Vertauscht von lullulalla (Vertauschte Welten) ================================================================================ Kapitel 8: Verlorenes Versprechen --------------------------------- 8 Verlorenes Versprechen AKEMI „Siehst du das, Kari? Das waren wir beide auf dem Spielplatz. Matt und Tai hatten uns damals in den Wahnsinn getrieben und schließlich hast du angefangen zu weinen, sodass ich dann auch angefangen habe zu weinen. Dein Vater hat dann ein Foto von uns beiden gemacht.“ Er lächelte fast wehmütig und strich mit seinen Finger über das Foto. T.K. saß neben mir und zeigte mir diverse Fotos aus der Vergangenheit. Vorhin war er durch die Türe gekommen und seine Augen waren voller Tränen gewesen. Er hatte jedoch die Zähne zusammen gebissen und schließlich gelächelt und mich begrüßt. Es war bestimmt schwer für ihn gewesen seine Freundin endlich nach längerer Zeit und nach dem Unfall wiederzusehen. Sowie die Tatsache, dass sich seine Freundin nicht an ihn erinnern konnte. Beziehungsweise, dass sie tot war. Aber das wusste niemand außer ich. „Hier, das sind wir auf der Mittelschule. Wir waren mächtig stolz darauf endlich auch Schuluniformen anziehen zu können.“ Ich betrachtete das Foto von T.K. und Kari, wie sie Arm in Arm in die Kamera grinsten. Wie leuchtende Augen Kari hatte und wie glücklich sie aussah! „Es war bestimmt eine schöne Zeit gewesen.“, wisperte ich. Er schaute mich für einen Moment an und nickte schließlich. „Es war eine der glücklichsten Zeiten meines Lebens.“, sagte er ebenso leise. Für einige Sekunden sagte niemand von uns beiden mehr etwas. Ich konnte mir denken, dass er gerade an seine Vergangenheit mit Kari dachte. Doch ich dachte an die Zukunft. Wie mein Leben, mein neues Leben jetzt wohl aussehen würde. Und ich würde kämpfen, ja, ich würde niemals wieder in dieses einsame, dunkle Loch fallen, wie in meinem alten Leben als Akemi. Denn dort konnte ich mich nicht an eine einzige schöne Erinnerung erinnern. „Seid wann bist du mit Kari…mit mir zusammen, T.K.?“, fragte ich ihn und schaute ihn dabei an. Er sah wirklich gut aus und hatte anscheinend sogar eine ausländische Wurzel in sich. Seine blauen Augen wurden kurz trüb und senkten sich. „Seid vier Jahren, um genau zu sein.“, antwortete er und meine Augen weiteten sich. Vier Jahre!! Das kam mir wie eine Ewigkeit vor. „Wie alt…bin ich denn?“ „Du bist letzte Woche achtzehn geworden.“ „Ich hatte Geburtstag?“ „Ja, letzte Woche haben wir zusammen deinen Geburtstag-…“ Plötzlich verstummte er und stand auf. Er drehte sich nicht um, sodass sein Rücken in meine Richtung zeigte. Fragend schaute ich auf. „Tut mir leid…“, flüsterte er dann und ging aus dem Zimmer. Seine Stimme klang erstickt als würde er sich zusammenreißen müssen. Nachdenklich schaute ich ihm nach. Er hatte Kari wirklich geliebt. Vom ganzen Herzen. Aber seine Kari war weg und stattdessen war ich in ihrem Körper und wusste nicht, wer er war. Dass Kari ihn nicht erkannte, muss sein Herz gebrochen haben und er litt. Die Tür öffnete sich wieder und herein kam Tai. Er lächelte mich an. „Lass uns eine Runde ums Haus machen. T.K. kommt mit.“, sagte er und ich nickte. „Geht es ihm gut?“, fragte ich ihn vorsichtig und er seufzte. „Nimm es ihm nicht übel… Er ist einfach zu überfordert.“ Ich senkte meinen Kopf. „Es tut mir leid… Ich hätte ihn nicht so ausfragen dürfen.“ „So’n Quatsch. Es ist dein gutes Recht mehr über dein Leben erfahren zu wollen.“ „Aber durch meine Fragerei habe ich ihn doch-…“ Er nahm eine Jacke vom Kleiderschrank und warf sie mir überm Kopf. Perplex rührte ich mich nicht. „Du redest zu viel. Na los, komm schon!“, lachte er und ging voraus. Ich nahm die Jacke von meinem Kopf und lächelte leicht. Doch dann bekam ich schreckliche Gewissensbisse. Sie alle versuchten sich nichts anmerken zu lassen, doch ich wusste, wie verletzt sie waren. Und ich konnte ihnen nicht sagen, dass ich nicht Kari war… Ich kämpfte um die Tränen als ich die Jacke anzog. Ich dachte nur an mich. ICH wollte glücklich werden und war so selbstsüchtig. Obwohl ich wusste, dass sie alle verletzt waren und noch mehr verletzt sein würden, wenn sie erfuhren, dass Kari niemals wieder zurückkommen wird: Ich wollte trotzdem das neue Leben behalten. „Die frische Luft tut dir bestimmt gut. Nur zu Hause rum zu hocken ist bestimmt total öde.“, meinte Tai und streckte sich. Ich schloss meine Augen und genoß die Sonne, die auf mein Gesicht schien. „Ich hoffe, bald kannst du auch wieder zur Schule. Die anderen vermissen dich schon wahnsinnig.“, sagte T.K. und kickte einen Kieselstein zur Seite. Fragend schaute ich ihn an. „Die…anderen?“ Er nickte. „Yolei, Davis, Ken. Wir fünf hängen ständig zusammen rum und dann ist da noch Cody, ebenfalls ein guter Freund.“ „Sagen dir die Namen etwas?“, fragte mich Tai und Hoffnung blitzte in seinen Augen. Ich schüttelte entschuldigend den Kopf und er ließ enttäuscht die Schultern hängen. T.K. winkte ab. „Wenn du sie erst mal siehst, kann sich das ja noch ändern.“ „Vielleicht…“, murmelte ich nur. Es war seltsam und ungewohnt, aber ich genoss es mit den beiden zusammen zu sein. Bisher war ich immer nur alleine gewesen und ich konnte mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal mit jemanden „nur so“ unterwegs war. Aber Tai und T.K. waren wirklich lieb. Ich war mir sicher, dass Kari ihren Bruder sehr gerne gehabt hatte, sowie ich auch zugeben musste, dass sie einen tollen Freund hatte, der immer für sie da war. „Lass uns zum alten Spielplatz gehen! Da waren wir seit Ewigkeiten nicht mehr.“, schlug Tai vor und wir machten uns auf dem Weg. Der Spielplatz bestand aus einem Sandkasten mit nur zwei Schaukeln. Nur zwei Kinder spielten dort und die Mütter unterhielten sich weiter weg, aber immer einen guten Blick auf ihre Lieblinge. Wir ließen uns auf eine Bank nieder und schauten den Kleinkindern zu, die im Sand buddelten. „Als wir noch klein waren, haben wir echt jeden Tag hier gespielt.“, erinnerte sich Tai. „Ja, und du und Matt habt uns mit Sand beworfen.“ „Und ihr habt ständig geheult.“ „Ihr habt immer Ärger von deiner und meiner Mutter gekriegt.“ „Weil ihr immer gepetzt habt.“, verteidigte Tai sich und beide lachten. Ich schaute von einem zum anderen rüber und lächelte schließlich. „Anscheinend waren wir von klein auf Sandkastenfreunde.“, entgegnete ich. „Oh ja, Matt ist Tais bester Freund und wir haben früher auch hier gewohnt.“, antwortete T.K.. „Das war schon eine tolle Zeit damals…“ Tai lächelte wehmütig. Dann stand er auf. „Ich hol uns mal was zu trinken. Wartet ihr hier auf mich?“ Wir nickten und er ging los. „Wir sind auch echt gemein.“, sagte plötzlich T.K. und ich sah ihn fragend an. Er lächelte schief. „Wir schwelgen in Erinnerungen und denken an die schöne Zeit von damals, dabei weißt du nicht, wovon wir sprechen.“ Ich senkte den Blick und schüttelte den Kopf. „Nein, es ist schön zu hören, dass Kari-…dass ich eine schöne Vergangenheit hatte.“ „Naja, aber gib es ruhig zu: Du sitzt hier mit uns, aber eigentlich weißt du nicht mal, wer wir sind. Für dich sind wir einfach nur Fremde.“ Seine Stimme wurde am Ende etwas schwach. „Aber nein!“, versuchte ich ihn zu beruhigen. „Ihr seid wirklich zwei so tolle Menschen und ich bin wirklich froh, dass…dass ich euch habe!“ Das war mein voller Ernst und ich wollte, dass sie es wussten. Wieder lächelte er. „Natürlich sind wir bei dir. Deine Eltern, dein Bruder, deine Freunde und ich. Wir alle stehen immer hinter dir und würden dich niemals verlassen, ist doch klar.“ „Danke…“, antwortete ich gerührt und wischte mir über die Augen. „Das wäre auch völlig bescheuert, wenn nicht, oder?“, versuchte er zu scherzen, doch ich schwieg nur. „Stimmt…total bescheuert.“, wisperte ich und dachte an mein altes Leben. Plötzlich spürte ich eine warme Hand auf meiner und ich hielt erschrocken den Atem an. „Du…sollst aber wissen, dass ich dich…trotzdem liebe. Und ich werde warten, egal, wie lange es dauern wird. Und ich werde alles tun, wirklich alles in meiner Macht tun, damit du dich erinnerst.“, sagte er sanft, aber auch eindringlich. Ich erwiderte nichts darauf und saß nur stocksteif da. Was hätte ich auch erwidern sollen? „Und… bis dahin möchte ich, dass du mir den Ring zurückgibst.“ Ich blinzelte kurz und hob meinen Kopf. Sein Blick war nach unten gerichtet auf meine Hand, wo sich der silberne Ring befand. Natürlich hatte ich seit meinem Aufwachen bemerkt, dass ich an meinem Finger einen Ring trug, doch wäre ich niemals auf die Idee gekommen, dass es sich um einen Hochzeitsring handelt! „Wir…wir sind verheiratet?“, stammelte ich und wurde puterrot. Er schüttelte den Kopf und sah mich freundlich an. Dann nahm er seine Hand wieder von meiner. „Nein, Kari. Aber wir haben uns verlobt. Wir wollten heiraten.“ Mir blieb der Mund offen. T.K. seufzte. „Und deshalb möchte ich, dass du mir den Ring wiedergibst. Es macht keinen Sinn ein Versprechen zu besitzen, wenn du nicht einmal weißt, dass wir verlobt sind.“ Er schluckte kurz. „Du weißt nicht, dass wir uns geliebt haben.“, flüsterte er. Ich biss mir auf die Lippen. Da war er wieder, der wehmütige Blick. Das schlechte Gewissen kroch wieder in mein Herz und mir kamen fast die Tränen. T.K. riss sich wieder zusammen. „Vergiss, was ich eben gesagt habe. Wie auch immer, den Ring werde ich wieder an mich nehmen. Und wenn deine Erinnerungen wieder da sind, wenn…wenn du wieder weißt, dass wir uns versprochen haben für immer zusammen zu bleiben, dann gebe ich ihn dir wieder.“ Er schnaubte. „Nein, beziehungsweise, dann werde ich ihn dir gewaltsam wieder an den Finger stecken.“ „Sehr witzig.“ Ich versuchte meine Stimme fest klingen zu lassen und brachte ein Lächeln heraus. Mit der anderen Hand nahm ich den Ring von meinem Ringfinger und übergab ihn T.K.. Einen Moment betrachtete er ihn, schließlich steckte er den Ring in sein Portemonnaie. „Tai braucht ja ziemlich lange.“, sagte er und wechselte das Thema. Ich starrte wieder auf den Boden und war unfähig den Blick zu heben. Wenn ich jetzt etwas gesagt hätte, ich wusste, ich würde anfangen zu weinen. Ich war so selbstsüchtig. So verdammt selbstsüchtig. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)