Coming Home von rokugatsu-go ================================================================================ Kapitel 7: ----------- Die junge Frau trat durch das große Eingangstor Konohas und blickte sich neugierig um. Sie blieb stehen und wirkte ein wenig verunsichert. Offensichtlich suchte sie etwas. „Können wir Ihnen helfen?“, bot Kotetsu an. „Ja“, sagte sie, immer noch die Gegend nach einem Hinweis absuchend. Ihr Blick blieb auf dem noch nicht fertig gestellten, sechsten Felsenporträt hängen. „Da!“, rief sie freudestrahlend aus. „Kann ich mit ihm reden?“ „Mit unserem Hokage?“, hakte Izumo nach. „Kakashi?“ „Ja! Kakashi!“ Sie machte fast einen Hüpfer vor Freude. Kotetsu brachte sie bis zum Büro des Hokage, klopfte an und trat ohne sie ein. „Kakashi, da ist eine junge Frau, die mit dir sprechen will. Sie sagt, sie komme aus einem kleinen Ort hinter Ishigakure und habe den wochenlangen Trip auf sich genommen, weil sie dich unbedingt etwas fragen muss. Scheint kein Ninja zu sein.“ Der Hokage legte die Dokumente, die er gerade hatte lesen wollen beiseite und hob fragend eine Augenbraue. „In Ordnung, lass sie rein.“ Bevor Kotetsu sich wieder zurückzog und die Tür schloss, trat die Frau ein und wurde sofort von Kakashi begutachtet. Sie trug ein asymmetrisches Kleid, hatte mittellange rotbraune Haare, ein paar Sommersprossen im Gesicht und tiefblaue Augen, die Kakashi verrieten, dass er sie irgendwoher kannte. Nur woher? Es lag ihm auf der Zunge, aber er kam nicht darauf. „Ha! Du bist es wirklich!“, quietschte sie vergnügt. „Da habe ich aber echt Glück gehabt. Sonst hätte ich keine Ahnung gehabt, wie ich Tenzou finden sollte.“ Tenzou?! Entgeistert riss Kakashi beide Augen auf, als ihm klar wurde, wem er da gegenüber stand. Es gab sonst nur sehr wenige Menschen, die diesen Namen benutzten. „Yukimi?“ „Ja?“, fragte sie, völlig ahnungslos, dass Kakashi sie nun erst erkannt hatte. „W-warum bist du hier?“ „Ich suche nach Tenzou.“ Ihr Blick wurde nachdenklicher. „Ich habe von diesem schlimmen Krieg gehört und da habe ich gedacht, als Shinobi musste Tenzou ja sicher auch da mitkämpfen und dann habe ich mir schreckliche Sorgen gemacht. Deswegen bin ich hier.“ Als ihr Gegenüber nichts antwortete und sie nur ungläubig anstarrte, schlich sich Besorgnis in ihre Miene. „Geht es Tenzou gut?“ Kakashi blinzelte ein paar Mal, um sicherzugehen, dass er sich die Frau vor seinem Schreibtisch nicht einbildete. Was sollte er ihr sagen? Er hatte damals nicht so ganz verstanden, in welcher Beziehung Yamato zu Yukimi stand, allerdings wusste er so viel: Sie war das Mädchen, für das er ohne Weiteres sein Dorf verraten hätte. Sie musste ihm etwas bedeuten. Yukimi wiederum hatte alleine eine derart lange und beschwerliche Reise auf sich genommen, nur um nach Yamatos Befinden zu fragen. Doch, er konnte es ihr sagen. „Er wurde nicht verletzt, aber … aber es geht ihm auch nicht gut.“   Auf dem Weg zu Yamatos Zimmer schilderte Kakashi ihr in groben Zügen und unter Auslassung aller Details, was geschehen war und wie es nun um den gemeinsamen Freund stand. Dann signalisierte er ihr, kurz draußen zu warten, ehe er eintrat. Er hatte mit genau dem Bild gerechnet, das er vorfand. Auf seinem Bett sitzend und lediglich mit grüblerischer Miene vor sich hin starrend, blickte Yamato auf, als der Andere ins Zimmer kam. „Du hast Besuch“, sagte Kakashi zur Begrüßung und deutete mit dem Kopf in Richtung des Flurs. „Willst du den Besuch sehen?“   Als Antwort erhielt er erst nur einen fragenden Blick, dann ein vorsichtiges „Ja?“. Gerade mal einen Spalt breit hatte der Hokage die Tür geöffnet, als Yukimi in den Raum stolperte und wie erstarrt stehen blieb. „Yukimi-san?!“, entfuhr es Yamato, ohne dass er auch nur einen Moment hätte nachdenken müssen, wer da vor ihm stand. „Tenzou!“, rief sie aus, bevor sie ihm mit Tränen in den Augen um den Hals fiel. Überrumpelt warf Yamato Kakashi noch einen überraschten Blick zu, ehe er sich seiner Besucherin zuwandte und sie ihn mit Fragen überschüttete. Kakashi entschied, die beiden allein zu lassen. So gut es ging, versuchte er, sich den liegen gelassenen Dokumenten zu widmen, doch das plötzliche Auftauchen Yukimis funkte ihm immer wieder dazwischen. Vielleicht konnte sie Yamato helfen? Er wollte sich nicht zu viele Hoffnungen machen, aber vor einiger Zeit hatte er um ein Wunder gebeten und jetzt stand Yukimi nach all der Zeit plötzlich vor ihm. Ohne Anzuklopfen betrat Tsunade sein Büro und beäugte ihn skeptisch. „Wer bitte ist Yukimi?“ Oh, richtig. Wie sollte er das eigentlich erklären? „Eine alte … Bekannte.“ „Die Yamato woher kennt? Und unter seinem Anbu-Codenamen noch dazu.“ „Wir haben sie mal … auf einer Mission getroffen.“ „Auf einer Mission? Getroffen? Aha, alles klar. Dann finde ich das ja sicher in den Unterlagen?“ Mit ihr war definitiv nicht gut Kirschen essen, wenn sie so klang. „Ich habe gerade schrecklich viel zu tu-“ „Kakashi Hatake!“ Auf Tsunades Stirn trat eine Vene hervor. „Was in aller Welt verschweigst du mir schon wieder?!“ „Beruhige dich. Yukimi ist harmlos. Ich glaube, Yamato freut sich, dass sie hier ist.“ Kakashi bemerkte, wie Tsunades Ärger sich in Rauch auflöste, doch ahnte er noch nicht, dass dies weniger mit seinen Worten zu tun hatte. „Und wie er sich freut. Er will gleich mit ihr mitgehen.“ Ein imaginärer Schlag traf Kakashi in die Magengrube. „Was?“ „Sie hat vorgeschlagen, er könne mit zu ihr kommen, wenn er hier nicht bleiben wollte. Und er ist hellauf begeistert. Und wenn ich sage, er ist begeistert, Kakashi, dann meine ich das. Er ist ganz aufgeregt. Wie ausgewechselt.“ „Moment.“ Der Hokage brauchte einen Augenblick, um das Gehörte sacken zu lassen. „Wie hat er reagiert, als du ihm gesagt hast, dass das nicht geht?“ Sie kreuzte die Arme vor der Brust. „Deswegen bin ich hier. Ich habe noch nicht mit ihm gesprochen. Denkst du, wir können ihn dieser Yukimi anvertrauen?“ „Du überlegst doch nicht ernsthaft, ihn gehen zu lassen?“ Ungläubig sah er zu ihr. Was passierte hier? Wie konnte alles so schief laufen? „Ich denke, es wäre einen Versuch wert. Wenn wir es realistisch betrachten, konnten wir ihm bisher nicht viel helfen und vielleicht würde ein Ortswechs-“ „Das kann nicht dein Ernst sein!“ Kakashi sprang erzürnt von seinem Sessel hoch. „Das ist viel zu gefährlich!“ „Wir können ihm nicht helfen!“, entgegnete sie noch eine Spur lauter als er es gewesen war. „Ich weiß nicht weiter, Kakashi! So sieht es aus! Wir können hier nichts für ihn tun!“ Wütend rauschte er an seiner Vorgängerin vorbei. „Wo willst du hin?“ „Ihm diesen Unsinn ausreden!“   Tsunade hatte nicht übertrieben. Yamato war aufgeregt. In der Sekunde, in der Kakashi in sein Zimmer kam, begann der Jüngere, ihm von seinen Plänen zu erzählen. So viel hatte Yamato seit Monaten nicht geredet. Yukimi lebte irgendwo, meilenweit entfernt, in einer kleinen Stadt, wo sie eine Schneiderei betrieb. Eine Reise, die mehrere Wochen dauerte, wenn man kein Shinobi war. Und nun wollte sie Yamato dorthin mitnehmen. Er klang beinahe enthusiastisch. „Tenzou“, unterbrach Kakashi ihn nach einer Weile. „Du kannst nicht mit ihr gehen.“ „Was? Wieso nicht?“ Kakashis Überzeugung, ihn nicht gehen zu lassen, brach immer mehr in sich zusammen. Besonders als dem Anderen die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben stand. „Willst du mich immer noch hier einsperren?“, fuhr er anklagend fort. „Niemand will dich einsperren.“ „Warum denn dann? Warum lässt du mich nicht gehen?“ So viel Leid hörte er heraus. So viel Verzweiflung. „Das ist nicht meine Entscheidung“, log Kakashi. „Tsunade denkt, du wärst nicht in der körperlichen Verfassung für eine so lange Reise.“ Etwas Hoffnung kehrte in die großen Augen des Jüngeren zurück. „Aber du bist der Hokage, Sempai! Du kennst mich. Du kannst sie davon überzeugen, mich gehen zu lassen? Ja? Sempai?“ Etwas zog schmerzhaft in Kakashis Magengegend, als er in Yamatos dunkle Augen blickte, in die zum ersten Mal seit so langer Zeit so etwas wie Leben zurückgekehrt war. Tenzou war unglücklich darüber in Konoha zu sein und er konnte nichts mehr daran ändern. Das Ziehen wurde schlimmer, während Kakashi sich an das strahlende Lächeln seines jungen Kohais erinnerte, nachdem dieser in seine Anbu-Einheit transferiert worden war. Wie lange war das her? Vor seinem inneren Auge sah Kakashi das junge, fast feminine Gesicht Tenzous, seine schüchterne Art, sein aufrichtiges Lächeln. Das Lächeln, das er hatte hervorbringen können. Damals. Tenzou war der, den er hatte retten können. Der, der für ihn Hoffnung bedeutet hatte. Der, bei dem er sich geborgen fühlte. Schmerzlich wurde Kakashi bewusst, dass er ihn nicht hier behalten konnte, nicht für sich behalten konnte. Nein, er durfte Tenzou nicht am Weggehen hindern, nur weil er ihn vermissen würde. Nur weil er ihn brauchte. Und dies dem Anderen nie gesagt oder gezeigt hatte. Wenn Yukimi aber in der Lage war, ihn glücklich zu machen; wenn es das war, was Yamato wollte, dann hatte er keine andere Wahl. Dann konnte er den beiden nicht im Weg stehen, nur weil er geglaubt hatte, als einziger ein Anrecht auf Yamatos Nähe haben zu dürfen. Er musste ihn gehen lassen, wenn er ihn noch einmal retten wollte. Kakashi atmete tief ein und aus. „Ich werde mit ihr reden.“ Ein Funken Hoffnung kehrte in Yamatos Gesicht zurück. „Danke, Sempai! Danke!“ Der, der ihm so viel mehr bedeutete, als er zugeben wollte.   Ein paar Tage später, nachdem Tsunade Yukimi mit allem nötigen Wissen ausgestattet hatte, das sie benötigen würde, fanden sie sich vor dem Eingangstor Konohas wieder. Naruto hatte sich zunächst furchtbar aufgeregt, dass nach Sasuke nun auch Yamato das Dorf verließ. Dann aber wurde er ganz schuldbewusst, weil er befürchtete, es wäre seine Schuld. Kakashi hatte ihm erklärt, dass dem nicht so war, trotzdem blickte der junge Ninja recht bedröppelt drein, als er sich von Yamato verabschiedete. „Komm bald zurück, ja? Du verpasst sonst noch wie ich Hokage werde, echt jetzt!“ „Du Spinner!“, wandte Sakura ein. „Kakashis Felsenporträt ist noch nicht einmal fertig und du willst ihn schon wieder absetzen?“ Sie stieß einen verärgerten Laut aus und beruhigte sich wieder. „Yamato-taichou, pass gut auf dich auf.“ Ihr Blick wanderte über die Kleidung ihres Kameraden. Kakashi hatte Sai und sie beauftragt, zivile Bekleidung für ihren Taichou zu kaufen. „Ich hoffe, die Sachen sind alle in Ordnung?“ „Ja, vielen Dank dafür“, antwortete er höflich. „Wir werden Sie hier vermissen, Yamato-taichou“, fügte Sai hinzu, während Kakashi Yamatos Reaktion beobachtete. Oder vielmehr das Fehlen einer Reaktion. Hatte er Konoha innerlich vielleicht bereits verlassen? Nun fiel Yamatos Blick auf den letzten in der Reihe. „Ich gehe dann jetzt“, sagte er zaghaft und etwas traurig klingend. Kakashi erwischte sich bei dem Gedanken, dass er ein wenig mehr Traurigkeit erwartet hatte. Er schluckte den bitteren Gedanken hinunter. „Mach´s gut.“ Yamato zögerte noch einen Moment lang, nickte dann, drehte sich zu Yukimi um und verließ mit ihr zusammen das Dorf. Kakashi sah ihm hinterher, bis er am Horizont verschwunden war und ging wortlos weg, den Rest des Teams ratlos zurücklassend. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)