noch gewaschen werden?“, fragte Chelsea, um die plötzliche Stille zu durchbrechen. „Wie? Äh, nein. Aber ein Spritzer Zitrone wäre nicht verkehrt.“ „Ich hol welchen aus der Küche.“ Chelsea begab sich wieder in Richtung Küche und Vaughn folgte ihr. Getrennt von den anderen nutzte der Weißhaarige die Gelegenheit und zog seine Freundin in einen langen und innigen Kuss. „Das hatte ich vorhin vergessen.“, flüsterte er ihr ins Ohr, nachdem sie sich keuchend wieder voneinander gelöst hatten. „Und ich dachte schon, ich wäre dir egal geworden.“, murmelte die Braunhaarige und schmiegte sich lächelnd an ihren großen Freund. „Gott sei Dank, ist dem nicht so.“ „So etwas darfst du niemals denken, Chelsea. Es war ein harter Arbeitstag gewesen. Ich schätze, ich bin einfach müde.“ „Hm. Dafür habe ich Verständnis. Neben der Arbeit habe ich mir viele Gedanken über die Hochzeit von meinem Bruder und Nathalie gemacht. Bisher ist mir noch kein unglaubliches Geschenk für die beiden eingefallen.“, seufzte die junge Frau, während Vaughn ihr beruhigend über den Rücken mit seiner Hand fuhr.   „Muss es denn etwas Unglaubliches sein?“ „Oh ja, unbedingt! Heiraten tut man nur einmal im Leben, deswegen muss es etwas Unvergessliches sein. Außerdem ist Mark mein einziger Bruder. Er hat mich immer beschützt und mir geholfen, wenn ich ihn brauchte. Von daher kann er erwarten, dass er etwas Besonderes von mir bekommt, womit ich ihm zeigen kann, dass ich ihn über alles auf der Welt liebe. Zudem ist Nathalie eine meiner besten Freundinnen. Ich kenne sie schon so lange, dass auch sie garantiert mit einem schönen Geschenk rechnen wird.“ „Ich würde eher davon ausgehen, dass es nur schöne Geschenke geben wird. Felicitas befürwortet sehr diese Verbindung und ebenso Mirabelle. Sie meint, sie hätte sie aufwachsen sehen.“ „Ja, das hat sie. Die beiden Familien kennen sich schon eine halbe Ewigkeit. Es ist unglaublich und aufregend, wie sich alles verändert. Vielleicht nicht unbedingt alles, aber neue Familienverhältnisse werden geschaffen. Es ist einfach wunderbar, diese Veränderung mit zu erleben.“ „Ja…das ist es.“ Bei Chelseas letzten Worten musste Vaughn prompt wieder an den Brief von seinem früheren Kumpel denken. Veränderungen. Eben hat es nicht so geklungen, als ob seine Freundin nur den allerkleinsten Gedanken hegte ihre Freunde und Familie zu verlassen und aufs Festland zu ziehen. Zumindest nicht vor der Hochzeit ihres Bruders. So viel war schon mal klar. Außerdem war er Trauzeuge und hatte schon noch vorgehabt, auf der Hochzeit seines Kumpels zu erscheinen. Aber danach…danach wäre es für ihn und Chelsea möglich aufs Festland rüber zu siedeln.   „Vaughn? Vaughn ist alles okay? Du wirkst so abwesend.“ Entschlossen hatte sich Chelsea von ihrem Freund gelöst und sah ihn besorgt an. Er war wieder so still geworden, was die junge Frau extrem beunruhigte. „Hm? Ach so, ich dachte nur gerade daran, dass ich zum ersten Mal Trauzeuge sein werde. Ich weiß gar nicht, was ich machen soll. Muss ich auch so was wie einen Junggesellenabschied organisieren?“ In Vaughns Blick lag so viel Panik geschrieben, dass Chelsea lachen musste. „Und ob, du das tun musst.“, lachte die Braunhaarige und wischte sich die Tränen aus den Augen. „Warum lachst du?“, hakte der junge Mann perplex nach ehe es ihm wie Schuppen von den Augen fiel. Drohend und zu seiner kompletten Größe aufgerichtet, trat er auf seine lachende Freundin zu, bis er sie gegen die Küchentheke gedrückt hatte. Seine Arme legte er zu beiden Seiten ihrer Taille gegen die Theke gestützt ab. Eisern fixierte er sie, ohne auch nur eine Sekunde seine ernste Miene zu verziehen. „Du traust mir das nicht zu, kann das sein?“   Chelsea schluckte. Mit einem Mal fühlte sie sich überraschend erregt. Vaughns dunkle, tiefe Stimme brachte ihr Blut in Wallung und beschleunigte ihren Puls. Himmel war dieser Mann sexy! „Was ist? Antwortest du mir etwa nicht mehr? Muss ich nachhelfen?“ Langsam näherte er sich ihrem linken Ohr und knabberte sanft an ihrem Ohrläppchen. Die Braunhaarige erschauderte. An dieser Stelle war sie aber auch ziemlich empfindlich und Vaughn wusste das natürlich. „Vaughn, ich…Wir haben Besuch.“ „Ich weiß, aber du hast mir immer noch nicht geantwortet. Außerdem hast du mich ausgelacht. Das war nicht besonders nett.“, wiederholte er die Worte von Lana und grinste Chelsea diabolisch an. „Nun,“, Chelsea schluckte und schloss ihre Augen, weil sie inzwischen nicht mehr allzu klar denken konnte, „woher soll ich denn wissen, ob du eine Junggesellenparty organisieren kannst? Bisher hast du noch kein organisatorisches Talent an den Tag gelegt.“ „Mm.“, nachdenklich musterte Vaughn seine Freundin. „Stimmt. Daran könnte was dran sein.“ Nicht nur könnte, definitiv war daran etwas dran. Dem jungen Mann lief es eiskalt den Rücken runter, sobald er nur daran dachte. Warum hatte er auch zugestimmt Marks Trauzeuge zu sein? An die Folgen hatte er nicht gedacht.   „Vaughn? Wir sollten langsam wieder zurück zu den anderen gehen. Ansonsten vermissen sie uns noch und suchen nach uns.“, holte Chelsea ihren Freund aus seinen Gedanken zurück und streichelte begütigend seine Wange. Auch wenn es ihr schwer fiel, ihrem erotischen Spiel ein Ende zu bereiten. Es waren nun mal Gäste im Haus. Daran ließ sich erstmal nichts ändern. „Schade. Ich fand es gerade richtig schön.“, hauchte er ihr ein letztes Mal ins Ohr und wandte sich so abrupt von ihr ab, dass Chelsea zweimal blinzeln musste, ehe sie wirklich begriff, dass ihr Freund sie dermaßen erregt und unbefriedigt alleine stehen gelassen hat. Was für eine Frechheit! Bei nächster sich bietender Gelegenheit würde sie es ihm heimzahlen! Die Frage war allerdings, wie?                                                                                  ~<>~   Es ist schon ein herrliches Vergnügen um ein Lagerfeuer herum zu sitzen und Stockbrot zu backen. Noch dazu leckeren salzigen Fisch, der frisch gefangen immer noch am besten schmeckte. Nathalie kehrte weiterhin dem Fisch ihren Rücken zu und vermied es sich mit Denny zu unterhalten. Schmollend und nachtragend saß sie zwischen ihren beiden Freundinnen und zupfte hin und wieder etwas Teig von ihrem Zweig ab. Es war wohl unvermeidlich gewesen, dass sich zwei Gruppen gebildet hatten. Toto lief ständig zwischen den Männern und Frauen hin und her und schien sich gar nicht richtig entscheiden zu können, bei wem er lieber gelegen hätte. Irgendwann legte er sich dann doch schwanzwedelnd neben seinem lieben Frauchen und wich den Rest des Abends nicht mehr von ihrer Seite.   Das Feuer brannte bis spät in die Nacht. Die Tatsache, dass am nächsten Tag ein ganz normaler Werktag sein würde, kümmerte niemanden. Als Mark am Ende einige Flaschen Bier aus dem Kühlschrank holte und für die Damen sogar eine Flasche Weißwein brachte, war deren Pflichtbewusstsein sowieso vergessen. Fröhlich lachten die Freunde und erzählten sich lustige Geschichten von früher. Vaughn und Nathalie waren die einzigen, die nichts zum Erzählen beisteuerten. Nathalie, weil sie mit ihren Gedanken bei ihrer bevorstehenden Hochzeit war und Lana sie mit ihrem Song völlig überrumpelt hatte, und Vaughn, weil seine Vergangenheit alles andere als fröhlich gewesen war. Zumindest die meiste Zeit davon. Chelsea war die einzige, die darüber Bescheid wusste und sorgte auch dafür, dass ihr Freund nicht in die peinliche Lage geriet, doch noch etwas aus seiner Kindheit erzählen zu müssen und lenkte die Aufmerksamkeit ihrer Freunde stets von ihm ab. Selbstverständlich blieb dem jungen Mann dies nicht verborgen und löste die homogene Gruppenbildung dadurch auf, dass er sich zu seiner Freundin setzte und liebevoll einen Arm um sie legte. Kurz darauf fanden sich alle Paare um dem Feuer herum zusammen und schauten abwechselnd von den Flammen in die Sterne und wieder zurück.   Das Feuer war beinahe versiegt, als sich Lana und Denny von ihren Freunden verabschiedeten und ins Gästezimmer zurückzogen. Die übrigen zwei Paare wechselten nur noch wenige Worte miteinander, dann zogen sich auch Chelsea und Vaughn zurück. Nun alleine, kuschelten sich Nathalie und Mark enger zusammen und tauschten wilde Küsse aus. „Du schmeckst nach Bier.“, verkündete die junge Frau zwischen zwei Küssen. „Und du nach Wein.“, erwiderte der Farmer und küsste daraufhin seine Verlobte bloß noch inniger. „Mark?“, keuchte die Pinkhaarige und löste sich damit entschlossen von ihrem Verlobten. „Was ist los? Gefällt es dir nicht?“ „Doch, schon. Es ist nur…es sind nur noch knapp über zwei Wochen.“ Der Blondhaarige schmunzelte. „Ich weiß, mein Liebling. Ich weiß. Ich kann es auch kaum noch erwarten.“ „Hast du…hast du keine Angst?“ Das letzte Wort flüsterte die junge Frau, da sie sich schämte diesen Gedanken überhaupt zu haben. Immerhin hatte sie den Heiratsantrag angenommen und sie wollte unbedingt Marks Frau werden, dessen war sie sich absolut sicher. Was war dann nur mit ihr los?   Mark spürte die Unsicherheit in Nathalies Stimme und wusste zuerst nicht, was er darauf antworten sollte. Der Alkohol beeinträchtigte dummerweise auch sein Denkvermögen. Bei seiner Verlobten schienen sich durch den Wein ihre Ängste wegen der Hochzeit nur verstärkt zu haben. „Nathalie, ich…Anscheinend haben wir beide zu viel getrunken und es ist mittlerweile verdammt spät geworden. Wir sollten ins Bett gehen und morgen darüber reden.“ „Ich glaube nicht, dass es morgen besser sein wird.“ Nathalies Tonlage wurde schon beinahe weinerlich. Mark musste sich ziemlich zusammen reißen, um nicht einen Wutanfall zu kriegen. Zweifel, von Seiten seiner Verlobten, konnte er nun echt nicht gebrauchen. „Liebling, es ist alles gut. Wenn ich an unsere baldige Hochzeit denke, fühle ich mich sehr aufgeregt, aber keine Angst. Ich denke auch nicht, dass es bei dir Angst ist, was du spürst. Viel eher, ja, so ne Art Lampenfieber.“ „Lampenfieber?“ Perplex starrte sie ihrem Freund in die Augen. Auf die Idee war sie noch gar nicht gekommen. „Schon möglich.“, gab die Pinkhaarige schließlich zu, aber so richtig überzeugt war sie dennoch nicht.   „Glaube mir, unsere Hochzeit wird der schönste Tag in unserem Leben werden. Daran hege ich keine Zweifel. Auch nicht wegen dem, was uns verbindet. Es fühlt sich hundertprozentig richtig an.“ Zärtlich streichelte der junge Mann über Nathalies Haar und küsste sie auf ihre Stirn. „Bitte, zweifle nicht. Ich bin doch da.“ „Ja.“, hauchte die zukünftige Braut und fand sich bald darauf in einem leidenschaftlichen Kuss von ihrem zukünftigen Ehemann wieder. Es stimmte, er war da. Nathalie wollte auch auf ewig an seiner Seite sein. Doch warum, spürte sie nur dieses eigenartige flaue Gefühl im Magen?   Ich will dich berühren ----------------------     Ohne Absprache fanden sich Chelsea und Vaughn im Bett wieder. Fast wie beim ersten Mal hatten sie eilig die Stufen in die obere Etage erklommen und waren danach küssend in Chelseas Zimmer gefallen. Sie waren tatsächlich gefallen. Vaughn hatte zu hastig die Zimmertür aufgestoßen, daraufhin das Gleichgewicht verloren und prompt auf seinem Rücken gelegen. Er stieß ein lautes Fluchen aus, doch Chelsea versiegelte schnell seine Lippen mit den ihren, denn sie war natürlich mit ihm gefallen und lag nun auf ihm drauf. Der Kuss dauerte lange, während sie in der offenen Tür lagen. Irgendwann wurde es ihnen wieder bewusst und lachend erhob sich Chelsea von ihm. „Wir sollten doch lieber wieder die Tür schließen.“ „Besser wäre es.“, keuchte Vaughn, der mit dem Ende des Kusses so schnell nicht gerechnet hatte. Irgendwie waren seine Gedanken recht benebelt. Anscheinend hatte er ein paar Flaschen Bier zu viel getrunken, was sich nun bemerkbar machte. Dennoch wusste er, wo er sich befand und welches Verlangen in ihm brodelte. Zügig erhob er sich und knöpfte ungeschickt sein Hemd auf.   „Nein! Bitte, lass dein Hemd an.“ „Was?“ Perplex und entsetzt starrte Vaughn seine Freundin an. „Ich soll mein Hemd anlassen? Wieso?“ „Weil ich es dir ausziehen will.“, antwortete das sonst schüchterne Mädchen und klimperte kokett mit ihren Wimpern. Bei ihr hatte der Wein sie unerwartet und überraschend mutig gemacht. Zwar wusste Vaughn beim besten Willen nicht, was Chelsea von ihm wollte, aber er erhob keine Einwände und ließ sich, obwohl es ihm widerstrebte, von Chelseas Hand zu ihrem Bett führen. „Setz dich.“ Vaughn tat es und wollte, wie selbstverständlich, seine Freundin auf seinen Schoß ziehen, aber diese stieß nur seine Hände von sich weg. „Nein. Ich will sagen, was und wie wir es machen.“ „Chelsea, ich…“ „Pst.“ Sanft küsste sie ihn auf dem Mund. „Denk nicht nach.“ Als ob er dazu in der Lage wäre. Sein Gehirn hatte sich schon längst verabschiedet. Er wunderte sich sehr über Chelseas direkte und forsche Art. Niemals hätte er das erwartet. Jedoch erregte es ihn, sogar sehr. Dennoch musste er sich extrem zusammen nehmen, um das Ganze nicht doch noch zu beschleunigen.   „Und jetzt, leg dich zurück.“ Der Weißhaarige tat, wie von ihm verlangt. Lächelnd ließ er sich zurück sinken und sah seine Freundin erwartungsvoll an. „Was hast du vor?“ „Das wirst du schon noch sehen.“, antwortete Chelsea und beugte sich langsam vor, um an seiner Stelle sein Hemd aufzuknöpfen. Vaughn hielt den Atem an. Ihre weichen Hände durch den Stoff auf seiner Haut zu spüren, berauschte ihn jedes Mal wieder aufs Neue. Wie oft haben sie inzwischen miteinander geschlafen? Er wusste es nicht, aber wesentlich häufiger hatte er ihre Hände auf seiner Haut gespürt, sei es auf seinem Arm oder eine seiner Wangen gewesen. Ihre körperliche Nähe brachte ihn stets immer wieder aus der Fassung. Knopf für Knopf öffnete Chelsea sein Hemd. Dabei ließ sie sich alle Zeit der Welt. Natürlich war auch sie ziemlich aufgeregt und erregt, aber sie wollte sich heute Zeit lassen. Viel Zeit, und wenn es sein musste die komplette Nacht…Na gut, wahrscheinlich nicht, aber nichtsdestotrotz wollte sie ihn heute Nacht verführen. Zwar konnte sie nicht erklären, woher ihr plötzlicher Mut hierzu kam, aber es war ihr auch nur recht so. Schließlich hatte Vaughn sie ohne ein Wort zu sagen in der Küche abrupt stehen lassen. Nachdem er sie bewusst zuvor erregt hatte.   Als sie beim letzten Knopf angelangte, dirigierte sie ihm sich aufzurichten, damit sie sein Hemd vollständig von seinem Korpus entfernen konnte. Nachdem Vaughn wieder lag, fuhr Chelsea sanft und gleichmäßig mit ihren Händen über seinen muskulösen Bauch. In der Nähe seines Herzen hielt sie inne und spürte das wilde Pochen an ihrer Handfläche. „Dein Herz schlägt so heftig wie meines.“, hauchte Chelsea an sein Ohr und platzierte zahlreiche Küsse an seinem Hals. Der junge Mann nutzte die Gelegenheit und legte seine Arme um sie, um sie noch näher an sich zu ziehen, aber kaum hatte er auch nur den Versuch dazu unternommen, richtete sich Chelsea eilig wieder auf und sah von oben herab auf ihn hinunter. „Chelsea? Was soll das?“ Kichernd schüttelte die Angesprochene ihren Kopf. „Du sollst abwarten.“ „Warten?! Chelsea, hör auf mit mir zu spielen! Ich finde das nicht lustig!“, beschwerte sich der Weißhaarige und wollte schon aufstehen, doch Chelsea schubste ihn erneut wieder zurück. „Wie du mir, so ich dir.“, sprach die Braunhaarige gelassen und musste über Vaughns verständnisloses Gesicht wieder anfangen zu lachen. „Bitte, Vaughn.“, redete sie nun sanfter auf ihren Freund ein. „Bevor ich wieder den Mut dazu verliere, lass mich die Führung übernehmen. Nur heute, okay?“ Chelsea sah ihn so flehentlich und sehnsuchtsvoll an, dass Vaughn nicht anders konnte als sich geschlagen zu geben. „Okay.“   Mühsam um Beherrschung ringend, legte sich Vaughn wieder zurück und wartete. Glücklich strahlte die junge Frau ihren Freund an und begann sich selber langsam zu entkleiden. Fasziniert schaute ihr Vaughn dabei zu und wagte es ein wenig seinen Kopf anzuheben, um seine Freundin besser beobachten zu können. Sämtliches Kleidungsstück fiel nach und nach zu Boden. Aus Gründen, die der junge Mann beim besten Willen nicht nachvollziehen konnte, behielt die anmutige Frau ihre Unterwäsche an. So spärlich bekleidet, setzte sich Chelsea auf ihren Freund und küsste ihn sanft auf dem Mund. Zunächst waren ihre Küsse zart und sinnlich. Vorsichtig fuhr sie mit ihrer Zunge über seine begehrenswerten Lippen und weidete sich an dessen Geschmack. Hauptsächlich seinem Geschmack, vermischt mit den letzten Speisen und Getränken des vergangenen Abends. Sie forderte Einlass in seinen Mund und vergaß endlich die letzten qualvollen Stunden, in denen sie höchst unbefriedigt am Lagerfeuer gesessen hatte und sich verdammt anstrengen musste gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Doch nun ließ sie diese Stunden hinter sich und forderte alles was sie begehrte von ihrem Freund zurück. Allmählich wurden ihre Küsse heißer und verlangender. Vaughn passte sich sehr schnell ihren Bedürfnissen an und steigerte ebenso die Intensität seiner Küsse. Heißer Atem und die Leidenschaft des jeweilig anderen brachte deren Blut in Wallung. Nebenbei ließ sich Chelsea von ihrem Freund streicheln, was ihre Erregung nur noch mehr vergrößerte.   „Chelsea. Lass uns…“, keuchte Vaughn, was zur Folge hatte, dass die Angesprochene sich aufrichtete. Außer Atem sahen sie sich gegenseitig in die Augen. Vaughn versuchte in Chelseas Augen einen Anhaltspunkt dafür zu finden, was sie als nächstes im Schilde führte. Diese Frau raubte ihm im Moment sämtliche Nerven. Sie saß über ihm und bewegte ganz langsam ihre Hände hinter den Rücken, um ihren BH zu öffnen. Dieser simple Vorgang dauerte Vaughn entschieden zu lange. „Chelsea, du, du bringst mich um.“ Inzwischen war er sich nicht mehr so sicher, wie lange er sich noch zurück halten konnte. Viel einfacher wäre es, wenn sie ihn fesseln würde. Vielleicht aber auch doch nicht. Die junge Frau konnte ihren Freund verstehen. Schließlich hielt sie ihn mit Absicht so lange hin, dass es auch ihre Zurückhaltung erforderte, konnte sich Vaughn wahrscheinlich gar nicht vorstellen. Zudem spürte sie die Beule in seiner Hose. Zumindest könnte sie ihn von der Enge erstmal erlösen.   Rasch warf sie ihren BH zur Seite und rutschte weiter nach hinten, um sich an Vaughns Hose zu schaffen zu  machen. Sein Puls beschleunigte sich auf der Stelle. Zum ersten Mal öffnete Chelsea seine Hose und zog sie gleich daraufhin aus. Sie zögerte auch nicht lange bei seiner Boxershorts, die schnell der Hose folgte. Senkrecht ragte sein Glied in die Höhe. Begierig schaute die junge Frau darauf und hatte ebenfalls zum ersten Mal das Bedürfnis seine Härte mit ihren Händen ausgiebig zu streicheln. Bevor die Braunhaarige allzu lange über ihr Vorhaben nachdachte, setzte sie sich auf seine Oberschenkel und umschloss sein Glied mit beiden Händen. Der junge Mann sog scharf die Luft ein. Langsam streichelte sie ihn an seiner empfindlichsten Stelle und stellte sich in diesem Moment vor, wie sich sein Glied zwischen ihren Beinen anfühlte. Seine Männlichkeit, die sie stets aufs Neue ausfüllte und ihr schon erstaunlich viel Lust bereitet hatte. Etwas Besseres konnte es gar nicht geben, als dieses unbeschreibliche Gefühl. Augenblicklich wurde sie feucht und rieb schneller an seinem Phallus, der sich unter ihren Berührungen zur vollständigen Größe aufgerichtet hatte. Vaughn musste sich krampfhaft in dem Laken festkrallen, um irgendeinen Halt zu finden, damit er Chelsea in ihrem Tun nicht behinderte. Dabei war es für ihn so schwer und kostete eine ungeheure Anstrengung und Selbstbeherrschung, wobei er sich fragte, ob er die bis zum Ende aufbringen konnte. Denn er verstand nicht, warum Chelsea ihn auf diese mehr als erregende Art quälte. Dennoch war jede Berührung und jedes Handeln von ihr unbeschreiblich schön und vor allem unerwartet. Allein schon deswegen und weil er es ihr versprochen hatte, hielt er sich mit aller Kraft zurück. Trotz allem konnte er sein Keuchen nicht unterdrücken.   Chelsea sah, dass sich ihr Freund nur wegen ihr zurück hielt. Ihre grenzenlose Liebe für ihn überwand eine neue Grenze und beförderte sie in einen gewaltigen Strudel an tiefen Gefühlen, die sich mit dem Mann unter ihr vereinen wollten. Abrupt unterbrach sie die Liebkosung und entledigte sich eilig ihres letzten Kleidungsstückes. „Leg dich richtig aufs Bett.“, befahl sie ihrem Freund, der sich keine Sekunde bitten ließ. Sobald sein Kopf auf den Kissen lag, legte sich Chelsea auf ihn. „Ich will, dass du mich anfasst. Überall sollst du mich streicheln.“ Er tat es. Endlich konnte er sie an den Stellen berühren, die sie vorher ihm verweigert hatte. Seine Hände fanden wie von selbst ihre wohlgeformten Brüste. Chelsea verstärkte seinen Griff an ihrer Brust und erzitterte unter dieser festen Berührung, denn ihre Brustwarzen waren bereits eine ganze Weile aufgerichtet. Auch ihre Zungen kämpften erneut miteinander. Im Gegensatz zu jetzt, waren es vorhin sanfte Küsse gewesen. Doch nun tobte in ihnen ein Feuer, das gelöscht werden musste. Warmes Blut floss durch ihre Venen und heißte sie immer weiter ein. Ihr gemeinsames Keuchen wurde lauter und ihr Stöhnen, umso ungezügelter. Vaughns Hand fand Chelseas feuchte Mitte und fuhr mit zwei Fingern gleichzeitig in sie hinein. Ein lautes Stöhnen entfuhr der jungen Frau.   „Vaughn.“, keuchte sie und suchte abermals seine einladenden Lippen. Er zog seine Finger nicht sofort zurück, sondern bewegte sie rhythmisch in ihr, was zur Folge hatte, dass Chelsea unverhofft zum Orgasmus kam. Leicht desorientiert sank sie auf ihrem Freund zusammen, der automatisch die Gelegenheit nutzen wollte, um ihre Positionen zu tauschen. Jedoch ließ die junge Frau das nicht zu. „Nein. Nicht so. Ich will auf dir sein.“ Erneut richtete sich Chelsea auf und sah ihrem Freund mit brodelnder Leidenschaft in die Augen. „Dann aber sofort, Chelsea.“, brachte der junge Mann ungeduldig hervor. „Ich will dich endlich auf mir spüren.“ „Ja.“ Trotzdem konzentrierte sich Chelsea, um keine unbedachte Bewegung auszuführen. Sie positionierte sich über seiner Hüfte und nahm sein Glied behutsam und langsam in sich auf. Genüsslich ließ sie sich auf ihn sinken, bis sie ihn vollends in sich aufgenommen hatte. „Endlich.“, keuchte Vaughn und legte seine Hände an ihre Hüfte, als wollte er sicher gehen, dass sie nicht wieder auf die Idee kommen würde, urplötzlich aufzustehen.   Chelsea genoss diesen Moment, der sich noch schöner anfühlte, als sie es sich vorgestellt hatte. Sie saß zum ersten Mal auf ihm und bewegte ihre Hüfte vorsichtig rauf und runter. Aus irgendeinem Grund fühlte sie sich nicht nur unglaublich erregt, sondern auch auf gewisse Art und Weise mächtig, als wäre es fast schon selbstverständlich. Allerdings verstand sie nicht warum, und es war ihr im Augenblick gleichgültig. Was zählte, war der enge Kontakt zu dem Mann den sie über alles liebte und durch den sie Seiten an sich entdeckt hatte, von denen sie bisher keine Ahnung gehabt hatte, dass diese überhaupt existierten. Gemeinsam fanden sie ihren Takt, der sie gegenseitig in ungeahnte Höhen stieß. Für Vaughn war es selbstverständlich geworden, sich immer wieder mit dieser jungen Frau zu vereinen. Sie war die erste gewesen, die ihn richtig angesehen hatte und mehr in ihm sah, als alle anderen davor, die seinen Weg sonst gekreuzt hatten. Zum ersten Mal spürte er tiefe Geborgenheit und innige Liebe für jemand anderen. Dieser jemand war Chelsea. Sein Herz schlug im selben Takt wie ihres, welches sein weiteres Leben bestimmen würde.   „Beug dich…zu mir…runter.“, stöhnte der junge Mann. Sofort kam Chelsea seiner Forderung nach. Sie küssten sich, während sie sich gegenseitig zum Höhepunkt trieben. Chelseas lange Haare umrahmten sein Gesicht und mit ihren Händen krallte sie sich in seinem weichen Haar fest. Ihr Keuchen wurde unkontrollierter und auch Vaughn konnte sich nicht mehr lange zurück halten. Er versenkte seine Finger in Chelseas Fleisch und forderte sie erneut zum Höhepunkt auf. „Chelsea.“ „Vaughn.“ Endlich fanden beide ihre Erlösung bei dem jeweils anderen. Erschöpft und schnaufend ließen sie ihre Anspannung fallen und spürten ihre beiderseitige Nähe füreinander.   Es war weit nach Mitternacht, als ihnen glücklich und zufrieden die Augen zufielen und einen erholsamen Schlaf zu zweit fanden. Später Morgen ------------- Für ein Rancher Dasein war es unverzeihlich nicht mit dem Hahnenschrei aufzustehen. Der Hahn war pünktlich, wie jeden Morgen, nur die jungen Herrschaften machten keine Anstalten ihre müden Glieder aus dem Bett zu bewegen. Während die Geschwister Chelsea und Mark mit ihren jeweiligen Partnern glücklich in den Armen haltend, träumten, waren hingegen Lana und Denny die ersten, die aufstanden. Lana ließ gerne gemeinsame Abende mit ihrem Freund am nächsten Tag Revue passieren und plapperte Denny bei ihrem Gang in die Küche mit sämtlichen gestrigen Ereignissen zu. Der Fischer hörte ihr einfach nur zu. Er liebte es seiner Freundin zuzuhören, die das Talent hatte Erzählungen glaubhaft und lebhaft darzustellen. Außerdem sah Lana ungemein glücklich dabei aus, wenn sie etwas zum Erzählen hatte. Bestimmt würde die junge Blondine vor Langeweile eingehen, wenn dem nicht so wäre. Für jede Kleinigkeit konnte sie sich begeistern, selbst wenn diese Kleinigkeiten niemanden sonst auffielen. Es war wie immer erstaunlich und absolut wundervoll Lana zu beobachten, die so viel Freude am Leben hatte, und diese Freude auf andere übertragen konnte. Wahrscheinlich fühlte sich der junge Mann deswegen in ihrer Nähe sehr wohl und irgendwie geborgen. Hinzu kam, dass er diese junge Frau über alles auf der Welt liebte. Allein schon aus diesem Grund, war er der glücklichste Mann auf Erden.   „Ist schon komisch, dass weder Chelsea noch Mark aufgestanden sind.“, redete Lana munter weiter. „Die Küche ist, bis auf den Resten von gestern Abend, völlig unberührt. Dabei hatte ich mit einem großen Frühstück gerechnet.“ „Vermutlich waren ihnen das Lagerfeuer und alles Drum und Dran gestern zu viel. Immerhin hatten sie einen langen Arbeitstag hinter sich.“, antwortete Denny und überlegte, ob es wohl sehr dreist von ihnen wäre, wenn sie sich einfach ohne Erlaubnis an den Küchenschränken zu schaffen machten. „Wie dem auch sei, dann lass uns das Frühstück vorbereiten. Damit können wir die anderen überraschen.“ Lana war bereits voller Tatendrang. „Vielleicht kommen Mark und Chelsea gleich runter.“ „Na und? Wir können doch trotzdem schon anfangen, dann haben die zwei nicht mehr so viel zu tun.“ Das war logisch, weswegen Denny keine Einwände mehr erhob.   Allerdings erschien keiner von ihren Freunden in der nächsten halben Stunde. Aus diesem Grund hatte Lana auch keinerlei Skrupel mehr bei ihren Freunden an die Zimmertür zu klopfen. Währenddessen wartete Denny in der Küche. Es war ihm peinlich zu den Zimmern seiner Freunde zu gehen, immerhin waren ihre jeweiligen Partner mit im Raum und sie bei irgendwas intimen zu überraschen, wollte er nicht riskieren. Er schenkte sich gerade eine Tasse Kaffee ein, als er wildes und lautes Fußgetrappel aus der oberen Etage vernahm. Bald darauf Marks lautes Fluchen.   „Verflixt! Wir sind spät dran. Jetzt beeil dich, Chelsea! Die Kühe sind bestimmt schon extrem unruhig und die Felder müssen gegossen werden!“ „Das weiß ich selber, lieber Bruder! Du brauchst mich nicht zu belehren. Es ist auch deine schuld! Immerhin hast du ebenso verschlafen wie ich.“ „Ist ja schon gut! Lass uns zügig die verlorene Zeit aufholen!“ „Chelsea, ich muss eilig in den Tierladen. Seit fast zwei Stunden läuft meine Schicht.“, nahm Vaughn seine Freundin in dem Trubel kurz zur Seite und küsste sie flüchtig auf die Stirn. „Ja, Vaughn. Wir telefonieren.“ Rasch nickte der Weißhaarige und rannte so schnell ihn seine Füße tragen konnten aus dem Haus. Denny beobachtete das schnelle Geschehen und vergaß, dass er eine Tasse Kaffee in der Hand hielt. Die Geschwister hatten ihn nicht einmal gegrüßt, sondern waren im Eiltempo an ihm vorbeigelaufen und durch die Tür ins Freie zu den Ställen geeilt. Aufgeregt und bellend folgte ihnen Toto.   Hinter Lana erschien nun auch Nathalie, dessen Haare noch ganz zerzaust waren. Mürrisch band sie diese mit einem Zopfgummi zusammen und nahm den Geruch von frisch gemahlenen Kaffeebohnen war. „Ich brauche ganz dringend einen schwarzen Kaffee, ansonsten bin ich zu nichts zu gebrauchen.“ „Hier.“, spontan reichte ihr der Fischer seine unberührte Tasse. „So eben eingeschenkt.“ „Danke.“ Sie nahm die Tasse und folgte damit den Geschwistern ebenfalls zu den Ställen. „Was für ein turbulenter Morgen.“, konstatierte Denny. „Du hast Recht. Lass uns sehr gute Freunde sein und ihnen helfen.“, erwiderte Lana und zog sich bereits ihre Schuhe an. „Stimmt. Gute Freunde sind wir.“, zwinkerte Denny seiner Freundin zu und beide eilten ihren Freunden nach.                                                                                        ~<>~   Vaughns Arbeitstag gestaltete sich als der schwierigste in seinem bisherigen Leben. Er kam ohne Frühstück im Laden an und sah sich einer wütenden Tante gegenüber, die ihn zurecht faltete, als wäre er ein kleines Kind. Seinetwegen konnte eine Warenlieferung nicht angenommen werden, die zurück an den Strand ging und nun auf dem Frachter wartete, bis man diese vor Ort abholte. Vaughns Schädel dröhnte. Er versuchte sich zu entschuldigen, aber Mirabelle blieb stocksauer und machte keinen Hehl daraus, dass sie von ihm enttäuscht war. Junge Liebe hin oder her, er hatte Pflichten, und diese waren ebenso wichtig, sobald sie seine Arbeit betrafen mit dem er seinen Lebensunterhalt verdiente und Teil einer Gemeinschaft angehörte. Vaughn erhielt keine Gelegenheit sich zu rechtfertigen, sondern musste wohl oder übel mit leerem Magen zum Strand runter und die Ware dort abholen. Dabei verlangte es ihm nach einem leckeren Butterbrötchen, um auch den restlichen Alkohol aus seinem Körper zu verbannen. Denn auch das hatte Mirabelle ihm vorgeworfen. Natürlich hatte sie gerochen, dass er gefeiert hatte und Alkohol im Spiel gewesen sein musste, noch dazu unter der Woche, wenn am nächsten Tag ein ganz normaler Arbeitstag folgte. Kein Wunder, dass Mirabelle so enttäuscht und sauer auf ihn reagierte und dies auch noch offen zeigte. Der junge Mann musste seiner Tante Recht geben. Er hatte sich wirklich unvernünftig verhalten. Allerdings hatte sich der gestrige Abend anders entwickelt, als er es sich vorab gedacht hatte.   Nichtsdestotrotz, es war ein wunderschöner Abend gewesen. Hinterher, als er mit Chelsea alleine war, war mehr als nur wunderschön gewesen. Viel mehr überraschend und wahnsinnig erotisch. Leider gehörten diese Erinnerungen jetzt nicht hier her. Denn auch diese schönen Stunden konnten seinen leeren Magen nicht füllen. Hinzu kamen jetzt auch noch Kopfschmerzen und Vaughn fragte sich, wie er diesen Tag nur überleben sollte.                                                                                     ~<>~   Die Rancher, Chelsea und Mark, stellten einen neuen Rekord auf, was ihr Arbeitstempo betraf. Normalerweise versorgten sie die Tiere und einen Teil ihrer Felder vor dem Frühstück. Danach bewässerten sie ihre restlichen Pflanzen und fingen an ihre Tiere auf die Weide zu führen. Jetzt im Frühjahr, war dies ihre morgendliche Routine. Wie Mark es prophezeit hatte, waren die Kühe ziemlich unruhig, weil ihr gewohnter Tagesrhythmus durcheinander geraten war. Es war immer wieder erstaunlich, wie sehr sich Farmtiere an regelmäßige Zeiten gewöhnen konnten, als spürten sie es mit dem ersten Sonnenstrahl, der am Firmament auftauchte, dass der Tag wieder von vorne begann, und zwar stets auf dieselbe Weise, ohne Ausnahme. Rasch bekamen die Kühe eine geballte Ladung Heu vorgesetzt und wurden, während sie fraßen, mittels einer Maschine gemolken. Danach wurden die Pferde und die Hühner gefüttert. Selbst die Hühner zickten im wahrsten Sinne des Wortes rum. Es dauerte, bis sie besänftigt werden konnten und am Ende über ihr Futter herfielen.   Zu Chelseas und Marks großer Erleichterung halfen ihnen Lana und Denny. In der Zeit, wo die Geschwister mit den Tieren zugange waren, zeigte ihnen Nathalie welche Felder bewässert werden mussten. Lana sah in jeder Tätigkeit eine Menge Spaß und sang nebenbei ein herrlich fröhliches Lied, wodurch Nathalie für kurze Zeit ihre Sorgen bezüglich ihrer Hochzeit ausblenden konnte. Als der unmusikalische Denny mitten in den Song einfiel, war es auch um ihre Beherrschung geschehen und Nathalie lachte in vollen Zügen. Dieses Lachen sorgte dafür, dass Mark seinen Ärger über den späten Morgen vergaß und sich zudem absolut sicher fühlte, dass die Zweifel seiner Verlobten der Vergangenheit angehörten. Zumindest daran konnte er sich noch erinnern. Alles andere war vom gestrigen Abend leicht verschwommen. Lächelnd zog er die junge Frau von hinten in seine Arme und hauchte ihr einen Kuss in den Nacken.   „Guten Morgen.“ In der Eile hatte er es versäumt, seine Verlobte ordentlich zu wecken. „Haha, morgen. Es war ziemlich hektisch, nicht wahr?“ „Wem sagst du da? Und das ohne Frühstück. Es ist zwar schon nach 10 Uhr, aber ich habe Lust auf eine ganze Kanne Kaffee, mindestens zwölf Brötchen, Schinken, Rührei und leckere warme Muffins.“ „Mein kleiner Vielfraß.“, neckte die Pinkhaarige ihren Verlobten. In diesem Moment rief Chelsea ihre Freunde ins Haus, damit sie endlich ihr verpasstes Frühstück nachholen konnten. Zu Marks großer Freude gab es leckere Blaubeermuffins, die Chelsea aus dem Keller geholt hatte. „Wann hast du die gebacken ohne dass ich das mitbekommen habe?“, fragte er verdutzt. „Tja, Brüderchen. Da ich weiß, dass solche Leckereien schneller vom Küchentisch verschwinden als ich gucken kann, habe ich die Muffins gemacht, während du und Nathalie gestern für über eine Stunde verschwunden waren. Ich dachte mir, eine solche Gelegenheit kommt so schnell nicht wieder.“   Nathalie und Mark liefen rot an, weil beide daran denken mussten, was sie gestern in dieser besagten Stunde gemacht hatten. Sie waren alleine im Pferdestall gewesen. Viel Heu befindet sich dort, direkt unter der Decke. „Sie sind super lecker, Chelsea.“, verkündete Lana mit vollem Mund und nahm sich vorsichthalber einen zweiten Muffin aus dem Korb, bevor am Ende keiner mehr für sie übrig sein würde. „Lana, sei doch nicht so egoistisch.“ Dennoch musste Denny über das Verhalten seiner Freundin schmunzeln. Dadurch wurde die peinliche Stille im Raum durchbrochen und alle fielen in schallendes Gelächter ein.   „Mit vollem Magen lässt sich auch viel besser denken.“, verkündete Mark und lehnte sich gesättigt und zufrieden auf seinem Stuhl zurück. „Vielen Dank, Lana und Denny, dass ihr uns vorhin geholfen habt. Ansonsten hätte das ganze länger gedauert und die Hühner hätten uns wahrscheinlich die Augen ausgepickt.“ „Die waren wirklich außer Rand und Band.“, seufzte Chelsea und schenkte jedem ein Glas Orangensaft ein. „Am besten wäre es, wenn wir nie wieder ein Lagerfeuer unter der Woche veranstalten. Natürlich hat es Spaß gemacht und war sehr lustig, aber für unsere Ranch wäre das auf Dauer eine Katastrophe.“ „Dem stimme ich zu, Schwesterherz.“ „Tut uns Leid, dass wir euch damit einfach überrumpelt haben.“ „Das muss euch nicht leidtun, Denny. Wirklich, es hat uns genauso Spaß gemacht wie euch und immerhin waren wir damit einverstanden.“ „Es hat niemand Schuld daran. Mark, Nathalie? Die Tiere müssen noch auf die Weide. Danach können wir wieder ein wenig entspannen.“   Damit war das gemeinsame Frühstück beendet und Lana und Denny verabschiedeten sich von ihren Freunden.                                                                                       ~<>~   Nach der Arbeit, aufgrund der fehlenden zwei Stunden am Morgen, musste er zwei am Nachmittag dranhängen, ging Vaughn extrem schlecht gelaunt in seine Wohnung. Hastig riss er einen Pizzakarton auf und schob die steife Teigware in den Ofen. In der Zwischenzeit schlang er drei Äpfel nacheinander runter und setzte sich Kaffee auf. Nach der ersten Tasse Koffein fühlte er sich etwas besser. Die Pizza im Ofen brauchte noch gut zehn Minuten, die Vaughn nutzte, um noch schnell unter die Dusche zu springen. Im Laufe der letzten Stunden hatte er sein Zuspätkommen von heute Morgen wieder ausgebügelt. Dank einer Aspirin Tablette waren zumindest seine Kopfschmerzen rasch verschwunden gewesen, aber sein Magen knurrte die ganze Zeit über. Zwar konnte er nicht verhindern, dass er einen Kunden verbal angemacht hatte, aufgrund seiner schlechten Laune, aber hinterher bei den Tiergehegen hatte er sich wieder einigermaßen im Griff. Viel Wasser und ein Bonbon, den er in seiner Hosentasche gefunden hatte, halfen ihm dabei. Schließlich war es im Laufe des Tages immer wärmer geworden.   Unter dem warmen Wasser gingen ihm sämtliche Gedanken bezüglich des Jobangebots durch den Kopf. Der heutige Tag hatte ihm gezeigt, dass er so nicht weiter leben wollte. Er war von seiner Tante abhängig, die er zwar sehr gern hatte, aber dummerweise war sie auch sein Boss und es wurde endlich einmal Zeit, dass er sein eigener Herr wurde. Er sollte Chef eines eigenen Unternehmens sein und niemanden mehr Rechenschaft ablegen müssen. Noch heute Abend würde er weitere Informationen über die besagte Firma sammeln, die sein Kumpel im Brief erwähnt hatte. Außerdem würde er ihn anrufen, denn seine Nummer stand ebenfalls im Brief. Mit ihm zusammen würde er alles genau planen und abwägen, um seine berufliche Zukunft neu zu gestalten. Als er die Pizza aß, stand es für ihn außer Frage, dass Chelsea ihn begleiten musste. Denn auch sie war ein sehr wichtiger Teil seines Lebens und gehörte in seine Zukunft. Sie war der wichtigste Teil davon. Ohne sie, dass wusste er, würde es nicht funktionieren und wollte er auch gar nicht mehr weiter leben. Mutter sein ----------- Sabrina und Will hatten es sich zur Gewohnheit gemacht, jeden Abend zu zweit in ihrem gemeinsamen Wohnbereich zu verbringen. Auf deren Etage, die sie zusammen mit Lily bewohnten, wurde extra für die jungen Leute ein separater Wohnbereich eingerichtet. Für Regis war es selbstverständlich gewesen, dass jeder seinen eigenen Rückzugsort bekam und seinem individuellen Geschmack anpassen konnte. Das Wohnzimmer hatte Lily eingerichtet, wie die meisten anderen Räume auch, aber beim besagten Zimmer hatte sie darauf geachtet, dass jeder Charakter der drei Freunde zu erkennen war. Deswegen fühlten sich Sabrina und Will unter anderem besonders wohl in dem Raum und verbrachten oft ihre gemeinsame Zeit darin.   „Weißt du, was mit meiner Kusine in letzter Zeit los ist?“, hakte Will bei seiner Freundin nach und reichte ihr einen Cracker mit Käsedip. „Sie benimmt sich neuerdings so merkwürdig. Ich meine, sie war schon immer merkwürdig gewesen und hat häufig nicht nachvollziehbare Gedankengänge, aber dass sie uns damit neuerdings nicht mehr auf die Nerven geht, macht mich stutzig.“ „Stimmt.“, nickte Sabrina und knabberte an ihrem Cracker. „Neulich kam sie sogar auf mich zu und wollte von mir wissen, wie ich zu meinem Hobby mit dem Malen gekommen wäre. Außerdem hatte ich sie dabei ertappt, wie sie versucht hatte ein Buch zu lesen.“ „Echt jetzt?“ Will war so verdutzt, dass er seinen Cracker zurück aufs Tablett legte. „Muss ich mir ernsthafte Sorgen um sie machen?“ „Ich denke nicht. Diese Phase wird vorüber gehen.“ „Wahrscheinlich hast du Recht. Immerhin hat sie noch nie sonderlich viel Geduld besessen.“   „Nun ja, bezüglich ihrer neuen Beschäftigung könnte sie uns eventuell sogar überraschen.“ „Wovon sprichst du? Sie hat doch wohl nicht wieder vor die Küche in Beschlag zu nehmen? Unsere Köchin war ziemlich sauer deswegen.“ „Das habe ich mitbekommen.“, seufzte die junge Dame, konnte sich aber ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Nein, ich habe ihr letztens geraten etwas mit Mode zu machen. Sie wirkte so rastlos und suchte anscheinend verzweifelt nach einer Beschäftigung, weswegen ich ihr geraten habe, dass zu tun, was sie am besten kann.“ „Ach! Deswegen die ganzen neuen Stoffe, die seit Tagen in unser Haus kommen.“ „Genau. Ich finde, sie macht ihre Sache bemerkenswert gut. Für Mode und Farben hat sie einen sehr guten Blick.“ „Du aber auch.“, lächelte Will und streichelte zärtlich ihre Wange. „Äh, Will, seit wann kenne ich mich mit Mode aus?“ Ungläubig starrte sie ihren Freund an, der weiterhin gelassen grinste.   „Ich meine deinen guten Blick, bezüglicher deiner Bilder und was dann Einfangen von Farben betrifft. Obwohl du dich auch sehr gut einkleiden kannst.“, hauchte er ihr mit diesen Worten hinters Ohr und platzierte dort einen sanften Kuss. Prompt fuhr der Schwarzhaarigen ein angenehmer Schauer durch ihren Körper. Wie so oft, wenn ihr Will so nahe kam. „Mmm…Willst du dich bei mir einschmeicheln?“ „Auch. Aber vor allem bin ich einfach nur ehrlich.“ Ihre Lippen berührten sich. Sabrina war froh, dass sie ihre Brille in letzter Zeit immer weniger trug. Gerade beim Küssen störte sie manches Mal, besonders dann, wenn der Kuss so lange andauerte wie jetzt. Es war ein himmlischer Kuss. Will wusste haargenau, was und wie er es tun musste, um seiner Freundin den Verstand zu rauben. Sie passte sich jede seiner Berührungen an und suchte ebenso die Nähe zu ihm wie er zu ihr. Vorsichtig stupste er mit seiner Zunge gegen ihre Lippen. Kurz darauf öffnete sie sie ihm und stöhnte bald darauf auf. Dieses unkontrollierte berauschte Gefühl kam in ihnen auf, sobald sich ihre Zungen trafen. Sie tanzten miteinander und entfachten ein Feuer an Gefühlen, die ihre Sinne auf den Kuss fokussierten und alles andere um sie herum vergessen ließen.   „Will…?“ „Ja, my Lady?“ „Nenn mich doch nicht immer my Lady.“ Diese Äußerung sorgte jedes Mal dafür, dass Sabrina puterrot im Gesicht wurde. „Ich finde, die Bezeichnung passt zu dir.“, neckte Will seine peinlich berührte Freundin und zog sie enger in seine Arme. „Du bist eben etwas ganz Besonderes für mich.“ Zwar waren seine letzten Worte geflüstert, dennoch verstand die Angesprochene jedes einzelne davon. „Gehen wir morgen an den Strand? Ich wollte ein paar Skizzen vom Meer anfertigen.“, fand Sabrina irgendwann ihre Sprache wieder. „Natürlich. Ich begleite dich gerne. Lass uns auch eine Decke und ein bisschen zu Essen mitnehmen. Wenn es tatsächlich so warm wird, wie es in den Nachrichten hieß, dann können wir ein kleines Picknick daraus machen.“ „Das hört sich schön an. Aber nur wir beide.“ „Selbstverständlich. Ich will dich nur für mich alleine.“                                                                                         ~<>~   Am kommenden Nachmittag, während Sabrina und Will ihr Picknick am Strand abhielten, besuchte Felicitas ihre Freundin Mirabelle in ihrer Wohnung auf. Die Tierliebhaberin hatte seit zwei Tagen wieder mit ihrem Rücken zu kämpfen. Zur Stärkung und Aufmunterung suchte die Nachbarin sie jeden Tag auf, und dass immer mit einem herrlich leckerem Stück Kuchen. Dieses Mal war es ein Stück Pfirsichtorte. Selbstverständlich selbst gebacken. „Ach, Gott! Felicitas, du musst mich nicht so verwöhnen.“, lächelte die Freundin schwach und richtete sich mühsam in ihrem Sessel auf. „Du bleibst sitzen, meine liebe. Schließlich ist dies mein zweites zu Hause. Geschirr und Kaffee finde ich auch ohne dich.“ Mit diesen Worten eilte Felicitas in die Küche und kam ein paar Minuten später mit einem vollen Tablett zurück ins Wohnzimmer. „Trotzdem. Du hast doch so viel mit den Hochzeitsvorbereitungen zu tun.“, erwiderte Mirabelle, da sie ihr schlechtes Gewissen plagte und ihrer Freundin zu viel Zeit für die Vorbereitungen stahl.   „Ach, papperlapapp. Mach dir darüber keine Gedanken. Bisher läuft alles nach Plan. Außerdem, Zeit für meine beste und langjährige Freundin werde ich immer haben, egal was ich sonst noch nebenbei zu erledigen habe. Geht es deinem Rücken heute wenigstens ein bisschen besser?“ „Doch, schon. Die Tabletten schlagen allmählich an.“ „Wurde auch Zeit. Um diese Jahreszeit hast du immer mit derartigen Problemen zu kämpfen, nicht wahr?“ „Das stimmt. Liegt vermutlich am Alter.“, lächelte Mirabelle schwach. „Ich vermisse meine Tochter.“, wechselte sie abrupt das Thema. „Noch nie war sie so lange von mir getrennt gewesen. Natürlich weiß ich, dass Julia erwachsen ist und mich, ihre Mutter, nicht mehr braucht, aber…sie fehlt mir. Und ich mache mir Sorgen, ob es ihr auch wirklich so gut geht, wie sie schreibt. Heute Morgen kam wieder eine Postkarte von ihr an.“ „Von Elliot kam ebenfalls eine.“, seufzte Felicitas und nahm einen Schluck Kaffee. „Mir geht es wie dir. Mein tollpatschiger Elliot ist zum ersten Mal von der Insel fort. Ohne mich.“   „Unsere Kinder geben ein wirklich reizendes Paar ab.“ „Und wie. Ich bin unendlich erleichtert, dass mein Elliot in so guten Händen ist. Zudem gehe ich davon aus, dass ich deine Tochter als Schwiegertochter kriegen werde.“ „Davon bin ich überzeugt. Ich kann kaum den Tag erwarten, an dem dein Sohn mein Schwiegersohn werden wird.“ Beide Damen mussten lachen und hingen jeder für sich ihren eigenen Gedanken und Erinnerungen nach, in denen ihre Kinder wirklich noch Kinder waren. „Wie geht es Nathalie? Ist sie schon sehr aufgeregt wegen der Hochzeit?“, fragte Mirabelle nach einiger Zeit und griff beherzt nach ihrem Stück Torte, wobei ihre Armebewegung nur sehr vorsichtig und langsam erfolgte. „Kann schon sein. Wenn wir uns sehen, um Details bezüglich der Vorbereitungen und so weiter zu besprechen, benimmt sie sich wie immer. Impulsiv und aufbrausend, eben Nathalie. Ansonsten verbringt sie sehr viel Zeit auf der Ranch bei Mark. Ich gehe davon aus, dass er sie beruhigt, sollte sie Sorgen wegen ihrer Hochzeit haben. Aber traurig macht mich das schon, dass meine Tochter mich nicht einweiht.“   „Nathalie war schon immer recht selbstständig gewesen. Das hatte verhältnismäßig früh bei ihr angefangen.“, erinnerte sich Mirabelle. „Stimmt. Einerseits war ich als Mutter immer sehr stolz auf sie deswegen gewesen, andererseits hat es mich auch sehr traurig gemacht. Wahrscheinlich liegt es daran, weil ich Elliot stets mehr Aufmerksamkeit zu teil werden ließ. Er war doch ein unbeholfener Junge gewesen.“ „Zerbrich dir nicht den Kopf darüber, Felicitas. Du bist eine grandiose und liebenswerte Mutter und hast deine Kinder nie im Stich gelassen und wirst es auch in Zukunft nicht tun. Elliot und Nathalie sind erwachsen geworden und haben für sich den passenden Weg gewählt. Darauf kannst du unheimlich stolz sein.“ Gerührt von Mirabelles Worten wischte sich die Freundin eine einzelne Träne aus dem Gesicht. „Das hast du schön gesagt. Jetzt sieh mich an! Ich bin hergekommen, um dich zu trösten und mit der Torte zu verwöhnen. Und was machst du? Du musst mich aufmuntern.“   Die Freundinnen lachten. „Es ist schön über alte Zeiten zu plaudern.“, sinnierte die Tierliebhaberin. „Doch, was die Zukunft bringen wird, darauf bin ich sehr gespannt.“ „Es wird noch allerhand passieren, dass ist wohl wahr.“, stimmte ihr Felicitas zu. „Hoffentlich dauert es nicht mehr lange und ich bekomme mein erstes Enkelkind.“. „Wenn ich mich recht erinnere, warst du in Nathalies Alter bereits mit Elliot schwanger, oder?“ „Ja. Ich konnte es kaum erwarten ein Kind zu kriegen, als ich meinen Mann kennen gelernt hatte. Wir waren beide so verliebt gewesen. Leider ist er mir viel zu früh genommen worden. Kaum ein Jahr nach Nathalies Geburt.“ „Das war eine harte Zeit gewesen. Manche Schicksalsschläge treffen zu früh ein.“ Wobei Mirabelle an ihren eigenen verstorbenen Ehemann dachte.   „Dennoch passiert gleichzeitig auch viel Gutes und Schönes.“, lächelte Felicitas wieder. „In zwei Tagen haben wir unsere Kinder wieder und Nathalie und Mark werden bald heiraten. Es gibt immer etwas wofür es sich definitiv zu leben lohnt.“ Daraufhin nickte Mirabelle und konnte es kaum noch abwarten ihre Tochter wieder in die Arme zu schließen. Ein freudiges Wiedersehen ------------------------- Ruhe. Absolute Ruhe, das war alles wonach sich Vaughn momentan am meisten auf der Welt sehnte. Allerdings wurde nichts daraus, denn seine Tante hatte gänzlich andere Pläne, die ihn komplett mit einbezogen. Aufgrund ihrer Rückenschmerzen musste sich Mirabelle noch schonen, weswegen ins besonders Vaughn mehr Verantwortung im Tierladen übertragen wurde. Er überprüfte Bestellungen, eingegangene Warenlieferungen und kümmerte sich nebenbei um die Tiere in ihren Gehegen. In den letzten Tagen hatte der junge Mann kaum eine Minute für sich alleine gehabt. Chelsea hatte er nur an einem Abend treffen können, da auch sie zurzeit sehr viel auf der Ranch zu tun hatte. Zudem sollten am kommenden Tag Julia und Elliot wieder zurückkommen. Diese wurden bereits freudig von Mirabelle und Felicitas erwartet. Die Mütter hatten es sich in den Kopf gesetzt eine kleine Willkommensfeier zu arrangieren, weswegen Vaughn zusätzlich neben seiner eigentlichen Arbeit, diverse Besorgungen und Einkäufe erledigen musste. Ob es ihm nun gefiel oder nicht. Natürlich freute auch er sich, seine Kusine Julia und seinen Kumpel Elliot wieder zu sehen. Nur, hatte es auch zur Folge, dass er sich nicht so ausgiebig um seine Korrespondenz mit seinem früheren Kamerad Bill kümmern konnte, als er es eigentlich beabsichtigt hatte. Gegenwärtig hatte er dafür keine Zeit. Zu allem Überfluss musste er gerade ein Gespräch mit dem quirligen Pierre führen, der - bedauerlicherweise – der beste Koch auf der kleinen Insel war und Mirabelle und Felicitas darauf bestanden, dass Pierre ein unvergleichlich leckeres Gericht für die Ankunft von Julia und Elliot zubereiten sollte.   „Ach, tatsächlich? Morgen ist es also soweit und Julia und Elliot kommen wieder? Was ich mich doch freue sie wieder zu sehen.“, rief Pierre freudestrahlend aus und vergaß Vaughns eigentliches Anliegen. „Weißt du, Vaughn, dass ich selber auch vom Festland komme? Was es da drüben nicht alles gibt. Die Küche ist einfach unglaublich und die Zutaten erst…Selbstverständlich lasse ich nur die besten Zutaten hierher exportieren, um meine Gäste und Freunde mit den leckersten Speisen verwöhnen zu können. Meine Eltern besitzen eine große und weit verbreitete Restaurantkette. Daher liegt mir das Kochen im Blut, wusstest du das schon?“ „Pierre, ich bin nicht deswegen hier.“, antwortete Vaughn mehr als gereizt. Zudem kannte er schon Pierres Familienverhältnisse nur all zu gut. Seine Freundin hatte ihm bereits davon erzählt. Der Weißhaarige erinnerte sich noch sehr genau an den Nachmittag zurück. Chelsea sprach eine halbe Ewigkeit über diesen jungen Knaben und schwärmte von seinen Fähigkeiten als Koch, dass Vaughn es nicht lange aushalten konnte und Chelseas Schwärmerei mit einem langen und intensiven Kuss unterbrochen hatte. „Können wir zum Wesentlichen zurückkehren?“ „Aber sicher doch. Ja. Was es alles für Möglichkeiten gibt. Am besten wird es wohl sein, wenn ich eine Kombination aus Julias und Elliots Lieblingsspeisen mache. Die beiden sind oft hier, musst du wissen. Einmal, da hatte Elliot seine Gabel fallen lassen. Weißt du, was danach passiert ist? Er hat sich gebückt, um die Gabel wieder aufzuheben, dabei hat er die Tischdecke mit runtergezogen und alles war auf ihn drauf und dem Boden gefallen. Haha! Das war ein Anblick! Und Julia ist sofort aufgesprungen, um…“   „PIERRE!“, rief Vaughn ungehalten aus. Erschrocken sprang der Angesprochene einen Satz nach hinten und beendete augenblicklich seine kleine Geschichte. „Ich habe noch andere wichtige Dinge zu erledigen. Mirabelle hat mich gebeten hierher zu kommen, also hier bin ich. Kannst du mir ENDLICH aufschreiben, was du für morgen zu Essen planst, damit ich wieder an meine eigentliche Arbeit zurück kann?“ „Klar doch.“, erwiderte der junge Koch mit piepsiger Stimme. „Sollten wir aber nicht vorher über die Auswahl der Zutaten sprechen und wieviel davon benötigt wird?“ „Das ist mir sowas von gleich! Es werden dieselben Leute wie immer sein, also kannst du auch alleine ausrechnen, wieviel du ungefähr benötigen wirst. Das Geld wirst du schon bekommen.“ „Na gut, aber…“ „Nichts ABER!“ Vaughns Kopf fühlte sich an, als müsste dieser jeden Augenblick explodieren. „Notier mir einfach, was du machen wirst und basta!“ Pierre beeilte sich und war froh, nachdem Vaughn gegangen war, dass er sein Haupt nicht eingebüßt hatte.                                                                                                 ~<>~   Chelsea befand sich in der Küche und räumte diese gerade auf, als Nathalie plötzlich hinter ihr auftauchte. Bedrückt setzte sie sich auf einen Küchenstuhl und wartete bis ihre Freundin mit dem Abwasch fertig war. Als die junge Rancherin sich umdrehte, bekam sie einen leichten Schreck, da diese nicht damit gerechnet hatte, dass eine zweite Person in der Küche anwesend war. „Nathalie? Hast du mich verjagt! Du bist ja noch gar nicht umgezogen.“, stellte Chelsea rasch fest und musterte ihre Freundin kritisch. Irgendetwas stimmte mit ihrer Freundin und zukünftigen Schwägerin nicht. Bereits seit einigen Tagen benahm sie sich so seltsam. Anfangs hatte es Chelsea auf die Nervosität ihrer Freundin geschoben, immerhin stand ihre Hochzeit unmittelbar bevor, aber inzwischen konnte Chelsea nicht mehr länger ignorieren, dass sie sich zunehmend mehr Sorgen um Nathalie machte. „Ich bin unschlüssig, was ich anziehen soll. Magst du mir helfen?“, fragte die Pinkhaarige zögernd und sah ihre Freundin flehentlich an. Einige Sekunden starrte Chelsea ihre Freundin verdutzt. Normalerweise suchte diese nie in derartigen Dingen Rat bei ihr oder bei anderen. Zu allem Überfluss verstärkte sich dadurch Chelseas Sorge um ihre Freundin nur noch mehr. „Natürlich. Lass uns rauf gehen. Weißt du, ob Mark schon auf dem Feld fertig ist?“ „Noch nicht. Ich war bis eben bei ihm, er braucht noch eine Weile.“ Während sie den Weg in den oberen Stock nahmen, wechselten die jungen Frauen noch einige belanglosere Worte, doch als Nathalie vor ihrem Kleiderschrank stand, der sich in dem Schlafzimmer befand, den sie mit Mark teilte, zitterte sie mit einem Mal am ganzen Körper und rang mühsam nach Fassung.   „Nathalie? Hey, Nathalie! Was ist denn los?“, besorgt trat Chelsea hinter ihre Freundin und legte tröstend einen Arm um ihre bebende Schulter. „Ich weiß es nicht, Chelsea…ich weiß nicht.“ Einzelne Tränen rannen über Nathalies Gesicht. „Vorhin stand ich schon hier…Sah in meinem Kleiderschrank. Meinem Kleiderschrank, der sich im gemeinsamen Zimmer von Mark und mir befindet und…Plötzlich bekam ich keine Luft mehr. Es fiel mir schwer mich darauf zu konzentrieren, dass ich nur meine Arbeitskleidung mit Alltagskleidung wechseln wollte…Denn, mein Bruder und Julia kommen schließlich heute wieder…Ich habe meinen Bruder so furchtbar vermisst, Chelsea.“, schluchzte die junge Frau und vergrub ihr Gesicht an der Schulter ihrer Freundin. „Ist ja gut, Nathalie. Ich verstehe dich. Es war das erste Mal, dass Elliot so lange von euch weg war…und dann bald die Hochzeit.“ „Genau, unsere Hochzeit…Ich freue mich, Chelsea, ich freue mich wahnsinnig, dass Mark und ich heiraten werden, jedoch…Ich war, oder vielmehr bin momentan nicht einmal in der Lage mir ein simples Kleid auszusuchen! Wie soll ich heiraten, in einem weißen wunderschönen Kleid, welches noch ein wenig umgeändert werden muss, weil die Länge nicht stimmt, wenn ich es nicht einmal schaffe ein einfaches Kleid aus meinem Schrank zu nehmen?“   „Nathalie, das wird schon.“ Eigentlich war Chelsea ratlos. Sie wusste nicht, wie sie ihrer Freundin Mut machen sollte, dass alles gut werden würde und so weiter. Aber, selber geheiratet hatte Chelsea eben noch nicht. Nathalie war die erste aus ihrem Freundeskreis und wie gerne Chelsea ihr auch geholfen hätte, mit Rat und Tat und ihr ähnliche Erfahrungen mitteilen würde, sowas konnte sie nicht. So hilflos hatte sich die Braunhaarige noch nie gefühlt. „Nathalie, ich…ich bin bei dir, hörst du? Du bist auf jeden Fall nicht allein. Ich würde dir gerne helfen, aber…Weißt du was? Wir suchen dir erstmal ein schönes Kleid für heute Abend aus und werden alle zusammen mit Julia und deinem Bruder einen wunderschönen Abend verbringen. Okay? Und wenn ich irgendetwas für dich tun kann, dann lass es mich sofort wissen, einverstanden? Denn ich will nicht, dass du dich mit deinen Sorgen zurückziehst, ja?“ Zumindest war es Chelsea wichtig, dass Nathalie sich sicher sein konnte, dass sie jederzeit zu ihr oder eine ihrer Freundin gehen konnte, wenn ihre Sorgen und Ängste zu groß worden. Und in der Zwischenzeit würde sich Chelsea überlegen, wie sie ihrer Freundin am Sinnvollsten helfen konnte, um in einem glücklicheren Zustand zu heiraten. Es wäre nicht auszudenken, sollte Nathalie am Ende dem Ja-Wort nicht gewachsen sein…Was würde dann Chelseas Bruder tun? „In Ordnung, Chelsea.“, wenig damenhaft schnäuzte Nathalie ihre Nase. „Heute kommen Elliot und Julia zurück…Und ich will nicht, dass sie sich Sorgen um mich machen oder sonst jemand. Es ist deren Tag.“                                                                                       ~<>~   Es wäre unmöglich die Lautstärke und die Wiedersehensfreude zu beschreiben, die einhergingen, nachdem Julia und Elliot gemeinsam an Land traten. Beide Familien waren vor Ort und empfingen ihre Kinder herzlich. Ebenso waren Chelsea und Mark anwesend, denn es würde nicht mehr lange dauern und die beiden würden ein fester Bestandteil von Taros Familie werden. Reichlich Tränen wurden vergossen und etliche Umarmungen folgten, wobei jede davon länger dauerte, als die Umarmung davor. Es wurde wild und laut durcheinander gesprochen, es kam einem Wunder gleich, dass sie sich überhaupt gegenseitig verstehen konnten. Als sie den Strand allesamt verließen, wollte man auf der einen Seite erfahren, wie die Hochzeitsplanung voranging, ob es noch viel zu tun gäbe und dergleichen. Auf der anderen Seite wollte jeder Angehörige wissen, wie Julias und Elliots Reise auf dem Festland verlaufen war. Man spielte auf die Inhalte an, die in den Postkarten nicht geäußert werden konnten. „Oh! Meine lieben Kinder!“, rief Mirabelle plötzlich aus und hielt sich schmerzhaft ihre Hüfte. Das viele Stehen und zusätzliche Gehen hatten rasant ihre Schmerzen zurück gebracht. „Aber Mama!“ Sofort eilte Julia an die Seite ihrer Mutter und begann sie zu stützen. „Sag nicht, dass du wieder Rückenschmerzen hast? Hätten wir das gewusst, wären wir schon eher wieder gekommen.“ „Rede doch keinen Unsinn, Kind. Es geht mir gut. Die Medikamente helfen mir schon. Es war nur zu viel auf einmal, was ich mir vorgenommen habe.“, versuchte Mirabelle ihre Tochter zu beruhigen. „Außerdem wäre es kein Grund gewesen, eure Reise zu unterbrechen. Ich habe hier Hilfe genug. Felicitas kam jeden Tag vorbei und Vaughn war mir in allen Belangen des Geschäftes eine immense Unterstützung. Ohne ihn, wäre der Laden vermutlich nicht so reibungslos weitergelaufen.“ „Wir hatten alles im Griff.“, kommentierte nun auch Felicitas und strich Julia begütigend übers Haar. „Zwar sind wir etwas in die Jahre gekommen, aber noch sind wir unglaublich zäh und lassen uns nicht so leicht unterkriegen.“ Ein erleichtertes Lachen folgte. Mirabelle wurde von Julia und Elliot gestützt und gemeinsam setzten sie ihren Weg zu Taros Haus fort.   Dort angekommen, wurden Julia und Elliot von ihren weiteren Freunden empfangen. Vaughn begrüßte seine Kusine freudig, wobei Chelsea nicht verborgen blieb, dass ihr Freund ziemlich abgekämpft aussah. Selbstverständlich führte er seine Tante ins Haus und half ihr sich in einen bequemen Sessel zu setzen. „Hast du deine Tabletten dabei?“, wollte er auch zugleich von ihr wissen. „Die sind drüben in unserem Haus. In der Küche neben der Kaffeemaschine.“, stöhnte Mirabelle und bat Nathalie ihr ein Glas Wasser zu bringen. Während Nathalie in die Küche ging und die restlichen Anwesenden Julia und Elliot in die Mitte nahmen, um alles Mögliche von ihrer Reise zu erfahren, gingen Chelsea und Vaughn ins angrenzende Haus von Mirabelle um ihre Schmerztabletten zu holen.   „Du musst mich nicht begleiten, wenn du dich lieber mit Julia und Elliot unterhalten willst.“ „Die paar Minuten kommen sie auch ohne mich aus.“, entgegnete Chelsea und hakte sich bei ihrem Freund ein. „In den letzten Tagen haben wir uns kaum gesehen. Geht es dir gut?“ „Hm? Ja, es geht so. War ein stressiger Tag, heute.“, seufzte der Weißhaarige und öffnete die Haustür. „Versuch mal mit Pierre organisatorische Angelegenheiten zu besprechen.“ „Hihi. Dein Ton verrät mir, dass es nicht so einfach war, wie du es gerne gehabt hättest.“ „Wohl wahr, aber sag mal? Machst du dich über mich lustig?“ Gespielt böse, funkelte er seine Freundin aus seinen violetten Augen an. „Aber nein. Das würde ich niemals wagen.“, log die Braunhaarige und eilte schnell an ihm vorbei in die Küche. „Geht es Mirabelle sehr schlecht?“, wechselte sie augenblicklich das Thema. „Nun ja, ihr Rücken macht ihr Probleme. Im letzten Jahr hatte sie einen heftigen Bandscheibenvorfall gehabt, der macht sich anscheinend wieder bemerkbar. Zumindest meint Mirabelle, dass es dieselbe Schmerzregion ist. Zum Glück stellte der Arzt fest, dass es kein neuer Vorfall ist. Sie müsse eine Zeitlang wieder Tabletten nehmen und dann würde es schon werden.“ „Arme Mirabelle. Aber ein Glück, dass Julia wieder da ist, und dass sie dich hat.“ „Mich?“, verwirrt sah Vaughn seine Freundin an. „Was meinst du?“ „Nun, du arbeitest hier. Lebst hier. Mirabelle weiß, dass du deine Tante niemals im Stich lassen würdest. Gerade jetzt, wo sie dich besonders viel braucht. Außerdem brauche ich dich hier auch.“, erklärte Chelsea und hauchte ihrem Freund einen flüchtigen Kuss auf die Lippen, der sie nach wie vor ungläubig anstarrte. Zudem überkam ihn in diesem Moment ein schlechtes Gewissen und er fragte sich, ob er wirklich so unentbehrlich war, wie Chelsea es gerade dargelegt hatte.                                                                                          ~<>~   „Es war eine schöne und unglaubliche Reise gewesen.“, rief Julia inzwischen schon zum fünften Mal aus und ließ sich von Lana einen weiteren Fruchtcocktail einschenken. Es war bereits ihr dritter Cocktail, der sich allmählich bemerkbar machte. Wobei es sämtlich anderen Anwesenden fast genauso erging. Lediglich die Eltern und Taro hielten sich konsequent zurück, was den Alkohol betraf. „Zuerst haben Elliot und ich den Leuchtturm besichtigt, der sich drüben an der Küste befindet. Wie hoch der doch war… Mir wurde leicht schwindlig und Elliot wäre tatsächlich beinahe in Ohnmacht gefallen, wenn ich ihn nicht aufgefangen hätte.“, kicherte die junge Frau und lehnte sich vergnügt an ihren Freund. „Es kann so gewesen sein.“, lachte auch Elliot und leerte sein Glas mit einem kräftigen Zug. Zudem fiel jedem auf, dass der junge Mann kaum stotterte oder in sonst irgendeiner Art unsicher wirkte, wie es bei ihm zuvor der Fall war. Entweder sorgte der Alkohol für seine charakterliche Veränderung oder die Liebe zu seiner Julia haben dies bewirkt. „Wirklich umgehauen haben uns aber die Menge an Menschen, die in der Stadt dicht gedrängt ihre Besorgungen erledigten oder ihren Tätigkeiten nachgingen.“ „Stimmt, wir waren oft mit anderen Leuten zusammengestoßen, da wir es nicht gewohnt waren so viele auf einer Straße lang gehen zu sehen.“ „Und, Julia? Hast du die Shoppingboutiquen ausprobiert, die ich dir empfohlen habe?“, fragte Lana. Ihre Stimme nahm bereits einen deutlich akustischen Singklang an. „Natürlich.“, nickte die Angesprochene und wollte von ihrem Gegenüber wissen, ob sie ihre Einkäufe gemeinsam bewundern wollten. Beide Frauen waren sofort begeistert, allerdings bat Mirabelle ihre Tochter dies auf Morgen zu verschieben, da sie immerhin noch Gäste in Taros Haus waren und es unhöflich wäre, wenn die beiden Frauen einfach gehen würden.   Auf der anderen Seite des Raumes saß Nathalie an ihrem zukünftigen Ehemann gelehnt und beobachtete still das aufgeregte Treiben. Sie war überglücklich ihren Bruder wieder in ihrer Nähe zu haben und war ebenso neugierig wie die übrigen Anwesenden jedes Detail der gemeinsamen Reise von Julia und Elliot zu erfahren. Nichtsdestotrotz konnte sie nicht hundertprozentig verhindern, dass ihre unwohle Gemütsstimmung von heute Mittag wieder in ihr hoch kam. Bei ihrem Verlobten und ihrer Mutter entschuldigte sie sich mit den Worten, dass sie inzwischen zu müde sei und sich gerne hinlegen würde, schließlich war der Abend schon sehr weit fortgeschritten und die Arbeit auf der Ranch war auch nicht ganz ohne gewesen. Selbstverständlich begleitete Mark seine Verlobte zu Bett in ihr ehemaliges Zimmer und blieb so lange bei ihr bis sie eingeschlafen war. Besorgt hatte Felicitas ihrer Tochter hinterhergesehen. Wie gerne hätte sie ihr kleines Mädchen, die nun eine erwachsene Frau geworden war, ein letztes Mal ins Bett gebracht und zugedeckt. Jedoch, diese Zeit war nun vorüber. Mark war jetzt die wichtigste Person in ihrem Leben, und das war auch richtig so. Innerlich freute sich die Mutter über das wahnsinnige und schöne Glück ihrer einzigen Tochter, doch äußerlich musste sie sich recht mühsam um Haltung bemühen, um nicht in Tränen auszubrechen.   „Felicitas?“ „Huch!“ Erschrocken fuhr die Mutter herum und erblickte Chelsea sitzend zu ihrer rechten Seite. „Entschuldige Chelsea. Ich war mit meinen Gedanken gerade woanders. Aber Kind, was ist denn los? Du siehst so besorgt aus?“ „Es gibt da etwas, was ich dringend mit dir besprechen muss.“, leitete die Braunhaarige das Thema ein. „Normalerweise wäre ich damit zu meiner Mutter gegangen, aber meine Eltern treffen erst in drei Tagen auf der Insel ein und…Ich muss mit jemanden darüber reden, da ich befürchte, dass es sonst nur schlimmer werden wird.“ „Chelsea! Hast du etwa Streit mit Vaughn?“ Was sollte Felicitas auch sonst annehmen? Selbstverständlich ging sie davon aus, dass Chelsea etwas bedrückte, was nur mit Vaughn zu tun haben konnte, wenn sich die junge Frau nach einem Gespräch mit ihrer Mutter sehnte. „Mit Vaughn? Nein, Felicitas. Zwischen mir und Vaughn ist alles in bester Ordnung.“, versicherte Chelsea der Älteren. „Aber was kann dich sonst beschäftigen?“ „Es geht um Nathalie…Ich mache mir große Sorgen um sie.“   Verrücktes Leben ---------------- Vaughns Gedanken wollten an diesem Abend nicht zur Ruhe kommen. Zwei Tage waren seit Julias und Elliots Wiedersehensfeier vergangen. Intensiv hatte er über Chelseas Worte nachgedacht. Konnte es wirklich sein, dass er so unentbehrlich für seine Tante und den Laden geworden war, wie seine Freundin behauptete? Oder sogar für das gesamte Inselleben? War er ein wichtiger Teil der kleinen Gemeinschaft geworden ohne es bemerkt zu haben? Aufgrund dieser wirren und unklaren Gedanken hatte Vaughn seinem Kumpel bisher nicht geantwortet. Zudem lenkte ihn eine zweite Sache von dieser Angelegenheit ab: am nächsten Tag würde er Chelseas Eltern kennen lernen. Wie lernte man die Eltern seiner Freundin kennen? Bisher hatte es der junge Mann noch nie erlebt und sonderlich erpicht darauf war er ebenso wenig. Dieses zukünftige Treffen machte ihm Angst, und Vaughn hasste es Angst zu haben.   „Vaughn?“ Chelseas sanfte Stimme holte ihn aus seinen sorgenvollen Gedanken. Wahrscheinlich war es für beide der letzte gemeinsame Abend, den sie ungestört verbringen können bevor Chelseas Eltern auftauchen und die folgende Hochzeit von Nathalie und Mark vorbei sein würden. Und was machte Vaughn? Anstatt seiner Freundin Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, verschanzte er sich in seinem Kopf und versuchte Dinge zu begreifen, die so oder so auf ihn zukommen würden, ganz gleich was er auch tat.   „Entschuldige Chelsea.“ Langsam richtete sich Vaughn auf dem Sofa in seiner Wohnung auf und hielt der Braunhaarigen einladend seine Hand entgegen. Augenblicklich folgte sie dieser Aufforderung und legte sich mit dem Rücken zu ihm gewandt an ihn. Vaughn schlang seinen rechten Arm um Chelsea und beide verschränkten ihre Hände ineinander. „Machst du dir Sorgen wegen morgen, weil du meine Eltern kennen lernen wirst?“, sprach Chelsea sofort das heikle Thema an. Unwillkürlich seufzte Vaughn. „Ja.“, gestand er und vergrub sein Gesicht in ihre dichten Haare, die an diesem Abend nach Pfirsich dufteten. „Ich bin nervös, Chelsea. Muss ich irgendetwas Bestimmtes machen oder sagen?“ „Nein, mein Lieber. Sei einfach du selbst. Meine Eltern werden dir schon nicht den Kopf abreißen.“ „Und wenn doch?“ „Haha, das wird garantiert nicht passieren. In erster Linie werden sie wegen Mark kommen. Immerhin heiratet mein Bruder in einer Woche, weswegen er im Mittelpunkt von unseren Eltern stehen wird mit Nathalie zusammen.“ „Stimmt…hatte ich verdrängt.“ „Verdrängt? Du weißt schon, dass du Marks Trauzeuge bist, oder?“ „Verflixt.“, entfuhr es Vaughn lauter als beabsichtigt, weswegen Chelsea vor Schreck zusammenfuhr.   „Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken.“ Langsam richtete sich die junge Frau auf und betrachtete still ihren Freund. Er sieht müde und abgekämpft aus, dachte sie. Als wäre er nicht richtig da. „Vaughn? Bedrückt dich noch etwas, außer die Ankunft meiner Eltern?“ „Wie?“, verwirrt, aber auch für einen kurzen Moment ertappt, sah er seine Freundin an. Dieser kurze Augenblick blieb Chelsea nicht verborgen. „Es ist nichts, Chelsea. Zumindest nichts worüber du dir Sorgen machen musst.“ „Vielleicht will ich mir aber Sorgen machen.“, erwiderte die Angesprochene und konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme einen leicht gereizten und gekränkten Ton annahm. „Chelsea, ich…“ Ein zweites Mal seufzte Vaughn an diesem Abend, dabei war dieser Abend eigentlich nicht zum Streiten gedacht. „Bitte, glaube mir. Es ist nichts weiter, außer…Wie soll ich das erklären?“ Nervös fuhr sich Vaughn mit beiden Händen über sein Gesicht. Einem plötzlichen aufkommenden Drang nach sich zu bewegen, stand er auf und ging in die Küche. Nach wenigen Sekunden kehrte er wieder ins Wohnzimmer zurück und trat ans Fenster. Die Sonne war inzwischen fast komplett untergegangen. Das tiefe rot-orange beleuchtete den gesamten wolkenlosen Himmel. Es war ein herrlicher Anblick. Der junge Mann bemerkte erst, dass Chelsea neben ihn getreten war, als er ihre Hand auf seiner linken spürte und sie sich wie gewohnt an ihn lehnte. Für einige Minuten standen sie so schweigend da und beobachteten, wie die Sonne vollständig vom Himmel verschwand. Das Zimmer wurde in Dunkelheit getaucht, da keiner von beiden den anderen loslassen wollte, sei es auch nur für wenige Augenblicke, um den Lichtschalter umzulegen.   „Ich bin mir momentan nicht so sicher, ob ich hierher gehöre.“, offenbarte Vaughn der jungen Frau neben sich, die langsam ihren Blick zu ihm hob. „Eigentlich war meine Aushilfe im Laden meiner Tante nur vorübergehend gedacht. Inzwischen ist fast ein ganzes Jahr vergangen…indem viel passiert ist. Unerwartetes. Verrücktes, aber auch Schönes. Das Schönste davon bist du.“ Nach diesen letzten Worten neigte er seinen Kopf ein wenig und hauchte Chelsea einen Kuss auf ihren Scheitel. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. „Ich bin durcheinander, Chelsea. Mit dem, was ich hier auf der Insel dauerhaft machen soll oder will oder…ob es nicht besser wäre wieder aufs Festl-….“ „NEIN!“, rief die Braunhaarige aus und umfasste Vaughns Hand mit einem so starken Griff, dass diese schmerzte. „Sag das nicht! Sprich es nicht laut aus, bitte!“ „Chelsea.“ Beruhigend küsste er sie und zog sie tröstend in seine Arme, damit Chelsea ihr aufkommendes Schluchzen an seiner Brust dämpfen konnte. „Wein doch nicht.“ „Ich weine nicht. Aber ich will nicht, dass du diesen Gedanken auch nur in Erwägung ziehst von mir zu gehen.“ „Ich würde dich niemals verlassen, Chelsea. Wir bleiben zusammen, komme, was da wolle.“, beteuerte er ihr und streichelte ihren Rücken. „Und warum redest du dann vom Weggehen?“ „Sollte ich jemals wieder von dieser Insel verschwinden, werde ich dich selbstverständlich mitnehmen. Hast du denn selber nie daran gedacht, anstatt hier, drüben auf dem Festland zu leben?“ „Nein. Als Mark und ich hierher kamen, war uns beiden auf der Stelle klar, dass das hier unser zu Hause ist. Daran wird sich nichts ändern.“ „Obwohl du und dein Bruder das Stadtleben kennt, zieht ihr dieses…Eiland vor?“ „Ja.“, beharrte Chelsea und musste grinsen. „Wenn ich dich so ansehe Vaughn, bist auch du richtig hier. Ist dir denn gar nicht aufgefallen, dass du eben das poetische Wort für Insel benutzt hast? Zumindest kannst du nicht leugnen, dass das Leben dir hier nicht gefällt. Du bist bloß zu stur und verbohrt, um zu erkennen, was du hier alles hast…und bekommen hast. Das du mich hast.“ Die letzten Worte hatte Chelsea bloß noch geflüstert. Langsam fuhr sie mit ihren Händen über seine Brust und reckte ihr Kinn, um seinen Hals zärtlich küssen zu können. „Wir haben hier doch alles. Mach dir nicht so viele Gedanken darüber, ob du hier richtig bist oder nicht. Denn du bist es, Vaughn. Absolut.“   Besitzergreifend schlang Chelsea ihre Arme um Vaughns Nacken und nahm ihn in einem wilden Kuss gefangen. Zunächst hielt sich Vaughn noch zurück, doch dann konnte er sich nicht mehr beherrschen und gab sich mit derselben Intensität ihren gemeinsamen Kuss hin. Wahrscheinlich hatte Chelsea Recht und Vaughn dachte zu viel nach. Nur in ihren Armen vergaß er all seine Zweifel und inneren Unruhen, denn sie holte ihn stets aufs Neue ins Hier und Jetzt zurück und zeigte ihm deutlich, was für ihn zählte und auch wichtig war. Sie war sein zu Hause. Wo auch immer Chelsea leben wollte, da würde auch er leben. Ohne Wenn und Aber.                                                                                   ~<>~   Im Haus des Bürgermeisters Taro saßen seine Tochter Felicitas und sein Enkel Elliot am späten Abend in der Küche und rührten beide gedankenverloren in ihren Teetassen rum. Bis auf das Klirren der Löffel, die gelegentlich an den Tassenrand stießen, war kein Geräusch im Haus zu vernehmen. Taro lag bereits im Bett und Nathalie hatte sich den gesamten Tag in ihrem Zimmer verkrochen, um ihrer Mutter und Bruder aus dem Weg zu gehen. Die besorgte Mutter hatte Chelseas Worte an jenem Abend, als ihr Sohn und seine Freundin heil und gesund von ihrer Reise zurückgekehrt waren, ernst genommen und am darauffolgenden Tag versucht mit ihrer Tochter ein einfühlsames Gespräch zu führen. Es war schwer gewesen ihrer Tochter auch nur einen einzigen sorgenvollen Gedanken zu entlocken, weil jeder wusste wie stur und hartnäckig Nathalie sein konnte, wenn sie partout nicht über ihre Gefühle reden wollte. Jedoch, irgendwann war ihre Abwehr überwunden worden und sie sprudelte wie ein Wasserfall all ihre Sorgen und Ängste gegenüber ihrer Mutter aus. Für die Mutter war es ein Schock gewesen, ihre geliebte Tochter so verzweifelt zu sehen, obwohl sie keine Sekunde daran gezweifelt hatte, dass Nathalies Gefühle für Mark echt waren und sie auch gewillt war ihn zu heiraten. Es stellte sich heraus, dass der Pinkhaarigen die bevorstehende Lebensveränderung ängstigte, beziehungsweise überforderte. Zwar wohnte Nathalie bereits seit mehreren Monaten quasi auf der Ranch und mit ihrem zukünftigen Ehemann und Schwägerin unter einem Dach, bisher hatte es die junge Frau auch nicht geängstigt, aber schon sehr bald sollte es offiziell und amtlich gemacht werden, dann würde es kein Zurück mehr geben. Natürlich wollte Nathalie auch diesen Schritt gehen, und sie würde es in einer Woche auch tun, dass einzige, was sie wollte, war ihre negativen Gefühle in dieser Angelegenheit über Bord zu werfen und jeden Morgen fröhlich beschwingt in den Tag stürmen. Bloß fühlte sie sich seit einiger Zeit so komisch. Nicht nur, dass sie hin und wieder Zweifel überrollten, zusätzlich fühlte sie sich oft unwohl und ihr war leicht schwindelig. Diese Symptome konnte sie sich bisher nicht erklären, weswegen ihre Panik vor der Hochzeit dummerweise wuchs.   Aber, seit heute Vormittag hatte Nathalie die Antwort auf all ihre Beschwerden. Ihre Mutter sah sich in ihrem Verdacht bestätigt, nachdem sie alles aus ihrer Tochter herausgekitzelt hatte. „Nun,“, durchbrach Elliot nach einer halben Ewigkeit die Stille. „ändern können wir es nicht mehr, und eigentlich ist es doch eine sehr freudige Nachricht.“ Der junge Mann hatte an diesem Abend von Nathalies Zustand erfahren. „Wie hat Mark es aufgenommen?“ „Mark weiß es noch gar nicht. Nachdem der Doktor wieder gegangen war, habe ich Nathalie angeboten, die komplette Woche bis zur Hochzeit hier bei uns zu wohnen, damit vor allem ich ihr besser helfen kann. Außerdem muss das Hochzeitskleid noch angepasst werden und andere Dinge stehen noch an, die organisiert werden müssen.“ „Aber Mark muss es doch erfahren.“ „Das wird er auch. Mach dir keine Sorgen, Elliot. Und ich stimme dir zu, es ist eine freudige Nachricht. Momentan sind wir alle nur überfordert, weil man mit sowas so plötzlich nicht gerechnet hat.“, lächelte die Mutter ihrem Sohn zu. „Meine kleine Schwester.“, seufzte Elliot, hatte aber ebenfalls ein Lächeln im Gesicht. „Schon verrückt, wie das Leben manchmal so spielt.“ Familienzuwachs --------------- Es kam einer Musterung wie bei einer Überprüfung der Eignung fürs Militär gleich. Nachdem die überschwänglichen Begrüßungen, Umarmungen und Küsse ausgetauscht worden, saß Vaughn Chelseas und Marks Eltern gegenüber. Aus irgendeinem Grund, den Vaughn noch nicht kannte, war Nathalie zu diesem Zeitpunkt nicht anwesend. Er hatte kurz zuvor lediglich erfahren können, dass sie erst am Nachmittag auf der Ranch auftauchen würde. Bis dahin wurde der junge Mann eingehend von ihren Schwiegereltern gemustert. So viel dazu, dass er nicht allzu sehr im Fokus der Aufmerksamkeit und Neugierde von Chelseas Eltern stehen würde. Denn die Person, die das hätte verhindern können, fehlte gegenwärtig und würde erst in ein paar Stunden erscheinen. Für Vaughn waren es eindeutig ein paar Stunden zu viel. Die Geschwister plauderten und lachten mit ihren Eltern, wohingegen die Mutter immer wieder verstohlene Blicke in Vaughns Richtung warf und der Vater eine eher feindliche Sitzhaltung ihm direkt gegenüber eingenommen hatte. Sein strenger Blick ruhte auf Vaughn, wie ein Falke der seine Beute ins Visier genommen hatte und nicht bereit war, diese ungeschoren davonkommen zu lassen. Der Farmer war eine ältere Version von seinem Sohn Mark. Friedrich war ein überaus großgewachsener Mann mit breiten Schultern und großen Händen, die Zeuge von harter und körperlicher Arbeit waren. Eine Narbe zierte seinen linken Handrücken, die er sich bei Reparaturarbeiten mit einem unbeholfenen Lehrling auf seiner eigenen Farm zugezogen hatte. Obwohl die Wunde mit sieben Stichen genäht werden musste, hatte der Farmer keine Scheu gehabt die Reparatur am nächsten Tag mit seinem Lehrling fortzusetzen. Erwähnenswert wäre die Tatsache, dass danach nie wieder Unfälle dieser Art passiert waren und der Lehrling inzwischen ein verantwortlicher Mitarbeiter seiner Farm geworden war, den Friedrich unter keinen Umständen missen wollte. Des Weiteren hatte Friedrich ein hartes wettergegerbtes Gesicht. Eine schiefe Nase, die er sich in jungen Jahren bei einer Prügelei gebrochen hatte. Allerdings war er zu stolz gewesen, um sich seine Nase danach von einem Arzt richten lassen. Seine schiefe Nase war ein sichtbarer Beweis für seine Liebe zu seiner Frau. Denn bei der besagten Prügelei hatte er seine Lebensgefährtin zum ersten Mal gegenüberstanden und aus den Klauen eines gierigen und selbstverliebten Hornochsen befreit, als dieser dabei gewesen war, seine Frau alleine in eine dunkle Gasse zu drängen. Dies war der Beginn einer wilden und aufregenden Liebesgeschichte des Farmers und seiner Frau gewesen. Friedrichs Haare waren im Gegensatz zu seinem Sohn braun, woher die genetische Veranlagung geklärt war, von wem Chelsea ihre Haarfarbe her hatte. Denn die Haare ihrer Mutter waren blond und ihre Augen blau, was Marks Haarfarbe und seine und Chelseas Augenfarbe erklärte. Obwohl diese fehlende Übereinstimmung zwischen Mark und seinem Vater nicht gegeben war, konnte man dennoch die unverwechselbare Ähnlichkeit erkennen. Vom Körperbau und ebenso ihrer Haltung und Mimik waren beide identisch. Die harte und physische Arbeit auf der Ranch würde bei Mark garantiert denselben muskulösen Körperbau hervorrufen, wie bei seinem Vater. Friedrichs Frau, Ellie, war eine wunderschöne Erscheinung. Wie es zu ihrer Generation noch vermehrt üblich war, trug diese ein knöchellanges hellgrünes Kleid. Ihre langen welligen Haare hatte sie mit einer einfachen Spange zusammengebunden und kleine silberfarbene Ohrringe zierten ihre Ohrläppchen. Ihre Lippen waren voll, die durch ihre kleine Stupsnase vorteilhaft betont wurden. Ihre blauen Augen waren klar und die Neugierde eines Schulmädchens spiegelte sich darin wieder. Die Blicke, die sie hin und wieder ihrem Mann zuwarf, sprachen die innige und stürmische Liebe aus, die sie schon in ihren Jugendjahren für jenen Mann empfunden hatte, der sie einst aus einer schwierigen Situation befreit hatte.   Aufgrund dieser Beobachtung fühlte sich Vaughn extrem unbehaglich, doch auch Chelsea war nicht ganz wohl in ihrer Haut, obgleich es aus anderen Gründen als bei ihrem Freund war. „Nun denn,“, eröffnete Friedrich unvermittelt das Gespräch, worauf Vaughn idiotischer Weise gehofft hatte, dass es nicht dazu kommen würde, und wurde mit einem Mal von zwei Augenpaaren offensichtlich taxiert. Das Gefühl einem Verhör ausgesetzt zu sein, überkam ihn und wollte sich auch nicht wieder einstellen. „Du bist also, Vaughn. Der Freund meiner Tochter.“ Es war eine Feststellung, die aufgrund der Tonlage des Sprechers nicht die ganze Wahrheit bedeuten musste. „Und du bist der Neffe von Mirabelle?“ Mit hochgezogenen Augenbrauen sah Friedrich den jungen Mann an, der nervös auf seinem Stuhl hoffte, das Haus im Anschluss an diese Befragung lebend verlassen zu können. „Ja.“, antwortete Vaughn. „Vater, was soll das?“, flüsterte Chelsea ihrem Vater zu, obwohl sie ihm schräg gegenüber saß. Außerdem befürchtete sie, dass Vaughn von Friedrich abgeschreckt werden könnte und jeden weiteren Kontakt ausschlagen würde. „Und vorher hast du in einem Tiertransportunternehmen auf dem Festland gearbeitet.“ Friedrich sprach weiter, als hätte er seine Tochter nicht gehört. Ellie bedeutete ihrer Tochter sich nicht weiter einzumischen, nachdem sie bemerkte, dass Chelsea versuchte einen zweiten Versuch zu starten um ihren Vater zum Schweigen zu bringen. Währenddessen saß Mark am Rand des Geschehens und beobachtete belustigt das Schauspiel. Im Gegensatz zu seiner Schwester hatte er nämlich verstanden, was das herrische Verhalten seines Vaters sollte. „Hast du vor auf der Sonnenschein-Insel zu bleiben, um eines Tages die Tierpension deiner Tante zu übernehmen?“ „Wie bitte?“, verdutzt starrte Vaughn den älteren Mann an. Für einen kurzen Augenblick erwog er tatsächlich die Möglichkeiten, was die Leitung der Tierpension für ihn bringen würde, vergaß diese jedoch genauso schnell wieder wie sie gekommen war. „Ein junger Mann wie du muss schließlich wissen, wohin seine berufliche Perspektive ihn bringen soll. Vor allem muss er sich im Klaren sein, was er beruflich tun und erreichen will.“ Was zum Teufel sollten diese Fragen und diese neunmalklugen Phrasen? Als Chelsea erneut eingreifen wollte, deutete ihre Mutter ein dermaßen lautes „Pst“ an, dass sich Vaughn unwillkürlich fragte, ob er in einer Komödie gelandet war? Diese Meinung wurde auch noch verstärkt, als Ellie hinter vorgehaltener Hand anfing zu kichern und Mark es kurz darauf gleichtat.  Chelsea wiederum starrte perplex von einem zum Anderen. „Ein junger kräftiger Mann wie du…“, fing Friedrichs aufs Neue an, doch auch er konnte sich nicht mehr beherrschen und brach in lautes donnerndes Lachen aus. Wie auf Kommando folgten ihm seine Frau und sein Sohn. Alle drei lachten aus vollem Hals, nur Chelsea und vor allen Vaughn, sahen verständnislos drein. „Ich habe doch nur Spaß gemacht, Junge.“, brüllte Friedrich, immer noch lachend und ließ seine flache Hand auf den Wohnzimmertisch krachen. „Als ich hörte, dass meine Tochter einen jungen Mann gefunden hat, habe ich mir gedacht, dass ich ihm erstmal auf den Zahn fühlen muss. Zumindest so tun, als ob. Aber jetzt lach doch mein Junge. Es war doch nur Spaß! Du bist natürlich herzlich in unserer Familie willkommen!“ „Wir waren so aufgeregt dich endlich in natura zu sehen,“, erläuterte Ellie und wischte sich ihre aufkommenden Lachtränen aus den Augen, „dass wir überlegt hatten wie wir dir am besten gegenüber treten sollten. Natürlich haben wir uns sehr für unsere Tochter gefreut und hoffen, dass du sie nicht verletzen wirst!“ Die letzten Worte sprach die freundlich wirkende Frau, die den Anschein machte, als ob sie keiner Fliege etwas zu Leide tun könnte, mit einer Entschlossenheit aus, die die unausgesprochene Warnung beinhaltete: Wehe wenn doch. „Jetzt lach doch, mein Junge.“, wiederholte Friedrich, der inzwischen aufgestanden war und Vaughn kameradschaftlich auf die Schulter klopfte. Dieser war jedoch zu überrumpelt und schockiert, als die deutliche Freude der anderen zu genießen, die es auf seine Kosten hatten. Noch dazu dieses „mein Junge“, als ob Vaughn noch ein Kind wäre oder dergleichen. Solche Vertrautheit nach der ersten Begegnung für jemanden zu empfinden war ihm sichtlich fremd, was aufgrund seiner unschönen Kindheitserinnerungen mit seinem leiblichen Vater zurückzuführen war. Sein einziger Trost war Chelsea, die eine Miene zog, als würde sie am liebsten jemanden erschlagen wollen. Vaughn konnte es jetzt noch nicht wissen, aber auch sie fühlte sich irgendwie gedemütigt. Abrupt stand sie auf, funkelte ihre Familie aus zornblitzenden Augen an, die daraufhin schlagartig verstummten und stapfte bebend vor Wut die Treppe hinauf in ihr Zimmer. Bis dahin hatte Vaughn diese dramatischen Abgänge nur von Nathalie gekannt. Zu überrascht blickte er für einige Sekunden in Richtung Treppe ehe auch er sich erhob und seiner Freundin hinterher eilte.   Verstummt und verwirrt blieben die restlichen Anwesenden zurück. „Ist wohl ziemlich zart besaitet der junge Mann.“, konstatierte Friedrich und kratzte sich nachdenklich am Kopf. „Du irrst dich, Vater.“, lachte Mark nach wie vor noch. „Vaughn kann einiges einstecken und auch austeilen. Er liebt und beschützt Chelsea aufrichtig.“ „Das wollen wir hoffen, mein Junge.“, brummte der Angesprochene und wechselte einen vielsagenden Blick mit seiner Frau. Kurz darauf erhob sie sich und eilte ihrer Tochter hinterher. „Und, mein Sohn? Schon aufgeregt? Wann kommt eigentlich deine zukünftige Braut?“ „Gegen 15 Uhr. Ihr ging es in den letzten Tagen nicht so gut. Nathalie klagte häufig über Schwindelanfälle, und weil es nur noch eine Woche bis zur Hochzeit ist, hielten wir es für das Beste, wenn sie so lange noch bei ihrer Mutter und ihrem Großvater wohnt. Um ehrlich zu sein, fühlte ich mich selber ein wenig überfordert mit Nathalies…Launen.“ Den Blick, den er seinem Vater bei dem letzten Wort zuwarf, sprach Bände. Friedrich nickte und rollte dabei mit seinen Augen, was so viel ausdrücken sollte: Frauen sind nun mal so. Besonders vor einer Hochzeit verlieren sie gerne ihre Nerven. „Mach dir darüber nicht so viele Gedanken, mein Sohn. Sobald die Trauung vollzogen ist, wird sie wieder normal sein.“ „Ich hoffe, du hast Recht.“, seufzte der junge Mann. „Vertrau mir. Mit deiner Mutter habe ich dasselbe durchgemacht. Ich kenne keinen Fall bei dem es anders verlaufen ist.“   In Chelseas Zimmer ging die junge Frau mit geballten Fäusten auf und ab. Ihr Freund beobachtete sie halb belustigt, aber auch halb beängstigt. „Chelsea, ist alles in Ordnung mit dir?“ „Nichts ist in Ordnung.“, stieß die Angesprochene wütend aus. „Wie kannst du nur so ruhig bleiben? Nachdem sie dieses Spielchen mit uns gespielt haben?“ „Äh, mit uns?“ Das war ein Fehler. Mit einem Schlag richtete sich Chelseas Wut gegen ihren Freund, der augenblicklich ein Kissen an den Kopf geworfen bekam. Zum Glück hatte sie etwas Weiches genommen und kein Buch oder Ähnliches. „Wie kannst du es wagen so etwas zu fragen?“ In diesem Moment flog die Zimmertür auf und Ellie betrat freudestrahlend den Raum. Aus Sorge auch von ihr etwas an den Kopf geworfen zu bekommen, nahm Vaughn von beiden Frauen gleichermaßen Abstand. „Nun beruhige dich doch, mein Kind.“ „Nenn mich nicht Kind, Mutter! Ich bin schon lange keins mehr. Was sollte das von dir und Vater gerade? Warum musstest ihr UNS demütigen?“ Bei der Verwendung des Possessivpronomens funkelte Chelsea ihren Freund giftig an. „Aber, Liebes, das hatte doch nichts mit demütigen zu tun. Wir wollten uns lediglich einen Spaß erlauben, um die Stimmung dadurch zu lockern.“, erklärte die sorglose Mutter und strich sich mit einer grenzenlosen Ruhe und Sorgfalt die Falten ihres Rockes glatt. „Verstehst du? Dein Vater und ich waren extrem aufgeregt, deinen Bruder und seine Verlobte und dich und deinen Freund kennen zu lernen. Euren Entwicklungen, die ihr beide fernab auf dieser Insel von uns macht, am Telefon zu lauschen oder in euren Briefen zu lesen, darüber haben wir uns stets aufs Neue gefreut und mächtig stolz gemacht. Natürlich wissen wir, dass ihr keine Kinder mehr seid, und ihr auf euren eigenen Beinen stehen könnt, allerdings hat gerade die Nachricht von der baldigen Vermählung uns vor Augen geführt, dass wir älter geworden sind und ihr schon sehr bald eure eigenen Familien gründen werdet. Wenigsten diesen kleinen Spaß musst du uns erlauben, Liebes. Wir wollten euch bestimmt nicht demütigen, das hatten wir gewiss nicht beabsichtigt.“ Bei den letzten Worten hatte ein trauriger Schimmer in Ellies Augen gelegen, wodurch Chelseas Wut sofort wieder verrauchte. „Ach, Mama.“ Ein breites Lächeln trat auf Ellies Gesicht, weil es schon Jahre zurücklag, als Chelsea zum letzten Mal ihre Mutter „Mama“ genannt hatte. Glücklich fielen sich Mutter und Tochter in die Arme. „Ich habe dich und Papa fruchtbar vermisst. Ihr müsst solange bleiben wie ihr könnt.“ „Das werden wir, meine Tochter. Immerhin haben wir noch einiges nachzuholen. Wie gemeinsam Backen und Kochen, Shoppen gehen, über unsere Männer herziehen.“ Beide Frauen fielen in ein freudiges Gelächter. Vaughn stand daneben und konnte nicht einmal ansatzweise begreifen, was gerade geschehen war. Er freute sich für Chelsea, dass sie ihre Mutter wieder bei sich hatte, aber seien wir mal ehrlich: Wer versteht schon die Frauen? Zweifel und Ängste ------------------ Die junge Verlobte sah sich nicht in der Lage an diesem Tag aufzustehen. Selbst bis zum frühen Nachmittag lag sie noch in ihrem Pyjama im Bett und versuchte eine Ordnung in das Chaos ihrer Emotionen zu schaffen. Allmählich glaubte sie jedoch nicht mehr daran, dass sie es jemals schaffen würde. Nachdem der Doktor Nathalie mitgeteilt hatte, dass sie schwanger war, war ihre erste Reaktion darauf gewesen, langsam und betäubt in ihr Bett zu kriechen. Zumindest fühlte sie sich wie betäubt, denn sie konnte nicht sagen, was sie genau fühlte. Hin und her gerissen von der Erkenntnis, dass in ihrem Bauch in den nächsten Monaten ein Baby heranwachsen würde, wusste sie nicht, ob sie sich darüber freuen oder in Panik ausbrechen sollte. Momentan war es eine Mischung aus beidem, wobei der Schock erstmal überwog. Zwar hatte die junge Frau endlich die Erklärung, warum sie vor einem Kleiderschrank grundlos in Tränen ausgebrochen war und noch wegen diverser anderer Kleinigkeiten, aber sie wäre nie darauf gekommen, dass eine Schwangerschaft die Ursache dafür sein könnte. Es erschien ihr alles so abwegig und irgendwie irrational. Richtig begreifen, konnte Nathalie es nicht. Überhaupt Mutter zu werden, hatte sie bisher noch nie in ihrem Leben in Betracht gezogen, schon gar nicht so früh, mit ihren gerade mal 18 Jahren.   Zweimal hatte ihre Mutter am frühen Morgen und im Laufe des Vormittags nach ihrer Tochter gesehen. Nathalie hatte sich geweigert zu frühstücken. Sogar das Mittagessen hatte sie abgelehnt und Felicitas hatte sich vorgenommen erstmal geduldig mit ihrem kleinen Mädchen umzugehen, die nämlich sehr gut nachvollziehen konnte, wie ihre Kleine sich momentan fühlen musste. Felicitas war nicht viel älter gewesen, als sie mit Elliot schwanger wurde. Doch damals war sie auch schon verheiratet gewesen, mit dem wunderbarsten Ehemann den es auf der Welt geben konnte. Es war für sie und ihren Mann die natürlichste Sache auf der Welt gewesen in dem Jahr nach ihrer Hochzeit ein Kind zu bekommen. Beide hatten sich sehr darauf gefreut. Ihre häusliche und finanzielle Situation haben es auch zugelassen ohne dass sie Einschränkungen zu erwarten hatten. Allerdings war es bei Nathalie ein wenig anders. Mit Mark war sie noch kein Jahr zusammen und ihre Hochzeit sollte erst nächste Woche stattfinden. Für die junge Frau waren es mit der Schwangerschaft, die aus heiterem Himmel aufgetaucht war, zwei sehr bedeutsame Lebensereignisse auf einmal. Felicitas konnte nachempfinden, dass es für ihre Tochter zu viel war und sie sich nicht besser helfen konnte, als in ihr Bett zu kriechen und alles andere um sich herum auszublenden. Eine unbeholfene kindische Reaktion, die eben auch zeigte, dass Nathalie nicht wusste, ob sie diese große Verantwortung, erstens eine gute Ehefrau zu werden und zweitens ein Kind zu erziehen, tragen konnte. Gegenwärtig sah sie sich außerstande, sich den herannahenden Veränderungen zu stellen, weswegen es die einzig naheliegende Lösung war, sich unter der Bettdecke zu verkriechen.   Wenn es nach Nathalie gegangen wäre, wäre sie die nächsten Wochen oder gar Monate nicht mehr unter ihrer Bettdecke hervorgekommen. Jedoch sah es ihre Mutter nicht so wie ihre Tochter. Felicitas hatte ihr Ruhe gegönnt, damit sie die überraschende Nachricht ein wenig verarbeiten konnte, aber dass sich ihre Tochter auf Dauer deswegen Verstecken wollte, dass kam für die fürsorgliche Mutter überhaupt nicht in Frage. Nachdem Felicitas an Nathalies Zimmertür geklopft hatte, trat sie kurz darauf ein und stellte fest, dass ihre Tochter sich keinen Millimeter gerührt hatte. Aufgrund dieses trotzigen und sturen Verhaltens, die so typisch für ihre Tochter war, wollte die Mutter schon genervt mit ihren Augen rollen, wie sie es immer tat, wenn Nathalie ihre Bockphase hatte. Aber in diesem Fall konnte Felicitas ihrer Tochter keinen wirklichen Vorwurf machen. Dafür waren die Umstände ihrer Tochter für sie nachvollziehbar. Trotzdem konnte sich die Mutter ein Lächeln nicht verkneifen, weil ihr dadurch bewusst wurde, dass Nathalie für immer ihr kleines Mädchen bleiben würde, egal wie viele Jahre noch vergehen würden. Entschlossen schritt Felicitas näher ans Bett heran und setzte sich auf die Matratze, um bald darauf über das weiche Haar ihrer Tochter streichen zu können. Einige Minuten vergingen, in denen Felicitas durch ihre Geste ihrer Tochter zu verstehen gab, dass alles gut werden würde und sie auf keinen Fall alleine war.   „Mein kleines Mädchen, es wird allmählich Zeit. Du kannst dich nicht ewig in deinem Bett verkriechen. Außerdem wartet Mark bestimmt schon auf dich. Du weißt doch, dass heute seine Eltern angereist sind.“ Mit behutsamer Stimme redete Felicitas auf ihre Tochter ein. Als sie Marks Eltern erwähnte, hatte Nathalie kurz geblinzelt, aber eine weitere Reaktion folgte nicht. „Nathalie, liebes, du wirst sehen, es wird alles gut werden. Erstmal wirst du nächste Woche einen lieben und wundervollen Mann heiraten, der dich über alles auf der Welt liebt und dich auf Händen tragen wird. Du wirst mit ihm ein glückliches und sehr schönes Leben führen, davon bin ich überzeugt. Zudem wirst du mit deiner zukünftigen Schwägerin unter einem Dach wohnen. Ich bin mir sicher, dass eure Frauenpower, dem guten Mark extrem viele Nerven kosten wird, aber er wird es über sich ergehen lassen, weil ihr die zwei wichtigsten Frauen in seinem Leben seid und er euch beide über die Maßen liebt. Du hast mir doch einmal erzählt, wie gerne du auf der Ranch bist und du dir vorstellen kannst, ein gemeinsames Leben mit Mark zu führen. Und Nathalie, zukünftig werdet ihr noch viele weitere Veränderungen erleben und gemeinsam daran wachsen und eure Liebe wird jeden Tag größer werden. Das ist normal und der Lauf der Dinge und…“ „Aber, ich bin jetzt schwanger.“ Es war das erste Mal, dass Nathalie diese Worte geäußert hatte. Davon erschrocken weiteten sich kurz ihre Augen und schüttelte danach heftig den Kopf. Doch für Felicitas war es ein gutes Zeichen, dass ihre Tochter im Begriff war diesen Gedanken anzunehmen und ihre Schwangerschaft damit zu akzeptieren. Zwar überforderte das Ganze die junge Frau, aber ihre Mutter sah, dass sie auf einem guten Weg war und letztendlich froh darüber sein würde, dass es so geschehen war. „Ja, mein Kind. Das stimmt. Und glaube mir, auch wenn du es dir jetzt noch nicht richtig vorstellen kannst, ein Kind zu bekommen, egal ob es das erste oder zweite Kind ist, ist die schönste und unglaublichste Erfahrung, die du in deinem Leben machen wirst. Es ist… wie ein Wunder. Ein wunder, dass dir zuteilwird und unbedingt genießen sollst. Natürlich wird es gute und schlechte Zeiten geben und von dir wird sehr viel abverlangt werden, aber jede Mühe wird sich bezahlt machen, sobald du dein Kind zum ersten Mal im Arm halten wirst. Dich und deinen Bruder zum ersten Mal gehalten zu haben, waren für mich die schönsten Momente und Augenblicke in meinem ganzen Leben gewesen. Zusammen mit deinem Vater haben wir unsere Wunder betrachtet und waren beide entschlossen euch zu lieben und zu beschützen, und das jeden Tag. So lange wir leben. Dass dein Vater uns so früh verlassen musste, war mit Sicherheit nicht fair gewesen. Dadurch wurde es für uns nicht gerade einfacher, aber ich kann mit Stolz sagen, dass ich unsagbar froh und glücklich bin, dass aus dir und Elliot zwei so wunderbare und pflichtbewusste Menschen geworden sind. Ein größeres Glück kann es für mich nicht geben und es bestätigt mir, dass ich meine Pflicht als Mutter einigermaßen erfüllt habe.“ „Nicht nur einigermaßen, “, Nach den letzten Worten ihrer Mutter rannen Nathalie die Tränen übers Gesicht. „ich finde, dass du es ganz toll gemacht hast. Als Ehefrau, Hausfrau und Mutter.“ „Mein kleines Mädchen.“, erwiderte Felicitas gerührt. Solche Worte wären bis vor kurzem niemals über die Lippen ihrer Tochter gekommen, weswegen Felicitas eine Träne nicht verkneifen konnte und ihre Tochter in eine innige Umarmung zog. „Ich habe wahnsinnige Angst, Mutter.“, schluchzte die junge Frau und verbarg ihr Gesicht hinter ihren Händen. „Ich weiß, meine Kleine. Aber du wirst nicht alleine sein. Mark wird dir beistehen. Gemeinsam werdet ihr das schon schaffen.“ „Aber…es ist zu früh. Ich weiß doch noch gar nicht, ob ich schon bereit bin Mutter zu werden. Ich habe nie gedacht, dass ich mal Mutter werde. Die Vorstellung ist…zu absurd. Diese Rolle passt nicht zu mir. Diese würde zu Julia und Chelsea, viel eher sogar noch zu Lana passen, als zu mir.“ „Du irrst dich, Nathalie. Auch du wirst eine wundervolle Mutter werden mit allem was damit einhergeht. Ich war stets überzeugt davon, dass auch du eines Tages Mutter werden wirst. Natürlich kann ich verstehen, dass das jetzt zu plötzlich und unerwartet kommt, schließlich lernen Mark und du euch noch kennen, aber ihr seid füreinander geschaffen, das hat mir jeder bestätigt mit dem ich mich über euch unterhalten habe. Sogar dein Großvater befürwortet eure Verbindung, und du weißt wie streng er sein kann, wenn ihm etwas nicht gefällt oder er jemanden nicht leiden kann.“ Ein flüchtiges Lächeln stahl sich auf Nathalies Lippen. „Opa kann eine gewaltige Nervensäge sein.“, stimmte die junge Frau ihrer Mutter zu. „Ja, aber auch er war trotz allem immer an meiner Seite gewesen. Besonders nachdem euer Vater gestorben war, hatte er mir jeden Tag zur Seite gestanden und mir geholfen euch großzuziehen. Dafür bin ich ihm unendlich dankbar. Das solltest du auch sein.“ „Und was ist, wenn auch ich…wenn auch ich m-mein Kind alleine erziehen muss?“ „Nathalie, nicht! Schon gut, nicht aufregen.“ Die verzweifelte Frau bebte in den Armen ihrer Mutter und eine Tränenflut rann über ihr Gesicht. „Nathalie, jetzt hör mir ganz genau zu. Solche negativen Gedanken solltest du dir niemals machen. Gewiss, niemand kann sagen, was morgen oder sogar in einer Stunde geschehen wird, doch du darfst niemals vergessen, egal wie schwer es sein wird: es gibt immer einen Weg und du wirst nie alleine sein. Glaub mir das, liebes. Du hast Familie und Freunde, die immer zu dir stehen werden. Das darfst du nie vergessen. Versprich mir das!“   Nathalie nickte, nachdem ihr Zittern aufgehört hatte. Im Grunde wusste die junge Frau, dass ihre Mutter Recht hatte, mit allem was sie sagte. Doch ihre Angst und Ungewissheit vor der Zukunft blieben dennoch und schnürten ihr beinahe die Kehle zu. Felicitas redete noch weiter auf ihre Tochter ein und sprach ihr Mut zu, so gut sie es konnte und hoffte, dass Nathalie in den nächsten Tagen wieder zur Ruhe kommen würde, um ihre baldige Hochzeit mit Mark richtig genießen zu können. Und was das wichtigste war, dass sie sich auf ihr ungeborenes Kind freuen konnte.                                                                                                 ~<>~   Auf dem Weg zur Starry-Sky-Ranch ließ sich Nathalie viel Zeit. Langsam und in ihren irreführenden Gedanken versunken setzte sie einen Fuß vor den anderen. Ihre Gedanken waren irreführend, denn inzwischen hielt sich die Pinkhaarige selber nicht mehr für normal, dass sich eine junge Frau wie sie, die kurz vor ihrer Hochzeit stand, Gedanken darüber machte, ob sie ihr ungeborenes Kind in ferner oder naher Zukunft - es war ganz gleich - alleine großziehen würde müssen. Allein. Dieses Wort verursachte ihre Angst, weil sie nur zu genau wusste, was es bedeutete allein zu sein. Im Gegensatz zu ihrem Bruder hatte Nathalie immer die Nähe zu ihrem Vater gesucht. Sie konnte mit ihm rumalbern, mit ihm Streiche spielen und er hatte ihr etliche aufregende Abenteuergeschichten erzählt, die Nathalie geradezu verschlungen hatte. Ihr Vater hatte sie nicht wie ein Mädchen behandelt und auf ein damenhafteres Benehmen gedrängt, wie ihre Mutter es früher getan hatte. Deswegen war Nathalie sehr oft neidisch auf ihren Bruder gewesen, weil er ein Junge war, und er ungefragt die Sachen tun konnte und durfte, die angeblich nichts für ein Mädchen waren. Sei es mit Holz hantieren oder mit Zahlen umgehen zu können. Zwar änderte sich alles, nachdem ihr Vater nicht mehr bei ihnen war, und Nathalies Mutter hinterher erleichtert war, dass sich ihre Tochter mit der Logistik des Transportwesens so gut aus kannte, was nebenbei bemerkt Elliot bis heute vor große Probleme stellte, aber mit dem Tod ihres Vaters hatte sie einen Verbündeten verloren. Seit dem fühlte sie sich allein. Es wurde mit der Zeit besser, besonders als sie Mark näher gekommen war. Bloß war es ihr Vater gewesen, der ihr alles beigebracht hatte, was sie heute wusste. Mit ihrer Mutter hatte sie es nie geschafft, dasselbe innige Verhältnis aufzubauen und es fiel ihr nach wie vor verdammt schwer, selbst wenn sie sie über alles liebte. Inzwischen vertraute sie ihrem Verlobten und war sich bis vor kurzem sicher gewesen, dass sie mit Mark eine noch viel tiefere Verbundenheit aufbauen konnte, aber kurz vor der Hochzeit schwanger zu werden, ließ viele ihrer früheren Zweifel wieder aufkommen, von denen sie geglaubt hatte, diese besiegt zu haben.   Ihre Mutter hatte ihr angeboten, sie zur Ranch zu begleiten, aber die junge Frau hatte darauf bestanden alleine zu Mark zu gehen und seine Eltern kennen zu lernen. Außerdem konnte sie auf dem Weg dahin ungestört ihren Gedanken nachhängen, was nicht unbedingt förderlich wegen ihrer Zweifel war. Dass sie sich überhaupt noch auf dem Weg gemacht hatte, ging auf die Hartnäckigkeit ihrer Mutter zurück, mit dem entscheidenden Argument, dass Mark sie irgendwann aufgesucht hätte und Nathalie wollte nicht, dass ihr Verlobter sie wie ein Häufchen Elend vorfand. Als sie am Tor der Ranch angelangte, kam wenige Sekunden später Mark auf sie zu gerannt. Denn er hatte am Fenster stehend nach ihr Ausschau gehalten und konnte es kaum noch erwarten seine Verlobte endlich wieder in die Arme schließen zu können und seinen Eltern den Menschen vorzustellen, den er über alles auf der Welt bedingungslos liebte. Eine gegenseitige Stütze ------------------------ „Nathalie! Endlich! Wir haben auf dich gewartet!“, lief Mark seiner Verlobten entgegen und zog sie bald darauf in seine Arme. „Endlich bist du wieder da! Geht´s dir gut? Die letzten zwei Tage habe ich mir Sorgen um dich gemacht.“ Eindringlich schaute Mark seine zukünftige Frau an. Diese hatte kurz gezögert, bevor sie die Umarmung ebenfalls erwiderte und war gleichzeitig überrascht, wie sehr ihr Mark gefehlt hatte. Nun betrachtete auch sie ihren zukünftigen Ehemann und es war ihr, als ob sie ihn zum ersten Mal richtig ansah. War seine Ausstrahlung schon immer so umwerfend gewesen? Und seine Hände…Wirkten die seit jeher so kräftig? „Liebling, ist alles in Ordnung?“ Inzwischen hatte Mark seine Stirn in Falten gelegt. Das eigenartige Verhalten seiner Verlobten ließ ihn nichts Gutes ahnen. „Stimmt etwas nicht mit meinen Händen?“ „Wie? Doch, deine Hände sind wunderbar.“, antwortete Nathalie zerstreut. „Du warst heute auf den Feldern, nicht wahr? Unter deinen Fingernägeln haftet noch etwas Erde.“ „Ja, das ist normal.“ Irritiert musterte der junge Mann sie mit zusammengekniffenen Augen. „Nathalie, muss ich mir Sorgen machen? Denn ich tu es allmählich. Ist irgendetwas vorgefallen von dem ich wissen müsste?“ „Mm, da gibt es schon etwas….“, erwiderte Nathalie zögernd. Erstmal vermied sie es ihm in die Augen zu sehen, weil sie nicht wusste, wie sie ihrem Verlobten offenbaren sollte, dass sie schwanger war und sie zur selben Zeit das Bedürfnis hatte, ihm in die Arme zu fallen, was sie auch zugleich tat. Schutz- und Haltsuchend schmiegte sie sich an seine Brust und war nicht überrascht, dass sich ihr Körper passend an seinen legte. Als wären sie wie füreinander gemacht worden. „Liebling, was hast du?“ „Du hast mir gefehlt.“ „Ja? Das ist gut so, weil du mir auch sehr, sehr, sehr gefehlt hast.“, grinste der blonde Mann frech. „Übertreib nicht immer so.“ „Im Gegenteil, ich untertreibe sogar. Liebling, weißt du eigentlich wie sehr ich dich lieb hab?“ „Vielleicht.“ „Vielleicht? Warum nur vielleicht? Jetzt wäre eigentlich die Stelle zu sagen, dass du es absolut weißt, weil du mich nämlich genauso sehr liebst, wenn es nicht sogar mehr ist.“ Ein Lächeln trat auf ihre Lippen. Mark wusste genau, wie er es anstellen musste, damit sie aufhörte zu stark zu grübeln, wenn ihr etwas auf der Seele lag. Es war ein Wunder, dass es auch in diesem Fall wirkte, dabei konnte er gar nicht wissen warum sie sich in seltsamer Verfassung befand. Oder etwa doch? Abrupt beendete Nathalie die Umarmung und stieß Mark einen Meter von sich. Aufgebracht fuhr sie ihn an: „Hast du mit meiner Mutter gesprochen?“ Perplex starrte der junge Mann seine Verlobte an. „Was? Wieso sollte ich?“ „Du hast also nicht mit ihr telefoniert bevor ich herkam?“ „Nein, ich…“ „Auch nicht mit meinem Bruder?“, hakte die Pinkhaarige nach. „Nein, Liebling. Willst du mir nicht langsam sagen, was überhaupt los ist?“ Erneut trat Mark auf seine Verlobte zu und überbrückte die minimale Distanz die zwischen ihnen lag. „Was bedrückt dich?“ „Woher…Woher weißt du, dass mich was bedrückt? Warum weißt du eigentlich immer, wenn mich was bedrückt?“ „Liebling, du zitterst ja.“ „Antworte mir!“, fuhr sie ihn an und entzog sich seinen Armen, die gerade dabei gewesen waren, sie an ihn zu ziehen. Mark seufzte. „Nathalie, wenn dich was bedrückt dann weichst du meinem Blick aus. Dann sehe ich dir an, dass du mir etwas sagen willst oder überlegst, ob du es mir sagen willst. Zumindest vermute ich das. Anders ist es, wenn du ärgerlich oder sauer bist, dann guckst du mich oft herausfordernd an, so wie jetzt.“ Ertappt wandte sich Nathalie von ihm ab. Es rührte und ängstigte sie, dass er sie haargenau durchschaut hatte und sie allem Anschein nach so gut kannte. Die junge Frau spürte Tränen aufsteigen. Verzweifelt bemühte sie sich, diese zurückzuhalten, doch es wollte ihr nicht gelingen. Da zogen sie zwei starke Arme erneut an die Brust ihres Verlobten, wodurch es Nathalie unmöglich war ihre Tränen noch länger zurück zu halten. „Oh, Mark! Mein Mark!“ „Es ist alles in Ordnung, Liebling. Jetzt erzähle mir doch, was mit dir los ist, okay?“ Ein heftiges Beben und Schluchzen entfuhren der junge Frau, aber sie war endlich bereit Mark alles zu erzählen.                                                                                   ~<>~   Im Haus der Ranch wunderten sich die Anwesenden schon eine ganze Weile, warum Mark mit seiner Verlobten nicht zurückkam. Während Vaughn hinters Haus verschwunden war, um mit Toto zu spielen – nicht um vor Chelseas Eltern zu fliehen – haben sich die anderen in die Küche zurückgezogen. Friedrich saß am Tisch und trank gemütlich eine Tasse schwarzen Kaffee nach der anderen, wohingegen seine Frau und Tochter dabei waren einen Kuchen für kommenden Nachmittag vorzubereiten. „Ich frage mich, wo Mark und Nathalie solange bleiben. So weit ist es zum Haupttor nun auch wieder nicht.“ „Chelsea, wo bewahrt ihr den Mixer auf?“ „Im unteren Schrank rechts neben dir.“, antwortete die Braunhaarige, die gerade das Mehl abwog. „Ah, da hab ich ihn. Mach dir wegen Mark und deiner Freundin keine Gedanken. Zwar brenne ich vor Ungeduld endlich meine zukünftige Schwiegertochter kennen zu lernen, aber wenn die zwei erstmal Zeit für sich alleine brauchen, gönnen wir die ihnen.“ „Keine Sorge, ich werde bestimmt nicht zu ihnen rennen und fragen, was solange dauert. Aber ein bisschen Sorgen mache ich mir schon. Nathalie war so eigenartig in den letzten Tagen gewesen. Ist das normal, dass man so kurz vor der eigenen Hochzeit Bammel kriegt?“ „Und ob! Bei mir war das genauso. Deinem guten Vater muss ich etliche Nerven gekostet haben.“ „Dem widerspreche ich nicht.“, ertönte Friedrichs Stimme hinter ihnen und tauschte einen zärtlichen Blick mit seiner Frau aus. Gerührt beobachtete Chelsea diese Szene und hoffte mit Vaughn genauso vertraut in späteren Jahren zu sein. „Auf jeden Fall“, nahm Ellie das Gespräch wieder auf, „war ich wegen jeder Kleinigkeit an die Decke gegangen. Es ging aber auch kurz vor unserer Trauung einiges schief. Mein Kleid musste tausendmal geändert und angepasst werden, der Florist wollte ein unverschämtes Vermögen an meinem Blumenstrauß verdienen und erhöhte seine Preise um dreißig Prozent, dann wurde ein Mitarbeiter von uns krank und wir hatten große Mühe jemanden zu finden, der unsere Farm an unserem Hochzeitstag versorgte. Aber am Schlimmsten wurde es, als der Pfarrer einen Unfall hatte und sich dabei das Bein brach. Das war vielleicht ein Akt einen Ersatz zu bekommen. Glaube mir, ich war am Verzweifeln und hätte am liebsten alles hingeschmissen, aber irgendwie klappte es dann doch und wir haben einen der schönsten Tage unseres Lebens erlebt.“ Bei den letzten Worten strahlte Ellie über das ganze Gesicht und hing verträumt ihren Erinnerungen an ihrem besonderen Tag nach. „Also, ist es normal, dass man vorher die Nerven verliert?“ „Ja, das kann passieren. Zumindest kenne ich kein Paar, das vorher keine kalten Füße kriegt, wobei ich auch der Ansicht bin, dass Frauen es intensiver erleben als ihre Männer. Die Frauen drehen durch und ihre Männer versuchen sie zu beruhigen. Das ist vollkommen normal. Auch Nathalie wird es ähnlich ergehen. Eine Hochzeit ist schon ein gewaltiger Schritt, mit dem man das Leben formal zu zweit beginnt. Du wirst es auch noch erleben, meine Tochter.“ Chelsea errötete. Natürlich hatte sie nach dieser Äußerung sofort an Vaughn gedacht. „Nun ja, erstmal heiraten Mark und Nathalie nächste Woche. Wollen wir hoffen, dass keiner von ihnen zu kalte Füße bekommt und noch davon läuft.“ „Ha ha! Bestimmt nicht, dafür freuen sich beide zu sehr auf den Tag. Sag mal, Chelsea, wo ist eigentlich Vaughn abgeblieben?“ „Stimmt, den jungen Mann habe ich länger nicht gesehen. Seine Abwesenheit spricht nicht gerade für ihn.“, äußerte sich Friedrich. „Das sollte dich eigentlich gar nicht wundern, Vater, so wie du Vaughn vorhin auf den Arm genommen hast.“, erwiderte Chelsea und warf ihrem Vater einen leicht strengen Blick zu. „Bitte, unterlasse das auch Zukunft. Ich möchte nicht, dass du … nun, verschrecke ihn bitte nicht zu sehr. Er bedeutet mir sehr viel.“ „Das weiß ich doch, mein kleines Mädchen.“, erhob sich ihr Vater vom Küchentisch und küsste seine Tochter liebevoll auf die Stirn. „Ich kann nur hoffen, dass er sich würdig erweist und dir nicht wehtun wird.“ „Mach dir darüber keine Sorgen.“ Entschlossen sah Chelsea ihre Eltern an. „Was Vaughn betrifft, bin ich mir vollkommen sicher, dass er der richtige für mich ist. Er würde mich niemals im Stich lassen.“                                                                                             ~<>~   Ohne Nathalies Vorschlag in Frage zu stellen, begleitete er seine Verlobte außerhalb der Ranch entlang, wodurch sie sich dem Anblick des Haupthauses entfernten. Des Weiteren bedrängte er sie nicht. Mark entschloss sich so lange zu warten bis Nathalie von sich aus bereit war, ihm mitzuteilen, was ihr auf der Seele lag. Zwar beschlich dem jungen Mann ein ungutes Gefühl, dass es mit deren gemeinsamen Hochzeit zu tun haben könnte, aber er wollte sein bevorstehendes Glück nichts aufs Spiel und seine Verlobte unnötig drängen, weil dadurch die Wahrscheinlichkeit höher lag, dass sie dann einen endgültigen Rückzieher machen würde. Also wartete er, bis seine Freundin das Wort an ihn richtete. Derweil war es für Nathalie ein Trost, dass ihr Verlobter sie nicht mit ungeduldigen Fragen bombardierte, was sonst eher seine Art gewesen war, wenn sie nicht auf der Stelle mit der Sprache herausgerückt war. Die Tatsache, dass das junge Paar Hand in Hand ging, tröstete sie umso mehr und irgendwann fand sie ihren Mut, um endlich mit der Sprache rauszurücken. „Mark, ich…Ist es dir schon mal passiert, dass etwas nicht nach Plan verlaufen war?“ „Meinst du wegen meiner Arbeit?“ „Ganz gleich. In erster Linie, ob es dir überhaupt schon mal passiert ist.“ „Mm, nun ja, manchmal brauchte ich mehrere Anläufe bis etwas funktioniert hat, zum Beispiel um das richtige Material für den Bau eines Zaunes zu finden. Unser erster Zaun war nicht stabil genug gewesen. Beim ersten Windstoß wurden die Pfeiler wieder aus der Erde gerissen. Mit dem zweiten Zaun war es nicht mehr passiert und dieser hält heute noch.“ „Das meinte ich nicht.“ „Was dann?“ „Ich bin mir nicht sicher, ob ich es richtig erklären kann.“ An dieser Stelle unterbrach sich Nathalie kurz, um einen kräftigen Atemzug zu machen. „Du hast eine bestimmte Vorstellung über dein Leben und willst alles erreichen und tun, was du dir vornimmst, aber manchmal da…da kommt etwas dazwischen, was du überhaupt nicht bedacht oder geplant hast…“ „Nathalie, geht es um unsere Hochzeit? Du willst doch meine Frau werden, oder etwa nicht mehr?“ „Wie? Natürlich will ich deine Frau werden, aber es hat etwas damit zu tun.“ „Brauchst du mehr Zeit? Geht es dir zu schnell? Wir können die Hochzeit gerne verschieben, wenn es dir lieber ist.“ „Ich weiß nicht, ob das besser wäre.“ „Moment mal!“ Abrupt hielt Mark im Gehen inne und baute sich vor seiner Verlobten auf. Ein zweites Mal an diesem Tag schaute er seiner Verlobten eindringlich in die Augen. „Nathalie, Liebling, worum geht es eigentlich?“ Sekunden, die Mark wie eine halbe Ewigkeit vorkamen, sahen sich beide tief in die Augen und versuchten den jeweilig anderen zu ergründen. Als Nathalie die Stille mit drei knappen Worten endlich durchbrach, war Mark derjenige, dem es die Sprache verschlagen hatte. Ich bin schwanger. Diese Worte standen in der Luft und ließen die Zeit für einen kurzen Moment still stehen. Ungläubig starrte er seine Verlobte an. Hatte er sie richtig verstanden? Oder wollte sie ihn auf den Arm nehmen? Mittlerweile hielt Nathalie Marks anhaltendes Schweigen nicht mehr aus. Sie hatte es geahnt. Er wollte kein Kind mit ihr. Wieder würde sie allein sein, bloß diesmal mit einem Kind. Ihre Augen füllten sich mir bitteren Tränen und die junge Frau spürte erneut Verzweiflung in sich aufsteigen. „Ist das wahr?“, richtete Mark das Wort an seine Verlobte, die lediglich ein schluchzendes Nicken zustande brachte. „Wie lange schon?“ „Schnief…s-seit ungefähr d-drei Wochen.“ „Komm her.“ Überwältigt von seinen Gefühlen hob Mark Nathalie in seine Arme und wirbelte sie ein paar Mal im Kreis herum. Diese wusste gar nicht wie ihr geschah und war einfach zu verwundert, um weiter ihren trübsinnigen Gedanken nachzuhängen. „Nathalie, nicht weinen. Das ist eine gute Nachricht.“, setzte Mark seine Verlobte wieder ab und wischte ihr die Tränen vom Gesicht. „Wir bekommen ein Kind! Zwar um einiges früher als ich angenommen hatte, aber Hauptsache wir gründen eine Familie.“ „Du willst es?“ „Aber natürlich! Absolut! Hundertprozentig! Es ist…perfekt! Hattest du Angst, dass ich dich verlassen würde?“ Auch in diesem Fall brachte Nathalie als Antwort nur ein Nicken zustande. Die ganze Situation überforderte die junge Frau ungemein. „Liebling, ich dachte, dass hätten wir bereits hinter uns gelassen mit dem was wir schon alles erlebt haben im letzten Jahr.“ „Aber…ein Kind zu bekommen, ist etwas ganz anderes. Immerhin sind wir noch nicht miteinander verheiratet und so lange zusammen sind wir auch noch nicht. Und außerdem weiß ich nicht….weiß ich nicht, ob ich eine gute Mutter sein kann.“ „Aber ich weiß es.“, entgegnete Mark und streichelte liebevoll seiner Verlobten über die Wange. „Glaube mir. Ich sehe so viel in dir, wenn ich dich ansehe und eines der Dinge ist dies, dass du auf jeden Fall eine gute Mutter sein wirst. Solange wir zusammen bleiben, werden wir auch alles gemeinsam schaffen und hinkriegen. Bestimmt werden wir gute Eltern sein. Nein, die besten Eltern, die es jemals auf dieser Insel gegeben hat!“, rief Mark enthusiastisch aus und beugte sich zu den Lippen seiner Verlobten hinunter. „Ich liebe dich, Nathalie. Mit dir will ich den Rest meines Lebens verbringen und noch viele weitere Kinder kriegen.“ „Ach ja? Eine große Familie?“ „Ja.“ „Du musst mir aber eines versprechen?“ „Alles, was du willst.“ „Egal wie viele Kinder wir haben werden, an erster Stelle komme ich.“ Ein glückliches Lachen drang aus Marks Kehle. „Versprochen. Du bleibst meine Nummer 1.“ „Das will ich hoffen. Und du darfst mich nie, niemals alleine lassen, hörst du?“ „Wir werden beide nie wieder alleine sein. Versprochen.“ Mit diesen Worten war auch Nathalie endgültig zufrieden. Es wäre wohl zu viel verlangt gewesen, wenn sie keine Angst mehr vor der Zukunft gehabt hätte, aber sie glaubte Mark und musste auf ihr gemeinsames Leben mit ihm vertrauen, welches hoffentlich viele, viele Jahre andauern wird. Ein Schock für Chelsea ---------------------- Auf sämtlichen Gesichtern zeichnete sich Überraschung und Verblüffung ab, was mit Sprachlosigkeit einherging. Nachdem jedoch die größte Verwirrung verflogen war, wurde die Nachricht, dass Nathalie schwanger war von allen freudestrahlend aufgenommen. Dadurch bekam das junge Paar nicht nur Glückwünsche zur bevorstehenden Hochzeit, sondern zusätzlich zum ungeborenen Kind. Ellie fiel ihrer zukünftigen Schwiegertochter mit Tränen in den Augen um den Hals und küsste ihren Sohn auf beide Wangen, während von Friedrich ein kräftiger Händedruck folgte. Natürlich wollten Marks Eltern erstmal seine zukünftige Frau kennen lernen, wodurch deren Hauptinteresse endlich Nathalie galt und Vaughn entspannter das Beisammensein mit Chelseas Eltern genießen konnte. Außerdem war der Tag schon weit fortgeschritten, weswegen sich der junge Mann bald verabschiedete und er ein wenig geknickt war, dass Chelseas Abschiedskuss recht kurz ausfiel. Unter anderen Umständen hätte Chelsea ihrem Freund mehr Aufmerksamkeit zukommen lassen, aber nun standen ihr Bruder und ihre Freundin im Zentrum des Geschehens, nicht nur wegen deren Hochzeit, sondern jetzt auch wegen der überraschenden Schwangerschaft. Die Braunhaarige freute sich ungemein darauf in acht Monaten Tante zu werden, dass sie völlig aus dem Häuschen war und ihren Freund dadurch vergaß. Es wurde ein langer Abend, an dem viel erzählt und gelacht wurde. Zur Feier des Tages wurde noch eine Flasche Sekt aufgemacht, wobei Ellie konsequent darauf achtete, dass Nathalie keinen weiteren Tropfen Alkohol mehr zu sich nahm, außer ein Glas Sekt. Diese wiederum schämte sich dermaßen im Mittelpunkt zu stehen, dass sie irgendwann darauf bestand endlich ins Bett gehen zu können, da der Tag schon aufregend genug für sie war. Niemand erhob Einwände und die Feier fand zeitig ein Ende.   Während Chelsea einen gemütlichen und fröhlichen Abend erlebte, lag Vaughn noch lange wach in seinem Bett und dachte über den vergangenen Tag nach. Alles in allem war das Zusammentreffen mit Chelseas Eltern einigermaßen gut gelaufen, dennoch hegte er nicht den Wunsch in der kommenden Woche häufiger mit ihnen zu tun zu haben. Zwar konnte er nicht sagen, dass er Friedrich und Ellie nicht leiden könne, aber sie gleich nach einem Treffen ins Herz zu schließen war ebenso abwegig. Noch dazu, dass er Trauzeuge war und einen Junggesellenabschied organisieren musste, zu allem Überfluss würde sein Kumpel in den kommenden Monaten Vater werden… Vielleicht wäre es das Klügste mit Mark zu besprechen, ob ein Junggesellenabschied überhaupt noch stattfinden sollte oder ob sich das aufgrund der jüngsten Ereignisse erledigt hätte. Zudem hatte Vaughn keine Ahnung, wie man einen Junggesellenabschied vorbereiten sollte…. Und dann war da noch die Sache mit dem Jobangebot vom Festland. Obwohl Vaughn in den letzten Wochen kaum Zeit gehabt hatte richtig darüber nachzudenken, konnte er dieses Angebot dennoch nicht vergessen. Vieles sprach dafür den Job anzunehmen und wieder aufs Festland zu ziehen. Wenn es nach ihm ginge, war er eindeutig schon zu lange auf der Insel, was nicht geplant gewesen war. Allmählich wurde es Zeit neue Wege zu gehen. Er würde nur noch die Hochzeit abwarten und mit Chelsea klären, dass sie ihn aufs Festland begleitete…                                                                                    ~<>~   „Wow! Das ist der Wahnsinn!“, murmelte Julia seit gut zehn Minuten, nachdem Nathalie ihr am Telefon offenbart hatte, dass sie ein Kind erwartete. Währenddessen war Elliot zu Besuch und bereitete gerade den Tee vor. „Das ist wirklich der Wahnsinn.“ „Glaube mir, meine Mutter und ich waren genauso geschockt wie du gerade.“, lachte Elliot und stellte die Plätzchendose auf dem Tisch. „Ich hätte nie gedacht, dass die beiden so schnell ein Kind kriegen werden, immerhin sind sie noch nicht vermählt.“ „Ja. Unsere Mütter hocken seit zwei Tagen ununterbrochen zusammen und tauschen ihre Schwangerschaftserlebnisse aus. Meine Schwester sitzt oft dabei und lässt sich entweder aufmuntern, wenn sie wieder den Tränen nahe ist oder total einschüchtern, wenn es ihr mit einem Mal wieder zu viel wird.“ „Nathalie tut mir Leid, so im Mittelpunkt zu stehen, hat ihr noch nie gefallen und gleichzeitig freue ich mich für sie. Sie ist die erste von uns, die bald heiratet…und zusätzlich ein Kind kriegt.“ In diesem Moment öffnete sich die Wohnzimmertür und Vaughn betrat den Raum. Als er Julia und Elliot erblickte, entschuldigte er sich rasch und schloss hinter sich die Tür. „Was ist denn mit Vaughn los?“, fragte Elliot. „Keine Ahnung. Seit einigen Tagen benimmt er sich so seltsam. Was heißt seltsam, im Grunde genommen, verhält er sich wieder genauso, als er vor einem Jahr zu uns gekommen war.“ „Weiß deine Mutter wieso er sich so benimmt?“ „Nein. Ich hatte schon überlegt mit Chelsea zu telefonieren, andererseits gehe ich davon aus, dass es sich wieder legen wird. Wir sind alle momentan in Aufruhr wegen der Hochzeit am Freitag. Vielleicht hat Vaughn so ´ne Art Lampenfieber. Immerhin ist er Marks Trauzeuge.“, überlegte Julia und nahm sich einen Keks aus der Dose. In der Zwischenzeit hatte das Teewasser angefangen zu kochen und Elliot servierte – ohne zu stolpern – zwei dampfende Tassen fruchtigen Tee. „Möglich wäre es. Erst durch Chelsea kam Vaughn  in häufigeren Kontakt mit uns. Wohlmöglich fühlt er sich der Aufgabe nicht gewachsen.“ „Gibt es denn einen Junggesellenabschied Feier für Mark?“ „Wir treffen uns alle einen Abend vor der Trauung am Strand und machen ein Lagerfeuer. Denny und Pierre sorgen für Essen und Getränke und wir trinken darauf an, dass Mark Vater wird. Komischerweise kam die Idee von ihm selber, anstatt von seinem Trauzeugen.“, schmunzelte Elliot und grinste seine Freundin an. „Hätte mich auch gewundert, wenn Vaughn einen richtigen Junggesellenabschied organisiert hätte. Der Partytyp ist er nun auch wieder nicht.“ „Und was macht ihr Frauen?“ „Nun, da Nathalie uns alle überrascht hat, hat Chelsea die eigentliche Planung verworfen und wir machen bei ihr zu Hause eine Pyjamaparty bzw. Babyparty. Außerdem hielt Chelsea es für das Beste, wenn es eine ruhige Feier wird, um Nathalie nicht noch mehr in Aufregung zu versetzen.“ „Vermutlich ist es so das Beste, was ihr machen könnt. Meine Schwester verliert sonst wirklich die Nerven. Aber mal so aus Neugier, was war denn eure ursprüngliche Planung?“ „Das geht dich nichts an, Elliot.“, erwiderte Julia augenzwinkernd. „Wenn sich Nathalies Umstand nicht geändert hätte, wüssten wir gegenseitig auch nicht, wie und wo wir jeweils feiern werden.“ „Ach, komm schon. Ich erzähle es auch nicht weiter.“ Elliot versuchte noch eine halbe Stunde seine Freundin zu bedrängen, doch sie verlor kein einziges Wort über die ursprüngliche Planung und genoss in vollen Zügen ihren warmen Tee, während ihr Freund ungeduldig auf dem Sessel hin und her rutschte.                                                                                       ~<>~   Am Abend desselben Tages sattelte Chelsea ihr Pferd, um mit Vaughn einen kleinen Ausritt zum Strand zu machen. Danach wollte sie bei ihm übernachten, da dies die letzte Möglichkeit vor der Hochzeit sein wird, ehe sie erneut ungestört zusammen sein konnten. Die letzten Vorbereitungen waren bereits im Gange und es überraschte Chelsea, an wie viele Dinge gleichzeitig gedacht werden musste, damit es für Nathalie und Mark ein unvergesslicher Tag sein würde. Zum Glück übernahmen Felicitas und Ellie den Großteil der Planung und koordinierten den Zeitplan für das bevorstehende Ereignis.   Nachdem Chelsea und Vaughn ausgeritten waren, brachten sie ihre Pferde hinter Mirabelles Haus in den Stall und gingen gemeinsam in Vaughns Wohnung hinauf. „Möchtest du noch einen Tee bevor wir es uns im Bett gemütlich machen?“ „Lieber ´ne heiße Schokolade.“, antwortete Chelsea und tat so als hätte sie die Anspielung ihres Freundes nicht verstanden. „In Ordnung.“ Während Vaughn in die Küche verschwand, machte es sich Chelsea auf dem Sofa bequem. Auf dem Wohnzimmertisch lagen sämtliche Unterlagen verstreut, die die Braunhaarige nirgendswo zuordnen konnte. Neugierig geworden, nahm sie den ersten Zettel und las diesen durch. Allerdings taten sich danach neue Fragen auf, weswegen sie den kompletten Stapel durchforstete und schließlich auf den Brief von Billy stieß. Von dem Inhalt war sie so geschockt, dass sie gar nicht mitbekam, dass Vaughn langsam ins Wohnzimmer trat und die Tassen auf den Tisch abstellte. Natürlich hatte der junge Mann gesehen, welchen Brief seine Freundin in den Händen hielt und verfluchte sich im Stillen, nicht daran gedacht zu haben seine Unterlagen vom Tisch zu entfernen. „Chelsea…“ „Was hat dieser Brief zu bedeuten?“, unterbrach die Braunhaarige mit monotoner Stimme. „Lass es  mich dir erklären.“ „Datiert ist der Brief von vor vier Wochen.“, stellte Chelsea fest und blickte ihren Freund geradeheraus an. „Wann wolltest du mir erzählen, dass du ein Jobangebot vom Festland hast?“ „Schon eine ganze Weile. Ich…ich wusste nur nicht wie.“ „Wie wäre es damit: Chelsea, ich habe ein Jobangebot vom Festland.“ „Bitte, Chelsea, lass uns vernünftig darüber reden.“ „Vernünftig?“, rief Chelsea schrill und stand abrupt auf, um im Wohnzimmer auf und ab zu gehen. „Du willst mit mir vernünftig reden, nachdem du dich hinter meinem Rücken nach einer neuer  Arbeit umgesehen hast, die drüben auf dem Festland sein wird?“ „So war das nicht. Bitte, hör mir zu. Ich will es dir ja erklären.“ „Da bin ich ja mal gespannt, wie du mir erklären willst, dass du mich verlassen wirst.“, erwiderte Chelsea zornig und konnte nicht verhindern, dass sich ihre Stimme überschlug. „Ich will dich nicht verlassen. Ich wollte dir vorschlagen, dass du mich begleitest und…“ „Waas???“ „Chelsea! Ich versuche dir etwas zu erklären. Würdest du aufhören mich anzuschreien?“ Das war ein Fehler. Vaughn bereute es zugleich, diese unbedachten Worte ausgesprochen zu haben und versuchte seine Freundin am Gehen zu hindern, indem er sie an beiden Armen packte. „Chelsea, bitte! Geh nicht. Es tut mir Leid! Bitte, lass es mich dir erklären.“ „Da gibt es nichts mehr zu erklären.“, antwortete Chelsea und versuchte sich aus Vaughns Griff tu befreien. „Lass mich los!“ „Aber vorher möchte ich dir noch erzählen, was es mit dem Brief auf sich hat.“ „Nein! Ich habe bereits alles verstanden. Du willst wieder drüben auf dem Festland leben, weil du von Anfang an schon nicht hierher gehören wolltest. Nur deiner Tante zuliebe, bist du vorübergehend hier geblieben und hast ihr in ihrem Laden ausgeholfen. Die Leute, die hier auf der Insel leben, gehen dir doch in Wahrheit voll auf die Nerven und du sehnst dich nach deinem Einsiedlerdasein zurück. Und ich?... Ich war so dumm und wollte dir behilflich sein, damit du dich nicht mehr so einsam fühlen musst und was hast du zum Dank getan? Du hast mit mir gespielt, mit mir und meinen Gefühlen für dich hast du nur gespielt. Und ich war so naiv und habe mich von dir ausnutzen lassen.“ Tränen der Wut und Enttäuschung verschleierten ihren Blick. Vaughn konnte nur tatenlos zusehen, wie seine Freundin vor ihm zusammenbrach. „Hat es dir wenigstens Spaß gemacht mich auszunutzen? Mich so zu hintergehen und zu beteuern, dass du mich nie verlässt… Ich…Geh nur und kehre wieder zurück aufs Festland. Du hast nie hierher gehört. Zu uns und…am wenigsten zu mir… Lass mich los, Vaughn!“ Bald darauf ließ Vaughn sie los. Kaum war Chelsea aus seinem Griff befreit, schnappte sie sich ihre Schuhe und verließ eiligst die Wohnung. Entsetzt von der Szene, die sich soeben vor seinen Augen abgespielt hatte, wurde Vaughn das Gefühl nicht los einen weiteren fatalen Fehler begangen zu haben. Ohne dich --------- Es regnete mal wieder. Dankbar nahmen die Blumen und Pflanzen das kühle Nass auf und speicherten den Regen für das bevorstehende warme Frühlingswetter. Bisher hatte der Wetterbericht seine Weissagungen fast schon peinlich genau eingehalten, was den kommenden Ereignissen nur zugutekam. Die letzten Hochzeitsvorbereitungen liefen auf Hochtouren. Felicitas und Ellie, gelegentlich auch Mirabelle, verliehen ihrer sorgfältigen Planung den letzten Feinschliff und sorgten dafür, dass die Männer in ihrem Umfeld Aufträge oder Besorgungen erledigten, wodurch sie nur den Kopf schütteln konnten und ständig Ausschau nach einer Fluchtmöglichkeit hielten. Sogar Taro verkniff sich jeden Kommentar, um keinen Streit mit seiner Tochter anzufangen. Denn immerhin konnte er sich noch sehr genau an seine eigene Hochzeit erinnern und die Planung die seine Frau damals gehabt hatte. Bis heute war es für ihn ein Wunder, dass er es lebend und vor allem glücklich zum Altar geschafft hatte. Nichtsdestotrotz waren alle Beteiligten in regem Aufruhr und heller Begeisterung wegen Nathalies und Marks baldiger Vermählung. Das Brautpaar selber versuchte so gut es ging, nicht sämtliche Nerven zu verlieren und baute sich gegenseitig immer wieder auf. Jede ruhige Minute verbrachte das Paar zusammen und vergewisserte sich ihrer beidseitigen Liebe. Ein letztes Drama stelle Nathalies Hochzeitskleid dar. Aufgrund der Schwangerschaft musste ihr Kleid ein letztes Mal umgenäht werden, was ihr den schlimmsten Heulkrampf verursachte, den sie je gehabt hatte. Es dauerte beinahe einen ganzen Tag ehe ihre Freunde und Familie es geschafft hatten, die Braut wieder zu beruhigen und ihr versicherten, dass sie die schönste Braut sein würde, die jemals auf dieser Insel getraut worden war. Nachdem das Gespräch mit dem Pfarrer geführt wurde und die Trauungszeremonie bis ins kleinste Detail durchgegangen war, konnte auch Felicitas sich endlich zufrieden in ihren Sessel zurück lehnen und ihre Füße hochlegen. Damit standen die jeweiligen Junggesellenabschiede bevor, auf die sich ein junges Paar nicht so recht freuen konnte.   Nachdem Chelsea und Vaughn vor ein paar Tagen im Streit auseinandergegangen waren, hatte keiner von beiden den jeweils anderen aufgesucht, um die Sache zu bereinigen. Chelsea war massiv enttäuscht und flüchtete sich in jede Arbeit, die sie zwischen die Finger bekam. Tagsüber schaffte sie es noch sich zusammen zu reißen, aber abends schloss sie sich in ihr Zimmer ein und heulte sich in den Schlaf. So sehr sie es sich auch wünschte, von Vaughn kam kein Anruf oder stand unerwartet vor der Tür. Nichts dergleichen geschah und Chelsea war zu gekränkt, um den ersten Schritt auf Vaughn zu zugehen. Sowohl ihre Eltern als auch Mark und Nathalie haben versucht mit ihr zu reden, da ihnen selbstverständlich nicht verborgen blieb, dass zwischen ihr und Vaughn etwas vorgefallen sein musste. Den Beweis lieferte Vaughn indem er sich kein einziges Mal mehr auf der Ranch blicken ließ und Chelsea es konsequent vermied seinen Namen überhaupt nur zu erwähnen. Dieses sture Verhalten trübte die freudige Stimmung für kommenden Samstag an dem die Trauung stattfinden sollte. Eine Stunde vor der Pyjamaparty bzw. Nathalies Junggesellinnenabschied wagte eine besorgte Mutter den Versuch ihre deprimierende Tochter zu einem Gespräch unter vier Augen zu entführen. Es war nicht weiter schwierig, da sich Chelsea in den vergangenen Tagen vermehrt im Stall bei ihrem Hengst aufgehalten hatte, als anderswo. „Hier bist du also.“ Lächelnd betrat Ellie den Pferdestall und stellte sich neben ihre Tochter, die soeben dabei war ihr Pferd kräftig zu bürsten. Dieser schnaubte gelegentlich, um zu signalisieren, dass es ihm sehr gefiel. „Ihr zwei seid nach wie vor ein tolles Team. Das beruhigt mich.“, begann Ellie eine zwanglose Plauderei und meinte damit die enge Bindung zwischen Chelsea und ihrem Pferd. „Freust du dich auf die Hochzeit morgen? Immerhin heiraten dein Bruder und eine deiner besten Freundinnen, so etwas erlebt man nicht alle Tage.“ „Natürlich freue ich mich.“, antwortete die Braunhaarige knapp, wobei sie es vermied ihrer Mutter in die Augen zu schauen, denn dann hätte sie gesehen, was Chelsea bedrückte. Doch dafür hatte sie gegenwärtig keine Zeit. Erstmal waren Nathalie und Mark wichtiger. Immerhin hatte sich Chelsea schon so lange auf diesen Tag gefreut und verfluchte Vaughn im Stillen, dass er sie hinter ihrem Rücken hintergangen hatte. Der Hass auf ihn half ihr nicht vollends zusammen zu brechen, aber zufriedener machte es sie trotzdem nicht. „Ich habe Vaughn seit drei Tagen nicht mehr gesehen.“, plauderte Ellie scheinbar arglos weiter. Allerdings entging ihr nicht, dass Chelsea beim Bürsten kurz innehielt. „Geht es ihm gut?“ „Denke schon.“ „Du denkst es? Habt ihr euch etwa nicht mehr gesprochen, nachdem du bei ihm gewesen bist?“ „Nicht…wirklich.“ „Chelsea, was ist los? Habt ihr euch gestritten?“ „Könnte man so sagen.“ „Möchtest du mit deiner Mutter nicht darüber reden? Ich werde dich nicht bedrängen, wenn du partout nicht darüber reden willst, aber ich kann dir versichern, dass sich dein Vater und Mark und auch Nathalie inzwischen große Sorgen um dich machen. Es bleibt uns nicht verborgen, dass dich etwas schwer belastet. Außerdem habe ich große Mühe damit, deinen Vater zurückzuhalten, weil er bereits vor zwei Tagen einen, wie hat er es genannt, einen Überraschungsbesuch bei deinem Freund abhalten wollte.“ „Es geht mir gut.“ Die Sorge ihres Vaters beschämte die junge Frau ein wenig, weil sie nicht daran gedacht hatte, was ihr konsequentes Schweigen für Folgen haben könnte. Und dass sich ihre Freunde und Familie Sorgen machen würden, war im Grunde genommen abzusehen. Chelsea versuchte ein tapferes Lächeln, von dem sie hoffte, dass es ihre Mutter überzeugte und sie nicht weiter in sie eindrang. Hätte sie dabei in einem Spiegel gesehen, wäre ihr aufgefallen, dass das Lächeln nicht ihre Augen erreichte und einer Mutter entging eben nichts. „Ihr müsst euch keine Sorgen um mich machen. Am Wichtigsten ist Nathalies und Marks Hochzeit und der Junggesellinnenabschied der gleich beginnt. Darauf sollten wir uns konzentrieren. Ich bin mir sicher, dass die Mädchen jeden Moment eintreffen werden. Lass uns lieber wieder ins Haus gehen und gucken, ob alles vorbereitet ist.“ Momentan war einfach nicht der richtige Zeitpunkt, um über ihren Liebeskummer zu reden, weswegen die Braunhaarige versuchte, das Thema weiterhin zu umgehen. Allerdings bekam ihre aufrechte Fassade die ersten Risse. Wenn ihre Mutter weiter hartnäckig in sie eindrang, würde sie die Mauer nicht mehr lange aufrecht halten können. „Es ist alles vorbereitet. Nathalie und ich haben bereits alles erledigt. Felicitas ist ebenfalls schon da. Von daher können wir die Vorbereitungen des Abends getrost ihnen überlassen und uns darüber unterhalten, was zwischen dir und Vaughn vorgefallen ist.“ „Mama, ich…“ Erschöpft sank Chelsea auf einen Heuballen. Die Mauer war damit gefallen. „Zwischen Vaughn und mir ist…Ich gebe zu, dass wir uns gestritten haben und…Ich befürchte, dass es mit uns vorbei ist.“ Sofort drohten Tränen ihre Augen zu überfluten, die sie hinter ihren Händen zu verbergen suchte. „Mein kleines Mädchen.“ Besorgt ging Ellie vor ihrer Tochter in die Knie und streichelte behutsam ihr Haar. „Willst du mir erzählen, was zwischen euch vorgefallen ist?“ „Ich…i-ich habe einen Brief auf seinem T-tisch gefunden. I-ich habe ihn gelesen und…ach Mama! Ich bin so verzweifelt. Er h-hat ein Jobangebot …vom…Festland b-b-bekommen.“ „Versuch dich zu beruhigen, mein Kind. Was für ein Angebot ist das genau?“ „Bin mir nicht ganz sicher.“, schluchzte die Braunhaarige und versuchte ihrer Mutter zu erklären, was sie herausgefunden hatte. „Er wird mich verlassen, Mutter! Garantiert wird er mich verlassen.“ „Hm. Hat er das denn gesagt?“ „Nein, aber…das liegt doch wohl auf der Hand. Von Anfang an wollte Vaughn nicht auf dieser Insel Leben. Zumindest nicht dauerhaft. Bloß, ich mochte ihn und er hat mir leidgetan, weil er immer so einsam wirkte. Also, habe ich mich mit ihm angefreundet und…irgendwie ist es dann mit uns passiert. Es war bisher alles so schön, auch wenn wir uns einmal heftig gestritten hatten, aber…Danach war wieder alles gut und ich bin wirklich davon ausgegangen, dass er bleiben will. Bei Mirabelle im Laden und…natürlich bei mir…Ich habe wirklich geglaubt, dass er mich liebt und er mich nie verlassen wird.“ „Und was möchtest du?“ „Hm? Wie meinst du das?“, irritiert schaute Chelsea ihre Mutter an. „Was erwartest du von eurer Beziehung?“ „Was ich erwarte…? Ich verstehe nicht…Ich…Ich will für immer mit ihm zusammen sein. Er darf nicht einfach so wieder gehen…Außerdem bin ich davon ausgegangen, dass wir beide eines Tages ebenfalls hier auf der Ranch leben werden. Zusammen mit Mark und Nathalie.“ „Nun, dann solltest du ihm das so sagen.“, erwiderte Ellie und stand wieder auf, wobei sie ihren Rock glättete. „Hä?“ „Chelsea, Männer fühlen und denken anders als wir Frauen. Ich bin absolut überzeugt davon, dass Vaughn dich über alles auf der Welt liebt. Es reichte ein Blick zwischen euch beiden und ich war mir dessen gewiss. Nur, manchmal ist es unsere Aufgabe den Männern auf die Sprünge zu helfen, um ihnen aufzuzeigen, was das richtige für sie ist. Selbstverständlich funktioniert das nur, wenn ihr beide dasselbe füreinander fühlt und ihr euch komplett auf eure Beziehung einlasst. Das muss Vaughn für dich tun und du ebenso für ihn, Chelsea.“ „Aber, ich habe ihm doch gesagt, dass er der wichtigste für mich ist…“ „Das ist auch gut, aber damit allein ist euch nicht geholfen. Ihr müsst euch stets gegenseitig versichern, dass der Partner an erster Stelle kommt und ihr gemeinsam euer Leben plant. Manchmal reichen Gefühle allein nicht aus, und wenn dieser Zeitpunkt gekommen ist, musst du ihm auf deutliche Art und Weise zeigen, wie wichtig er für dich ist.“ Verwirrter als vorher starrte Chelsea ihre Mutter an. „Ich verstehe immer noch nicht, worauf du hinaus willst.“ „Das wirst du schon noch. Und da ich dich kenne, weil ich dich großgezogen habe – worauf ich übrigens sehr stolz bin – weiß ich auch, dass es dir recht bald klar sein wird, was ich dir versucht habe zu erklären. Aber bis es so weit ist, rate ich dir ins Haus zu gehen, dich zu waschen, deinen Pyjama anzuziehen und für einen Abend deine Sorgen um Vaughn zu vergessen und einen fröhlichen Abend mit deinen Freunden und ihren Müttern zu verbringen. Wer weiß, wohlmöglich findest du die Lösung dann über Nacht.“ „Ich bezweifle, dass es so schnell geht.“ Langsam erhob sich Chelsea von dem Heuballen und ließ sich von ihrer Mutter ins Haus führen. „Hab vertrauen, Chelsea. In Vaughn und in dich.“ „Das sagst du so einfach…“                                                                                       ~<>~   „Vaughn? Komm doch eben mal kurz her.“ Mirabelle war soeben mit dem Abstauben eines Regals im Tiergeschäft fertig geworden und drückte ihrem Neffen einen Karton mit diversen Tierfutter in die Hände, sobald er nahe genug herangetreten war. „Bei dem Futter ist das Haltbarkeitsdatum abgelaufen. Bring den Karton doch bitte zum Abfallcontainer.“ „Sofort.“ „Und Vaughn? Bevor ich mich auf dem Weg zur Ranch mache, zusammen mit Julia, möchte ich noch kurz vorher mit dir etwas besprechen. Sobald du den Karton entsorgt hast, komm dann zu mir in die Küche.“ Vaughn wunderte sich über den ernsten Ton seiner Tante, stellte jedoch keine Fragen und führte ihre Anweisungen auf der Stelle aus. Seit dem Streit mit Chelsea hatte auch er sich in jede Arbeit gestürzt, die zu finden war, um so wenig wie möglich an seine Freundin zu denken. Allerdings scheiterte er bei diesem Versuch kläglich, denn er musste jede Stunde an sie denken und fragte sich immer wieder, ob sie wohlauf war und ob ihre Worte ernst gemeint waren. In der Küche angekommen, hatte Mirabelle gerade zwei Tassen dampfenden Tee auf den Tisch gestellt und forderte ihren Neffen mit einer Geste auf ihr gegenüber Platz zu nehmen. „Okay, Vaughn, da ich nicht viel Zeit habe, komme ich gleich auf den Punkt: Was ist zwischen dir und Chelsea vorgefallen?“ „Nichts.“, antwortete der junge Mann prompt und verbrannte sich an dem heißen Tee. „Vaughn, du bist mein Neffe und genauso wie ich will, dass Julia glücklich ist, möchte ich, dass du es auch bist. Momentan bist du es ganz und gar nicht. Außerdem habe ich mitbekommen, wie Chelsea vor drei Tagen beinahe fluchtartig das Haus verlassen hat.“ „Mach dir keine Gedanken. Es ist nichts weiter.“ „Versuch gar nicht erst mir auszuweichen.“ „Was willst du von mir hören? Chelsea und ich…Wir haben uns gestritten. Es…es wird sich schon wieder legen.“ „Du klingst nicht überzeugt.“, hakte Mirabelle hartnäckig nach. „Es ist gar nicht lange her, da habe ich dir angeboten zu mir zu kommen, wenn du Probleme mit Chelsea kriegen solltest. Natürlich kann ich dich nicht zwingen, aber, morgen findet die Hochzeit deines Freundes und Chelseas Freundin statt. Wie wollt ihr aufeinander treffen, solange der Disput zwischen euch liegt?“ „Ich…Das wird schon.“, murmelte Vaughn und stellte fest, dass er darüber bisher nicht nachgedacht hatte. „Mirabelle, ich…Chelsea und ich wollen völlig verschiedene Dinge.“ „Was für Dinge?“ „Was für Dinge? Nun, sie will oder vielmehr wird für immer hier leben…“ „Was ist daran so wunderlich? Sie und ihr Bruder haben gemeinsam eine Ranch aufgebaut, die von Jahr zu Jahr größer wird. Letztens habe ich sogar mitbekommen, dass eine automatische Wässerungsanlage noch vor dem Sommer verlegt werden soll.“ „Mirabelle, ich weiß nicht, ob es das richtige für mich ist, wenn ich weiterhin hier bleibe.“, sprach Vaughn unvermittelt den Grund aus, weswegen er in den vorherigen Wochen so rastlos gewesen war und welche Rolle Chelsea dabei einnehmen sollte. Solange sie noch mit ihm zusammen sein wollte… Daraufhin nickte seine Tante, sah ihn ruhig an und nippte an ihrem Tee. „Willst du gar nichts dazu sagen?“, fragte Vaughn vorsichtig, weil ihm die anhaltende Stille unangenehmer war, als zuvor mit etlichen Fragen bombardiert zu werden. „Was willst du von mir hören, Vaughn? Du bist ein erwachsener Mann und ich bin stolz darauf letztes Jahr miterleben zu können, wie sehr du dich gemacht hast. Dass du anfangs nicht freiwillig hierhergekommen bist, war mir durchaus bewusst, aber ich gebe offen und gerne zu, dass ich mich sehr darüber gefreut habe, dass du meiner Bitte so schnell nachgekommen bist. Selbstverständlich steht es dir frei jederzeit zu gehen und aufs Festland zurückzukehren, allerdings bin ich davon ausgegangen, dass du einen wichtigen Grund gefunden hast, der dich dauerhaft auf der Insel hält. Es ist nicht dein Fehler, Vaughn, dass ich und alle anderen um dich herum es für selbstverständlich hielten, dass du bleiben würdest und ein Teil unserer Gemeinschaft wurde.“ „Was soll ich tun?“, erwiderte Vaughn resigniert. „Ich weiß einfach nicht, was richtig ist. Ich…hier mit euch und Chelsea… Chelsea.“ „Vaughn, wenn Chelsea dir so viel bedeutet, dann weißt du, was das richtige ist.“ Du bist mein Schlüssel ---------------------- Im Kreis ihrer Freundinnen fand Chelsea die Heiterkeit wieder, die sie in den letzten Tagen vergebens gesucht hatte. Für einen Abend schaffte sie es ihre Auseinandersetzung mit Vaughn in den hintersten Winkel ihrer Gedanken zu verbannen. Zwar blieb der Schmerz, aber sie konnte ihn aushalten und erlebte einen ausgelassen, wunderschönen und glücklichen Abend. Die jungen Frauen und teilweise ihre Mütter lachten viel und freuten sich gemeinsam mit Nathalie, die ab dem nächsten Tag Ehefrau sein würde. Die Freundinnen ließen vergangene Jahre Revue passieren und Nathalies Mutter und Mirabelle steuerten Erzählungen aus Nathalies Kindheit bei. Besonders Sabrina und Lily hörten begeistert zu und mussten von allen Anwesenden wohl am meisten lachen. Nachdem die Vergangenheit erzählt wurde, bewunderten die Frauen Lilys Modeentwürfe. Es hatte sich überall auf der Insel herum gesprochen, dass Lily einen Modeladen eröffnen wollte, der ausschließlich ihre eigenen Entwürfe anbieten sollte. Von Galamode bis hin zur Alltagskleidung sollte für jeden etwas dabei sein und diese Idee wurde mit Zustimmung gefeiert. Damit wäre das erste Modegeschäft auf der Insel, welches für jede Altersklasse Kleidung anbieten würde. Bisher wurden Einkäufe dieser Art stets auf dem Festland erledigt oder man bekam einen geringen Satz Kleidung im Gemischtwarenladen. Neben intensiven Gesprächen und einigen Partyspielen musste Nathalie etliche Geschenke auspacken, die hauptsächlich Babyutensilien enthielten, aber auch Präsente für das Brautpaar befanden sich darunter. Die zukünftige Braut war von jedem Geschenk dermaßen gerührt, dass sie vor Freude ein paar Tränen vergießen musste und hoffte, dass diese die letzten vor ihrer Hochzeit sein würden.   Weit nach Mitternacht lag Chelsea in ihrem Bett und rief sämtliche Erinnerungen, die sie besaß an Vaughn auf. Ihr fiel der Pferdeanhänger ein, den er ihr zum Geburtstag geschenkt hatte. Ein rührendes und fantastisches Geschenk, obwohl sie zu dem Zeitpunkt noch kein Paar gewesen waren. Dennoch hatte man gemerkt, dass sich Vaughn viele Gedanken bei der Wahl seines Geschenkes gemacht hatte. Aufwühlende Wochen später waren sie dann auch zusammen gekommen. Kurz zuvor hatte er sie im Wald gefunden und sie nach Hause getragen, als sie sich ihren Fuß verstaucht hatte. Nur er war in der Lage gewesen sie zu finden und kein anderer. Außerdem hatte er ihr seine grauenvollen Kindheitserinnerungen anvertraut. Damals war Chelsea nicht nur geschockt und traurig gewesen, dass jemand etwas derartig Schlimmes einem Kind antun konnte, sondern auch gerührt von Vaughns Offenheit ihr gegenüber und dem Vertrauen, welches er ihr bereit war zu geben. Viele Verabredungen und schöne Stunden zu zweit folgten darauf. Das zweite Geschenk zum Lichterfest war ein Armband gewesen. Leise schluchzend setzte sich Chelsea in ihrem Bett auf und holte den Gegenstand aus ihrer Kommode direkt neben dem Bett hervor. Vorsichtig betrachtete sie jeden einzelnen Anhänger und blieb schließlich beim Schlüssel hängen. Wieder fragte sie sich, was der Schlüssel zu bedeuten hatte. Während sie weiter still und leise weinte, überfiel sie das Unbehagen, den Grund wohl niemals zu erfahren…                                                                              ~<>~   Wer noch nie eine Hochzeit organisiert oder noch nie einer beigewohnt hatte, der kann sich nicht im Geringsten vorstellen, dass die größte Herausforderung daran darin besteht, dass man genügend Nerven besitzen musste, die jedem außerplanmäßigen Ereignis die Stirn boten. Obwohl der zeitliche Ablauf von Felicitas bis ins kleinste Detail getaktet war, dauerte es dennoch fast fünfzehn Minuten länger ehe sich alle Gäste in der Kirche eingefunden hatten. Vaughn erblickte Chelsea in der Nähe des Altars. Ihre Blicke begegneten sich, als er ebenfalls auf dem Weg nach vorne war. In diesem Moment wurde beiden bewusst, dass sie noch ihre jeweilige Funktion als Trauzeugen erfüllen mussten. Keiner von ihnen wusste, wie sie sich anreden sollten, nachdem sie sich vier Tage weder gehört noch gesehen hatten, aber ein knappes Hallo gelang ihnen dann doch. Und bald darauf verkündete Felicitas, dass die Braut endlich eingetroffen war. Nervös stand Mark am Altar und wartete voller Sehnsucht auf seine zukünftige Frau. Zuerst gingen die Brautjungfern, Julia und Lana in wunderschönen hellblauen Kleidern, den Mittelgang entlang. Danach folgte der Bürgermeister, und an seiner linken Hand gestützt ging die Braut. Ein traumhaft weißes Kleid umspielte ihre schlanke Figur. Viele cremefarbene Perlen waren darauf gestickt. Die langen Ärmel waren mit einem silbernen Muster bestickt, welches über ihre Brüste bis hinunter zur Taille verlief. Ein Schleier verhüllte Nathalies Gesicht, was ihr ein wenig Sicherheit verlieh und ihr die Nervosität nahm, als sie den Weg zu ihrem zukünftigen Ehemann antrat. Nathalies Anblick hatte dem jungen Mann den Atem verschlagen. Für ihn stand ein paar Sekunden die Zeit still, in denen nur die Orgelmusik zu hören war. Auch Nathalie bewunderte ihren baldigen Gatten, der einen komplett schwarzen Smoking trug und eine schwarze Fliege um den Hals hatte. Ausnahmsweise trug er an diesem Tag keine Mütze, sondern hatte seine Haare nach hinten gelegt, die mit Gel in Form gehalten wurden. Für beide begann ihre gemeinsame Zeit zu zweit, als sie während der gesamten Zeremonie nebeneinander standen und sich gegenseitig das Ja-Wort gaben.                                                                              ~<>~   Aufgrund des warmen Frühlingwetters fand die Hochzeitsfeier auf der Festwiese im Freien statt. Ein großes weißes Zelt wurde dafür aufgestellt und ein gewaltiges Büffet befand sich unter der Plane. Zusätzlich standen Tische und Stühle bereit, die die Tanzfläche markierten. Nach einer Ansprache des Brautpaares wurde sich über das Büffet hergemacht und herrliche Musik erklang im Hintergrund. Chelsea, die sich in Vaughns Gegenwart gewaltig zusammen nehmen musste, um nicht unkontrolliert in Tränen auszubrechen, nutzte bei der nächst besten Gelegenheit die Chance zur Flucht. An der kleinen Brücke angekommen, die zur Festwiese führte, beugte sie sich über das Geländer und starrte traurig in den klaren blauen Bach. Sie hoffte lange genug alleine sein zu können, um neuen Mut zu sammeln ehe sie Vaughn erneut gegenüber treten musste. Gedankenverloren spielte sie mit ihrem Armband und bemerkte erst, dass sie nicht mehr allein war, als Vaughn sie unvermittelt ansprach.   „Ist dir der ganze Zirkus auch zu viel?“ Erschrocken wandte sich die junge Frau um. Vaughn stand wenige Schritte von ihr entfernt in einem schwarzen Anzug, der ihn noch männlicher und atemberaubender aussehen ließ. Bereits in der Kirche war es Chelsea aufgefallen, und selbst wenn sie wütend auf ihn war, konnte sie nicht verhindern, dass sie sich magisch zu ihm hingezogen fühlte, und dass die ganze Zeit über. „Was willst du?“, fragte Chelsea frostiger als sie beabsichtigt hatte. „Mit dir reden.“ Vaughn entschloss sich nicht von Chelseas abweisenden Ton entmutigen zu lassen und trat einen Schritt näher auf sie zu. „Worüber? Zwischen uns ist alles gesagt.“ „Das sehe ich nicht so. An unserem letzten Abend bist du zu schnell davon gelaufen ohne dass ich die Gelegenheit bekam dir zu erklären, was es mit dem Brief auf sich hatte.“ „Das weiß ich doch. Du hast ein Jobangebot auf dem Festland bekommen und willst ihn annehmen. Was gibt es daran nicht zu verstehen?“ „Chelsea, bitte hör mir erstmal zu bevor du dein Urteil fällst.“ „Allerdings habe ich keine Lust dazu.“ Mit traurigen Augen sah sie ihren Freund an. „Du hast mein Vertrauen missbraucht. Hinter meinem Rücken hast du dich nach einer Jobalternative erkundigt ohne mit mir darüber zu sprechen.“ „Das wollte ich noch tun. Doch dafür benötigte ich noch weitere Informationen über die Stelle.“ „Halt dein Mund! Ich will das nicht hören! Ich will nicht hören wie du ein Leben planst, in dem ich keine Rolle mehr spiele.“ Tränen, die die Braunhaarige bisher erfolgreich zurückgehalten hatte, liefen über ihr Gesicht. „Du willst wieder zurück aufs Festland? Dann geh endlich und lass mich verdammt noch mal in Ruhe!“ „Chelsea, so einfach ist das nicht.“ Am liebsten hätte der junge Mann seine Freundin liebevoll in die Arme genommen. Tatenlos zuzusehen, wie sie krampfhaft versuchte sich aufrecht zu halten brach ihm das Herz. Die Tatsache, dass diese Reaktion seine Schuld war, machte für ihn das Gespräch nur noch schwieriger. „Mein früherer Kumpel, Billy, hatte mir den Brief geschickt und mir die Stelle vorgeschlagen. Zuerst war ich perplex und wusste nicht wie ich darauf reagieren sollte.“ „Außer den Job anzunehmen.“, unterbrach Chelsea ihn. „Nein, Chelsea. Das habe ich nicht getan.“ „Wie?“ Verwirrt starrte sie ihn an. „Das hast du nicht?“ Vaughn schüttelte den Kopf. „Nein, denn der Brief enthielt zu wenige Informationen über die Arbeitsstelle und ich hatte mir vorgenommen weitere einzuholen. Allerdings gestaltete es sich als schwierig, da ich für meine Tante vermehrt im Tierladen arbeiten und kleinere Aufträge für die Hochzeit erledigen musste. Ich war zu sehr von den Geschehnissen hier eingenommen, als das ich mich voll und ganz auf den Brief konzentrieren konnte.“ „Ich versteh nicht…“ „Bitte, Chelsea, lass mich ausreden. Ansonsten weiß ich nicht, ob ich den Mut wieder dazu aufbringe. Also, ich war fest entschlossen mehr über diesen Job herauszufinden und die Möglichkeit in dem Transportunternehmen sein eigener Boss zu werden, reizte mich, das gebe ich zu. Jedoch, oder glücklicherweise, erlebte ich viele schöne Stunden und Nächte mit dir. Zudem hatte mich Mark zu seinem Trauzeugen gemacht, auch wenn ich zuerst Widerwillen verspürte dieser Aufgabe nachzukommen, konnte ich mich nicht davon zurückziehen. Auch Mirabelle und der Arbeit im Tierladen konnte ich mich nicht distanzieren und hätte es auch nicht gewollt. Denn meine Tante brauchte mich, als Julia nicht da war. Ich hätte sie niemals hängen gelassen.“ „Ich weiß.“, entgegnete Chelsea und tupfte sich mit einem Taschentuch die Tränen aus ihrem Gesicht, um ihr Make-Up nicht noch mehr zu ruinieren. „Das hätte mich auch sehr gewundert, wenn du das getan hättest.“ „Anscheinend.“ Liebevoll sah Vaughn die junge Frau vor sich an und fand, dass sie trotz der Tränen eine unglaublich schöne Erscheinung war. Ihr langes rosafarbenes Kleid – sie als Trauzeugin durfte `ne andere Farbe als die Brautjungfern tragen – betonte sämtliche ihrer weiblichen Vorzüge. Einige Strähnen aus ihrer Hochsteckfrisur lösten sich bereits, die ihr aber eine sinnliche Ausstrahlung verliehen. „Du trägst das Armband.“, konstatierte Vaughn, nachdem er mit der Betrachtung seiner Freundin fertig war. „Ja…Ich musste gestern Abend oder viel eher heute Nacht daran denken, wie du es mir geschenkt hattest.“ „Du wolltest unbedingt wissen, was der Schlüsselanhänger bedeutet.“ Näher trat Vaughn an sie heran, sodass nur noch ein winziger Schritt sie voneinander trennte. „Was wirst du nun tun?“, fragte Chelsea. „Chelsea…Du hast mich an dem Abend an Mirabelles Geburtstag angesprochen, obwohl ich nicht angesprochen werden wollte. Ich sah mich als vorübergehenden Gast bei meiner Tante, würde meine Arbeit erledigen und dann wieder verschwinden. Doch du hast mich immer wieder angesprochen. Eigentlich war ich fest entschlossen dir aus dem Weg zu gehen, weil du nicht locker lassen wolltest. Während es all die anderen getan haben, du jedoch nicht und glaube mir, im Stillen hatte ich dich sehr oft dafür verflucht. Aber, nun ja, dir immer wieder über den Weg zu laufen ließ sich nicht vermeiden und ich stellte – zwar erst viel später – fest, dass ich deine Nähe genoss und mich zu dir hingezogen fühlte. Von diesem Moment an wollte ich die Begegnungen nicht mehr vermeiden, sondern eher suchen. Dadurch lernte ich deinen Bruder kennen, und eure gewaltige Leistung eine Ranch aufzubauen, noch dazu zu zweit. Ich schloss Bekanntschaft mit der zickigen Nathalie und der nerv tötenden Lana, dem nicht auszuhaltenden Koch und dann auch noch Denny…Später Regis Familie. Plötzlich war ich verstrickt mit all deinen Freunden und vor kurzem deinen Eltern. Ich wusste nicht, wie ich wieder daraus kommen sollte. Weißt du, warum es mir so schwer fiel? Weil ich es schlicht nicht wollte. Wegen dir will ich gar nicht mehr woanders sein, arbeiten oder leben, als hier auf der Insel. Bei meiner Tante oder was mir tausendmal lieber wäre,“ Nun überbrückte Vaughn die minimale Distanz zwischen den beiden und ihr Handgelenk mit dem Armband an seine Lippen. „Chelsea, du bist mein Schlüssel. Dank dir habe ich Zugang zu all deinen Freunden erhalten, die jetzt auch meine Freunde sind. Wegen dir habe ich mich den Blicken deiner Eltern ausgesetzt, was kein Zuckerschlecken gewesen ist.“ Beiden entfuhr ein leises Kichern. „Du öffnest für mich die Türen durch die ich mit dir zusammen treten kann. Das hat vorher kein Mensch für mich getan. Am wenigsten meine Eltern.“ „Oh, Vaughn, ich…“ „Bitte, Chelsea, kannst du mir verzeihen? Ich weiß, ich hätte nicht hinter deinem Rücken versuchen sollen alleine zu handeln und Entscheidungen zu treffen. Aber du sollst wissen, dass ich nur mit dir zusammen von hier gegangen wäre. Auf keinen Fall ohne dich. Da, wo du wohnst, will ich auch wohnen. Mit dir zusammen will ich leben.“ „Vaughn.“ Mit einem strahlenden Lächeln und freudigen Tränen in den Augen fiel Chelsea ihrem Freund um den Hals und schmiegte sich eng an seine Brust. Zugleich schlang Vaughn seine kräftigen Arme um sie und fühlte, wie er wieder im Begriff war ein kompletter Mensch zu werden. „Liebling. Endlich habe ich dich wieder. Die letzten Tage ohne dich waren die Hölle.“ „Ging mir genauso.“ Ein langer und inniger Kuss besiegelte ihre tiefen Gefühle füreinander. Sogar Vaughn traten Tränen in die Augen und eine einzige davon wanderte zu seinen Lippen. „Oh, Vaughn!“ Behutsam trocknete Chelsea seine Tränen und rahmte mit ihren Händen sein Gesicht. „Ich bin dein Schlüssel und gemeinsam werden wir noch viele, viele, viele Türen damit aufschließen. Aber nur zusammen wird uns das möglich sein.“ „So ist es und nicht anders. Ich liebe dich, Chelsea. Und ich will für immer an deiner Seite stehen.“ „Geht mir genauso. Ich werde dich immer lieben, Vaughn.“                                                                           ~ Happy End ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)