Digimon 00001100 von UrrSharrador (Samsara Madness [Video-Opening online]) ================================================================================ Kapitel 17: Rabenschwingen -------------------------- „Ihr könnt uns dann mal mit dem Lichtsamen helfen“, meinte Fumiko betont beiläufig. „Das dauert hier nämlich ganz schön lange.“ Die anderen wollten eben zu ihr und Taneo laufen, als Kouki einen Schatten erblickte, der durch die Schlucht schnellte. Er erstarrte. „Fumiko! Taneo! Passt auf, weg da!“ Sekunden später hatte der Schatten sie erreicht, und Kouki glaubte Flügelschlagen zu vernehmen. Fumiko warf sich zur Seite, Taneos Reaktion wäre fast zu spät gekommen, als genau dort, wo sie gestanden waren, noch ein Digimon vom Himmel stieß. Schwarze Rabenschwingen peitschten dem Jungen von den Beinen, und trotz der Fallgeschwindigkeit landete das Wesen sanft und anmutig. Als die DigiVices den Lichtsamen nicht weiterhin bestrahlten, breiteten sich langsam wieder die dunklen Flecken aus, doch die DigiRitter konnten nicht anders, als den Neuankömmling zu bestaunen. Er trug eine Art Samurairüstung und ging auf zwei Beinen, aber der Rest seines Körpers war eindeutig einem Raben nachempfunden. Selbst das Gesicht war eine schlichte Rabenfratze mit einem zahnbewehrten Schnabel. Nanimon sprang in diesem unbeobachteten Moment auf. „Das ist … Das … Das ist Karatenmon, ein Asura!“, rief es aus. Die anderen wandten sich erschrocken zu ihm um, doch Kouki hatte so etwas schon vermutet. „Ein Asura?“, fragte Jagari. „Was weißt du sonst noch über es? Warte!“, rief er, als Nanimon einen noch überstürzteren Abgang machte als Sukamon vorhin. „Ich bin doch nicht lebensmüde!“, schallte es aus der Staubwolke, die es hinterließ. Ein Asura also, dachte Kouki unbehaglich und schluckte schwer. „Ich vernahm die Botschaft, die DigiRitter befänden sich in meinem Territorium“, sagte Karatenmon mit einer für einen Raben überraschend angenehmen Stimme. „Man enthielt mir vor, an welchem Ort, doch als ich einen Einsturz im Gewebe des Chaos fühlte, wusste ich, dass ihr meinen Chaossamen attackiertet.“ „Wenn du was dagegen hast, komm nur hier!“, rief Renji kampfeslustig. Der Sieg von gerade eben schien ihn angespornt zu haben. „Unsere Digimon sind alle digitiert ... Bis auf Taneos Käfer“, fügte er verächtlich hinzu. „Gennai hat gesagt, die Asuras wären uns um ein Level überlegen“, warnte Jagari. „Na und? Wir sind eindeutig in der Überzahl! Los, wir pfeffern dem Adler das Gefieder!“ „Ich glaube, es soll ein Rabe sein“, murmelte Kouki, aber Renji hörte ihn nicht. Ihre Digimon stellten sich in einer Linie vor Karatenmon auf, das sich immer noch nicht von der Stelle gerührt hatte und nun gemächlich zwei bronzene Schwerter zog, die mit einem lauten Scharren aus der Scheide glitten. „Tod denen, die sich uns in den Weg stellen“, sagte es feierlich. „Mögen die Verlierer des heutigen Kampfes die Sieger aus dem Jenseits beglückwünschen. Mögen die Sieger die Verlierer ob ihres Mutes ehren.“ Es trat ein paar Schritte vor, und der Tanz ging los.   Taneo verfluchte ihr Pech. Ausgerechnet jetzt, wo sie mit diesem anderen, unbekannten Kopfgeldjäger so viel zu tun gehabt hatten, obwohl das ja wirklich nicht sonderlich gefährlich ausgesehen hatte oder zerstörerisch gewesen wäre, tauchte noch ein leibhaftiges, echtes Asura auf! Renji konnte so große Reden schwingen, wie er wollte – ihre Digimon waren müde, das wusste Taneo nur zu gut, und am ausgelaugtesten von allen war Kokuwamon. Und dabei schien es kaum etwas zu geben, das sie nun tun konnten: Karatenmon musste besiegt werden, sonst konnten sie den Lichtsamen nicht säubern. Das hier war ihre Mission: die Asuras zu vernichten, und nicht, gegen irgendwelche anderen Digimon zu kämpfen, die sie, warum auch immer, herausforderten. Die Ersten, die angriffen, waren Tyrannomon und Meramon. Ein Feuerball und eine Stichflamme heizten die Luft auf, pflanzten eine brennende Blüte auf den Felsenboden, doch als sich die Flammen legten, war von Karatenmon nicht die Spur zu sehen. „Über euch!“, schrie Taneo. Karatenmon fuhr mit ausgestrecktem Schwert mitten unter ihre Digimon, die schnell zurücksprangen. Das Schwert bohrte sich bis zum Heft in den Boden, und das Asura zog es mühelos wieder heraus. „Zweigpeitsche!“ „Blitzpfote!“ Woodmons Zweige trafen Karatenmon mit voller Wucht gegen die Brust und schoben es meterweit zurück, doch wäre diese räumliche Versetzung nicht gewesen, hätte man meinen können, es hätte gar nicht getroffen. Karatenmon zeigte sich nicht im Geringsten beeindruckt. „Blitzpfote!" Gatomon sauste heran und verpasste Karatenmon einen Schlag ins Gesicht. Man sah es elektrisch blitzen, aber es zuckte nicht einmal. „Eure Versuche sind fruchtlos“, konstatierte Karatenmon. Mit dem Handrücken schlug es Gatomon zur Seite. Wie eine lästige Fliege, dachte Taneo. „Verdammt, gebt euch ein bisschen mehr Mühe“, rief Renji hysterisch. „Taneo“, sagte Fumiko neben ihm plötzlich. „Machen wir weiter, solange sie kämpfen.“ Er nickte. Gemeinsam richteten sie wieder ihre DigiVices auf den Lichtsamen. Karatenmon bemerkte das. Mit blitzenden Augen wandte es sich zu ihnen um. „Störet nicht das Chaos, das wir gesät.“ Es machte drohend einige Schritte auf die beiden zu. „Meramon, halt es auf!“, rief Renji. Der brennende Mann stellte sich Karatenmon entgegen und packte seine Handgelenke, die immer noch die Schwerter hielten, drückte sie auseinander und ließ es keinen Schritt mehr tun. „Ha“, keuchte es vor Anstrengung. „Was sagst du jetzt?“ Die beiden Digimon waren ungefähr gleich groß. Und dennoch zitterten Meramons Arme ungleich mehr. Karatenmon wirkte dagegen wie die Ruhe in Person. „Nicht übel“, murmelte es. „Dein Mut soll geehrt werden.“ Damit breitete es seine Flügel aus. Das pechschwarze Gefieder leuchtete plötzlich in bläulichem Weiß. „Meramon, pass auf!“ Taneo konnte gar nicht sagen, wer da gerufen hatte. Renji vermutlich. Aus Karatenmons Schwingen brachen dutzende gleißende Lichtspeere hervor und pflügten durch Meramons Flammenkörper. War dieser sonst in der Lage, so einige Attacken wegzustecken, so zerfetzte es ihn jetzt regelrecht. In einem Wirbel aus Flammen wurde Meramon zurückgeschleudert, selbst seine brennenden Hände verpufften einfach in roten Funken, und als sich der Feuersturm verzog, lag Candlemon reglos am Boden. Keine zwei Sekunden später war Renji bei ihm und schrie es völlig aufgelöst an, ob es in Ordnung wäre. Als ob er das nicht sehen würde. Karatenmon wäre es jetzt ein Leichtes gewesen, den beiden den Gnadenstoß zu verpassen, doch es steckte stattdessen seine Schwerter weg. „Mir die Stirn zu bieten, wagen nicht viele. Ich werde eure Tapferkeit belohnen. Ihr beide sollt von meinem Zorn verschont bleiben.“ Damit ging es mit schweren Schritten an den beiden vorbei auf den Lichtsamen zu. Taneo knirschte mit den Zähnen und streckte sein DigiVice noch weiter dem befleckten Licht entgegen, als könnte er die Säuberung dadurch beschleunigen. Und die Flecken gingen so unendlich langsam weg …   „Gatomon! Ihr anderen! Haltet es auf!“, schrie Kouki. Karatenmon ignorierte sie völlig und schien es nicht eilig zu haben, zu Taneo und Fumiko zu treten. Woodmons lange Äste schnellten von hinten auf es zu, doch diesmal wickelten sie sich um Karatenmons Schultern und zerrten es zurück. Gatomon lief auf den Ästen entlang, bis es direkt unter Karatenmons Rabenschnabel stand. „Katzenauge!“ Das Asura reagierte gar nicht auf seinen lähmenden Blick. Es sah kurz über seine Schulter, zog dann wieder ein Schwert, wobei es die gummiartigen Zweige gar nicht zu stören schienen, und hackte erst den einen, dann den anderen Ast ab und war wieder frei. Woodmon ächzte. Gatomon wollte es nochmal anspringen und ihm einen Pfotenhieb verpassen, aber Karatenmon streckte nur die freie Hand aus und bekam den Kopf der Katze zu fassen. Fast gleichgültig warf er es im hohen Bogen über die Schulter. „Gatomon!“ Kouki hechtete, von der ganzen Aufregung völlig außer Atem, zu seinem Partner. Es war bei Bewusstsein, aber sein Fell war ganz zerschunden und dreckig. Gatomon hustete. „Kouki … Es hat keinen Sinn. Ich kann Karatenmon nichts anhaben … Es geht einfach nicht!“ „Sag sowas nicht! Wir versuchen es einfach nochmal!“, versuchte Kouki ihm Mut zu machen. „Nein. Ich bin euch keine Hilfe. Geh das Licht reinigen … das bringt mehr!“ Kouki haderte einen Moment mit sich selbst, aber sie hatten keine Zeit zu verlieren, und Gatomon hatte recht. Ihre einzige Hoffnung war der Lichtsamen, und dann … Was dann? Sicherlich würde Karatenmon sie nicht ungeschoren davonkommen lassen. Aber er wollte auf keinen Fall gar nichts tun! Mit fliegenden Beinen rannte er, einen Bogen um Karatenmon schlagend, zu Taneo und Fumiko und richtete sein DigiVice auf den Samen. „Renji!“, rief er. „Komm her und hilf mit!“ Renji kniete immer noch vor Candlemon und war sichtlich fassungslos, dass sein Partner so einfach besiegt worden war – als würde er erst jetzt erkennen, dass zwischen Karatenmon und dem Digimon von vorhin Welten lagen. „Beweg dich, Oyara-kun!“, schrie auch Fumiko aus voller Kehle. Jetzt erst sah er auf. Für einen Moment wirkte er, als wäre er in Trance, dann lief er zu ihnen.   Fumiko sah, dass sich Tyrannomon zwischen sie und das Asura gestellt hatte. Wenigstens etwas – das massige Digimon konnte Karatenmon vielleicht ein wenig aufhalten. Alles, was sie brauchten, war Zeit – eine ganze Menge Zeit. Ihnen war nicht mal ein kleines bisschen vergönnt. Karatenmon wich dem nächsten Flammenatem nicht mehr aus, sondern ging stur geradeaus weiter, nur eine Hand vor den Kopf haltend. Als es bei Tyrannomon angelangt war, das nervös zurückwich, stieß es ihm das Bronzeschwert in den Leib. Der Dinosaurier brüllte auf und digitierte ebenfalls wieder zurück. Fumiko fluchte entsetzt. Jetzt war nur noch Woodmon übrig! War der Kräfteunterschied zwischen ihnen tatsächlich so gewaltig? Wenn doch nur ihr blödes DigiEi endlich schlüpfen würde! Wenn es doch nur schon geschlüpft wäre! Sie atmete tief durch. Neben ihr standen Kouki, Renji und Taneo, und auch Jagari kam eben angelaufen, um sich an der Reinigung zu beteiligen, jetzt, da Tyrannomon wieder zu Elecmon geworden war. Sie senkte ihr DigiVice. „Macht weiter“, sagte sie tonlos. Vier Augenpaare starrten sie an. „Was hast du vor?“, fragte Taneo. „Macht einfach weiter. Ich werde sehen, was ich tun kann.“ Entschlossen trat Fumiko Karatenmon entgegen, was ihm immerhin ein überraschtes Blinzeln entlockte. Sie nahm lockere Kampfstellung ein. Kouki begriff, was sie vorhatte. „Bist du verrückt?“, rief er aus. „Es ist viel zu groß für dich!“ „Je größer der Gegner, desto besser“, stieß Fumiko durch zusammengebissene Zähne und ging leicht in die Knie. In Wahrheit brach ihr der kalte Schweiß aus, und nur mit Mühe konnte sie ihre Muskeln am Zittern hindern. „Fumiko-chan, tu das nicht!“ Renji machte Anstalten, zu ihr zu laufen, daher zischte sie: „Bleib, wo du bist! Kümmert euch nicht um mich, ich versuche euch Zeit zu verschaffen!“ Karatenmon blieb vor ihr stehen. Aus der Nähe kam es ihr noch viel größer vor. „Tritt aus dem Weg, oder mein Schlag soll dich ereilen.“ Fumiko schnaubte nervös. „Du scheinst mir ein recht ehrenvolles Digimon zu sein. Was hältst du von einem Duell?“ „Wenn du es wünschst.“ Karatenmon drehte sein Schwert in der Hand. „Aber zunächst muss ich den Frevel beenden, der dem Gewebe des Chaos widerfährt.“ „Gut, dann nicht.“ Fumiko zwang sich zur Ruhe und stellte sich vor, sie stünde in ihrer Kampfschule, auf einer der weichen, blauen Matten, einem dümmlichen Mitschüler gegenüber. Karatenmon machte all ihre Vorstellungskraft zunichte, als es schnell wie ein Pfeil auf sie zusprang, das Schwert von sich gereckt. Fumiko reagierte reflexartig. Sie machte einen Schritt nach vorn, duckte sich an der Klinge vorbei, fand mit dem Fuß sicheren Halt und drehte sich dabei halb. Ihre Hände packten Karatenmons dicken Arm, sie vollendete die Drehung – und wuchtete das Digimon über ihre Schulter. Es ging überraschend leicht, seinen Schwung gegen es zu verwenden. Sie wagte schon zu hoffen, als Karatenmon plötzlich noch leichter wurde … Sie hörte, wie es ruckartig die Flügel öffnete, als es über sie hinwegfiel, und sich selbst in der Luft drehte. Plötzlich war Fumiko es, die den Boden unter den Füßen verlor. Mit einem überraschten Aufschrei wurde sie nach oben gerissen, und als vollführten sie und Karatenmon eine bizarre Choreografie, landete das Digimon wieder fest auf den Beinen und schleuderte sie über seine Schulter hinweg. Der Aufprall trieb Fumiko sämtliche Luft aus der Lunge. Ihre Rippen knackten, und sie schlitterte meterweit über rauen Felsenboden, ehe sie liegenblieb.   „Fumiko-chan!“ Renji hatte entsetzt Fumikos Aufschlagen auf dem harten Boden verfolgt. „Bleib hier! Wehe, du rührst dich von der Stelle“, knurrte Taneo. Über sein Gesicht liefen Schweißbäche, obwohl er seit geraumer Zeit nur dastand und mit seinem DigiVice den Lichtsamen bestrahlte. „Von dir lass ich mir gar nichts sagen“, blaffte Renji. „Fumiko ist verletzt!“ „Sei vernünftig! Sie hat uns etwas Zeit verschafft; du machst ihr Opfer nur zunichte, wenn du jetzt zu ihr rennst!“ Bei dem Wort Opfer setzte Renjis Denken aus. Er riss sein DigiVice fort, ignorierte das Fluchen seiner Kameraden und lief zu Fumiko, die sich stöhnend wieder aufrappelte. Sie sah schrecklich aus. Ihre Hände waren aufgeschürft, und aus ihrer Nase und von einer Platzwunde an der Stirn lief Blut. Am schlimmsten traf Renji jedoch ihr fassungsloser Blick. „Was …“, hauchte sie. „Fumiko-chan! Was ist, bist du in Ordnung?“ „Warum zum Teufel bist du nicht bei dem Licht geblieben?“, fauchte sie ihn an. „A-aber ich …“, murmelte er schockiert. „Hilf sofort den anderen – los! Ich komm schon klar!“ Zerknirscht erhob er sich wieder, während auch Fumiko sich aufrappelte. „Soll ich dich … stützen?“ „Bist du eigentlich strunzdämlich?“, schrie sie ihn an. „Lauf endlich!“ Renji schluckte die Beleidigung, ohne sie zur Kenntnis zu nehmen. Er sprintete los, zurück zu den anderen, während Fumiko ihm hinterherhumpelte.   „Euer Frevel soll nicht ungesühnt bleiben“, verkündete Karatenmon soeben und hob sein Schwert vor den DigiRittern, als Woodmons nachgewachsene Arme es einmal mehr umklammerten. Ein Ast wickelte sich um seine Schwerthand, der andere um seine Hüfte. Diesmal schien das Rabendigimon wirklich ungehalten. Es stieß sich ab, schwang sich mit so heftigen Flügelschlägen in die Lüfte, dass den DigiRittern Staub in die Gesichter geweht wurde, und zerrte Woodmon hinter sich her. Jagari glaubte nicht recht zu sehen. Das Digimon, das nur wenig größer als ein sehr großer Mensch war, hob einen Baum in die Höhe, der fast die Ausmaße eines Kleinbusses hatte. Woodmon kreischte und pendelte am Ende seiner eigenen Äste hin und her, wagte es aber nicht, loszulassen. Auf halber Höhe stieß Karatenmon dann wie ein Raubvogel herab, hieb mit beiden Schwertern überkreuz auf Woodmons Stamm und krachte mit ihm zusammen wieder zu Boden, direkt vor den DigiRittern. Die Staubwolke legte sich, Mushroomon kämpfte sich daraus hervor. Alle ihre Digimon waren am Ende. „Dieser Kampf war nicht im Ansatz eine Herausforderung“, stellte Karatenmon fest. Seit es aufgetaucht war, hatte es sich keinen sichtbaren Kratzer eingehandelt. Es war einfach nicht fair! Hätte dieses verdammte Imba-Digimon zu einem Computerspiel gehört, hätte Jagari die DVD mitsamt ihrer Box in eine Ecke seines Zimmers gepfeffert und es von seiner Festplatte gelöscht! Nur dass es kein Spiel war. Genausowenig, wie er und seine Freunde nach dem, was jetzt auf sie zukam, wiederauferstehen würden … Mit einem Mal hatte er Todesangst. Nur weil die anderen verbissen ausharrten und weiter den Lichtsamen reinigten, lief er nicht davon. Aber es waren immer noch so viele dunkle Flecken auf dem Licht … Auch Tageko war zu dem Samen gesprintet, und Fumiko hatte sich ebenfalls wieder in ihre Reihen geschleppt. Sie sah furchtbar aus, aber Jagari bewunderte sie für ihren Mut vorhin. „Auf geht’s! Wir müssen unsere Partner beschützen!“, ertönte die piepsige Stimme von Salamon. „Ja!“, riefen die anderen Digimon im Chor. Sie sahen aus wie Plüschtiere, wie sie sich zwischen die DigiRitter und Karatenmon stellten. Nacheinander warfen sie ihre Attacken auf das Raben-Asura. Explosive Pilze, Stromstöße, Salamons schrilles Jaulen, kleine Feuerbälle … nichts rang ihm auch nur ein Zucken ab. „Die Augen!“, schrie Kouki plötzlich. „Zielt auf seine Augen! Blendet es!“ Sofort traf ein Pilz Karatenmons Kopf, und Elecmon traf zielgenau die Augen in dem Rabenschädel. Selbst Jagari kam der Blitz so hell vor, dass er am liebsten die Lider zusammengekniffen hätte. „Meine Sicht auf euch ist anderer Art, als ihr vermuten mögt“, stellte Karatenmon in seiner schleppenden, altertümlichen Sprechweise fest. „Ich sehe euch immer noch deutlich vor mir.“ „Pass auf!“ Tageko riss Kouki um, als das eine Schwert in ihre Richtung schnellte und knapp über ihren Köpfen vorbeipfiff. Als Nächstes musste Taneo zur Seite springen, der gegen Renji stieß. Das zweite Schwert hätte ihn beinahe entzweigehauen. „Nicht nachgeben!“ Salamon kommandierte die kleine Digimon-Truppe. Sie alle sprangen das Asura an und versuchten, es bewegungsunfähig zu machen. Karatenmon hielt tatsächlich inne, wohl aber eher, weil es die lästigen Kleinen abstreifen wollte.   „Du solltest vielleicht fliehen, Renji“, sagte Kouki plötzlich. Renji sah ihn verwundert an und versuchte zu erkennen, ob er ihn verarschte, aber Koukis Blick sagte ihm, dass er es ernst meinte. „Das finde ich auch“, murmelte Tageko. Sie sah ihn nicht an, sondern fixierte weiter den Lichtsamen, den immer noch einige Flecken verunzierten. „Es hat versprochen, dich zu verschonen. Wir kommen hier vermutlich nicht wieder raus – aber wenn du es nicht verärgerst, entkommst du vielleicht. Dann kannst du auf eine neue Gelegenheit warten.“ Renji starrte sie fassungslos an, einen nach dem anderen. Sie alle nickten, einige sofort, einige zögerlich. Sogar Taneo. Karatenmon schüttelte die kleinen Digimon ab wie Fliegen und trat wieder heran, ein Schwert mit beiden Händen ergriffen, andächtig wie ein Scharfrichter. Renji biss die Zähne zusammen und schlug die Lider nieder. Er senkte sein DigiVice, das den Lichtfluss erneut unterbrach, und wandte sich um. „Wie ihr meint.“ Obwohl die anderen vorgeschlagen hatten, dass er floh, herrschte plötzlich Totenstille, als bereuten sie es doch. Renji lächelte schwach. „Du hast gesagt, dass du mich gehen lässt“, sagte er zu Karatenmon. „So ist es. Nimm dein Digimon und kreuze nie wieder meine Wege.“ „Weil du das gesagt hast, haben mir meine Freunde angeboten, wie ein Feigling dazustehen. Deswegen wirst du es zurücknehmen!“ Renji stürmte los, sprang mit aller Kraft in die Höhe und bekam Karatenmons Schnabel zu fassen, das mit einem erstaunten Laut rückwärts taumelte. Seine Freunde riefen überrascht durcheinander. „Habt ihr echt geglaubt, ich laufe jetzt einfach davon?“, keuchte Renji, als es ihn abzuschütteln versuchte. „Nachdem sogar Fumiko-chan ihren Mut bewiesen hat? Vergesst es! Bin ich ein DigiRitter, oder nicht?“ Er sah Karatenmons Schwert aus den Augenwinkeln aufblitzen und die anderen aufschreien, also reagierte er blitzschnell und verpasste dem Digimon einen mächtigen Tritt gegen die Brust, wie er eines Torschützenkönigs würdig gewesen wäre. Dann ließ er sich fallen. Karatenmon verlor nicht das Gleichgewicht, wie er gehofft hatte, aber immerhin erwischte es ihn nicht, und er hatte seinen Freunden einige Sekunden erkämpft. Im nächsten Moment traf ihm Karatenmon Faust und ließ ihn Sterne sehen.   Als Fumiko sah, wie Renji zu Boden ging, schwand ihre letzte Hoffnung. War es nicht sinnlos, so lange weiterzukämpfen, wenn das Ergebnis schon feststand? „Verdammt, werd endlich sauber!“, schrie Kouki dem Licht entgegen. Sie gaben hier ihr Allerletztes, und es waren immer noch drei große Schmutzflecken übrig! Hatten ihre bisherigen Mühen überhaupt irgendetwas gebracht? Die Digimon, die sich wieder hartnäckig an Karatenmon klammern wollten, fegte es einfach mit Fußtritten zur Seite. Diesmal zog es beide Schwerter. „So lasst uns diese Farce nun beenden.“ Enttäuscht stöhnte Fumiko auf. Resigniert senkte sie das DigiVice, hockte sich zu Füßen des Lichts, das sich einfach nicht reinigen ließ, und öffnete ihren Rucksack, holte das DigiEi mit dem Sprung in der Schale heraus. „Verdammt, schlüpf endlich!“, herrschte sie es an. „Wird’s bald? Du nutzloses, nutzloses Ding!“ Sie hatte Tränen in den Augen, als sie es packte und mit aller Kraft gegen Karatenmon warf. Womöglich würden sie alle sterben, nur weil ihr Digimon nicht da war – oder weil sie versagt und es nicht zum Schlüpfen gebracht hatte. Das Ei traf Karatenmon gegen die Brust und fiel von dort zu Boden. Der Rabenmensch bedachte es mit einem flüchtigen Blick, dann schritt er darüber hinweg. „Ihr nagtet lange genug an den Früchten unserer harten Arbeit. Keiner von euch soll verschont werden.“ Karatenmon breitete seine Schwingen aus und schoss senkrecht in die Höhe, schwebte auf der Stelle über ihnen. Einmal mehr glühten seine Federn auf, und jeder wusste, was jetzt kam. „Macht weiter! Nicht nachlassen!“, schrie Kouki. Renji hatte sich wieder herangeschleppt und noch im Liegen wieder sein DigiVice auf die letzten verbleibenden Flecken gerichtet. Jagari schrie einfach nur, ohne ein Wort hervorzubringen. Es hatte keinen Sinn. Sie würden es nicht rechtzeitig schaffen. Das Licht in Karatenmons Gefieder wurde zu blauweißen Speeren, die auf sie herabhagelten.   Werden wir jetzt sterben?, ging Kouki durch den Kopf. Wir werden sicher sterben!   Renji biss die Zähne zusammen, dass es schmerzte. Das ist so ungerecht!   Dieser blöde Lichtsamen!, fluchte Fumiko innerlich.   Jagari konnte keinen klaren Gedanken fassen, er fixierte nur den Lichtsamen und den hartnäckige, dunklen Ausschlag darauf. Die Stimme, die in seinen Ohren gellte, war seine eigene.   Taneo hatte die tränenden Augen weit aufgerissen. Soll es denn jetzt so enden, nach all unserer Mühe?   Ich habe versagt, war das Letzte, was Tageko durch den Kopf ging, ehe die Speere einschlugen.   Da war ein Knall, da war unendlicher, zäher Schmerz, dann eine Stille wie Watte, im Hals kratzende Luft, ein kühler Hauch, das Gefühl, durchbohrt zu werden … Zuerst sah Taneo nur schwarz. War er tot oder blind? Wie sich herausstellte, keins von beiden. Er lag auf dem Boden, spürte etwas Eisiges in seinem Rücken brennen … Ja, es war sowohl stechend kalt als auch bestialisch heiß. Als er sich umsah, schalteten seine Emotionen ab. Es war, als weigerte sich sein Gehirn, anzuerkennen, was es sah. Sie waren allesamt niedergestreckt worden, aber sie lebten. Sie waren hingefallen, wo sie gestanden waren, sie alle, und in ihren Rücken und Beinen und Armen steckten blauweiße Lichtscherben, sie waren damit gespickt wie Igel! Ihre Digimon lagen überall zwischen ihren Körpern umher, ebenfalls durchbohrt wie Nadelkissen. Er konnte Kokuwamon sehen, das reglos neben ihm lag und sich von den Beinen aufwärts langsam in Daten auflöste, genau wie die anderen. Die Digimon hatten sich geopfert und waren zwischen ihre Partner und die Attacke gesprungen. Vermutlich waren sie nur deshalb noch am Leben. Und noch etwas sah Taneo. Jagari hatte offenbar das Bewusstsein verloren – zumindest hoffte er, dass er nicht tot war –, aber die anderen hatten immer noch die Arme mit den DigiVices von sich gestreckt, deren Displays den Lichtsamen reinigten. Und als Taneo den Blick hob, sah er, wie eben der letzte finstere Fleck verblasste. Plötzlich war es ganz schnell gegangen. Er wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Sie hatten es geschafft – aber zu welchem Preis? Ihre Digimon lösten sich bereits auf, und Karatenmon straffte die Federn sicherlich bereits zu einem nächsten Angriff. Die Lichtstränge, die aus ihren DigiVices wuchsen, brachen abrupt ab, und die Lichtsaat war plötzlich wunderschön anzusehen. Etwas stülpte sich auswärts, splitterte ihnen in einer Wolke aus tausend reinweißen Glühwürmchen entgegen und regnete wie glitzernde Schneeflocken über sie. Taneo spürte, wie etwas Sanftes, Warmes die eisigen Stacheln aus seinem Fleisch zog, und der Schmerz war plötzlich weg. Der Schauer aus Licht überrollte auch die anderen wie eine Meereswelle, und ihre Digimon schlugen plötzlich allesamt wieder die Augen auf. Die Stacheln in ihren Körpern lösten sich in Nichts auf. War es sonst immer goldenes Licht, das ihre Digitationen begleitete, so war es nun klar und silbern, und mit einem Mal standen Tyrannomon, Meramon, Gatomon, Thunderboltmon und Woodmon wieder schützend über ihren am Boden liegenden Partnern und beäugten ihre unversehrten Körper ungläubig. „Das ist … Das ist …“ Gatomon fand keine Worte dafür. „Ha!“ Meramon schlug die brennenden Fäuste zusammen. „Ich fühle mich wie neu geboren!“ „Ihr Störenfriede!“, erscholl es von oben. Zum ersten Mal klang Karatenmon nicht besonnen, sondern zornig. „Wie könnt ihr es wagen, das Gewebe des Chaos durcheinanderzubringen, ihr Frevler! Verflucht sollt ihr sein! Nie mehr sollt ihr das Tageslicht erblicken, mögen eure Seelen für immer einen Kreislauf der Verdammnis durchwandern!“ Diesmal leuchteten seine Schwingen noch heller. Taneo schluckte. Ihre Digimon waren wieder digitiert, ja, aber er wusste ganz einfach, dass sie der nächsten Attacke dennoch nicht standhalten konnten. Oder der danach, oder danach … Er sah zu dem Licht, das plötzlich so unendlich schön und beruhigend war. Er konnte sich gut vorstellen, dass diese helle Saat dazu gedacht war, die DigiWelt zusammenzuhalten. Hatte es denn gar keine Bedeutung, dass sie sie gereinigt hatten? Gab es nicht irgendwo eine höhere Macht oder irgendetwas, das sie dafür belohnte? Dann sah er es. Etwas abseits des eigentlichen Lichtes kreiste eine kleine, schillernde Lichtkugel, wie eine Seifenblase, blasser als der Samen, aber trotzdem kräftig. Sie zog ihre Bahnen nur wenige Zentimeter von Taneos ausgestreckter Hand. „Ihr, die ihr den Zorn der Asuras erweckt habt!“, ertönte Karatenmons aufgebrachte Stimme. Das Leuchten am Himmel veränderte sich, schien den Atem anzuhalten. „Sterbt!“ Während irgendjemand von ihnen schrill aufschrie, robbte sich Taneo, einem Impuls folgend, auf das Licht zu, bekam die schillernde Blase mit der Hand zu fassen und zerdrückte sie. Wie ein elektrischer Blitz lief das Licht über seinen Körper und füllte sein DigiVice, das plötzlich so stark vibrierte, dass er es kaum noch halten konnte. Dann hagelten die Energiestacheln aus Karatenmons Gefieder auf sie herab.   Manche Schatten wuselten davon, andere wurden riesig groß. Die DigiRitter lagen auf dem Flecken Schluchtboden vor dem Lichtsamen, der völlig beschattet schien. Etwas Großes verdunkelte die Felsen, während um sie herum alles in gleißendes Licht getaucht war. Gennai hatte es oft genug betont, und vorher hatte Kouki es von Wisemon gehört. Ihre Feinde waren Geschöpfe, die sich der Dunkelheit verschrieben hatten, und gerade eben hatten sie dunkle Flecken in strahlendem Licht gereinigt. Das alles ging ihm durch den Kopf, als er dieses Schauspiel sah. Doch dieses eine Mal war der Schatten ihr Freund, denn er bedeutete, dass Karatenmons Lichtstacheln sie nicht erwischt hatten … Rings um sie herum war der Boden von flimmerndem Licht durchsiebt. Blinzelnd drehte er sich auf den Rücken. Ja, eindeutig, da war ein Schatten, ein großer, zackiger Schatten, der das Licht abwehrte … Kouki verstand die Welt nicht mehr. Er glaubte, die Umrisse eines Drachen zu erkennen, der sich gegen die anprasselnden Lichtnadeln stemmte. Dann verblasste das Leuchten, und selbst das normale Tageslicht kam ihn nach Karatenmons Attacke dunkel vor. Der Umriss vor ihnen blieb. „Was ist geschehen?“, hörte er Tageko murmeln, dann sog sie scharf die Luft ein. Kouki konnte es ihr nicht verdenken, als er das Digimon sah, das plötzlich aufgetaucht war. Es war tatsächlich halb Drache, halb Mensch. Vier rote, ausgefranste Flügel hielten es in der Luft, obwohl sie nicht so aussahen, als könnten sie sein Gewicht alleine tragen. Es war mit einer Art Rüstung gepanzert, von tiefem Dunkelblau, und hatte krallenbewehrte Hände und Füße. Sein Steißbein endete in einem Drachenschwanz, der wild umherpeitschte, und auf dem Kopf trug das Digimon einen braunen Helm mit zwei Hörnern. Sein Maul war mit spitzen Zähnen gespickt, die es offenbarte, als es Karatenmon eine Mischung aus Fauchen und Brüllen entgegenwarf. Kouki schluckte. Es sah wirklich furchteinflößend aus – hoffentlich war es auf ihrer Seite. „Was … Was ist denn jetzt los?“, stammelte Jagari, der wieder zu sich gekommen war. „Ist eines unserer Digimon digitiert?“ Kouki warf einen Blick zu Fumikos Ei, das immer noch verwaist am Boden lag, wie durch ein Wunder von den Lichtstacheln unversehrt geblieben. Für einen Moment war ihm der Gedanke gekommen, es könnte endlich geschlüpft sein. „Meramon, Tyrannomon, Gatomon und das Baumstamm-Untier von Tageko“, zählte Renji die Digimon durch, die noch in Abwehrhaltung vor ihnen standen. „Heilige … Ist dieses Biest Thunderboltmon?“ Das Digimon stieß ein neuerliches Röhren aus. „Ich bin Cyberdramon!“, grollte es so laut, dass sein Echo von allen Seiten der Schlucht widerhallte. An seiner Stimme erkannte man das ehemals so kleine Digimon nicht mehr. Es streckte die Krallenhand nach Karatenmon aus. „Und du wirst dafür bezahlen, was du Taneo und den anderen angetan hast!“ Mit einer Geschwindigkeit, die man seinem massigen Körper gar nicht zugetraut hätte, schoss es durch die Lüfte auf das Asura zu. Seine Klauen glühten auf. „Ausradierkralle!“ Karatenmon erwartete es hoch über dem Rand der Schlucht. Es zog seine beiden Schwerter und parierte den Angriff damit – und riss die Augen auf, als das bronzefarbene Metall von grünem Rost aufgefressen wurde, kaum dass Cyberdramon es berührt hatte. Plötzlich waren von seinen Waffen nur noch Stümpfe übrig, und Cyberdramon hämmerte ihm einen Helm gegen den Rabenschnabel. Mit einem empörten Krächzen stürzte Karatenmon ab. Kouki traute seinen Augen kam. Hatten sie nun eine Chance? Er wagte wieder zu hoffen. „Weiter, Cyberdramon! Du schaffst es!“, feuerte Taneo seinen Partner heiser an. Das DigiVice in seiner Hand pulsierte in hellem Licht. Taneo schien gar nicht zu merken, dass seine Wunde sich wieder geöffnet hatte. Dünne Blutfäden sickerten zwischen den Nähten hervor. Karatenmon fing seinen Sturz mit eleganten Flügelschlägen ab und segelte durch die Schlucht. Cyberdramon übernahm nun die Rolle des Raubvogels und stieß auf es hinab, doch Karatenmon wich aus. Das Drachendigimon krachte mit solcher Gewalt in den Boden, dass es einen Krater hineinstanzte, verfolgte das Rabendigimon aber sofort wieder knurrend. Seine glühenden Pranken hatte es ausgestreckt, und sie pflügten zwei mächtige Furchen in den Boden. Irgendwann warf sich das Asura herum. Diesmal schien es um heroische Sprüche verlegen zu sein. Stumm schleuderte es Cyberdramon neue Lichtstacheln entgegen – und dieses flog, die Krallen ausgestreckt, genau in sie hinein. Das bläuliche Licht wurde von schmutzigem Grün durchsetzt, als sich die Attacke einfach auflöste. Renji, der vergessen zu haben schien, dass dieses Digimon Taneo gehörte, stieß einen bewundernden Pfiff aus. Karatenmon schien zu begreifen, dass sich das Blatt gewendet hatte. Es schlug kräftig mit den Flügeln. „Ein würdiger Gegner“, rief es. „Doch lass uns diesen Kampf vertagen. Diese Saat ist bereits euer.“ Damit schickte es sich an, sich aus dem Staub zu machen. „Nicht so schnell!“ Woodmon schickte ihm einmal mehr seine Astarme hinterher, bekam seine Beine zu fassen und stemmte die Wurzeln in den Boden, um es festzuhalten. Karatenmons Flügelschläge drohten, es abermals mitzureißen, als auch schon Meramon über die Äste nach oben lief. Seine Füße hinterließen verkohlte Abdrücke im Holz. Es hängte sich an Karatenmons Bein. „Denkst du, du kommst so einfach davon?“ Sein Schwung zerrte das Rabendigimon weit genug zum Boden zurück, dass auch Tyrannomon es springend erreichen konnte. Es schloss seinen gewaltigen Kiefer um Karatenmons anderes Bein und gab somit den Ausschlag. Obwohl das Asura mit den Flügeln flatterte, so heftig es konnte, kam es nicht mehr in die Höhe. Cyberdramon landete genau vor ihm. „Es ist aus!“, verkündete es und führte seine Klauen zusammen. „Ausradierkralle!“ „Das werdet ihr bereuen“, sagte Karatenmon ruhig. Cyberdramons Krallen erstrahlten, und ein gleißender Energiestrahl brach daraus hervor, durchschlug den Brustkorb des Rabendigimons und brannte ein metertiefes Loch in die Felswand dahinter. Mit einem letzten, lang andauernden Krächzen zersplitterte das Asura in tausend Datensplitter. Dann war es vorbei. Betäubende Stille machte sich in der Schlucht breit. Als die DigiRitter hörbar aufatmeten, verwandelten sich ihre Digimon zurück – Cyberdramon wurde wieder zu Kapurimon, dem kleinen, behelmten Fellknäuel, das es bei ihrer ersten Begegnung gewesen war. Taneo lief auf es zu und hob es vom Boden auf. „Wahnsinn“, murmelte er. „War ich … also …“, murmelte Kapurimon. War es verlegen, weil es plötzlich so wild gewesen war? „Du warst spitze.“ Taneo strich ihm lächelnd über den Helm. Renji war der erste von den anderen, der nach gut einer Minute die Sprache wiederfand. „Wie jetzt – soll das heißen, dieser Wicht Taneo hat mit seinem Fellball jetzt schon zwei Asuras erledigt?“ „In der Tat.“ Kouki trat grinsend zu Taneo, schlang einen Arm um ihn und zerzauste dem Jüngeren die Haare, der schwach protestierte. „Lass uns auch mal was übrig, ja?“ „Ist mit dir alles in Ordnung, Fumiko?“, erkundigte sich Tageko. „Lass mich mal einen Blick drauf werfen.“ „Ist nur ein Kratzer“, murmelte Fumiko, als sie sich die Wunde an ihrer Stirn ansah. „Seht mal!“ Jagari deutete aufgeregt zu Karatenmons Datenresten. Kouki sah sofort, was er meinte. Anders als bei den anderen Digimon, deren Datensplitter sich einfach überall in der Gegend verstreuten und dann verschwanden, sammelten sich die glitzernden Punkte und trieben in einem breiten Strom himmelwärts und dann in eine bestimmte Richtung davon. „Werden sie von etwas angezogen?“, überlegte er. „Das war bei Pumpkinmon genauso“, sagte Taneo. „Vielleicht fliegen sie zu irgendeinem Asura-Friedhof oder so.“ „Hoffen wir’s.“ Tageko blickte den Datenresten misstrauisch hinterher. „Dann haben wir jetzt also endlich ein Digimon, das es mit einem Asura aufnehmen kann“, meinte Jagari und strahlte Taneo an. Natürlich gefiel Renji nicht, dass der Junge Bewunderung erntete. „Soweit ich gesehen hab, haben unsere Digimon alle zusammengearbeitet. Also war es nicht allein sein Verdienst.“ „Das stimmt so nicht ganz. Ja, sie haben mit vereinten Kräften Karatenmon am Fliehen gehindert. Aber Cyberdramon war das Einzige, das ihm überhaupt etwas anhaben konnte“, sagte Fumiko, so nüchtern und unparteiisch, dass selbst Renji nichts erwiderte. „Vielleicht sollten wir dann von hier verschwinden“, meinte Tageko. „Gennai hat zwar gesagt, dass die Asuras gereinigte Lichtsamen nicht wieder infizieren können, aber sie werden sicher irgendwie gespürt haben, was los ist. Wenn wir Pech haben, tauchen die anderen bald hier auf.“ Sie ließ den Blick über die versammelten Digimon und DigiRitter schweifen. „Und irgendetwas sagt mir, dass wir nicht in der Verfassung sind, noch so einen Kampf zu bestreiten.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)